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9. Therapie in Gruppen

 

 

207-240

Therapie findet zwischen Menschen statt. Die in den beiden vorangegangenen Kapiteln erläuterte intensive Einzeltherapie ist nicht die einzige von uns angewandte Therapieform. Um das Niveau des Fühlens und der Integration anzuheben, haben wir zwei Arten von Gruppenstrukturen: Feelinggruppen und Realitätsgruppen. Im Rahmen der Gruppe bleiben die Vorgänge des Aufspürens von Gefühlen, der Proaktion und des Unwirk­sammachens von Retrogression dieselben. Da die Feelingtherapie transformativ ist, wird dem Patienten geholfen, gänzlich die Verantwortung für sich zu übernehmen, und Gruppen helfen ihm, dies zu realisieren.

Wir werden uns auf eine kurze Erörterung der Feelinggruppe beschränken, da sie weitgehend der Erfahrung der Einzeltherapie gleicht. Die Realitätsgruppe dagegen ist eine genuine Erweiterung unserer Therapie; wir werden daher später in diesem Kapitel ausführlich auf sie eingehen.

 

  Die "Feeling"-Gruppe  

Bei diesen Gruppen geht der Patient in einen Behandlungsraum und hilft sich zunächst selbst, seine Gefühle aufzuspüren und seinem Nichtfühlen entgegenzuarbeiten, so wie er es bei seinem Therapeuten gelernt hat. Eine Gruppe besteht in der Regel aus zwanzig bis fünfundzwanzig Patienten, fünf erfahrenen Therapeuten und fünfzehn bis zwanzig Therapeuten, die in der Ausbildung stehen. Bald nachdem sich der Patient hinlegt, arbeitet einer der Therapeuten (jeder Patient wird von einem Therapeutenteam betreut, bestehend aus drei bis fünf Therapeuten) mit ihm und setzt die Therapie fort. 

Der Therapeut arbeitet individuell mit dem Patienten und wird, in Abhängigkeit von dem jeweiligen Gefühlsniveau, auf eine Äußerung drängen oder dem Patienten eine Übung, um zu fühlen, geben. Der einzige Unterschied bei "Feeling"-Gruppen ist der, daß der Patient sich ohne die ständige Anwesenheit seines Therapeuten in tiefere Gefühlsebenen hinein auf der Spur bleibt.

Feeling-Gruppen-Sitzungen dauern zwischen drei und vier Stunden, von denen der Therapeut ein- bis eineinhalb Stunden mit dem Patienten arbeitet; anschließend treffen sich alle Patienten und Therapeuten zur Besprechung der abendlichen Sitzungen.

Wenn dem Patienten eine Übung, um zu fühlen, gegeben wird, geschieht dies einfach deshalb, um ihn zu zwingen, mit seiner Abwehr Kontakt aufzunehmen. Wird die Abwehr gefühlt, dann kann sich der Patient einem vollständigen Ausdruck seiner Gefühle annähern; falls nicht, wird der Patient so tief wie möglich in Schichten seines Unsinns gedrängt, damit die Abwehr erkannt und nicht als Leben ausagiert wird.


Für emotional geordnete Menschen, die Offenheit und Aufgeschlossenheit aufrechterhalten, ist jede Situation eine Situation des Fühlens und jeder Augenblick ein Augenblick des Fühlens. Dies gilt indes nicht für einen neuen Patienten oder einen älteren, der noch abwehrt. 

Wir überwinden Abwehrmechanismen auf zweierlei Weise: (1) Der Therapeut reagiert Augenblick-für-Augenblick oder (2) er schafft eine Situation des Fühlens bzw. eine Übung um zu fühlen, innerhalb derer die Möglichkeiten zu neuartiger Wahrnehmung und neuem Ausdruck klar gemacht werden.

 

In einem Augenblick des Fühlens wird das bisher Verdeckte durch die innere Transformation des Patienten — von der Abwehr hin zum Fühlen — zum Ausdruck gebracht.

In einer strukturierten Situation des Fühlens wird der potentielle Augenblick des Fühlens durch den Therapeuten zum Ausdruck gebracht; man könnte es als Spiel, Technik oder Übung bezeichnen, aber es ist wichtig zu verstehen, daß in der Feeling Therapie dies der Ausgangspunkt dafür ist, über die Übung hinaus zu integralen Gefühlen zu gelangen.

Wir unterscheiden zwischen spezifischen Gefühlen, die durch ein Ereignis in der Gegenwart hervorgerufen werden, und ursprünglichen Gefühlen, deren Konstellation sich aus einer Reihe von Ereignissen aus der Vergangenheit ergibt; vollständiger Ausdruck ist nur bei einem spezifischen Gefühl möglich, das auf irgendwelche ursprünglichen Gefühle zurückverfolgt wird.

Wir können ebenfalls unterscheiden zwischen generellen Empfindungen, Bedeutungen und Äußerungen, die sich auf generelle Konstellationen ursprünglicher Gefühle beziehen, und spezifischen Empfindungen, Bedeutungen und Äußerungen, die miteinander in Einklang gebracht werden müssen, ehe eine vollständige Gefühlsfreisetzung auftreten kann.

Bei Übungen, um zu fühlen, arbeiten wir mit generellen Bedeutungen. Empfindungen und Äußerungen, die für nahezu alle Menschen gelten. 

Zum Beispiel:
"Es tut mir weh, zurückzuhalten." 
"Ich habe Angst, alles zu sagen." 
"Ich möchte nicht, daß du meine Schwäche siehst."

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Der Therapeut setzt in Feeling-Gruppen und Einzelsitzungen in der Regel bei dem an, was der Patient über sich und sein Leben erzählt. Das Hauptaugenmerk liegt auf spezifischen Übereinstimmungen von Gefühlen und deren Ausdruck, die sich aus spezifischen Ereignissen des individuellen Lebens ergeben. An einem bestimmten Punkt der Sitzung arbeitet der Therapeut vielleicht an der Abwehr des Patienten, indem er ihm eine Übung, um mehr zu fühlen, vorgibt, aber er beginnt beim Spezifischen und kehrt zu ihm zurück.

Die Übungen in der Feeling-Gruppe dienen dazu, im Patienten bestimmte Körpergefühle zu intensivieren, seine Wahrnehmung für persönliche Bedeutungen zu steigern, seinen Ausdruck zu erhöhen oder seine Abwehr zu übertreiben. Es sind lediglich Übungen — sie sind keine Therapie und ganz bedeutungslos, wenn man sie anwendet, als käme ihnen eine gewisse heilende Wirkung zu. Eine Übung, um mehr zu fühlen, hilft einem bestimmten Patienten in einem bestimmten Moment bei seinen eigenen Gefühlen und Abwehr­vorgängen. Die Übung ergibt sich aus dem, was für das Individuum spezifisch ist; sie soll ihm helfen, sich selbst zu fühlen.

 

Solche Übungen in Feelinggruppen ermöglichen es dem Patienten, von seinem gegenwärtigen Verhalten zu seinem früheren, von seiner gegenwärtigen Abwehr zu seiner früheren hinüberzugehen. Wenn die früheren Abwehrvorgänge nie gefühlt werden, weiß der Patient nie, wie er wirklich war, und hat infolgedessen nie die Möglichkeit, sich zu verändern. 

Eine Patientin zum Beispiel erlebte, wie schwierig es ist zu fühlen, und sie gab an, sie spüre, daß sie langsam <entschwinde> und im Raum den Kontakt zum Therapeuten verliere. Ihr wurde gesagt, sie solle es geschehen lassen. Als Übung war dies von einer spezifischen Bedeutung für sie in der Gegenwart, als sie es sich erlaubte, von ihren realen Gefühlen wegzugehen, zu entschwinden, und aufhörte, standhaft zu sein. 

Zuerst hatte sie Angst davor, sich <entschwinden> zu lassen, aber dann wurde sie sehr schnell immer trauriger. Nachdem sie viele Abwehrschichten gegen das Fühlen durchdrungen hatte, hatte sie das Gefühl, buchstäblich in der Wand zu verschwinden. Ihr früheres Totsein verwandelte sich in Entsetzen und Einsamkeit, als sie ihren Therapeuten anflehte, er solle verhindern, daß sie zu einem Teil der Wand werde.

Natürlich hört sich das verrückt an, aber für diese Patientin war diese Erfahrung in diesem Moment vollkommen realistisch. Sie ist verrückt, als sie entschwindet, und sie wurde von ihren Eltern verrückt gemacht, als diese sie wie einen unbelebten Teil des Hauses behandelten. Sie rief: "Bitte hilf mir, das passiert wirklich. Bitte laß nicht zu, daß mir das passiert". Sie war vollständig regrediert und in ihre Vergangenheit übergewechselt. Indem sie ihre Eltern bat, Kontakt mit ihr aufzunehmen und sie nicht wie eine Wand oder ein Möbelstück zu behandeln, begann sie zu fühlen, wie, weh es tut, daß man sie <entschwinden> läßt.

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Das vollständige Gefühl der Patientin in diesem Beispiel läßt die Übung als das erscheinen, was sie ist — eine überleitende Technik. Als sich ihr Gefühl vertiefte, rief sie abwechselnd zu ihrem Therapeuten und ihren Eltern. Schließlich half ihr der Therapeut, sich langsam von der Wand zu entfernen. Jetzt war ihr Gefühl, das durch die Abwehr, "in der Wand zu entschwinden", verborgen wurde, überwältigend. Sie konnte sich nur ein paar Zentimeter von der Wand entfernen und sich dennoch fühlen — das war derart angsterzeugend. Nachdem sie diese massive Gefühlsverwirrung und die Wahrheit des Fühlens erlebt hatte, konnte sie zwar nicht als ein völlig offener und freier Mensch leben, aber als eine Frau, die gekämpft und ein paar Zentimeter ihres Lebens zurückgewonnen hatte. Alles andere wäre eine Vortäuschung, bis sie in weiteren Sitzungen mehr zu fühlen vermag.

Übungen, um zum Fühlen zu gelangen, rufen im allgemeinen in unseren Patienten Gefühle hervor. Die Technik ist tatsächlich nichts anderes, als die Reaktion des Therapeuten auf den Patienten in gerade dem Augenblick und der Situation. Im folgenden schildern ein Therapeut und im Anschluß daran sein Patient ein bestimmtes Erlebnis. Zunächst der Therapeut:

"Ich hatte bereits fast eine halbe Stunde mit Lou gearbeitet, und er war total verschlossen und wehrte wie verrückt ab. Da ich seit über einem Jahr sein Therapeut war, verwunderte es mich, daß er derart zurückhielt. Er redete ununterbrochen davon, daß er die Menschen hasse und die "Scheiße aus ihnen herausprügeln wolle". Dies war eine frühere Abwehr von ihm, die ich gut kannte, denn als er am Anfang zum Center kam, war er durch seine Milieuerfahrungen in Newark sehr verändert. Hinter dieser Abwehr von <Knallhärte> verbarg sich ein wirklich sanfter und liebevoller Mensch. Er tobte und schimpfte weiterhin auf die Menschen, und als er meine Reaktionen nicht mehr ertragen konnte, schrie er mich an, ich solle aufhören oder er würde sonst auch aus mir die Scheiße herausprügeln. An diesem Punkt forderte ich ihn auf, aufzustehen und mir ins Gesicht zu sehen."  

Nun schildert Lou, was geschah:

Als Jerry mir sagte, daß ich aufstehen und ihn anschauen sollte, spürte ich, wie ich weiche Knie bekam; ich dachte, meine Güte, was ist denn jetzt los. "Bleib hier stehen", sagte er, "und schau mir direkt in die Augen". Es fiel mir schwer - wenn ich versuchte, mit ihm Augenkontakt zu halten, merkte ich, daß ich weinen würde, aber ich wußte, nicht warum. Er sagte dauernd: "Sieh mich an, schau mir direkt ins Gesicht.  

Jedesmal, wenn ich mit meinen Augen wegzuckte, forderte er mich auf, ihn anzusehen. Dann sagte er: "Jetzt möchte ich, daß du langsam diese Hand hebst und weiter daran denkst, daß du die Scheiße aus mir herausprügeln willst". 

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Ach du lieber Himmel, dachte ich, das geht doch nicht — ich kann ihm doch nicht weh tun. Er sagte: "Nun schlag mir so fest du kannst ins Gesicht. Na. los", schrie er. Ich erhob meine Hand und sah seine Augen - sie blickten mich fortwährend an. Innen drin weinte ich. "Jetzt!" schrie er, "Los jetzt!" Ich spürte, daß ein entsetzlicher Schrei aus meinem Mund kam,' als ich meine Hand zu einem Schlag ausholte. Ich weinte und weinte mit schmerzhaftem Schluchzen. Ich konnte sein warmes Gesicht an meiner Hand spüren, und ich öffnete ein- oder zweimal meine Augen und sah, daß er mich immer noch direkt anschaute. Dann erhob ich meine andere Hand und berührte seine Wange. Ich schluchzte und fühlte, daß ich kaum noch aufrecht stehen konnte. Ich wußte, welche Worte ich sagen wollte, und Jerry sagte dann: "Sag es!" — "Ich will dir nicht weh tun", schluchzte ich, "ich will dir nicht weh tun — ich will niemandem weh tun. Ich fühle mich nur so schlecht". Ich ließ mich gegen ihn fallen und konnte spüren, wie er mich festhielt, und ich weinte immer heftiger."  

Hier hat der Therapeut Lou gezwungen, seine Abwehr als ein Mittel zu fühlen, über das man zu einem echten Gefühl vorstoßen kann. Von dem Punkt aus, als in Lou das Gefühl aufkam: "Ich fühle mich schlecht", konnte ihm Jerry helfen, mehr von diesem Gefühl zu äußern. Schließlich wird er Lou zu dem spezifischen Gefühl führen. Er akzeptiert nicht die Abwehr des "knallharten Burschen", denn er kann fühlen, daß es kein vollständiger Ausdruck ist.

Gefühlsgruppen stellen den Rahmen dar, innerhalb dessen der Patient die Grundlagen der Feeling Therapie, mit denen er während der Intensivtherapie vertraut wurde, weiter ausbaut. Wenn sich ein Patient fühlen, seine Abwehr und Gefühle aufspüren und eine Wahl treffen und einen wirklichen Augenblick der Wahl aufrecht­erhalten kann, beginnt er, wirklich für sich selbst zu sprechen.

 

Die Realitätsgruppe  

Es mag sich anmaßend anhören, wenn wir behaupten, daß wir wissen, was Realität ist — wir glauben es zu wissen. Realität ist der Ausdruck vollständigen Fühlens — sie ist seelische Gesundheit. Wenn etwas anmaßend ist, dann ist es das Bemühen um ein gesundes Leben in einer durcheinandergeratenen Welt.

Eine Realitätsgruppe besteht aus zehn bis fünfzehn Patienten, die alle etwa zur gleichen Zeit mit ihrer Intensivtherapie beginnen und sich einmal wöchentlich mit einem Therapeuten treffen.

Realitätsgruppen sind der Kern einer auf Gefühlen basierenden Resozialisierung — den Patienten wird geholfen, sich einander zu öffnen, sie werden ermutigt, sich aus Gefühlen heraus zu antworten und mehr für sich und mit anderen zu fordern. Sie werden sich künftig aufeinander und insbesondere auf die Gültigkeit ihrer eigenen Gefühlsempfindungen und Gefühlsbedeutungen verlassen.

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Die Realitätsgruppe vermittelt die Übertragung des Fühlens ins Leben — sie fördert die Transformation. Wir erkannten frühzeitig in der Feeling-Therapie, daß es leicht war, abzureagieren; um aber diese neu freigesetzten Gefühle ins tägliche Leben zu übertragen, bedurfte es ebenso starker therapeutischer Bemühungen wie individueller Therapie.

 

In der einmal wöchentlich stattfindenden Realitätsgruppensitzung führt der Therapeut seine Patienten durch eine Reihe gefühlsauslösender Übungen,, die den Patienten helfen, ihr Leben auf eine reichere und tiefere Gefühlsebene auszudehnen. Während der sich über einen Zeitraum von neun bis zwölf Monaten erstreckenden Realitätsgruppentreffen nehmen die Patienten auch an einmal wöchentlich stattfindenden Liege-Sitzungen sowie an gelegentlichen individuellen Therapiesitzungen teil. Während dieser Zeit setzen sie sich mit Alltagssituationen auseinander, die in ihnen Gefühlsreaktionen auslösen. Es gibt Übungen, die die Sensibilität wecken und fördern, die Fähigkeit, Mißfallen zu äußern, die Fähigkeit, zu verlangen, was man haben will; bei anderen geht es darum, sich Freunden zu öffnen oder verborgene Triebkräfte und Wünsche herauszulassen.

Eine ganz besondere Übung heißt "Tabuwörter", bei der die Patienten solche Tabuwörter gefühlsmäßig schildern, die sie niemals ausdrücken durften — nicht obszöne Tabuwörter, sondern einfache grundlegende Wörter wie küssen, wollen, brauchen, halten, geben, nehmen, mehr, gemeinsam, etc. Andere Übungen überzeichnen die Abwehrvorgänge der Patienten, damit sie die abstumpfende und verhärtende Wirkung ihrer Abwehr in vollem Ausmaß fühlen können; wieder andere befähigen die Menschen, eine einfache Unterhaltung zu führen, sich besser um ihre Gesundheit zu kümmern, einiges von dem zu erkennen, was sie immer tun wollten, aber Angst hatten, es zu versuchen. Jedem Patienten wird also geholfen, seine Lebensgrundlage so weit wie möglich zu entfalten, fortwährend zu wachsen und sich selbst das Beste zu geben.

Die in Realitätsgruppen angewandten Gefühlsübungen unterscheiden sich völlig von denen in Feeling-Gruppen1). In Realitätsgruppen strukturiert der Therapeut generalisierte Übungen, aber er hilft jedem Patienten, zu erkennen, wie er seine eigene Verrücktheit und die seiner Mitmenschen aufrechterhält. Die Übung könnte ganz einfach darin bestehen, die Gruppe aufzufordern, "sich eine Stunde lang anzulügen". Eine Stunde ununterbrochenen Lügens zeigt rasch, wie viel täglich gelogen wird. Oder der Therapeut fordert die Gruppe auf, "untereinander keinen Kontakt aufzunehmen", um deutlich zu machen, wie wenig Kontakt die Gruppenmitglieder ertragen. 

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Ganz gleich, um welche Übung es sich handeln mag, sie ergibt sich aus den Interaktionen, die bereits in der Gruppe stattfinden. Die Übung bringt das Gefühlsniveau der Gruppe ins Lot. Wenn die Gruppe weitergeht und von ihren Mitgliedern mehr Realität verlangt, sind die Übungen Vorbereitungen für individuelle Augenblicke der Wahl.

Auf den ersten Blick scheinen diese Übungen dem zu ähneln, was in Sensitivitätssitzungen an Growth Centern geschieht; jede Ähnlichkeit ist indes rein oberflächlich. An solchen Centern sind diese Spiele oder Übungen der Endpunkt einer Erfahrung; in der "Feeling" Therapie sind sie der Ausgangspunkt das Sprungbrett für tiefere Gefühlserfahrungen. Die wirkliche Basis für diese Übungen liegt im Schaffen wiederholter, gefühlter Erfahrungen über sich im Patienten selbst. Die Patienten werden nicht angehalten, etwas zu tun, was sie noch nicht oder auf gar keinen Fall tun können. Sie werden jedoch unerbittlich an neue Grenzen herangeführt, welche sie vor der Realitätsgruppe für unmöglich gehalten hätten. 

Ein Beispiel für die Erfahrung eines Patienten:

Als Steve die Gruppe anwies, Susans Abwehr nachzuahmen und zu übertreiben, glaubte ich, daß ich dazu nicht in der Lage sei. Ich kann Susan nicht auf diese Weise weh tun. Sie ist meine Freundin. Zögernd fing ich an und hatte innerlich Angst, daß mich die Leute dafür hassen könnten, daß ich Susan verkörperte. Doch je mehr ich sie jammern und nichts als Entschuldigungen vorbringen hörte, warum sie nichts gegen ihr mieses eheliches Geschlechtsleben unternehmen könne, umso unbehaglicher fühlte ich mich. 

Sie kam einfach nicht hinter der Mauer hervor, hinter der sie sich versteckte. Je mehr ich ihr zuhörte und merkte, wie abwehrend und tot sie war, desto mehr wollte ich zu ihr durchdringen. Schließlich schrie ich sie an und zerpflückte alle ihre Entschuldigungen, und nach wenigen Minuten brach sie zusammen und begann, ehrliche Dinge zu sagen. Ich hörte Susan zu und fühlte ihre Worte. Später fühlte ich, daß es nicht schlimm ist, wenn ich jemanden anschreie an dem mir liegt, um ihn zu befreien. Nur so kann ich meine Freundin herausholen und verhindern, daß sie sich versteckt. Nur so geht es. Es war wirklich großartig. 

Es ist verrückt zu sagen: "Ich kann Susan nicht auf diese Weise weh tun", denn ich tue ihr nicht weh, wenn ich ihr die Wahrheit sage. Ich tue ihr und mir weh, wenn ich sie weiterhin die Unwahrheit sagen lasse — weil sie dann verschlossen und leblos bleibt. 

 

Die Übungen, um zu fühlen, in Realitätsgruppen sollen dem Einzelnen helfen, sich zu fühlen, wenn er mit anderen zusammen ist. Die Übungen erhöhen allgemeine Körperempfindungen, vermindern Gruppen­bedeutungen und soziale Rituale, heben das Niveau der Gruppenäußerung und übertreiben soziale Abwehrformen Die Realitätsgruppen zeigen nicht nur die Verrücktheit des Einzelnen und der Gruppe auf, sondern auch die Möglichkeit einer Gefühlsgemeinschaft. Wenn der Patient nur einen Augenblick lang spürt, was möglich ist, so ist er bestrebt, sich selbst zu öffnen, um sich nicht mehr vorzuenthalten, was er will.

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Die Realitätsgruppen dienen noch einem weiteren Zweck. Die intensiven Interaktionen dieser Gruppen zwingen jeden Patienten, sich aktiv mit seiner Verrücktheit auseinanderzusetzen. Den Abwehrformen, die er in diesen Gruppen benutzt, wird von anderen Patienten und dem Therapeuten entgegengearbeitet. Dies zwingt jeden Patienten, seine Abwehr und verworrenen Gefühle, die seine Verrücktheit aufrechterhalten, vollkommen aufzudecken, zu erkennen und durchzuarbeiten. Indem er sich auf diese Weise fortwährend mit seiner Krankheit auseinandersetzt, wird ihm bewußt, was ihn so werden ließ, wie er ist.

Die Aufgaben und Übungen, die wir unseren Patienten geben, wirken ihrem Leben aus früherem, unvoll­ständigem Ausdruck heraus entgegen. Ein Therapeut wird seinen Patienten auf der Grundlage dessen, was er über ihn weiß, zu etwas Bestimmtem auffordern. Es ist wichtig zu verstehen, daß der Zweck der Aufgabe nicht ihre Realisierung ist. Wir drängen den Patienten einfach dazu, seine Selbstunterdrückung aufzubrechen, indem er das tut, was seiner Verrücktheit entgegengerichtet ist. Wir glauben nicht, daß dadurch seelische Gesundheit herbeigezaubert wird. Es wird allerdings in dem Patienten Gefühle oder eine Gefühlsbewußtheit hervorrufen, was beides zuvor nicht vorhanden war. Wir können einem Patienten von der Gefühlsbewußtheit zum Erkennen, Besitzen und Äußern seiner vollständigen Gefühle verhelfen; dann kann er aus dem heraus leben, was er fühlt.

Da sich die meisten Menschen selbstzufrieden in ihre vernünftige Verrücktheit einfügen, passiert in ihrem täglichen Leben selten etwas, das sie beunruhigen oder herausfordern könnte. Die Gefühlsübungen dehnen bloß die Grenzen der vernünftigen Verrücktheit aus.

Natürlich werden in diesen Realitätsgruppen viele frühere Gefühle ausgelöst, und diese werden in Feeling-Gruppen gefühlt. Gerade dieser gruppen­therapeutische Teil der Therapiestruktur gibt den Patienten die Chance zu einem natürlichen Wachstum, das auf Gefühlen und wirklichen Interaktionen mit aufrichtigen Menschen beruht. Dieses natürliche Wachstum ist für das Wohl jedes Patienten von vitaler Bedeutung, weil es eben dieser Prozeß ist, der ihm als Kind genommen wurde.

*

Gruppen brechen das Vertrauen eines Patienten auf die Fähigkeit des Therapeuten, "ihn zu seinen Gefühlen zu bringen". In Realitätsgruppen werden die Patienten gezwungen, ihre eigenen Gefühle aufzuspüren und ihre ganze Verrücktheit aufzudecken. Sie entwickeln ihre Entschlossenheit zu fühlen. Sie sind hartnäckig auf der Suche nach ihren Gefühlen und bemühen sich ebenso hartnäckig, sich nicht in ihre eigene Verrücktheit oder die eines anderen einzufügen.

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Wenn sich die Patienten immer mehr aufdecken, setzen Abwehrmechanismen und Formen des Ausagierens unwillkürlich ein, da sie realen Gefühlen näher sind. An diesem Punkt ist der Nutzen der Gruppe am größten.

Der Abwehr der Patienten wird nun, statt von einem einzigen Therapeuten, von der gesamten Gruppe entgegen­gearbeitet. Diese geballte Reaktion zwingt den Patienten, seine Abwehr aufzugeben, bis es kein Entrinnen vor seinen realen gegenwärtigen Gefühlen gibt. Da der Nachdruck darauf liegt, den Patienten seine Abwehr fühlen zu lassen, wird er ermutigt, diese Gruppe als eine proaktive und gegenaktive Erfahrung zu nutzen, anstatt für abreaktive Entladungen.

Wir wissen, daß sowohl unsere Patienten wie die Therapeuten beim Unwirksammachen von Abwehr Hilfe benötigen. Mit solcher Hilfe können sie in der Gegenwart aus den Gefühlserfahrungen heraus leben, die sich Woche für Woche anhäufen. Realitätsgruppen dienen diesem Zweck. Sie sind ebenso wichtig wie "Feeling"-Gruppen, in denen der Abwehr entgegengearbeitet wird, damit ein Patient seine Vergangenheit fühlen und mit einem höheren Gefühlsniveau in seine Gegenwart eintreten kann. Die Realitätsgruppe bietet dem Patienten neue Möglichkeiten, seine neuentdeckte Gefühlsbewußtheit zum Ausdruck zu bringen.

Ferner wissen wir, daß ein Patient keine Gegenwart haben kann, wenn er nicht die Vergangenheit von ihr zu trennen vermag. Wenn er nur seine Vergangenheit hat — frühere Erinnerungen, frühere Bezugspunkte, Reminiszenzen — kann er keine Gegenwart haben. Ein geordneter Mensch kann frei auf Personen und Situationen, seiner Gegenwart reagieren. So einfach dies auch erscheinen mag, denken Sie daran, wie oft Sie Aussagen gehört haben wie: "Sie erinnern mich an meine Mutter — sie war früher auch so zu mir" oder "Hören Sie auf, sich wie mein Vater aufzuspielen" oder "Was glaubt Ihr, wer Ihr seid, meine Eltern?" oder "Ich bin nicht Ihr Kind". So hören sich Menschen an, die aus ihrer Verrücktheit heraus reagieren. 

Zwar könnte ein emotional verworrener Mensch exakt Eigenschaften an jemandem beobachten, die mit denen seines Vaters oder seiner Mutter identisch sind — Herrschsucht, Sarkasmus, Lethargie — er ist verworren, wenn er auf diese Person reagiert; als ob sie sein Elternteil wäre. In seine Begegnung mit der Gegenwart geht ein volles Bündel vergangener Gefühlsverwirrungen mit ein. Unsere Patienten wissen, daß sie anderen all das erzählen müssen, was ihnen Schmerzen oder Kummer bereitet; sie wissen auch, daß sie gegen eine aufrichtige Freundschaft interne Schranken errichten, wenn sie vor anderen, an denen ihnen liegt, etwas verheimlichen. Ein Zeichen dafür, daß jemand aus mehr Fühlen und größerer Bewußtheit heraus lebt, ist, daß er die Menschen als das sieht, was sie wirklich sind, und nicht so, als erinnerten sie ihn an andere aus der Vergangenheit.

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Wenn ein fühlender Mensch erkennen kann, was ihm Schmerzen bereitet, kann er einen Schritt weitergehen, indem er aus dem heraus reagiert, was er erkennt, und den Kontakt mit einem anderen Menschen sucht. Unsere Patienten erleben eine Menge persönlichen Schmerz, der in ihrem Körper und ihrem Leben begraben ist, und sie wollen erheblich mehr davon von ihren Freunden in der Therapie sehen und hören. Sie können sehen, wie andere durch Erfahrungen geformt und beeinflußt werden und wie vernarbt die Menschen mitunter sind. Sie können fühlen, wie zerbrechlich sie sind und können auf die empfindlichen Eigenschaften ihrer Freunde reagieren.

Realitätsgruppen fördern ferner die Anziehungskraft menschlicher Eigenschaften; durcheinandergeratene Menschen fühlen sich demgegenüber zu Menschen als Symbolen hingezogen. Verrücktheit bedeutet, sich einem starken Mann hingezogen fühlen, weil er jemanden an seinen Vater erinnert, oder zu einem gutaussehenden Mädchen, weil sie ein bestimmtes Ideal repräsentiert. Gefühlsverwirrte Menschen fühlen sich aufgrund von Statuskriterien zueinander hingezogen — jemand möchte sich vielleicht mit reichen Bekannten oder Filmstars umgeben. Verrücktheit bedeutet, wegen etwas zusammenzukommen, was der andere hat, etwa eine hübsche Frau oder einen begehrenswerten Mann. Fühlende Menschen wenden sich einander durch die Anziehungskraft des Fühlens zu. Sie legen Wert auf innere Eigenschaften, die nach außen strahlen, nicht auf Äußerlichkeiten. Dies hat zur Folge, daß sich Beziehungen unter emotional geordneten Menschen von vornherein auf einer aufrichtigen Grundlage entwickeln.

 

Und wenn sich eine emotional geordnete Person wegen irgendetwas schlecht fühlt, bringt sie dieses Gefühl zum Ausdruck — sie spricht mit Freunden, läßt heraus, was eingeschlossen ist, und ordnet sich innerlich. Gefühlsverwirrte Kinder werden auf unterschiedlichste Weise erwachsen. Ein Extrem ist der Einsiedler. Wir haben hunderte von Patienten behandelt, die niemals einen Freund oder eine Freundin, ja nicht einmal einen näheren Bekannten hatten. Sie verbrachten ihr Leben in Isolation, ihr tägliches Dasein bestand aus Arbeit, die ihnen keinen Spaß machte, aus Mahlzeiten, die sie allein einnahmen, und aus ein bißchen Erholung. Sie kamen als Gefühlskrüppel zu unserem Center, doch sie hatten ein ungeheures Bedürfnis und Verlangen nach anderen Menschen. Das entgegengesetzte Extrem ist der soziale Schmetterling. Er kennt eine Menge Leute, aber er hat nur oberflächliche und flüchtige Kontakte. 

Ein Patient charakterisierte sein Leben vor Therapiebeginn folgendermaßen:

Als ich in die Therapie kam, wußte ich, daß ich einsam war. Doch in meiner Bude zu Hause hatte ich eine Wand ganz vollbehangen mit meinen Universitätszeugnissen und Auszeichnungen der studentischen Organisationen, denen ich angehörte. Jeder, außer meinem Therapeuten, hätte mich für den beliebtesten Typen der Welt gehalten.

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In einer der Sitzungen ließ mich mein Therapeut mein privates Telefonverzeichnis durchsehen, und ich konnte schließlich mit niemanden aufwarten, den ich hätte anrufen und dem ich hätte sagen können: "Hallo, grüß dich, ich fühle mich heute einsam". In diesem kleinen Buch standen über zweihundertfünfzig Namen. Einige von ihnen hatte ich zu meiner alten Collegezeit jahrelang gekannt, aber es gab keinen, dem ich mich nahe fühlte.  

 

Wir haben festgestellt, daß gefühlsverwirrte Erwachsene ein Dasein wie verkümmerte und zurückgebliebene Kinder führen. Vom Alter her sind sie Erwachsene, aber emotional und sozial sind sie vor zehn oder fünfzehn Jahren eingefroren. Sie warten entweder darauf, daß andere auf sie zukommen, oder geben unechte Haltungen vor, mit denen sie die Menschen anlocken. Das ist gar nicht so ungewöhnlich, wenn wir uns klar machen, daß Kinder wegen ihrer geringen Körpergröße und ihrer Abhängigkeit zu warten gezwungen sind. Erwachsene sind größer und mächtiger; sie bestimmen, was ein Kind bekommen oder nicht bekommen kann. 

Das Kind lernt dies aus Enttäuschung und übt sich in der Rolle des wartenden kleinen Kindes. Manche Kinder lernen, wie sie das, was sie brauchen, bekommen können, indem sie sich zu etwas umbiegen, das ihren Eltern gefällt. Sie werden vielleicht zum Spaßvogel oder Unterhalter oder entwickeln die Rolle des "armen kleinen Jungen". Diese verworrene Lebensweise könnte sie im späteren Leben in Berufe führen, die ihre Rolle festigen und in denen sie weiterhin auf der Suche danach sind, etwas zu bekommen. 

Einer unserer Patienten war ein hervorragender Gewichtheber, der seinen Vater für die verschiedensten Wettkämpfe, an denen er teilnahm, zu interessieren versuchte. Erst im Verlaufe der Therapie wurde ihm klar, daß es das "Gefühl in meiner Brust, so wie ein schweres Gewicht" war, was er sein Leben lang zu "heben" versucht hatte.

Ein verworrener Erwachsener wird somit in seinen gekünstelten Haltungen auf andere "zugehen". In der Feeling-Therapie, insbesondere in Realitätsgruppen, gelangen wir hinter Rollen und finden die Reste des fühlenden Menschen. Sobald der Patient vollständige Gefühle äußern kann, steht er vor der Wahl, ob er weiterhin eine Rolle spielen oder abwehren will; der Patient kann nun aus dem heraus handeln, was er weiß, und sich fühlen, oder aber seine Abwehr weiter festigen. Die Patienten stellen fest, daß ihnen in Wirklichkeit mehr daran liegt, andere intensiv zu wollen, als sie zurückzuweisen. Sie können fühlen, wie tägliches Abwehren ihren Körper mit Gespanntheit und Taubheit verwüstet; und sie beginnen, sich für Kontakt zu entscheiden.

Wir haben in diesem Buch viel zum Gefühlszyklus gesagt, und natürlich ist es unser Bestreben, alle Patienten zu einem höheren Gefühlsniveau zu verhelfen. Die Realitätsgruppe ist gelegentlich eine Ausnahme. 

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Die Sitzungen sind intensiv und kompakt, und häufig werden wir einem Patienten helfen, aus seiner aktuellen Gefühlsbewußtheit heraus zu leben, statt auf eine Vervollständigung des Zyklus zu drängen. Dies hängt von der Fähigkeit des Patienten zur Integration seiner bisherigen Gefühle ab. Wir erwähnten bereits das Beispiel der Patientin, deren Abwehr darin bestand, zu "entschwinden". Ihr Therapeut wußte, daß sie in dieser Sitzung alles fühlte, was sie zu fühlen vermochte, und er half ihr, aus diesem Niveau heraus zu leben. 

Unsere Therapie ist kein Spießrutenlaufen, das man so schnell wie möglich hinter sich bringen möchte. Sie ist integrativ, und das heißt, einem Patienten wird geholfen, Augenblick-für-Augenblick zu fühlen und aus diesen augenblicklichen Entscheidungen heraus zu leben. 

Das folgende Beispiel wird dies deutlicher machen. Die Patientin kam in ihre Realitätsgruppe und gab an, daß sie auf ihren Therapeuten wütend sei, weil er sie "zwinge", mehr zu tun als sie wolle; sie beschimpft wütend andere Gruppenmitglieder und bringt symbolisch ihre eigenen Wünsche zum Ausdruck.

P: Ich habe das Gefühl, daß du mich indoktrinierst. Ich brauche keine Gruppe. Ich will nicht irgendetwas tun. Ich will mir selbst Gutes tun.  
T: Das ist Therapieweisheit.  
P: Ich will nicht, daß mich die Leute damit belästigen, was' sie wol1en. 
T: Welche Leute? Nenne Namen.  
P. Ich kann nicht - oh ... Ich weiß nicht ...  
T: Du lügst. Eben jetzt lügst du. Das sind Ausflüchte.  
P: Ich will nichts mit ihnen zu tun haben. Ich will in Ruhe gelassen werden.  
T: In den letzten- drei Wochen hast du aber etwas anderes gesagt.  
P: Das ist mir egal. Ich will sie nicht - Nahe! Für mich bedeutet Nähe nur eins - ich muß geben (schreiend) Ich muß geben.  
T: Und bekommst du etwas von ihnen, den Leuten in deiner Gruppe?  
P: Nein (Wut und Tränen).  
T: Sag es!  
P: Ich bekomme nichts (schreiend).  
T: Lauter!  
P: Ich bekomme nichts.   
T: Sag es jetzt zu ihnen.  
P: Ich bekomme nichts, von keinem von euch - und ich will es. Ich will es (ihr Fühlen setzt hier mit mehr Tränen ein).

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T: Sag, was du willst.  
P: Ich will mich an jemandem festhalten (schreiend) Ich will mich ganz festhalten. Ich will alles nehmen und nichts zurückgeben. Ich will alles. Ich betrüge mich selbst - ich bekomme nichts von dem, was ich will. Ich will. Ich will. Ich will (weinend). Ich will mehr, aber ich weiß nicht, wie ich es bekommen kann.  
T: Erzähl jedem, was du willst.  
P: Ich will, daß du herzlicher bist, Peggy. Du sollst mich halten und dich um mich kümmern! Laß mich an dir festhalten (weinend). Laß mich an dir festhalten und sag, daß es in Ordnung ist, daß ich etwas für mich will.  

 

Obwohl der Therapeut versuchte, seiner Patientin zu helfen, ihren Wunsch noch einige Minuten voll­ständiger und direkter zu äußern, konnte sie nicht weiter kommen, als sich ihren Wunsch von der Seele zu reden, indem sie eine andere Patientin auffordert, ihr zu sagen, daß es richtig sei, zu wollen. Sie arbeitete ihrer Abwehr entgegen und konnte eine einfache Gefühlsaussage von ihr vollständiger zum Ausdruck bringen als zu Beginn der Gruppe. In späteren Sitzungen wird sie mehr fühlen können, für jetzt ist es aber entscheidend, daß sie aus ihrem erreichten Gefühlsniveau heraus lebte.

 

Kontakt  

Wir haben in diesem Buch die Redewendung "Ausdruck vollständigen Fühlens" gebraucht. Wenn jemand ein vollständiges Gefühl zum Ausdruck bringt, nimmt er Kontakt mit sich selbst und anderen auf. Als Empfänger von Worten und Taten anderer können wir fühlen, ob mit uns "Kontakt aufgenommen wird" oder nicht; ähnlich können wir fühlen, ob wir in Kontakt mit uns selbst sind — unseren eigenen Gefühlen. Wir versuchen, in unserer therapeutischen Erfahrung Kontakt — durch Selbstausdruck vollständiger Gefühle, die zu anderen ausströmen, anzuregen. Wir helfen den Patienten, Selbstkontakt und eine Kontaktkultur mit anderen herzustellen. Wir beginnen damit in der Intensivtherapie, und in der Realitätsgruppe helfen wir Patienten, den Kontakt auszuweiten.

In der Feeling Therapie machen wir die "lebenden Lügen" unserer Patienten unwirksam. Es ist nicht verwunderlich, daß uns viele Patienten berichten, sie seien "krank und müde", in Ritualen, Rollen und seelischer Verrücktheit zu leben. Dies heißt nach unserem Dafürhalten, daß sie "müde" und tatsächlich ausgebrannt sind von der Kraft, die es sie gekostet hat, Hände zurückzuhalten, die halten wollen, Gesichter, die lächeln wollen, Körper, die sich anderen zuwenden wollen. Und sie werden dadurch "krank", daß ihr gesamtes System von ständig wachsenden Gefühlsverwirrungen aufgezehrt wird.

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Eine unserer Patientinnen war als Kind ganz wild auf Süßigkeiten, aber ihre Eltern hatten ihr erzählt, daß Süßigkeiten nicht gut für sie seien, daß sie damit ihre Zähne ruinierte oder davon krank werde. Ihre Empfindung, gern Süßigkeiten zu mögen, wurde durch die nicht stimmige Auslegung ihrer Eltern derart verwirrt, daß ihr jedesmal übel wurde, wenn sie an heiße Schokoladenbonbons oder Schlagsahne dachte.

Einer anderen, streng jüdisch erzogenen Patientin wurde die nicht stimmige Ansicht eingeimpft, daß es "unkoscher" sei, etwas zu essen, was ihr Glaube verbiete. In ihrer Jugend log sie sich stets selbst an, wenn sie auf der Basis, daß es "unkoscher" sei, bestritt, Hot Dogs, Pommes Frites oder Fruchtgetränke haben zu wollen. In der. Realitätsgruppe brachte ihr Therapeut eines Abends einen Hot Dog, Pommes Frites und ein Fruchtgetränk mit; fast eine Stunde lang roch sie an dem Essen, und schließlich konnte sie die verwirrende Wirkung dessen, was "unkoscher" bedeutete, fühlen.

 

Kontakt muß demnach zuerst damit beginnen, daß man offen dafür ist, seine geordneten Empfindungen und ihre Bedeutungen zu äußern — seine Gefühle. Wenn ein Patient Kontakt anstrebt, etwa, indem er jemanden berührt oder festhält oder sich mit ihm unterhält, wird er sich mit dieser Person vervollständigen. Ein Grund, warum verworrene Menschen es nicht genießen können, umarmt zu werden, ist der, daß sie eine Unvollständigkeit empfinden. Berühren und Festhalten werden in der Feeling-Therapie nicht oberflächlich betrachtet; die Patienten fordern, daß es echt sein muß. Wenn jemand vollständig "in Berührung" ist, kann er mit einer anderen Person das Angenehme des Berührens voll auskosten. Fast jeder hat irgendwann einmal bei einer Umarmung erlebt, daß der andere wie eine Klette an einem klebt; eine solche Umarmung ist unangenehm, weil die "Klette" tatsächlich nimmt, statt zu teilen.

Ein zweiter Gesichtspunkt des Kontakts ist der Wunsch — die Äußerung eines Bedürfnisses. Vor fünfundzwanzig Jahren prägte Dr. Benjamin Spock den Ausdruck "Füttern auf Verlangen". Andere "Fachleute" in Fragen der Kindererziehung befürworten im Gegensatz dazu ein "Füttern nach festen Zeitplänen", was zwar den Müttern das Leben erleichtert, aber das natürliche Bedürfnis des Säuglings unberücksichtigt läßt. Dies kennzeichnet einen frühen Punkt in der Entwicklung kindlicher Gefühlsverwirrungen, an dem Erwachsene gegen die ureigensten Gefühle des Kindes entscheiden, was gut für es ist. 

Unabhängig davon, ob das Kind nach einem festen Zeitplan gefüttert wird oder auf mehr natürliche Weise, wenn es seinen Hunger anmeldet — die Eltern versagen zwangsläufig darin, andere Kindheitswünsche auf Verlangen zu befriedigen. Reglementierung und Unterdrückung von Impulsen setzen in einem so frühen Alter ein, daß die Menschen ohne Gefühlsbasis zur Befriedigung ihrer natürlichen Bedürfnisse aufwachsen. Bei jedem gefühlsverwirrten Menschen ist der Drang, sich selbst zur Geltung zu bringen, indem er die Befriedigung seiner Bedürfnisse fordert, allenfalls noch als vage Gedächtnisspur vorhanden.

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Wenn jemand nicht ausdrücken kann, was er möchte, bekommt er nichts. Verworrene Kinder lernen ihre Bedürfnisse indirekt und versteckt zu äußern. Einen Wunsch zu haben heißt, sich das zu geben, was man- aus einem natürlichen und geordneten Gefühlsniveau heraus bedarf. Typische Kinderwünsche könnten etwa sein: "Mutti, gib mir eine andere Decke", "Vati, heb das für mich auf", "Mach das fest", "Ich möchte jetzt zur Oma gehen". Wenn ein verworrener Mensen erwachsen wird, nehmen die Wünsche einen zunehmend symbolischen Charakter an. Zum Beispiel: "Ich bin dein Mann, und du kannst dich nicht weigern, mit mir zu schlafen", "Ich hab dir gesagt, du sollst reinkommen und sofort dein Zimmer aufräumen", "Warum mußt du das tun? Weil ich es sage".

 

Ein dritter Gesichtspunkt des Kontakts ist Teilen. Eine emotional verworrene Person betrachtet das Teilen als eine Verwässerung oder Verminderung dessen, was sie hat; für eine fühlende Person ist es eine Ausweitung dessen, was sie hat. Etwas zu teilen ist vom Standpunkt der verworrenen Person ein Zeichen für "Verlust". Zweifellos ist genau da, im bisherigen Leben dieser Person die Bedeutung von "teilen" gewesen — ihr etwas zu nehmen, was sie brauchte. 

Einer unserer Patienten sagte während einer Realitätsgruppe: "Mädchen bekommen alles, was sie wollen". Als sein Therapeut den Gefühlen auf den Grund ging, die hinter dieser Aussage lagen, schilderte der Patient ein Ereignis nach dem anderen, wo er wegen seiner kleinen Schwester, die jammerte und Theater machte, auf kleine Annehmlichkeiten oder eine kleine Privatsphäre verzichten mußte. Seine Eltern sagten zu ihm: "Sei lieb zu deiner Schwester und teile". Auf diese Weise wurde die Erfahrung des Teilens mit dem Verlust an persönlichem Besitz und dem Verlust von Annehmlichkeiten assoziiert; er mußte kleine Annehmlichkeiten mit ihr teilen — seinen Platz auf dem Wohnzimmersofa oder seine Comic-Hefte. 

Als er älter wurde, hortete er besondere Spielzeuge oder eigene Errungenschaften. Er konnte nicht "nein" sagen wegen der nicht stimmigen Bedeutung des "Sei lieb"; er wußte, daß er "unartig" war, wenn er nicht teilte. Später teilte er nichts mit Freunden, nicht einmal mit den Mädchen, mit denen er ging. Er sagte, er habe sich so weit in sein Horten und in Selbstschutz zurückgezogen, daß er nicht einmal mehr seine Gedanken "teilte", aus Angst, andere könnten "mehr wissen wollen oder anfangen, allzu viele Fragen zu stellen und dann meine Erfahrungen zu ihren eigenen machen".

Die Gefühlsverwirrung saß in diesem Fall so tief, daß er. nicht mehr erkannte, daß Menschen ein echtes Interesse an ihm zeigen konnten; er interpretierte es als eine Bedrohung. In seiner Realitätsgruppe wurde er aufgefordert, etwas Eigenes mitzubringen, das er mit anderen teilen sollte. Er weigerte sich und stritt sich mit seinem Therapeuten, und schließlich brachte er zum nächsten Gruppentreffen eine braune Tüte mit, in der sich die Gegenstände befanden. 

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Langsam nahm er jedes Stück heraus, bot eines nach dem anderen jemandem an und erklärte diesem, warum er gerade ihm dieses Stück schenke. Was sich in dieser Gruppe in den ersten Minuten abspielte, bedrückte ihn zutiefst, und er weinte in den Armen von Gruppenmitgliedern. Während er jeden Gegenstand beschrieb, wurden seine wahren und tiefen Gefühle für jede einzelne Person der Gruppe sichtbar. Sie alle und er hörten diese Worte des Wollens, Äußerungen von Zärtlichkeit. Er hatte jedes kleine Geschenk sorgfältig für die jeweilige Person, die er im Auge hatte, ausgewählt, jedes Geschenk war ein Geschenk des Anteilnehmens. Danach konnte er fühlen, daß diese Äußerung immer in ihm vorhanden war, daß er sie aus Angst, etwas zu verlieren, vor anderen verborgen hatte. Er konnte fühlen, daß er liebevoll war und etwas von sich geben konnte und dadurch nicht verliert, sondern gewinnt.

Als ihm die Bedeutung seiner bisherigen Erfahrungen klar wurde, konnte er sogar erkennen, daß seine Schwester in Wirklichkeit nicht dieses heimliche, geizige kleine Miststück war, für die er sie immer gehalten hatte. Er schreibt: "... ich erkannte, daß Alice deshalb so wurde, weil sie von meinen Eltern ebenfalls nichts bekam. Indem sie uns soviel nichts gaben, spielten uns meine Eltern gegeneinander aus. Alice wurde raffgierig, denn auf diese Weise konnte sie ein paar wichtige Annehmlichkeiten erhalten, und ich wurde ein Geizkragen, um mich selbst davor zu schützen, alles zu verlieren. An dem Abend rief ich sie an, und zum erstenmal in unserem Leben teilte ich viele Gefühle mit ihr. Endlich hatte ich eine Schwester". Je mehr schmerzhafte und verwirrende Erfahrungen dieser Patient fühlen konnte, umso mehr gewann er sich aus der Umklammerung seiner Verrücktheit zurück.

Ein teilender Mensch erlebt demnach Gewinn. Der Patient im vorigen Beispiel verschenkte Dinge, die ihm gehörten, aber aus der Erfahrung des Teilens gewann er innerlich ein neuentdecktes tiefes Gefühl von Güte und geordnete Gefühle. Er gewann Zuneigung, eine solidere Freundschaft, eine neue Möglichkeit, zu wachsen und sein Leben zu verändern. Teilen ist mehr als seine bloßen Komponenten — Geben und Nehmen. Indem man mit jemandem eine Mahlzeit teilt, gewinnt man Kontaktfreude und enge Freundschaft. Teilen kann alles mögliche beinhalten — zwei Menschen können miteinander lachen, miteinander reden, sich anlächeln. Mit jemandem zu teilen bedeutet, uns selbst die Äußerung stimmiger und vollständiger Gefühle zu geben.

Ein weiterer Aspekt des Kontakts ist Leidenschaftlichkeit. Für emotional geordnete Menschen ist Leidenschaft der Grad der Äußerung ihrer Wünsche. Ein Patient erzählte uns, daß sein neuentdecktes Verlangen nach Nähe zu seinen Freunden nur dadurch ausgedrückt werden könnte, daß er riesige Bissen aus ihnen herausnehme. Ein anderer berichtete, daß er ein ungeheures Verlangen nach Wärme und Freundschaft in der Form verspüre, daß er wie ein überdimensionaler Bagger auf seine Freunde zufahre, um sie ganz nah an sich heranzuschaufeln und gemeinsam mit ihnen all das zu haben, was er haben könne. 

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Eine Patientin, die vor der Therapie ohne Menschen zurechtkommen zu können glaubte, entdeckte in sich einen tiefen unstillbaren Wunsch nach Wärme und Nähe. Viele Patienten geben zuerst an, daß sie sich wie eine Bestie vorkämen und entsetzt über diesen leidenschaftlichen Drang in ihnen seien; bald stellen sie fest, daß sich dieses "Bestie-Gefühl" nur auf ihren ungeheuren Hunger nach menschlichem Kontakt bezieht. Wir halten ein solches Verlangen nach anderen Menschen für eine Rückkehr zu unseren geordneten Äußerungen vollständigen Fühlens. Als wir Kinder waren, war unsere Leidenschaft stark. Es ist nicht einzusehen, warum eine so tiefe Leidenschaftlichkeit mit dem Alter verschwinden sollte. Während die Leidenschaft in den ersten Jahren auf die Eltern gerichtet ist, auf die das gesamte kindliche Verhalten zurückgeht, kann sie dennoch auch gegenüber Brüdern und Schwestern, Bekannten und Freunden geäußert werden.

Unsere Therapie hilft den Menschen, ihre Leidenschaft zu entdecken, sie zu äußern und weiterhin aus ihr heraus zu leben, wenn es zur Transformation kommt. Sobald sie gefühlt und geäußert wird, kann sie solange anhalten, wie sich jemand Augenblick-für-Augenblick entscheidet, mit seinen Gefühlen eins zu sein. Das ist Kontakt. In der Therapie wird gewöhnlich diese wunderbare Fähigkeit von den Patienten erstmals entdeckt.

 

Transkript einer Realitätsgruppe  

Das folgende überarbeitete Transkript einer Realitätsgruppe veranschaulicht viele der in diesem Kapitel erläuterten Gesichtspunkte. Wir werden insbesondere Patienten bei Gegenaktion, Proaktion und Integration erleben, Übungen, um zum Fühlen zu gelangen sowie das Auftauchen persönlicher Wünsche, Leidenschaft und Mitteilen. Wir werden ferner sehen, wie der Therapeut Patienten zum Erkennen von Abwehr hinführt und ihnen hilft, Gefühle zu vervollständigen sowie symbolisches Reden zu vermeiden und Antworten und Reaktionen aus dem Kontakt heraus zu finden.

T: Joanie, was empfindest du dabei, daß Alice all diese Dinge mit dir will?
Joan: Nun, es ist wirklich schwer, sie zu hören, (zögert) Und es fällt mir schwer, dies zu sagen, besonders jetzt, wo Alice sich so wohl fühlt, aber ... Ich war richtig entsetzt, Alice. Ich hatte Angst, als du das alles verlangtest, (mit Tränen) 

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Ich wollte dir etwas geben ... und ich versuchte es, doch dann dachte, ich: "Was mache ich falsch?" (weinend) Ich hatte eine Menge Gefühle darüber, weißt du, anderen etwas zu geben. Sie gehen stets auf meine Mutter zurück, es war einfach nicht richtig, wie ich es machte, so sehr ich mich auch bemühte, (heftiger weinend) Ich versuche es ... Ich versuche es ...

T: Joan? ... Joanie? ... Du beschäftigst dich mit etwas, was jetzt ist, aber du weinst über etwas aus deiner Vergangenheit. Alice ist nicht deine Mutter - sie ist deine Freundin. Joan. Schau sie jetzt einfach an ... Komm, öffne deine Augen. Schau sie an.

Joan: Ich weiß ... aber ... (heftiger weinend) ...  
Cindy: Joanie, los. Los - du weißt es.  
Alice: Joanie, ich sehe ein, wie schwer es dir gefallen sein muß, heute abend für mich da zu sein. Ich weiß, daß du oft dieses Gefühl von dir hattest.

T: Du bist dabei zu verstehen, Alice. Was bringt dir das?  
Alice: Nichts.  
T: Du "siehst ein" und du "weißt". Also-...?  

Alice: Aber ich brauche sie doch. Ich brauche diese Nähe mit dir, Joan. Ich fühle mich besser, wenn ich sie habe. Wenn ich zu verstehen versuche, gebe ich mich mit wehiger zufrieden. Ich will alles, was ich mit dir haben kann - alles. Das ist, was ich fühle

Joan: Es hat keinen Sinn ... Ich fühle mich so schlecht. Mir ist nach Weggehen. Ich will hier nicht mehr bleiben .

T: Nein, Joanie - das bedeutet Weglaufen. Ich möchte es noch einmal allen sagen, weil es wichtig ist. Laßt euch schwach sein, wenn es das ist, was ihr fühlt. Wenn ihr aber die Schwäche als eine Abwehr gegen das Fühlen benutzt, werdet ihr wieder klein und isoliert sein. Joanie, ich möchte, daß du hier im Raum bist. Lebe aus dem heraus, was du über dich gefühlt hast. Sei hier.

*

Der Therapeut hat hier zwei Bedürfnisse seiner Patienten befriedigt. Erstens, er hat versucht, Joan zu helfen, in ihrer Gegenwart zu bleiben; er versucht, ihr zu helfen, aus dem heraus zu leben, was sie über sich fühlt und weiß, auch wenn es belastend für sie ist. Er weiß, daß er Joans Retrogression unwirksam machen muß, um eine intensivere Form von Leben aus dem Gefühl heraus zu bewirken. Zum anderen macht er Alice klar, wie sie sich durch intellektuelles Verstehen ihr Gefühl wegnimmt.

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T: Okay, Steve, was ist mir dir heute abend?  
Steve: Ich habe Angst. Ich muß etwas loswerden, aber ich habe irgendwie Angst, es zu sagen, obwohl ich weiß, daß ich es sagen muß, weil es ja für mich hier darum geht, ehrlich zu sein, (lange Pause) ...
T: Du hälst eine Rede, Steve.
Ralph: Du sagst nichts, Steve.
Cindy: Los, rede!
T: Heute abend keine Spielchen, Steve. Entweder sag, was du zu sagen hast, oder bleib da sitzen und leide daran.
Steve: Mein Gott ... (Tränen) ... Ich ...
T: Versuch, es zu sagen.
Steve: Ah ... oh ... Ich kann nicht, (qualvoll)
Ralph: Steve, erinnere dich, Dienstag, als ich für dich da saß, was hast du mir da erzählt, als du zu deinen Gefühlen kamst? Nun, jetzt hast du die Möglichkeit, aus den Gefühlen in dir zu leben. Stehle dich nicht aus deiner eigenen Ehrlichkeit.
Steve: (wehrt sich, beruhigt sich dann aber) ... Harry? ...Es macht mich ganz krank, daß du den Leuten hier nicht hilfst. JDjj bekommst Hilfe ... aber du gibst nichts zurück. Heute abend habe ich gehofft, daß du aus deiner verfluchten Ecke rauskommst, in der du ewig sitzt. Ich brauchte Hilfe heute abend, und stattdessen mußte ich für einen anderen da sein.  
Harry: Ja, es stimmt, was du sagst, Steve ...
T: Shhhh, warte einen Moment, Harry. Was stört dich daran, Steve?  
Steve: Alles. Ihm wird geholfen, und er tut nichts für andere. Das stinkt mir, weil ich dann seinen Teil mitmachen muß.
T: Steve, was meinst du mit "Ich mußte da sein ... Ich muß seinen Teil mitmachen"? Hä11 er dir eine Pistole an den Kopf?  
Cindy: Du weißt, daß es nicht stimmt, Steve.  
Steve: Nein ... Ich weiß nicht ...  
Mark: Los, Steve, Du weißt es.  
Steve: Ich weiß, was du meinst, ich muß nicht für jeden den großen Bruder spielen - ich weiß, das ist Vergangenheit. Ich weiß, daß ich unterlegen war und daß ich es nicht mehr zu sein brauche, aber irgendetwas in mir ... ich kann nicht genau ausmachen, was es ist ... läßt mich so sein. Es passiert ganz automatisch.  

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T: Du "weißt" dies und du "weißt" jenes, Steve, für jemanden, der soviel "weiß", hörst du dich aber reichlich verloren an.  
Steve: Ich weiß nichts mehr. Ich fühle mich am richtigen Punkt ...   
T: Steve? Steh'- mal kurz auf. (Steve steht auf)  
T: Jetzt schau mal auf den Boden. Siehst du irgendeinen Punkt?  
Steve: Nein, (die anderen lachen, Steve lächelt)  
T: Natürlich nicht. Okay, jetzt erzähl" uns einfach, wie du dich fühlst, ohne dieses Drumherum.  
Steve: Ich möchte, daß du mehr machst, Harry! Es ist wichtig für mich.  
T: Das hast du schon gesagt. Du bist außerhalb von dir, wenn du anderen sagst, was sie tun sollen. Sprich über dich.  
Steve: (weinend) ... 
Ralph: Steve, erinnerst du dich, was du in deiner Sitzung am letzten Samstag gefühlt hast?  
Steve.: Ja. (ruhig)  
T: Warum erzählst du uns nicht, was es war?  
Steve: (weint heftiger) Es war immer wieder so ... immer wieder. Als ich klein war, wollte ich etwas tun - nach mehr Eiscreme fragen, um ein höheres Taschengeld bitten, nehmen, was ich nehmen wollte - ich konnte es nicht ... (weinend) ...  
T: Erzähl uns, warum du es nicht konntest, Steve.  
Steve: (sehr traurig) Jedesmal, wenn ich wollte, was ich wollte, sah ich Ihre Gesichter!! Sie taten mir so weh. Ivch konnte es nicht tun. Ich konnte es nicht tun. (Steve weinte fast fünf Minuten lang. Er schluchzt heftig und schließlich fängt er sich wieder.) Es fiel mir immer schwer, zu tun, zu sagen oder zu nehmen, was ich wollte. Stets blickte mich das verletzte kleine Gesicht eines meiner Brüder oder Schwestern an. Ich war der älteste - ich durfte keine Bedürfnisse oder Wünsche haben. Meine Eltern sagten: "Dein Bruder braucht dies oder jenes", und ich zog den Kürzeren, ich bekam nichts. In der Gegenwart __ jetzt ...steigt manchmal dieses alte Gefühl in mir auf, und ich ziehe wiederum den Kürzeren.

T: Wie? -
Steve: Naja ... bei Harry ...
T: Schau Harry an und sag es ihm.

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Steve: Ich kenne dich schon lange, Harry. Ich mag dich sehr. Manchmal sehe ich dich an, und du siehst so traurig und verloren aus. Ich ... tue mehr, als gut für mich ist. Und am Ende helfe ich dir zu viel. Das bringt mich von dem weg, was ich brauche, (weint) ...  
T: Sag es ihm, Steve. Sag Harry, was du brauchst. .  
Steve: Ich brauche auch Hilfe, Harry.... 
T: Nein ... nicht "auch". Reicht denn "auch" aus?  
Steve: Nein. Ich brauche, Harry. Ich brauche Hilfe ... Ich brauche Hilfe von dir - eine ganze Menge. Soviel wie möglich (weinend).  
Harry: (Schweigen) ' .  
T: Was für ein Gefühl hast du, wenn du das sagst?  
Steve: Ich fühle mich verspannt. Genau hier - als ob ich innerlich von einem Panzer umgeben wäre. Ich weiß, daß ich es nicht wirklich sage.  
T: Okay. Wir wollen es nicht schwerer machen, als es istr Du sagst die Worte oder?  
Steve: Ja.  
T: Aber ohne viel zu fühlen?  
Steve: Ja. Ich fühle bloß ... ich habe das Gefühl, daß ich nichts bekomme.  
T: Das stimmt. Woher weißt du das?  
Cindy: Nun, Harry tut nichts, daß ...  
Steve: Ich ... nun, ich sage, was ich will, aber da kommt nichts.  
T: Okay. Dann äußere deinen Wunsch stärker. Sag ganz klar, was du willst.  
Steve: Harry, ich brauche. Ich brauche, (schreit zunehmend lauter) Ich brauche, brauche, Harry. Schau mich an, sag etwas.  
Harry: Steve, ich ...  
T: Nein, Steve, äußere bloß deinen Wunsch. Aus deinem Innern.  
Steve: Oh, Harry. Ich will näher sein (Tränen) Ich brauche das so sehr. Ich will etwas von dir. Wir wohnen zusammen ....  
T: Nein, nicht so, damit gibst du einen Grund an für dein Wollen.  
Steve: Ich brauche, Harry, ich brauche. Ich brauche Hilfe. Sehr viel Hilfe. Manchmal ist alles so verdammt schwer, (schreiend) Ich bin ganz damit rausgekommen ... und ich bekomme nichts ... (schreit lauter) Verdammt! Du Scheißkerl! Du toter Scheißkerl! Schmarotzer!  

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T: Steve! Was spürst du dabei?  
Steve: Es macht mich hart. Ich zeige, was ich will und bekomme nur Scheiße zurück. Er ist angeblich mein Freund. Verflucht!

Der Therapeut erkennt hier, daß Steve sein Gefühl in Wut umwandelt. Statt aus einem offenen und verwundbaren Zustand heraus zu reden, wird er verschlossen und verhärtet sich. Der Therapeut verwendet einige Minuten darauf, Steve zu helfen, zu seinem einfachen vollkommen geordneten Gefühl zurückzufinden: "Ich brauche Hilfe". 

Steve: Ja. Ich brauche wirklich Hilfe, wenn alles schwer für mich ist. 
T: Richtig. Und es ist schwer für dich, wenn du offen bist und deine Gefühle zeigst - einen Anlauf nimmst - und keine Antwort erhälst.  
Steve: Ja. (weinend) ...   
T: Auch das ist schmerzhaft. Mehr mit einem Freund fühlen zu wollen und nichts erhalten. Erzähl jetzt einfach allen hier, was du brauchst. Es" gibt noch mehr Menschen in deinem Leben, und wenn das, was du willst, von der entsprechenden Person manchmal nicht bekommen kannst, mußt du dich an andere wenden. Dadurch bleibt dein Gefühl lebendig, Steve. Andernfalls läßt du deinen Wunsch verkümmern.  

Dieses Gespräch zwischen dem Therapeuten und Steve unterstreicht einige wichtige Punkte unserer Therapie. Der Therapeut ermutigt Steve, die sein gegenwärtiges Gefühl umgebenden Details vollständig zu entfalten, und er läßt ihn aus seinem erinnerten Schmerz heraus weinen, dem Schmerz, als Junge nicht das bekommen zu haben, was er brauchte; er erkennt auch, daß Steves Abwehr in der Vergangenheit wie in der Gegenwart darin besteht, anderen auf Kosten seiner eigenen Wünsche zu helfen. 

Er hilft Steve, zu proagieren (einen verworrenen Ausdruck zu entwirren, indem er einen realen gegenwärtigen Ausdruck mit seinem früheren Gefühl in Einklang bringt) und dann von seiner neuen Ebene der Integration aus zu leben — was in der Gegenwart aus einer geordneten Offenheit heraus geschehen muß. Als Steve das versucht und von Harry nichts zurückbekommt, beginnt er zu regredieren, indem er sich körperlich verkrampft und sein Gefühl in Wut verwandelt. Dann entfernt er sich von seinem eigenen Gefühl des Hilfe-Brauchens. Der Therapeut arbeitet unablässig der Abwehr entgegen, und Steve kann seine Gefühlsoffenheit zurückgewinnen; jetzt geht er auf andere in der Gruppe zu, statt sich zurückzuziehen und sein Gefühl zu verleugnen.

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Auch erlaubte der Therapeut Steve nicht, an Harrys abgestumpftem Ausdruck von Gefühlen hängenzu­bleiben; dies hätte nur einen Schlagabtausch zur Folge gehabt, die Steve keine Lösung für sein Fühlen gebracht hätte. Beachten Sie auch, daß der Therapeut Cindys "Trittbrettfahrer"-Kommentare ignoriert, sich jedoch später damit befassen wird.

Harry: Ich weiß, daß es stimmt, was du sagst, Steve. Ich glaube, es wurde mir heute abend zum erstenmal klar. Niemand sonst hat mit mir darüber gesprochen (schaut im Raum umher).  
Donna: Ich habe den gleichen Eindruck von dir. Ich bin nicht wütend auf dich. Aber es stimmt. (Harry sieht andere Gruppenmitglieder an.)  
Cindy: Es ist wirklich wahr, Harry.  
Mark: Ich mag das nicht, Cindy. Du schießt immer nur aus dem Hinterhalt.  
Cindy: Ich drücke nur mein Gefühl aus.  
Mark: Quatsch, du springst einfach auf einen fahrenden Zug.  
Lynn: Es stimmt, Harry.  
Harry: (sieht verwirrt aus, traurig)  
T: Wie fühlst du dich, Harry?   
Harry: Schlecht. Ich fühle mich, als ob ich schlecht wäre, ein schlechter Mensch. Als ob irgendetwas nicht mit mir stimmt. Ich weiß nicht ... ich weiß nicht ... Ich komme mir einfach schlecht vor. In der letzten Zeit war alles schwer für mich. Oh ... schwer ... so schwer ... (er weint ein paar Minuten, hört dann auf und setzt sich wieder gerade hin) Das ist eins der Dinge, die ich tue ... Ich sage nicht immer, was mit mir los ist. Mir wächst alles über den Kopf ... ich tue nichts dagegen. Ich sage kein Wort. Und ziemlich bald löse ich mich in Einzelteile auf - und dann ist alles, was ich tue, beschissen. Und die ganze Zeit über warte ich auf jemanden, der sieht, daß ich wirklich Hilfe brauche. Ich kann nicht helfen - ich habe nichts zu geben, (weinend) ...  
Ralph: Das hört sich alles zu glatt an, Harry.  
Mark: Du hast das schon oft genug gesagt.  
T: Sag noch etwas mehr, dazu, Ralph.  
Ralph: Naja, wie dir gesagt wurde, daß du nicht genug hilfst. Also weinst du darüber, daß du schlecht seist, und dann kommst du damit raus, daß du nichts zu geben hast und nicht helfen kannst. Das glaube ich nicht.

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T: Was glaubst du nicht?  
Ralph: Daß er - du - nichts zu geben hast. Das ist Quatsch. Du hast etwas zu geben. Du nimmst das nur als Entschuldigung. Warum sagst du nicht, was wirklich mit dir los ist?  
T: Harry? Antworte. Sag etwas.  
Harry: Ich weiß nicht ... (sieht verwirrt aus)  
Karen: Ach Scheiße! Du gebrauchst all die richtigen Therapieausdrücke - "Ich sag nicht immer, was los ist, ich brauche wirkliche Hilfe" - und du weinst, doch du rechtfertigst dich lediglich dafür, daß du nichts zu geben hast. Du mußt nicht helfen. Das ist Blödsinn -ich glaube dir nicht. Du lügst. 
Ralph: Verdammt noch mal! Sag etwas. Hör auf mit dieser verletzter-kleiner-Junge-Scheiße.  
T: Los, Harry - wo bist du?  
Harry: Ich bin verwirrt ...  
Ralph: Und hör endlich mit dem lächerlichen Gejammer auf!! Das ist Theater, und du weißt es.  
Karen: Harry, hör auf damit, hör auf, diese alte Nummer abzuziehen.   

Harry ist ein passiver Mensch, der nichts unternimmt, um sich zu helfen, in der Gruppe zum Leben zu erwachen. Folglich versuchen andere Gruppenmitglieder, bei ihm eine Gefühlsreaktion auszulösen, aber er leistet weiter Widerstand. Einige Mitglieder werden aufgebrachter und beginnen, ihm eine Reaktion abzuverlangen, und wir werden sehen können, wie einige von ihnen sich selbst durcheinanderbringen. Der Therapeut merkt, daß mehr geschieht, als vordergründig zu erkennen ist, und er fragt Karen, die mit Harry geht, wie ihre Beziehung bisher ausgesehen hat.

Karen: Es war nicht gut. Es war schlimm. Ich gebe mir wirklich Mühe, mit meinen Gefühlen rauszukommen und meine Bedürfnisse, meine Wünsche zu zeigen. Ich gebe mir wirklich Mühe mit Harry, aber die meiste Zeit scheint er so tot zu sein.  
T: Nun, was passiert mit dir, wenn er tot ist?  
Karen: Zuerst bemühe ich mich stärker. Ich denke, wenn ich es versuche, kann ich es schaffen, weißt du, zu ihm durchzubrechen, dann wäre etwas da. Nach einer Weile habe ich keine Lust mehr, es weiter zu versuchen ... 
Mark: Karen, du weißt, daß mehr dahintersteht. Ihr geht mir beide auf die Nerven mit dieser "Das ist alles, was ich tun kann"-Scheiße.

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Karen: Ja ... ich weiß ... in Wirklichkeit sterbe ich ab - das ist es, was wirklich passiert. Ich gebe auf und sterbe! Ich schaue Fernsehen oder mampfe Süßigkeiten ... Scheiße ... Ich habe das Gefühl, daß ich nicht viel tauge. Andere sind besser als ich. Wie hier im Raum zum Beispiel, ich glaube, ihr alle seid besser als ich, ihr könnt mehr fühlen, und ihr wißt mehr ... Ich fange an, mir unnütz vorzukommen, (weinend) Scheißig. Ein Nichts.  

T: Nun mal langsam, Karen; du entfernst dich meilenweit von dir. Mach es ganz einfach. Das ganze Gerede von "Sie sind besser als ich, ich bin unnütz", ist doch eingebildetes dummes Zeug. Bleib einfach bei dem, was du innen drin fühlst. Sprich einfach nur aus diesem Gefühl heraus. Wie ist das für dich?

Karen: (weinend) Einsam ... ich bin so einsam ... angeblich habe ich einen Freund, und ich bin so einsam.

T: Schau Harry an - laß ihn wissen, wie du dich fühlst ... Dreh dich ein bißchen zu ihm hin ... streich das Haar aus deinem Gesicht. Laß ihn dich sehen und erzähl ihm, wie du dich fühlst.

Karen: (weinend) Harry ... Ich bin einsam ... Es tut mir weh, Harry. Es tut mir weh ... einsam zu sein ... sich nicht zu haben ... Schweigen, nichts ... Das macht mich ganz tot ... Nein! Ich mache mich selbst tot, wenn ich von dir nichts bekomme ... Ich mache das nicht mehr! Ich lebe so nicht weiter. Das ist nicht gut genug für mich (schreiend).

Ralph: Los, Harry, um Himmels willen, sag endlich etwas.  
Cindy: Ich kann es nicht ertragen - du bist so tot!  
Gruppe: Sag etwas!! Rede. Rede, (schreiend)  
Harry: Ich weiß nicht, was ich sagen soll.  
Ralph: Scheiße! Antworte ihr.  
Harry: Ich mag es nicht ... ich mag dieses Zeug nicht!-!  

T: "Es"? "Zeug"? Wovon redest du? Sag etwas Wirkliches!  
Ralph: Du Scheißkerl - REDE!! Los, verflucht. Jede Woche ist es die gleiche Scheiße - du erzählst irgendeinen Mist, und jeder dreht durch, wenn sie dir helfen wollen, daß du rauskommst und zeigst, was du fühlst. Ich hasse es! Ich hasse es! ICH HASSE DICH. Entweder pack aus oder laß dich mit deiner Scheiße hier nicht mehr blicken.
T: Was willst du, Ralph?  
Ralph: (schreiend) Er soll aufhören, Scheiße zu erzählen. Ich kann es nicht mehr aushalten. Ich kann dich nicht mehr aushalten. Und du (zum Therapeuten), du sagst uns: "Bleibt bei dem, was ihr wollt. Verlangt das, was ihr möchtet. Zeigt eure Wünsche". - Oh, zum Teufel damit. Zum Teufel mit diesen blöden Anweisungen. Ich komme nicht jede Woche her, um auf dieses Arschloch zu warten. Ich will zu meinen Gefühlen gelangen. Er kümmert mich einen Dreck.

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T: Was für Gefühle sind das?  
Ralph: (Schweigen)  
T: Wo sind sie?  
Ralph: Ich habe es satt (zornig).  
T: Du regst dich eher über jemanden anders auf, als zu versuchen, deine Gefühle zu zeigen.  
Mark: So wirst du deine Brocken los, Ralph.  
Cindy: Und du auch, Mark.  
Mark: (schreiend) Oh halt den Mund, du Idiot! Du springst immer nur bei den anderen auf. Sag mal selbst etwas zur Abwechslung.  
T: Okay, okay. Warum gefällt euch das? Fühlt ihr euch wohl dabei? Gefällt es euch, aufeinander herumzuhacken?  

An dieser Stelle mag der Eindruck entstehen, daß keine Therapie stattfindet; was sich zuträgt, könnte man als "Schrei-Athon" bezeichnen. Tatsächlich jedoch läßt der Therapeut verrückte Äußerungen zum Ausbruch kommen, damit ein vollständiger und geordneter Ausdruck folgen kann.

Lynn: Ich halt das nicht aus (weinend).  
Harry: Ich fühle mich scheußlich. Ich weiß, daß ich diesen Mist mache. Ich weiß, daß ich tot bin. Ich hasse es, wenn ich so bin. Ich HASSE es! Aber ich weiß nicht, was ich tun soll.  
Mark: Lügen. Lügen. Wenn du es wirklich wüßtest, käme es dir erbärmlich vor, was du dir antust. Jammere nicht! Rede.  
Harry: Ich fühle mich ja elend. Ich wünschte, ich könnte reden . . .  
Mark: Los. Hör auf mit dieser "wenn ich auf dem Mond wäre"-Masche ...  
Harry: Mir wird schlecht bei diesem ganzen Gewäsch - es stimmt ja alles. Ich meckere und meckere und meckere. Ich meckere an Karen herum ... lauter blöde Kleinigkeiten, und der ganze Abend wird dann beschissen.  
Karen; Reicht dir das? Mir nicht. Ich will mehr, ich will - mehr. Mehr Leben für nuch, für dich. W-enn du klein * wirst und jammerst, sagst du absolut nichts. Nichts kommt aus dir heraus.

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T: Bleib bei dir, Karen. Du redest und beschreibst viel von Harry, aber was ist mit dir? Was tust du, um mehr zu bekommen?  
Karen: Ich gehe auf ihn zu. Ich gehe auf Harry zu.  
Mark: Karen, du gehst so weit heraus zu ihm, daß du am Ende aus dir heraus bist und dich selbst aufgibst. So bekommst du nichts.  
Karen: (weinend) Ich weiß ... ich weiß ...  
Ralph: Das ist der "wenn ich mich genügend anstrenge, werde ich Harry bekommen"-Traum, Karen. Aber das passiert immer wieder.  
T: Nun gut. Karen, Ich möchte, daß du jetzt auf ganz einfache Weise sagst, was c[u_ möchtest Möglichst einfach.  
Karen: Harry! Es tut mir web, wenn du an Kleinigkeiten herumnörgelst' und sie zu großen .Katastrophen aufbauschst. Ich will mehr als das. Ich will dich (weinend) ....  
T: Karen, das ist daneben, du sagst: "Ich will mehr", aber d-u willst dies mehr von jemandem außerhalb von dir. Du gehst weit aus dir heraus, um es zu bekommen. DU willst voti Ha-rry, aber du scheinst nicht für dich zu wollen.  
Karen: Ja ... 
T: Gehst du zu anderen, wenn du von Harry nichts kriegen kannst?  
Karen:  Nein.  
T: Dein Wunsch wird Harry, statt daß du bei dem bleibst, was du brauchst - Nähe, jemandem, mit dem du redest, einen Arm um deine Schultern, ein Essen teilen, alles mögliche.  
Karen: Ja ...  
T: Okay, also schau Harry an und erzähl ihm von deinen Bedürfnissen.  
Karen: Ich brauche wirklich, Harry. Ich leide zu sehr darunter, daß ich von dir nichts kriege und zu leben aufhöre. Ich möchte, daß du dich mir öffnest. Wenn ich dir etwas bedeute, dann sag und zeige es mir. Zeig mir irgendetwas, (schreiend) Zeig mir, daß du etwas fühlst. Zeig dich. Zeig mir, wer du bist.'  
Harry: Das ist zu schwer für mich ...  
Lynn: Oh ... ah ...   
Mark: Mistkerl !

233


T: Okay, Harry, du und Karen rückt etwas auseinander ... noch etwas mehr. Gut. Nun seht euch an. Ja, so - seht euch genau in die Augen und schaut nicht weg. Keine Sekunde lang. Behaltet Augenkontakt. Gut. So ist es gut. Nein - du siehst weg, Karen. Seht euch und niemanden sonst an. So ist es richtig. Jetzt hebt langsam eure Hände und winkt euch zu. Ja, gut ... Jetzt verabschiedet euch. Los. Auf Wiedersehen, Harry. Auf Wiedersehen, Karen. Ja, weiter so. (Karen weint, und Harry ist traurig) Ja, gut - fühlt, wie euch dabei zumute ist.  
Karen: Oh, ich kann es nicht, es tut zu weh. Ich will nicht "Auf Wiedersehen" zu dir sagen.  
T: Los, sag es weiter. Auf-Wiedersehen.  

Harry und Karen winken sich weiterhin "Auf Wiedersehen" zu; der Therapeut will damit beiden helfen, zu fühlen, wie schmerzhaft es ist, sich gegen ein tiefergehendes Fühlen zu wehren. Indem er sie zu einer Übertreibung ihrer Abwehr anhält, drängt er sie an einen Punkt, an dem sie sich entscheiden müssen, entweder zu fühlen oder geschützt zu bleiben.

T: Okay, Harry. Was fühlst du?  
Harry: Nicht viel.  
T: Du fühlst nicht viel dabei, der Frau "Auf Wiedersehen" zu sagen, an der dir angeblich etwas liegt?  
Harry: Das ist es nicht ... es ist ...  
T: "Es ist ... es ist" sicher Harry. Harry, der Grund, warum du nichts beim Auf-Wiedersehen-Sagen fühlst, ist der, daß du niemals Hallo gesagt hast. Daran liegt es. Du bist bei Karen niemals aus dir herausgegangen und hast niemals gesagt: "Hallo, das bin ich, Harry. Hier b.i n ich, offen und ehrlich. Hallo, ich will teilen. Hallo, mein Leben ist mir soviel wert, daß ich dich darin einbeziehe. Hallo, ich brauche Zuneigung. Hallo, ich kann weinen, wenn mir etwas weh tut. Hallo, ich verstecke "lieh nicht. Hallo, Karen, ich bin es, Harry, offen und frei, und ich verstecke meine Gefühle nicht in irgendeiner dunklen Ecke".  
Harry: (weinend) Ich ...  
T: Nein, Harry, du brauchst nichts zu sagen. Es reicht, wenn du fühlst, was dir weh tut. Und du, Karen, du hast auch nie wirklich HALLO gesagt. Du hast dich mit einem mageren kleinen "na?" begnügt. Du "gibst dich mit wenig, mit sehr wenig zufrieden, und dadurch bleibst du selbst klein. Wenn du nicht auf der Befriedigung deiner Bedürfnisse bestehst, dann wirst du weniger sein, als du wirklich bist - es ist wenig für dich, und es heißt warten. Du kennst das Lied "Eines Tages wird mein Prinz kommen"? Das ist ein Märchenlied, aber du lebst es.

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Harry: Ich brauche ... oh (weinend) ... Ich brauche dich, Karen .TrTrTTTch. Wirklich. Die neiste Zeit laufe ich mit dem Gefühl herum, tot zu sein. Ich tue nichts dagegen - ich finde mich damit ab, ich bleibe so. Dann, Karen, versuchst du, mich zu öffnen und frei zu machen, während ich mich mit dir streite. Ich meckere daran herum, wie du etwas gesagt hast, oder ärgere mich über den Tonfall deiner Stimme - das ist alles Blödsinn. Die Wahrheit ist ... ist, daß ich Angst habe, mich zu zeigen und wieviel ich brauche (heftig weinend) ...  
T: Du zeigst es noch immer nicht, Harry. Vorhin hast du gesagt, du kommst nicht aus dir raus, und du hoffst, daß jemand sieht, daß du wirklich Hilfe brauchst. Bekommst du so, was du brauchst?  
Harry: NeJn ... 
T: Richtig. Ein Kind - ein verletztes und entsetztes Kind - wartet. Du bist erwachsen. Du kannst hier und jetzt entscheiden, ob du ein Kind oder ein Erwachsener sein willst.  
Harry: Karen (auf sie zugehend), ich will nahe sein. Ich will offen sein. (Sie umarmen sich und weinen miteinander)

Dem Therapeuten ist es gelungen, Harry und Karen dazu zu bringen, von einer Ebene bewußter Integration heraus offen zueinander zu sein; ihnen beiden wurde geholfen, Vergangenheit und Gegenwart voneinander zu trennen und aus ihrem geordneten Gefühl heraus zu antworten. Sie haben jetzt Gefühlskontakt, der die Grundlage dafür ist, offener zu reden und offener Gefühle zu zeigen. Im Laufe der nächsten Tage oder Wochen werden möglicherweise beide oder einer von ihnen zu regredieren beginnen, und sie werden erneut Hilfe benötigen, um ihre integralen Gefühle zurückzuerlangen. Möglicherweise sind sie aber auch imstande, dieses neue Gefühlsniveau aufrechtzuerhalten, daraus zu wachsen und eine tiefere Vertrautheit zu teilen. Da sich in der Gruppe viele andere verworrene Äußerungen offenbarten, stel1t der Therapeut jetzt andere Patienten vor die Entscheidung, zu zeigen, was sie fühlen;

T: Cindy, wie steht's mit dir heute abend?  
Cindy: Ich fühlte mich ziemlich wohl, als ich herkam, doch als Mark mich vorhin ein paar Mal so anschrie, ging es mir allmählich schlechter.  
Lynn: Das war wirklich furchtbar. Du kamst mir heute abend viel lebendiger vor als sonst.  
Cindy: (weinend) Ich weiß. Ich-war es auch.  
T: Ja, aber was geschah mit dir, Cindy?  

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Cindy: Ich weiß nicht - ich hab es verloren. Ich konnte nicht an meinem guten Gefühl dranbleiben.  
T: Man bleibt nicht an Gefühlen dran, Cindy. Sie sind, eins mit dir.  
Cindy: Ja ...  
T: Nun?  
Cindy: Nun was? -Ich verstehe nicht.  
T: Doch, du verstehst. Du weißt, was ich meine.  
Cindy: Ja...ich versuchte esheute abend (weinend)... Bevor ich herkam, sagte ich mir, daß ich nicht so wie in den letzten drei oder vier Wochen sein würde. Ich nahm mir vor, nicht langweilig zu sein und etwas zu sagen. Ich entschloß mich herzukommen und euch allen zu zeigen, daß ich da bin. Ich konnte es nicht (weinend). 
T: Ja, stimmt - du kannst dir nicht vormachen, lebendiger zu sein, als du tatsächlich bist. Das hast du aber versucht. "Lebendiger" ist das, was es ist - lebendiger, statt auf natürliche Weise lebendig.  
Cindy: Ich weiß nicht, was ich tun soll! (weinend) Ich bemühe mich ... ich bemühe mich wirklich ...  
T: Ja, aber was ist passiert? Du bist etwas geworden, was du nicht bist. Was du gesagt hast, war nebensächlich; wie du reagiert hast, war wie von einem anderen Planeten. Du mußt bloß aufhören, dich zu bemühen, und nur du sein.  
Cindy: Aber niemand wird mich mögen, wenn ich bloß so bin, wie ich bin.  
T: Das ist Vergangenheit, Cindy. Du hast darüber viel gefühlt. Wenn du dich in der Gegenwart bemühst, bist du in Wirklichkeit in deiner Vergangenheit. Ich möchte, daß du jetzt mehr von dir zeigst, nicht mehr von deiner Rolle.  
Cindy: Ich kann nicht, ich weiß nicht, wie ...  
T: Einfach die Rolle ablegen, Cindy.  
Cindy: Ich möchte nicht lächerlich wirken.  
T: Hör zu, du weißt, was du tust. Jetzt entscheide dich. Du kannst verbergen, was mit dir los ist und andere den Dreck für dich machen lassen, oder du gibst diesen Quatsch auf und holst es dir selber.  
Cindy: Ich fühle mich mies. Alles ist in dieser Woche mies gewesen.  
T: Keine sozialen Probleme.  
Cindy: Ich möchte ehrlich sein können.  
T: Wenn du es fest genug willst, wirst du es sein. Im Augenblick mußt du nur aufhören, dich anzustrengen.

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Der Therapeut hat erkannt, daß Cindy ihre Verrücktheit durch übertriebenen Ausdruck herausbringt. Als er sie auffordert, mehr von ihren Gefühlen zu zeigen, gelangt sie durch mehrere retrogressive Stufen — Verworrensein, Übertreibung, nicht stimmiges Weinen, Ankündigungen. Ihr wird gesagt, sie solle sie selbst sein, aber sie hat nur wenig Kontakt mit ihren Gefühlen. Am Morgen nach dieser Gruppe rief Cindy ihren Therapeuten an und bat ihn um eine Sitzung. 

Ihre Gefühle beziehen sich insofern auf ihre Vergangenheit, als einfach sie selbst sein ihren Eltern nicht genügte und sie daher mehr zu tun versuchte. Als Kind hatte sie nicht gefühlt, was ihr dies angetan hatte, und infolgedessen lebte sie künftig in dieser Form weiter. Jetzt, als Erwachsene, wird ihre Abwehr von ihrem Therapeuten angegriffen, und sie fühlt, wie schlimm es für sie ist, sich zu übertreiben und andere Gefühle zurückzuhalten. Transformativ ist für sie, daß sie durch ihre Abwehr hindurch nach Kontakt greift und sich eingesteht, daß sie Hilfe braucht, weil sie weiß, daß sie aus ihren Gefühlen heraus leben muß, statt vor ihnen zu fliehen.

T: Da ist noch was. Bei einigen von euch besteht ein Ungleichgewicht. Pete, du - und du, Lynn - ihr habt nicht so viel geholfen, wie euch geholfen wurde.  
Lynn: Du hast recht. Ich hab deswegen ein schlechtes Gefühl. Ich habe mich nicht in dem Maße angeboten, wie ich es hätte tun sollen.  
Donna: Lynn, ich höre dich zwar, aber was du sagst, ist unsinnig. Was redest du da für ein Zeug: "Ich habe mich nicht angeboten"? Teilen ist Teilen. Fertig.  
Lynn: Ja, ich weiß ...  
T: Lynn, so, wie du jetzt gerade redest - so hart - zeigt uns, daß du es nicht weißt. Das ist etwas, was du immer wieder durchmachst, und jetzt entscheide dich, entweder sag, was mit dir los ist, oder leide.  
Lynn: Ich weiß nicht, was ich sagen soll.  
Donna: Oh, Lynn.  
T: Okay, wir werden nicht noch mehr Zeit darauf verschwenden. Du hast heute zu lange gewartet, Lynn. Du kommst nicht weiter, wenn du dich hinlegst und über dein Leben weinst und dann nichts tust, um es zu verändern. "Ich habe mich nicht angeboten", reicht nicht aus. Es ist nicht gut genug für dich, Lynn.

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Der Therapeut beschließt hier, Lynn so bleiben zu lassen wie sie ist; er will, daß sie zu fühlen beginnt, wie es ist, höheren Lebensanforderungen mit Zurückgezogenheit und früheren Antworten zu begegnen. Wahrscheinlich wird Lynn im Laufe der Woche eine Sitzung mit einem Co-Therapeuten wollen, der darauf vorbereitet sein wird, ihr bei der Bewältigung ihres Widerstandes zu helfen.

T: Gibt es noch etwas, über das jemand gern reden möchte?  
Gary: Ich fühle mich heute abend ziemlich wohl. Ich möchte nicht, daß alles zu Ende geht, ohne daß ich darüber gesprochen habe, (zögert) Ich ... ging übers Wochenende aus und ... nun ... ich hatte es wirklich mit einer Frau. Es war kaum zu glauben - ich wurde nicht schlaff, ich blieb steif, ich kam nicht sofort. Es war phantastisch ... zum ersten Mal.  
T: Hey, das ist toll.  
Steve: Mensch, großartig.  
Gary: Letzten Donnerstag und Freitag hatte ich eine Menge Gefühle, und als ich Samstag ausging, konnte ich tatsächlich anders fühlen. Es ist wirklich komisch, aber ihr wißt ja, was ich in den vergangenen drei Wochen alles durchgemacht habe. Nun, es kam dann alles auf einmal.  
T: Erzähl uns davon, Gary.  
Gary: Vor allem konnte ich fühlen, wie sehr ich mich häufig als Kind in Schach 'hielt* besonders bei meiner Mutter. Ich hatte einfach nie die Möglichkeit, unter Frauen richtig aus mir herauszugehen; jedesmal, wenn ich es versuchte, wurde ich klein gemacht oder zurückgestoßen. Wenn ich mich klein machte, weißt du, Schwäche zeigte, dann war- alles in Ordnung - und dann tat es mir nicht weh. Ich weiß, daß ich jetzt bei dem bleiben muß, was ich brauche, und nicht klein beigeben darf.  
T: Das ist wirklich wichtig für dich.  
Gary: Weißt du, wenn ich klein bin, bin ich nirgends. Ich hab all die Gedanken in meinem Kopf, aber ich lasse sie nicht heraus. Ich mache mich selbst zu einem Hänfling. Samstag abend, da wußte ich, was ich wollte, und ich blieb dabei. Es war wirklich herrlich mitFran, und ich blieb die ganze Nacht. Ich sagte, was ich haben wollte. Und wenn ich Angst bekam, erzählte ich es ihr, und ich blieb bei mir, meinem Wollen. Sie war auch großartig. Sie hörte mir zu und sagte, daß sie auch ein wenig Angst gehabt habe. Es war sehr schön. Es kam mir vor ... als ob wir schon jahrelang Freunde wären- - es war so angenehm. Ich machte mir selbst nichts vor. Ich mag sie sehr und werde sie wiedersehen.

238


T: Wann?  
Gary: Heute abend, nach der Gruppe.  
T: (schmunzelt) Und ...?  
Gary: Und am liebsten möchte ich jetzt hier weg (lacht).  
T: Schön für dich. Bleib' dabei und sag', was du willst.  

Der Therapeut hat Gary ermutigt, weiter aus der Gefühlsebene heraus zu leben, die er in den letzten Tagen erreicht hat. Er läßt Gary nicht über seine jüngste Vergangenheit sprechen — über die vergangenen Tage — aber er gibt ihm die Möglichkeit, all das zu sein, was er sein kann. Jedes Mal, wenn er sagt, was er braucht, bringt er sich mit mehr Sicherheit aus seinem neuen Gefühlsniveau heraus zum Ausdruck.

Ralph: Ich kann so nicht weggehen — ich fühle mich verrückt. 
T: Nein, nein. Du fühlst dich nicht verrückt — du bist verrückt.  
Ralph: (zornig) Worte! Worte! Nur lausige Worte.  
T: Dann sag deine Worte.  

Hier ermutigt der Therapeut Ralph, alles herauszulassen, was er zurückhält. In besonderen Gruppen bringen die Therapeuten die Patienten dazu, die Abwehrmauer, mit der sie sich umgeben, zu durchbrechen, und sie zwingen sie, auf wirkliche Weise zu reden. Innerhalb kurzer Zeit erfahren die Patienten dieser Gruppen, wie sie die neue Gefühlswahrnehmung von sich überprüfen können, die sie in der Feeling-Gruppe entdecken. Sie gewinnen allmählich die Fähigkeit zurück, in einer gefühlten Weise unter anderen Menschen von und für sich zu reden. Die Patienten dieser Gruppen sind zum erstenmal in ihrem Leben imstande, auf einer Ebene zu interagieren, die vorher im Zustand ihres Abwehrens unerreichbar für sie war. Hier setzt der Prozeß des auf neue Weise Erwachsenwerdens ein — ein Wachstum, welches eher auf Gefühlen als auf Abwehren von Gefühlen beruht.

Ralph: Ich kenne keine.  
T: Nun, du hast heute abend eine Menge Schimpfwörter gebraucht, Tabuwörter wie Scheiße und pissen und ficken. Welches Tabuwort bedeutet dir etwas?  
Ralph: Wollen.  
T: Welches noch?  
Ralph: Geben.  
T: Weiter.  
Ralph: Hilfe.  
T: Bilde Sätze aus ihnen.  
Ralph: Ach ... Scheiße ...   
T: Nein... los...  
Ralph: Ich will. Ich will von dir. Von euch allen (hält zurück).  
T: Los jetzt. Mit der gleichen Kraft, mit der du deine Schimpfwörter aussprichst. Leg die ganze Kraft in diese Wörter.  
Ralph: (kräftig) ICH WILL. Ich will HILFE. ICH WILL MEHR. ICH BRAUCHE MEHR. (Seine Stimme wird allmählich stärker, bis sie zu beben beginnt.)
T: Willst du es zu jemandem Bestimmten sagen?  
Ralph: Allen.  
T: Irgendeinem - einer Person.  
Ralph: Am meisten will ich es dir sagen, Harry. Ich sehe dich jetzt an, Harry, du siehst so sanft aus, aber bevor ich fühlte, war ich rasend vor Wut. Ich wollte so viel.  
T: Erzähl Harry das mit deinen Händen, Ralph. Leg die Kraft deiner Worte in deine Hände. (Ralph geht auf Harry zu und hält ihn an den Schultern.)  
T: Kannst du fühlen, was er dir sagt, Harry?  
Harry: Ja. Ich kann es fühlen, Ralph.  
T: Nimm jetzt deine Worte dazu, Ralph.  
Ralph: Harry, ICH BRAUCHE, Ich BRAUCHE dich. Ich BRAUCHE deine HILFE. MEHR und MEHR und MEHR. Ich WILL nahe sein und näher und näher (tieffes Schluchzen).

 

Der Therapeut hat eine Feeling-Übung benutzt, um Ralph zu helfen, zu proagieren, indem er ihn zu einem vollständigen Ausdruck seiner Gefühle bringt.

Ralphs Form der sozialen Interaktion bestand darin, andere zu verhöhnen und sie anzuschreien, statt zu zeigen, was er braucht. Zuerst fällt es ihm schwer, überhaupt zu begreifen, daß er wirklich sein eigenes Gefühl — ich brauche — und nicht "Du Scheißkerl" ausdrücken will. Der Therapeut zwingt ihn, aus seinem Innern heraus zu reden und dann mehr von diesem Gefühl zum Ausdruck zu bringen; dadurch steht er seiner Abwehr gegenüber und kann sich entscheiden, sein reales Gefühl herauszulassen.

Wir können sehen, wie sich Menschen im Rahmen dieser einen Sitzung verändern. Im Laufe der Zeit, nach Monaten oder Jahren, werden die Veränderungen bedeutend beständiger und treten deutlicher zum Vorschein. 

Bisher haben wir individuelle und spezifische Veränderungen dargestellt. Im folgenden Kapitel wollen wir sie empirisch und generell darstellen.

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