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Die Bezeichnung Achse des Guten

achgut.de  Die Achse 

wikipedia / Die_Achse_des_Guten 

(aus wikipedia )

 

ist eine Analogie zu der von dem US-Präsidenten George W. Bush verbreiteten Bezeichnung Achse des Bösen für die der Terrorunterstützung verdächtigten Länder Nordkorea, Iran und Irak. 

Die Betreiber stellen sich damit auf die Seite der US-Außenpolitik nach den Anschlägen vom 11. September 2001, um damit eine ihrer Meinung nach gegebene „deutsche und europäische Mentalität der Zurückhaltung“ anzuprangern, die sie als „Gutmenschentum“ oder „Appeasement“ bezeichnen

Im Vordergrund stehen Themen wie Islamismus, Antisemitismus und Antizionismus, sowie die (vor allem von den Autoren Maxeiner und Miersch) häufig aufgegriffene Debatte um den Klimawandel.

Nach eigener Darstellung ist die politische Ausrichtung des Weblogs „liberal und prowestlich“.

Lorenz Jäger kommentierte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die Autoren des Weblogs hätten sich „die Anliegen der amerikanischen Neocons“ auf die Fahnen geschrieben. „Ziemlich rabiater Antiislamismus“ stehe neben zahlreichen klimaskeptischen Einlassungen. In einem Aufsatz zum Thema Islamfeindlichkeit stufte Sabine Schiffer Die Achse des Guten als „antiislamische“ Website ein.

Der spätere Mitautor Hannes Stein charakterisierte <Die Achse des Guten> als Hauptakteur eines „liberalen Paralleluniversums“, das dem US-amerikanischen Neokonservatismus nahe stehe.

Jörg Lau kritisierte auf der Website der deutschen Wochenzeitung <Die Zeit> einen Artikel Broders, in dem er „ein Abdriften in eine Ressentiment-Rhetorik“ zu finden glaubte: „Der Gegner ist schwul und ‚parasitäres Pack‘ – das ist eine rechtsextreme Rhetorik, die der Broder, den ich einmal kannte, einfach nur widerlich gefunden hätte.“ 

 

 

 

Provokation als Aufklärung?

Die Achse des Guten 

     Börne-Preis 2007 für Henryk M. Broder 

Thomas Rothschild    22.06.2007 

freitag.de/autoren/der-freitag/die-achse-des-guten  

 

Seit 1993 wird der Ludwig-Börne-Preis alljährlich für herausragende Leistungen aus den Bereichen Essay, Kritik und Reportage vergeben. So gesehen ist der Publizist Henryk M. Broder, dem die Auszeichnung an diesem Wochenende verliehen wird, ein würdiger Preisträger. Als Essayist und Kritiker hat er Arbeiten publiziert, die man mit Fug und Recht als hervorragend bezeichnen kann.

Den Preis gönne ich Broder aus vollem Herzen, wie ich Wolf Biermann das Bundesverdienstkreuz und die Ehrenbürgerschaft der Stadt Berlin gönne. Der Ludwig-Börne-Preis wird von jeweils einem einzigen Juror vergeben, und das war in diesem Jahr der Herausgeber und Chefredakteur des Magazins Focus, Helmut Markwort, dem man gewiss nicht zu nahe tritt, wenn man ihn als ausgewiesenen Verfechter eines militanten Konservatismus charakterisiert. Biermanns Auszeichnungen wurden von Personen befürwortet, die man ohne Zögern der rechten Hälfte des politischen Spektrums zurechnen darf.

Es muss also erlaubt sein, sich darüber Gedanken zu machen, in welchem Kontext diese Ehrungen stehen, wem sie dienen und welche Funktion sie haben. Darüber hinaus mag man sich fragen, was die Auslober des Ludwig-Börne-Preises, den in früheren Jahren immerhin auch eine dezidiert linke Publizistin wie Daniela Dahn erhalten hat, sich dabei dachten, als sie Markwort zum Juror bestellten. Die Einsetzung eines Jurors, der in alleiniger Verantwortung über einen Preisträger entscheidet, bedeutet stets eine weit gehende Vorwegnahme des Ergebnisses. Es ist eine Erwähnung wert, dass zum mehrheitlich konservativen Stiftungsvorstand des Preises auch Markworts Arbeitgeber Hubert Burda gehört - eine pikante Konstellation.

Kotau vor den USA 

Als ich Henryk M. Broder vor knapp 40 Jahren kennen lernte, trat er als wohltuend frecher, gescheiter Provokateur auf, der formidabel in die Landschaft der 68er-Rebellion passte. Er liebte es, Tabus zu brechen, vor allem die herrschenden Tabus der restaurativen Gesellschaft, in der sich alte Nazis ungeniert breit machten und Spießer das Sagen hatten. 

Schwer vorzustellen, dass Helmut Markwort mit seiner Wahl jenen Broder ehren will, der damals eine mutige Kampagne gegen einen Kölner Nazirichter führte, der sich beharrlich für die Kurden einsetzte, als in Deutschland kaum jemand wusste, was das für ein Volk ist, der aber auch den Wiener Aktionismus kritisch analysierte. Broder gehörte zu den Veranstaltern der Essener Songtage, bei denen 1968 jene Liedermacher auftraten, die eine andere Republik herbeisehnten. An der antikapitalistischen Überzeugung derer, die da mitmischten, konnte es keinen Zweifel geben. Helmut Markwort gehörte nicht dazu. 

Inzwischen aber hat sich in Broders Kopf ein bemerkenswerter Wandel vollzogen. Es existiert ein weit über Broder hinausgehendes Phänomen, das der genaueren Untersuchung bedürfte

In den Jahren des Nationalsozialismus, aber auch schon davor, gab es unter jüdischen Intellektuellen eine Tendenz, mit der Linken zu sympathisieren, ja in kommunistische Parteien und andere Organisationen der Arbeiterbewegung einzutreten, weil diese die konsequentesten Gegner der Nazis waren und somit auch des Antisemitismus unverdächtig zu sein schienen. Als dann der lange verdrängte Antisemitismus in der Sowjetunion und - im Zusammenhang mit dem Rajk- oder dem Slánsky-Prozess - in deren Satellitenstaaten erkennbar wurde, als sich zudem im Kalten Krieg die ursprünglich positive Haltung der UdSSR gegenüber Israel zu einer antizionistischen Position umzukehren begann, gerieten viele von diesen Juden in einen Loyalitätskonflikt.

Solch einem Konflikt ist Broder offenbar erlegen, als er in seiner deutschen Umgebung den "linken Antisemitismus" zu entdecken meinte. Nun wäre es borniert, wollte man leugnen, dass es auch unter Linken antisemitische Ansichten und Äußerungen gibt. Aber für Broder wurden sie - ungeachtet des ungebrochenen Einflusses alter und neuer Nazis - zum zentralen Objekt seiner Angriffe. Als er dann bald zur Gleichsetzung von Antizionismus und Antisemitismus gelangte, war es nur noch ein kurzer Weg zum Vorwurf des "jüdischen Antisemitismus" gegenüber Juden, die seine Einschätzung der Politik Israels nicht teilten.

Das mag unter der Prämisse des erwähnten Loyalitätskonflikts noch verständlich sein. Warum sollten Juden nicht den nationalistischen Unsinn der Überidentifikation mit den idealisierten "eigenen Leuten" reproduzieren, der seit dem 19. Jahrhundert anderswo um sich gegriffen und auch den Nährboden für Antisemitismus und Chauvinismus abgegeben hat? Gerade Broder hat stets die Zumutung abgelehnt, dass man aus eigenem Leid gelernt haben - durch das Opfer von Millionen Toten menschlicher geworden sein soll.

Werbung für Tschibo? 

Aber warum muss die Ablehnung des Antizionismus einhergehen mit einer bedingungslosen Apologie des Kapitalismus, den Broder in seiner Jugend durchschaut hatte? Warum muss sie einhergehen mit der Befürwortung sozialer Kälte, dem Kotau vor den USA und der Hetze gegenüber dem Islam? Gewiss wurden diese Begleitmelodien nicht in Hinblick auf den Luwig-Börne-Preis intoniert. Aber sie dürften ganz wesentlich dazu beigetragen haben, die Zuneigung von Helmut Markwort zu erobern. Die Zuneigung des Focus-Chefs für einen Mitarbeiter des konkurrierenden Spiegel immerhin.

Henryk M. Broder ist der Kopf des publizistischen Netzwerks <Die Achse des Guten>. 

Das Credo dieser Online-Gemeinschaft formuliert deren Mitglied Hannes Stein so: 

"Diese Leute denken, dass der Kapitalismus eher eine gute Sache ist. Sie finden, dass liberale Demokratie und Marktwirtschaft zusammengehören wie Yin und Yang. Sie halten Karl Popper in Ehren und haben Friedrich von Hayeks Klassiker <Der Weg zur Knechtschaft> verschlungen, in dem begründet wird, warum jede Variante des Sozialismus, und sei sie noch so gut gemeint, ins gesellschaftspolitische Desaster führen muss. 

Die Vorstellung, dass Kündigungsschutz sozial, gut und edel sei, löst bei diesen Leuten Lachkrämpfe aus. Sie weigern sich hartnäckig, ihren Müll zu trennen. Unter den bunten Peace-Fahnen der Friedensbewegung hält man vergeblich nach ihnen Ausschau. Noch verrückter: Diese Außenseiter äußern offen ihre Sympathie für Amerika. George W. Bush gilt ihnen nicht als Kreuzung von Schimpanse und Adolf Hitler. Sie waren für den Krieg gegen Saddam Hussein; dabei interessierte sie wenig, ob es im Irak wirklich Massenvernichtungswaffen gab. Es ging ihnen eher um die Beseitigung einer besonders widerlichen Diktatur, in der Hoffnung, dass dadurch die Tore zu einer Demokratisierung des gesamten Nahen Ostens aufgestoßen werden könnten.

Nicht Armut, sondern Tyrannei halten solche Ketzer für die Wurzel des islamischen Terrors. Heute fordern sie die Befreiung des Iran von den Mullahs - möglichst noch, bevor dieses Land die Atombombe fertig gebaut hat. Sie demonstrieren im Geiste mit den Taiwanesen für die Unabhängigkeit von Festland-China. Ach ja, und um das Fass voll zu machen, ist diese Randgruppe auch noch ausgesprochen israelfreundlich. Sie registriert sehr genau, wenn einer der festangestellten Moscheeprediger der palästinensischen Autonomiebehörde wieder einmal zur Beseitigung des <zionistischen Gebildes>, zum Völkermord an den israelischen Juden aufruft. Mit einem Wort, der liberale Underground hierzulande steht den Neokonservativen in Washington ziemlich nahe. Paul Wolfowitz ist einer ihrer Helden. Mit der klugen Condoleezza Rice würden sie alle gern mal essen gehen."

Wir tun also niemandem Unrecht, wenn wir sagen: Der Ludwig-Börne-Preis 2007 geht an einen Essayisten, der gegen die eben zitierte Selbstdefinition keine Einwände vorzubringen hatte. Dass derlei einem Helmut Markwort gefällt, überrascht nicht. Und der Provokationswert? Er ist gering. Dieses Bekenntnis passt exakt in die Landschaft des aktuellen Kulturkampfes. Und seine Anhänger, die sich gern als verfolgte Minderheit darstellen, besetzen wichtige Positionen im Spiegel, in der Welt, der Welt am Sonntag, in der ZEIT. Focus lacht sich ins Fäustchen. So nah war man sich noch nie.

DIE ZEIT? 

Was hat dieses berühmt liberale Blatt mit dem zitierten Statement zu tun? Nun, deren Herausgeber Josef Joffe hat zusammen mit drei Mitgliedern der guten Achsenmacht ein Buch veröffentlicht. Sein Titel: <Schöner Denken. Wie man politisch unkorrekt ist>. Darin fällt Broder unter anderem etwas zum Stichwort "soziale Kälte" ein. Wo sie droht, belehrt uns der Börne-Preisträger in spe, gibt es "in den Freudenhäusern an der Reeperbahn (...) heißen Kaffee als Zugabe". Das mag ja politisch unkorrekt sein. Ist es auch witzig? Was ist es eigentlich? Eine Verhöhnung derer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben? Eine Werbung für Tschibo? Oder gar eine Distanzierung von Freudenhäusern, deren Existenz Broder einst gegen die Prüderie feministischer Eiferer verteidigt hat? Geblieben ist die Attitüde der Provokation. Heute richtet sie sich gegen jene, denen es dreckiger geht als dem Spiegel-Reporter.

Gleich an Wolfowitz 

Nun könnte es sein, dass Helmut Markwort, da Ludwig Börne nicht nur Demokrat, sondern auch Jude war, den nach ihm benannten Preis an einen Juden vergeben wollte. Dieser Gesichtspunkt hat zwar in den vorausgegangenen Jahren eine untergeordnete Rolle gespielt - aber sei´s drum. Dass Broder sein Judentum zu einem Markenzeichen gemacht hat, steht außer Zweifel. In der Öffentlichkeit gilt er als einer, der den Deutschen unangenehme Wahrheiten über ihr Verhältnis zu den Juden ins Gesicht sagt. Aber auch in diesem Kontext vertritt Broder seit langem eine ganz bestimmte Position, die Konservativen gut in den Kram passt.

Auf die Bestsellerlisten gelangte er zuletzt mit seinem Buch <Hurra, wir kapitulieren. Von der Lust am Einknicken>. Der Titel zeugt einmal mehr von Broders Sinn für Effekte, der Zeitpunkt der Veröffentlichung beweist, dass der Radikaloppositionelle von einst heute im Mainstream angekommen ist. Das Buch traf exakt auf den Höhepunkt der Islamophobie, die als Rechtfertigung für den Irak-Krieg systematisch angeheizt worden war.

Als Leitmotiv zieht sich der Begriff des "Appeasement" durch die Streitschrift. Damit wird eine historische Parallele konstruiert. Appeasement bezeichnet bekanntlich die Politik der Westmächte gegenüber Hitler, die 1938 zum Münchner Abkommen führte. Die Verwendung dieses Begriffs suggeriert eine Vergleichbarkeit der Islamisten mit den Nationalsozialisten und ihrer Aktionen wie der Annexion Österreichs und des Überfalls auf die Tschechoslowakei. Eine gewagte These, noch dazu von jemandem, der in anderem Zusammenhang jeden Vergleich mit den Verbrechen der Nationalsozialisten der unzulässigen Verharmlosung derselben bezichtigt.

Was an Broders Argumenten irritiert, ist nicht ihr Tabubruch, sondern ihre Apodiktik. Manchmal versteckt sie sich hinter Spott und Ironie. Die moslemischen Männer - so erfahren wir von ihm - freuen sich (allesamt?) auf 72 Jungfrauen im Jenseits und wissen nicht, dass Pamela Anderson ein Fantasieprodukt ist, "weil sie nie gelernt haben, zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu unterscheiden". Nicht jedes angebliche Vorurteil ist eines. Dies aber ist - schon in seiner Syntax - unverkennbar ein Klischee, das den Klischees des Antisemitismus zum Verwechseln ähnelt. Zumindest dafür dürfte man Broder größere Sensibilität abverlangen.

Ausgerechnet einer, der nicht müde wurde, seiner christlichen Umwelt, zu Recht und manchmal auch zu Unrecht, Antisemitismus vorzuwerfen, beschwört den gemeinsamen islamischen Feind. Vergessen, dass Jahrhunderte der Verfolgung, dass die Pogrome in Russland und die Gaskammern in Auschwitz auf das Konto von Christen gingen, dass es islamische Länder waren, die den Juden eine Heimat boten, als sie 1492 vor der Inquisition und der Zwangschristianisierung fliehen mussten. Es hat etwas Tragisches, wenn Juden glauben, die ständig drohende Gefahr von ihren Häuptern abwenden zu können, indem sie sich an Christen anbiedern durch den Hinweis auf einen gemeinsamen Gegner, der als Projektionsfläche dient für alle Verbrechen, die Christen seit dem Mittelalter begangen haben.

Wenn das Broders Altersweisheit ist, was da zum Vorschein kommt, lobe ich mir erneut seinen jugendlichen Übereifer von einst. Das christlich-jüdische Versöhnungspathos, das immer schon auf Kosten der Agnostiker zelebriert wurde, richtet sich jetzt gegen den Islam. Das Vorbild des Antisemitismus ist dabei unschwer zu orten.

Nehmen wir Henryk M. Broder zu wichtig? Ich glaube nicht. In ihm verkörpert sich wie in keinem zweiten deutschen Publizisten unserer Tage ein eng verflochtenes Bündel von Haltungen: 

Broder repräsentiert den Kulturkampf der Rechten gegen die Aufklärung. Ludwig Börne muss dafür seinen guten Namen geben.

Erinnern wir uns: 

Vor kurzem erst musste Peter Handke unter dem Druck der allgemeinen Empörung über seine Bemerkungen zu Milosevic auf den Heinrich-Heine-Preis verzichten. Dass Broder auf den nach Heines Zeitgenossen und Kontrahenten benannten Preis verzichtet, wird von niemandem erwartet. Broder hat sich - wen wundert´s - auch zu Handke geäußert. Auf seiner Homepage ätzte er gegen die Verleiher eines alternativen Heine-Preises: 

"Und was den Berliner Heine-Preis angeht: Den könnte man statt an Handke doch gleich an Milosevic verleihen, für seine großen Verdienste um die Menschenrechte und die Freiheit der Kunst." 

Wir greifen die Anregung gern auf und variieren sie nur geringfügig: 

"Und was den Ludwig-Börne-Preis angeht: Den könnte man statt an Broder doch gleich an Paul Wolfowitz verleihen, für seine großen Verdienste um die Menschenrechte und die Bekämpfung der Vetternwirtschaft."

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Toleranz ist ja doch bloss Appeasement

 nzz.ch/aktuell/feuilleton/buchrezensionen/toleranz-ist-ja-doch-bloss-appeasement-1.1770184 

Das politische Buch

Buchrezensionen 

24. Januar 2009

Joachim Güntner

 

Früher traf man sich zur Gesinnungsgemeinschaft am Stammtisch, aber seit der moderne Mensch den Verlockungen eines privatistischen Medienkonsums ausgesetzt ist, leidet das Leben im Wirtshaus. Blogs im Internet suchen den Stammtisch zu ersetzen, kranken freilich daran, dass Wildfremde sich unter die Stammgäste mischen. Das droht die Gesinnungsgemeinschaft zu sprengen, weshalb es Blogs gibt, die zwar Gastkommentare zulassen, die aber das grosse Wort zu schwingen den fest eingetragenen Mitgliedern vorbehalten. Ein solcher Internet-Stammtisch ist die «Achse des Guten» (www.achgut.com). 

Polemisches Trommelfeuer

Drei der Autoren des Blogs, Ulrike Ackermann, Henryk M. Broder und Richard Wagner, sind mit neuen Büchern anzuzeigen. Die Werke treten als 
Kampfschriften zur Verteidigung Europas und des Westens auf und haben, wie sollte es anders sein, eine sehr ähnliche Stossrichtung. Sie preisen die gleichen Heldinnen und Helden (Islam-Kritiker wie Ayaan Hirsi Ali, Necla Kelek, Theo van Gogh, Geert Wilders) oder attackieren die gleichen Verdächtigen – kriminell gewordene Migranten und Frauenunterdrücker mit in der Regel muslimischer Herkunft, schönfärberische Sozialarbeiter und Kulturwissenschafter, die «Ehrenmorde» zu auch in Westeuropa üblichen Familiendramen kleinreden, und eine laxe deutsche Justiz, die selbst Delikte wie schwere Körperverletzung mit irritierender Milde behandelt. 

Natürlich haben die drei Autoren nicht alle dasselbe Buch geschrieben. Ulrike Ackermanns Gesang vom «Eros der Freiheit» legt den Akzent stärker auf 
sozioökonomische Fragen; sie möchte für Selbstverantwortung und Bürgerlichkeit werben und den Neoliberalismus von übler Nachrede befreien. 

Absteiger und Verlierer, die sich von «Vater Staat» alimentieren lassen, kommen schlecht weg bei dieser Autorin, die gern über Mangel an Elan klagt und sich allseits mit «bürgerlichem Selbsthass» konfrontiert sieht. Stellt man in Rechnung, dass Ulrike Ackermann früher einmal die Zeitschrift «Neue Gesellschaft / Frankfurter Hefte», ein Organ sozialdemokratischer Theoriebildung und linksliberaler Essayistik, redaktionell verantwortet hat, so liegt der Verdacht von Konvertiten-Prosa nahe: Wie denunziatorisch Ackermann über soziale Gerechtigkeit und nichtwestliche Kulturen schreibt, wie leicht es ihr fällt, die Freundschaft für Amerika auch auf Kalte-Krieger-Gesinnungen auszudehnen, wie umstandslos sie das Verständnis für religiöse Empfindlichkeiten mit Verrat an der säkularen bürgerlichen Freiheit gleichsetzt – das verrät entweder ein arg simples Denken oder eine wütende Lust, offene Rechnungen mit ehemaligen Genossen zu begleichen. 

Wenn Polemiker Bücher verfassen, bekommen sie ein Problem mit der literarischen Form. 

Polemiken sollen brillant und beissend sein, das funktioniert aber nur mit gebotener Kürze. Gründliche Fundierung, systematischer Aufbau, differenzierte Argumentation wären tödlich. Ein Buch ganz aus Polemik zu bauen, kommt einem immerwährenden Trommelfeuer gleich, wo Missstand auf Missstand notiert, gegeisselt, mit Sottisen und Sarkasmen versetzt und schliesslich in den Orkus gestossen wird. Henryk M. Broder versteht dieses Geschäft ausgezeichnet, er formuliert mit ausgesuchter Bosheit und Frivolität, lässt keinen Raum für Abwägungen und Zwischentöne und verfügt über wohlgefüllte Dossiers, die ihm Stoff für seine Einlassungen bieten. Dass beständiges Trommelfeuer im Kopf des Lesers ein Dröhnen erzeugt, gehört dazu. 

Broders «Kritik der reinen Toleranz» erinnert im Titel irreführenderweise an Kants Analyse der reinen Vernunft, mit mehr Recht jedoch an Herbert Marcuses (ungenannt bleibenden) Aufsatz «Kritik der repressiven Toleranz». Mit Marcuse teilt Broder die Auffassung, dass Toleranz unter bestimmten historischen Konstellationen einer freien Gesellschaft zum Nachteil ausschlägt. Nur sind es bei Marcuse die Mächtigen und Meinungsmacher, die ob ihrer privilegierten Stellung illegitime Vorteile aus einer gleichmässig gestreuten Toleranz ziehen, bei Broder hingegen die Gewalttäter jeder Couleur, die Underdogs, nicht die Stützen der Gesellschaft. 

Kulturrelativistische Erklärungen, welche sich den Motiven der Täter widmen, sind ihm ein Greuel; stets wittert er eine Verharmlosung der Tat und eine Verhöhnung der Opfer. Als Täter kommen dabei viele in Betracht: jugendliche Messerstecher aus dem Neonazi-Milieu, Schlagetots mit Migrationshintergrund, Todfeinde Israels wie Iran und die Hamas, randalierende und zündelnde Muslime, die keinen Karikaturen-Spass verstehen. Broder dehnt den Begriff von Toleranz sehr weit, um ihn denunzieren zu können, indem er etwa allzu milde Gerichtsurteile, polizeiliches Versagen, Hilflosigkeit oder Diplomatie gegenüber Mullah-Regimen mit Toleranz gleichsetzt. All dieses Verständnis sei Schwäche, Hoffnung auf Schonung, es diene nur den Brutalen – und folglich sei «Intoleranz das Gebot der Stunde». 

Der «Kampf der Kulturen» ist für die drei Autoren eine ausgemachte Sache, der Dialog mit dem Islam zum Scheitern verurteilt. Wer anderes glaubt, Islam und Demokratie für vereinbar hält, erscheint als Narr, und wer darüber hinaus auch noch Verständnis für die muslimischen Migranten hat, betreibt «Appeasement». Denn was sind viele Migranten anderes als «Trojaner», die den Mullahs helfen, Europa zu islamisieren? 

Klare Schuldzuschreibungen

Bei Richard Wagner fällt die Polemik «gegen den Ausverkauf unserer Werte» gediegener aus als bei seinen Mitstreitern Ackermann und Broder. Er macht kulturhistorische Anleihen, greift weit aus, beschwört die Verwurzelung der westlichen Werte in griechischer Philosophie, Christentum und Aufklärung. 

Die Türkei, diese «Modernisierungsdiktatur» mit säkularem Staat, aber islamischer Gesellschaft, will Wagner aus der EU heraushalten; die Europäer ermuntert er zu mehr Selbstbewusstsein und schilt sie ob ihrer «Dekadenz», ihres geschichtsblinden Hedonismus, ihres (verglichen mit den USA) schwachen Freiheitswillens. 

Drei Schuldige an der Misere stellt er fest: die «Achtundsechziger-Ideologie», die «Erlebnisgesellschaft» und die «islamische Einwanderung». Das ist bündig. Wie es sich für Achsenmächte gehört, macht auch die Achse des Guten mit ihren Gegnern wenig Federlesens.  ###

 


Die Achse des Guten

 

Zu: Cora Stephan: Verliebt in den Untergang?   dradio.-2007 - Gedanken zur Zeit 

Zu: M. Horx im WDR-Nachtcafe zum Klima, April 2007 

 

OD, 2007: 

Ich kann nicht auf alles was sagen. Das wäre zu schwer. Und auch zu falsch. Schließlich hat es nie was genützt. Wenn meine Informationen richtig sind, dann haben auch die biblischen 'falschen Propheten' meist 'gewonnen'. (Jesaja, ein 'richtiger Prophet', sah richtig voraus, daß Widerstand gegen die Assyrer Selbstvernichtung ist; und ebenso Josephus um 70 n.V. gegen die Römer. Letzteres führte sogar zur Austreibung der Juden aus ihrem Land.) 

Aber stimmt denn mein historischer Vergleich? Eigentlich nicht (so richtig). Die damaligen richtigen Propheten wollten ja Kapitulation vor der (militärischen) Übermacht, also Anpassung an die Machtverhältnisse - und die falschen Propheten wollten Kampf, Widerstand, Aggression. Aber gut: Diese geschichtlichen Vergleiche dienen ja nur der groben Orientierung - damit wir etwas an Begriffen haben, auch Metaphern.

Nein, es geht ja hier - wie da - um die 'Propheten', also um die Auseinandersetzung in den 'Medien'. Also um die argumentative (Auf-) Klärung der Frage nach falsch und richtig, gut und böse, wahr und unwahr (falsch). Und insofern können wir doch was von denen lernen. Nämlich: Wie sehr Vernunftargumente darauf angewiesen sind, daß sie auf den vorbereiteten Boden in der Volksseele fallen. Aber auch: Wie sehr träge das Volk ist, wenn es aus der aktuellen, erträglichen, Lage ausbrechen soll/muß. 

Also kurz zu Frau Stephan: Wiederum, ich sagte es schon oft, redet hier ein Journalist zum anderen und über andere - genauso wie in den Hauptbüchern von Horx und Maxeiner. bzw. Sie wollen dem Volk erklären, was so in der Medienindustrie los ist. Die ganzen Medienbeiträge drehen sich zu 50 % um Medienbeiträge.... wobei Klassiker Maxeiner-1996 auch hier 'klassisch' ist. (falsches Nenning-Zitat; positive Erwähnung der Bild-Zeitung.) Es geht hier nicht um die Sache. Es geht hier nicht um Volksbildung. 

Es werden positive Trends benannt, diese fraglos in die Zukunft festgeschrieben, und diese Trends 'generalisiert'. Andere (negative) Trends werden lächerlich gemacht - und in ihrer Gesamtgewichtung als gering kleingeredet. 

So ist das. So läuft das. 

Seit Urzeiten. (Also sicher schon im antiken Griechenland. Im alten Rom sowieso.)

Uns sollte immer wieder als warnendes - erleuchtendes - Beispiel die deutsche Propaganda der beiden Weltkriege und der DDR/SED einfallen. Was wurde da nicht alles gesagt. Der Sieg sei nahe. Man müsse nur noch bisl durchhalten. Der Feind sei alt und vergreist. (Das erinnert wieder an die alten-falschen Propheten aus der Bibel, bzw. aus der historischen Forschung darüber.) Und uns sollte einfallen: Auch nach der Niederlage wurden die Ursachen umgedeutet.... wenn überhaupt Ursachenforschung betrieben wurde.

Also diese Beispiele sollten uns wirklich zum Nachdenken bringen, darüber, wie manipulierbar der (deutsche) Volksgeist ist. 

Und jetzt?

Man kann alle Argumente der Öko-Optimisten (Achse des Guten) bis ins Kleinste widerlegen - bei der Wahrheitssuche. Nur eines nicht. Nämlich: Die (populären) Medien sind heute selbst Teil des Problems. (Es gibt Ausnahmen, wie immer. Und überall: Etwas: Deutschlandfunk, viel Phoenix, etliche 'Monitor-Sendungen' des ARD, und natürlich, - einige - unabhängige 'Macher' von Journalismus, etwa 'TV-Dokus')

Aber: Auf eine gewisse Art ist das alles gar nicht mehr nötig (momentan). Denn: Die Grundeinstellungen sind nun klar. (Sagen wir, seit dem Jahr 2000.) Das Volk hat nun 'aufgeklärt zu sein'. (Die Politiker und Intellektuellen sowieso.)  Jetzt (momentan) stehen zwei Dinge auf der Tagesordnung: 1. Entscheidungen - 2. Handlungen.  (Danach dann wieder Aufklärung und Palaver).

Also nochmal: Jeder weiß - auch der Dümmste -, daß die (Mega-) Trends zur stetigen Verschlechterung unserer Lebensbedingungen, und damit unseres realen Lebens führen müssen. Innerhalb dieser großen Trends kann es durchaus erfreuliche Entwicklungen - weiterhin - geben. Etwa das vielzitierte Ansteigen der deutschen Lebenserwartung. Die Abnahme einiger Formen der Kriminalität; Verkehrs-Sofort-Toten, usw. - Das alles erfreut mich auch. Ich bin keinesfalls ein 'Weltuntergangsjunkie' oder 'Katastrophenhopper' (- Shopper). 

Aber wir müssen doch mal die Kirche im Dorf lassen! Also die Verhältnismäßigkeit bewahren. Warum? Damit Rettung überhaupt noch denkbar ist. -- Denn: Der gegenwärtige Weg der Weltgesellschaft führt bis 2050 zum Tode. - Das muß mal wieder gesagt werden. Und gleich anschließen will ich: Die Bildzeitung und die Öko-Optimisten gehören zum 'gegenwärtigen Weg der Weltgesellschaft'. Und ich sage das, damit du nicht sagst: "Na, das sagt die Bildzeitung doch auch!". - Verstehst du mich?

(Lies etwa: Wir amüsieren uns zu Tode von Neil Postman. Dann wird dir der Unterschied klarer, daß, wenn 2 das gleiche sagen, daß das nicht das selbe ist.)

Also. Kurz. - Es gibt Trends. Das wirst du nicht abstreiten (können). Und es gibt Trends, die unsere Lebensgrundlagen betreffen. Weiterhin wissen wir Folgendes: Wir kennen -einigermaßen- die menschliche Geschichte. Insbesondere die der letzten 5000 Jahre. Wir wissen also, wie der Mensch mit den Problemen umgeht. Kurz: Er (die Groß-Staaten) macht immer nur Krisenmanagement. Er kann keine Grundlagen-Sanierung machen. (Natürlich gab es 'Ausnahmen' - aber ich meine ja gerade den Megatrend.)

Kurz: So wird es auch in Zukunft sein.

Der einzige (für mich denkbare) Ausweg ist: ein göttliches Wunder - nämlich das des heiligen Geistes, sprich: Der durchschnittliche Mensch verliert seine Angst vor seiner Angst. Dann kann seine Vernunft auch seine Gefühle und Handlungen leiten.

Mit anderen Worten: Es gibt keinen Ausweg.

Die Öko-Optimisten dienen uns zur Beruhigung. Zur (Zukunfts-) Angst-Abwehr. Das ist ihre Aufgabe. Daher haben wir sie 'erfunden'.

Zum Schluß noch ein Wort zur 'Lebenserwartung', also zur Steigerung seit 100 Jahren. Das ist ja immer ein zentrales Argument. Es fehlt nie. Man darf drauf warten. In jeder Talkshow. In jedem Buch. Auch Horx brachte es wieder kürzlich im wdr-nachtcafe. Auch Cora Stephan wieder.

Es wird ja damit auch gesagt: Wenn du irgendwie an der Zukunft zweifelst, dann stirbst du früher. Das wird dem 'Medien-User' suggeriert. Also es wird konkret gesagt: Um 1900 war der deutsche Mann mit 50 Jahren schon 2 Jahre tot. Wollt ihr diese Zeiten zurück?

Ich habe ein ziemlich gutes Argument dagegen: Nämlich: Meine Urgroßmutter starb 1981 im Alter von 94 Jahren! - Und: Sie war zeitlebens sehr arm. Und sie hat auch sonst keinerlei Gesundheitsvorteile gehabt, etwa wie einen Arzt in der Verwandtschaft oder Nachbarschaft.

Mit diesem Gegen-Argument - auch wenn ich den Leser damit nicht in dieser Kürze überzeugen kann - kaufe ich den ganzen diesbezüglichen Angstmacherargumenten der Ökooptimisten 'den Schneid' ab. (also zumindestens die Spitze der Schärfe.)

Weil: So wie das Argument immer gebraucht wird, sagt es im Prinzip: Der materielle Lebensstandard ("Massenwohlstand") ist direkt gekoppelt an das Lebensalter. Es sagt: Wenn wir den Ressourcenverbrauch verringern, dann kehren viele Volkskrankheiten zurück und bringen uns mit 50 Jahren zu Tode. - Und jeder 60jährige, der das hört, sagt: "Oh, Scheiße!"

Das muß in dieser Kürze genügen. Ich wollte nur andeuten, wie wir uns selbst veräppeln. An diesem Lebenserwartungsargument ist nichts dranne. Ja, mehr noch: Warum starb Arthur Schopenhauer im Jahre 1860 im Alter von 72 Jahren? Warum wurde er 22 Jahre älter, als die Ökooptimisten im zubilligen? Oder: Warum wurde Goethe 83? - Ich mache jetzt genau das, was die ÖO machen, wenn sie sagen: 1800 gab es schon einmal so einen Sommer/Winter/Überschwemmung/Temperaturen/ etc.

Also: Niemand heute kennt die Lebensverhältnisse um 1900 genau. Wir haben nur schriftliche Berichte. Aber es kann ja nur am (Lebens-) Streß liegen, wenn durchschnittlich die Menschen mit 50 starben. (Die heutige LE von russischen Männern ist wohl 56 Jahre - sicher auch eine Folge des Massenalkohols.)

Also kurz: An der emotional-suggestiven Seite des LE-Arguments der ÖO ist nichts dranne! Es ist also nicht so, daß unsere gegenwärtige Wirtschaftsgesellschaft direkt mit unserer Lebenserwartung gekoppelt ist. Außerdem: Inzwischen nimmt die Lebenserwartung wieder ab! Zusätzlich steigen auch die (ernsten!) Krankheiten im Alter an.... sodaß der 'lebensfrohe Alte' ohnehin seltener wird (auf dem gegenwärtigen ökooptimistischen Gesellschaftsweg.)

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Mit dieser längeren Überlegung zu den Anti-Apokalyptikern (=Anti-Utopisten), also den 'Weiter-so-Öko-Optimisten' / 'Falschen Propheten' wollte ich einen -bescheidenen- Beitrag zur geistigen Ruhe erbringen. 

Die ökologische Zukunftsdiskussion wird immer unsachlicher und emotioneller geführt werden. Im Jahr 2020 noch mehr als heute. Das wissen wir. Auf jeden Fall. Aus der Geschichte.

 

 

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