Inhalt
"Wohlstand" nach der Vielfachkatastrophe
- Einleitung von
Manfred Wolf (5-6) (Sprecher der Öko-Plattform-PDS) (1936-2017, 81)
1. Kapitel: Die drohenden Katastrophen
#
Die Klimakatastrophe #
Überbevölkerung und Hungerkatastrophe
2. Kapitel: Grünes Auto oder "Solarauto"?
3. Kapitel: Zukunftsgerechte Landwirtschaft in Deutschland
4. Kapitel: Das zukunftsgerechte Einfamilienhaus
Rücktext
Der Band zeigt
auf, wie wir allmählich in eine existentielle Krise rutschen, weil wir
die Ökosphäre immer unverantwortlicher mit unserem Handeln plündern,
potenziert durch die kapitalistische Hebelwirkung und damit verbundene
Wirtschaftskraft. Absehbar ist, wir müssen uns damit auseinandersetzen,
wie wir in dieser vielfachen Katastrophe, die wir jetzt anrichten,
künftig existieren wollen. Folgen von Finanzspekulationen, durchbrochene
ökologische Traglasten, zunehmende Öl- und Ressourcenknappheit, soziale
Degradierung, kriegerische Aktivitäten und andere Faktoren legieren sich
zu Krisenherden mit völlig unkalkulierbaren Effekten. Das vorliegende
Buch behandelt über weite Strecken ökologische Szenarien und Schritte,
wie wir mit weniger materiellen Gütern, alternative Optionen beschreiten
könnten. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf ökologische
Landwirtschaft gelegt, einem anderen Individualverkehr und
umweltgerechtem Wohnen.
Götz Brandt
Jahrgang 1931, von Beruf Landwirt, studierte Agrarwissenschaften an der
Humboldt-Universität zu Berlin. Fünf Jahre Praxis als Vorsitzender einer
Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft. Aspirantur zum Dr. agr.
und Dr. agr. habil., 1966 Dozent für die Mechanisierung der
Nahrungsgüterproduktion, 1968 Berufung zum Professor und Direktor des
Instituts für landwirtschaftliches Maschinen- und Bauwesen an der
Humboldt-Universität zu Berlin. Wechsel zur neugegründeten
Ingenieurhochschule für Landtechnik in Berlin als Professor für
landwirtschaftlichen Anlagenbau. Lehrbuch „Landtechnische Anlagen“.
Disziplinarische
Abberufung als Professor 1975.
Abteilungsleiter
Anlagenbau im Kombinat für landtechnische Instandhaltung, später
Tätigkeit in der Bauakademie der DDR, Institut für Technologie und
Mechanisierung als Forschungsgruppenleiter. Promotion zum Dr.-Ing. auf
dem Gebiet der Wärmebehandlung von Beton.
Rehabilitierung
nach der „Wende“ und Anerkennung als politisch Verfolgter für den
Zeitraum 1975 bis 1990.
Zuerkennung des
Titels „Professor“ durch die Humboldt-Universität zu Berlin.
1990
Kaufmännischer Direktor der Bauakademie. Nach der Abwicklung Mitglied
der Geschäftsleitung in der Bauunternehmung Kesting. Nach dem Ableben
des Firmeninhabers Landesbeauftragter für Berlin/Brandenburg der Fa. Dr.
Krantz Sozialbau und Betreuung GmbH & Co. KG.
Er gab den Band
„Die Abwicklung der Bauakademie der DDR. Dokumentation aus eigenem
Erleben“ heraus, der 2003 im Trafoverlag erschien. Zuletzt arbeitete er
im Sprecherrat der Ökologischen Plattform bei der LINKEN mit und
publizierte zahlreiche Broschüren und Texte zu Umweltthemen. Er
veröffentlichte den Band „Ökologische Umbrüche und Technik. Leitlinien
für eine ökologische Linke“.
Interview
2013
Götz
Brandt und Marko Ferst zum Buch
umweltdebatte.de
Marko Ferst
Disput,
Ausgabe Nr.9/2013
Du
hast ein neues Buch zur Verflechtung der verschiedenen Krisenfaktoren
geschrieben, etwa der Finanzspekulationen mit Verwerfungen des Klimas und
zur Neige gehenden Rohstoffvorräten nicht nur beim Öl. Was ist das
Anliegen?
Die
auf uns zukommende Vielfachkatastrophe wird von den Politikern aller
Parteien in ihrer Gefahr für den Fortbestand der Menschheit entweder
als politisches Problem nicht wahrgenommen oder in seiner Bedeutung
heruntergespielt. Da ist es notwendig, dazu eine
politische Streitschrift zu veröffentlichen, denn innerhalb einer
einzigen Generation kann es zu apokalyptischen Zuständen kommen.
Welche
Komponenten hat die vorhergesagte Vielfachkatastrophe?
Allen
voran ist die Erderwärmung zu nennen, die bereits nach Meinung vieler
Wissenschaftler viele Kipp-Punkte überschritten hat und irreversibel
geworden ist. Aber auch das Artensterben, die Entwaldung, die
Wüstenbildung, die Erschöpfung der Fischreserven der Ozeane, die
Luftverschmutzung, die Wasserknappheit- und Verschmutzung, die
Bodenerosion, der Peak Oil und die Weltnahrungsmittelkrise sind
Komponenten dieser Vielfachkrise, deren Zusammenwirken und
Potenzwirkungen weitgehend unerforscht sind.
Warum
sagt denn keine Partei den Wählern die Wahrheit über die Zukunft ihrer
Kinder und Enkel?
Die
Legislaturperioden sind im Verhältnis zu den langfristig wirkenden
Krisenerscheinungen zu kurz, um das als politisches Problem bei den
Wählern vermarkten zu können. Niemand will sich mit Unkenrufen
unbeliebt machen. Es ist auch schwer vermittelbar, dass es in Zukunft
mit dem Wohlstand ständig bergab gehen wird. Deshalb sind alle Parteien
damit beschäftigt, Vorschläge zu machen, wie denn das Ende des
Industriekapitalismus aufzuhalten und man diesen stabilisieren kann. Der
Untergang unserer Zivilisation wird nicht thematisiert, obwohl das im
Mittelpunkt jeder Politik stehen müsste. Da macht auch DIE LINKE keine
Ausnahme.
Wann
wird denn die Vielfachkatastrophe gravierenden Auswirkungen auf unser
Leben haben?
Die
genannten Komponenten der Vielfachkatastrophe werden bereits in den
kommenden Jahrzehnten wirken, beginnend vor allem in den Ländern, die
sie nicht verursacht haben etwa in Afrika und Südostasien. Im
vergangenen Sommer war der arktische Ozean soweit von Eis befreit wie
nie zuvor, aktuelle Hochwasserfluten, hatten auch mit Starkregen zu
tun und dieser mit höheren Temperaturen. Dass schon im Vorfeld der
Klimakatastrophe die Finanzmärkte und Währungen erodieren und dann
zusammenbrechen werden, ist fast vorhersehbar.
Ist
an der Vielfachkatastrophe der Industrialismus schuld
oder das kapitalistische Wirtschaftssystem?
Die
Strategen des Kapitals wollen uns weismachen, dass in erster Linie der
nimmersatte Konsument die Natur schädigt und wenn dieser sich
einschränkt, die Welt gerettet werden kann. Aber Schuld an den
zukünftigen Krisen ist zugleich der Kapitalismus als Wirtschaftssystem.
Die Jagd nach dem Maximalprofit kennt keine Rücksichten auf die Natur
und die Menschen. Die Beanspruchung der Naturressourcen ist für den
Kapitalisten gratis, es sind, wie Marx schon erkannte, für ihn „Gratisnaturproduktivkräfte“.
Alle Schäden in der Natur, die von der Industrie angerichtet werden,
soll der Staat reparieren und bezahlen. Die Globalisierung vertiefte und
beschleunigte diesen Prozess der Naturzerstörung. Der Industrialismus
war auch in den sozialistischen Ländern eine der Ursachen der dortigen
Krise und der kapitalistische Industrialismus führt die Katastrophen
noch schneller und in massiverer Form herbei.
Früher
oder später werden die internationalen Handelsstrukturen
zusammenbrechen, weil es auf Grund des Ölmangels und höherer Ölpreise
keinen billigen Transport mehr gibt. Wie kann man die Gesellschaft darauf vorbereiten?
Die
Exportnation Deutschland wird es besonders hart treffen, weil wir sowohl
beim Import von Energieträgern als auch von Rohstoffen stark vom
Weltmarkt abhängig sind. Zumindest in der Energiegewinnung könnte sich
Deutschland schnell auf erneuerbare Energieträger umstellen, weil
sowohl die Industriekapazität als auch die das technische Knowhow
vorhanden sind. Die Regierung genehmigt aber, neue Kohlekraftwerke zu
bauen. Auch könnte sich die Landwirtschaft schnell umstellen, um eine
autarke Lebensmittelversorgung zu sichern. In der DDR war es möglich,
die Bevölkerung aus eigener Landwirtschaftsproduktion zu versorgen. Das
ist heute von der Regierung nicht gewollt. Das Beispiel der Entwicklung
und Produktion von Elektroautos, die mit erneuerbarer Energie getankt
werden, zeigt, dass weder die Industrie noch die lobbygelenkte Regierung
das ernsthaft wollen. Die Autoindustrie ist nicht einmal bereit,
vorrangig 3-Liter-Autos zu produzieren.
Was
rätst du jungen Leuten, die in der LINKEN ökologisch-soziale Positionen
voranbringen wollen?
In
der Jugendorganisation Solid gibt es viele Mitglieder, die aus einer
antikapitalistischen Grundeinstellung heraus ökologische Standpunkte
vertreten. Ich rate, sich zu informieren, wie das Kapital systematisch
und zunehmend unsere Lebensgrundlagen zerstört und darauf aufbauend
breite Schichten der Jugend zum antikapitalistischen Kampf nicht nur
gegen die Finanzwelt oder für soziale Gerechtigkeit zu begeistern,
sondern auch für den Kampf um den Erhalt unserer Biosphäre und damit
der langfristigen sozialen Sicherheit.
Nach
der Bundestagswahl bekommen wir gewiss keinen Ökokanzler. Wäre es
anders, was sollte vordringlich umgesetzt werden?
An
erster Stelle müsste die erneuerbare Energie innerhalb von 10 Jahren
die Versorgung mit Strom zu 100 % sichern. Parallel dazu gehört
der Neubau von Kohlekraftwerken verboten. Alle restlichen Atomkraftwerke
sind stillzulegen und zurückzubauen. Die Stromerzeugung aus Kohle und
Uran gehört untersagt, so sollte es im Grundgesetz stehen. Der Ausbau
des ÖPNV muss absoluten Vorrang haben, die weitere Zerschneidung der
Landschaft durch Autobahnen und Straßen unterbunden werden.
Elektroautos und Pedelecs, getankt mit erneuerbarem Strom, sollten dort
eingesetzt werden, wo der öffentliche Verkehr nicht hinkommt.
Benzinautos müssen von der Straße verschwinden. Der Wehretat kann
mindestens um die Hälfte reduziert werden und die freiwerdenden Mittel
für die genannten Aufgaben eingesetzt werden.
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