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11. Sind wir ohnegleichen? 

Alfven-1969

 

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Kehren wir in diesem abschließenden Kapitel zu einem Thema zurück, das wir im 1. Kapitel kurz berührt hatten: zu der Möglich­keit von Leben auch anderswo im Kosmos.

Unser kurzer Besuch auf dem dritten Planeten geht zu Ende, unser zeitlicher Maßstab weitet sich wieder. Zeiteinheiten sind jetzt nicht mehr die Sekunden oder Mikrosekunden, welche den hektischen Puls des mensch­lichen oder kybernetischen Lebens kennzeichnen, sondern mehr die Tausende oder gar Millionen von Jahren, die den langsamen Rhythmus des Kosmos charakterisieren. Wir verlassen die Erde nicht, um zu vergessen, was wir dort erfahren haben, sondern weil wir glauben, daß wir, um mehr von ihr zu verstehen, auf sie einen Blick aus kosmischer Perspektive werfen müssen.

Wenn wir die Frage stellen, ob wir ohnegleichen sind, ob wir allein im Universum sind, dann fragen wir praktisch etwas Astro­physikalisches: Wir fragen, ob irgendwo im Weltraum noch andere Zivilisationen wie die unsrige existieren. Wir stellen darüber hinaus eine sehr wichtige Frage über uns selbst oder sogar eine ganze Anzahl grundlegender Fragen über das Leben, seine biologische Entwicklung, über die Geschichte der Mensch­heit, über unsere Gesellschaft und Technologie.

Viele Science-fiction-Geschichten handeln von Erdmenschen, die mit Wesen aus einem anderen Teil des Alls zusammentreffen. Manche haben so viele Science-fiction-Stories gelesen, daß sie glauben, sie selbst hätten das im Buch Beschriebene erlebt. Sie behaupten dann, Fliegende Untertassen und andere UFOs am Himmel gesehen zu haben, einige berichten sogar vom Auftauchen kleiner grüner Männer, die nach Schwefel rochen.

Die Frage, ob Leben auf anderen Planeten existiert, ist schon sehr alt, aber immer noch nicht beantwortet. Die Raumforschung hat aber immerhin ergeben, daß die Wahrscheinlichkeit, noch irgendwo in unserem Planeten­system Leben anzutreffen nicht sehr groß ist.

Der Mond ist durch die Sonneneinstrahlung einem regelmäßig wiederkehrenden Prozeß der Sterilisation ausgesetzt. Einmal im Monat wird seine Oberfläche durch diese Strahlung auf mehr als mehrere hundert Grad Celsius aufgeheizt; gleichzeitig ist sie intensiver UV-Strahlung, Röntgenstrahlung aus Sonnenfackeln und kosmischer Strahlung ausgesetzt. Seit den Mondaufenthalten der Astronauten wissen wir mit Bestimmtheit, daß auf dem Mond kein wie immer geartetes Leben existiert.

Venus hat eine sehr heiße und dichte Atmosphäre, die Leben völlig ausschließt. Merkur ist zu heiß. Die Existenz einiger niederer Lebensformen ist auf dem Mars vielleicht nicht ganz ausgeschlossen, aber auch nicht wahrscheinlich. Die äußeren Planeten und ihre Satelliten sind so weit von der Sonne entfernt, daß sie unmöglich Leben tragen können. Also kann man mit Gewißheit sagen, daß in unserem Sonnensystem, außer auf dem Planeten Erde, keine höheren Lebensformen existieren.

    Ferne belebte Welten    

Leben könnte aber auf anderen, andere Sonnen umkreisenden Planeten vorkommen, und es wäre vorstellbar, daß es sich dort zu höheren Formen als auf der Erde entwickelt hat. Sonnensysteme wie das unsrige sind wahrscheinlich recht verbreitet. Wir haben Grund zu der Annahme, daß etwa einer von zehn Sternen einen ihn umkreisenden Planeten mit denselben chemischen und physikalischen Bedingungen hat wie die Erde. Wenn wir ein Raumschiff, das wie die Arche Noah Samen von allen Pflanzen und je ein Paar einer jeden Tierart auf einen Planeten entsendeten, der erdähnliche Bedingungen aufwiese, so könnte auch dort eine Lebens­gemein­schaft wie auf der Erde gedeihen.

Unsere Galaxis allein genommen, können wir feststellen, daß es in ihr etwa einhundert Milliarden Sterne gibt und daß von den Planeten vielleicht einige Milliarden bewohnbar sind. Doch derzeit kennen wir keine Methode, mit der sich abschätzen ließe, wie viele von ihnen tatsächlich bewohnt sind. Möglicherweise tragen alle bewohnbaren Planeten irgendeine Art von Leben; vielleicht ist auch nur einer von tausend überhaupt bewohnt, doch genauso möglich ist, daß alle bewohnbaren Planeten völlig ohne Leben sind.

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   Bewohnbare und bewohnte Planeten  

Im 1. Kapitel sprachen wir darüber, wie das Leben auf der Erde seinen Ursprung nahm. Wir konnten die Hauptkonturen des Evolutionsprozesses rekonstruieren, doch über die Einzelheiten der komplizierten Folge von Ereignissen, die zum eigentlichen Beginn des Lebens führte, wissen wir herzlich wenig. Folglich sind wir zu der Annahme gezwungen, daß sich zu irgendeinem Zeitpunkt rein zufällig ein bestimmtes Molekülaggregat bildete, das alle Eigenschaften besaß — die Fähigkeit, aus seiner Umgebung Nahrung aufzunehmen, die Fähigkeit, sich zu vermehren, usw. —, die Voraussetzung des Lebendigen sind. Doch wie groß ist die Wahrschein­lichkeit für ein Geschehnis wie dieses?

Möglicherweise war der Prozeß, durch den auf der Erde das Leben begann, ein völlig normaler Vorgang, in dem Sinne, daß sein Vorkommen unter den chemischen und physikalischen Bedingungen, die auf der Erde seit einigen Milliarden Jahren herrschten, unvermeidlich war. Ziehen wir einen Vergleich. Wenn die Sonne scheint, verdampft Wasser und kondensiert später zu Wolken. Aus diesen Wolken fällt Regen, das Wasser sammelt sich an verschiedenen Stellen an und bildet Flüsse und andere Gewässer.

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Wir können also sagen, daß die Bildung von Flüssen eine notwendige und normale Folge der herrschenden Bedingungen ist. Möglicherweise war auch der Ursprung von Leben die notwendige Konsequenz einer bestimmten Konstellation von Bedingungen. Falls das so war, muß Leben, sobald die Voraus­setzungen dafür reif waren, tausendmal an verschiedenen Stellen auf der Erde aufgekeimt sein.

Angenommen, das Leben begann tatsächlich auf diese Weise, dann liegt der Schluß nahe, daß auf den der Erde ähnlichen Planeten derselbe Prozeß stattgefunden hat. Folglich existiert wahrscheinlich überall dort Leben, wo die Voraussetzungen günstig sind. Jeder bewohnbare Planet muß demnach bewohnt sein.

Es ist aber ebenso denkbar, daß das Leben auf der Erde seine Entstehung einem sehr unwahrscheinlichen Ereignis verdankt. Vielleicht setzte Leben eine extrem unwahrscheinliche Kombination von Molekülen voraus, wobei die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser besonderen Kombination sehr nahe Null läge. Aus solcher Perspektive gesehen, scheint der Ursprung von Leben auf der Erde fast völlig ein Resultat blinden Zufalls gewesen zu sein, ja, man könnte es als Wunder bezeichnen. Falls diese Ansicht richtig ist, könnte die Erde noch lange Zeit nach ihrem Entstehen unfruchtbar gewesen sein, und das Leben entstand auf der Erde nicht, weil die Bedingungen dafür günstig waren, sondern weil sich rein zufällig eine ungewöhnliche Art von Molekül­ansammlung bildete.

Bei Annahme dieses Standpunkts folgt, daß nicht alle bewohnbaren Planeten bewohnt sind. Vielleicht sind sogar die meisten von ihnen unbewohnt. Es ist nicht einmal unmöglich, daß die Erde der einzige Himmelskörper ist, der Leben beherbergt. Wahrscheinlich entschließen sich aber doch die meisten Menschen zu der Annahme, daß es in unserer Galaxis viele bewohnte Planeten gibt, wenngleich dies nicht mehr als eine Vermutung ist. Wir wissen zu wenig über den Ursprung des Lebens, als daß wir daraus mit irgendeinem Grad an Gewißheit auf seine Ursachen schließen könnten.

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   Menschengleiche Lebewesen  

Als nächstes müssen wir die Frage nach dem Ursprung des Menschen beantworten. Mit dem Entstehen des Lebens, ob nun durch Zufall oder als notwendige Folge der herrschenden Bedingungen, begann die biologische Evolution. Der evolutionäre Prozeß hinwieder hat das Leben zu einer ungeheuren Vielfalt unterschiedlicher Formen differenziert. Einer der Pfade der Evolution führte zu den Insekten, ein anderer zu den Vögeln, ein dritter zu den Säugetieren usw.

Waren alle diese Richtungen der Evolution notwendig? Oder waren sie ein Zufallsergebnis? Falls Leben auch auf einem anderen, der Erde recht ähnlichen Planeten begann - hat die Evolution auch dort Insekten, Vögel und Säugetiere hervorgebracht? Wenn sich nur Insekten, aber weder Vögel noch Säugetiere entwickelten, sind die Insekten jenes Planeten dann höher entwickelt als hier? Auf der Erde gibt es Ameisen mit recht komplizierten sozialen Strukturen. Hat eine Ameisenart auf dem Planeten XYZ vielleicht die Ameisen dieser Erde übertroffen, indem sie eine technologische Kultur ins Leben rief?

Könnte es dort Nichtsäugetiere irgendeiner Art geben, die dem Menschen in seiner Fähigkeit, eine Kultur zu schaffen, ähneln bzw. ihn sogar übertreffen? Auch auf diese Fragen können Antworten nur aus Vermutungen bestehen. Unsere Kenntnisse von der Evolution sind zu dürftig, als daß sie bestimmen könnten, wohin sie führen wird. Entwickelte sich der Mensch rein zufällig oder als unvermeidbare Konsequenz der Verhältnisse? Bevor wir nicht mehr über die allgemeinen Bedingungen für Leben an sich wissen, werden wir diese Frage nicht beantworten können.

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    Technologien auf fremden Planeten?    

Wir wissen also nicht, ob wir im Universum irgendwelche Gefährten haben. Doch falls wir sie haben — gibt es irgendeine Chance, mit ihnen Kontakt aufzunehmen? Es wird noch lange, lange Zeit dauern, bis wir imstande sein werden, zu einer Odyssee in die unendlichen Weiten des Weltraums aufzubrechen, um nach uns ähnlichen Wesen zu suchen. Doch falls irgendwo im Weltall eine der unsrigen vergleichbare Technologie entstanden ist, kann man die Möglichkeit eines solchen Kontaktes nicht ausschließen. Wir verfügen über die technische Fähigkeit, einen Radio- oder Lasersignale ausstrahlenden Sender zu bauen; diese Signale könnten mehrere Lichtjahre von uns entfernt aufgenommen werden, vorausgesetzt, daß dort eine Kultur existiert, die hoch­entwickelte Einrichtungen zum Empfang unserer Radio- oder Lichtwellen besitzt.

Leben unsere Nachbarn zehn Lichtjahre entfernt, könnten wir möglicherweise zwanzig Jahre später eine Antwort auf unsere Botschaft empfangen. Leben sie jedoch 100 Lichtjahre entfernt, würden zweihundert Jahre vergehen, bevor wir mit einer Antwort rechnen könnten. Eine langsame und mühsame Konversation, gewiß, aber zweifellos die interessanteste, mit der wir jemals Erfahrungen gemacht hätten. 

Falls wir herausfänden, daß irgendwo im Universum tatsächlich eine der unsrigen gleichende technologische Kultur existiert, würden wir sogleich mehr auch über uns wissen. Zuallererst würde eine solche Entdeckung die Theorie des Lebens als normale Erscheinung bestätigen, und auch, daß biologische Evolution mit hoher Wahrscheinlichkeit zu irgendeiner Art von Lebensform führt, die mindestens so hochentwickelt ist wie der Mensch. Neben der Erhellung so mancher wissenschaftlicher Fragen würde die Herstellung eines solchen Kontaktes hoffentlich auch zentrale geschichtliche und soziologische Probleme klären.

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    Die Grundlagen der kulturellen Evolution    

Die Entdeckung einer technologischen Kultur irgendwo im Weltraum würde uns nicht nur zu der Schluß­folgerung bewegen, daß die biologische Evolution zu einem dem Menschen vergleichbaren Lebewesen geführt hat, sondern auch, daß früher oder später jedes hochentwickelte Lebewesen einen Prozeß kultureller Evolution einleitet, der Naturwissenschaft und Technik entstehen läßt. Um festzustellen, ob diese Schlußfolgerungen vernünftig sind, müssen wir ein historisch-soziologisches Problem untersuchen, das vom selben Typ ist wie das, welches sich aus der biologischen Evolution ergibt.

Wenn wir annehmen, daß fern unseres Planeten ein Lebewesen mit denselben genetischen Eigenschaften wie der Mensch existiert, dann können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit vermuten, daß dieses Lebewesen eine Kultur hervorbringt. Doch hat die kulturelle Evolution des Menschen in den verschiedenen Teilen der Welt unterschiedliche Kurse eingeschlagen. Einige Menschen sind Nomaden geworden, die durch Plündern, Jagen und Fischen ihren Lebensunterhalt bestritten, während andere sich ihre Nahrung anbauten und eine Ackerbaukultur entwickelten. Einige Kulturen erreichten eine hohe Stufe, besonders die indische, die chinesische, die ägyptische, die aztekische und die Inka-Kultur. Auch die Mittelmeer-Kulturen waren von hohem Rang und breiteten sich schließlich über den gesamten westlichen europäischen Kontinent und darüber hinaus aus. Obgleich von Zeit zu Zeit zwischen diesen verschiedenen Kulturen Kontakte hergestellt und Religionen und technische Erfindungen von einer Kultur zur anderen übertragen wurden, entwickelten sich die Hauptkulturen über lange Zeitläufte unabhängig voneinander weiter.

Von all diesen Kulturen war es die abendländische, die okzidentale Kultur, die sich zu einer technolog­ischen Kultur entfaltete — einer technologischen Kultur, die bestimmt war, sich über die Erde zu verbreiten und in andere kulturelle Regionen einzudringen. Als Ergebnis davon erfährt derzeit eine globale Kultur ihre schmerzhafte Geburt.

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   Warum Galilei?   

Wir haben noch ein drittes Problem, das von ebenso fundamentaler Natur ist wie das des Ursprungs des Lebens und des Ursprungs des Menschen. Entstand Technologie als Notwendigkeit oder als Zufall?

Noch im achtzehnten Jahrhundert und vielleicht sogar zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts war sowohl die chinesische wie auch die indische Kultur in den meisten Bereichen der abendländischen Kultur überlegen. Letzterer gelang nicht vor Mitte des neunzehnten Jahrhunderts der technologische Sprung, der ihr die Schlüssel zur Weltbeherrschung in die Hand gab. Wie kam es zu diesem Sprung? Schon in der Renaissance hatten die Menschen des Westens die Natur­wissen­schaften in einer Weise zu pflegen begonnen, die Schritt für Schritt zur technologischen Evolution führte.

Der Mann, dem wir diese Entwicklung am meisten verdanken, hieß Galileo Galilei

Die zentrale Frage lautet nun: Warum gab es keinen chinesischen, warum gab es keinen indischen Galilei? Während der T'ang- und während der Sung-Dynastie erlebte China eine ebenso blühende Kultur wie die der Renaissance in Europa. Nicht nur Kunst und Literatur, auch Naturwissenschaft und Technik gediehen wie nie zuvor.

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Doch statt wie im Westen während des neunzehnten Jahrhunderts zu einem naturwissenschaftlich-technologischen Durchbruch zu führen, welkte die kulturelle Blüte Chinas dahin — vielleicht weil, wie zuweilen gesagt worden ist, China mit der Last einer reaktionären Bürokratie beladen war. Ähnliche Perioden der geistigen Erneuerung läßt die indische Geschichte, zuletzt in der Zeit der Großmoguln, erkennen.

Es gibt auch kein Anzeichen, daß diese Kulturen irgendwann in der folgenden Zeit einen naturwissenschaftlich-technologischen Durchbruch hätten erreichen können. Wenn es während der Sung-Zeit bzw. der Zeit der Großmoguln nicht geschah, war die Chance dazu offenbar unwiederbringlich vertan. Deshalb ist es legitim zu fragen, wie sich eine menschliche Kultur »normal« entwickelt. War es der abendländische Mensch, der »normal« handelte, als er die technologische Kultur ins Leben rief, oder repräsentieren die Chinesen bzw. Inder eine natürliche Evolution? Tatsächlich ereignete sich ein ähnliches Zusammenspiel der Geschehnisse in der Geschichte der klassischen Mittelmeer-Kulturen, die untergingen, sobald die wissenschaftliche Aktivität der Griechen ihren Elan eingebüßt hatte.

Um die Frage zu präzisieren: Warum wurde Galilei zu Galilei? War es bloßer Zufall, daß genau zur rechten Zeit ein Mann mit genügend Intelligenz geboren wurde, um revolutionäre Ideen hervorzubringen, und mit genügend Standhaftigkeit, um trotz der Repressionen von Seiten der Kirche für diese Ideen einzustehen?

Angenommen, Galilei wäre als junger Mann gestorben — wäre jemand anders erschienen, um eine ähnliche Lawine ins Rollen zubringen? Oder wäre das Abendland, wie die Überreste eines imposanten vorzeitlichen Waldes, versteinert worden, sein kreatives naturwissenschaftliches Potential unangezapft geblieben? Und angenommen, während der Sung-Zeit oder der Zeit der Großmoguln wäre ein ähnlicher Mensch wie Galilei geboren worden — hätte er das vollbringen können, was Galilei vollbrachte?

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Wir müssen, wenn wir unsere Chancen voraussagen wollen, mit fremden Zivilisationen in Kontakt zu treten, diese dritte Frage beantworten.

Falls auf irgendeinem anderen Planeten Leben entstanden ist und falls sich eine dem Menschen gleichende Lebensform entwickelt hat — müssen diese Lebewesen unbedingt einen Galilei hervorgebracht haben? 

Oder werden unsere Gefährten im All vielleicht hochzivilisierte Kulturen aufbauen, die für alle Ewigkeit für uns stumm und unerkannt bleiben — weil sie keine Radios und keine Lasergeräte entwickelt haben?

 

   Weltweites Hiroshima?  

Die vierte Frage konzentriert sich auf die Stabilität unserer Kultur. Zur Zeit existiert zweifellos eine Anzahl destabilisierender Faktoren: die Bevölkerungs­explosion, die Umweltverschmutzung und — vielleicht das Bedrohlichste von allem — unsere rasch wachsenden Mittel der Zerstörung (und man muß schon ein Optimist sein zu glauben, daß diese ganze angehäufte destruktive Macht immer in den Händen derjenigen bleiben wird, die keinen Gebrauch von ihr machen). 

Wir haben sehr wohl Grund zu fragen, ob unser Endschicksal sein wird, uns selbst zu vernichten.

Werden wir die Erde unbewohnbar machen?

Falls ja — wird das geschehen, bevor wir Zufluchtszentren außerhalb der Erde gegründet haben?

Bei unserer Untersuchung der Möglichkeit weiterer Zivilisationen irgendwo im Kosmos bezieht sich die eben gestellte vierte Frage auch auf die Lebensdauer einer technologischen Kultur auf einem anderen Planeten. Wird eine solche Kultur, einmal ins Leben gerufen, ewig existieren, oder wird sie sich selbst so schnell auslöschen, daß wir nur geringe Hoffnung haben, mit ihr in Kontakt zu treten?

Fassen wir zusammen:  

Bevor wir die Entscheidung treffen können, ob wir einmalige Wesen im Universum sind — bevor wir die Frage beantworten können, ob es fremde Kulturen im Weltraum gibt, mit denen wir Kontakte aufbauen könnten — müssen wir uns vier grundlegende Fragen über uns selbst beantworten:

Wir sehen, daß die Frage, ob wir ohnegleichen sind, eng verknüpft ist mit der Bestimmung des Lebens auf dem dritten Planeten.

Oder aber sind wir Menschen ein — extrem seltener — Herstellungsfehler? 

Sind wir das Ergebnis dreier höchst unwahrscheinlicher Ereignisse, wir, die wir uns einer gefährdeten Existenz in einer Welt der Bedrohungen erfreuen, die wir uns selbst geschaffen haben in unseren törichten Anstrengungen zu lernen, wie wir uns selbst zerstören können?

Wir wissen nicht, welches dieser Modelle für das Leben auf dem dritten Planeten zutreffend ist. 

Doch trotz unserer Unkenntnis über Ursprung und Zweck der Menschheit ist eine Klärung unserer gegenwärtigen Situation und das Ersinnen einer Strategie, die uns vielleicht eine Chance einräumt, unser Schicksal zu bestimmen, unerläßlich.

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Ende

 

 

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1969 - Hannes und Kerstin Alfvén  M-70  Die Menschheit  der siebziger Jahre