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2.6   Kulturkrise 

Flechtheim 1987

 

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Die bisher behandelten wichtigsten Krisenelemente unserer Zeit sind nur Teilaspekte der Megakrise unserer Gesellschaft. Der Begriff Gesellschaft steht für alle wechselseitigen Beziehungen und Schöpfungen des Menschen in Vergangenheit und Gegenwart. 

Bisher hat man geglaubt, daß in ihr ein gewisses Gleichgewicht zwischen lebens­erhaltender Tätigkeit und lebens­verschönernder Überfluß­produktion bestünde. In einem frühen Stadium gesellschaftlicher Entwicklung einer jeden Hochkultur sind beide Aktivitäten eng miteinander verknüpft. Die Produktion von Lebens­mitteln und des Lebens selbst erschien gleichzeitig als eine Art Gottesdienst. Damals verwandten die Menschen den größten Teil ihrer Lebens- und Arbeitszeit auf die unmittelbare Produktion von Lebensmitteln und die Sicherung des Nachwuchses. Erst mit der wachsenden Arbeits­teilung fand eine Trennung von materieller und geistiger Tätigkeit statt.

Tatsächlich haben sich Hand- und Kopfarbeit in einem sich komplizierenden Gesellschafts­prozeß immer weiter voneinander entfernt, wobei ihre Träger sich in verschiedene Gruppen, Schichten und Klassen aufspalteten. Die sogenannten Kultur­schaffenden bildeten eine zahlenmäßig begrenzte Oberschicht, während die große Masse der Bauern und Handwerker vom Genuß dieser Kultur weitgehend ausgeschlossen blieb. Sie fanden sich jahrtausendelang mit diesem Zustand ab, zumal die Religion sie belehrte, daß er unab­änderlich und sogar gottgewollt sei und daß sie für ihre Entbehrungen im Jenseits entschädigt würden.

Bedeutende Soziologen wie Alfred Weber und Robert MacIver haben innerhalb dieses Gesellschafts­prozesses zwischen einem besonderen Zivilisations­prozeß und einem Kulturprozeß unterschieden. Nach ihrer Auffassung umgreift der Kulturprozeß alle Schöpfungen der sogenannten »höheren« geistigen Kultur wie etwa der Religion, der Philosophie, der Kunst und der Literatur, denen der Zivilisationsprozeß nur zu dienen habe. Dieser, so glaubten sie, umfasse alle technischen, wirtschaftlichen und z.T. auch wissenschaftlichen Errungenschaften, die sich zwar laufend verändern und verbessern, aber doch letztlich nur der Förderung der höheren Kultur dienten.

Seit Beginn der Neuzeit beschleunigte sich - wie schon öfter erwähnt - dieser Zivilisationsprozeß. Im bürgerlichen Zeitalter häuften sich Erfindungen im technisch-utilitarischen Bereich, und mit der Industriellen Revolution wuchsen die Produktivkräfte, so daß auch der Kulturprozeß neue Dimensionen annahm. Ebenso umwälzend wie die Erfindung des Schießpulvers für die Kriegführung wurde die Erfindung der Buchdruckerkunst für die Verbreitung und Demokratisierung der höheren Kultur. Zum ersten Mal erhielten nun Bürger und Bauern und später sogar auch Arbeiter und Frauen Zugang zu den Schöpfungen des Geistes. Alphabetisierung, allgemeine Schulpflicht, die Verbreitung von Büchern und Zeitungen in den Städten erweiterten den Horizont und schufen, ohne die bürgerliche Kultur zu sprengen, neue Bedürfnisse und Erwartungen. Erst im 19. Jahrhundert wurde diese bürgerliche Kultur durch eine Arbeiterkultur wenn nicht ersetzt, so doch ergänzt.

Diese Entwicklung zu einer sich demokratisierenden Kultur wurde 1914 unterbrochen, erhielt aber in der Weimarer Republik und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zeitweise neue Impulse. Heute weist sie, wie alle anderen Gesellschaftsbereiche auch, als Opfer der Megakrise ihre eigenen Krisensymptome auf.

 

Aus der Vielzahl der Bedrohungen, denen unsere Kultur heute ausgesetzt ist, greifen wir die Problematik der öffentlichen Meinungs­bildung und die Gefährdung der Sprache und anderer Kommunikationsmittel heraus. 

Es war schließlich die Sprache, die uns zum »homo sapiens« machte und die Fähigkeit zur Abstraktion und kreativen Phantasie entwickeln half. Die Schrift verbesserte die Kommunikations­möglichkeiten und die Weitergabe von Kenntnissen an künftige Generationen, während die Erfindung der Buchdruckerkunst am Beginn der Neuzeit steht:  ohne Bücher und Presse keine Reformation und keine Aufklärung und schon gar keine Demokratie! 

Eine funktionierende Demokratie setzt gebildete Bürger voraus, die über die Probleme ihres Gemeinwesens so gut informiert sind, daß sie sachkundig diskutieren können. Zur Meinungsbildung ist daher eine unabhängige und kritische Presse unabdingbar.

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Seit dem 18. Jahrhundert wuchs in der Tat die Zahl der miteinander konkurrierenden Verlage, Zeitschriften und Zeitungen erheblich. Es war nicht so selten, daß in einer Stadt von 100.000 oder 200.000 Einwohnern ein halbes Dutzend Tageszeitungen verschiedenster politischer Couleur publiziert wurden. Vor 1914 konnte der Leser so zwischen einem »parteilosen« Generalanzeiger und etwa einem konservativen, liberalen, katholischen oder gar sozial­demokratischen Blatt frei wählen. Diese Zeitungen enthielten auch keinerlei Bilder, brachten aber zahlreiche Nachrichten, Kommentare und längere Leitartikel.

Freilich befanden sich damals die meisten Publikationen im Privatbesitz und traten daher für die bestehende bürgerliche Gesellschafts­ordnung ein. In ihrem Selbstverständnis waren »(Privat-) Besitz und Bildung« untrennbar. Die meisten Publikationen wurden als Geschäftsunternehmen betrieben, die Gewinne abwerfen sollten und sich daher hauptsächlich an zahlungskräftige Leser wandten. Hinzu kam noch, daß die Presse sich durch Werbung finanzierte. Sie wollte daher ihre Inserenten, die ihrerseits auch an einer kaufkräftigen Leserschaft interessiert waren, in der Regel nicht vor den Kopf stoßen.

Mit dem Erstarken der Arbeiterbewegung veränderte sich die Presselandschaft insofern, als die Publikationen der sozialistischen Organisationen nicht vom Kapital abhängig waren und die bürgerliche Gesellschaft radikal kritisierten. Zudem wurde nach dem Ersten Weltkrieg der publizistische Pluralismus durch die Errichtung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wesentlich verstärkt. Alledem bereitete 1933 das »Tausendjährige Reich« ein jähes Ende. Daher sahen sich die Besatzungsmächte in Deutschland 1945 genötigt, eine demokratische Presse von Grund auf neu aufzubauen. Das geschah vor allem durch Erteilung von Presselizenzen an unbelastete, demokratische Publizisten.

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Allerdings sollte dieser neue Pluralismus nicht lange währen. Mit dem Ende des Besatzungsregimes und dem Beginn des Kalten Krieges setzte eine Restauration ein, die allmählich zu einer Kapitalkonzentration im Presse- und Verlagswesen führte. Im Verlauf dieser Entwicklung verlor die Arbeiterpresse (und das nicht nur in Deutschland!) immer mehr an Gewicht; heute ist sie in der Bundesrepublik zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Viele der nach 1945 neu gegründeten Zeitungen sind entweder verschwunden oder haben sich dem restaurativen Klima angepaßt. Immer weniger Publikationen beherrschen mit ihren Massenauflagen den Markt. Es ist kaum eine Übertreibung, wenn man feststellt, daß die Mehrheit der feinen wie der kleinen Leute ihren täglichen Lesestoff aus der »FAZ«, der »Welt« oder der »Bild-Zeitung« bezieht. In manchen Städten besitzt die Springer-Presse ein Meinungsmonopol.

Nun sind Monopole auf dem Meinungsmarkt für die politische Kultur einer Demokratie bei weitem gefährlicher als noch so anfechtbare Kapital­zusammen­ballungen im übrigen Bereich der Wirtschaft. Zwar mag der Abnehmer von Automobilen oder Fernsehern, Zigaretten oder Brot einem Produzenten, der ihm die Qualität oder den Preis seiner Waren mehr oder weniger aufzwingen kann, unterlegen sein; ein Produzent kann jedoch die Überzeugungen und Anschauungen seines Käufers nicht unmittelbar beeinflussen. Eine noch so massive Werbung für sein »neutrales« Produkt hat eine ganz andere Qualität als die Propaganda für politische Auffassungen und Interessen oder gar die Einflußnahme auf die politische Kultur durch den Inhalt der Ware Zeitung.

Der qualitative Unterschied im Charakter von neutralen und ideologiegesättigten Waren wird deutlich, wenn man bedenkt, daß heute ein westlicher Kapitalist seine Automobile oder Computer in realsozialistischen Ländern absetzen oder sogar dort produzieren kann. Es ist dagegen undenkbar, daß er dort eine Zeitung herausgeben kann, die sein Weltbild verbreitet.

Aber gerade das geschieht im Westen, wenn Großkonzerne mit Hilfe der Boulevard-Presse an die Sensationslust und die Vorurteile der Massen appellieren und einseitige Informationen in einer primitiven Sprache und mit Bildern verziert dem gehetzten Leser unterjubeln.

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Die Vulgarisierung von Informationen und der Sprache, die für die Massenblätter typisch ist, macht die sachliche Diskussion und Meinungsbildung, die für eine Demokratie unerläßlich ist, so gut wie unmöglich. Heute ist zum ersten Mal in der Geschichte der Neuzeit die Sprach- und Lesekultur ernstlich bedroht. Den Schulen und Bildungsstätten fällt es immer schwerer, die wachsende Zahl der Auszubildenden zu lesenden und denkenden Menschen zu erziehen. 

Es mag überraschen, daß in der Bundesrepublik Deutschland etwa zwei Millionen und in der Europäischen Gemeinschaft mindestens zehn Millionen Menschen Analphabeten sind und daß in den USA 20 Prozent aller Bewohner Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben. Mindestens 26 Millionen Amerikaner gelten als Analphabeten. Aufgeteilt auf die Bevölkerungsgruppen haben davon 56 Prozent der aus spanisch sprechenden Ländern Eingewanderten Lese- und Schreibprobleme; bei den Schwarzen sind es 44 Prozent, und selbst bei den Weißen sind es noch 16 Prozent, und das, obwohl die meisten Analphabeten unter 40 Jahren eine Schule besucht haben und sogar einen Schulabschluß vorweisen können.

Mit dem Vordringen von Film, Rundfunk und Fernsehen scheint das gedruckte Wort von Bild und Bildschirm verdrängt zu werden.  

Nach einer Umfrage von 1983 läuft im Haushalt einer durchschnittlichen amerikanischen Familie der Fernseher etwa sieben Stunden pro Tag. Die Kinder einer solchen Familie sehen im Durchschnitt etwa 5000 Stunden fern, schon bevor sie in die Schule kommen, und rund 16.000 Stunden bis zum Schulabschluß. Mit 40 Jahren hat der Amerikaner mehr als eine Million Werbespots gesehen. 

In der Bundesrepublik verbringen Jugendliche im Alter zwischen 17 und 29 Jahren durchschnittlich vier Stunden täglich mit Fernsehen, Radio- und Plattenhören; dagegen verwenden sie nur 40 Minuten auf das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften. 

Etwa 20 Prozent der Befragten geben zu, niemals Bücher zu lesen; jeder sechste liest nie eine Zeitschrift und jeder achte nie eine Zeitung. Über 90 Prozent der Bürger der Bundesrepublik beziehen ihr Grundwissen über Gesellschaft und Politik ausschließlich aus der Tagesschau der ARD oder der Heute-Sendung des ZDF.

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Welches sind nun die Vor- und Nachteile, die sich aus der Zurückdrängung des Wortes durch das Bild ergeben? 

Anscheinend ist es leichter, komplexe Zusammenhänge durch Wort, Schrift und Druck zu erklären, zumal der Leser, falls er Verständnis­schwierigkeiten hat, immer wieder auf das gedruckte Wort zurückgreifen und es von neuem durchdenken kann. Dabei tritt der Autor als Person hinter dem Inhalt seiner Aussage zurück. 

Das Bild vermittelt zwar einen lebendigen Eindruck einer Situation oder eines Ereignisses, kann aber abstrakte Sachverhalte nur schwer darstellen. Ferner ist das Bild im Film oder im Fernsehen meist nicht mehr zugänglich, wenn ein Eindruck überprüft werden soll. Zwar kann man sich einen Film öfter ansehen oder eine Fernsehsendung auf Video aufnehmen, doch ist dies aufwendiger und kostspieliger als wiederholtes Lesen. Besonders das Fernsehen will stets aktuell sein und dem Zuschauer möglichst viele Eindrücke in möglichst kurzer Zeit übermitteln. Es legt in der Regel Wert darauf, dem Auge zu schmeicheln und an Gefühle zu appellieren. Es neigt dazu, die Person des Übermittlers auf Kosten des vorgetragenen Sachverhaltes in den Vordergrund zu stellen.

 

Wie Neil Postman beklagt, kann in den USA kein dicker Mann in ein hohes politisches Amt gewählt werden, da er im Fernsehen eine zu schlechte Figur macht. Dem Bild und der das Bild untermalenden Musik wird Vorrang eingeräumt und der Lernprozeß  erschwert. Neil Postman behauptet sogar, daß das amerikanische Fernsehen Erwachsene wieder zu Kindern macht. Das mag auf das europäische Fernsehpublikum nicht zutreffen. Es gibt hier wohl so manche informative oder zum Denken anregende Sendungen. Leider werden sie oft von Unterhaltungssendungen umrahmt, so daß der Zuschauer sie, wenn er nicht rechtzeitig abschaltet, wieder vergißt.

Die »Bildmanie« hat sich mancherorts der Menschen in einer Weise bemächtigt, daß sich auch Zeitungen und Zeitschriften, um Leser zu gewinnen, mit Bildern füllen und sich auf bruchstückhafte und sensationelle Mitteilungen beschränken.

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In den Vereinigten Staaten, wo sich das Fernsehen besonders negativ entwickelt hat, ist die jüngste, jetzt drittgrößte Tageszeitung »USA Today« ganz nach dem Schnittmuster des amerikanischen Fernsehens gestaltet. In Deutschland ist für diese gefährliche Tendenz die »Bild-Zeitung« typisch, die in der Bundes­republik wohl die größte Auflage hat.

 

Welche Schlußfolgerung ist aus der Medienrevolution unseres Jahrhunderts zu ziehen?  

Soll man etwa auf Film, Rundfunk und Fernsehen verzichten, oder lassen sich die neuen Medien auch in den Dienst der Humanisierung und Demokrat­isierung unserer Gesellschaft stellen? 

Um diese Frage zu beantworten, muß man zwischen einer weitgehend alphabetisierten Kultur wie der unseren und den verschiedenen Kulturen in der Dritten und Vierten Welt, die noch vor der gigantischen Aufgabe der Alphabetisierung stehen, unterscheiden.

Bei uns besteht der Lernprozeß darin, daß der Lernende vom Einfachen zum Komplizierten, vom Konkreten zum Abstrakten, vom Individuellen zum Allgemeinen vordringt. Das geschieht entweder durch ein »sokratisches Gespräch« zwischen Partnern, wie etwa in der Schule oder in einer Diskussions­runde, oder durch Studium von niedergeschriebenem oder gedrucktem »Material«. Weder eine einseitige Ansprache noch eine flüchtige Bilderfolge können den Dialog oder die Druckschrift ersetzen.

Da der Bürger im Rundfunk nur passiver Zuhörer, im Fernsehen nur passiver Zuschauer sein kann, besteht eine Rangordnung der Mittel und Wege, die zur Kritikfähigkeit und damit zur geistigen Selbständigkeit führen. Der »homo sapiens« muß erst lesen und schreiben lernen, wenn er denken und kommunizieren will. Danach erst mögen Bilder das Gedachte, Geschriebene oder Gesagte illustrieren und vervollständigen. Vielleicht können sogar die neuen Medien, angefangen vom Film über den Rundfunk bis zum Fernsehen, wenn sie mit der Kunst des Gesprächs und des Lesens und Schreibens koordiniert würden, noch stärker als einst die Buchdruckerkunst zur Demokratisierung der Gesellschaft beitragen. Zu diesen Medien haben die breiten Massen Zugang.

Eine gewisse Popularisierung der Inhalte auch ernster Sendungen wäre dabei wohl unvermeidlich, wenn nicht gar erforderlich; ein gewisses Maß an Unter­haltung zur Auflockerung und Entspannung gehört sicherlich auch zu einer pluralistischen Kulturgestaltung, wie auch im Theater das Lustspiel neben dem Trauerspiel seinen berechtigten Platz einnimmt. Nur darf die Popularisierung unter keinen Umständen in eine Vulgarisierung ausarten, in der primitive Unterhaltung, Werbung oder Propaganda die Bildung verdrängt.

In der Dritten und Vierten Welt könnten die Medien sogar dazu beitragen, bei der Masse der Analphabeten das Interesse am Bildungs- und Lernprozeß zu wecken. Die Programme müßten so gestaltet sein, daß die Zuhörer und Zuschauer motiviert werden, Kenntnisse zu erwerben, die eine Alphabetisierung voraus­setzen.

Es kommt also letztlich darauf an, wer das Programm zu welchen Zwecken gestaltet. Sind die Medien in den Händen von Kapital­magnaten, so werden diese sie zur Maximierung ihrer Gewinne benutzen und den Weg des geringsten Widerstands wählen, indem sie durch Werbung und Unterhaltung die primitivsten Bedürfnisse der breiten Massen befriedigen. Sind sie in den Händen einer Staatsbürokratie, so werden sie allzu leicht zu Propaganda­zwecken mißbraucht. Auch um diesen Gefahren entgegen­zuwirken, sollten Kapital- und Macht­zusammen­ballungen abgebaut und Wirtschaft und Politik demokratisiert werden. Dann könnten sowohl demokratisch verfaßte öffentlich-rechtliche Anstalten, aber auch nichtstaatliche Zusammen­schlüsse, d.h. Genossen­schaften oder Stiftungen, durch die Vielfalt ihrer Angebote den Marktplatz der Ideen bereichern.

Dann würden qualifizierte Veranstalter wohl kaum der Versuchung erliegen, das Publikum wie in Huxleys »Schöner neuer Welt« zu verführen oder wie in Orwells »1984« einzuschüchtern. Im Gegenteil würden sie dazu beitragen, die Mehrheit zu mündigen Konsumenten und verant­wortlichen Koproduzenten heran­zubilden.

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Ossip K. Flechtheim  1987