Lesebericht: Wiederverzauberung
Die Autorin behauptet schon im Titel, dass sie dieses Ziel bereits erreicht und das Drama des Lebens verlassen habe. Das, wofür jeder spirituell interessierte Mensch kaum Kosten und Mühen scheut. Wie ihr Weg verlief, damals in den 70ern und 80ern, erzählt Yasmina Bauernfeind spannend und informativ. Szenen ihres Lebens in New York, München und Indien bebildern die Stationen eines »Erleuchtungs«-Weges, den sie schließlich mit einem viel schöneren und weit weniger abgegriffenen Wort betitelt: Wiederverzauberung. Das Buch macht Spaß. Es ist rasant geschrieben und weit entfernt von neunmalklugen Ratgebern. Es wurzelt im Leben und führt dahin zurück. Denn der Weg der Autorin ist nicht auf erhabene, meditativ verzückte Zustände ausgerichtet, sondern spielt mitten im – wenn auch elitären – Alltag. Die künstliche Medienwelt ist das Zuhause von Yasmine Bauernfeind, denn sie dreht Filme, arbeitet als Journalistin beim Bayrischen Fernsehen und für das Metropolitan Museum of Modern Art und trifft sich dabei mit Michael Douglas und Jaqueline Kennedy in der Szene-Kneipe. Der schillernde Medienkosmos, das Tanzen zwischen schicken Partys und edlen Boutiquen, das Baden in einem luxuriös ausgestatteten Leben in der Oberschicht aber kann trotz des gut gepolsterten Bankkontos ihr Bedürfnis nach wahrer Erfüllung nicht zufrieden stellen. Schließlich führt sie ihr Weg nach Indien, wo sie auf Parthasarathi Rajagopalachari, liebevoll Chariji genannt, trifft und schließlich ihr ganzes bisheriges Leben abbricht. Dieser Mann verändert alles. Sie bleibt 20 Jahre in Indien, pendelt zwischen Deutschland und Madras und lernt durch die intensive Innenschau der Meditationspraxis – und durch die Gnade ihres Meisters. Filme macht sie später weiterhin, nun allerdings über Ashrams, Indien und eine Welt, die dem Europa der 80er noch sehr suspekt schien. Die Autorin spannt einen Bogen vom Komfort ihres gut gebetteten Lebens zu ihrer heutigen Tätigkeit als Heilerin. Ihr Rückblick ist ein intuitiver Bilderreigen, gespickt mit reichhaltigen Erkenntnissen über Seelenzustände, die sich ergeben, wenn sich ein Mensch mehr und mehr auf seine Innenwelt einlässt. Interessant ist es auch, in diesem Zusammenhang zu erfahren, wie sich Indien »gemausert« hat. Wo sie vormals Rucola anbaute, rankt sich heute Nokia in den Himmel. Wir erfahren aus der Insider-Perspektive, wie es in einem Ashram zuging, damals, als meditierende Menschen im Westen noch als verschrobene Sektenanhänger galten. Die Schattenseiten, etwa ein Mob nach Gnade heischender Suchender, die dem Meister die Kleider vom Leib rissen, spart sie nicht aus. Aber auch diese Phase ihres Lebens hat sie hinter sich gelassen. Die sich entfaltende esoterische Szene erschien ihr damals selbst noch schräg und verrückt. Das änderte sich, als sie ihre Freundin Ingrid kennen lernte, eine Heilerin, die mit BioGenesis-Produkten experimentierte. Damit genas die Ich-Erzählerin von ihren zahlreichen Parasiten, die sie sich während ihres Indien-Aufenthaltes und ihres Pendelns zwischen den Kulturen eingefangen hatte. Schließlich führte ihr Weg sie zu einem Heiler in Zürich, bei dem sie »in die Lehre« ging. Sie ging den Weg der Quantenheilung. Dass sie eigentlich mehr zum Heilen denn zum Filmemachen geboren war, erkannte sie erst in seinen Seminaren. Heute ist das Heilen zu ihrem Beruf geworden. Wir erfahren einiges über Photonenenergie, über Symbolheilung, die geistige Welt und den Wert des Wassers auf die Gesundheit. Wir erfahren aber auch einiges von Michael Douglas, von St. German und von Andrew Cohen. Wir erfahren überhaupt viel so nebenbei. Ein sehr lesenswertes Buch, das nicht zwanghaft beeindrucken will und nicht perfekt durchgestylt ist, das nicht belehren will, aber durch seine Ehrlichkeit und durch die Brüche im geschilderten Leben besticht und durch die Kehren und Irrtümern, weil sich der Leser in der Geschichte spiegeln kann. Einfach bezaubernd! |
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