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Anhang: Beispiele postprimärtherapeutischer Interviews

 

Interview 1    ( I = Interviewer, P = Patient ) 

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I: Wie alt sind Sie?
P: 51.
I: Familienstand?
P: Geschieden.
I: Wie lange sind Sie geschieden?
P: 18 oder 19 Jahre.
I: Was wurde aus Ihrer ersten Frau? Sehen Sie sie manchmal?
P: Sie hat wieder geheiratet. Ich habe sie vor ein paar Jahren gesehen. Sie war zu Besuch in Los Angeles und rief mich an.
I: Und aus Ihrer Ehe sind keine Kinder hervorgegangen?
P: Nein.
I: Wie lange waren Sie in der Therapie?
P: Ungefähr fünf Monate - etwas mehr als fünf Monate.
I: Und wie oft kamen Sie nach den ersten drei Wochen?
P: Drei Mal in der Woche.
I: Wenn Sie beschreiben sollten, wie Sie sich fühlen, was würden Sie sagen? - geheilt, zum Teil geheilt, besser, derselbe Zustand oder schlechter?
P: Hm!
I: Oder geben Sie Ihre eigene Beschreibung.
P: Nun, ich habe das Gefühl, man hat mir unendlich geholfen. Ich weiß einfach nicht, was geheilt bedeuten soll. Ich sehe die Therapie nicht als etwas, das heilen kann in dem Sinne, daß man nie mehr irgendein Problem haben wird. Ich sehe ihr Ziel mehr darin, daß man lernt, mit Schwierigkeiten fertig zu werden, obgleich sie viele meiner Probleme gelöst hat. Aber das tägliche Leben wirft neue Probleme auf, und ich finde, daß ich jetzt fähig bin, mit ihnen fertig zu werden. 

I: Waren Sie vorher in irgendeiner therapeutischen Behandlung - und wenn ja, in welcher?
P: Ich war über 8 Jahre in einer Analyse und 2 Jahre in einer Psychotherapie.
I:  Hatten Sie zu der Zeit, als Sie in diesen Therapien waren, das Gefühl, daß Ihnen geholfen wird?
P: Insofern, als daß man jemanden hatte, mit dem man reden konnte, war es schon eine Hilfe. Es hielt mich irgendwie am Leben, schon allein die Regelmäßigkeit, zu wissen, daß eine Sitzung bevorstand, und ich glaube, solange man eine Sitzung vor sich weiß, hat man noch einen bestimmten Grad an Hoffnung. Aber zur selben Zeit, als ich in der Analyse war, wurde ich Alkoholiker.

I:  Brachen Sie freiwillig ab? Was war früher, die Analyse oder die Therapie?

P: Ich war ein Jahr beim Psychiater, als ich ungefähr 21 Jahre alt war; mit vierzig war ich acht Jahre in der Analyse, - und dann, nun dann, wurde ich als Alkoholiker ins Krankenhaus eingewiesen, und als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, teilte mir mein Analytiker mit, daß er nichts mehr für mich tun könne. Trotzdem empfahl er eine Behandlung und riet mir, gemeinsam mit meinem Arzt, wieder zu meinem früheren Psychiater zu gehen.

I: Hatten Sie irgendwelche besonderen Beschwerden, ehe Sie in diese Therapie, die Primärtherapie, kamen?
P: Körperliche Beschwerden?
I: Ich meine mich zu erinnern, daß Sie zu hohen Blutdruck hatten. Hatten Sie das immer schon?
P: Nun, das ist eine ziemlich komplizierte Geschichte. Lassen Sie mich darüber etwas ausführlicher berichten. Bitte.

Ursprünglich ging ich in die Analyse, weil — nein, lassen Sie mich noch weiter zurückgehen. Kurz nachdem sich meine Frau von mir scheiden ließ, kam mir der Verdacht, daß mit meinem Herzen etwas nicht in Ordnung sei. Mein Herz schlug unregelmäßig — mal schnell, mal langsam —, und ich richtete mich darauf ein, bald zu sterben. Das traf mich in keinster Weise, doch ich starb nicht. Und mit der Zeit begann ich als Schriftsteller erfolgreich zu sein, und ich dachte mir, etwas länger leben, wäre vielleicht doch nicht so schlecht. Also ging ich zu einem Arzt und

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sagte, daß ich Herzbeschwerden hätte und was ich dagegen tun könne. Er untersuchte mich, konnte aber nichts Krankhaftes an meinem Herzen feststellen; deshalb nahm er an, ich müßte emotionale Probleme haben. Daraufhin ging ich in die Analyse. Zu dieser Zeit war mein Puls auf 125-130.

I: In welchem Alter?

P: Über vierzig. Ich lag nachts im Bett und wartete darauf, daß mein Herz jeden Moment stillstehen würde. Es schlug sehr unregelmäßig, und ich lag wartend da und fragte mich, ob es wohl wieder anfangen würde, richtig zu schlagen. Das war sehr unheimlich. Dann, nach ein paar Jahren Analyse, verschwanden die Unregelmäßigkeiten, und die Geschwindigkeit des Pulses ließ um einiges nach. Mein Blutdruck war übrigens mal sehr hoch und mal sehr niedrig. Als ich in die Primärtherapie kam, war mein Puls um die 80-90. In den ersten drei Wochen ging er auf 70 zurück, und fiel im weiteren Verlauf der Primärtherapie noch weiter ab.

I: Was war der niedrigste Wert überhaupt?
P: Das niedrigste, was ich je gemessen habe, war 56.
I: Fand Ihr Arzt daran irgendetwas Bemerkenswertes?
P: Er findet es einfach großartig.
I: Was ist mit Ihrem Herzen?
P: Überhaupt keine Probleme; nie wieder außer diesem einen Mal.
I: Ich verstehe. Es war vielleicht nur ein Anfall in Folge von Angst. Und Ihr Puls? Wie lange war er um die 90? Wieviele Jahre Ihres Lebens, oder wissen Sie das nicht?
P: Ich würde sagen, daß er für etwa 10 Jahre selten unter 100 war, und dann, in den letzten 5 oder 6 Jahren meiner Analyse, ging er auf 80 zurück.
I: Nun, nachdem Sie all dies hinter sich gebracht haben, würden Sie daran denken, in eine andere Therapie zu gehen?
P: Nein.
I: Was hat Ihnen an der Primärtherapie besonders geholfen?
P: Mit meinen eigenen Gefühlen in Berührung zu kommen, gegen die ich mich so viele Jahre erfolgreich verschlossen hatte.
I: Passierte nicht auch einiges von dem, was hier mit Ihnen geschah, in irgendeiner Ihrer therapeutischen Sitzungen?
P: Nein, niemals, niemals.
I: Es fällt schwer, das zu glauben. Ich meine, es könnte den Eindruck erwecken, als hätten Sie eine Art —

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P: Nun, wenn Sie das Weinen meinen, ja, schon, aber mein Weinen in der Analyse entsprang mehr einer allgemeinen Traurigkeit, es ging nicht an die Wurzeln.
I: Und Ihr Weinen hier?
P: Das führte direkt auf den Kern der ganzen Sache.
I: Würde es Ihnen was ausmachen, etwas über die ersten drei Wochen der Therapie und den Therapeuten zu sagen?
P: Nun, ich fand die ersten drei Wochen sehr anstrengend. Ich erwog in den ersten drei Wochen mehrmals, die Therapie abzubrechen.
I: Was hat Sie veranlaßt, doch zu bleiben?
P: Teils das Geld, teils meine guten Vorsätze, und dann wußte ich auch nicht, wohin ich sonst gehen sollte. Wenn ich es hier nicht geschafft hätte, welche andere Therapie hätte mir sonst helfen können? Und ich war intellektuell — und in irgendeiner Weise auch emotional - davon überzeugt, daß diese Therapie helfen würde.
I: Was haben sie an der Primärtherapie auszusetzen?
P: Nun, ich war unvorbereitet.
I: Haben Sie nie darüber nachgedacht?
P: Doch. Der Lärm hat mich gestört, ich konnte ihn manchmal kaum aushallen. Ich hatte das Gefühl, daß er mich von meiner eigenen Arbeit ablenkte. Schließlich bekam ich Ohrenschützer, so daß mich die anderen Leute nicht mehr störten.
I: Wie würden Sie die Therapie verbessern?
P: Ich weiß es nicht.
I: Sie sind wirklich eine große Hilfe! Wie hat sie Ihr Verhalten verändert, falls überhaupt?
P: Ich bin seit 18 oder 19 Jahren geschieden. Seit ich die Primärtherapie abgeschlossen habe, lebe ich mit einer Frau zusammen, wir planen im Herbst zu heiraten. Ich sehe sie fast jeden Tag, und ich glaube, vor der Therapie wäre das für mich nicht auszuhalten gewesen.
I: Was wäre nicht auszuhalten gewesen?
P: Jemanden Tag für Tag zu sehen.
I: Warum?
P: Das hieße für mich, ich sitze fest, ich bin - ich bin —
I: Gefangen?
P: Genau! Ehe ich in die Primärtherapie kam, nahm ich Schlaftabletten, Beruhigungstabletten und Mittel gegen Depressionen;

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jetzt brauche ich von all dem nichts mehr. Seit meinem Beginn der Primärtherapie habe ich keine Kopfschmerzen mehr gehabt. Und ich hatte sie dauernd — das heißt jeden Tag.
I: Und Sie haben keine mehr?
P: Kein einziges Mal mehr.
I: Das ist natürlich großartig. Und Sie leben wirklich ohne alle Mittel?
P: Manchmal nehme ich Aspirin wegen der Schmerzen in meiner Schulter; die kommen vom Badminton spielen. Es ist so eine Art Arthritis. Dagegen hilft nicht einmal die Primärtherapie.
I: Nein.
P: Lassen Sie mich noch etwas Kurioses hinzufügen; ich nehme nicht an, daß es die Welt in ihren Grundfesten erschüttern wird, aber ein Ergebnis der Primärtherapie ist, daß ich besser Schach spielen kann.
I: Wirklich?
P: Der Grund ist, daß ich mich jetzt beim Schachspielen mehr auf das Spiel selbst konzentrieren kann und weniger damit beschäftigt bin, meine Gefühle abzureagieren und unbedingt jemanden schlagen zu wollen.
I: Haben Sie geraucht, ehe Sie in die Therapie kamen?
P: Nein, jedenfalls nicht unmittelbar davor, aber ich war ein starker Raucher.
I: Rauchen Sie jetzt überhaupt noch?
P: Nein.
I: Trinken Sie?
P: Nein, damit habe ich aufgehört, ehe ich in die Primärtherapie kam.
I: Wie lange vor der Primärtherapie haben Sie aufgehört zu rauchen und zu trinken?
P: Mit dem Trinken ungefähr zwei Jahre vorher; und dann hatte ich einen Rückfall und landete wieder im Krankenhaus - wieder als Alkoholiker.
I: Sie tranken den ganzen Tag, jeden Tag?
P: Ich trank gut eine Flasche Brandy am Tag.
I: Können Sie sich vorstellen, wenn Sie auf einer Party Cocktails oder Wein trinken, daß Sie dann möglicherweise wieder anfangen zu trinken?
P: Ich nehme es nicht an, aber ich würde ohnehin keinen Alkohol mehr trinken.

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I: Warum nicht?
P: Ich habe kein Verlangen danach. Ich mag es nicht - Trinken und die Gefühlslagen, in die mich das Trinken bringt, haben sehr unangenehme Implikationen für mich - es ist für mich mit sehr unangenehmen Assoziationen verbunden; ich fühle mich einfach viel wohler, wenn ich weiß, wo ich bin und was los ist.
I: Wie steht es mit Drogen? Sie haben bereits erwähnt, daß sie keine harten Drogen nehmen. Nehmen Sie irgendwelche anderen Drogen, zum Beispiel Haschisch?
P: Nein, habe ich nie genommen.
I: Und offensichtlich essen Sie auch nicht übermäßig.
P: Nein.
I: Verspüren Sie irgendein Bedürfnis nach all den Dingen, von denen wir gesprochen haben?
P: Manchmal habe ich Lust auf Süßigkeiten. Manchmal hätte ich gern einen ganzen Kuchen oder eine große Portion Eis.
I: Wie steht es mit Rauchen? Haben Sie manchmal das Gefühl, eine Zigarette zu brauchen?
P: Nein, nie.

I. Hat sich in Ihrem Sexualleben etwas verändert, seit Sie in der Therapie waren?
P: Ja, es ist ziemlich aktiv, und naja, wesentlich öfters.
I: Hauptsächlich, weil Sie jemand haben, den Sie wirklich mögen?
P: Ja.
I: Ich wollte diese Frage nicht für Sie beantworten. Gab es davor irgendjemanden, mit dem Sie sexuell gut auskamen?
P: Nun, während ich trank, habe ich Jahre damit zugebracht, Mädchen in Bars aufzugabeln, und das war ein ziemlich unbefriedigendes Sexualleben.
I. Was können Sie bezüglich Ihrer inneren Spannung vor und nach der Therapie sagen - hat sich da einiges oder sehr vieles verändert?
P: Ja, daran hat sich einiges geändert - die Art der Spannung hat sich verändert. Früher entstand sie aus einem allgemeinen Unsicherheitsgefühl, aus Niedergeschlagenheit und Zweifeln an mir selbst und der Welt im allgemeinen. Auch jetzt habe ich noch Spannungszustände, aber sie entstehen im Zusammenhang mit meiner Arbeit, da bin ich gelegentlich durchaus besorgt. Doch das ist eine sehr berechtigte Sorge, schließlich hängt davon eine Menge ab. Ich werde nicht heiraten, wenn ich für meine Frau

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nicht sorgen kann. Ich habe inzwischen eine recht gute Vorstellung davon, was ich als Schriftsteller erreichen will, das ist nicht leicht; ich bin ein sehr scharfer Kritiker meiner eigenen Arbeiten. Und mit der eigenen Arbeit nicht zufrieden zu sein, ist sehr frustrierend.

I: So würden Sie meinen, daß Ihnen die Therapie gewissermaßen ermöglicht hat, Qualität besser zu verstehen, es jedoch schwerer gemacht hat, sie tatsächlich zu erreichen, oder hat sie...

P: Lassen Sie es mich anders ausdrücken - ich kann mir vorstellen, daß wir im Grunde dasselbe meinen. Ich schrieb früher Boulevard-Komödien, das fiel mir leicht, und ich war damit sehr erfolgreich. Komödien dieser Art zu schreiben, befriedigt mich nicht länger. Ich möchte gern etwas Ernsteres schreiben, und das ist weniger leicht.

I: Ich verstehe. Haben Sie immer noch Primals?
P: Ja.
I: Wie oft?
P: Ich weiß nicht recht, wie ich darauf antworten soll. Was ist ein Primal? Meine Vorstellung darüber war, als ich in die Therapie kam, sehr anders als sie es jetzt ist. Ich weine unbefangener, und ich weine sehr, sehr oft. — Ich würde sagen, durchschnittlich einmal am Tag. Ob ich noch Primal-Sitzungen mache als bewußte Anstrengung, etwas aus meiner Vergangenheit zu klären — nein.

I: Gibt es etwas, wovon Sie noch reden möchten? Was Sie mir zuletzt erzählt haben war eine Beschreibung ihres täglichen Lebens. Hat es sich in starkem Maße verändert?

P: Die Intensität meiner Spannungszustände — ich nehme an, daß es wichtig ist, dies zu sagen — hat beträchtlich abgenommen. Ich bin viel öfter fähig, ruhig zu bleiben, als ich es bisher war. Ehe ich in die Primärtherapie kam, mußte ich dauernd aus dem Hause gehen — einfach um hinauszugehen. Das ist heute nicht mehr notwendig — ich verlasse das Haus jetzt, wenn ich tatsächlich etwas zu tun habe. Ich bin mit einem häuslichen Leben zufriedener.

I: Sind Sie wirklich zufrieden damit?
P: Ich halte mich fern von Leuten, von denen ich früher ständig glaubte, sie seien für mein Leben unerläßlich und wichtig.

I: Gibt es noch irgendetwas, was Sie sagen wollen, ehe wir abschließen?

P: Nein, eigentlich nichts mehr.
I: Ich danke Ihnen sehr, daß Sie gekommen sind.

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Interview 2 

 

I: Wie lange waren Sie in der Therapie? Wie oft kamen Sie nach den ersten drei Wochen in die Gruppe?
P: Ich war 9 Monate fest in Primärtherapie, dann nahm ich nur noch ab und zu an Gruppen teil. Nach den ersten drei Wochen war ich mindestens einmal in der Woche bei einer Gruppensitzung, und gelegentlich hatte ich eine Einzelsitzung.

I: Sind Sie geheilt, teilweise geheilt, ist Ihnen geholfen, geht es Ihnen genauso wie vorher oder schlechter?

P: Vor der Primärtherapie hätte ich mich selbst als äußerst angespannte, nervöse, übermäßig gefühlsbetonte und frustrierte Frau beschrieben. Ich wußte nie, ob ich eine Sache richtig oder falsch beurteilte. Ich wußte nie richtig, was ich empfand. Alles, was meine älteste Tochter tat, regte mich maßlos auf, und ich habe sie manchmal sogar geschlagen. Ich mochte sie nicht, ich hatte sie nicht gewollt, und ich hatte keine Geduld mit ihr. Ich hatte Schuldgefühle, weil ich keines meiner Kinder so behandeln konnte, wie ich es für richtig hielt, und weil ich sie im Grunde nicht liebte, und das brachte mich auf den Gedanken, daß irgendetwas mit mir nicht stimmte. Ich hatte Angst, daß ich sie eines Tages umbringen könnte, nur um mir nicht bewußt machen zu müssen, was eigentlich mit mir selbst nicht stimmte. Ich war krank. Meine unzusammenhängenden Kindheitsgefühle waren immerzu kurz davor durchzubrechen, aber ich wußte weder, was ich fühlte, noch wollte ich es überhaupt wissen. Wann immer ich durcheinander war, mich verletzt oder verwirrt fühlte, versuchte ich meine Gefühle mit dem in Verbindung zu bringen, was am gleichen Tag passiert war, aber ich fand nie genau heraus, warum ich mich gerade so schlecht fühlte.

Von alldem bin ich geheilt. Ich bin jetzt ein ruhiger Mensch. Ich weiß, daß meine Empfindungen richtig sind. Wenn ich durcheinander bin, dann immer, weil mir in der Gegenwart etwas zustößt, was mich an frühere Zeiten erinnert — vor Jahren, als meine Eltern verletzend zu mir waren, und ich versuchte, den Schmerz

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von mir fernzuhalten. In solchen Augenblicken stelle ich heute die Verbindung her — ich empfinde den Schmerz und erinnere mich an das, was ihn ausgelöst hat, gerade so, als sei es in diesem Moment passiert. Ich bin nicht mehr im Zweifel über das, was ich fühle. Wenn der Zusammenhang einmal hergestellt ist, ist mein Unbehagen vorüber. Ich verliere meine Selbstkontrolle nicht mehr, weil es keine Selbstkontrolle mehr zu verlieren gibt — die nicht empfundene, unartikulierte Wut, die ich gegen meine Eltern hatte, war endlich direkt auf sie bezogen worden, und es besteht nun keine Notwendigkeit mehr, diese Gefühle gegen meine Kinder zu richten. Nach all den Jahren empfand ich das ganze Leid, das meine Eltern mir zugefügt haben, das Leid, das zu empfinden mir damals, als es passierte, so unerträglich war; das Leid, das sich immer nur dadurch bemerkbar machte, daß ich meinte, es stimme etwas nicht mit mir; das Leid, das mein Leben ruinierte, weil es nicht auf seinen Ursprung zurückgeführt war. Meine Eltern brachten mich dazu, verletzend zu sein, und weil ich so verzweifelt wollte, daß sie mich mochten und liebten, hatte ich mich damit zufrieden gegeben, so zu tun, als entspräche die Wirklichkeit meinem Wunsch. Es waren meine Eltern, die mich unglücklich gemacht haben und nicht meine Kinder. Ich wollte eine bessere Mutter und nicht ein besseres Kind.

Ursprünglich hatte ich mich nach einer Therapie erkundigt, weil ich das Gefühl hatte, daß mein Mann mich nicht liebte und kurz davor war, mich zu verlassen. Das war ein weiteres Beispiel für ein abgespaltenes Gefühl aus meiner Vergangenheit. Die Gefühlskomponente war da, aber ich habe dauernd die falschen Zusammenhänge hergestellt. Es war mein Vater, der mich nicht mochte und mich loswerden wollte. Als das Gefühl einmal mit ihm in Zusammenhang gebracht war, gab es keinen Zweifel mehr über dessen Richtigkeit. Das traf jedoch nicht mehr zu, als ich das Gefühl mit meinem Mann in Verbindung bringen wollte. Ich hatte es immer angezweifelt, weil ich spürte, daß es nicht stimmen konnte. Seit diesen Urerlebnissen habe ich nie mehr darüber nachgedacht, ob mein Mann mich liebt oder nicht. Mein Leben ist jetzt gleichmäßig, ohne Spannungen und Kämpfe. Vor den Urerlebnissen war mein Leben chaotisch und voll von vermeintlich unlösbaren Problemen.

I:  In welcher Therapie waren Sie davor?

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P:  Ich war 2 1/2 Jahre in einer gewöhnlichen Therapie bei einem Daseinspsychologen. Es war eine absolute Vergeudung von Zeit und Geld. Damals dachte ich, es hätte mir geholfen; aber alles, was es bewirkte, war eine stärkere Kontrolle meiner Gefühle und meiner Anteilnahme in beunruhigenden Situationen. Nach der Primärtherapie verursachten mir meine Empfindungen kein Unwohlsein mehr - sie gehören zu meinem Ich. »Beunruhigende« Situationen sind mir heute willkommen, denn sie helfen mir mein Leben, meine Empfindungen zu klären.

I: Ist Ihnen in Bezug auf irgendwelche speziellen Leiden geholfen worden?

P: Besondere Leiden, die geheilt wurden, waren Spannungszustände, Hämorrhoiden, Akne, verkrampfte Muskulatur im unteren Bereich des Rückens als Folge der Spannung, chronische Ängstlichkeit, akute Angstattacken - Angst zu sterben oder »nicht brauchbar« zu sein -, eine Tendenz zum Hypochonder - meine Arztrechnungen sind jetzt wesentlich niedriger.

I: Würden Sie jemals in eine andere Therapie gehen?

P: Niemals, noch würde ich jemand anderem irgendeine andere Therapie empfehlen. Andere Therapien leisten Flickarbeit - sie stopfen Löcher, durch die die erfolglos verdrängten Gefühle hochkommen. Andere Therapien fördern Nachdenken und Ergründen als Abwehrmechanismus. Sinnvoll kann es erst werden, wenn die Empfindungen wahrgenommen werden. Man begibt sich in eine Therapie, um geheilt zu werden, und ich habe den Eindruck, daß dies nur die Primärtherapie zuwege bringt — nämlich eine Heilung der Gefühlsabspaltung.

I: Was hat Ihnen an der Primärtherapie besonders geholfen?

P: Meine Gefühle mit ihrem Ursprung in Verbindung bringen zu können — mit Ihrer Ursache, — das hat mir, glaube ich, besonders geholfen. Diese Augenblicke wiederzubeleben - das Gefühl zu haben, alles als Kind noch einmal zu erleben, das war die einzige Möglichkeit, diese Verbindung herzustellen. Ohne die Beharrlichkeit und Ermutigung durch den Therapeuten, immer wieder zu empfinden und Verbindungen herzustellen, wäre mir sicher nicht geholfen worden.

I: Was haben Sie an der Primärtherapie auszusetzen?

P: Die Einzelsitzungen während der ersten drei Wochen waren sehr schmerzhaft, letztlich jedoch auch erfreulich. Es war eine Erleichterung, endlich diese lang gesuchten, bis dahin verhinderten Verbindungen herzustellen - endlich den Ursprung meiner Gefühle

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zu kennen - die Ursache meines Leidens. Während dieser ersten 3 Wochen vollzogen sich die wichtigsten Veränderungen mit mir. Zum ersten Mal empfand ich, wie es ist, nicht angespannt zu sein. Mein Körper kam zu sich, als seien meine Körperfunktionen — Hunger, Verdauung, Stuhlgang, Urinieren — von einem Gefängniswärter befreit worden. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich hungrig - ich hatte Untergewicht. Meine Verstopfung hörte auf. Mein Körper fing an zu wachsen, und meine Hände und Füße waren nicht mehr andauernd kalt. Trotzdem waren die Empfindungen, die ich durchlebte, schrecklich schmerzhaft. Sehr oft wollte ich sie einfach nicht fühlen, aber es schien, als hätte ich keine Wahl. Manchmal erschien mir der Therapeut brutal und gefühllos, weil er mich nicht vor meinen Gefühlen schützte, sondern mich im Gegenteil ermutigte, sie zu empfinden. Er ermutigte mich, mich in das Gefühl hineinfallen zu lassen, und obgleich ich mich fürchtete und zweifelte, war ich im nachhinein erstaunt, daß das Gefühl mit einer schon längst vergessenen Erinnerung im Zusammenhang stand. Meine Therapie fand in den Anfangsjahren der Primärtherapie statt, und die Gruppenarbeit war damals sehr, sehr schlecht. Es war immer nur einer auf dem Boden, und die anderen, die darauf warteten auf den Boden zu kommen, verloren entweder die Chance, ihre Gefühle zu erleben oder erlebten sie nicht in ihrer vollsten Intensität. Ich bin froh, daß die Gruppen nicht mehr so sind. Es fällt mir keine andere Kritik ein, außer, daß es sehr teuer ist. allerdings nicht im Vergleich zu anderen Therapien.

I: Würden Sie es anderen empfehlen?

P: Ich würde die Primärtherapie auf jeden Fall empfehlen und habe es auch schon getan. Allerdings ist das etwas entmutigend, seit die Warteliste so lang geworden ist, daß Neuanmeldungen kaum noch angenommen werden können.

I: Wie hat sich Ihr Verhalten und Ihr Lebensstil verändert?

P: Abgesehen von dem Ärger und den Spannungszuständen, von denen ich bereits berichtet habe, hat sich mein Verhalten nicht sonderlich verändert. Die größte Veränderung infolge meiner Urerlebnisse bezieht sich darauf, wie ich mich innerlich fühle. Meine Urerlebnisse haben in mir eine wahre Revolution hervorgerufen, das Ergebnis ist nicht so leicht auszumachen. Die Gründe für alles, was ich tue, haben sich völlig geändert. Ich tat immer das, wovon ich dachte, ich müsse es tun — das, wovon

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ich glaubte, es würde mich für andere liebenswert beziehungsweise nicht liebenswert machen. Jetzt tue ich das, wozu ich Lust habe und lasse, was ich nicht tun möchte. Ich sage jetzt, was ich fühle und nicht, was ich glaube sagen zu müssen. Mein Leben war früher eine einzige Folge von chaotischen Situationen, Tiefschlägen, Problemen, schmerzlichen Gefühlen, Ärger und tausenderlei Dingen, die ich nicht mochte. Jetzt gibt es nichts mehr in meinem Leben, was ich als ausgesprochenes Problem bezeichnen würde. Kurz gesagt, ich brauche nicht mehr zu kämpfen. Ich fühlte mich früher einfach miserabel, und das ist heute nicht mehr der Fall. Ich habe jetzt wirklich Spaß an allem, was ich tue. Das kannte ich vorher nicht. Ich bin nur noch selten verwirrt, verletzt oder ärgerlich, und wenn es passiert, ist es immer der Anfang eines Urerlebnisses. Ich habe immer noch Urerlebnisse und werde sie möglicherweise noch lange Zeit haben, vielleicht für den Rest meines Lebens. Manchmal habe ich für einige Wochen mindestens einmal in der Woche ein Urerlebnis, und zu anderen Zeiten lebe ich einen ganzen Monat ohne Urerlebnis. Es kommt darauf an, ob es ein auslösendes Erlebnis gibt oder nicht.

I: Rauchen oder trinken Sie, nehmen Sie Drogen oder überessen Sie sich manchmal?
P: Nein.
I: Wie steht es mit Ihrem Sexualleben?

P: Vor den Urerlebnissen hatte ich nicht immer einen Orgasmus, und die Orgasmen, die ich hatte, hatten nichts gemeinsam mit meinem jetzigen Erleben. Die Orgasmen vorher waren angespannt und verkrampft, aber ich habe sie als befriedigend bezeichnet. Jetzt ist ein Orgasmus ein allumfassendes Erlebnis, mein ganzer Körper fühlt ihn, nicht nur meine Scheide oder meine Klitoris. Wenn ich mir mein Sexualleben vor den Urerlebnissen ansehe, so war es nicht sehr befriedigend. Mit meinem Mann zu schlafen bedeutete, daß er mich wollte und daß ich dadurch diesem Gefühl entging, nicht gewollt zu werden. Sex ist jetzt reine Empfindung. Es ist nur Sex - nicht die symbolische Versicherung, geliebt zu werden oder vor alten, nicht empfundenen, schmerzlichen Gefühlen sicher zu sein.

Ja, ich fühle mich manchmal angespannt. Ich stehe gerade vor einem Urerlebnis manchmal unter Spannung. Ich fühle mich auch angespannt, wenn ich etwas erledige, was ich nicht wirklich tun möchte, wozu ich mich aber zwinge, einfach weil es getan werden muß. Ich lebte in ständiger Spannung, als ich ein Jahr auf dem College war, weil ich mich dort wirklich nicht wohl fühlte. Ich hätte das Studium abgebrochen, wenn ich mein Examen nicht gebraucht hätte, um das tun zu können, von dem ich annahm, daß ich es später tun würde. Mir gefiel es einfach nicht, und ich war angespannt, weil ich es gegen meine Gefühle tat.

Als ich noch in einer gewöhnlichen .Art der Behandlung war, schrieb ich einen Bericht über mein tägliches Leben. Ich wollte, ich könnte es mit meinem heutigen Leben vergleichen. Der Unterschied zwischen dem heutigen und dem früheren wäre einfach unglaubhaft.

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