Maxeiner & Miersch 

Die Zukunft und ihre Feinde

Wie Fortschrittspessimisten unsere Gesellschaft lähmen

 

2002 by Eichborn Verlag

 

 

2002    230 Seiten  

 

Google Buch 

detopia:

Maxeiner Start

 

 

Klappentext

Die Nordsee in der Kölner Bucht, abgestorbene Wälder und vergiftete Gewässer – vor zwanzig Jahren war allgemeine Gewissheit, daß die Zukunft grau und schwarz sein würde. Doch obwohl heute viele erkennen, daß die Prognosen von Global 2000 und des Club of Rome übertrieben waren, haben sich vor allem in Deutschland mit seiner fortschrittsskeptischen romantischen Tradition die Fronten verhärtet und die seltsamsten Verbindungen haben Konjunktur. 

Jörg Haider mobilisiert gegen Atomkraft, Oskar Lafontaine und Peter Gauweiler klopfen sich in der Bildzeitung gegenseitig auf die Schulter, grüne Politiker und katholische Kardinäle predigen einträchtig gegen Stammzellenforschung, ATTAC und NPD demonstrieren mit gleichen Parolen gegen die Globalisierung. Die Zukunftsdebatten verlaufen quer zur alten rechts-links Aufstellung. 

Ob Einwanderung, grüne Gentechnik oder Arbeitsmarktpolitik: Die Gesellschaft sortiert sich neu und im allgemeinen Durcheinander bilden sich zwei informelle Parteien heraus, die Partei des Fortschritts­optimismus und die Partei der Zukunftsangst.

Die Zukunft und ihre Feinde zeigt die neuen politischen Formationen und ordnet bekannte Namen den jeweiligen Lagern zu. Das Buch dokumentiert, welchen Schaden die rechten und linken Zukunftspessimisten heute bereits angerichtet haben, indem sie Fortschritte verhindern und Reformen blockieren. Zugleich ist ein flammender Appell, die notwendigen ökonomischen und ökologischen Reformen rasch anzugehen.

 

Wie es derzeit aussieht, haben wir am 22. September die Wahl zwischen Stagnation und Rückschritt. Miese Laune liegt wie Mehltau über dem Land: Reformstau, Stagnation, Frustration. Ein Kartell aus Bremsern und Bedenkenträgern erstickt jede Idee, jede Innovation jede Initiative. Nur kein Risiko eingehen, lautet die neue deutsche Devise, das Streben nach  absoluter Sicherheit beherrscht die gesellschaftliche Mentalität. Wo ist das Land des Wirtschaftswunders und des Aufbruchs geblieben? Das Land der Erfinder und Techniker?

Unser neues Buch beschreibt die selbstgerechten Eliten eines erstarrten Wohlfahrtsstaates, analysiert ihre Ideologien und zeigt, wie ihre Regulierungswut und Bevormundung sich auswirken. Die Fortschrittsfeinde sitzen in allen Parteien, in den großen Verbänden und Kirchen. Damit die Zukunft nicht auf dumme Gedanken kommt, rufen sie nach mehr Verboten, mehr Kontrolle, mehr Institutionen.

Die seltsamsten Verbindungen haben Konjunktur: Oskar Lafontaine und Peter Gauweiler beklagen gemeinsam den allgemeinen Werteverfall, grüne Politiker und katholische Kardinäle predigen einträchtig  gegen Stammzellenforschung, Attac und NPD demonstrieren mit gleichen Parolen gegen die Globalisierung.

Die Gesellschaft sortiert sich neu. Dabei entsteht eine neue politische Landkarte, jenseits des alten Rechts-links-Schemas. Im allgemeinen Durcheinander bilden sich zwei informelle Parteien heraus, die Partei des Fortschrittsoptimismus und die Partei der Zukunftsangst.

Der Gedanke, dass die Zukunft besser sein könnte als die Gegenwart, klingt für viele wie eine verrückte Utopie.

Doch alle sozialen Reformen der Geschichte, jeder demokratische Fortschritt, jede technische Verbesserung wurden von Menschen verwirklicht, die an die Zukunft glaubten und nicht ständig auf die potenziellen Risiken starrten. Die Menschheit hat ihre Möglichkeiten dank Wissenschaft, technischem Fortschritt und dem Siegeszug der Demokratie immer weiter ausgeweitet. Und deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Zukunft offen bleibt. Je mehr Möglichkeiten die Menschen haben desto besser.  Wir haben allen Grund  auch weiterhin darauf zu bauen. Dieses Buch ist ein Aufruf an alle Optimisten, den Bremsern und Bedenkenträgern nicht weiter das Feld zu überlassen. 

Inhalt

Vorwort

I. Ein neuer Kulturkampf und sein Frontverlauf 

1. Lechts und rinks  #  Die gewohnten politischen Lager in der westlichen Industriegesellschaften formieren sich neu. Die Konflikte des 21. Jahrhunderts entstehen aus unterschiedlichen Haltungen zur Freiheit und zum Fortschritt.

2. Die Zukunft ist politisch nicht korrekt  #  Die Welt von morgen kann nicht am runden Tisch geplant werden. Ob es uns gefällt oder nicht, immer wieder sind es Außenseiter und Nonkonformisten, Nebenwirkungen und Zufälle, die den Lauf der Geschichte verändern.

3. Die erfolgreiche Mission der Gotteskrieger  #  Der religiös motivierte Terror vom 11. September 2001 führte bei vielen westlichen Intellektuellen nicht etwa einer Parteinahme für die Aufklärung. Im Gegenteil: Plötzlich will man vom Islam lernen und selbst wieder spiritueller werden. Je schlimmer die Gewalt der frommen Ignoranten, desto mehr sind bereit, sich ihnen zu unterwerfen.  

II. DIE NEUEN IDEOLOGIEN

1. Vorsicht Vorsorge  #  Eines der Grundprinzipien des demokratischen Rechtsstaates heißt: Im Zweifel für den Angeklagten. Das Vorsorgeprinzip in seiner heutigen Auslegung kehrt diesen Grundsatz um. Der gut gemeinte und vernünftige Gedanke der Vorsorge ist in ein freiheitsfeindliches Konzept verwandelt worden.

2. Das Leben ist nicht nachhaltig  #  Die Forderung einer nachhaltigen Entwicklung kommt so harmlos und selbstverständlich daher, dass sie jedermann an der Haustür unterschreiben würde. Doch Vorsicht: Das Leitbild beinhaltet eine im Kern abgrundtief pessimistische Vorstellung über die Fähigkeit der Menschen, ihre Probleme zu lösen. Es dient als neuer Tarnbegriff für staatliche Bevormundung und Regulierung. 

III. DIE ALTEN KAMERADEN

1. Nationale Sozialisten gegen Globalisierung  #  Die weltanschauliche Schnittmenge von Rechten und Linken wächst. Beim Kampf gegen die Globalisierung herrscht an den radikalen Rändern immer mehr inhaltliche Einigkeit. Einer der Köche dieses Gesinnungseintopfs heißt Horst Mahler.

2. Wir wollen unsern alten Kaiser Erich wieder haben  #  Die Lage im Osten ist besser als die Stimmung. Gregor Gysi und die PDS profitieren von der Unzufriedenheit und untergraben die Zukunftsfähigkeit Ostdeutschlands. Eigeninitiative und Selbstverantwortung sollen wieder bei der Partei abgegeben werden.

3. Die Hüter der verlorenen Werte  #  Konservative Kulturpessimisten wie Botho Strauß und Peter Gauweiler leiden ganz arg unter der Spaßgesellschaft und warnen unermüdlich vor einem rasenden Verfall der Sitten. Mit Erfolg: Eine wachsende Fraktion bedient sich beim billigen Ethik-Jakob und ruft nach Werten, Tiefe, Pflicht und Tradition. 

IV. DIE NEUEN ELITEN

1. Gutmensch Manager  #  Immer mehr Unternehmensführer zeigen den Feinden der Marktwirtschaft die weiße Fahne. Dahinter stecken ganz verschiedene Motive: Manche möchten aufrichtig Gutes zu tun, andere sehnen sich nach moralischer Anerkennung, einige treiben nagende Selbstzweifel, aber auch blanker Opportunismus.

2. Die Drei-Sterne-Rebellen  #  Einst kämpften Revolutionäre für die Versorgung der Massen mit erschwinglichen Lebensmitteln, für mehr Freizeit und bessere Medizin für alle. Heute ist es genau umgekehrt. In der Pose ökosozialer Rebellen verteufeln elitäre Feinschmecker wie Wolfram Siebek billige Lebensmittel und Massentourismus. Und reiche Naturtümler bekämpfen die medizinische Wissenschaft.

3. Rock around the Ortsverein  #  Rock'n'Roll  galt einmal als schmuddelig, nutzlos und subversiv. Heute vermitteln Rockopas und politisch korrekte Jungstars staatstragende Inhalte. In Deutschland sind die Tabubrecher von einst zu Anstandstanten im öffentlichen Dienst geworden. 

V. WIE MAN DEN FORTSCHRITT BREMST

1. Die Schadensbilanz der Zukunftsfeinde  #  Der Kampf gegen Naturwissenschaft und Technik hat heute schon fatale Folgen. Öko-Aktivisten fördern ungewollt Unterentwicklung, Armut und Krankheiten. Die Durchsetzung ihrer ideologischen Prinzipien untergräbt die Fähigkeit der Menschen, gegenwärtige und künftiger Probleme zu lösen.

2. Die falschen Freunde der Armen  #  Ob Gentechnik, Tropenholz oder Globalisierung: Authentische Respektspersonen aus den armen Ländern des Südens schmücken jedes Podium und sorgen für Aufmerksamkeit. So wurde die Inderin Vandana Shiva zum Importschlager der europäischen Protestindustrie. Doch von Indiens Bauern wurde sie nicht gewählt.

3. Der Kreuzzug gegen die Wissenschaft  #  Im Streit um Stammzellenforschung und Reproduktionsmedizin werden Wissenschaftler als Unmenschen abgestempelt. Carl Djerassi, der Erfinder der Antibabypille, meint: Würde die Pille heute erfunden, hätte sie wahrscheinlich keine Chance auf dem Markt zu gelangen. 

VI. ALTE UND NEUE PLANWIRTSCHAFT

1. Im Sumpf der Subventionen  #  Bürokratische Fürsorge hat die Bauern jahrzehntelang in eine absurde Planwirtschaft gezwängt. Doch staatlich verordneter Öko-Landbau streicht das alte System lediglich grün an und verhindert technischen Fortschritt. Es wird Zeit, dass Bauern Unternehmer werden. Das ist für Gerd Sonnleitners Bauernlobby jedoch eine Horrorvorstellung.

2. Regenmacher und Klimamelker  #  Die vernünftige Idee, die Umwelt zu schonen, Ressourcen und Energie zu sparen, genügt offenbar nicht mehr. Statt dessen glauben Klimaschützer, wie weiland die sowjetischen Großtechnokraten, die Natur nach einem großen Plan managen zu können. Wissenschaft und Ideologie sind dabei kaum noch voneinander zu unterscheiden.

 

Die Autoren schießen über das Ziel hinaus   2002   Von Ein Kunde

Ach ja, Maxeiner und Miersch sind wieder da. Perfiderweise haben meine beiden Vor-Rezensenten recht. M/M nehmen völlig zu Recht etwa die geschätzt 600 Bürgerinitiativen gegen Mobilfunkmasten aufs Korn. (Das Handy hat ja auch der stressgeplagte Organisator von Anti-Globalisierungs-Demos in der Jackentasche.) 

Und wen der sarkastisch-zynisch-polemische Stil nicht abschreckt, der wird über die "Drei-Sterne-Rebellen" mit Wolfram Siebeck an der Spitze ("In dubio Prosecco") lauthals lachen können.

Aber das Buch könnte in der Tat ein Quellenverzeichnis gebrauchen, so verspielt es eine Solidität, die es - unterstellt - hat.

Und: M/M schießen mal wieder über das Ziel hinaus. Suggeriert wird nämlich (zum Beispiel), dass Atomenergie und Gentechnik nicht der Ausbund der Hölle, sondern im Gegenteil die Lösung der meisten Menschheitsprobleme seien, wenn man sie nur gewähren ließe. Da hab ich auch nach der Lektüre dieses Buches noch so gewisse Bedenken.

Konkret sprechen Sie von der deutschen Atomindustrie von einer "mustergültig sicheren" Angelegenheit. Das ist Definitionssache, aber Sicherheit ist für mich 100 %. Und daran hapert es "sogar" bei der deutschen Nuklearindustrie. Auch kann mir das Kapitel nicht sagen, wo man die auf Jahrmilliarden strahlenden abgebrannten Brennelemente sicher endlagern kann. Über die Entsorgungsproblematik nämlich verlieren M/M bezeichnenderweise kein Wort.

"Es ist den Verbrauchern in den westlichen Ländern unbenommen, auf gentechnisch erzeugte Lebensmittel zu verzichten", schreiben sie auf Seite 143. Ah ja? Wie sollen die Verbraucher denn - mangels von der Industrie mit Verve verhinderter Kennzeichnungspflicht - Gen-Food überhaupt erkennen??

Es ist aber beinahe wohltuend, nach dem ganzen Katastrophen-Geheul (der Rezensent ist auch noch Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen), mal eine zugespitzte "Gegenrede" zu lesen. 

Die Wahrheit dürfte irgendwo zwischen attac und Maxeiner/Miersch in der Mitte liegen. 

 


Seichtes vom Duo Maxeiner/Miersch, 2002 Von T. Lutz

Das geschäftstüchtige Duo Maxeiner/Miersch hat einfach den Bogen raus. In ihrer unübertroffenen Art der "Simplifizierung bis zum geht nicht mehr" werfen die beiden selbst ernannten Querdenker wieder einmal ein wahllos zusammengerührtes Geschreibsel aus Wahrheit, Halbwahrheit und Unwahrheit auf den Markt. 

Dies kann zwar leider keinerlei Aufklärung dienen, aber (um nur einen Punkt exemplarisch herauszugreifen) viele leichtfertige Zeitgenossen, die schon immer gemeint haben ganz genau zu wissen, es sei lächerlich, dass wir Menschen einen beschleunigten Klimawandel bewirken könnten, werden sich bestätigt fühlen und unter pseudowissenschaftlichem Deckmäntelchen mit neuem Selbstbewußtsein die Hoheit über den Stammtischen zurück zu erobern versuchen.

Die Strategie von Maxeiner und Miersch erinnert stark an die Praktiken der "Querdenker" der Bild-Zeitung. Bezeichnend übrigens, dass in diesem Druckerzeugnis weder ein Literaturverzeichnis noch ein Stichwortregister zu finden ist.

 

 

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