David Riesman

Die einsame Masse

Eine Untersuchung
der Wandlungen des
amerikanischen Charakters

Mit einer Einführung
von Helmut Schelsky

The lonely Crowd - A Study
of the Changing American Character

 

1950  first

1956  bei Luchterhand, Darmstadt, 504 Seiten

1958  bei Rowohlt, 340 Seiten

1982  - 126.000 Stück

1950   340 Seiten

dnb.Buch (16)    goog.Buch 


wikipedia Autor  *1909 in
Philadelphia bis 2002 (92)

dnb.Person   dnb.Nummer (30)


detopia   Amerikabuch  

Psychobuch   Ökobuch  

Sterbejahr    R.htm 


Helmut Schelsky

Mills-1956

Kornhauser-1959

 

INHALT 

Einführung von Helmut Schelsky (7)

Nachwort der Übersetzerin (321)


ENZYKLOPÄDISCHES STICHWORT:
Gesellschaft und Intellektuelle in den Vereinigten Staaten
(Zur vorherigen Lektüre empfohlene Einfährung
in den Problemkreis, dem das Thema entstammt)  (322)


Über den Verfasser (329)

Literaturhinweise (330)

Personen- und Sachregister (332)

Inhalt.pdf

I.  CHARAKTER  (20)

1.  Charaktertypen und Gesellschaftsformen. Versuch einer Zuordnung zur Bevölkerungsbewegung (20)
2.  Von der Sittlichkeit zur Gesinnung: WANDLUNGEN IN DEN CHARAKTERBILDENDEN FAKTOREN (52)
3.  Der Urteilsspruch der Altersgenossen: WANDLUNGEN IN DEN CHARAKTERBILDENDEN FAKTOREN (Fortsetzung) (79)
4.  Märchen und Technik. WANDLUNGEN IN DEN CHARAKTERBILDENDEN FAKTOREN (Fortsetzung) (95)
5.  Die innen-geleitete Lebensweise  (120)
6. DIE AUSSEN-GELEITETE LEBENSWEISE: VON DER ARBEITSKRAFT ZUR <MENSCHLICHEN BEZIEHUNG> (137)
7. DIE AUSSEN-GELEITETE LEBENSWEISE: DIE FREIZEIT (Fortsetzung)  (153)

II.. POLITIK  (175)

8. Traditions-geleitete, innen-geleitete und außen-geleitete politische Verhaltensstile: GLEICHGÜLTIGE, MORALISTEN UND INFORMATIONSSAMMLER (175)
9. POLITISCHE GESINNUNGEN: ENTRÜSTUNG UND TOLERANZ  (201)
10. VORSTELLUNGEN DER MACHT  (220)
11. AMERIKANER UND KWAKIUTL-INDIANER  (240)

III. AUTONOMIE (251)

12. Anpassung oder Autonomie?  (251)
13. DER FALSCHE PERSÖNLICHE TON IN DEN ZWISCHENMENSCHLICHEN BEZIEHUNGEN: HINDERNISSE FÜR DIE AUTONOMIE IN DER ARBEIT (273)
14. DIE GESTEIGERTE SEELISCHE VERARMUNG: HINDERNISSE FÜR DIE AUTONOMIE IN DER FREIZEIT (289)
15. DAS PROBLEM DER KULTIVIERUNG: HINDERNISSE FÜR DIE AUTONOMIE IN DER FREIZEIT (Fortsetzung)  (299)
16. Autonomie und Utopie  (317)

   

 

wikipedia  Schamgefühl

spiegel.de   soziologe-david-riesman-gestorben  2002

grin.com/document/36866  Seminararbeit 2003

 

 

 

aus wikipedia-2022

David Riesman war ein US-amerikanischer Soziologe und Erziehungswissenschaftler.


David Riesman wurde 1909 als Sohn eines Medizinprofessors geboren. Die Vorfahren beider Eltern waren jüdische Emigranten aus Deutschland, die vor Generationen in die USA ausgewandert waren.

Riesman studierte Biochemie an der Harvard-Universität und erwarb 1931 den Bachelor of Arts. Danach wechselte er an derselben Universität zum Fach Rechtswissenschaft, das er 1934 mit dem juristischen Staatsexamen abschloss.

Nebenbei arbeitete er als Redakteur für The Crimson und Harvard Law Review. Nach seinem Referendariat in Boston arbeitete Riesman zunächst mehrere Jahre als Rechtsanwalt, zuletzt 1939 in New York. Während dieser Zeit war er von 1935 bis 1936 als Sekretär des Obersten Bundesrichter Louis Brandeis tätig. Von 1937 bis 1941 lehrte Riesman Rechtswissenschaft an der Universität Buffalo. Von 1942 bis 1943 arbeitete er im öffentlichen Dienst als stellvertretender Staatsanwalt in New York.[1] Daneben fungierte er als Geschäftsführer des American Committee for the Guidance of Professional Personnel, einer Hilfsorganisation für Juristen im amerikanischen Exil.[2]

Als Gastdozent an der Columbia Law School (1941–1942) begegnete er einflussreichen Wissenschaftlern wie etwa der Anthropologin Margaret Mead, dem Soziologen Paul Lazarsfeld, der Philosophin Hannah Arendt und dem Psychoanalytiker Erich Fromm. 1949 wurde Riesman an die sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität von Chicago berufen, wo er zusammen mit Nathan Glazer und Reuel Denney 1950 seinen Bestseller The Lonely Crowd (dt. Die einsame Masse, 1956 bei Luchterhand) verfasste und quasi über Nacht Berühmtheit erlangte.

Im selben Jahr wurde Riesman Mitglied des Congress for Cultural Freedom, einer anti-kommunistischen Vereinigung prominenter Intellektueller, die, wie entdeckt wurde, Gelder von der CIA erhielt. Riesman verließ die Gruppe und begann seine Kritik der Strategien McCarthys. Zusammen mit Paul Lazarsfeld arbeitete er an einer Studie über die Nachwirkungen der McCarthy-Ära auf amerikanische Sozialwissenschaftler.

Riesman gehört zu den Mitbegründern eines Forschungsfelds, das später unter dem Namen Qualitative Sozialforschung zur soziologischen Standardausbildung gehörte. Seit 1955 war Riesman ein Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Sachbuchreihe Rowohlts deutsche Enzyklopädie, in der als Band 72/73 sein Werk Die einsame Masse erschien. Im selben Jahr wurde er in die American Academy of Arts and Sciences und 1974 in die American Philosophical Society[3] gewählt.

1958 wurde Riesman an die Harvard University berufen, wo er mehr als 20 Jahre lang unterrichtete, wobei das Seminar American Character and Social Structure Berühmtheit erlangte. In den 1960er Jahren konzentrierte sich sein Interesse auf die Veränderungen der akademischen Bildung in den Vereinigten Staaten.


The Lonely Crowd

Riesmans Hauptwerk (1950), das als der erste soziologische Welt-Bestseller bezeichnet werden kann, stellt ein Entwicklungsmodell sozialer Charaktere auf, die er als verschiedene Typen von Verhaltenskonformität kennzeichnet.

Mit Rekurs auf Max Weber kann er drei solche Typen unterscheiden, den traditionsgeleiteten (tradition-directed), den innengeleiteten (inner-directed) und den außengeleiteten (other-directed). Alle diese Typen sind in allen Gesellschaften in gewissem Umfang vorhanden; sie werden jedoch in bestimmten Phasen der Bevölkerungsentwicklung zu einem mehrheitlichen und damit typischen Phänomen.

Die Periode des 'hohen Bevölkerungsumsatzes' (vorindustrielle, mittelalterliche Gesellschaften mit hohen Geburten- und Sterbequoten) generiert den traditionsgeleiteten Typus, der sich hauptsächlich über das Gefühl der Scham strukturiert, das entsteht, wenn die Traditionen verletzt werden.

Die Periode hohen Bevölkerungswachstums (gleich bleibende Geburten- bei sinkender Sterberate), die industrielle Gesellschaften kennzeichnet, bringt den innengerichteten Typus hervor, der sich „über einen inneren Kreiselkompass“ (Heinz Kluth) an Werten wie etwa Macht, Ruhm, Wahrheit und Schönheit strukturiert; Abweichungen erzeugen dabei ein Gefühl der Schuld.

Die wenig dynamischen, 'postindustriellen' Wohlstandsgesellschaften mit sinkender Geburten- und gleich bleibender Sterberate ersetzen diesen Typus durch den der konformistischen Außenlenkung: Das Verhalten der Anderen wird maßgeblich für das eigene Verhalten; von anderen akzeptiert und für voll genommen zu werden, wird zentraler Wert. Abweichungen werden mit Gefühlen von Angst sanktioniert.

Dabei sieht Riesman diesen dritten Typus in den modernen Dienstleistungsgesellschaften auf dem Vormarsch, besonders bei den jüngeren Repräsentanten des Mittelstands. Der überwiegende Teil des Buchs ist diesem Typus gewidmet, dessen Lebenseinstellungen eine minutiöse Analyse erfahren. Zentral ist dabei das Interesse für die Konsum-, Freizeit- und Unterhaltungsgewohnheiten, die laut Riesman diesen Typus stärker charakterisieren als die vorhergehenden beiden, die sich hauptsächlich über ihre Arbeitswelt bestimmten.

Der deutsche Buchtitel Die einsame Masse (der übersetzenden Soziologin Renate Rausch) verschiebt die Wortbedeutung von lonely (alleingelassen) mit der Mitbedeutung von „Furchtsamkeit“ mit ihrer Wortwahl einsam etwas in Richtung „stolzes Alleinstehen“. Inhaltlich (so Helmut Schelsky in einer Vorlesung 1955) wäre die Übersetzung „Die ängstliche Masse“ freier, aber angemessener.

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dlf 2009 Kalenderblatt

https://www.deutschlandfunkkultur.de/wertekompass-der-westlichen-welt-102.html

Wertekompass der westlichen Welt

Von Jochen Stöckmann · 22.09.2009

Mit dem Bestseller „Die einsame Masse“ veränderte der US-amerikanische Soziologe David Riesman nicht nur die Ausrichtung seines Faches, sondern die Selbstwahrnehmung der westlichen Nachkriegsgesellschaften.


Bob Dylan „I shall be released”

Standing next to me in this lonely crowd
Is a man who swears he's not to blame
All day long I hear him shout so loud
Crying out that he was framed

 

„Neben mir in dieser einsamen Masse steht einer, der schwört, er sei ohne Schuld“, sang Bob Dylan 1967 – und feierte mit „I shall be released“ einen seiner größten Erfolge. „Lonely crowd“ – die einsame Masse – war ein Schlagwort der frühen 50er und hatte 1950 den Titel abgegeben für einen Bestseller, in dem der Soziologe David Riesman die Nachkriegsgesellschaft der USA detailliert unter die Lupe nahm: ob Hierarchien am Arbeitsplatz oder das Verhalten beim Autokauf, ob sonntäglicher Kirchgang oder Party am Freitagabend – überall machte Riesman seine Charakterstudien.

Der am 22. September 1909 in Philadelphia geborene, ursprünglich als Biochemiker, dann als Jurist ausgebildete Sohn eines Medizinprofessors war als Soziologe ein Seiteneinsteiger; deshalb immer bereit, die eigene Position mit Witz und nüchterner Distanz in Frage zu stellen, etwa bei einem Vortrag über Suburbia, über die Vorstädte als prägenden Faktor der US-Gesellschaft:

„Ich spreche aus der Sicht desjenigen, der Stadt und Land liebt, aber nicht die Vorstädte. Denn sie führen zum Verlust von Vielfalt, Komplexität – Lebensqualität. Also wird dieser Vortrag geprägt von Werten, weniger von Fakten. Doch ich beziehe mich auf Fakten, wo ich kann, und urteile, wo ich es für nötig halte.“

Riesman unterscheidet drei Sozialcharaktere: Die Menschen vergangener Jahrhunderte waren traditionsgeleitet und geprägt vom Gefühl der Scham. Dann brachte die Industrialisierung den innengeleiteten Typus hervor, der sich an selbstgewählten Maßstäben von Moral, politischem Einfluss oder ästhetischer Vollkommenheit orientierte. Und schließlich beförderte die Konsumgesellschaft den außengeleiteten Charakter, der hauptsächlich auf Anerkennung durch die anderen bedacht ist und weniger eigenen Werten folgt als den Einflüsterungen von Werbung, Mode und Massenmedien.

Dass der Soziologe damit einen Nerv der Zeit getroffen, mit seiner Theorie über die Gesellschaft zugleich eine lebhafte Diskussion inmitten der Gesellschaft angestoßen hatte, beweist das Titelblatt des „Time Magazine“ vom September 1954:

Vor der Szenerie einer 1000-köpfigen anonymen Masse umkreisen den nachdenklich und neugierig durch seine Hornbrille schauenden Intellektuellen zwei Männer wie Motten. Mit Backenbart und Bratenrock der eine, auf den Rücken ein seltsam vorsintflutliches Instrument geschnallt – es ist ein Gyroskop, ein Kreiselkompass. Der andere stürmt im knitterfreien Sommeranzug himmelwärts und trägt einen Radarschirm, der ihm scheinbar Flügel verleiht. Wie in einem Zukunftsroman von Jules Verne trifft der auf seinen inneren Wertekompass gerichtete Charakter auf den Radartyp, der nur noch Signalen von außen folgt. Das wirkt sehr plakativ – ist aber von Riesman mit präzisen Detailbeobachtungen erhärtet worden, etwa über den Niedergang jenes Arbeitsethos, auf dem die alte Industriekultur beruhte.

„In den Fabriken wird Ansehen nicht mehr durch harte Arbeit oder Können erworben, sondern durch Fähigkeiten, die man als Konsument beweist. Die Männer wollen nicht mehr beruflich aufsteigen, sondern einen eigenen Betrieb aufmachen: Motel, Tankstelle oder Fernsehreparaturwerkstatt.“

Auch die sogenannte Dienstleistungsgesellschaft hatte der 2002 in New York gestorbene Riesman bereits vorausgesehen. Weil er als Soziologe sich nicht auf Meinungsforschung beschränkte, den Blick immer wieder hinter die Fassaden richtete – und auch Fantasie und Vorstellungsvermögen einsetzte:

„Zu sehen, dass eine Fabrik nicht nur Dinge herstellt, sondern Menschen prägt, das wäre eine Aufgabe. Ebenso der Blick darauf, wie wir uns der Technik angepasst haben. Jüngste Science-Fiction-Romane sorgen da für erhellende Kontrapunkte – überhaupt scheint mir Science Fiction die einzige noch aufrührerische Literatur zu sein.“

 

 

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David Riesman (1950) Die einsame Masse - Eine Untersuchung der Wandlungen des amerikanischen Charakters