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Vorwort

von William Vogt, 1948

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Wir leben in einer Welt so rapider und dynamischer Veränderungen, wie sie die Menschheit in Hunderttausenden von Jahren ihres Daseins nicht gekannt hat. Was wir heute glauben, kann sich morgen schon als Illusion entpuppt haben.

Viele Wahrheiten, von denen der Mensch gelebt hat, erscheinen in einem neuen Wertungs­system als Irrlehren, und die moderne Welt wandelt ihre Wertungs­systeme ständig, so schwer wir es auch finden mögen, unser Nervensystem den veränderten Umständen anzupassen. Selbst während der kurzen Zeitspanne, in der dieses Buch entstanden ist, sind einige der dramatischsten und schicksals­schwersten Schauspiele der Weltgeschichte - einschließlich Hiroshima - über die Weltbühne gegangen.

Wir müssen den Wandel hinnehmen, und ihm unser Leben anpassen, wenn wir fortbestehen wollen.

Und um dazu imstande zu sein, müssen wir nach Ordnung, nach Prinzipien innerhalb dieses scheinbaren Chaos suchen. Auch unsere Begriffe über diese Prinzipien ändern sich, aber wir können gewiß sein, daß sie vorhanden sind, selbst in den Kettenwirkungen, die durch die Atomspaltung ausgelöst werden. Die Wechselwirkungen von Ursache und Wirkung sind geordnet, und wenn wir ihre Beziehungen verstehen, sind wir vorbereitet, sie zu beherrschen oder wenigstens uns ihnen anzupassen.

Ich schrieb dieses Buch in der Hoffnung, daß es gewisse Beziehungen - des Menschen und der Umwelt - klar darlegen wird, die mit so furchtbarer Gewalt viele der Dilemmas und Verlegenheiten geschaffen haben, in denen wir uns heute befinden. Sie üben unvermeidlich einen gargantischen* Aufprall aus auf die menschliche Welt von morgen. Wenn wir sie nicht beachten, werden sie höchstwahrscheinlich unsere Zivilisation zerschmettern.  *detopia-2010: so in meinem Original. Eine Suche in Fremdwörterbücher erbrachte nichts. Ich 'übersetze' es für mich mit: gigantisch.

Diese Phänomene sind durchaus nicht bösartig. Wenn es dem Menschen gelingt, sich ihnen harmonisch anzupassen — und dazu ist er sicherlich fähig —, so wird diese Anpassung eine größere Blüte menschlichen Glücks und Wohlstandes ermöglichen, als sie das Menschengeschlecht bisher gekannt hat. Damit soll nicht behauptet werden, daß eine vernünftige Beziehung zu unserer Umwelt ein leichter oder gar unbedingt sicherer Ausweg aus unseren mannigfachen Schwierigkeiten ist; eine so einfache Lösung gibt es nicht. Die ökologische Gesundheit ist jedoch eine unumgängliche Vorbedingung!

Wer von meinen Landsleuten dieses Buch liest, müßte unbedingt die Überzeugung des Verfassers teilen, die sich beim Schreiben immer mehr vertiefte: wie unendlich glücklich wir daran sind, Amerikaner zu sein. Ich hoffe, ich trage mit meinem Buch dazu bei, diese Überzeugung zu stärken, denn mit ihr muß auch die Erkenntnis der Möglichkeilen und Verantwortlichkeiten wachsen, die wir alle teilen — nicht nur wirksame Glieder unserer eigenen nationalen Gemeinschaft, sondern der Weltgemeinschaft zu sein! 

Wir haben unser eigenes Land nicht gut behandelt; nur seine üppige Freigebigkeit ermöglicht uns den Reichtum unseres Lebens trotz unserer schändlichen Verschwendung. Noch ist uns viel Reichtum geblieben. Wenn wir vorsichtig damit haushalten, um Reserven für eigene schlechte Zeiten zu schaffen, so müssen wir auch sowohl aus menschlichem Anstand wie zu unserem eigenen Schutz unsere Hilfsmittel dazu benützen, anderen Völkern zu helfen, die nicht so gut gestellt sind wie wir. Aber es ist höchste Zeit, daß wir zu einem solchen Teilen unsere Köpfe sprechen lassen!

Manche Leser werden wohl viele Stellen in meinem Buch so kritisch finden, daß sie große Einwände haben.

Ich kann nur hoffen, daß sie — wie es latein-amerikan­ischen Freunden erging, die von meinen Berichten über ihre Länder sehr entsetzt waren — auch erkennen werden, daß ich versuche, ein ehrliches Bild zu malen — in Farben, die ein angemessenes Bild geben. Wenn ein Kranker auf seinen Wangen die Röte der Schwindsucht trägt, so tut man ihm keinen Dienst, wenn man vorgibt, es sei die Röte robuster Gesundheit. 

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Außerdem ist die Kritik die sine qua non des Fortschritts; um vorwärts zu kommen, müssen wir umwerten, damit wir schaffen können. Und besonders die Wissenschaft wird auf den Rädern freier Kritik vorwärts getragen. Die Erhaltung als angewandte Wissenschaft gedeiht nur durch eine fortgesetzte kritische Verbesserung vergangener Irrtümer.

Für das Material, das dieses Buch umschließt, bin ich so vielen Stellen Dank schuldig, daß ich sie unmöglich alle einzeln aufzählen kann. Es stammt aus Gesprächen mit Trappern in Manitoba und Schafhirten in Patagonien, aber ebenso mit Wissenschaftlern, mit Arbeiterführern, Fischern, Schiffs­kapitänen, Farmern, Landarbeitern, Millionären, Präsidenten, Kabinettministern, Diplomaten, Presseleuten, Holzfachleuten, Ingenieuren usw.

Von fast allen konnte ich etwas lernen. Meine Lektüre der Bücher und Zeitschriften, die zu zahlreich sind, im einzeln aufgeführt zu werden, hat den Hintergrund des Buches gestellt.

Meine Geschichte ist keine vollständige und keine abgeschlossene; ich glaube, das kann keine Geschichte sein. Wenn Fehler darin sind — und das ist unvermeidlich — so hoffe ich, daß sie gegen die gesamte Theorie und ihre Ausführung nicht zu schwer ins Gewicht fallen und nicht zu hart beurteilt werden. Ich muß auch betonen, daß die Gesichtspunkte, von denen ich in diesem Buche ausgehe, ausschließlich meine eigenen sind, und durchaus nicht notwendig die Meinung und Gesichtspunkte der Organisationen darstellen, mit denen ich verbunden bin.

Zu großem Dank bin ich Herrn Bernard M. Baruch für seine freundliche Einleitung meines Buches verpflichtet; sein Verständnis für diese Probleme scheint mir seit langem das der anderen Führer im öffentlichen Leben zu übertreffen.

Auch den folgenden Verlegern und Autoren schulde ich Dank für die Erlaubnis, lange Auszüge oder Bildtafeln aus ihrem Material bringen zu dürfen:

Ich möchte noch einige Namen nennen, deren Trägern ich ganz besonders zu Dank verpflichtet bin: an erster Stelle Herrn Jean-Paul Harroy, dessen glänzendes Buch "Afrique — Terre qui Meurt" mir das hauptsächliche Material meines Kapitels über Afrika lieferte — er gab mir dazu seine gütige Erlaubnis.

Ferner Guy Irving Burch, der mir nicht nur gestattete, Stellen aus "Human Breeding and Survival" (ursprünglich als "Population Road to Peace or War" erschienen), dessen Mitverfasser er ist, zu zitieren, sondern der mir außerordentlich behilflich war mit seinem Rat, mit bibliographischen Vorschlägen und manchen kritischen Diskussionen. 

Er, Frau F. R. Eldridge, Edward H. Graham, Charles F. Sarle, Robert C. Cook und Joseph J. Hickey haben Teile des Manuskriptes oder das ganze Manuskript gelesen und haben mir ausgezeichnete und hochgeschätzte Ratschläge erteilt. Die Verantwortlichkeit für etwaige Irrtümer liegt selbstverständlich bei mir.

Am meisten aber verdanke ich meiner Frau, deren Rat mir geholfen hat, viele Teile zu klären und zu verbessern; ohne ihre Mitarbeit als Forscherin und Amanuensis wäre es mir unmöglich gewesen, dieses Buch fertig zu stellen, da ich noch viele andere Pflichten habe.

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Washington, D. C., William Vogt  

 

 

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 William Vogt   Road to Survival   Die Erde rächt sich   1948