Personen
Fehlt ein großer Name, ein kleiner? Ganz hinten am Horizont des Nachthimmels treffen sich Stern und Kröte. Namen sind nicht immer Schall und Rauch, sie stehn ja für sehr verschiedenen Rauch: Habemus Papam. Auschwitz. Tschernobyl. Hiroshima. Friedlichstes Lagerfeuer. Aale-Räucherei. Rauch aus der Sauna im finnischen Wald.
Das Register registriert meine schiefe parteiische Sicht. Und wenn ich es demnächst besser weiß, dann werde ich mich korrigieren. Ich lebe ja nicht vom Rechthaben.
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Aragon, Louis (1897-1982). Französischer Lyriker. Stalinistischer Parteiidiot bis zuletzt. Trotzdem küßten ihn die Musen: Il n'y a pas d'amour heureux.
Becher, Johannes Robert (1891-1958). Expressionist. Als er sich mit der Partei einließ, wandten sich die Musen von ihm ab. Überlebte das sowjetische Exil. Wurde Minister für Kultur in der DDR. Klassizistischer Kaisersgeburtstagsdichter der Stalinisten.
Berger Dr., Götz (*1904). Rechtsanwalt und Spanienkämpfer. Nach dem Krieg Staatsanwalt in der DDR, dann Rechtsanwalt. Weil er Biermann und Havemann vertrat, erhielt er 1965 Berufsverbot wie schon bei Hitler.
Biermann, Dagobert (1904-1943). Mein Vater. Maschinenschlosser auf der Werft Blohm & Voß in Hamburg. Jude, Kommunist, Gitarrenspieler. Nach langer Haft 1943 in Auschwitz ermordet.
Biermann, Emma (*1904). Meine Mutter. Tochter der »Oma Meume«. Maschinenstrickerin, Kommunistin.
Biermann, Wolfgang. Gehörte zur Mittag-Mafia. Poststalinistischer Manager mit präkapitalistischen Methoden. Generaldirektor des VEB Kombinat Zeiss-Jena. Setzte sich nach der Revolution zum Klassenfeind ab.
Bitterfelder Weg. Konferenz 1964. Ulbricht prügelt die Schriftsteller auf den Weg zu einer Volksverbundenheit, wie die Partei sie versteht. Die Künste homunculisch definiert als »Wissenschaft vom neuen Menschen in der DDR.«
Bloch, Ernst (1885-1977). Philosoph ohne hermetisches System. Sein Werk ist ein assoziativ wohlgeordneter Kuttelwust von hellsichtigen Kommentaren.
Blüm, Norbert (*1935). Vielbeschimpfter Arbeits- und Sozialminister der Regierung Kohl, den ich lieber nicht persönlich kennenlernen möchte, weil ich fürchte, daß er mir gefällt.
Bohley, Bärbel (*1945). Genannt die Mutter der Revolution. Malerin mit Mutterwitz. Sie war führender Kopf der führungs- und kopflosen Opposition. Mitbegründerin des Neuen Forums.
Böhme, Ibrahim (*1944). Unglücksmensch. Langjähriger hochkarätiger Stasispitzel. Er war 1989 Mitbegründer der SPD in der DDR und Vorsitzender.
Boock, Peter-Jürgen (*1951). Seit 1971 RAF. Löste sich schon vor seiner Verhaftung 1981 vom Terrorismus. Urteil: lebenslänglich. Sitzt länger als andre, weil er der strafenden Obrigkeit keinen in die Pfanne haut.
Braun, Volker (*1939). Zartbesaiteter Vorschlaghammer. Starker Dichter, schwacher Dramatiker. Scheuer Mensch im dialektischen Zwielicht.
Brecht, Bertolt (1897-1956). Als er sich dem Kommunismus zuwandte, wandten sich die Musen nicht von ihm ab. Ein Weltgenie in 100 Jahren reicht mir.
Brüsewitz, Oskar (1929-1976). Unkonventioneller Pastor. Er verbrannte sich im August '76 in Greiz - [OD: in Zeitz] aus Protest gegen die Militarisierung des öffentlichen Lebens in der DDR und gegen die Feigheit seiner Kirchenobrigkeit.
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Büchner, Mathias »Fritz«, Maler in Erfurt und Stasiauflöser.
Bunge, Dr. Hans (1919-1990). Brechtschüler am Berliner Ensemble. Baute das Brechtarchiv auf. Dann Streit mit der Weigel und den Erben. Wichtig: »Fragen Sie mehr über Brecht« - Hanns Eisler spricht mit Bunge über Ästhetik.
Busch, Ernst (1900-1980). Singender Spanienkämpfer, der Töne schoß wie Kugeln: »Barrikaden-Tauber«. Spielte den Galilei am BE. Brachte den kranken Brecht um, der sich 1956 selbstmörderisch in die schwierigen Galilei-Proben verbiß.
Ceausescu, Nicolai (1918-1990). Spät gestürzter rumänischer Diktator. Ermordeter Mörder. Blutiges Hätschelkind des Westens im Kalten Krieg.
Chruschtschow, Nikita (1894-1971). Volkstümlicher Parteichef der KPdSU ('55 bis '62). Er begann auf dem 20. Parteitag 1956 mit einer stalinistischen Entstalinisierung. Abbau des GULAG. Liberalisierung. Halbherzige Demokratisierung. »Tauwetter«.
Cremer, Fritz (*1906). DDR-Bildhauer. Sein kitschigstes Werk: Das Buchenwalddenkmal. Sein bestes Werk: »Deutschland, du bleiche Mutter« im ehemaligen KZ Mauthausen.
De Maiziere, Dr. Lothar (*1940). Bratscher, Rechtsanwalt und erster demokratisch gewählter Ministerpräsident der DDR. Stasi? Für ihn lege ich meine Hand ins gelöschte Feuer.
Deutscher, Isaak (1907-1967). Polnischer Kommunist. Historiker, der in der Emigration antistalinistische Biographien über Trotzki und Stalin schrieb und Analysen der russischen Revolution lieferte, die uns die Augen öffneten.
Diestel, Dr. Peter-Michael (*1952). Innenminister unter
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de Maiziere, der sich als Stasiauflöser Verdienste erwarb, leider nur bei der Stasi.
Dubcek, alexander (* 1921). Populärer radikaldemokratischer Reformkommunist und Chef der KP in der CSSR zur Zeit des Prager Frühlings. 21 Jahre lang kaltgestellt. Seit 1990 demokratisch gewählter Parlamentspräsident.
Dzierzynski, feliks (1877-1926). Polnischer Adliger. Großrussischer Chauvinist. Massenmörderischer erster Chef der Tscheka und Mielkes Vorbild. Starb in Moskau auf der Barrikade, als sie sich schon in ein Rednerpult verwandelt hatte.
Eluard, paul (1895-1952). Lyrischer Lyriker in Frankreich. Picasso-Freund. Marmorrose und Eisenrose, Kohlenrose und Löschpapier-Rose, Wolkenrose und kommunistische Parteinelke.
Eppelmann, Rainer (* 1943). Vom eindeutig oppositionellen Pfarrer zum zweideutigen Verteidigungsminister der Regierung de Maiziere. Hat an der Macht geleckt wie an einer Droge.
Fuchs, Jürgen (* 1950). Schriftsteller und Psychologe. Enger Freund von Havemann, wurde 1977 aus der Haft ohne Prozeß in den Westen gepreßt. Die Repressalien der Stasi gegen ihn gingen in Westberlin verstärkt weiter. Er hatte sie redlich verdient.
Greiner, Ulrich. Der beste Feuilletonchef aller ZEIT-Zeiten, weil er mir gelegentlich zwei Seiten Platz freischaufelte für die Texte in diesem Buch.
GULAG - System sowjetischer KZs. Zumeist nicht Vernichtungslager (wie z.B. Auschwitz), sondern Arbeitslager, in denen aber Millionen Menschen vernichtet wurden. Auflösung des Gulag seit dem XX. Parteitag der KPdSU.
Gysi, Dr. Gregor. Sartre schrieb auch für ihn: Wir beurteilen die Menschen nicht danach, was aus ihnen gemacht wurde, sondern danach, was sie aus dem machen, was aus ihnen gemacht wurde.
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Hacks, Peter (* 1928), Versierter Antiquitätenhändler, auch literarisch. Als Kammerjäger der Partei warnte er mich vor Solschenizyns Läusen in Bölls Bett. Geschickter Flickschneider, der abgetragene gute alte literarische Stoffe wendet.
Hagen, Eva-Maria (* 1934). Gute Schauspielerin und hinreißende Liedersängerin. Mutter der genialischen Nina und Lebensgefährtin des Philosophen Siegfried Gerlich, den sie zum Klavierspielen mißbraucht.
Hager, Kurt. Opfer. Ideologiechef der Partei. Der einzige Intellektuelle im Politbüro. Ging in die deutsche Geistesgeschichte als »Tapeten-Hager« oder auch »Tapeten-Kutte« ein.
Havel, Vaclav (* 1936). Als Heizer, Häftling und Staatspräsident zweckentfremdeter Dramatiker.
Havemann, Katja. Witwe von Robert Havemann. Nach seinem Tode war sie der unauffällige Mittelpunkt der DDR-Opposition. Mitbegründerin des Neuen Forums.
Havemann, Robert (1910-1982). Mein engster Freund, Lehrer, Genosse und Kumpel in den schweren Jahren. Wichtig sein Buch: »Dialektik ohne Dogma«. Er wurde 1943 zum Tode verurteilt, 1965 zum Schweigen, 1976 zum Hausarrest.
Heartfield, John (1891-1968). Genialer Erfinder der politischen Fotomontage, antifaschistischer Künstler. Das moralisch intakte Gegenstück zu seinem Bruder Wieland Herzfelde.
Hermlin, Stephan (* 1915). Hochkarätiger Literat und verkümmerter Dichter. Paul Verlaine schrieb ihm ins Poesiealbum: Rien de plus eher que la chanson grise ... Et tout le reste est litterature.
Heym, Stefan (*1913). Der bedeutendste deutsche Romancier unter den amerikanischen Schriftstellern und der mutigste Aufrührer unter den Feiglingen.
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Honecker, erich (*1912). Allmächtiger Kümmerling der Weltgeschichte. Den Letzten beißen die Hunde.
Höpcke, klaus (*1933). Begann seine Karriere 1965 mit einem Hetzartikel im ND gegen mich und beendete sie als Spitzenkandidat der PDS in Thüringen. Zwischendurch perfektionierte er die Zensur durch ihre Verlagerung nach unten.
Huchel, peter (1903-1981). Großer Dichter mit kleinem Werk. Legendärer Herausgeber der Literaturzeitschrift »Sinn und Form«, als sie noch Sinn und Form hatte. In den Westen geekelt.
Hugo, victor (1802-1885). Französischer Dichter. Im Roman »Die Elenden« das revolutionäre Rotzlicht auf der Barrikade: Gavroche.
HVA. Riesige Sonderabteilung im MfS für politische, militärische und wirtschaftliche Spionage im Westen.
IG-Metall. Industriegewerkschaft Metall, größte Industriegewerkschaft der Welt, einflußreichste Teilgewerkschaft in Deutschland. Wurde bevorzugt gefräst, gebohrt und gefeilt vom MfS.
Joint Venture. Ein faules Zauberwort.
Kamnitzer, heinz (* 1917). Falscher Professor und echter Scharlatan. Geprügelter bissiger Parteihund ohne Zähne. Essayistischer Flachdenker und tartüffischer PEN-Präsident der DDR.
Kant, hermann (* 1926). Vorsitzender des Verbands der Schriftsteller. Fürchtete die Partei mehr als die Musen. Ein Karl-Eduard von Schnitzler der Literatur.
Kirsch, rainer (* 1934). Zwangslyriker aus Angst vor seiner Vergangenheit. Allerletzter Vorsitzender des DDR-Schriftstellerverbandes.
Kirsch, sarah (* 1935). Weiblicher Schriftsteller. Schöne Gedichte. Sanfte Lyrik in schroffer Haltung.
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Kohl — in Rotwelsch: Unsinniges Geschwätz.
dr. helmut Kohl (* 1930). Ein Bundeskanzler der Westdeutschen, wie ihn die Ostdeutschen verdient haben.
Kopelew, lew (* 1912). Ins Exil getriebener Russe mit weißem Rauschebart. Geachteter Germanist, verfolgter Schriftsteller und unerschütterlicher Menschenfreund.
Krause, Dr. Chefunterhändler der Regierung de Maiziere. Wenn ich Kohl wäre, mit so einem hätte ich auch gern den Einigungsvertrag ausgehandelt: 100 % kein Stasi.
Krenz, Egon (* 1944). Kein Mörder, sondern ein Ermordenlasser, ein Von-allem-Nichtsgewußthaber, ein Memoirenschreibenlasser. Aber seit 1990 füttert er selbst die Enten im Pankower Bürgerpark.
Kunze, Reiner (*1933). Verfolgter Lyriker und Übersetzer. Wurde 1977 in den Westen geekelt, von uns Linken ungnädig empfangen.
Lafontaine, Oskar (* 1943). Eigensinniger heller Kopf. Saarländischer Ministerpräsident und glückloser Kanzlerkandidat der SPD z. Zt. der deutschen Vereinigung.
LPG. Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft nach dem Modell der sowjetischen Kolchose. Die Zwangskollektivierung wurde in der DDR 1960 abgeschlossen.
Meckel, Markus (* 1953). Noch'n Pastor aus Pastorenfamilie. Er geriet als Außenminister der Regierung de Maiziere in die Politik, d. h. in die Gruppenfotos der Zeitgeschichte.
Mfs. Ministerium für Staatssicherheit, im Volksmund »Stasi«, »Horch, Guck und Greif«, »Die Firma«, »Memphis« u. a.
Mielke, erich (* 1907). Schuldlos und unverstanden. Liebender ohne Gegenliebe. Passionierter Jäger von oppositionellen Kommunisten und Anarchisten in Spanien, von Wildschweinen und Andersdenkenden in der DDR.
Mittag, Günther (* 1926). Kein Nazi geblieben, kein Kommunist geworden. Politbüro seit 1966. Wehrwirtschaftsführer der Partei. Kontrolliert nur von Honecker, der nichts verstand.
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Modrow, Hans. Chef der SED-Bezirksleitung Dresden, weniger verhaßt als seine Kollegen, weil er bescheidener gelebt haben soll. Deckte den Rückzug als Ministerpräsident der Übergangsregierung bis zu den ersten freien Wahlen im März 90.
Momper, walter. Volkstümlicher SPD-Bürgermeister Berlins ohne ideologischen Klimbim z. Zt. der deutschen Wiedervereinigung. Kann mit den Grünen wie mit den Schwarzen.
Müller, heiner (* 1929). Hat selber gemerkt, daß er der größte Dramatiker der Deutschen ist. (Nach Brecht, das weiß er auch.)
Neues Forum. Erste und entscheidende gewaltlose demokratische Bürgerrechtsbewegung der DDR-Opposition. Wollte partout keine Partei werden. Aufgeblüht 1989, vertrocknet unter der Sonne des historischen Erfolgs.
Neutsch, erik (* 1931). Parteischreiber mit großen historischen Stoffen und leider nur tagespolitischem Verstand. Er lieferte den Stoff für den Film »Spur der Steine« und für Heiner Müllers »Der Bau«.
Novak, helga (* 1935). DDR-Kind. Isländisches Fischweib. Plebejischer Radikalmensch. Männliche Schriftstellerin. Schöne Gedichte, die schönsten Balladen und Prosa.
Orwell, george (1903-1950). Wer seinen berühmten Roman »1984« liest, sollte wenigstens nachher sein Buch über den Spanischen Bürgerkrieg lesen: »Mein Katalonien.« Sonst kommt kein Fleisch aufs totalitäre Gerippe.
Paris, ronald (* 1933). Ein parteidummer van Gogh, auf Leonardo gestylt, der aber schöne Bilder malte. Der mein Freund war, bis er mir eine ekelhafte Nacht lang den Einmarsch in die CSSR verklärte.
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PDS. Endlager für unbelehrbare Altstalinisten, romantische Endmoränen der kommunistischen Eiszeit, neulinke Kinder, unerschrockene Geldakrobaten, blauäugige Rote, Immobilienspekulanten und knallharte Seilschaften.
PolPot (* 1928). Weltrekordler im Völkermorden. Reinkarnation Lenins als Krokodil. Steinzeitstalinist in Kambodscha. Brachte in einmalig kurzer Zeit sein halbes Volk um.
Reich-Ranicki, marcel (* 1920). Der größte deutsche Literaturkritiker, weil er entdeckt und den elitären Banausen verraten hat, daß meine Lieder Gedichte sind.
Rousseau, jean-jacques (1712-1778). Französischer Menschheitsretter und Findelhauslieferant aus Genf.
Runder Tisch. Die originellste polnische Erfindung der DDR überhaupt. Diskussions- und Entscheidungsgremium, in dem sich 1989/90 Vertreter des alten SED-Regimes und der Opposition trafen.
Schabowski, günter. Letzter Chef der SED-Bezirksleitung Berlin, lernte am 4. November auf dem Alex zum ersten und letzten Mal das Volk kennen.
Schädlich, hans joachim. Kein Großschriftsteller. Schrieb das tolle Buch »Versuchte Nähe« und wurde in den Westen getrieben, wo es ihm zuerst die Sprache und die Schreibe verschlug. Nun kann er wieder.
Schalck-Golodkowski. Strauß-Spezi, respektabler Wirtschaftsgroßverbrecher mit weißer Weste, dickem Fell, vollen Taschen, vollen Hosen und mit angenehm erpreßbaren Freunden in Ost und West.
Scheumann, Gerhard. Privilegierter Dokumentarfilmer, der davon lebte, daß er seinen Mitbürgern in der DDR mit wahren Filmen über den schlimmen Westen was vorlog.
Schnitzler, karl eduard von (* 1918). Besonders verhaßter Propagandist des SED-Regimes, machte die zynische TV-Sendung »Schwarzer Kanal«.
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Schnur, Wolfgang. Protagonist der DDR-Opposition und entlarvter Stasi-Spitzel. Ist nicht in der Badewanne gestorben an seiner Schande. Hatte nur einen treuen Freund: Pfarrer Eppelmann. Macht weiter als Rechtsanwalt.
17. Juni 1953. Ein Proteststreik der Bauarbeiter auf der Stalinallee löste einen Volksaufstand in der DDR aus, der mit sowjetischen Panzern blutig niedergeschlagen wurde. Der Aufstand sollte das Ulbricht-Regime stürzen und - rettete Ulbricht.
Sitte, willi. Meistermaler. Hätte es auch mit dem Pinsel geschafft, berühmt zu werden. Bekleckerte sich als linientreuer Präsident des Verbandes bildender Künstler der DDR nicht mit Ruhm.
Sperber, manes (1905-1984). Psychologe, Essayist und Romancier, der schon für uns schrieb, als wir ihn noch nicht kennen durften. Geistiger und moralischer Haltepunkt im Kuddelmuddel der Geschichte.
Tetzel, johannes (1465-1519). Legendärer Ablaßhändler des Papstes. Schamloser und erfindungsreicher Geldeintreiber. Er provozierte Luther zu seinen »Thesen«.
Ulbricht, walter (1893-1973). Staats- und Parteichef der DDR bis kurz vor seinem Tode. Treuergebener Stalinist. Verlachter Sachse und gefürchteter Meister des Partei-Apparats.
VEB. Wörtlich: Volkseigener Betrieb. In Wirklichkeit Staatseigentum, bzw. feudalistischer Parteibesitz.
Vollmer, antje (* 1943). Pastorin mit zitternder Stimme und starkem Herz, die schon immer eigene Wege zu den Menschlein ging. Bis 1990 Bundestagsabgeordnete und eine der wenigen Leuchten im dunklen Wald der Grünen.
Wallraff, günter (* 1942). Echtfalscher pazifistischer Waffenschieber, eingeschleuster BILD-Reporter, getürkter Türke, erschütterlicher Menschenfreund. Verpfuscht als dilettierender Steinbildhauer auf der Kanarischen Insel Lanzarote Gottes Henry-Moore-Plastiken aus meergewaschenem Lavagestein.
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Werner, Prof. Dr. Michael (* 1946). Heine-Forscher, sitzt in der Ecole Normale an der Quelle mit den Original-Manuskripten in Paris und schreibt DAS Buch über Heinrich Heine.
Wolf, Christa (5;" 1929). Von Kleinkarierten kleingemachte gebeutelte Schriftstellerin, die manchmal zu feige war und meistens für ihr eigenes Herz viel zu mutig.
Wolf, Markus. Sohn des Dramatikers Friedrich Wolf, Bruder des Filmregisseurs Konrad Wolf. Er selber ist auch was: seit Urzeiten Spionage-Chef der HVA im MfS. Sprang vor zwei Jahren vom sinkenden Schiff, aber kommt an kein Ufer.
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