Anmerkungen
1. Kapitel S. 5
396-410
1) Der Ausdruck "Innenforschung" auf Seite 11 entstammt dem Titel des Buches Insearch: Psychology and Religion von James Hillman (New York, Scribners, 1967)
2) Ein zeitgenössischer Psychotherapeut, der die engen Beziehungen zwischen seelischer Gesundheit und Krankheit beachtet, ist R.D. Laing. Er bezeichnet die verbalen Verstrickungen in die die Menschen bei unvollständigen Gefühlen geraten, als "Knoten"; vgl. Laing, R. D. Knots.
Laing bezeichnet sie als "Muster ... menschlicher Knechtschaft" und "Netze der Maja". Laings psychiatrische Orientierung wird gewöhnlich mit der Bezeichnung "Anti-Psychiatrie" oder "Radikale Psychiatrie" belegt, unserer Meinung nach läßt sie sich jedoch zutreffender als "Meta-Psychiatrie" bezeichnen, da er die Grenzen der herkömmlichen Psychiatrie in Richtung einer transformativen Psychotherapie durchbricht.
3) Beschreibungen und Analysen transformativer Methoden im Rahmen traditioneller Gemeinschaften finden sich bei:
# Bernoulli, R., et al.: Spiritual Disciplines. New York: Pantheon, 1960;
# Meier, C.A.: Ancient Incubation and Modern Psychotherapie. Evanston, I11: Northwestern University Press,1967;
# Naranjo, C., The One Quest. New York: Viking Press, 1972.Wir haben an anderer Stelle die wechselseitigen Beziehungen zwischen meditativen Verfahren und Psychotherapie erörtert.
Vgl.: Hart, J. und Corriere, R. Abreaction, Feeling and Satori, in: D. Nowlis (Ed.) States of Consciousness; Hart, J. T. The Zen of Hubert Benoit, Jounat of Transpersonal Psychology. 1970, 2, 141-167; Hart J. T. Beyond Psychotherapy. Ch. 30 in: J, T. Hart und T. M. Tomlimson (Eds.) New Directions in Client-Centered Therapy. Boston: Houghton Mifflin, 1970.
2. Kapitel S. 21
1) Das Konzept des "Augenblicks des Fühlens" ist für die klinische Praxis grundlegend, da es ein entscheidendes Phänomen anspricht — Hinwendung oder Abwendung von Gefühlen. Es ist zudem ein nützliches Konzept zur richtigen Einordnung des Stellenwerts einer ganzen Reihe klinischer und experimenteller Beobachtungen zur "unbewußten Wahrnehmung" und "unbewußter Abwehrmechanismen". Im Rahmen der klinischen Psychologie hat man sich mit der verwirrenden theoretischen Frage auseinandergesetzt: "Wie können Abwehrmechanismen unbewußt sein und dennoch wirksam in Kraft treten?"
Wir sind der Ansicht, daß man immer in irgendeiner Weise bewußt wahrnimmt, gleichgültig, ob Gefühle vollständig sind oder nicht, und gleichgültig, ob man sich auf die Vervollständigung eines Gefühls hinbewegt oder nicht. In diesem Sinne ist man stets bewußt: man ist sich der Augenblicke des Fühlens bewußt. Dies trifft selbst dann zu, wenn man sich des Inhalts, des Ergebnisses oder des wahren Bezugs des Gefühls nicht bewußt ist.
2) Ein repräsentatives Beispiel der Forschung zu subliminaler Wahrnehmung und Abwehrverhalten stellt die Arbeit von Fiss, H., Goldberg, F. und Klein, G. S. dar. Effects of Subliminal Stimulation on Imagery and Discrimination. Perceptua1 and Motor Ski 11s, 1963, 17, 31-44. Ein Beispiel für die Gedächtniseffekte des Augenblicks des Fühlens findet sich in Untersuchungen, die zu dem "Ich habe das Gefühl, es zu wissen" (feeling-of-knowing) oder dem "es liegt mir auf der Zunge" Erlebnis (tip-of-the-tongue) angestellt wurden; vgl. Hart, J. T. Memory and the Memorymonitoring Process.' Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior, 1967, 6, 685-691 , und Hart, T~. T. Memory and the Feel ing-of-know-ing Experience. Journal of Educational Psychology, 1965, 56, 208-216.
Das Konzept des Augenblicks des Fühlens wurde sehr eingehend von Eugene Gendlin in seinem Buch erörtert: Experiencing and the Creation of Meaning. New York: Free Press, 1962. Er diskutiert die Verflechtungen philosophischer, psychologischer und psychotherapeutischer Fragen im Hinblick auf Erfahrungswissen.
2a) Dr. Woldenberg vom Center für Feeling Therapie arbeitet an einer neurophysiologischen Arbeit über den Zusammenhang von Schmerz und Zurückhalten; diese Arbeit wird vermutlich in Kürze in mehreren klinischen und wissenschaftlichen Publikationen erscheinen. Es würde uns hier zu weit führen, unsere Theorie in neuro-physiologischen Kategorien zu erörtern. Einen guten allgemeinen Überblick über klinische Schmerztheorien gibt: Melzack, R. The Puzzle of Pain. New York: Basic Books, 1973.
3) Es ist wichtig, zu betonen, daß dieses klinische Beispiel von Jason nur für eine Art homosexuellen Verhaltens gilt. Wir wissen nicht, inwieweit es für andere Homosexuelle zutrifft. In der Feeling Therapie geht es uns wesentlich darum, die psychische Dynamik des Wie und Warum jemand innerhalb einer Sitzung und in seinem Leben fühlt oder abwehrt zu erhellen; wir versuchen nicht, aus spezifischen individuellen gefühlten Augenblicken und Abwehrvorgängen symptomatische Verhaltensmuster abzuleiten.
Wenn wir dennoch solche Verallgemeinerungen vornehmen, wenden wir die Vorhersagen nur sehr global an. Wir sind der Ansicht, daß sich ein Therapeut weit mehr mit der Wahrnehmung von und Reaktion auf Augenblicke des Fühlens befassen sollte als mit der Vorhersage und Generalisierung von Symptomen.
4) Stellvertretend für typische psychiatrische Bücher zu Abwehrmechanismen und Psychopathologie seien genannt:
# Laughlin, H. P. The Ego and its Defenses. New York: Appleton-Century-Crofts, 1970, und
# Arieti, S. (Ed .) The American Handbook of Psychiatry, Vol. I. New York: Basic Books, 1959.
397
3. Kapitel S. 38
1) Pseudo-Katharsis erfüllt sozial ein Bedürfnis, das im allgemeinen nicht erkannt und nicht befriedigt wird. Dieses Bedürfnis ist ein Bedürfnis nach Katharsis und Selbstveränderung. Es bleibt unerkannt, weil soziale Werte nicht auf Selbstentwicklung und enger Gemeinschaft, sondern auf Selbstvorstellungen und Produktivität ausgerichtet sind.
Pseudo-Katharsis ist selbst als unvollständige Erfahrung, so gewaltig und so verschieden von den normalen Formen der Unterdrückung, daß Ausbruchtherapien äußerst populär wurden und bereits Pseudo-Katharsis für viele Menschen ausreicht, um sich von kurzlebigen Kulturen angesprochen zu fühlen.
2) Stellvertretende Katharsis tritt dann auf, wenn jemand seine eigenen Empfindungen und Bedeutungen mit den Ereignissen assoziiert, die er beobachtet. Sie ist begrenzt, da der Beobachter keinen realen, seinen inneren Gefühlen entsprechenden Ausdruck hervorbringt.
3) Das Zitat: "Laßt, die Ihr hier eintretet, alle Hoffnung fahren", stammt aus Dantes Göttlicher Komödie: Die Hölle, Lied III, Zeile 9. Der Ausspruch "Es ist nicht leicht", entstammt unzweifelhaft ebenfalls einer bekannten Quelle, die wir indes nicht aufzufinden in der Läge waren.
4) Ellenberger, H. F. The Discovery of the Unconscious. New York: Basic Books, 1970.
Ellenberger zeigt in seinem hervorragenden Werk die historische Kontinuität zwischen modernen und alten psychotherapeutischen Systemen auf.
Er bemerkt: "... und finden bei primitiven Heilformen Beweise für subtile therapeutische Techniken, von denen viele den meisten modernen psychotherapeutischen Methoden ähneln, während es zu anderen heute keine bekannten Parallelen gibt (S. vi.)".5) Vgl. Janet, P.: Principles of Psychotherapy. New York: Macmillan, 1924;
# Janet, P. The Major Symptoms of Hysteria. New York: Macmillan, 1929
398
6) Breuer, J. und Freud, S. Studieson Hysteria. New York: Basic Books, 1957. deutsch: Freud, S. und Breuer, J. (1895), Studien über Hysterie, in: Ges. Werke, Bd. 1, Frankfurt/M. 1964, S. 75-312.
7) Zu weiterführender Literatur über spezifische abreaktiv-kathartische Therapien vgl.
# Ferenczi, S., Further Contributions to the Theory and Technique of Psychoanalysis. London: Hogarth Press, 1926, 1969;
# Reich, W., The Function of Orgasm. New York: Noonday Press, 1942, 1961, deutsch: Die Funktion des Orgasmus, Köln, Berlin, Kiepenneuer & Witsch, 1969;
# Lowen, A. The Betrayal of the Body. New York: Macmillan, 1966, deutsch: Der Verrat am Körper, Scherz Verlag, 1979;
# Schultz, J. H. and Luthe, W. ÄTjTogenic Therapy. Vol I. Autogenic MetTiofls. New York: Grüne and Stratton, 1969;
# Janov, A., The Prima! Scream. New York: Putnam's Sons, 1970, deutsch: Der Urschrei, Fischer, Frankfurt, 1975;
# Casriel, D.,: A Scream Away from Happiness. New York: Grosset & Dunlap, 1972
# Hogan, R.A. Implosive Therapy in the Short-Term Treatment of Psychotics. In: H. Greenwald (Ed.) Active Psychotherapy . New York: Atherton Press, 1967 ;
# Jackins, H. The Human Side of Human Beings. Seattle: Rational Island Publishers, 1965;
# Grijnke.r, R. R. and Spiegel, J. P. Men linder Stress. Philadelphia: Blakisten, 1945;
# Kline, WT~U, Hypnotherapy. Ch. 46 in: B. J. Wolman (Ed.) Handbook of Clinical Psychology. New York: McGraw-Hill, 1965.Eine allgemeine Erörterung der Bedeutung der abreaktiv-kathartischen Komponente in Psychotherapien geben:
# Steward, W. A. Psychoanalysis: The First Ten Years, 1888-1898. New York: Macmillan, 1967;
# Symonds , P.M., A Comprehensive Theory of Psychotherapy. American Journal of Orthopsychiatry, 1954, 24, 697-714;
# Thornton, N. What Is the Therapeutic Value of Abreaction? Psychoanalytic Review, 1949, 36, 411-415;
# Kris, E. The Recovery of Childhood Memories in Psychoanalysis. In: Psychoanalytic Study of the Child, 1958, 11, 54-88;
# Bibringl ET Psychoanalysis and the Dynamic Psychotherapies. Journal of the American Psychoanalytic Association, 1957, 2, 745-770.
4. Kapitel S. 60
1) Da die Menschen nur wenig Erfahrung mit vollständigem Ausdruck von Gefühlen besitzen, entnehmen sie die meisten ihrer Vorstellungen über Gefühle aus Filmen, Fernsehen, Büchern und Zeitschriften. Wir machen in Kursen zur Feeling Therapie häufig Gebrauch von Filmen, um zu demonstrieren, wie irreführend die im Film vermittelte Vorstellungswelt sein kann.
399
2) Beachten Sie, daß wir die Theorie der Verworrenheit in erfahrungspsychologischen Begriffen vorlegen. Diese Theorieebene steht der Arbeitsebene der Therapeuten am nächsten. Für theoretische Zwecke ließe sich diese Theorie der Verworrenheit in neurophysiologische, verhaltenspsychologische und kognitive Begriffe übertragen. Wir wollen uns hier nicht an derartigen theoretischen Ausarbeitungen versuchen, aber auf einige Bücher hinweisen, die erkennen lassen, wie solche Übertragungen vorgenommen werden können.
Eine neurophysiologische und kognitive Formulierung geben.... Miller, G. A., Galanter, E. und Pribram, K. Plans and the Structure of Behavior. New York: Holt, 1960, deutsch: Strategien des Handelns, Kiett, Stuttgart, 1973.
Eine behavioristische Formulierung der psychoanalytischen Theorie geben... Dollard, J. und Miller, N. E. Personality and Psychotherapy. New York: McGraw-Hill, 19503) Siehe: Lewis, W. C, Wolman, R. N. and King, M. The Development of the Language of Emotions. American Journal of Psychiatry, 1971, 127, 1491-1497.
4 ) Zahlreiche der bedeutenden Experimente Schachters sind dargestellt in: Schachter, S. Emotion, Obesity and Crime. New York: Academic Press, 1971.
5) Eine der zentralen Veröffentlichungen Gellhorns ist: Gellhorn, E. The Consequences of the. Suppression of Overt Movements in Emotional Stress: a Neurophysiological Interpretation. Confinia Neurologie, 1969, 31, 289-299. Das Zitat findet sich auf S. 297. ffir danken Professor Henry Beck von der UCI für diesen Hinweis.
6) Wenn die Menschen ihre Verworrenheit zu fühlen beginnen, reden sie häufig über ihre verworrenen Gefühle in Form von Fragen wie: "Warum kann ich nicht verstehen?" oder "Was ist mit mir los?" oder "Warum kann ich nicht klar werden?" Zu versuchen, solche Fragen zu beantworten, bedeutet, sich vom Fühlen zu entfernen und sich in einen erschöpfenden intellektuellen Circulus vitiosus hineinzubegeben. Obwohl die Fragen zeigen, daß sich ein Patient verworren vorkommt, wird die Verwirrung nur dann beendet und vollständiges Fühlen möglich, wenn er sich in das Ungewisse des Fühlens begibt und von der vernünftigen Verrücktheit von Antworten abwendet.
7) Thomas Szasz hat einen wertvollen Beitrag zur Psychiatrie- und Sozialreform geleistet, indem er aufgezeigt hat, wie Mental-Health-Gesetze gegen die Interessen der Patienten gerichtet sein können und sie der bürgerlichen Grundfreiheiten berauben. (vgl. Szasz, T. S. Law, Liberty and Psychiatry. New York: Macmillan Co., 1963).
400
Indes übersieht Szasz eine andere Seite psychiatrischer Moral: Die Patienten glauben selbst an "den Mythos der Geisteskrankheit" und berauben sich dadurch selbst jeglichen Gefühls davon wie sie ihre selbstschädigenden Aktivitäten festigen.
Wir vertreten den Standpunkt, daß Verrücktheit ein reales Phänomen in dem Sinne ist, daß die Menschen in der Kindheit durcheinandergebracht werden und ihre emotionale Verworrenheit als Erwachsene ausleben. Doch Verrücktheit ist keine Krankheit, die geheilt werden kann; Verrücktheit ist ein Zustand innerer Verworrenheit, der einer Neuordnung weichen kann, falls, und dies ist der entscheidende Punkt, falls die verworrene Person die Verantwortung dafür übernimmt, wie sie fühlt und handelt. Dazu benötigt sie die Unterstützung einer therapeutischen Gemeinschaft.
5. Kapitel S. 89
1) Beachten Sie, daß sich unsere Definition von Verrücktheit von der allgemeinen akzeptierten unterscheidet, derzufolge Verrücktheit "abnormales Verhalten" ist. Meist wird jemand fur verrückt gehalten, wenn er sich in einer Irrenanstalt befindet. Er wird für seelisch gesund oder zumindest nicht verrückt gehalten, wenn er außerhalb solcher Institutionen lebt. In einer kürzlichen Untersuchung stellten Rosenhan und seine Mitarbeiter fest, daB Therapeuten und Arzte in psychiatrischen Krankenanstalten kein gesundes oder normales Verhalten registrieren (vgl. Rosenhan, D. L. On Being Sane in Unsane Places. Science, 1973, 179, 250-258).
Wir sind der Meinung, daß die Verrücktheit des Lebens aus Vorstellungen heraus statt aus Gefühlen gewöhnlich in unserer Gesellschaft nicht registriert wird.2) Dieses Experiment zum Zwang, zufällige Punktemuster zu ordnen, wurde von Professor Alex Bavelas durchgeführt und in einem Forschungsseminar zur "sozialen Wahrnehmung" an der Stanford Universität erörtert. Es gibt zahlreiche Standardquellen, die die Auswirkungen des Triebzustandes auf Perzeption und Kognition zusammenfassen. Vgl. etwa: Lazarus, R. S. Psychological Stress and the Coping Process. New virk: McGraw-Hill, 1966.
3) Eine Zusammenfassung unserer Forschungsergebnisse über psychologische und physiologische Veränderungen, die mit der Feeling Therapie einhergehen, gibt Kapitel 13 ("Veränderungsmöglichkeiten").
4) Siehe: Ornitzi E. REM Sleep and the Autistic Child. In: E. Hartmann (Ed.) Sleep and Dreaming. Boston: Little, Brown & Co., 1970
401
5) Patienten der Feeling Therapie führen kein Leben, das völlig frei wäre von Images. Das heißt, eine überdauernde, nicht von bestimmten Images bestimmte Gesundheit wird nie erreicht. Was geschieht, ist, daß immer mehr feste Vorstellungen aufgegeben werden, während die Gesundheit des Fühlens immer mehr das individuelle Leben bestimmt. Jede Person erwirbt einen inneren Gefühlsbezugspunkt, mit der sie ihre äußeren Vorstellungsbezugspunkte ersetzt. Die Entscheidung, sich Gefühlen zuzuwenden und Images aufzugeben, muß immer wieder aufs neue getroffen werden.
6. Kapitel S. 113
1) Wir führen gegenwärtig Untersuchungen durch, deren Gegenstand der Therapeut als Lügendetektor ist, und prüfen Vergleiche zwischen der therapeutischen Detektion von Versäumnissen und Aufträgen und der polygraphischen Detektion von Lügen. Derartige Versuche gehen auf die frühen Untersuchungen Jungs über Wortassoziationen und "Komplexen" zurück. Vgl. Jung, C. G., et al. Studies in Word Association. New York, 1919.
2) Die besten Meditationsverfahren sind keine Techniken, sondern Verfahren zur Weckung von Gefühlen, die für eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt richtig, als System jedoch falsch waren. Die schlechtesten Meditationsformen sind entweder Verdrängungs- oder Unterdrückungssysteme oder Methoden zur Idealisierung von Vorstellungen.
7. Kapitel S. 139
1) Eine allgemeine Diskussion des wissenschaftlichen Stellenwertes von Fallstudien in der Psychologie gibt:
Schontz, F. C. Research Methods in Personality. New York: Appleton-Century-Crofts, 1965.
Ein ausgezeichnetes Beispiel einer Fallstudie mit Beiträgen von zwei Therapeuten und dem Patienten findet sich bei:
Gardiner, Muriel (Ed.) The Wolf-Man. New York: Basic Books, 1971.Der in die psychoanalytische Literatur als "Wolfsmann" eingegangene Fall des Dr. Schreber wird häufig als Freuds bekanntester Fall zitiert. In der Feeling Therapie legen wir größeren Wert auf Sitzungsstudien als auf klassische Fallstudien. Uns geht es mehr um die Gefühlsbewegung innerhalb einer Sitzung als um die Charakterdynamik, die sich (erst -OD) bei Analyse vieler Sitzungen einer Person über einen längeren Zeitraum erkennen läßt.
402
2) Der "entgegenwirkende" Teil des "gegenaktiven" Prozesses wird sowohl vom Therapeuten als auch vom Patienten übernommen. Der Patient muß sich von Bestrebungen lösen, eine Abwehr zu akzeptieren und zu leben, und dazu übergehen, sie zu zeigen und zu fühlen. Eine Abwehr zu akzeptieren und zu leben mag beinhalten, daß sie begründet oder ignoriert wird, daß andere Abwehrformen angenommen werden, daß die Abwehr anderen zugeschrieben wird, daß man über das, was vorgeht, verwirrt ist — alles und jedes, nur nicht, daß der selbstzugefügte Schmerz des Abwehrens gefühlt wird.
8. Kapitel S. 178
1) In jeder Psychotherapie erlernen die Patienten eine neue, gebilligte Sprache, in der sie sich selbst und andere beurteilen. Dies ist auch in der Feeling Therapie der Fall; neue Patienten reden endlos über: "Ich fühle nicht sehr viel" oder "Er war nicht sehr offen" oder "Ich konnte einfach nicht unterbinden, daß ich mich schlecht fühlte".
Solche Klischeeäußerungen lassen sich nur dadurch vermeiden, daß dem Patienten die einfache Instruktion erteilt wird: "Rede nur für dich". Wir haben bewußt eine theoretische Sprache entwickelt, die sich von der therapeutischen Umgangssprache abhebt, damit der Ausdruck von Gefühlen nicht ohne weiteres durch Gef ü hrl sanalysen ersetzt werden kann. So würde es beispielsweise lächerlich klingen, wenn jemand sagt: "Ich kann nicht unterbinden, daß ich regrediere" oder "Ich tue mein bestes, um zu proagieren" oder "Ich möchte abreagieren". In einigen Therapien, bei denen die theoretische Sprache und die Therapiesprache identisch sind, kann der Ausdruck von Gefühlen sehr leicht durch Gefühlsplattitüden und -analysen ersetzt werden, zum Beispiel: "Ich möchte meinen Schmerz fühlen" oder "Aus mir spricht das Kind".
2) Wir "therapieren" zuweilen in einem Park, einem Lebensmittelgeschäft oder einem Bus, um den Patienten verständlich zu machen, daß das, was am Center gemacht wird, nichts Esoterisches ist, das auf eine bestimmte Zeit oder Örtlichkeit beschränkt ist.
3) Eines der gegenwärtigen von der Center Foundation finanzierten Forschungsprojekte betrifft den "Ausdruck und das Erkennen von Gefühlen im Alltag". Dieses Projekt wird von einem unserer Therapeuten, Stephen Gold, geleitet, der die Untersuchung für seine Dissertation an der Ivine-Universitat von Kalifornien durchführt. Er hat einen einfachen Fragebogen entwickelt, in dem die Leute danach gefragt werden, wann, wo und wie sie verschiedene Gefühle erlebt haben. Obwohl die Zusammenfassung und Analyse der Daten noch nicht abgeschlossen ist, wird bereits jetzt klar, welche massiven emotionalen Verwirrungen bei "normalen" Menschen in "normaler" Umgebung vorhanden sind. Viele Menschen berichten beispielsweise, daß sie nie wütend werden, nie zeigen, wenn sie wütend sind, und nie weinen. Es ist, als ob die menschlichen Organe des Ausdrucks amputiert worden wären.
403
Wenn wir öffentliche Vortrage über die Theorie und Praxis der Feeling-Therapie halten, sind wir nicht vornehmlich an einer Therapievermittlung interessiert. Uns geht es darum, die Normvorstellungen von Normalität zu verändern. Es ist insbesondere unser Anliegen, daß, die Leute nicht die Gefühle ihrer Kinder amputieren.
Ein ausgezeichnetes kleines Buch, das Eltern und Kinder über Gefühle unterrichtet, legt Eda Le Shan vor: — What Makes Me Feel This Way: Growing Up With Human Emotions. New York: Collier Books, 1972.
9. Kapitel S. 207
1) Wir haben in der Feeling Therapie buchstäblich Tausende von Übungen, um mehr zu fühlen, entwickelt und sind dabei, weitere zu entwickeln. Sehr häufig können Überleitungsübungen, die für einen einzelnen Patienten spezifische Bedeutung und Ausdruckskraft besitzen, verallgemeinert und als Anfangsübungen in Realitätsgruppen für die gesamte Patientengruppe angewandt werden. Wir haben die unzähligen Übungen in diesem Buch deshalb nicht katalogisiert, weil dies vom Wesentlichen der Therapie ablenken würde: jedem zu helfen, seine jeweiligen Gefühle und seine Abwehr zu fühlen.
Wir wissen ferner, daß einige Therapeuten, die nicht von uns ausgebildet wurden, versuchen würden, manche dieser Übungen im Namen der Feeling-Therapie anzuwenden. Um es daher noch einmal zu wiederholen: die Feeling Therapie ist keine Technik oder Theorie; sie ist eine Gemeinschaft. Wenn die Techniken ohne die Gemeinschaft zur Anwendung gelangen, werden sie nicht die gleichen Effekte zeitigen.2) Beachten Sie, daß Abreaktionen in Realitätsgruppen selten auftreten. Wenn sie auftreten, dann gewöhnlich nur kurz, oder der Patient wird, falls notwendig, aus der Gruppe in einen anderen Raum gebracht, wo er durch seine abreaktive Entladung von Gefühlen geführt wird. Der Grund dafür ist, daß während einer Abreaktion der Nachdruck auf Reaktionen gegenüber Menschen und Ereignissen aus der Vergangenheit liegt - während solcher Reaktionen sind andere Personen in der Gegenwart bloß störend. Häufig bemängeln Patienten den artifiziellen Charakter einer Gruppe, der Realitätsgruppe, die sich einzig und allein mit gegenwärtigen Gefühlen auseinandersetzt. Sie argumentieren: "Ich muß meine Gefühle herauslassen, wann immer sie hochkommen, ganz gleich, welche es sind". Aber die Realitätsgruppe ist eine exakte Parallele zu einer größeren Gruppe, auf die der Patient reagieren muß - der Gruppe, die durch sein Alltagsleben gebildet wird, an alltäglichen Orten, mit Menschen, die keine Therapeuten sind. An solchen Orten kümmert sich niemand um jemanden, der sich hinlegt und wie ein Kind weint.
404
Manche regressive Therapien haben die Patienten ermutigt, "klein zu sein, wenn sie sich dementsprechend fühlen", wobei die Konsequenzen für Patienten, die sich schließlich in Situationen wie Kinder verhielten, in denen ihnen niemand bei der Bewältigung ihrer Gefühle half, verheerend waren. Ein solcher Rat ist innerlich noch destruktiver für Patienten, die nicht unterscheiden können, ob sie wie ein Kind, ausagieren oder sich als Kind fühlen; sie erlernen eine neue regressive Abwehr und benutzen sie zur Vermeidung realer Gefühle in der Gegenwart.
10. Kapitel S. 241
1) Der Ausdruck "Transformation" kennzeichnet einen Grundprozeß, keinen wunderbaren, phantastischen oder außergewöhnlichen Vorgang. Viele Patienten begeben sich in die Therapie wie Pippin, dem idealistischen Sucher aus dem Musical gleichen Namens, mit großen Hoffnungen und einer Identität so weit wie die Welt:
Rivers belong where they can ramble
Eagles belong where they can fly
I've got to be where my spirit can run free
Got to find my corner of the sky.Sie suchen sich am Himmel und vergleichen sich mit anderen realen und vorgestellten Lebewesen. Doch wenn sie dem gewaltigen Wissen nachgeben, das aus dem Fühlen ihres eigenen Lebens, so wie es ist, herrührt, werden sie ein anderes Lied singen:
Im not a river
Or a giant bird that soars to the sea
And if I'm never tied to anything
I'll never be free ...
I wanted magic shows and miracles
Mirages to touch
When I wanted worlds to paint
And costumes to wear
I think it was here
'Cause it never was there
It never was there.(Aus Pippin, Musik und Text von Stephen Schwartz. Hollywood: Motown Records, 1972.)
405
2) In früheren Kulturen blieb die Suche nach Transformation der zweiten Lebenshälfte vorbehalten, gewöhnlich dem Alter zwischen fünfundvierzig und fünfzig. In diesem Lebensabschnitt haben die Leute möglicherweise ihre Familien, Arbeitsstellen und Gemeinschaften verlassen, um einen Lehrer und Zuflucht zu suchen. Aber traditionelle Zeitspannen haben heutzutage keine Bedeutung mehr. Die Menschen wachsen nicht in Kontaktkulturen auf, die ihre Gefühle leiten und vertiefen.
Moderne Männer und Frauen stehen der Aufgabe gegenüber, sich zu transformieren, um ihr Erwachsenenleben zu beginnen. Heute sind Arbeit, Karriere, Hochzeit, Familie, Kinder kein sicherer Leitfaden mehr für die Frage: Wie soll ich leben? Der moderne Mann und die moderne Frau müssen persönliche Antworten auf die Fragen geben, auf die es früher einmal kulturelle Antworten gab. Diese persönlichen Antworten können nur durch eine Transformation bereitgestellt werden .
3) Einer der Theoretiker, der die positiven Möglichkeiten der Desintegration in der Therapie erkannt hat, ist der polnische Psychiater Dabrowski.
Vgl.: Dabrowski, K; Positive Disintegration. Boston: Little, Brown&Co., 1964;
und Dabrowski, K.; Personality-Shaping Throug Positive Disintegration; Boston: Litte, Brown&Co. , 1967.
11. Kapitel S. 263
1) Im Rahmen humanistischer Psychotherapien ist man nachdrücklich von Bezeichnungen wie "Therapie", "Patient" und "Therapeut" abgerückt und zu solchen wie "Encounter", "Klient" und "Facilitator" übergegangen. Wir sympathisieren mit einigen der hinter dieser sprachlichen Veränderung liegenden Gründe, schließen uns jedoch diesem Sprachwechsel nicht an. Wer sich in unsere Therapie begibt, profitiert anfangs dadurch, daß er ein Patient ist; er ist zunächst nicht fähig, ein volles Mitglied der Gemeinschaft zu sein.
Der humanistische Sprachwechsel leistet zwei Mythen Vorschub: dem einen, daß alle in ihren Gefühlen gleich sind, und dem zweiten, daß Therapeuten keine besonderen Fähigkeiten besitzen. Beide Mythen sind irreführend: es besteht ein großer Unterschied zwischen den Gefühlsniveaus, die verschiedene Leute aufrecht erhalten können, und ein großer Unterschied zwischen dem Ausagieren und dem Handeln aus Gefühlen heraus. Unsere Therapeuten besitzen sehr wohl eine besondere Fähigkeit: sie können vollständig fühlen und verworrene Gefühle von geordneten Gefühlen unterscheiden. Sie sind überdies sehr gründlich ausgebildet; eine abgeschlossene Ausbildung als Feeling-Therapeut dauert etwa drei Jahre.
406
12. Kapitel S. 283
1) Shephard, M. und Lee, Marjorie. Games Analysts Play. New York: Berkeley Medallion, 1970.
2) Es gibt eine interessante Geschichte darüber, wie diese Begrenzung in der Psychoanalyse deutlich hervortrat; sie wird von Jung auf Seite 158 seines Buches Memories, Dreams and Reflections, New York: Random House Vintage Books, 1961, berichtet.
Er beschreibt, wie er und Freud regelmaßig Traumassoziationen und -interpretationen austauschten. Eines Morgens lehnte es Freud ab, seine Assoziationen zu einem Traum zu offenbaren, indem er sagte: "Ich kann nicht meine Autorität aufs Spiel setzen." Natürlich hatte er in diesem Moment seine gesamte glaubwürdige Autorität für Jung verloren.
3) Pande, S. The Mystique of "Western" Psychotherapy: an Eastern Interpretation: Journal of Nervous and Mental Disease, 1968, 146 (6), 425-432. .
4) Das Konzept einer therapeutischen Gemeinschaft läßt sich leicht ins Gegenteil verkehren, wie es Ken Kesey in seinem Buch One Flex Over the Cuckoo s Nes,t, New York: Viking Pressi 1962, geschildert hat.
5 ) McLuhan, M. Understanding Media: The Extensions of Man. New York: McGraw-Hill Paperback, 1964. Siehe auch: McLuhan, M. The Gutenberg Galaxy. Toronto: University of Toronto Press,
6 ) Fontana, V. J. Somewhere a Child is Crying. New York: Macmillan, 1973. Erwachsene miBbrauchen sich gegenseitig eben so wie ihre Kinder. Dr. Morton Bard, Leiter des Action Research Program in Criminal Justice, bemerkte:
"Die Familie ist das Saatbett der Gewalt, und wir wissen nur wenig darüber ... Mehr als achtzig Prozent der Totschlagsdelikte werden unter Verwandten oder Bekannten begangen. Es ist verhältnismäßig selten, daB ein Fremder einen Fremden umbringt." (APA Monitor, 1972, 3 (4), p. 4.)
7 ) Montagu, A. Touching: The Human Significance of the Skin. New York: Harper and Row, 197J; zitiert auf S. 335.
8 ) Der Schriftsteller und Essayist John Lahr hat sehr überzeugend das Starsystem dargestel1t, insbesondere in seinem Roman: The Autograph Hound, New York: Knopf, 1973.
407
13. Kapitel S. 309
1) Zusammen Spielen als Phänomen von Kontaktkulturen wird in von Medien beherrschten Kulturen in Sportwettkämpfe und Zuschauen verkehrt. Wir ermutigen häufig unsere Patienten, zusammen zu spielen, damit sie sich allmählich wieder der Kontaktrealität zuwenden können.
2) Die von Reich propagierte "sexuelle Revolution" ist heute bereits teilweise verwirklicht. Die Menschen sind heute viel freier, um den sexuellen Bereich zu erkunden und bei ihren sexuellen Problemen Hilfe zu erhalten, als sie es 1927 waren. Doch jeder muß sich trotzdem den internen Transformationen stellen, die individuelle sexuelle Freiheit ermöglichen.
-- Vgl. Reich, W. The Sexual Revolution. New York: Farrar, Straus & Giroux, 1945, 19693) Vgl. Karle, W., Corriere, R. and Hart, J. Physiological changes in abreactive therapy - Study I: Primal Therapy. Psychotherapy, 1973, 10, 117-122; Luthe, W. Autogenic Therapy. Voi« JV- Research and Theory. New York: Grune and Stratton, 1970; Lowen, A. The Betrayal of the Body. New York: Maciniilan, 1966.
4) Woldenberg, L., Karle, W., Gold, S., Corriere, R. and Hart J.: Physiological changes in abreactive-cathartic therapy-Study II: Feeling Therapy. Psychotherapy, 1974, zur Veröffentlichung vorgesehen.
5) Siehe Wallace, R. K. The Physiological Effects of Transcendental Meditation, Dissertatfb~nT~vorgelegt an der UC[S, 1 970.
6) Karle, W., Gold, S., Maple, C, Corriere, R. and Hart, J. Maintenance of psychophysiological changes in Feeling Therapy-Part I: Physiological Changes. Psychotherapy, 1975, zur Veroffentlichung vorgesehen.
7) Siehe Corriere, R. The Transformation of Dreams. Dissertation, vorgelegt an der UC Irvine, 1974.
8) Grossberg, C. and Corriere, R. Poems. Los Angeles: The Center Foundation, 1974.
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14. Kapitel S. 340
1) Zitiert aus Ellis, A. Rational-Emotive Therapy. Ch. 5 in: R. Corsini (Ed.) Current Psychotherapies. Itasca, 111.: Peacock Publishers, 19/3, S. 167.
2) Vgl. Glasser, W. and Zunin, L. M. Reality Therapy, Ch. 8 in: R. Corsini (Ed.) Current Psychotherapies. Itasca, 111.: Peacock Pubiishers, T373, S. 287.
3) Siehe Kempier, W. Gestalt Therapy. Ch. 7 in: R. Corsini (Ed.) Current Psychotherapies. Itasca, 111.: Peacock Pub-1 ishers, 1973, S. 2FT
4) Peris, F. Gestalt Therapy Verbatim. Lafayette, Calif.-: Real People Press, 1969, S^ 4; deutsch: Gestal ttherapie in Aktion, Klett, Stuttgart, 1976.
5) Lowen, A. Physical Dynamics of Character. New York: Grüne and Stratton, 1958, S. 103.
6) Keleman, S. Sexuality, Self and Survival. San Francisco, Calif.: Lodestar Press, 1971, $. 44.
7) Janov, A. The Primal Scream. New York: Putnanis, 1970, S. 89, 91 f.; deutsch: Der Urschrei, Fischer, Frankfurt, 1975, S. 74 ff.
8) Meador, B. and Rogers, C. Client-Centered Therapy: Ch. 4 in: R. Corsini (Ed.) Current Psychotherapies.' Itasca, 111.: Peacock Publishers, 1973, S. 125-126, 128.
9 ) Laing, R. D. The Politics of Experience. New York: ßailan-tine, 1967, S. 28; deutsch: Phänomenologie der Erfahrung, Suhrkamp, Frankfurt, 1969, S. 22.
10 ) Goodall, J.: In the Shadow of Man. Boston: Houghton Mifflin, 1971_
11 ) Für eine Diskussion der Unterschiede zwischen der Feeling-Therapie und anderen Therapien, insbesondere der Primärtherapie, siehe: Personal Growth, 1974, 22, 3-12.
15. Kapitel S. 362
1 ) Diese Beschreibung stammt aus dem englischen Film The Third Secret.
2 ) Eine Möglichkeit, Störungen zu "behandeln", ist die über psychochirurgische Eingriffe, wobei die Spaltung zwischen Fühlen, Denken und Ausdruck komplettiert wird. Ein lobotomierter Patient steht im Verhältnis zu einer normalen Person so, wie eine normale zu einer fühlenden Person. Zu den Gegnern der Psychochirurgie zählt Dr. Peter Breggin.
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Er führt an, daß "die Zerstörung des Frontallappengewebes sich sofort in einem progressiven Verlust aller menschlichen Funktionen niederschlägt, die mit dem Frontallappen in Beziehung stehen - Einsicht, Empathie, Sensitivität, Selbst-Bewußtsein, usw.".
Untersuchungen im Anschluß an die Operation zeigen, daß den Patienten in keiner Weise geholfen wird: "Tatsächlich waren sie stark hirngeschädigt, und die Mortalitätsrate war hoch". Vgl.: Trotter, R. T. Peter Briggin's Private War. Human Behavior, 2 (11), 1973.
3) In seiner Mitteilung an das Präsidium der American Psychological Association aus dem Jahre 1973 warf Dr. Donald Hebb der humanistischen Psychologie vor, daß sie "zwei sehr verschiedenartige Wissensformen durcheinander wirft ... " Er behauptet, daß die Psychologie "immer unvollständig" sein werde und wenig dazu zu sagen habe, wie man "weise und gesund" leben könne. Hebbs Mitteilung wird berichtet im APA Monitor, 1973, 4 (11), S. 7.
4) Onions, C. T. (Ed.) The Oxford Universal Dictionary. Oxford: Clarendon Press, 1933, S. 685.
5) Skinner, B. F. Beyond Freedom and Dignity. New York: Knopf, 1971 .
6) In der Vishvasara Tantra wird diese persönliche Freiheit folgendermaßen beschrieben:
What is here is elsewhere
What is not here, is nowhere.Aus Mookerjee, A., Tantra Art, New Delhi: Kasmar Gallery, 1966, S. 83.
7) Freud, S., Beyond the Pleasure Principle, New York: Bantam, 1959; deutsch: Jenseits des Lustprinzips, in: Ges. Werke, Bd. 137 Frankfurt/M., 1964. S. 1-71.
Freud verband Lust mit Stimulation, mit Anstrengungen, innere und äußere Sensationen auf annehmbarem niedrigem Niveau zu halten. Vor diesem Hintergrund gelangte er zu der Schlußfolgerung: "Das Ziel allen Lebens ist der Tod".
Aber seine Formulierung mißachtet die expressive Seite der Gefühlsgleichung. Die Stimulation kann groß oder klein sein und muß nicht zwangsläufig mit einem psychischen Schaden für den Organismus einhergehen, nämlich dann nicht, wenn der Ausdruck mit dem Gefühl in Einklang steht. Es ist die vollkommene Harmonie zwischen Empfindungen, Bedeutungen und dem Ausdruck, die das Leben real, vollständig und flexibel macht. Das Ziel allen Lebens ist das Leben.
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