Joseph Beuys

Professor, politischer Künstler,

Ökokünstler, Anthroposoph

"Direkter Demokrat"

 

wikipedia Autor *1921
in Krefeld bis 1986 (64)

dnb Name ( 1000 )    dnb Person

dnb Nummer ( 700 )

detopia:  

Umweltbuch    B.htm  

Utopiebuch    1975-Buch  

Sterbejahr    Sterbejahr-K 

Landauer-1911 

Gruhl-1975     Bahro-1977  

Harich-1991    Utopie-2000  

Petra Kelly    Schlingensief 

Johann Ernst - Anthro 

Garaudy-1972

 

Beuys' 1978 veröffentlichter Aufruf zur Alternative (Bahro-1977) kennzeichnet individuelle Freiheit, demokratische Gleichberechtigung und ökonomische Solidarität als drei menschliche Grundbedürfnisse, die zu befriedigen nicht nur direkte Demokratie, sondern auch freie, selbstverwaltete Schulen und Hochschulen, ein bedingungsloses Grundeinkommen sowie sinn- statt gewinnmaximierende Unternehmen erfordere. Freilich ist direkte Demokratie für Beuys nur ein Gestaltungselement der – wie er es nennt – „sozialen Plastik“, anders gesagt: der Gesellschaft als Gesamtkunstwerk.

 

 

 

 

Fußnoten:

1 Der »Aufruf zur Alternative« erschien erstmals in der Weihnachtsausgabe der FRANKFURTER RUNDSCHAU am 23. Dezember 1978, Nr. 288

2 Wilhelm Schmundt: »Revolution und Evolution», Auf dem Wege zu einer Elementarlehre des sozialen Organismus, Achberger Verlag, 1974

3 Eugen Löbl: »Wirtschaft am Wendepunkt», Wegweiser in eine soziale Zukunft ohne Inflation und Arbeitslosigkeit, Achberger Verlag, 1975

Unterschrift:

An Informationen und Mitarbeit an den Projekten:

  • FREE INTERNATIONAL UNIVERSITY

  • AUFBAUINITIATIVE AKTION DRITTER WEG

  • UNION FÜR DIE NEUE DEMOKRATIE

interessierte Leser mögen sich wenden an:

Free International University, 8991 Achberg, Humboldt-Haus
4000 Düsseldorf 11, Staatliche Kunstakademie, Atelier Professor Joseph Beuys, Raum 3


 

wikipedia  Direkte_Demokratie 

https://www.stiftung-gw3.de 

dlf  beuys-politisches-erbe-zukunftsdenker-und-wegweiser 

dlf  100-jahre-joseph-beuys-jajaja-oder-neeneenee 

dlf  beuys-jahr-2021-was-joseph-beuys-uns-heute-noch-zu-sagen-hat

dlf  kuenstler-und-autor-johannes-stuettgen-der-beuys-erklaerer 

 

 

 

Aufruf zur Alternative

1978 - Von Joseph Beuys

  • 1978 Erstveröffentlichung in der Frankfurter Rundschau am 23.12.1978

  • 1980 als Broschüre, 15 Seiten, durch die Interessengemeinschaft Dritter Weg

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Dieser Aufruf richtet sich an alle Menschen des europäischen Kultur- und Zivilisationskreises. Der Durchbruch in eine neue soziale Zukunft kann schon gelingen, wenn in den europäischen Zonen eine Bewegung entsteht, die durch ihre Erneuerungskraft die Mauern abträgt zwischen Ost und West und die Kluften zuschüttet zwischen Nord und Süd. Der Anfang wäre gemacht, wenn - sagen wir - die Mitteleuropäer sich entschließen würden, in der Gedanken­richtung dieses Aufrufes zu handeln.

Wenn wir heute in Mitteleuropa anfingen, einen den Zeitforderungen gemäßen Weg des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens in unseren Staaten und Gesellschaften einzuschlagen, hätte dies eine starke Ausstrahlung auf jeden anderen Ort der Welt. Vor der Frage: Was können wir tun? muss der Frage nachgegangen werden: Wie müssen wir denken? damit der phrasenhafte Umgang mit den höchsten Idealen der Menschheit, die alle Parteiprogramme heute verkünden, nicht weiterhin als Ausdruck des krassen Gegensatzes zur Lebenspraxis unserer wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Wirklichkeit sich fortpflanzt.

Vor kopflosem Umsteigen wird gewarnt. Beginnen wir mit der Selbstbesinnung. Fragen wir nach den Gründen, die uns zu der Abkehr vom Bisherigen Anlass geben. Suchen wir nach den Ideen, die uns die Richtung der Umkehr weisen. Überprüfen wir die Begriffe, nach denen wir die Verhältnisse im Osten und im Westen eingerichtet haben.

Besinnen wir, ob diese Begriffe unseren sozialen Organismus und seine Wechselbeziehungen zu den Naturordnungen gefördert, zur Erscheinung eines gesunden Daseins geführt oder die Menschheit krank gemacht, ihr Wunden geschlagen, Unheil über sie gebracht haben und heute gar ihr Überleben in Frage stellen.

Gehen wir durch sorgfältiges Beobachten unserer eigenen Bedürfnisse der Überlegung nach, ob die Prinzipien des westlichen Kapitalismus und des östlichen Komm­unismus offen sind, aufzunehmen, was aus dem Entwicklungsstrom der neuer Zeit als der zentrale Impuls im Seelischen der Menschheit sich immer deutlicher regt und als Wille zur konkreten Selbstverantwortung sich ausdrückt; und das meint: als Mensch nicht mehr eingespannt zu sein in ein Verhältnis von Befehl und Unterwerfung, Macht und Privileg.

Ich habe diese Frage manche Jahre hindurch mit Geduld verfolgt. Ohne die Hilfe vieler anderer Menschen, denen ich in diesem Forschen und Erfahren begegnet bin, wäre ich wohl nicht zu den Antworten gekommen, die ich in diesem Aufruf mitteilen möchte. Darum sind diese Antworten nicht nur »meine Meinung«, sondern das, was zahlreiche andere auch erkannt haben.

Um auf Anhieb die Umkehr herbeizuführen, sind es jetzt noch zu wenige. Die Zahl der Einsichtigen muß vergrößert werden. Wenn es gelingt, das hiermit Angeregte auch politisch organisatorisch zu verdichten und schließlich in einer konzertierten ausserparlamentarisch-parlamentarischen Aktion zum Einsatz zu bringen, hat der Aufruf sein Ziel erreicht. Es geht also um eine gewaftfreie Revolution, eine auf Zukunftsoffenheit angelegte Alternative.

 

I. Symptome der Krise
Die Probleme, die uns zur Abkehr vom Bestehenden allen Anlaß geben, können als bekannt vorausgesetzt werden. Es mag genügen, in einer stichwortartigen Zusammenfassung die schwerwiegendsten Faktoren der Gesamtproblematik vor Augen zu rücken.

Die militärische Bedrohung
Auch ohne aggressive Absichten der Supermächte besteht die Gefahr der atomaren Weltvernichtung. Die Kriegstechnologie und die Art der ins Absurde gesteigerten Waffen­arsenale läßt eine sichere Kontrolle des unüberschaubar gewordenen Gesamtapparates nicht mehr zu. Trotz des angehäuften Potentials zur hundertfachen Zerstörung der Erde verschärft sich hinter den Kulissen sogenannter Abrüstungsverhandlungen das erbitterte Rüstungswettrennen von Jahr zu Jahr. Folge dieses kollektiven Wahnsinns ist ein riesenhafter Verschleiß von Energie und Rohstoffen und eine gigantische Vergeudung der kreativen Fähigkeiten von Millionen von Menschen.

Die ökologische Krise
Unser Verhältnis zur Natur ist dadurch gekennzeichnet, daß es ein durch und durch gestörtes geworden ist. Es droht die restlose Zerstörung der Naturgrundlage, auf der wir stehen. Wir sind auf dem besten Wege, diese Basis zu vernichten, indem wir ein Wirtschaftssystem praktizieren, das auf hemmungsloser Ausplünderung dieser Naturgrundlage beruht. Ganz klar muß ausgesprochen werden, daß das privatkapitalistische Wirtschaftssystem des Westens von dem staatskapitalistischen des Ostens sich in diesem Punkt grundsätzlich nicht unterscheidet. Die Vernichtung wird weltweit betrieben. Zwischen Bergwerk und Müllkippe erstreckt sich die Einbahnstraße der modernen Industriezivilisation, deren expansivem Wachstum immer mehr Lebenslinien und Kreisläufe des ökologischen Systems zum Opfer fallen.

Die Wirtschaftskrise
Sie äußert sich in einer Fülle von Symptomen, mit denen täglich die Zeitungsseiten gefüllt und die Nachrichtensendungen bestritten werden. Streik und Aussperrung, Abermillionen - weltweit gesehen - sind arbeitslos, können ihre Fähigkeiten nicht für die Gemeinschaft einsetzen. Da werden, um die heilige Kuh der »Marktgesetze« nicht schlachten zu müssen, Riesenmengen von wertvollsten Nahrungsgütern, die sich aus subventionierter Überproduktion ansammeln, ohne mit der Wimper zu zucken vernichtet, während in anderen Weltgegenden gleichzeitig Tausende täglich an Hunger sterben. Da geht es nicht darum, für den Bedarf der Konsumenten zu produzieren, sondern um den geschickt getarnten Verschleiß der Güter.

Diese Art des Wirtschaftens liefert die Menschheit immer konsequenter der Macht einer Clique multinationaler Großkonzerne aus, die an ihren Konferenztischen mit den Spitzen­funktionären der kommunistischen Staatsmonopole über unser aller Schicksal entscheiden.

Verzichten wir auf eine weitere Charakterisierung dessen, was uns andauernd als die «monetäre Krise», die »Demokratiekrise«, die »Erziehungskrise«, die »staatliche Legitimationskrise« usw. frei Haus geliefert wird, und kommen wir abschließend noch kurz auf die

Bewußtseins- und Sinnkrise

zu sprechen. Die meisten Menschen fühlen sich den Verhältnissen, die sie umgeben, hilflos ausgeliefert. Das führt zur Vernichtung auch ihrer Innerlichkeit. Sie können in den Destruktionsprozessen, denen sie unterworfen sind, in dem undurchschaubaren Knäuel staatlicher und ökonomischer Macht, in den Ablenkungs- und Zerstreu ungsmanövern einer billigen Vergnügungsindustrie keinen Lebenssinn mehr erkennen.

Insbesonders junge Menschen verfallen in wachsender Zahl dem Alkoholismus, der Drogensucht, begehen Selbstmord. Hunderttausende fallen religiös getarnten Fanatikern zum Opfer. Weltflucht hat Hochkonjunktur.

Das Gegenstück dieses Identitätsverlustes der Persönlichkeiten ist die Losung «nach mir die Sintflut«, das rücksichtslose Ausleben des Lustprinzips, der glatten Anpassung, um aus der ganzen Sinnlosigkeit wenigstens für sich, solange das Leben noch dauert, herauszuholen, was herauszuholen ist, ohne Rücksicht, auf wessen Rechnung dabei Wechsel ausgestellt werden. Es sind Wechsel, die unsere Umwelt, unsere Mitwelt und unsere Nachwelt zu begleichen haben.

Es wird Zeit, die Systeme der »organisierten Verantwortungslosigkeit« [Bahro] abzulösen durch eine Alternative des Ausgleichs und der Solidarität.

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II. Die Ursachen der Krise

Auf den Kern der Sache zurückgeführt, kann gesagt werden, daß zwei Strukturelemente der im 20. Jahrhundert zur Herrschaft gekommenen Gesellschafts­ordnungen die eigentlichen Ursachen der ganzen Misere darstellen:

Das Geld und der Staat, das heißt die Rollen, die dem Geld und dem Staat in diesen Systemen eingeräumt werden. Beide Elemente sind zu den entscheidenden Machtmitteln geworden. Die Macht hat, in wessen Händen das Geld und/oder der Staat sich befindet. Der Geldbegriff des Kapitalismus ist ebenso Grundlage dieses Systems wie der totalisierte Staatsbegriff die Grundlage des Kommunismus ist, wie wir ihn bislang kennengelernt haben.

Mittlerweile sind diese beiden Begriffe in den konkreten Erscheinungen der bestehenden Verhältnisse im Westen und im Osten wechselseitig assimiliert. Im Westen schreitet die Tendenz der Ausdehnung der Staatsfunktion voran, während im Osten Faktoren des Geldmechanismus, wie der Kapitalismus ihn entwickelt hat, eingeführt worden sind.

Obwohl deutliche Unterschiede, z.B. hinsichtlich der Achtung der Menschenrechte, zwischen dem westlichen und dem östlichen Kapitalismus bestehen, ist es doch so, daß beide Systeme in wachsendem Maße zur Destruktivität neigen und aus ihrem Machtgegensatz die Menschheitszukunft aufs äußerste bedrohen. Deshalb ist es an der Zeit, daß »beide durch ein neues Prinzip abgelöst werden«, denn beide sind »am Ende« [Gruhl].

Das geht auch bei uns nicht anders als durch eine Änderung der Verfassung. Das mittlerweile geradezu neurotische Bekenntnis zum Grundgesetz macht uns blind und unfähig gegenüber der Notwendigkeit einer Weiterentwicklung seiner Ansätze.

Warum eigentlich soll in einer Gesellschaft, die ein bestimmtes Niveau der Entwicklung der Demokratie aufweist, nicht in der freimütigsten Weise über die notwendige Weiterentwicklung diskutiert werden? Schon viel zu viele haben Angst, in den Verdacht zu geraten, Verfassungsfeinde zu sein. Sie versagen sich selbst schöpferische Gedanken, einmal erreichte Rechtsbegriffe zu erweitern, wenn der Bewußtseinsfortschritt dies fordert. Und er fordert es.

Fazit: Kapitalismus und Kommunismus haben die Menschheit in eine Sackgasse geführt.

So unbestreitbar dies ist und so sehr sich diese Einsicht verbreitet, so wenig wäre uns geholfen, wenn noch keine vernünftigen Lösungsmodelle, also Ideen für freie, demokratische, gegenüber Mitmensch und Naturgegebenheiten solidarische, von Weitsicht und Zukunftsverantwortung für das Ganze getragene Perspektiven erarbeitet wären. Solche Lösungsmodelle sind erarbeitet. Von einem bestimmten soll im folgenden berichtet werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

III. Der Ausweg

 

Wilhelm Schmundt(1) hat als die zentrale Notwendigkeit einer fundierten Alternative das «ins-Rechte-Denken der Begriffe» gefordert. Dies meint auch Eugen Löbl(2) , der Wirtschaftstheoretiker des Prager Frühlings, wenn er von der unaufschiebbaren «Revolution der Begriffe» spricht. Schmundt hat einem seiner Bücher den Titel «Revolution und Evolution» gegeben, und er will damit sagen: Erst wenn wir, die Grundzusammenhänge des sozialen Organismus neu überdenkend, die «Revolution der Begriffe» geleistet haben, wird damit der Weg frei für eine Evolution ohne Zwang und Willkür.

Leider lebt, gerade in politisch alternativ denkenden Kreisen, vielfach noch die Ansicht, auf die Begriffe käme es nicht an. Dieses leichtfertige Vorurteil muß überwunden werden, wenn die neue soziale Bewegung eine Ausstrahlung bekommen und eine politische Kraft werden will. Denn mit Begriffen ist immer eine sehr weittragende Praxis verbunden, und die Art und Weise, wie über einen Sachverhalt gedacht wird, ist entscheidend dafür, wie man mit diesem Sachverhalt umgeht, - zuvor: wie und ob man ihn überhaupt versteht.

Bei dem Entwurf der Alternative, d. h. des DRITTEN WEGES, von dem als erste kommunistische Partei jetzt auch die KPI (Italien) in positiver Weise spricht, gehen wir vom Menschen aus. Er ist der Bildner der sozialen Plastik und nach seinem Maß und seinem Wollen muß der soziale Organismus eingerichtet sein.

Nach Gefühl und Erkenntnis der Menschenwürde gelten dem Menschen heute drei Grundbedürfnisse als vorrangig:

1. Er will seine Anlagen und seine Persönlichkeit frei entwickeln und seine Fähigkeiten in Verbindung mit den Fähigkeiten seiner Mitmenschen frei für einen als sinnvoll erkannten Zweck einsetzen können.

2. Er erkennt jede Art von Privileg als untragbare Verletzung der demokratischen Gleichberechtigung. Er hat das Bedürfnis, als mündiger Mensch hinsichtlich aller Rechte und Pflichten - ob sie in einen wirtschaftlichen, sozialen, politischen oder kulturellen Zusammenhang gehören - als Gleicher unter Gleichen zu gelten und am demokratischen Vereinbaren auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Gesellschaft mitbestimmen zu können.

3. Er will Solidarität schenken und Solidarität in Anspruch nehmen. Es mag vielleicht bezweifelt werden, daß darin ein vorrangiges Grundbedürfnis des heutigen Menschen zum Ausdruck kommt, weil der Egoismus das weithin dominante Motiv im Verhalten der Einzelnen ist.

Eine gewissenhafte Prüfung zeigt jedoch etwas anderes. Zwar mag der Egoismus noch im Vordergrund stehen und das Verhalten bestimmen. Aber: Ein Bedürfnis, ein angestrebtes Ideal ist er nicht. Er ist ein Trieb, der herrscht und beherrscht. Gewollt jedoch ist: Die gegenseitige Hilfe aus freier Entscheidung. Wenn dieser solidarische Impuls als das menschliche und menschheitliche Ideal empfunden wird, dann stellt sich die Aufgabe, jene Mechanismen, die aus den sozialen Strukturen heute den Egoismustrieb aktivieren, so umzuformen, daß sie den inneren menschlichen Absichten nicht mehr entgegenwirken.

Und diese Strukturen werden so umgeformt:
Das »integrale System« - ein neuer Arbeits- und ein neuer Einkommensbegriff
Das Wirtschaftsleben hat sich in der arbeitsteiligen Industriegesellschaft zu einem - wie Eugen Löbl sagt - »integralen System« entwickelt.

 wikipedia  Eugen_Löbl (1907-1987)

Dies bedeutet: Die Menschen verlassen, wenn sie arbeiten, den privaten Bereich, die Haushalte, und strömen hin zu den assoziierten Produktionsstätten. Die Erzeugnisse ihrer Arbeit kommen nicht mehr durch Einzelne oder Zünfte tauschwirtschaftlich auf den Markt, sondern sie gelangen aus dem Zusammenwirken komplexer Prozesse dorthin. Das jeweilige Endprodukt ist das Ergebnis der gemeinsamen Tätigkeit aller im Rahmen der Weltwirtschaft.

Alle Tätigkeiten, auch diejenigen der Erziehung, der Ausbildung, der Wissenschaft, der Banken, der Verwaltung, der Parlamente, der Medien usw. sind in dem Ganzen integriert.

 

Zwei Prozesse bilden die Grundstruktur dieses Wirtschaftstyps: Der Strom der in der Arbeit zum Einsatz kommenden Fähigkeitswerte und der Strom der geistigen oder physischen Konsumwerte. Die technischen Produktionsmittel müssen dabei als höher entwickelte Ressourcen angesehen werden.

Jede geleistete Arbeit ist prinzipiell Arbeit für andere. Das heißt, daß jeder Tätige an einer bestimmten Stelle seinen Beitrag leistet für das Herstellen eines Wertes, der letztlich von irgendwelchen seiner Mitmenschen verbraucht wird. Die Arbeit eines Menschen steht nicht mehr in Verbindung mit seinem Konsumieren.

Das andere von ebenso weitreichender Bedeutung ist, daß der Charakter des integralen Systems es nicht mehr erlaubt, das Einkommen der Tätigen als den Tauschwert für ihre erbrachten Leistungen anzusehen. Denn es kann hier keinen objektiven Maßstab für die Ermittlung des Leistungsanteils eines einzelnen an der Produktion eines bestimmten Konsumwertes mehr geben.

Ebensowenig kann der objektive Anteil eines Unternehmens am Gesamtprodukt ermittelt werden. Wenn wir diese Wirklichkeiten zur Kenntnis nehmen und sie nicht aus diesen Interessen oder jenen Desinteressen ignorieren, dann müssen wir festhalten, daß sich mit dem Übergang von der Tauschwirtschaft [auch Geldtauschwirtschaft] zur integralen Wirtschaft das Verhältnis von Arbeit und Einkommen grundlegend geändert hat.

Würden wir allein aus diesen Einsichten die Konsequenzen ziehen, so ergäbe sich bereits daraus eine radikale Wandlung der heutigen Wirtschaftsgegebenheit. Das Einkommen, das die Menschen zur Erhaltung und Entfaltung ihres Lebens benötigen, wäre keine abgeleitete Größe mehr, sondern ein originäres Recht, ein Menschenrecht, das gewährleistet sein muß, damit für sie die Voraussetzungen erfüllt sind, verantwortlich und selbstverpflichtet im Kreis ihrer Mitarbeiter wirken zu können. Für das Einkommen als elementares Menschenrecht ist das demokratische Vereinbaren nach bedarfsorientierten Gesichtspunkten das sachgemäße Gestaltungsprinzip. Auch das Maß und die Art der Arbeit sind Fragen, welche durch die demokratische Gemeinschaft im allgemeinen und die Arbeitskollektive im besonderen nach der Art ihrer Selbstverwaltungsformen behandelt und geregelt werden müssen.

Alle heutigen Zwänge, Ungerechtigkeiten und Frustrationen, die sich aus dem Anachronismus des Lohnens der Arbeit ergeben, werden damit hinfällig, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände überflüssig. Gibt es Einkommens unterschiede, so sind sie für alle transparent und demokratisch gewollt. Positiv auch die sozialpsychologischen Folgen der Überwindung der Lohnabhängigkeit. Niemand kauft und niemand verkauft Fähigkeit und Arbeit. Alle Tätigen gehören hinsichtlich ihres  Einkommens zur demokratischen Gemeinschaft gleichberechtigter Bürger.

 

Der Funktionswandel des Geldes
So wie sich beim Übergang zur integralen Wirtschaft im Wesen der Arbeit ein tiefgreifender Wandel vollzogen hat, so ist auch bei den Geldprozessen eine Metamorphose eingetreten. Doch wie die tauschwirtschaftlichen Begriffe für die Regelung der Arbeits- und Einkommensverhältnisse beibehalten worden sind, blieben sie auch für die Gestaltung des Geldsystems bestimmend. Dadurch konnte sich das Geld nicht ordnend in den sozialen Organismus eingliedern. Dies hat Gründe geliefert, viele Geldanalysen unter psychologischen, soziologischen, ökonomietheoretischen und anderen Gesichtspunkten zu verfassen. Doch sie alle haben wenig geholfen. Die Macht des Geldes blieb ungebrochen.

Warum? Weil wir den Geldbegriff nicht geändert haben, als es entwicklungsgeschichtlich erforderlich gewesen wäre.

Was hat zu dem bislang noch ignorierten Funktionswandel des Geldes geführt?

Mit dem Auftreten der Zentralbanken in der modernen Geldentwicklung ist dieser Wandel eingetreten. Das Geld trat heraus aus der Welt der Wirtschaftswerte, als deren universelles Tauschmittel es vorher gedient hatte.

Die neue Art der Geldemission und Geldleitung durch die Institution der Zentralbank führte zur Ausbildung eines Kreislaufsystems im sozialen Organismus, durch welches, vergleichbar dem Evolutionsschritt in der Biosphäre von einem niederen zu einem höheren Organismus, das soziale Ganze eine komplexere Daseinsform angenommen hat. Das Geld konstituierte ein neues Funktionssystem. Es wurde zum Rechtsregulativ für alle kreativen und konsumtiven Prozesse.

Auf der Produktionsseite benötigen die Unternehmen für die Erfüllung ihrer Aufgaben Geld. Sie bekommen es vom Bankensystem als Kredit (Zins, heute mit dem Kreditbegriff gekoppelt, kommt aus einem wesenswidrigen Geldverständnis!).

In der Hand der Unternehmen ist Geld = Produktionskapital ein Rechtsdokument. Es verpflichtet die Unternehmen zum Einsatz der Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter in der Arbeit.

Kommt das Geld als Einkommen in die Verfügungsberechtigung der Tätigen, ändert es seine Rechtsbedeutung.

Als Konsumkapital berechtigt es die Verbraucher zum Erwerb der Konsumwerte. Damit fließt das Geld zum Produktionsbereich zurück und ändert ein letztes Mal seine Bedeutung. Jetzt ist es Geld ohne Beziehung zu einem Wirtschaftswert. Als solches berechtigt es die Unternehmen, an die es gelangt, zu nichts. Es werden damit die Kredite abgelöst, die Konten der Unternehmen bei den Kreditbanken ausgeglichen. Da viele Unternehmen - wie beispielsweise Schulen und Universitäten - für ihre Leistungen keine Preise verlangen, muß der Kontenausgleich der Unternehmen untereinander, insofern die einen Überschüsse und die anderen Unterschüsse haben, in Verbindung mit Assoziationsbanken vorgenommen werden.

Dieser auf das Niveau der erreichten sozialen Evolution gehobene Geldbegriff hat durchschlagende Konsequenzen. Er löst das Machtproblem, insofern es von der Geldseite her entstanden ist. Weil man nicht erkennen wollte, daß die Geldordnung nicht Teil des Wirtschaftslebens geblieben, sondern ein selbständiges Funktionssystem im Rechtsbereich geworden war, konnte sich die alte römische Eigentumsvorstellung uneingeschränkt erhalten. So konnten auch die Kategorien von »Gewinn« und »Verlust« zur Geltung kommen. Die schrankenlose Aneignung alles dessen, was mit den Produktionsstätten zusammenhängt, blieb rechtens.

Ohne eine einzige staatsbürokratische Maßnahme oder steuerpolitische Akrobatik führt die Anerkennung des gewandelten Geldbegriffes hingegen zur Aufhebung sowohl des Eigentums- als auch des Profitprinzips im Produktionsbereich.

Und was passiert mit den Börsengeschäften, der Bodenspekulation, dem Zinswucher, der Inflation? Sie verschwinden ebenso wie die Geißel der Arbeitslosigkeit. Die Aktienwelt entschläft über Nacht, ohne daß auch nur ein Zahnrad deswegen nicht mehr laufen würde. Und die Aktionäre, die Spekulanten, die Großgrundbesitzer? Werden sie ihre heiligen Reichtümer der Menschheit auf dem Opferaltar der anhebenden neuen Zeit darreichen? Wir werden sehen. Jedenfalls wird jeder seinen Platz im sozialen Leben finden, wo er seine Fähigkeiten frei, produktiv und sinnvoll für das Ganze einsetzen kann.

Was den Konsumbereich betrifft, stellt sich die Sache so dar, daß sich die Produktion nach dem Bedarf der Verbraucher richten wird. Keine Profit- und Eigentumsinteressen stehen diesem einzig sachgemäßen Wirtschaftsziel hemmend oder ablenkend im Wege.

Die mit dem integralen System schon elementar verwirklichte Brüderlichkeit - »Arbeit ist prinzipiell Arbeit für andere geworden« - kann ungehindert zur Entfaltung kommen. Auch auf die ökologische Frage fällt ein neues Licht. Wirtschaftsökologie ist selbstverständlich, wenn eine freie Wissenschaft, eine freie Erziehung und eine freie Information die Gesetze des Lebendigen umfassend erforscht und verbreitet und deren Bedeutung für den Menschen erhellt.

Die Freiheitsgestalt des sozialen Organismus
Den Staat mit der Lenkung der gesellschaftlichen Entwicklung zu beauftragen, wäre denkbar, wenn es nicht im radikalen Widerspruch zum Freiheitsimpuls, zur Forderung nach Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung (Dezentralisierung) stünde. Deshalb kann die letzte wichtige Frage, die sich hinsichtlich des Bildes der evolutionären Alternative des Dritten Weges stellt: Wie kann die von Zwängen befreite Gesellschaft ihre an den menschlichen Bedürfnissen und den Naturnotwendigkeiten orientierte Entwicklungsrichtung finden?, nur durch die Beschreibung der »Frei heitsgestalt des sozialen Organismus« [Schmundt] beantwortet werden.

Freiheit ist einerseits individueller Impuls, das Handeln aus selbstbestimmten Motiven zu vollbringen. Andererseits ist selbstbestimmtes Handeln nur dann frei, wenn es aus »Einsicht in die Lebensbedingungen des Ganzen« [Rudolf Steiner] vollzogen wird.

Für den komplexen Zusammenhang unserer arbeitsteiligen Produktion bedeutet dies, daß der Einzelne oder auch das einzelne Unternehmen aus sich heraus nur sehr schwer die Gesichtspunkte zu finden vermag, durch welche die jeweilige Aufgabe, etwas für die Bedürfnisse anderer hervorzubringen, in der bestmöglichen Weise erfüllt werden kann. Daher ist es nötig, dem Gesellschaftskörper ein neues Funktionssystem einzugliedern: das System beratender Kuratorien, ein authentisches Rätesystem als ständige Inspirations­quelle.

 

Die Einsichten über die Bedingungen, Zusammenhänge und Wirkungen seines Handelns kann jedes Arbeitskollektiv dann am besten gewinnen, wenn es ein Kuratorium beruft, in dem die demokratisch bevollmächtigte Leitung des Unternehmens mit den leitenden Persönlichkeiten anderer Unternehmen, der Banken, wissenschaftlicher Forschungs­institute und auch mit Vertretern seiner Konsumentenschaft die Aufgaben, Ziele und Entwicklungen des Unternehmens von möglichst umfassenden Gesichtspunkten aus berät. Die Entscheidungen müssen von den jeweils Verantwortlichen getroffen werden. Diese Entscheidungen werden aber durch die Hilfe der Kuratorien von einem optimal sachgerechten Urteilsbild getragen sein.

Was dergestalt für die Assoziationen der Arbeitskollektive untereinander gilt, spielt auch eine Rolle für die Grundstruktur eines einzelnen freien Unternehmens. Der überwundene Gegensatz von »Arbeitgeber« und »Arbeitnehmer« öffnet das Feld für eine Sozialgestalt, in der miteinander verwoben sind Prozesse des freien Beratens, des demokratischen Vereinbarens und schließlich des gemeinsamen Wirkens für die soziale Umwelt. Das Recht der freien unternehmerischen Initiative hat jeder Mensch.

Denn der Mensch ist ein initiatives Wesen. Nötig ist, daß die Arbeitsleiter die Fähigkeit haben, ihre Mitarbeiter nach deren Fachtüchtigkeit und Sachverstand zu berufen. Aus dieser Funktion werden sie jedoch weder materielle Privilegien noch irgendeine andere Form von nicht demokratisch legitimierter Macht haben können.

So ist in dem Bild der Grundzüge eines Dritten Weges das freie Unternehmen in einer selbstverwalteten Wirtschaft und einer selbstverwalteten Kultur die demokratische Basiseinheit einer nachkapitalistischen und nachkommunistischen neuen Gesellschaft des realen Sozialismus. Staatliche Gesetzgebung, Regierung und Verwaltung sind auf die Funktion beschränkt, die für alle verbindlichen demokratischen Rechte und Pflichten zu beschließen und ihre Verwirklichung durchzusetzen. Der Staat wird erheblich schrumpfen. Was übrig bleibt, wird man sehen. 

 

 

 

 

 

IV. Was können wir für die Verwirklichung der Alternative jetzt tun?

 

Wer sich dieses Bild der evolutionären Alternative vor Augen führt, hat ein klares Grundverständnis von der sozialen Plastik, an welcher der Mensch als Künstler formt. Wer sagt, daß es eine Veränderung geben muß, aber die »Revolution der Begriffe« überspringt und nur gegen die äußeren Verkörperungen der Ideologien anrennt, wird scheitern. Er wird entweder resignieren, sich mit Reformieren begnügen oder aber in der Sackgasse des Terrorismus landen. Drei Formen des Sieges der Strategie des Systems.

Wenn abschließend daher gefragt ist: Was können wir tun?, damit wir das Ziel der Neugestaltung von den Fundamenten her auch erreichen, dann müssen wir uns klarmachen: Es gibt nur einen Weg, das Bestehende zu transformieren - aber dieser erfordert eine breite Palette von Maßnahmen. Der einzige Weg ist die gewaltfreie Transformation. Gewaltfrei nicht etwa darum, weil Gewalt zur Zeit oder aus bestimmten Gründen nicht erfolgversprechend erscheint. Nein. Gewaltfreiheit aus prinzipiellen menschlich - geistig - moralischen und politisch - gesellschaftlichen Gründen.

Einerseits steht und fällt die Würde des Menschen mit der Unverletzlichkeit der Person und die Ebene des Menschentums verläßt, wer dies mißachtet. Andererseits sind gerade die zu transformierenden Systeme auf Gewalt in jeder nur denkbaren Form aufgebaut. Deshalb ist jede Art von Gewaltanwendung ein Ausdruck systemkonformen Verhaltens, verfestigt also, was es auflösen will.

Dieser Aufruf will ermutigen und auffordern, den Weg der gewaltfreien Transformation einzuschlagen. An solche, die bisher passiv waren, obwohl sie von Unbehagen und Unzufriedenheit erfüllt sind, ist die Aufforderung gerichtet: Werdet aktiv. Eure Aktivität ist vielleicht das einzige, was jene, die aktiv sind, aber mit Mitteln der Gewalt liebäugeln oder schon Gewalt anwenden, auf den Weg der gewaltfreien Aktion zurückführen kann.

Obwohl die angezeigte »Revolution der Begriffe« das Kernstück der hier vorgestellten Methode zur Veränderung ist, muß sie nicht unbedingt am Anfang aller Schritte stehen. Auch ist ihr jeder Absolutheitsanspruch fremd. Wer die Kraft hat, die Theorien des Marxismus, des Liberalismus, der christlichen Soziallehre usw. zu Ende zu denken, wird feststellen, daß diese Theorien durchaus zu den gleichen Ergebnissen kommen wie wir.

Dieses Zu-Ende-Denken von historischen Ansätzen ist heute nötig. Wo es mutig vollbracht wurde, bemerkte man, wie die Fronten sich verschieben. Da steht Bahro dann Karl-Hermann Flach und William Borm näher als diese ihrem Parteifreund Lambsdorff und jener seinen Genossen, die ihn verhaftet und verurteilt haben.

Der Prozeß des Umschmelzens verhärteter Begrifflichkeiten und Theorieansätze ist in vollem Gange. Er muß zum grossen Dialog, zur interfraktionellen, interdisziplinären und internationalen Kommunikation zwischen den alternativen Lösungsmodellen führen.

Die FREE INTERNATIONAL UNIVERSITY (Freie Hochschule für Kreativität und interdisziplinäre Forschung) ist das ständige Angebot, Kommunikation zu organisieren und  diese zu entwickeln.

«Gegen die geballten Interessen der Mächtigen hat nur eine mitreißende Idee eine Chance, die wenigstens so stark ist wie die humanistische in den letzten und die christliche in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung» [Gruhl]. Um von den verschiedenen Ansätzen, die in der neuen sozialen Bewegung leben, zu dieser »mitreißenden Idee« durchzustoßen, brauchen wir den ständigen und umfassenden Dialog.

FREIE INTERNATIONALE UNIVERSITÄT als ein organisatorischer Ort dieses Forschens, Arbeitens und Kommunizierens meint also alle die Gruppen und Keimzellen in unserer Gesellschaft, zu denen Menschen sich zusammengeschlossen haben, um gemeinsam die Fragen der sozialen Zukunft zu durchdenken. Je mehr Menschen sich mit diesen Arbeiten verbinden, desto kraftvoller und durchgreifender werden die alternativen Ideen zur Geltung kommen. Darum sei aufgerufen: Gründet Arbeitsplätze der FREIEN INTERNATIONALEN UNIVERSITÄT, der Universität des Volkes.

Aber dies allein genügt noch nicht. Überall dort, wo dies möglich ist, sollten wir uns zur alternativen Lebens- und Arbeitspraxis entschließen. Viele haben in kleinen Bereichen und speziellen Gebieten einen Anfang gemacht. Ein Zusammenschluß alternativer Wirtschafts- und Kulturunternehmen ist die AUFBAUINITIATIVE AKTION DRITTER WEG [Unternehmensverband, Stiftung, Mitgliederorganisation]. Einzelne Gruppen oder Betriebe, die ihren alternativen Ideen auch Taten folgen lassen wollen, sind aufgefordert, dieses Projekt zu stärken.

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Ein letzter, aktueller Aspekt. Vielleicht der wichtigste und entscheidendste für den Weg der gewaltfreien Transformation.

Wie kann die neue soziale Bewegung eine politische Dimension erreichen?

Damit ist, jedenfalls für den Bereich der westlichen Demokratien, die Frage nach der Möglichkeit einer parlamentarischen Aktion gestellt. Gehen wir diesen Weg, dann gehen wir ihn nur richtig, wenn wir einen neuen Stil der politischen Arbeit und des politischen Organisierens entwickeln. Nur wenn wir uns in diesem neuen Stil üben, werden wir die Hindernisse überwinden, die für alternative Entwicklungen durch Sperrklauseln und ähnliches errichtet sind.

Es wäre schon nötig, daß auch von den Parlamenten her, für die ganze Öffentlichkeit wahrnehmbar, alternative Lösungsmodelle aufträten.

Dazu aber müssen die Leute, die solche Modelle erarbeitet haben, in die Parlamente hineinkommen. Wie kommen sie hinein? Indem sie ihre ganze Kraft auf eine gemeinsame Wahlinitiative konzentrieren.

Entscheidend für einen solchen Versuch ist, welches Verständnis man von der Gesamtalternativenbewegung hat. Sie besteht ja aus einer Fülle von Strömungen, Initiativen, Organisationen, Institutionen usw. Sie alle haben nur in der Gemeinsamkeit eine Chance.

Gemeinsame Wahlinitiative heißt aber nicht: Parteiorganisation, Parteiprogramm, Parteidebatte im alten Stil. Die Einheit, derer es bedarf, kann nur die Einheit in der Vielfalt sein. Die Bewegung der Bürgerinitiativen, die ökologische, die Friedens- und die Frauenbewegung, die Bewegung der Praxismodelle, die Bewegung für einen demokratischen Sozialismus, einen humanistischen Liberalismus, einen Dritten Weg, die anthroposophische Bewegung und die christlich-konfessionell orientierten Strömungen, die Bürgerrechtsbewegung und die 3. Welt-Bewegung müssen erkennen, daß sie unverzichtbare Bestandteile der Gesamt­alternativen­bewegung sind; Teile, die sich nicht ausschließen und widersprechen, sondern ergänzen.

Realität ist, daß es marxistische, katholische, evangelische, liberale, anthroposophische, ökologische usw. Alternativkonzepte und -initiativen gibt.

In vielen wesentlichen Punkten besteht unter ihnen bereits ein hohes Maß an Übereinstimmung. Dieses ist die Basis der Gemeinsamkeit in der Einheit.

In anderen Punkten besteht Nichtübereinstimmung. Dieses ist die Basis der Freiheit in der Einheit.

Eine gemeinsame Wahlinitiative der Gesamtalternativenbewegung ist nur lebenswirklich als ein Bündnis vieler autonomer Gruppen, die ihr Verhältnis untereinander und gegenüber der Öffentlichkeit im Geiste aktiver Toleranz gestalten.

Unsere Parlamente brauchen den befreienden Geist und das Leben einer solchen Union, der UNION FÜR DIE NEUE DEMOKRATIE!

Die Fahrzeuge, die den neuen Kurs nehmen, stehen also bereit.

Sie bieten Platz und Arbeit für alle.

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Joseph Beuys