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10. Kreis:  Prophetien des Weltuntergangs 

Gilgamesch-Epos — Jesaja — Liä Dsi — Pindar — Die Edda 
— Leonardo da Vinci —  Nietzsche — Wells — Schneider 

 

 

220-239

Nicht nur über die Entstehung der Welt haben sich die Völker Vorstellungen gebildet, auch über ihren Untergang. Das sehen wir in der Bibel, aber auch in östlichen wie westlichen Mythen. Selbst die Götter waren da vom Untergang nicht ausgenommen, nicht nur in der <Götterdämmerung> der Germanen. Gelassener reagierten die chinesischen Philosophen auf diese Frage mit der Antwort: Ob es dann ganz zu Ende ist, wissen wir nicht. 

Die alten Visionen bekommen heute eine neue Aktualität, denn die <exakten Wissenschaften> förderten nun auch die exakten Gründe zutage, die zum unausweichlichen Untergang führen müssen. Das beginnt mit Leonardo da Vinci. Seine Prophetien beruhen ganz und gar auf den auch von ihm anerkannten Naturgesetzen. Darum erfüllte sich bereits ein Teil seiner Vorhersagen, und der andere Teil ist auf dem besten Wege, ebenfalls in Erfüllung zu gehen.

Friedrich Nietzsche sieht die gleichen Gefahren. Für ihn ist der globale Untergang durchaus denkbar als Folge der wissenschaftlichen Erkenntnisse, zu denen der Mensch sich getrieben sieht.

Herbert George Wells, der lange als Zukunftsutopist geschrieben hatte, revidierte sich radikal und sah schon vor der Mitte unseres Jahrhunderts den <Geist am Ende seiner Möglichkeiten> was jedoch bedeutet, daß auch »das Ende alles dessen, was wir Leben nennen«, nahe und unvermeidlich ist.

Tatsächlich klingen auch die Schlagzeilen unserer Tage wieder ganz so wie die Sorgen in den Jahrtausenden vor dem technischen Zeitalter; sie enthalten die Worte Nahrung, Wasser, Luft, Fischfang, Natur und Wald. Doch hinzugekommen sind: Energie, Rohstoffe, globale Erwärmung, Ausrottung der Pflanzen und Tiere. Alttestamentarische Sorgen der Kinder Israels sind wieder brennend aktuell — und diesmal zeigt sich kein Wink von Gott! 

  220/ 221


 

Der Menschheit Tage aber, sie sind gezählt, 
Eitel Wind ist, was immer sie wirken mag!
   Aus dem Gilgamesch-Epos

*

 

Siehe, der Herr macht das Land leer und wüst und wirft um, was drinnen ist, und zerstreut seine Einwohner. Und es ergeht dem Priester wie dem Volk, dem Herrn wie dem Knecht, der Frau wie der Magd, dem Verkäufer wie dem Käufer, dem Leiher wie dem Borger, dem Mahnenden wie dem Schuldiger. Denn das Land wird leer und beraubet sein. Denn der Herr hat solches geredet. Das Land steht jämmerlich und verderbt, der Erdboden nimmt ab und verdirbt, die Höchsten des Volks im Lande nehmen ab. Das Land ist entheiligt von seinen Einwohnern, denn sie übergehen das Gesetz und ändern die Gebote und lassen fahren den ewigen Bund.

Darum frißt der Fluch das Land, denn sie verschuldend, die drinnen wohnen. Darum verdorren die Einwohner des Lands, daß wenig Leute überbleiben. Der Most verschwindet, der Weinstock verschmachtet, und alle, die von Herzen fröhlich waren, seufzen. Die Freude der Pauken gibt es nicht mehr, das Jauchzen der Fröhlichen ist aus, und die Freude der Harfen hat ein Ende. Man singt nicht beim Weintrinken, und gut Getränk ist bitter denen, die es trinken. Die leere Stadt ist zerbrochen, alle Häuser sind zugeschlossen, daß niemand hineingeht. Man klagt über den Wein auf den Gassen, weil alle Freude weg ist und alle Wonne des Landes dahin ist. Eitel Verwüstung ist in der Stadt geblieben, und die Tore stehen öde.

Denn es geht im Lande und im Volke ebenso, als wenn ein Ölbaum abgeerntet ist, als wenn man nachliest, daß die Weinernte aus ist. Dieselbigen heben ihre Stimme und rühmen und jauchzen vom Meer her wegen der Herrlichkeit des Herrn. So preiset nun den Herrn überall, an den Küsten des Meeres den Namen des Herrn, des Gottes Israels.

Wir hören Lobgesang vom Ende der Erde zu Ehren des Gerechten. Und ich muß sagen, wie bin ich aber so mager? Wie bin ich so mager? Weh mir, denn die Verächter verachten, ja, die Verächter verachten.

Darum kommt über euch Einwohner des Landes Schrecken, Grube und Strick. Und ob einer entflöhe vor dem Geschrei des


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 Herbert Gruhl - Zeugnisse ökologischer Weltsicht  aus vier Jahrtausenden