Horst Stern

Publizist, Umweltjournalist, Herausgeber, B.U.N.D., Deutsche Umweltstiftung

 

Audio 2019 dlf Nachruf 4min 

Audio 2021 dlf 7min

Audio 2022 dlf 100Jahre 5min

wikipedia Autor  *1922 in Stettin bis 2019 (96)

DNB.Person  

DNB.Nummer (132) 

wikipedia  Sterns_Stunde  24 Folgen ab 1970 im Fernsehen

 

detopia:

Umweltbuch

Sterbejahr     S.htm  

Löbsack    Ditfurth     Weinzierl    Haber 

 

aus wikipedia-2022

Horst Stern (geboren am 24. Oktober 1922 in Stettin; gestorben am 17. Januar 2019 nahe Passau) war ein deutscher Wissenschaftsjournalist, Filmemacher und Schriftsteller.

Stern war Chefredakteur und Herausgeber mehrerer Zeitschriften und Autor zahlreicher Essays und Bücher über die heimische Tierwelt und den Umweltschutz. In den 1970er Jahren schuf er als Drehbuchautor, Regisseur und Moderator die Dokumentarfilmserie Sterns Stunde für das Erste Deutsche Fernsehen.

Im Rahmen seines Engagements für den Umweltschutz war er 1975 ein Mitbegründer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, beteiligte sich 1982 daran, die Deutsche Umweltstiftung ins Leben zu rufen, und war 1988 Mitinitiator und Teilnehmer an der Gründungsversammlung des Ökologischen Jagdvereins Bayern e. V. (ÖJV Bayern).

1984 zog er sich aus seiner journalistischen Arbeit zurück und wanderte nach Irland aus. Dort verfasste er in den 1980er- und den 1990er-Jahren Romane und Kurzgeschichten. Sein biografischer Roman Mann aus Apulien wurde ein Bestseller.

Der Schriftsteller Stern war Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 2000 lebte er in Passau.


dlf  vor-50-jahren-im-fernsehen-horst-sterns-kritische-tier-100.html  2020

google.com/search?q=horst+stern+nachruf

wikipedia  Ludwig_Fischer_(Philologe)  *1939 in Leipzig, Herausgeber zu Horst Stern 

google.com/search?q=ludwig+fischer+horst+stern  

oekobuch.de/buecher/horst-stern  2023

https://d-nb.info/gnd/121108872 *1939, Person Ludwig Fischer, Germanist

 

 

 

 

 

 

Vor 100 Jahren geboren  Horst Stern – TV-Anwalt der Tierwelt und der Natur

Der 1922 geborene Wissenschaftsjournalist Horst Stern schrieb bundesdeutsche TV-Geschichte. Seine Filme über Massentierhaltung und Tierversuche führten wiederholt zu Schockwellen. Später wurde er einer der bekanntesten Umweltschutz-Aktivisten.

Von Irene Meichsner am 24.10.2022

deutschlandfunk.de/journalist-horst-stern-sterns-stunde-100.html 

Der streitbare Umwelt-Journalist und Naturfilmer Horst Stern am 18. November 1997 bei"Spiegel TV" in Hamburg. Er machte 1987 seiner TV-Reportage "Sterns Bemerkungen über einen sterbenden Wald" auf das Problem des Waldsterbens aufmerksam.

„Jahrelang war ich ja die ökologische Klagemauer der Nation. Es klingt ungeheuer eingebildet, wenn man das sagt, aber es ist so. Wo immer Leute meinten, es müsste ein Atomkraftwerk verschwinden, oder es müsste ein Stück Wald gerettet werden, oder es müsste eine Pappel-Allee bestehen bleiben, die man für eine Straßenbahn umsägen wollte, und dergleichen mehr – da fiel den Leuten immer gleich der Horst Stern ein, und dann schrieben sie mir ihre Briefe. Sie schickten mir also ganze Akten ins Haus, ich konnte das Zeugs überhaupt nicht mehr lesen, geschweige denn, darauf noch antworten.“

Am Ende war Horst Stern das alles leid – den hohen Erwartungsdruck, die Attacken seiner Widersacher und das Gefühl, ständig im Rampenlicht zu stehen. Dafür hatte er einfach schon zu viele Kämpfe ausgefochten. Horst Stern, der am 24. Oktober 1922 in Stettin geboren wurde, war einer der passioniertesten Journalisten seiner Zeit und einer der klügsten Köpfe unter den deutschen Umwelt- und Naturschutzaktivisten.

1975 gründete er mit Gleichgesinnten den „BUND“, den Bund für Umwelt und Naturschutz, später rief er die Deutsche Umweltstiftung mit ins Leben. Stern schrieb Bücher, er hielt Vorträge – und er machte Fernsehen.

„Sterns Stunde“ hieß die legendäre Fernsehserie, der er seine kolossale Breitenwirkung verdankte. 24 Folgen dieser oft aufwühlenden Tierdokumentationen sendete die ARD in den70er-Jahren. Und Horst Stern wusste:

„Ich war der erste meines Wissens, der mit Kameras in diese Hühnerbatterien hineinging, und ich war auch wohl der Erste, der diese Mastschweinerei zeigte, in ziemlich schockierenden Bildern. Das war zwar der Fachwelt bekannt, aber die Öffentlichkeit wusste überhaupt nichts davon. Sie glaubte nach wie vor daran, dass ihr Frühstücksei von Mistkratzern produziert würde, und als sie dann sahen, wie diese Tiere zu Hunderten und zu Tausenden, ja zu Zehntausenden unter dem Dach in Käfigen vegetierten – das war wie ein Schock.“

Als Horst Stern, die Jägerschaft rotsehen ließ

Schon Sterns eindringliche Stimme ließ spüren, wie ernst er die Dinge meinte. Auf die Beiträge über das Hausschwein, das Haushuhn und den Igel folgte Ende 1971 die mit Abstand provokanteste Ausgabe von „Sterns Stunde“ – ein Beitrag über den Rothirsch, den Horst Jaedicke, der Fernsehdirektor des Süddeutschen Rundfunks, ausgerechnet auf den Heiligen Abend hatte terminieren lassen. Stern warf den deutschen Jägern darin vor, das Rotwild aus reiner Gier nach Trophäen in einem für den Wald absolut unerträglichen Maße herangemästet zu haben:

„Sie hören richtig, meine Damen und Herren, es ist nicht dringlich zurzeit, den Hirsch zu schonen. Es ist dringlich zurzeit, ihn zu schießen.“

Der Film endete mit den Worten:

„Man rettet den deutschen Wald ja nicht, indem man ‚Oh, Tannenbaum‘ singt.“

Es hagelte Proteste. Stern bekam Morddrohungen und brachte sich auf Rat der Kriminalpolizei in Frankreich in Sicherheit. Aber an seinem hohen journalistischen Anspruch hielt er fest. In einem Vortrag über Wissenschaft und Journalismus sagte er 1974:

„Wer eine soziale, ökonomische oder ökologische Leidenschaft, die sich an gesellschaftlichen Missständen entzündet, nicht verspürt, der lasse die Finger von unserem Beruf, wenn ich ihm raten darf.“

1978 brachte Stern die Emotionen noch einmal in Wallung. In drei Folgen von „Sterns Stunde“ beschäftigte er sich mit Tierversuchen, mit Bildern, wie man sie im Fernsehen noch nie gesehen hatte. Dass er sich im Hinblick auf den Sinn und Zweck von Tierversuchen um eine differenzierte Position bemühte, konnten ihm auch viele Anhänger nicht verzeihen. Stern sah sich als „Knecht der Pharmaindustrie“ beschimpft. Und erkannte:

„Das ist die Gefahr, die in diesem Medium steckt, wenn man es richtig bedient, das heißt, wenn man ihm starke Bilder gibt, da kannste vergessen, was Du dazu selber zu sagen hast. Das kommt nicht an“,

lautete seine ernüchterte Bilanz, die ihn schließlich dazu bewog, unter seine Fernsehkarriere einen Schlussstrich zu sehen.

1980 gründete Stern die Zeitschrift „natur“, vier Jahre später ließ er auch den Beruf des Journalisten hinter sich – wieder so ein radikaler Schritt, der für ihn aber auch typisch war. Stern wanderte nach Irland aus, um dort Romane und Kurzgeschichten zu schreiben. Nach 16 Jahren im freiwilligen Exil kehrte er nach Deutschland zurück, lehnte Interview-Wünsche aber weiter ab – auch darin wieder konsequent. Seinen Lebensabend verbrachte Horst Stern bei Passau, wo er am 17. Januar 2019 im Alter von 96 Jahren starb.  #

Letztes Interview 1997 im Spiegel

 

Das Vermächtnis von Horst Stern

Blutige Jagd im TV an Heiligabend

Audio 2021 dlf 7min

Aufruf zum Hirsche schießen statt „Sissi“

– mit der Dokumentation „Bemerkungen über den Rothirsch“ traf die ARD vor 50 Jahren eine mutige Programmentscheidung zur besten Sendezeit.

Der Film von Horst Stern steht bis heute dafür, was Umweltjournalismus leisten kann. Und zeigt gleichzeitig, wo seine Grenzen liegen.

Text: Michael Borgers; Uwe Kammann im Gespräch mit Brigitte Baetz | 23.12.2021

dlf  die-doku-bemerkungen-ueber-den-rothirsch-und-der-umweltjournalismus-100.html  2021

Weihnachten ist eine Zeit der Traditionen, auch im Fernsehen. An den Festtagen laufen dann jede Menge Klassiker, Filme wie „Sissi“, den in diesem Jahr das Erste an Heiligabend zeigen wird. In den Wald wird es dann auch gehen, wenn Franz Joseph, der Gemahl der Kaiserin, auf Jagd geht. Aber eine breite öffentliche Debatte wird diese Programmauswahl nicht auslösen. Anders war das bei einer Sendung vor 50 Jahren.

Am 24. Dezember 1971 zeigt die ARD um 20.15 Uhr, also zur besten Sendezeit, „Bemerkungen über den Rothirsch“.

Eine knapp 40-minütige Dokumentation, die mit einer Anklage beginnt: Der deutsche Wald sei krank „bis auf den Tod“, und zum „Waldzerstörer“ sei der Rothirsch geworden. Dann enden die schönen Luft- und Waldaufnahmen. Und zu sehen ist Horst Stern, der fordert: „Sie hören richtig: Es ist nicht dringlich, den Hirsch zu schonen, es ist dringlich zurzeit, ihn zu schießen.“ Der Film ist da gerade eine Minute jung.

Stern: Man rettet den Wald nicht, indem man „O Tannenbaum“ singt

In der Folge beschreibt Stern, ein damals bereits sehr bekannter Filmemacher und Umweltjournalist, wie er zu dieser Analyse gekommen ist: Der „menschliche Wolf“ habe versagt. „Er ernährt sich von Kalbfleisch und jagt den Hirsch als Knochenschmucklieferant für die Wand überm Sofa.“ Stern macht also die, wie er sie nennt, damals vorherrschende „konservative Jagd“ verantwortlich. Diese sei nur auf das „prestigehaltige“ Sammeln großer Geweihe aus und schone deshalb weibliche und junge Tiere. Eine Folge dieser Fokussierung sei am Ende eben zu viel Wild, das Bäume fresse und so Wald zerstöre.

 

„Ich meine, dies ernste Thema war eine knappe Stunde ihrer stillsten Nacht wert. Man rettet den deutschen Wald ja nicht, indem man ‚O Tannenbaum‘ singt“, beendet Stern seine Dokumentation – und ahnt da wohl noch nicht, welche Reaktionen er mit seiner Arbeit auslösen wird. Er selbst erhält Morddrohungen. Und mit dem Thema befasst sich die Politik.

Medienjournalist Kammann: Stern hat möglicherweise zu viel erwartet

Stern habe sich dadurch ausgezeichnet, „radikal“ zu berichten, findet Uwe Kammann, der 1971 noch Student ist und später den Fachdienst „epd medien“ und das Grimme-Institut leiten wird. Stern habe zu seinen Überzeugungen gestanden und sich dabei nicht vor Lobbygruppen, wie im Fall der Doku den Jägern, gefürchtet, sagte Kammann im Deutschlandfunk. Die „Bemerkungen zum Rothirsch“ an Heiligabend um 20.15 Uhr zu senden, sei eine „mutige Entscheidung“ gewesen und so heute nicht mehr vorstellbar.

 

Auch heutzutage gebe es noch „tolle Sendungen mit großer Differenziertheit zu den einschlägigen Themen“, nur mache es die Vielfalt in den Mediatheken schwer, „das so zu erkennen“. Inhaltlich sei die Darstellung außerdem insgesamt neutraler, so würden etwa verschiedene Standpunkte abgebildet. Allerdings werde dabei zum Teil zu „apokalyptisch“ auf Themen geschaut, kritisiert Kammann. Stern dagegen habe mit seinen Inhalten stets vermittelt, „kämpferisch“ zu bleiben. Dessen Botschaft habe gelautet: „Man kann was tun.“
Dass Stern sich später „resigniert“ über die Wirkung seiner Arbeit geäußert habe, liegt Kammann zufolge daran, dass dieser „möglicherweise zu viel erwartet“ habe.

Stern zieht Bilanz der Ohnmacht

Stern hört Mitte der Achtziger auf, als Journalist zu arbeiten. Und irgendwann auch damit, mit Medien über sich zu sprechen. In einem seiner letzten längeren Interviews im ZDF-Format „Zeugen des Jahrhunderts“ wird er gleich zu Beginn nach der Wirkung seiner Arbeit gefragt. „In der Sache“ sei diese „bescheiden geblieben“, antwortet der damals Mitte-Siebzigjährige.
Das sehe er daran, dass auch Jahrzehnte nach seiner aktiven Fernsehzeit „junge Kollegen mit der gleichen Thematik heute wieder auf den Schirm kommen“. Und zum Teil drehten die an denselben Orten, wie er, so Stern. Und stellt resigniert fest: „Ich habe nur in den Köpfen und Herzen der Ohnmächtigen was bewirkt, aber in den Köpfen der Mächtigen fast gar nichts.“
Mehr als 20 Jahre nach diesem Gespräch, 2019, stirbt Horst Stern im Alter von 96 Jahren.

„GEO“-Redakteur Carstens: Jeder kann sich informieren

Peter Carstens gehört zur nächsten Generation von Umweltjournalisten. Seit 2002 schreibt er für „GEO online“ über Themen wie Umwelt und Klimawandel. Beim Thema Jagd hat er andere Ansichten als Horst Stern. Dass zu wenig gejagt wurde und wird, findet er etwa nicht.

Die grundsätzliche Ohnmacht, die Stern empfunden hat, kann Carstens aber nachvollziehen. Noch immer würden Lobbygruppen maßgeblich die Politik beeinflussen, beispielsweise eine „Forstwirtschaft, der es vor allem um Festmeter Holz geht“. Das sei „ein schwer aufzulösendes Geflecht“, beobachtet er gegenüber dem Deutschlandfunk, „und wir werden sehen, was ein grüner Forst- und Landwirtschaftsminister da bewegen kann“.

 

Rolle und Arbeit des Umweltjournalismus sieht der Redakteur dennoch grundsätzlich positiv. Während die ARD 1971 mit der Ausstrahlung von „Bemerkungen über den Rothirsch“ noch Pionierarbeit geleistet habe, gebe es heute kritische Berichterstattung in „ausreichender Menge“, findet Carstens. „Was die Fakten zu den Auswirkungen des Klimawandels betrifft, sind wir gut versorgt: Jeder kann das wissen, wenn er das möchte.“ Skeptisch sei er allerdings bei der Frage, „ob das Wissen ausreicht, um unser Handeln zu verändern“.

Bei der Jagd änderten sich irgendwann Gesetze und Fokus der Jagdtreibenden. Dennoch zeige das Beispiel des Waldes auch ein Dilemma des Umweltjournalismus auf, beobachtet Carstens: Nach der Jagd sei der saure Regen als Bedrohung aufgekommen, und heute seien es die Folgen der Klimakatastrophe und einer am kurzfristigen Ertrag orientierten Forstwirtschaft, die den Wald gefährdeten. Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten sei es, diese Probleme transparent zu machen. Doch handeln müssten dann eben auch andere. #

 

 

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