Matthias Horx

Anleitung zum 
Zukunfts­optimismus

Warum die Welt 
nicht schlechter wird

Ein Pamphlet gegen
Untergangs-Ideologen,
Panik-Publizisten,
Apokalypse-Spiesser 
und andere Angst-Gewinnler

 

2007 Campus

2009 Piper

 

2007    310 Seiten 

dnb Buch

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detopia

Start Horx

Horx-1997

Lauterburg-1998
im Campus-Verlag

 

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Audio 2007 dlf  mit Horx 

 

 

Kurzbeschreibung. Wider den ewigen Pessimismus. Eine chronische Depression lähmt unsere Gesellschaft und verhindert echten Wandel. Der apokalyptische Spießer ist der Archetypus unserer Zeit. Die Angstlobby regiert das Land - moralisierend, profitgeleitet. So taumeln wir verängstigt dahin. Dieses Buch rüttelt auf.

Matthias Horx rechnet ab mit dem wohlfeilen Pessimismus. Er kämpft für den gelassenen, lösungsorientierten Optimismus - die letzte Provokation, die in unserer Gesellschaft noch möglich ist. In verdunkelten Zeiten birgt dieser Optimismus das Erbe der Aufklärung. Und er tut dringend not. 

Horx zeigt an ausgewählten Beispielen, wie der Schreckensdiskurs Gesellschaften so weit lähmen kann, dass sie zugrunde gehen. Es ist höchste Zeit für den Alarm gegen den Alarmismus! 

Dieses Buch liefert Munition gegen die verbreitetsten Untergangsgerüchte und zeigt, wie wir den grassierenden Pessimismus überwinden können.

 


Amazon.de-Redaktion, Winfried Kretschmer

Welche Katastrophe haben wir heute? Täglich versorgen uns die Medien mit Nachrichten, die vor allem eines suggerieren: Wir sind umgeben von Gewalt, Arbeitslosigkeit und Armut. Alles wird immer schlechter. 

Offensichtlich hat sich eine pessimistische Weltsicht im Lande breitgemacht wie eine hochansteckende mentale Epidemie. 

Das ist das Thema des neuen Buches von Matthias Horx. Der bekannte Trendforscher will "die strukturelle Depression bekämpfen, die hierzulande mehr und mehr zum Realitäts­konstrukt gefriert". 

Will zu einer Haltung zur Welt anleiten, die von Zuversicht und Vertrauen geprägt ist. Deswegen plädiert er "für eine Renaissance des aufklärerischen Skeptizismus, der den 'Imperien des Glaubens' ein heiteres 'Glauben wir nicht!' gegenüberstellt".

"Waldsterben", "Rinderwahn", "Vogelgrippe", "Feinstaub" - bei keinem dieser Themen rechtfertigen die tatsächlichen Risiken nur annähernd die Aufregung, die um die wahrgenommenen Bedrohungen entfacht wurde. Die Folgen aber sind fatal: Es entsteht eine vorgeprägte Erwartungshaltung, mit der wir die Signale der Umwelt sortieren und filtern: "Wir nehmen wahr, was wir erwarten." Und das ist meist nichts Gutes. 

Es geht also ganz grundsätzlich um die Haltung, mit der man der Welt gegenübertritt: mit Zweifel und Pessimismus oder mit Optimismus und Zuversicht? 

Vertraut man auf den Menschen und seine Fähigkeit Herausforderungen zu meistern? Oder geht man davon aus, dass sowieso alles zu spät ist? 

Horx hat recht: "Im apokalyptischen Weltbild spiegelt sich vor allem ein radikales Nichtvertrauen in die Menschen."

Der Trendforscher setzt dem einen Optimismus entgegen, der ansteckend wirkt. Es ist kein Hurra-Optimismus, sondern eine Art Grundvertrauen in die Welt und in das Funktionieren der vom Menschen geschaffenen Systeme. In einem Wort: Weltvertrauen. Und das kann man lernen

Also: Schluss mit der depressiven Stimmung! Her mit einem gesunden Zukunftsoptimismus! 

 

 


Wenig Neues    2009    T. Pieper 

Der Autor bezeichnet sein Buch als ein 'Plädoyer für eine Renaissance des aufklärerischen Skeptizismus' (S. 11). Nur wenige Seiten weiter, darf der Leser dann lesen dass Horx ein Fachmann ist für die Mythologie der Mayas ist. Lediglich ein Zitat einer Fachfrau scheint seine Theorie zu stützen. Folgt der Leser dieser Quelle (Karen Armstrong), stellt sich heraus, dass die zitierte Passage sich auf Neanderthaler bezieht und nicht auf die Mayas. Vieles, was Horx beschreibt, ist schon an anderen Stellen beschrieben worden und so wird das Buch eher eine Zitatesammlung.

Es führt zu weit, die Vielzahl der Quellen der Zitate zu kontrollieren. Sie könnten dem Buch Glaubwürdigkeit verleihen, sind aber zu häufig aus dem Zusammenhang gerissen und aus zu vielen unterschiedlichen Quellen, gelegentlich sogar nur Sekundärquelle. Anderseits bleibt ohne Zitate wenig übrig von den 270 Seiten.

Nach Ansicht des Autors gibt ist eine Lobby des Apokalismus, die dem Publikum und insbesondere dem romantischen Deutschen, Zukunftsangst einzureden. Zu dieser Lobby gehört u.a. die Boulevardpresse. Eine solche Erkenntnis ist trivial. Und natürlich ist das montäglich erscheinende Nachrichtenmagazin auch eine Vertreterin des von Horx bekämpften Alarmismus. Ebensowenig wie dieses Nachrichtenmagazin scheut sich Horx nicht, Anders denkende mit Hohn zu überschütten ('Berufsapokalyptiker', 'weltenttäuschten 50-jährigen Lehrerinnen' ) und zu verallgemeinern ('Die Intellektuellen ...in Deutschland, aber besonders in Frankreich', 'wir alle').

Verwundert fragt sich der Leser, wie sich dieser Stil reimt mit dem Anspruch aufklärerisch zu sein. Hämische Polemik ist auch nicht sachdienlich, um komplizierte Zusammenhänge wie Klima oder Impfungen zu durchgründen um eine eigene Meinung bilden zu können. Viele Begriffe setzt Horx in Anführungszeichen obwohl es keine Zitate sind, wodurch Text sehr schwammig wird. Eine Mischung aus einerseits undeutlichen Begriffen ('innere Weisheit', S. 265) verwirrt den Leser, der sich fragt, ob es auch eine äußere Weisheit gibt, und andererseits trivialen Wahrheiten (' ...dass Europa heute ein Hort des Friedens ist' (S. 265). 


Altklug, Besserwisserisch, Stammtischniveau, Zeitverschwendung       D. Saft, 2009

Der Titel täuscht über den eigentlichen Inhalt des Buches hinweg. Das Buch gleicht über große Strecken vielmehr einer persönlichen Abrechnung des Autors mit der Welt. Eine Welt, die der Autor als von "bösen Mächten" gelenkt, weil unglaublich vorhersagbar und Lemmingen gleichend in Panik verfallend, ansieht. Er beschreibt die Gesellschaft als eine auf apokalyptische Szenarien fixierte und zieht oft Einzelfälle zur Erläuterung seiner Positionen heran, verallgemeinert diese jedoch unzulässig. 

Quellenangaben in Anmerkungen bestehen oft aus Zeitschriftenartikeln aus Blättern, deren Niveau nicht besser als das der Zeitung mit den großen Überschriften ist. Wo Aussagen scheinbar mit wissenschaftlichen Argumenten untermauert werden, fehlen sogar jegliche Quellenangaben. 

Der Autor warnt vor Untergangsphantasien und Gurus, die scheinbar alles besser wissen, als der große Rest der Welt. Amüsant ist, dass der Autor selbst als eine Art Guru der Vernunft anmuted. Er tut dies bisweilen auf Stammtischniveau. Eine Aussage auf Seite 72 bringt es auf den Punkt: "Auch die TAZ, einst ein kritisches Blatt der Quer- und Andersdenker, hat sich heute eher zu einem Organ des apokalyptischen Mainstream-Spießers entwickelt, zum enem Hort für zynische, besserwisserische Narzissten. Grundtenor: Alle anderen sind eh Idioten, die Welt ist ein Scheißhaufen, aber wir wissen Bescheid!". 

Diese Aussage bietet eine gute Basis für Analogieschlüsse zum Buch selbst. Die sicher gut gemeinten Ansätze des Buchs, die dazu aufrufen, Medienhypes kritisch gegenüberzustehen und mit Vernunft zu reflektieren, gehen unter in einer fast schon extremistischen Haltung des Verallgemeinerns. Nahezu alles, was die Menschheit heutzutage bewegt, wird als Irrglaube dargestellt. Mit Vernunft hat auch das leider nichts mehr zu tun. Diese übertriebene Egal-Vernunft-Einstellung kann ebenso gefährlich sein, wie die übertriebene Panik, vor der der Autor den Leser zu warnen versucht. Schade. 


 

Juri Urbainczyk, 2012

Anleitung zum Individualismus? Richtige These - schlechte Argumente   

Viele Abschnitte dieses Buches sprechen mir aus der Seele. Zentrale These ist, dass eine wesentliche Bedrohung unserer Zukunft gerade darin liegt, dass die Angst das Denken regiert - insbesondere die Angst vor der Technik und vor den eigenen Möglichkeiten und Chancen. Die Medien spielen in diesem Kulturpessimismus eine besondere Rolle und ihnen gegenüber ist viel Skepsis und Gelassenheit angeraten. Leider werden viele positive Entwicklungen nicht wahrgenommen und negative Einzelfälle übersteigert, denn "während wir mit dem Fahrstuhl des Wohlstands nach oben fahren, bewegt sich der Rest der Welt scheinbar nach unten". Daher - auch darin stimme ich mit dem Autor überein - ist öfter mal Optimismus vonnöten, auch und gerade den Medien zum Trotz.

Im weiteren Verlauf des Buchs greift Herr Horx verschiedene Katstrophenszenarien ("Böse Globalisierung", "Mediale Verblödung, ...) direkt an und versucht sie richtig zu stellen. Leider misslingt das auf der ganzen Linie. Zunächst versäumt der Autor, die einzelnen Szenarien inhaltlich zu würdigen. Daher erhält der Leser den Eindruck, die Globale Erwärmung z.B. würde gar nicht stattfinden oder es gäbe gar keine Probleme mit der Globalisierung. Zudem werden kaum sinnvolle Argumente gennant, warum die genannten Szenarien eben "nur" Probleme und keine Katstrophen sind (dem ich ja grundsätzlich zustimme).

Herr Horx ergeht sich statt dessen in absurden Aussagen und Glaubenssätzen, die teilweise geradezu grotesk und lächerlich anmuten. Bespiel: Um die "Grenzen des Wachstums" zu widerlegen, rechnet der Autor vor, man bekäme leicht in eine Telefonzelle 12 Menschen hinein, so dass dann die ganze Menschheit auf der Fläche des Bodensees Platz hätte. Was soll das? Gibt es keine stichhaltigen Argumente? Schlimmer noch: ein einziger deutscher Politiker wird namentlich als Negativbeispiel angeführt und persönlich auf schlimmste angegriffen. Mit keinem inhaltlichen Argument wird aber auf dessen Aussagen und Kritik eingegangen. Dadurch erscheint das ganze Buch tendenziös.

Dennoch: es ist nicht falsch, dass es uns und der Welt insgesamt in vielen Dingen immer besser geht und viele Katastrophenszenarien medial und kulturell übertrieben werden. Aber gerade deshalb muss man sich den echten Problemen, die ja hinter den Szenarien lauern, stellen und diese dann mit der notwendigen Überlegtheit und Gelassenheit angehen. Auch hier fehlen dem Autor allerdings die stichhaltigen Argumente, allzu schnell verfällt er in ein Loblied auf den allein selig machenden Individualismusin dem unbegründete Glaubenssätze aneinandergereit werden ("Arbeit ist so immer mehr "Spezialisierung auf Zeit.")

Insgesamt ist das Buch trotz allem lesenswert, da es durchaus anregen kann altbekannte Denkmuster zu verlassen (daher noch 3 Sterne); dazu ist aber eine entsprechende kritische und distanzierte Geisteshaltung notwendig. Wer auf der Suche nach entsprechendem material ist, dem empfehle ich die Bücher von Jared Diamond.

Herr Horx: das nächste Mal bitte weniger tendenziös und dafür mit mehr Substanz.


Medienwirksam - aber inhaltsleer   ----------  2009 von Economist aus München, Amazon 

 

Mit den Wirkungen von Globalisierung, Vermögensverteilung, Medieneinfluß, Demografie, Religion, Seuchen, Wertsystemen, Klimatologie sowie Umwelt­nutzung setzen sich unzählige Fachleute und Publizisten auseinander. So auch Horx in seinem Buch <Anleitung zum Zukunftsoptimismus>. 

Sein Hauptanliegen ist der Alarmismus, der Überbau aller dieser Themen. 

Unter dem Alarmismus (Seite 24) versteht er epidemieartig auftretende Zukunftsängste als Folge von Fehlinterpretationen der Realität in Verbindung mit einer Überhöhung von Gefahren. Alarmisten sind dann wohl die Auslöser und Verstärker solche Ängste, von denen die Welt wohl besessen ist, so die Horx'sche Meinung. 

Einer medial geprägten Scheinwelt (s12), die diese Ängste transportiert, will er mit seinem Buch entgegen treten. Er zielt darauf ab, einer anderen Perspektive Aufmerksamkeit zu verschaffen und Zuversicht wie Vertrauen schaffen (s12). Er führt aus, dass der Alarmismus sich zu einer Industrie verstärkt (s25), die von Interessen der Medien und einem Teil der Wissenschaftler selbst, die nach Anerkennung und Aufmerksamkeit gieren, geleitet ist. 

Er befasst sich mit der Frage, weshalb Alarmismus auftritt (s45ff) und welche Wirkungen er auf Gesellschaften ausübt (s75ff). 

Horx vertritt die Ansicht, Alarmismus sei schädlich, bleibt aber bei der Beweisführung ziemlich unklar. So verhindere seiner Meinung nach Alarmismus den Fortschritt, während alternativ dazu die Behauptung stehen dürfte, dass erst im Wettstreit mit einer Antithese zum Alarmismus die Wahrheit zu finden ist. Der große Teil seines Buches befasst sich mit den Beispielen, den 9 Themenbereichen, die nach seiner Ansicht dem Alarmismus verfallen sind. Zur Beweisführung benötigt Horx etwa 180 Seiten. Für jedes Thema hat er ungefähr 20 Seiten, auf denen er ausführt, dass hier eine Gefahrenüberhöhung vorliegt. Kontroversen über vorteilhafte und nachteilige Folgen von Entwicklungen sind das Ergebnis unzähliger Debatten, auf die Horx verzichten kann. Es weiß, was richtig ist. Basta! 

Erstaunlich, wie zügig von ihm die Debatten zu einem Ende geführt werden können, wenn man sich nur seiner Perspektive anschließen will. Er kritisiert die Handlungen der Alarmisten, die nach seiner Ansicht lediglich Glaubenssätze formulieren, um Veränderungsängste auszulösen. 

Er dagegen liefert aber die Fakten und rückt die falsche Sichtweise zurecht. Kann das auf so wenigen Seiten gelingen? Er bemüht Statistiken, wo sie ihm dienen, und zieht sie in Zweifel, wenn dies in sein Bild passt, wie im Fall des Themas Demografie. 

Die Diskussion über die Vermögensverteilung und deren Folge erschlägt er mit einer Statistik und so führt er aus, dass immer mehr Menschen über mehr als 1 US-Dollar täglich verfügen, also kein Armutsproblem bestehe. Dabei vergißt er, dass im Zeitablauf der Wert des Dollars verfällt und es wäre nicht überraschend, wenn er dadurch zu vollkommen falschen Ergebnissen käme. 

Horx nimmt die unsere Gesellschaft bewegenden Themen überwiegend aus einer bedrohlichen Perspektive wahr und will dieser eine alternative Orientierung gegenüber stellen. Ihn interessiert weniger die produktive Seite des Dialogs und so sieht er die Welt durch Alarmisten bedroht, die negative Aussichten überbetonen und Ängste schüren. 

Ob das so ist, sollte jeder für sich selbst einschätzen. 

Horx sieht sich in der Verpflichtung, die Welt aufzurütteln. Er will die falsche Sicht der Alarmisten zurechtrücken. Er versucht zu beweisen, dass kein Grund zur Aufregung besteht und alle Entwicklungen entlang normaler, wenig besorgniserregender Trends verlaufen. Trendbrüche sind für ihn nicht erkennbar, sondern Überzeichnungen der Alarmisten. 

Horx's einfache Sichtweise reduziert sicherlich Komplexität, aber führt sie zu richtigen Erkenntnissen? Bei ihm wird Burkina Faso zum Globalisierungs­gewinner, aber er sagt nicht, dass erst durch den kontroversen Dialog die Überwindung der Bildungsmisere dieses Staats auf die durch Alarmisten ausgelösten Hilfeleistungen zurück geht.

Wenn er über die demografische Entwicklung schwadroniert, blendet er die sich daraus ergebenden Problemstellungen der Finanzierung von Altersrenten vollkommen aus. 

So bleibt sein Werk an der Oberfläche, auch wenn er sich mehrmals auf Dietrich Dörner bezieht und wohl zeigen will, dass er sich mit der <Logik des Mißlingens> beschäftigt hat. 

Horx betrachtet die pessimistischen Skripten der Alarmisten, die Ängste aus eigenen Interessen schüren. 

Aber Achtung: Man könnte Horx als optimistischen Alarmisten verstehen, der nicht Probleme herbeiredet sondern verniedlicht. 

Auch die Unterschätzung einer Gefahr birgt ein Risiko und so könnte man Horx selbst als einen Alarmisten bezeichnen, der nicht Ängste schürt, aber zur Risiko­wahrnehmung wenig beiträgt und damit Risiken herausfordert. Insoweit fügt er lediglich eine weitere Facette der medialen Scheinwelt hinzu, der er selbst zugehörig ist. 

Und daher ist auch Horx als als gefährlich einzustufen, da er unter Verneinung realer Probleme Hoffnungen schürt und Entscheider von notwendigen Korrekturen abhält. 

Skepsis ist also angebracht, gegenüber pessimistischen Alarmisten, wie auch optimistischen, so auch gegenüber Horx. Diese Chance zum skeptischen Umgang mit Alarmisten hat Horx vertan, weil er selbst sich als Alarmist decouvriert. Er rührt den medialen pseudo-wissenschaftlichen Brei, der in vielen Zeitschriften publiziert wird, und auf den er in vielen Fußnoten verweist, noch einmal um, ohne dass wirklich neue Einsichten entwickelt werden. 

Auch wenn sein Fazit, seine Anleitung zum skeptischen Optimismus, grundsätzlich richtig ist, so führt sein Buch nicht dazu, wirklich skeptisch zu werden. Er nimmt seine Leser auf eine oberflächliche Reise mit, die nur ein Ziel hat, diese zum Glauben an seine Sichtweise heranzuführen: Es gibt keine Probleme, so hat Horx gesagt. Basta! Er weiß es, auch ohne Quellenstudium. So zitiert er eine große Zahl an Sekundärpublikationen, die in Zeitungen und Zeitschriften überwiegend in den Jahren 2004 bis 2006 erschienen und viele Fachbücher aus den Bereich der Gesellschafts­wissenschaft und Psychologie. Auf nur wenige Historiker und deren Veröffentlichungen wird dagegen verwiesen. Man kann ihm also glauben und folgen. Solche Leser wird er sich wohl wünschen, und davon sehr viele. Alternativ zur Horxschen Empfehlung könnte man sich auch mit Sorgfalt und Skepsis den gesellschaftlichen Themen engagiert zuwenden und mit Augenmaß handelnd, dem Fortschritt dienend. 

Wer sein Buch also bereits gekauft hat, sollte daher zunächst sein Fazit lesen und dann die vorausgehenden Kapitel - mit großer Skepsis. Wer sein Buch nicht gekauft hat, hat sich viel erspart und auf nichts verzichtet. Es ist ein überflüssiges Buch.


Auszug 

Das Phänomen des Alarmismus

Es ist Zeit für eine Definition. 

Unter Alarmismus verstehen wir ein soziokulturelles Phänomen, bei dem Zukunftsängste epidemieartig in weiten Bevölkerungskreisen grassieren. 

Diese Ängste entstehen aus einer bestimmten Interpretation von Gefahrenmomenten, die durchaus reale Ursprünge (oder Teilaspekte) aufweisen kann. Diese Gefahren werden jedoch symbolisch überhöht und auf ein vereinfachtes, eben katastrophisches Modell reduziert. 

Eine alarmistische Epidemie verläuft immer nach dem gleichen Muster:

1. Inkubation. Eine Gefahr wird aufgegriffen und in einem medialen Prozess gebrandet. Sie bekommt einen drastischen, wohlklingenden, angsterregenden Namen, zum Beispiel: "Waldsterben" - "Atomtod" - "Rinderwahn" - "Vogelgrippe" - "Klimakatastrophe" - "Feinstaub" - "Überalterung" - "Krieg der Kulturen" - "neoliberalistische Globalisierung" - "neue Unterschicht". 

2. Fieberphase. Nun läuft eine kaskadenartige Sinnproduktion an. Experten treten auf und werden über Nacht zu Berühmtheiten. Sendungen zum Thema häufen sich im Fernsehen, die Schlagzeilen werden in immer größeren Lettern gedruckt. Bücher kommen in schnellem Takt auf dem Markt. Bis irgendwann alle "davon" sprechen. Und jeder eine Meinung dazu hat: "Haben Sie schon gehört! Das wird ja immer bedrohlicher!" 

3. Ritualphase. Man versucht, etwas zu tun, verweigert etwa bestimmte Kaufakte, meidet Orte. Schuldzuweisungen häufen sich, der Ton wird noch hysterischer. 

4. Abklingphase. Das Phänomen hat seinen Höhepunkt überschritten. Es wird plötzlich langweilig oder fällt auf die Stufe des "postkatastrophalen Entertainments" (Matthias Beltz) zurück. Nun erscheinen erste Betrachtungen, die das Phänomen nüchterner und komplexer betrachten, es sinnvoller einordnen, gar rationale Lösungsvorschläge machen. Allerdings werden diese kaum mehr wahrgenommen. Denn nun setzt bereits der nächste Zyklus ein ...

Alarmismus ist kulturgeschichtlich nichts Neues - hysterische Angstepidemien begleiten die Menschheitsgeschichte. Nicht zuletzt basiert das katastrophische Lebensgefühl auf einem psychologischen "Angstlust"-Effekt, den der Publizist Friedrich Sieburg schon in der Nachkriegszeit, 1957, beschrieb:

Die Weltuntergangsstimmung durch scharfe Analysen ins allgemeine Bewusstsein zu heben und sie gleichzeitig auch noch zu genießen, gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen des Menschen von heute ... Der Alltag mit seinen tristen Problemen ist langweilig. Aber die bevorstehenden Katastrophen sind hochinteressant. Niemand soll uns um unsere Krise bringen! Wir haben ein Recht auf sie! Aber dass mir niemand zum jüngsten Gericht zu spät kommt!4

Seit zu Beginn der siebziger Jahre die elektronischen Massenmedien eine wichtige Funktion übernahmen, scheint sich der "Issue Attention Cycle" jedoch immer stärker zu beschleunigen. Die Verlaufskurve von Phase 1 bis 4 liegt heute bei etwa drei bis vier Monaten. Es gibt aber auch Alarme, die ihre Wirkkraft über Jahrzehnte entfalten. ("Globalisierung" zum Beispiel, oder auch "Global Warming"). 

Alarmismus ist, wie ich in diesem Buch zeigen möchte, nicht nur ein kulturgebundener Reflex auf Bedrohungen, sondern verselbstständigt sich zu einer gewaltigen Industrie. 

Mit Alarmismus kann man Politik machen; Machtpolitik, Geldpolitik, Mentalpolitik. Hier geht es um die "große Knappheit" der Informationsgesellschaft: Aufmerksamkeit. Wodurch kann man Aufmerksamkeit besser organisieren als durch Ängste? Und wodurch kann man Macht besser erreichen oder festigen als durch Inszenierungen von Angst? 

Alarmismen erzeugen ständig neue Nachfragen nach Angstfetischen, seien es obskure Geräte gegen Magnetstrahlen oder Turnschuhe aus Bio-Jute. Sie generieren völlig neue, durchaus sinnvolle Marktsegmente, etwa den Bio-Lebensmittelmarkt. Aber nur der amerikanische Alarmismus bringt es fertig, innerhalb von einem Jahr die gesamte Nahrungskette zu verändern, sodass inzwischen in allen Supermärkten Fleisch, Eier und Fett ganz vorne in den Theken stehen, während Nudeln und Müsli in die Schmuddelecke befördert wurden! Und das alles nur, weil "Wissenschaftler festgestellt haben", dass die grassierende Fettleibigkeit an zu vielen Kohlehydraten liegt! 

Wie also funktioniert dieses System? Woraus speist es seine enormen mentalen Energien? Wer sind die Spieler auf dem Feld? Und vor allem: Wie müssen wir es interpretieren? Ist das Ganze nur ein Medienspektakel, das uns letztendlich ein wenig unterhalten, gruseln und das Fürchten lehren soll - ein zwar irgendwie überhitztes, aber funktionierendes Frühwarnsystem? Oder haben wir womöglich gute Gründe, im Namen der Zukunft nicht nur skeptisch, sondern gar alarmistisch gegenüber dem Alarmismus zu sein?

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Horx 2007