Prof.
Tim Flannery

 

 

Wir Wettermacher -
Menschen, Klima, Erde
Sachbuch 2005

Wikipedia.Autor  
*1956 in Melbourne

dnb Name   dnb Person

dnb Nummer (25)

detopia:

Klimabuch  

F.htm

Wir Klimamacher - 1990 

Will-Steffen    Monbiot-George 

 

 

 

    

2010: Auf Gedeih und Verderb. Die Erde und wir: ... besonderen Beziehung DNB.Buch

2015: Die Klimawende, wie wir mit neuen Technologien...  DNB.Buch

2018:  Europa, die ersten 100 Millionen Jahre.  DNB.Buch

Audio

Video 2008 mit Flannery 

zum Buch 2010  Auf Gedeih und Verderb

Audio 2013 Wallace 

Audio 2019 zu Europa

 

 


Europa Buch 2018

dlf  tim-flannery-europa-die-ersten-100-millionen-jahre-die 

 

https://www.deutschlandfunkkultur.de/klimawandel-ein-drohender-alptraum.950.de.html?dram:article_id=133783

 


 

Interview 2006 mit Tim Flannery  

 

Tim Flannery, geboren 1956 in Melbourne, lebt als Wissenschaftler, Forscher und Umweltschützer in Australien. Als Zoologe hat er mehr als dreißig neue Arten von Säugetieren entdeckt. Tim Flannery ist Autor zahlreicher Bücher und hat viele Dokumentarfilme gedreht. Er ist Professor für Zoologie und Direktor des South-Australian-Museum in Adelaide. 

URL:   heise.de / Das-Gesamtbild-des-Klimawandels-wird-immer-alarmierender-- 

 

Herr Flannery, wie kommt es, dass Sie als Biologe ein Buch über den Klimawandel geschrieben haben?

Als studierter Biologe habe ich mich von einem historischen Standpunkt schon immer für das Erdklima interessiert. Denn es ist eine der treibenden Kräfte der Evolution. Als ich vor fünf Jahren von der australischen Regierung zum Vorsitzenden eines Beratungsgremiums zu Wissenschaft und Umwelt ernannt wurde, begann ich die wissenschaftliche Literatur genauer zu studieren. Was ich in den wissenschaftlichen Journalen fand, war alarmierend. Dabei war die öffentliche Wahrnehmung des Klimaproblems in Australien damals nicht sehr ausgeprägt. Also beschloss ich vor zwei Jahren, dass ich ein Buch schreiben muss, um der Öffentlichkeit Informationen zu liefern.

Wie schlimm ist der gegenwärtige Klimawandel?   

Vor fünf Jahren war ich eher skeptisch. Doch dann begann ich, die Klimaveränderungen, die ich in meiner Arbeit als Biologe beobachtet hatte, angesichts der wissenschaftlichen Befunde neu zu bewerten. Ich war nach kurzer Zeit überzeugt davon, dass der Klimawandel das größte Problem ist, mit dem die Menschheit heute konfrontiert ist. Die Klimaforschung, die belegt, dass der Wandel real ist und wir die Verursacher sind, ist ziemlich solide. Die Computermodelle zeigen, dass sich die globale Erwärmung in der Zukunft sogar beschleunigen wird. Und es gibt verdammt viele Studien, die die Folgen darlegen. Es herrscht zwar eine gewisse Unsicherheit über die Details, aber das Gesamtbild wird immer klarer – und alarmierender.

Wie beurteilen Sie die so genannte Kontroverse, ob der Klimawandel vom Menschen verursacht ist oder nicht?

Ich war anfangs deshalb skeptisch, weil es in der Vergangenheit immer wieder Perioden des Klimawandels gegeben hatte. Doch mir war da nicht klar gewesen, in welchem Ausmaß und wie rasch der gegenwärtige Klimawandel sich vollzieht. In Australien und den USA gibt es nur eine Handvoll Skeptiker. Einige sind tatsächlich Forscher, die in der einen oder anderen wissenschaftlichen Frage anderer Meinung sind. Die andere Gruppe wird von der Industrie bezahlt, um die Öffentlichkeit irre zu führen. Das Ganze ähnelt ziemlich der Situation, die wir vor 20 Jahren mit der Tabakindustrie hatten.

Einige Wissenschaftler wie Hans von Storch bemängeln aber, dass die Klimaforscher politische Aussagen treffen, die über Forschungsergebnisse hinausgehen. 

Es besteht tatsächlich die Gefahr, dass einige zu politisch werden. Besonders problematisch ist es, wenn Forscher die Daten zu großzügig interpretieren. Manchmal stellen sie ihre Ergebnisse auch zu populärwissenschaftlich dar, indem sie die Unsicherheiten und die Komplexität mancher Fragen ausblenden.

Ist der IPCC, der Klimaforschungsbeirat der Vereinten Nationen, zu weit in seinen Schlussfolgerungen über den menschgemachten Klimawandel gegangen?

Ich glaube, der IPCC ist nicht weit genug gegangen. Er hat etwa 400 Mitglieder. Die mussten sich beim Verfassen der Schlussberichte auf jedes Wort einigen. Aber so bekommen Sie nicht sehr gute, sondern nur mäßige Wissenschaft, eine Art kleinsten gemeinsamen Nenner. Ein Regierungsvertreter des Erdöl fördernden Saudi-Arabien kann beispielsweise die Ergebnisse verwässern, indem er sich einfach weigert, bestimmte Formulierungen zu akzeptieren.

Wie beurteilen Sie die Debatte um die Hockeyschläger-Kurve? Die zeigt eine überdurchschnittliche Erwärmung in den letzten Jahrzehnten gegenüber den vergangenen Jahrhunderten, ihre Datengrundlage wurde aber 2004 in Frage gestellt. 

Die Hockeyschläger-Kurve war der erste Versuch, den Verlauf der Durchschnittstemperaturen auf der nördlichen Erdhalbkugel über die vergangenen tausend Jahre nachzuzeichnen und Projektionen für den weiteren Temperaturverlauf im 21. Jahrhunderts zu machen. Im Rückblick sehen wir, dass sie nicht perfekt war. Weil sie vom IPCC veröffentlicht wurde, ist sie sehr bekannt geworden. Das wichtigste an ihr ist meines Erachtens aber die Projektion, und über die ist nicht gestritten worden.

Was halten Sie vom Kopenhagen-Konsens, den der umstrittene Umweltökonom Björn Lomborg 2004 initiiert hat? Danach ist der globale Klimawandel nur ein zweitrangiges Problem.

So wie ich Lomborg verstehe, hält er den Klimawandel schon für ein ernstes Problem, nur glaubt er, dass es zu schwierig zu lösen ist. Nach meinen Studien glaube ich hingegen, dass der Klimawandel andere Probleme verstärken wird. Trinkwasserverknappung zum Beispiel kann man nicht isoliert betrachten, ebenso gesundheitliche Probleme. Der Klimawandel liegt vielem zugrunde, so dass wir ihn angehen müssen. Deshalb glaube ich, dass Lomborg die falschen Prioritäten gesetzt hat.

Welche Instrumente des Klimaschutzes befürworten Sie denn? 

Ich bin kein Wirtschaftsexperte. Das Kioto-Protokoll hat sicher viele Fehler, aber es ist das einzige internationale Instrumente, das wir haben. Der Ökonom William Nordhaus hat kürzlich eine Kohlendioxid-Steuer vorgeschlagen. Für eine Reduzierung der Kohlendioxid-Emission scheint die sehr wirksam zu sein. Irgendwann wird das Kioto-Protokoll deshalb wohl angepasst werden und statt des Handels mit Emissionsrechten eine Kohlendioxid-Steuer vorsehen.

Wie optimistisch sind Sie, dass die internationale Staatengemeinschaft am Ende doch an einem Strang ziehen wird? Die USA und Australien haben kürzlich eine eigene Initiative gestartet.  

Dieser parallele Klimaschutzprozess ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Die Treffen fanden hinter verschlossenen Türen statt, mit ein paar Vertretern aus Industrie, Forschung und Regierungen. Nicht nur der EU wurde der Beobachter-Status verweigert, auch den Klimaexperten der australischen Bundesstaaten! Diese parallele Initiative kann keinen Klimaschutzplan haben, wenn sie keinen Zeitplan, keine Ziele und wenig Forschungsgelder vorsieht. Es ist klar, dass Australien das Kiotoprotokoll am Ende akzeptieren muss. Es gibt keine Alternative. Politischer Druck ist deshalb ganz wichtig, und mein Buch hatte in Australien bereits eine gewisse Wirkung.

Glauben Sie, dass die irdische Biosphäre sich besser an den Klimawandel anpassen kann?  

Fossilien aus Perioden mit einer raschen Klimaveränderungen zeigen, dass diese mit massenhaftem Artensterben einhergingen. Es kam zu einem Verlust der biologischen Produktivität, und der Erholungsprozess ging langsam vonstatten. Aber ich glaube, dass die menschliche Zivilisation verwundbarer ist als die Biosphäre insgesamt. #

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Leseberichte zum Wettermacher

 

NDR

ndrtv.de/kulturreport/wetter.html  

 

Servus Erde. Ist es wirklich schon so weit? Seiner Ansicht nach: fast. Tim Flannery. Australier. Wissenschaftler. Sein Buch zeigt, wie fatal die Lage wirklich ist, in die wir uns selbst gebracht haben. Denn Petrus hat schon lange den Dienst quittiert. Die Wettermacher sind wir. "Das Buch kam in Australien letzten September raus. Sofort gab es gewaltige Angriffe der Industrie - auch gegen mich persönlich", erzählt Tim Flannery.

"Aber nach drei Monaten verkündete der Premierminister, dass ihn meine Argumente für den Klimawandel überzeugt haben. Dadurch hörten die Angriffe auf und wir diskutierten endlich darüber, was wir gegen den Klimawandel tun können. Zuvor hieß es immer nur, gibt’s den überhaupt?"

Es wird wärmer auf der Erde. Jahrtausendelang herrschten auf unserem Planeten im Schnitt gesunde 14 Grad. Nun drohen eins, zwei, drei oder gar bis zu sechs Grad mehr! Ein Leben im Treibhaus, bis es vielleicht nicht mehr lebenswert ist. Schuld sind wir, die wir immer mehr CO2 herauspusten. Das speichert die Wärme. In Südalaska sind schon jetzt die Winter zwei bis drei Grad wärmer als vor 30 Jahren. Ein filigranes System kommt ins Wanken. Tim Flannery: "Vor fünf Jahren war ich noch total skeptisch hinsichtlich des Klimawandels. Ich bin Geologe und weiß, dass sich das Klima in der Vergangenheit immer wieder geändert hat. Nachdem ich aber fünf Jahre lang recherchiert habe, bin ich sicher, dass der Klimawandel das größte Problem für unseren Planeten ist."

Zwischenstopp für Tim Flannery in Frankfurt. Besuch auf dem Main Tower. Nah am Wetter. Die Lage: Frische null Grad, leichte Brise, Sonne. Für Anfang März alles bestens. Wo ist er also, der berüchtigte Klimawandel? "Das Problem für einen Ort wie Frankfurt ist die absolute Unsicherheit, was die Zukunft bringen wird", sagt Geologe Flannery." An kalten Tagen wie heute wünscht sich jeder ein bisschen Erwärmung. Aber die weltweite Erwärmung übt Druck auf das Klima aus. Die Folgen sind dann entweder noch kältere Temperaturen hier in Frankfurt oder sehr viel höhere. Wir wissen es einfach nicht. Es ist wirklich sehr viel im Unklaren, wie das Klima reagieren wird. Aber wenn der Golfstrom versiegt, könnte Frankfurt ein Klima wie Sibirien bekommen. Wenn er nicht versiegt, wird es hier sehr viel wärmer, aber wir haben dann ein großes Problem: Wo bekommt Frankfurt sein Wasser her?"

Also, doch vielleicht bald das Treibhaus genau über unseren Köpfen. Schuld daran - unter anderem - unsere Energieverbrauch. Seit Jahren und Jahrzehnten pusten wir CO2 in die Luft. Allein 2002 21 Milliarden Tonnen durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe. Am schlimmsten: die Kohle. Denn verbrennt man eine Tonne Kohle, produziert man 3,7 Tonnen CO2.

Trotzdem ist bis 2030 der Bau von über 1.400 Kohlekraftwerken geplant. Flannery hält - trotz der Sicherheitsrisiken - mehr von Atomkraftwerken: "Die natürliche Radioaktivität, die Kohlekraftwerke abstrahlen, ist größer als bei einem Atomkraftwerk. Ich war selbst überrascht. Bei uns in Südaustralien gibt es die weltweit größte Uranmine und ein klitzekleines Kohlekraftwerk. Aber das produziert mehr Strahlung. Und in New South-Wales gibt ein anderes Kohlekraftwerk mehr Strahlung pro Jahr ab als alle französischen Nukleartests im Pazifik."

Das laut Flannery größte Problem: Überall schmilzt es. In den Bergen, in Arktis und Antarktis. Bis zu 67 Metern kann sich der Meeresspiegel erhöhen. Dann gäbe es kein Eis auf der Welt mehr und auch viele Küstenstädte nicht. Und zwei Drittel der Menschheit wohnen nicht weiter als 80 Kilometer vom Meer entfernt. "Stellen Sie sich vor, sie leben in Hamburg", schlägt Flannery vor. "Und der Meeresspiegel steigt so schnell an, dass es Millionen von Euros kostet, die Häfen überhaupt noch befahrbar und die Fluten draußen zu halten. Stellen sie sich dazu noch Wetterkatastrophen wie orkanartige Stürme vor und vielleicht im Sommer extreme Dürren, so dass die Stadt nicht mehr weiß, wo sie ihr Trinkwasser herbekommt. Das wäre der Ausnahmezustand. Und genau das ist die Zukunft, die wir verhindern müssen."

Das Wetter, zeigt Tim Flannery, ist unsere Schöpfung. Aber er ist kein Apokalyptiker, kein Öko-Aussteiger, sondern sucht nach realistischen Auswegen. Sein Buch rüttelt auf - einfach indem es die Fakten zusammenträgt. "Ab 2050 werden wir sicherlich ernste Probleme bekommen, vielleicht schon 2020", meint der Wissenschaftler. "Aber die Menschen in New Orleans sehen das bestimmt anders, die merken den Klimawandel jetzt schon. Auch die Eskimos im hohen Norden. Wann es in Deutschland so weit ist? Wer weiß."

 

FAZ 2006

Reden wir übers Wetter: Das Klima liegt in unserer Hand - im Schlechten wie im Guten. 

Tim Flannery hat das bisher beste Buch zu diesem Thema geschrieben.

VON ULF VON RAUCHHAUPT

 

Phalanger matanim war ein katzengroßes Tier aus der Familie der Kletterbeutler. Es lebte in den 1500 bis 2000 Meter hoch gelegenen Eichenwäldern am Nong-Fluß im Herzen Papua-Neuguineas. Das Volk der Telefol kannte es seit Jahrtausenden, die Biologie erst seit 1985. Damals kam der australische Zoologe und Säugetier-Paläontologe Tim Flannery zum ersten Mal ins Nong-Tal. Das Matanim ist eine von über dreißig Säugetierarten, die Flannery als erster beschrieben hat.

Doch als er die schwer zugängliche Gegend 2001 ein zweites Mal besuchte, bekam er den Schreck seines Lebens: Der Bergeichenwald existierte nicht mehr. Von den Telefol erfuhr Flannery, was passiert war. Vier Jahre zuvor war der Himmel ein halbes Jahr lang fast wolkenlos geblieben. Dürre und Nachtfrost töteten die Bäume, dann kam das Feuer. Was die Heimat des Matanims verwüstete und das gerade erst entdeckte Beuteltier vermutlich aussterben ließ, waren keine marodierenden Tropenholzräuber. Es war das Wetter.

Doch die Zeiten, in denen niemand für das Wetter verantwortlich war, sind vorbei. Was die Eichen am Nong vernichtete, war eine ungewöhnlich heftige El-Niño-Periode. Seit 1976 ist dieses alle paar Jahre auftretende südpazifische Klimaphänomen immer überdurchschnittlich lang ausgefallen. Und obwohl die genauen Zusammenhänge noch unklar sind, würde kein Klimaforscher seinen Lehrstuhl darauf verwetten, das dies nichts mit dem Klimawandel zu tun hat.

Treibhauseffekt, globale Erwärmung - keine Woche vergeht, in der nicht neue Indizien für schleichende, naturgeschichtlich gesehen aber irrwitzig rasche Veränderungen auf unserem Planeten auftauchen. Man kommt kaum noch mit: Hier stirbt eine Kröte aus, dort schrumpft eine Pinguinpopulation, Gletscher ziehen sich zurück, Permafrostböden tauen - und jener Hurrikan und diese Versteppung, die haben vielleicht auch etwas damit zu tun. Fügt sich das wirklich zu einem Trend, an dem der Mensch und die Kohlendioxydemissionen seiner Autos und Kraftwerke mitschuldig sind?

Wer da den Überblick bekommen oder behalten will, aber auch, wem angesichts der politischen Debatte über Klimaprognosen und Emissionszertifikate der Kopf schwirrt, der sollte das Buch lesen, das Tim Flannery zu schreiben begann, als er 2001 vom Nong ins heimische Adelaide zurückkehrte. "Wir Wettermacher", das kommenden Mittwoch auf deutsch erscheint, faßt alles zusammen, was eigentlich jeder Zeitgenosse über den Klimawandel wissen sollte.

Es ist eine äußerst lesbare Pflichtlektüre. Mit klimahistorischer Tiefenschärfe breitet Flannery seinen Überblick über die Forschungsliteratur der vergangenen Jahre aus, und das mit solchem darstellerischen Geschick, daß Fakten und Zahlen die Sache eher spannender machen. Davon enthält das Buch so viele, daß auch Angela Merkel ihre helle Freude daran haben dürfte (es könnte ihr ganze Stapel von Referentenvorlagen ersetzen). Und dennoch bleibt es der Bericht eines Betroffenen, dem hinter den Zahlen die Kröten, Eisbären und Bergblumen stets präsent bleiben.

Denn gerade in Polarmeeren und Bergregionen hat der Klimawandel sein Zerstörungswerk schon begonnen - oder es ist kurz davor. So zeigt eine kürzlich erschienene Studie, daß - wenn nichts gegen die CO2-Emissionen unternommen wird - der Überschuß des im Meer gelösten CO2 bereits um das Jahr 2050 beginnen wird, den kalkbewehrten Meerestieren im Südpolarmeer die Gehäuse aufzulösen (Sonntagszeitung vom 2.10.2005). "Das hat mich schockiert", sagt Flannery heute. "Als ich das Buch schrieb, ließen die Klimamodelle vermuten, daß das noch hundert oder zweihundert Jahre dauern wird." Heute fürchtet Flannery daher, daß die zuweilen als übertrieben pessimistisch dargestellten Prognosen der Klimamodelle das Ausmaß der globalen Erwärmung eher unterschätzen.

Um so dringender muß etwas getan werden. Diesem Thema gilt das letzte Drittel des Buches, und gerade das ist besonders erfrischend. Denn bei aller Betroffenheit ergeht sich Flannery dort gerade nicht in Endzeitpredigten und flüchtet sich auch nicht in ein grünes Wolkenkuckucksheim. Vielmehr fragt er nach Lösungen, die technisch, ökonomisch und vor allem soziologisch realisierbar sind.

Denn für Flannery ist die Erde auch ein Planet des Menschen, gerade des zivilisierten, technisierten Menschen. Bei allem Respekt vor den Naturvölkern erliegt er nicht der Versuchung vieler Umweltschützer, ein Jäger-und-Sammler-Leben "im Einklang mit der Natur" zum ökologischen Ideal zu erheben. Natürlich finden sich in seinem Maßnahmenkatalog auch altbekannte Forderungen wie die nach schlichter Vermeidung von Energieverschwendung und des systematischen Einsatzes erneuerbarer Energiequellen, gerade in den Privathaushalten. Gleichwohl hält Flannery wenig von Forderungen nach einer Hobbit-Volkswirtschaft aus lauter energieautarken Solardörfern.

Realistischer sei ein Mix aus dezentralen, nachhaltigen Energiequellen und einem maßvollen Anteil an solchen mit hoher Energiedichte. Und zu diesen werden seiner Ansicht nach auch in Zukunft Erdölprodukte zählen, sosehr alles dafür getan werden muß, um deren Verbrauch zu senken, etwa durch den Einsatz von Hybridfahrzeugen oder die gesellschaftliche Ächtung spritfressender Geländewagen. Die Wasserstoffträume so mancher Autofabrikanten dagegen stimmen ihn skeptisch. Das Gas sei einfach zu schwierig zu handhaben.

"Im Transportwesen sehe ich bis auf weiteres keine Möglichkeit, wie wir auf Kohlenwasserstoffe aus Erdöl verzichten können", sagt Flannery. "Ich möchte nicht zurück zu den Zeiten, als man sechs Monate brauchte, um von Sydney nach London zu kommen."

Als Einwohner eines abgelegenen, dünnbesiedelten Kontinents sieht Flannery klarer als viele Europäer, daß die Idee einer Einschränkung der individuellen Mobilität politisch und gesellschaftlich keine Zukunft hat.

Schon mit diesem Befund dürfte Flannery bei so manchem europäischen Grünen eher für Verstimmung sorgen.

Eine andere Komponente in Flannerys Vision von einer kohlenstoffarmen Energiewirtschaft ist für Umweltbewegte klassischer Prägung blanke Häresie: die Kernenergie. In seinem Buch wird sie noch mit Vorbehalt zu der Riege der Lösungsmöglichkeiten gezählt. "Inzwischen denke ich sehr viel öfter über die Kernenergie nach", sagt er. "Ich glaube, wenn die nötigen Kontrollmechanismen vorhanden sind, dann sind moderne Reaktortypen durchaus eine Option." Kohle wäre letztlich gefährlicher.

Womit wir bei Flannerys Klimafeind Nummer eins wären. Kohlekraftwerke sind seiner Meinung nach das Kernübel unserer Energiewirtschaft, sie gelte es eher heute als morgen abzuschalten. Das hat auch australienspezifische Gründe: Flannerys Landsleute sind Weltmeister im Freisetzen von Treibhausgasen. Pro Kopf blasen sie 25 Prozent mehr in die Atmosphäre als die Amerikaner. Ihre Regierung hält vom Kyoto-Protokoll kaum mehr als George Bush, und ein Grund dafür sind Australiens riesige Kohlevorkommen. Da aber Kohle, anders als Erdöl, keinen Wasserstoff enthält, entsteht bei ihrer Verbrennung pro Einheit freiwerdender Energie mehr CO2. Kohleverstromung ist für Flannery daher nicht nur eine veraltete, ineffiziente Technologie, sondern auch eine, mit deren Ende dem Klima am schnellsten zu helfen wäre.

Doch Flannery nennt noch einen weiteren Grund dafür, warum der Mensch die Finger von der Kohle lassen sollte. "In ein paar tausend Jahren könnte sie uns vor der nächsten Eiszeit bewahren." Dahinter steht eine Hypothese, mit der William Ruddiman von der University of Virginia das ungewöhnlich stabile Klima im Holozän erklärt; das war jene Epoche, die nach der letzten Eiszeit einsetzte und bis heute anhält. Ohne diese Klimastabilität dürfte es zu keiner neolithischen Revolution gekommen sein, zu keinen urbanen Hochkulturen und erst recht nicht zu unserer globalen technischen Zivilisation. 

Ruddiman glaubt nun Hinweise dafür zu haben, daß diese Wirkung des Klimas auf die Menschheit eine Wechselwirkung war: Der Mensch, genauer gesagt seine Agrikultur, trug demnach entscheidend zu dieser klimahistorisch ungewöhnlichen Stabilität bei. Ohne die Treibhausgase, die Äckern und Viehherden entströmten, ohne Waldrodungen größeren Stils hätten Änderungen in Lauf und Stellung der Erde zur Sonne uns möglicherweise schon längst wieder eine neue Eiszeit beschert.

In seinen Buch referiert Flannery Ruddimans These noch mit Skepsis. "Heute sprechen die Daten eher dafür, daß Ruddiman recht hat", sagt er. Das aber hieße, daß der Mensch schon viel länger in das globale Klima eingreift als gedacht. Eine vom Menschen unberührte Natur gibt es demnach seit Jahrtausenden nicht mehr, nirgends. Das Holozän ist in Wahrheit ein Anthropozän, eine Klimaperiode des Menschen, durch den Menschen und für den Menschen - und für all jene Geschöpfe, die sich in diesem Globalklima so wohl fühlen wie wir.

Nun aber beginnt das Gleichgewicht von Klima und Kultur aus dem Ruder zu laufen. Gnädigerweise genau zu einer Zeit, da Wissenschaft und Technik uns die Mittel in die Hand geben, dem Problem zu begegnen. "Aber wir haben nicht mehr viel Zeit", sagt Tim Flannery, "wenn wir nicht handeln, dann wird in dreißig oder vierzig Jahren eine Katastrophe die nächste jagen, und das just zu der Zeit, da das Öl knapp wird." 

Dann wird es nur noch darum gehen, den Augenblick zu überleben, für alle langfristigen Maßnahmen wird es zu spät sein. 

Wenn wir uns aber zusammenraufen, unter anderem indem wir Kyoto ernst nehmen, dann kann das Anthropozän weitergehen, bis die Erdbahnparameter so ungünstig sind, daß die globalen Temperaturen trotz unserer Ausdünstungen sinken. 

Etwas Kohle zur dosierten Produktion von CO2 ist dann sicher nützlich. Denn wir sind nicht nur die Wettermacher - wir müssen es sogar sein. #

 

 

 

Süddeutsche

 

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.07.2006 

Begeisterung mag man es nicht nennen, was Rezensent Alex Rühle für dieses Buch des australischen Zoologen Tim Flannery empfindet, dafür ist er von den bitteren Wahrheiten darin viel zu schockiert. Aber noch nie hat er die katastrophalen Folgen des Klimawandels so unterhaltsam, eindringlich und überzeugend dargestellt gefunden. Zu den Fakten: Klimageschichtlich herrscht erst seit rund 8.000 Jahren ein milder Sommer, davor schwang die Wetterkurve wild aus. Zu den Vorteilen dieses Sommers gehört für den Menschen unter anderem, dass er nicht mehr gezwungen war, nomadisierend umher zu ziehen, sondern sich niederlassen konnte, Ackerbau, Viehzucht und weitere Kulturleistungen zu betreiben. Doch dank der brutalen CO2-Emissionen geht dieser Sommer zu Ende. Bereits seit 1950 wandern die Tiere, schreibt Rühle, und zwar pro Jahrzehnt um sechs Kilometer in Richtung der Pole und um sechs Meter die Berge hoch. Bei allem Schrecken, den Flannery mit seinen düsteren und wahrscheinlich zutreffenden Prognosen verbreitet, ist Rühle aber auch berückt: Flannery "kann die Schönheit einer eichenbestandenen Hochebene auf Papua so eindringlich beschreiben wie die mathematische Klarheit einer Keeling-Kurve, die den kranken Atempuls der Erde zeigt".

 

Grillfest am Ende eines kurzen Sommers - Von ALEX RÜHLE, SZ 2006

Oft geht es einem mit Umweltbüchern wie einem Durstigen mit einer Tüte Zwieback: Ein einziges sprachkarges Gebrösel aus Zahlen und Statistiken, das den Wissensdurst nur verstärkt. Oder aber man verspürt schnell diesen pappigen Kirchentagsekel, weil Pamphletöses mit Mahnendem verrührt wird. Tim Flannery aber hat mit <Wir Wettermacher> eine Art Weißbuch der Klimaforschung geschrieben, das sich liest wie ein Krimi.

Der australische Biologe, der in Adelaide Zoologie lehrt, ein Globetrotter mit großartigen Anekdoten im Gepäck, kann die Schönheit einer eichenbestandenen Hochebene auf Papua so eindringlich beschreiben wie die mathematische Klarheit der Keeling-Kurve, die den kranken Atempuls der Erde zeigt. Er verschraubt die wichtigsten Ergebnisse, Studien und Thesen der vergangenen Jahre zu einem solch erschreckenden Szenario sich gegenseitig verstärkender Mechanismen, dass man daraus in den Alltag zurückkehrt wie ein Kinozuschauer, der aus dem dunklen Vorführungssaal ins grelle Alltagslicht stolpert und erstmal hilflos auf dem Bürgersteig rumsteht und den Autos hinterherschaut. Ein Freund bekam die posttraumatischen Ausläufer dieser Lektüreerfahrung Tage später an der Isar zu spüren, als er nach einem Grillabend Kohlereste in den Fluss kippte und aus heiterem Himmel eine Philippika über sich ergehen lassen musste.

Klimageschichtlich ist der Mensch schlicht Nutznießer eines einmalig schönen, ruhigen Sommertags. Ackerbau, Viehzucht und Kultur konnten überhaupt nur entstehen, weil vor 8000 Jahren ein mildes Allzeithoch einsetzte, wie man es sonst aus der jüngeren Klimageschichte nicht kennt. Das erklärt, warum die Menschen all die Jahrtausende zuvor als Jäger und Sammler umhergezogen sind, ohne Häuser bauen, Tiere domestizieren und ab und zu ein Gedicht schreiben zu können. Das Einzige, was von ihnen blieb, sind ein paar Höhlenzeichnungen und Mastodonknochen. Damals versiegte immer wieder der Golfstrom, was zu extremen Klimaschwankungen führte. Die Temperaturkurve jener Jahrtausende muss ausgesehen haben wie eine expressionistische Fieberkurve. „Und dann wich der klimatische Irrsinn plötzlich der gelassensten Ruhe ... Der nun schon 8000 Jahre währende Sommer ist zweifelsohne das entscheidende Ereignis der Menschheitsgeschichte.”

Was aber macht der Mensch am Ende dieses Sommers? Er startet das größte Grillfest in der Geschichte des Planeten und bläst täglich sechs Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft. Für Flannery ist es nur noch eine Frage von Jahrzehnten, bis die Menschheit ähnlich verheerende Klimaumstürze durchleiden muss wie damals, als sie unbehaust über die Kontinente zog. 

Die Tiere haben weltweit schon 1950 begonnen zu wandern: Die Artenverteilung verlagert sich seither pro Jahrzehnt sechs Kilometer in Richtung der Pole und um sechs Meter die Berghänge hoch. Dennoch sind sie zu langsam, als dass sie dem Klimawandel entkommen könnten. Der Biologe Chris Thomas von der University of Leeds untersuchte 1103 Pflanzen- und Tierarten an den verschiedensten Orten der Erde im Hinblick auf ihre Überlebenschancen. Wenn heute Abend alle Kohlekraftwerke abgeschaltet würden und die Menschen nur noch Rad führen, würde sich die Erde um 0,8 bis 1,7 Grad aufheizen. Selbst in diesem Märchenszenario würden zwanzig Prozent der Tiere aussterben. Ein Großteil des Kohlendioxid, das im Ersten Weltkrieg von Kohleöfen an der Front von Verdun aufstieg, heizt noch heute die Atmosphäre an. „Die Auswirkungen der Treibhausgase, die bereits heute in der Atmosphäre sind, werden erst um 2050 zu spüren sein.” Bis dahin aber sollen nach heutiger Planung weltweit nochmal 1500 Kohlekraftwerke dazukommen.

 

Von L. A. wird bleiben der Wind 

Die Halsband-Lemminge werden bis dahin verschwunden sein. Von ihnen wird nur die falsche Redensart bleiben, die ihnen der Mensch verpasst hat, das einzige Wesen, das tatsächlich offenen Auges auf den Abgrund zurast: 1961 verbrauchten die Menschen die Hälfte der Gesamtressourcen, die das globale Ökosystem nachhaltig zur Verfügung stellen konnte. 1986 war unser Hunger schon so groß, dass wir die gesamte nachhaltige Produktion der Erde aufbrauchten. Seither betreiben wir Raubbau, leben auf Pump, plündern die ökologische Kapitalbasis. Sollten 2050 tatsächlich neun Milliarden Menschen auf der Erde leben, bräuchten sie die Ressourcen von zwei Planeten. Es gibt aber nur einen. Eine blauweiße Kugel, von der es kein Entkommen gibt.

Flannery stellt den meisten Regionen der Erde keine allzu guten Prognosen: „Die Städte im Westen der USA sind von stetig schwindenden Wasservorräten abhängig. Diese Metropolen kann man unmöglich umsiedeln, und einige müssen, wie es bei den Städten Mesopotamiens der Fall war, vielleicht aufgegeben werden, wenn sich das Tempo der Veränderungen beschleunigt. Wem das zu extrem vorkommt, sei daran erinnert, dass wir erst am Anfang der Wasserkrise im Westen stehen. Als der amerikanische Südwesten vor 5000 Jahren noch etwas wärmer und trockener war, verschwanden die Indianerkulturen, die in der Region gediehen, fast vollständig.”

Wem das zu prognostisch ist, der lese Elizabeth Kolbert. Die Reporterin des New Yorker besuchte für ihr Buch „Vor uns die Sintflut - Depeschen von der Klimafront” Menschen, die schon jetzt den Klimawandel zu spüren bekommen, Gletscherforscher in Island, Inuits, die ihre nordkanadischen Dörfer verlassen müssen, weil das Wasser kommt, oder britische Schmetterlingsforscher, die die Tatsache, dass der Polygonia c-album seit 1980 um 160 Kilometer nach Norden gewandert sei, mit siff upper lip schlicht als „bemerkenswert” bezeichnen.

Das ist vielleicht das Unheimlichste an beiden Büchern: Der leise Ton, in dem die Forscher, die zu Wort kommen, sich darüber wundern, dass ihre Prognosen, die ohnehin nicht allzu optimistisch waren, von der Wirklichkeit überholt werden. Flannery selbst beschloss dieses Buch zu schreiben, als er 2004 las, dass Grönlands Gletscher zehnmal schneller abschmelzen als erwartet.

Colbert fuhr mit einem Geophysiker durch die Weiten Alaskas, dessen Böden überall wie morscher Dielenboden einbrechen: Der Permafrostboden ist durchsetzt von Eiskeilen, die bis zu hundert Meter mächtig sein können. Da er langsam auftaut, öffnen sich erdbebengroße Risse in den Straßen, Häuser brechen ein, ganze Wälder sehen aus, als seien die Bäume betrunken. Das ist schlecht für die Immobilienpreise und für die Autofahrer. Noch viel schlechter aber ist, dass sich abgestorbene Pflanzen, die seit Jahrtausenden in den Frostböden konserviert wurden, zersetzen. 450 Milliarden Tonnen Kohlenstoff sind in den Permafrostböden gespeichert. „Es ist wie bei einem Fertiggericht, man erhitzt es leicht, und schon fängt es an zu kochen”, sagt der Geophysiker, während er mit Kolbert durch die zerlöcherte Tundra schunkelt.

 

Klimanomaden auf den Kanaren

Viele Klimabücher enden nach rundum apokalyptischem Panorama mit einem überraschenden Kapitel, in dem die Vernunft Hand in Hand mit einem so unerschütterlichen wie kiefermahlend muskulösen Idealismus plötzlich doch noch alles regelt. Bei Flannery und Kolbert wird gar nichts mehr gut. 

Flannery, in dieser Hinsicht ganz dem angelsächsischen Pragmatismus verhaftet, gibt zwar Ratschläge für den Einzelnen (Ökostrom, sparsame Autos) und erwägt Alternativenergien. Aber er belügt seine Leser nicht, indem er ein Happy End hintendraufsattelt. Wie auch?

2003 beauftragte das Pentagon zwei amerikanische Wissenschaftler herauszufinden, was es für die Sicherheit der USA bedeuten würde, wenn der Golfstrom versiegen würde. Das Szenario erinnert in seiner Drastik an Emmerichs Klimaschocker, nur ohne dessen lächerliches Happy End: Zerfall ganzer Gesellschaften, Völkerwanderungen, Kriege. Das Deprimierendste an der Studie aber ist, dass die Wissenschaftler der US-Regierung sieben Vorschläge unterbreiten, wie sie sich auf solche Eventualitäten vorbereiten könne. „Unglaublicherweise”, so Flannery, „vergaßen sie die Option zu erwähnen, die am Kern des Problems ansetzt: die Verwendung fossiler Brennstoffe zu reduzieren.”  (d-2015: Im Kapitel 21.Joker)

Wer glaubt, diese Ignoranz sei typisch amerikanisch, der sehe sich den dramatischen Appell an, mit dem sich die südlichen EU-Staaten erst vorgestern an den Rest der EU wandten: Wegen des wachsenden Zustroms aus Afrika bräuchten sie dringend Hilfe. Meere entwickelten sich zu Massengräbern. Die Regierungen drängen auf politische Lösungen, mehr Küstenwache, Gesetze gegen Schwarzarbeit. Sicher richtig. Aber dass die meisten der Migranten wegen wachsender Wüsten aus ihren Ländern fliehen, wurde dabei nicht erwähnt. Flannery erklärt mit kühler Präzision, wie sich in den Sechziger Jahren wegen steigender Oberflächentemperaturen im Indischen Ozean der Monsunregen für die Sahelzone abschwächte. Die bis heute anhaltende Dürreperiode begann, die viele der einstigen Bauern seither dazu verflucht, wieder ziellos umherzuziehen, wie damals, vor dem kurzen Sommer, in dem der Mensch sich auf der Erde heimisch fühlen durfte.

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DLF   2006

Klimawandel - ein drohender Alptraum  -   Rezensiert von Susanne Billig 

deutschlandradiokultur.de/klimawandel-ein-drohender-alptraum.950.de.html?dram:article_id=133783  

 

Tim Flannery ist in der Welt der populären Wissenschaft kein Unbekannter: Der Australier ist Autor zahlreicher Bücher und hat mehrere Dokumentarfilme gedreht. In seinem neuesten Buch "Wir Wettermacher" schildert Flannery eindrücklich die Veränderungen unseres Klimas und der damit einhergehenden katastrophalen Auswirkungen für die Pflanzen- und Tierwelt. Und er will diejenigen aufrütteln, die dafür verantwortlich sind: die Energieverbraucher.

Tim Flannery ist etwas gelungen, was auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint: Er hat einen spannenden Schmöker über einen drohenden Alptraum geschrieben. "Wir Wettermacher" ist kein Nachschlagewerk, das man konsultiert, um diesen oder jenen Aspekt des Themas lexikalisch aufgefächert zu finden. Auch die Bebilderung ist eher spärlich, hier und da eine Tabelle, eine Foto – aber darum geht es nicht.

Tim Flannery kann schreiben: spannend, unterhaltsam, klug, poetisch, aufrüttelnd – das ist seine große Stärke. Hier schreibt jemand, der von einer großen Liebe zu diesem Planeten und zur Natur erfüllt ist, wie an vielen wunderschönen Landschaftsbeschreibungen zeigt.

Tim Flannery spannt einen weiten Bogen: Er taucht in die Klimageschichte unseres Planeten ein und lässt vergangene Jahrmillionen mit ihren Wärmeperioden und Eiszeiten auferstehen, um vor diesem Hintergrund die Auswirkungen der menschengemachten globalen Erwärmung einzuordnen. Er erklärt die vielfältigen Einflüsse, die auf das Erdklima einwirken.

Er reist zu den Ökosystemen, die durch einen Klimawandel besonders gefährdet sind: den Korallenriffen, den alpinen Bergregionen, der Arktis. Er erklärt auch die Wissenschaft und macht nachvollziehbar, wie Klimaforscher das komplexe Thema mit Computermodellen in den Griff zu bekommen versuchen.

Und natürlich widmet er ein Kapitel den so genannten Treibhausgasen – den Gasen, die dazu führen, dass die Erde weniger Licht und Wärme ins All abstrahlt, allen voran das Kohlendioxid, das wir so eifrig durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe freisetzen. Vielen Wissenschaftlern war schon vor mehr als hundert Jahren klar, dass die Freisetzung von so viel CO2 nur zu einer Erwärmung das Klimas führen kann – dafür verantwortlich ist ein simpler chemischer Mechanismus, an dem es gar nicht viel zu deuten gibt.

Derzeit pusten wir rund 20 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr in die Atmosphäre. Die Vertragsstaaten des Kyoto-Protokolls, dem Tim Flannery auch ein Kapitel widmet, haben das Ziel, ihre Emissionen bis zum Jahre 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Flannery sagt ganz klar: Etwas Besseres als den "zahnlosen Tiger" Kyoto-Protokoll haben wir derzeit nicht, aber es muss uns klar sein: Wenn wir verhindern möchten, dass sich die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde um mehr als das eine Grad erwärmt, um dass sie sich ohnehin erwärmen wird, dann müssen wir diese Vorgabe um das Zwölffache unterschreiten.

Die Folgen der globalen Erwärmung werden massiv sein, daran haben ernstzunehmende Forscher überhaupt keinen Zweifel, auch wenn es eine Lobby von Energiekonzernen und Politikberatern derzeit schafft, in den Medien – vor allem in den USA - den Eindruck entstehen zu lassen, als stünde auch in der wissenschaftlichen Gemeinde Meinung gegen Meinung. Das ist nicht der Fall. Sicher ist, dass unser Planet sich noch in diesem Jahrhundert – komme, was wolle – um 1 Grad erwärmen wird.

Über viele Folgen kann man spekulieren, sagt Tim Flannery – sie können so drastisch sein wie ein plötzliches Absterben aller Regenwälder oder ein Verlangsamen oder gar Versiegen des Golfstroms. Das wird auf einen Schlag sehr massive Konsequenzen haben – der Film "The Day After Tomorrow" hat das vor einigen Jahren zwar etwas übertrieben, aber im Ansatz nicht verkehrt geschildert.

Auch wenn der Golfstrom nicht mit einem Mal zum Erliegen kommt: Ein großer Teil aller Tier- oder Pflanzenarten wird aus ihren Lebensräumen verdrängt werden und aussterben. Andere Arten können sich unter den veränderten Bedingungen stärker ausbreiten – nach realistischen Szenarien wird dies zum Beispiel die Anopheles-Mücke betreffen, die die Malaria verbreitet. Wüsten und Steppen werden da entstehen, wo jetzt Wälder und Tundra sind. Das Nordpolareis und die Gletscher werden abschmelzen, der Meeresspiegel wird ansteigen, Inseln und dicht besiedelte Küstenregionen werden überflutet werden.

Tim Flannery will aufrütteln mit seinem Buch und er wendet sich nicht von ungefähr an Laien – an uns alle, denn wir alle sind hier gefragt. Wir dürfen, so der Autor, eine Entscheidung, die Leib und Leben von Milliarden von Menschen und die gesamte Natur dieses Planeten betrifft, nicht allein Fachgremien überlassen. Wir müssen Druck ausüben – zum einen sollten wir ganz deutlich das Thema in unserer Wahlentscheidung eine Rolle spielen lassen.

Und so lange effektive Gegenmaßnahmen fehlen, sollten wir zum anderen persönlich dafür sorgen, dass wir unseren Strom aus nachhaltiger Stromproduktion beziehen und unsere Fortbewegung umweltverträglich gestalten.##

 

 

Jugendbuchversion von Wir Wettermacher - aber nicht sehr gut.

Wir Klimakiller

Tim Flannery hat sein Buch über die Ursachen und Folgen der globalen Klimaveränderung "Wir Wettermacher" für Jugendliche neu geschrieben. 

 

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.03.2007 

Kritisch äußert sich Ulf von Rauchhaupt über diese Jugendbuchversion von Tim Flannerys großem Klimabuch. Dessen im letzten Jahr erschienenes Buch "Wir Wettermacher" würdigt er als wichtiges und rundum überzeugendes Werk. Für die nun vorliegende Fassung, die sich ausdrücklich an den jugendlichen Leser wendet, kann er sich dagegen nicht erwärmen. Der Versuch, das Original jugendfreundlich zu gestalten, scheint ihm misslungen. Er moniert die Kürzungen des Texts, die nicht vorhandene auf Jugendliche zugeschnittene Leserführung sowie die erheblich schwankende Erklärtiefe. Entsprechend negativ fällt sein Urteil aus: die Adaption scheint ihm "hastig, unüberlegt und lieblos ausgefallen".

 

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.03.2007 

Frank Magdans lobt das Buch von Tim Flannery als eindringlichen Aufruf, sich jetzt und nicht erst morgen für Maßnahmen gegen die fortschreitende Klimaerwärmung einzusetzen. Der australische Autor, Naturwissenschaftler und Umweltschützer, kommt schnell auf den Punkt und führt seinen jugendlichen Lesern in verständlicher Sprache die problematische Lage vor Augen, erklärt der Rezensent. Neben seinem aufklärerischen Impetus mache der Autor aber auch Hoffnung, dass die Klimakatastrophe aufzuhalten sei, stellt Magdans erleichtert fest, denn Flannerys Hauptziel sei es, seine Leser zum Umdenken und Handeln aufzurütteln. Eine gewisse Auffassungsgabe für chemische und biologische Themen sollte man allerdings mitbringen, um dieses Buch mit Gewinn lesen zu können, stellt der Rezensent klar. #  perlentaucher.de/buch/26771.html   

 

 

 

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Professor Tim Flannery, *1956 in Melbourne