10. Weitere Implikationen der Bewußtseinsebenen
von Arthur Janov
A. Über Moral
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Meine Hypothese lautet, daß es Moral auf den tiefen Ebenen menschlichen Seins nicht gibt. Moral ist ein Konzept der dritten Ebene, das das umfaßt, was sein sollte, und dann auftritt, wenn Menschen ihren inneren Zugang verloren haben. Auf der fühlenden Ebene des Seins gibt es keine Moral, keine Vorstellungen von Recht und Unrecht; da gibt es nur das, was ist.
Gefühle sind im Gegensatz zu Moral nie Bewertungen; es sind Zustände. Moralische Grundsätze, weil sie nur so tief wie die dritte Ebene sind, müssen, um überhaupt eine Wirkung zu haben, immer wieder neu heraufbeschworen werden, unter Zuhilfenahme wirklicher und imaginärer Strafen, um so natürlichen Gefühlen und Impulsen entgegenzuwirken. Wenn ein Mensch seine eigenen Gefühle haben darf, verflüchtigt sich jede Moral.
Gefühle sind die einzigen moralischen Prinzipien des natürlichen Menschen. Sie leiten ihn an, ehrlich, rücksichtsvoll, freundlich, großzügig etc. zu sein. Wenn Fühlen durch Neurose verhindert wird, wenn der Mensch frustriert und wütend ist und dem, was er fühlt, nicht trauen kann, dann muß er durch Moral in Schach gehalten werden. Der neurotische Mensch kann nicht freundlich oder rücksichtsvoll sein und all die Tugenden, die wir gemeinhin preisen, nicht wirklich haben.
Wenn Menschen nicht ihren Gefühlen entsprechend leben können, müssen sie sich von den Kategorien »richtig/falsch« leiten lassen. Für sie muß alles Verhalten klassifiziert sein. Wenn die Großmutter sagt, die Kinder seien »böse«, weil sie sie nie anrufen oder besuchen, so berücksichtigt sie nicht deren Wünsche und deren Gefühle, sondern sieht nur ihre eigenen Bedürfnisse. Ja, es ist der Moralist, der »Sünde« überhaupt erst erschafft, und das nicht nur im semantischen Sinne, nämlich insofern, als es eines Moralisten bedarf, um allein die Vorstellung von Sünde zu entwickeln, sondern auch weil es die moralischen Prinzipien sind, die Gefühle bekämpfen und im späteren Leben abweichendes, »sündiges« Verhalten erzeugen. Diese Prinzipien blockieren natürliche, reine Impulse und verwandeln sie in unmoralische Handlungen. Man denke an den Mann, der trinkt, nach Hause kommt, die Kinder verprügelt und dann zur Beichte geht und »Vergebung« erhält.
Wenn er seinen Schmerz fühlen könnte, hätte er es von vornherein gar nicht erst nötig, ihn wegzutrinken. Wenn er seinen alten Zorn auf die Eltern fühlen könnte, müßte er ihn nicht an seinen Kindern auslassen. Und nachdem er seine Kinder verprügelt hätte, müßte er schon gar nicht irgendwohin gehen und sein Verhalten als »Sünde« einordnen lassen, damit ihm vergeben werde. Die Vorstellung von der »Vergebung« ändert überhaupt nichts, beseitigt gar nichts. Sie ermöglicht dem Menschen allenfalls eine vorübergehende Erleichterung, aber nur für kurze Zeit; danach agiert er wieder auf die gleiche Weise wie vorher.
Gefühle heben Moral auf und machen sie zu einem nichtigen Konzept; Verhalten zu klassifizieren hilft uns nicht automatisch, es zu verstehen. Fühlende Menschen können anderen nicht weh tun, nicht einmal Tieren. Denn sie fühlen, sie erleben die Wirkung jeder ihrer Handlungen. Sie können den Schmerz anderer fühlen und würden einfach nichts machen, was anderen weh tun könnte. Für fühlende Menschen besteht keine Veranlassung, unmoralisch zu sein (in dem Sinne, wie es gemeinhin verstanden wird). Sie wollen nicht mehr, als sie brauchen; deshalb müssen sie nicht ermahnt werden, sie sollten nicht habgierig sein.
Die gesamte Moral basiert doch auf der Annahme, wir seien von Geburt schlecht und müßten vor natürlichen »schlechten« Impulsen bewahrt werden. Wir haben uns so lange mit Neurose und den dazugehörigen unmoralischen Verhaltensweisen befaßt, daß wir inzwischen verfälschtes Leben als die Natur der Sache akzeptieren. Erst wenn wir den Menschen wirklich zu seinen Gefühlen bringen, sehen wir, was für ein reines, ehrliches und moralisches Wesen er ist. Und die eigenartige Dialektik liegt darin, daß gerade die moralischste aller Institutionen — die Kirche — eben jene gegen Gefühle gerichtete Idiologie verbreitet, die zu »unmoralischem« Verhalten führt — wie Trunksucht, Homosexualität etc.
Wenn man den Menschen nicht geben kann, was sie brauchen, muß man ihnen Moral geben. Moral ist der Erzfeind des Menschen. Als Unterdrücker von Gefühlen bewirkt sie, daß wir uns einander gegenüber unmoralisch verhalten. Gerade in Ländern, in denen Religion einen besonders festen Stand hat, herrscht oft Hunger. Wo die Gesellschaft sich den Menschen gegenüber am unmoralischsten verhält, ist Moral besonders mächtig.
Die ganze Vorstellung einer späteren Belohnung dient dazu, Menschen daran zu hindern, in der Gegenwart Erfüllung zu finden. Es bringt sie dazu, sich ausbeuten zu lassen und Profit für andere zu produzieren. Denn ohne eine spätere Belohnung im Himmel könnte das Volk beschließen, sich im »Jetzt« ein besseres Leben zu machen. Je mehr Bedürfnisse den Menschen versagt werden, um so größer das Bedürfnis, ihnen Moralprinzipien einzuimpfen, die sie diese Entbehrungen ertragen lassen. Moral ist das Opiat des Volkes. Die Suprastruktur der Moral einer Gesellschaft steht in umgekehrtem Verhältnis dazu, wie fühlend sie ist.
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Moral ist im Grunde ein totalitäres Konzept, denn sie stellt eine äußere Kraft dar, die den Menschen bestimmte Verhaltensweisen aufzwingt. Je weniger eine Gesellschaft auf Bedürfnisse Rücksicht nimmt, um so stärker muß sie unterdrücken. Je weniger Gefühle zugelassen werden, um so mehr äußere Richtlinien müssen geboten werden. Unterdrückung und Moralismus gehen miteinander Hand in Hand. Moralismus ist die Art, wie Unterdrückung durchgeführt wird, und Unterdrückung ist der Urquell für Moralismus. Meistens lassen gerade die von einer Kirche dominierten, besonders moralischen Gesellschaften die mit Abstand unmoralischsten Dinge geschehen, durch die Kriege fortgesetzt, Sicherheitsdenken gefördert und jene bestraft werden, die fühlen und ihren Gefühlen entsprechend handeln wollen, anstatt nach Moralgesetzen. Einem fühlenden Menschen käme der Gedanke an Moral gar nicht erst in den Sinn. Sein Fühlen selbst läßt ihn moralisch handeln; Moral ist mithin keine äußere Kraft, die feierliche Verehrung verdient. Moral ist seine Lebensart und nicht etwas, was ihm gegen seinen Willen aufgepfropft wird.
Recht und Unrecht sind offensichtlich Abstraktionen, keine Realitäten. Wir sind zu unseren Kindern nicht grausam, und das nicht etwa, weil es »Unrecht« ist, ihnen weh zu tun, sondern weil ein fühlender Mensch einem anderen nicht weh tun kann. Wir sehen nicht deshalb davon ab, sie zu schlagen, weil ein anderer dem das symbolische Etikett »böse« verleiht, sondern weil fühlende Menschen von vornherein im wirklichen Sinne des Wortes moralisch sind. Wenn wir Menschen sagen müssen, sie dürften nicht grausam sein, so geschieht das nur, weil wir davon ausgehen, daß sie es ohne Be- und Einschränkungen tatsächlich wären — Moral basiert also auf einem grundlegenden Mißtrauen in menschliche Intentionen. Wir müssen noch lernen, daß Gefühle die einzig sinnvolle Disziplin sind. Gefühle setzen impulsivem, antisozialem Verhalten ein Ende.
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Die obige Diskussion muß notgedrungen zu der Frage führen: »Wird das Fehlen moralischer Prinzipien in einer Gesellschaft nicht zur Anarchie führen?« Die Antwort lautet »ja«, allerdings bedarf diese Antwort einer Klärung des Begriffs »Anarchie«. Ich bin der Auffassung, daß das Bedürfnis, regiert zu werden, sich sagen zu lassen, was man zu tun und zu machen habe, mit zunehmendem Fühlen nachläßt. Wir werden für eine reibungslose soziale Interaktion immer einige Grundregeln brauchen, aber sich den Regeln des Gesetzes anstatt den Regeln der Gefühle zu unterwerfen ist eine andere Sache. Von Gefühlen regiert zu werden verringert das Bedürfnis nach dem Gesetz als externer Kraft.
Anarchie — eine »Jeder-für-sich-Haltung« — wird durch unsere gegenwärtige nichtfühlende Gesellschaft erzeugt. Die Gesellschaft produziert eine Überfülle von Gesetzen, weil man den Menschen nicht trauen kann. In einer fühlenden Gesellschaft macht jeder Mensch »seine eigene Sache«, nur ist das nicht mit Ausbeutung anderer verbunden, da niemand überschüssige vergrabene Bedürfnisse hat.
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Wenn in einer neurotischen Gesellschaft jeder Mensch »seine eigene Sache« macht, dann läßt sich von wahrer Anarchie sprechen. Wenn ich sage, wir müßten uns von unserem Feeling regieren lassen, sollte ich hinzufügen, daß Neurotiker meinen, sie fühlten. Ehe sie nicht tiefen Urschmerz erlebt haben, können sie nicht wissen, daß sie niemals tief gefühlt haben. Der Neurotiker mag sich für moralisch halten, weil er sich über seinen Zorn »erhoben«, hat, aber diese Haltung vermag seinen Zorn nicht zu beseitigen, sie hält ihn nur vergraben. Erst dadurch, daß man in die eigene tiefe Wut »versinkt«, wird sie ausgerottet, erst so werden wir zu aggressionsfreien, moralischen Wesen.
Anders erreicht man allenfalls oberflächliche Frömmelei und salbungsvolles Getue, und die sind nie real. Das ist Scheinmoral. Wenn man frustriert und depriviert heranwächst, müssen im Innern ganz offensichtlich wirkliche Wut und vielleicht auch Rachegelüste entstehen. Wenn wir uns über diese Gefühle erheben, geben wir nur vor, moralisch zu sein, im Grunde aber ist dann alles Heuchelei. Für Neurotiker ist mithin Schmerz der Weg zu wahrer Moral, und neurotische Moral ist der Weg zu Schmerz.
Sobald wir einmal verstanden haben, wie neurotisches Verhalten — zum Beispiel Perversionen — durch Schmerz in Gang gehalten wird, besteht kein Bedürfnis mehr, zu moralisieren und »Sünde« zu erschaffen. Wir können Sünde erst überwinden, wenn wir uns über die Moral hinwegsetzen. Schmerz erster und zweiter Ebene führt zu Unmoral auf der dritten Ebene; und das Erleben dieses Schmerzes führt zu wahrer Moral. Schmerz ist der Preis, den wir für die Wahrheit zahlen, und Sünde ist das Unvermögen, diese Wahrheit zu fühlen — das Unvermögen, wir selbst zu sein. Solange Menschen keinen inneren Zugang zu der schmerzhaften Wahrheit haben, müssen sie allein auf der dritten Ebene operieren. Und auf dieser Ebene treten sowohl Moral als auch Sünde in Erscheinung. Ist man einmal zu seinen Gefühlen vorgedrungen, gibt es weder Sünde noch Moral.
Ich betrachte das Primärinstitut als eine moralische Institution, gerade weil sie keine Moral einimpft. Es gibt bei uns keine Bewertung und keine Schuld. Beziehungen zwischen Institutsangehörigen und Patienten beruhen auf Gefühlen, nicht auf Regeln. Es gibt eine Hierarchie, soweit es die Fachkenntnisse betrifft, jedoch keine Befehlskette. Es gibt keine höhere Moral, an die wir uns wenden, um unsere Schwierigkeiten zu bewältigen; das wird von Gefühlen besorgt.
In der äußeren Gesellschaft ist die gesamte Suprastruktur moralisch getönt, eben weil sie nicht von Gefühlen gelenkt wird. Jede soziale Institution ist, und sei es noch so unbewußt, darauf angelegt, sich auf die eine oder andere Art mit dem Unvermögen zu fühlen auseinanderzusetzen. Selbst in den Nervenheilanstalten gibt es »schlechte« Verhaltensweisen, die weg-konditioniert werden müssen. Die therapeutische Ideologie ist so durchtränkt von aufgesetzter Moral, daß sie nicht einmal bemerkt wird.
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Schulen sind in jeder Hinsicht genauso moralisch wie die Kirchen; auch hier werden Gefühle als nicht dazugehörige Dinge betrachtet, die sich störend auf die Regeln auswirken. Die Schulbehörden kommen gar nicht erst auf den Gedanken, daß Regelungen sich erübrigen würden, wenn man uneingeschränktes Feeling zuließe. Wenn Gefühle dominieren, besteht kein Bedarf für äußere Kräfte. Im Gegenteil, für jede Abschaffung entsteht ein nur noch stärkerer Zwang — das ist eine Tretmühle, ein Netz, in dem die wirkliche Lektion nie gelernt wird. Feeling ist das einzig wirklich moralische Prinzip. Es ist ohne Frage ein beängstigender und einsamer Gedanke, zu erkennen, daß niemand »dort oben« ist, der urteilt und die Rechnungen für all unsere früheren Leiden begleicht. Der Gedanke, daß wir uns nur durch Fühlen leiten lassen sollten, ist beängstigend, denn es bedeutet, unserer »Sicherheit« ein Ende zu setzen. Wir können unser Handeln nicht mehr anhand von Formeln gesellschaftlicher Anerkennung oder Ablehnung berechnen; haben keine praktischen Anleitungsbücher, keine ewigen Wahrheiten oder östlichen Philosophien mehr, die uns führen könnten; keinen Halt in Familientradition, Etikette etc. Es ist alles nur eine Frage des mit sich selbst Ehrlichseins. Qual ist der Preis für ein moralisches Leben.
B. Über Selbstmord
Es mag unglaublich klingen, daß Menschen Selbstmord begehen, weil bei ihrer Geburt irgend etwas schieflief, doch ich hoffe deutlich machen zu können, wie so etwas tatsächlich geschehen kann. Ich werde, um meine These zu erläutern, einen neuen Terminus einführen: »Entsprechung«. Dieser Terminus bedeutet nichts anderes, als daß Symptome ihrer Qualität und ihrem Ausmaß nach dem ihnen ursprünglich zugrunde liegenden Schmerz entsprechen.
Bei einem sehr frühen Schmerz wird die Verknüpfung zum Bewußtsein durchtrennt, und der Schmerz strahlt dann als Spannung in das System zurück; das Ausmaß der Spannung entspricht dem Ausmaß des ursprünglich erlebten Schmerzes, und das dadurch erzeugte Symptom steht oft in unmittelbarer Beziehung zu dem ursprünglichen Schmerz. Im Hinblick auf Suizidprobleme glaube ich, daß Tod als Lösung für gegenwärtigen Schmerz in der Regel einem prototypischen Trauma entstammt - gewöhnlich einem um die Zeit der Geburt gelegenen Trauma, in dem Tod tatsächlich die einzige Lösung war. Die Auffassung, daß Tod der einzige Ausweg sei, prägt sich dem System als unbewußte Erinnerung ein und formt die Art und Weise, wie dieser Mensch später über Lösungen hinsichtlich überwältigender Probleme denkt. So bedeutet Entsprechung im Hinblick auf Selbstmord, daß Tod das zugrunde liegende Thema ist, das alten Urschmerz mit gegenwärtigem Schmerz vereint.
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Dabei handelt es sich eher um Schmerz erster Ebene als um späteren Schmerz, weil Schmerz erster Ebene nahezu immer mit lebensbedrohenden Situationen verbunden ist und im Extremfall nahezu immer tatsächlich zum Tod führen würde. Strangulierung bei der Geburt mag als ein Beispiel gelten; ein weiteres wäre, unmittelbar nach der Geburt ohne Körperkontakt und ohne Wärme allein gelassen zu werden. Es gibt Umstände, bei denen auch Schmerz zweiter Ebene ein prototypisches Todesgedanken-Syndrom erzeugt, doch glaube ich, daß diese Situationen Ereignisse betreffen, bei denen Tod ein möglicher, nicht ein notwendiger Ausgang ist. Dafür ein Beispiel: Ein Mädchen, das mehrere Selbstmordversuche unternommen hatte, war als Dreijährige von ihrem Vater brutal vergewaltigt worden. Dieses katastrophale Ereignis fand zu einer Zeit statt, als es keinen anderen Weg als den Tod gab, den Schmerz zu beenden. So hatte jeder spätere Streß die Tendenz, diesen Schmerz zweiter Ebene zu reaktivieren, und führte fast reflexartig zu Selbstmordgedanken.
Im allgemeinen handelt es sich bei Schmerzen auf der zweiten Ebene nicht um Ereignisse, bei denen es um Leben oder Tod geht. Als Vierjähriger lächerlich gemacht oder gehetzt werden führt nicht zum Tod. Denn das Kind ist dann bereits in der Lage, sich dem Tempo anzupassen oder Entschuldigungen für sein Verhalten hervorzubringen. Das heißt, es kann einen Satz verläßlicher Abwehrmechanismen gegen den Schmerz konstruieren. Im Gegensatz dazu sind die Reaktionsalternativen auf der ersten Ebene extrem beschränkt.
Menschen begehen aus einer Vielzahl verschiedener Gründe Selbstmord. Der eine mag es aus Rache tun, ein anderer, um »ihnen« sein Elend zu zeigen. Was auch die Gründe sein mögen, es wird immer von der Art des Schmerzes abhängen, wieweit man geht, um sein Ziel zu erreichen.
Im großen und ganzen sind Ereignisse erster Ebene eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für Suizidgedanken. Darüber hinaus bedarf es einer sehr repressiven frühen Atmosphäre — religiöses Elternhaus, strenges Internat, Konfessionsschule etc. Ein derartiges Milieu beschränkt oder erstickt die Möglichkeit, seinem Schmerz nach außen hin Ausdruck zu geben, so daß der einzige Ausweg, der diesem Menschen verbleibt, wenn er verletzt ist, der Rückzug nach »innen« ist. Das erdrückende Gewicht allen nach innen gerichteten Schmerzes kann dann letztlich zu Selbstmord führen. Selbst die Art des Suizids kann dem Urschmerz entsprechen. So griff ein Mädchen bezeichnenderweise zu Rasierklingen, um sich die Pulsadern aufzuschneiden. Sie wollte Blut sehen. In einem Primal erlebte sie ein vergessenes Ereignis wieder, bei dem sie als Sechsjährige von ihrem Vater, der völlig die Kontrolle über sich verloren hatte, nach Strich und Faden verprügelt und dermaßen auf die Nase geschlagen worden war, daß sie heftig geblutet hatte. Sie schmierte das Blut an die Wände, um »ihnen« zu zeigen, wie sehr man ihr wehgetan hatte.
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»Blut« wurde für sie zum Symbol, anderen ihr Verletztsein zu zeigen, und die Rasierklingen dienten dazu, das Blut hervorzubringen. Wenn diese Frau so verletzt war, daß sie den Schmerz nicht mehr ertragen konnte, begann sie, Blut zu halluzinieren, und vor der Therapie wußte sie nie, warum.
Ein anderer Patient dachte, wenn er unglücklich war, immer daran, sich zu erhängen. Die Lösung dieser Zwangsvorstellung war ein Primal, bei dem er von der Nabelschnur stranguliert wurde. Er versuchte irgendwie unbewußt, zu einer sehr frühen Situation zurückzukehren, um sie zu bewältigen. In seiner Phantasie erhängte er sich, wurde aber im letzten Augenblick immer losgeschnitten. Wir ersehen aus diesen Fällen, daß das Fühlen des unterschwelligen Gefühls das darauf basierende symbolische Verhalten beseitigt.
Es ist in den seltensten Fällen nur ein einziger Grund, der einen Menschen dazu bringt, daß er sich töten will. Wenn sich der Schmerz verbündet, vermehren sich symbolische Gründe, so daß es zu einer »Überdetermination« (im Freudschen Sinne) einer einzelnen Verhaltensweise kommt.
Für Primärpatienten ist es wichtig, zu verstehen, daß Selbstmordgedanken während der Therapie monatelang, mitunter sogar ein oder zwei Jahre lang weiter bestehen können, einfach weil der prototypische Schmerz erster Ebene entweder noch nicht erreicht oder noch nicht vollständig gefühlt und aufgelöst ist; es braucht Dutzende von Primals, um den normalen Schmerz erster Ebene wiederzuerleben und aufzulösen. Gleichwohl weiß der Patient jetzt, was er mit seinem Selbstmordimpuls macht: er fühlt ihn, statt daß er ihn agiert. Vor der Therapie gab es für ihn keine Möglichkeit, mit seinem aufsteigenden Schmerz fertig zu werden. Er hatte wirklich keinen Ausweg.
Einige Patienten behalten ihre Suizidgedanken in der Therapie nicht lange bei. Das liegt daran, daß ein solcher Patient normalerweise dann einen unterschwelligen prototypischen Schmerz zweiter Ebene aufgelöst hat. Die Frau, die als Dreijährige von ihrem Vater vergewaltigt worden war, war in der Lage, dieses Geschehen früh in der Therapie viele Male wiederzuerleben, und als der Schmerz aufgelöst war, waren auch ihre Todesgedanken verflogen. Vor dieser Auflösung hatte sie immer auf der Kippe zum Selbstmord gestanden, ohne daß sie irgend etwas daran hätte tun können. Es gab für sie keine Möglichkeit, diese Zwangsvorstellung zu verstehen, und selbst wenn sie von dem frühen Schmerz gewußt hätte, hätte sie doch keine Möglichkeit gehabt, ihn auf anderem Wege als in der Primärtherapie zu verknüpfen. Wenn Selbstmord ein Leitmotiv hat, dann liegt es in der Hoffnungslosigkeit — darin, daß es keinen Ausweg gibt, keinen Weg, geliebt zu werden, keinen Weg, erfolgreich zu sein, keinen Weg, sich zu wehren. Es bleibt nur eine Lösung — Tod.
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Dieser Gedanke kann symbolisch für einen frühen Schmerz stehen, wie beispielsweise: »Wenn sie mich nicht lieben, werde ich sterben.« Anders gesehen, bedeutet das: »Ich kann ohne ihre Liebe nicht leben«, oder: »Ich will ohne ihre Liebe nicht leben«, oder: »Ich kann nur geliebt werden, wenn ich sterbe.«
Diese Gefühle treten normalerweise auf, weil die Eltern das Kind im Grunde hassen und es letztlich keine Möglichkeit hat, es ihnen recht zu machen als dadurch, daß es sich aus der Welt entfernt. Woher wissen wir, ob oder inwieweit diese Hypothese zutrifft? Immerhin ist es ja eine ganz beachtliche Schlußfolgerung zu sagen, Selbstmord basiere auf einem Geburtstrauma. Beobachtungen haben unsere Auffassung bestätigt und sie aus dem Bereich reinen Theoretisierens geholt. Meine Schlußfolgerungen beruhen auf Untersuchungen und Beobachtungen an Patienten, die in der Therapie plötzlich akute Suizidabsichten äußerten und auf der Stelle in Geburtsprimals stürzten. Wenn diese Patienten aus ihrem Primal zurückkommen, haben sie eine Vielzahl von Einsichten, die die Erklärung für ihre Selbstmordgedanken liefern. So können wir anhand von Beobachtungen des Prozesses der Entsprechung einige Aussagen über die Verknüpfung zu gegenwärtigem Schmerz machen. Ein Patient, dessen Denken vom Tod mehr oder weniger beherrscht wird, muß normalerweise zur ersten Ebene vordringen und oft über mehrere Stunden hinweg fühlen. Oft bedarf es vieler Primals, ehe er den Selbstmordimpuls aufgelöst hat. Meine Hypothese findet dadurch Unterstützung, daß Suizidgedanken oft erst dann intensiv werden, wenn der Patient in der Primärtherapie bereits weiter fortgeschritten ist, wenn er seine Abwehr hinreichend abgebaut hat, um Zugang zur ersten Ebene zu gewinnen. Dieser Seinszustand kann entweder Halluzinationen oder Suizidgedanken auslösen, und das läßt uns beide Reaktionen auf die erste Ebene beziehen. Wenn wir diesen Phänomenen wiederholt bei vielen begegnen, kann das als Bestätigung unserer Hypothese gewertet werden.
C. Über Schlaf und Träume: Bewußtsein in unbewußten Zuständen
Es gibt Bewußtseinsebenen, die in uns allen wirksam sind, und diese Ebenen existieren im Schlaf wie im Wachzustand. Ich möchte in diesem Kapitel auf die geistigen Aktivitäten eingehen, die jeweils mit den einzelnen Bewußtseinsebenen verbunden sind, und darauf, wie sich diese Aktivitäten im Schlaf wie im Wachzustand manifestieren. Vergrabene und eingeschliffene Geschehensabläufe verschwinden im Schlaf nicht einfach, sie üben auch dann noch eine Kraft aus, eine Kraft, die Art und Inhalt unserer Träume formt und die die Energie für unsere Träume liefert — den Schrecken, die Angst, die Wut und den Zorn. Desgleichen diktieren sie auch unser waches Verhalten. Die Symbole in unserem Wachverhalten sind normalerweise nicht so verdichtet und offensichtlich wie die in unseren Träumen, denn die Spanne möglichen symbolischen Verhaltens im Wachzustand ist beschränkt, aber bei Licht betrachtet, sind sie einander sehr ähnlich.
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Ich gehe davon aus, daß die bisher beschriebenen Bewußtseinsebenen den Schlafebenen, so wie sie in der Fachliteratur beschrieben werden, entsprechen. Das Stadium des Traumschlafs, auch als Rapid-Eye-Mo-vement (REM)-Schlaf bekannt, würde dem Bewußtsein zweiter Ebene entsprechen. Tiefschlaf, auch Schlafstadium 4 genannt, würde auf der ersten Ebene liegen. Im REM-Schlaf träumen wir die ungelösten Schmerzen unserer frühen Kindheit. Tiefschlag umfaßt die Bedürfnisse und Traumata, die in und um die neonatale Phase fallen. Träume auf dieser Ebene würden die traumatischsten Ereignisse beinhalten, weil die Traumata auf der ersten Ebene nahezu immer Kämpfe um Leben oder Tod sind - Nabelschnurumschlingung, extremer Hunger etc. Demnach müßten Träume im Schlafstadion 4 Alpträume sein, und das sind sie tatsächlich. Alpträume treten nicht, wie man vielleicht meinen könnte, überwiegend im REM-Schlaf auf.* Das hat mehrere Gründe. Wir müssen bedenken, daß Schmerzverdrängung ein gewisses Maß an Unbewußtheit erzeugt, und dieser Verdrängungsprozeß ähnelt in vielem dem, was im Schlaf geschieht, wenn bestimmte Aspekte des Bewußtseins verdrängt werden. Mithin müssen wir, um Unbewußtheit zu erzielen, die Tätigkeit jener Gehirnvorgänge blockieren, die sich auf die Außenwelt beziehen; das heißt, im Hinblick auf Schmerz müssen wir alles ausschalten, was Schmerz auslösen könnte, und im Hinblick auf Schlaf müssen wir uns zusätzlich von allem abwenden, was um uns herum geschieht. Verdrängung ist der Schlüsselprozeß, denn völlige Verdrängung führt zu Tiefschlaf, und das heißt, daß man unter Ausschluß der Umwelt allein auf der ersten Ebene des Bewußtseins operiert - die automatischen Funktionen übernehmen die Führung; man atmet und bewegt sich jedoch weiterhin.
Ich glaube, daß der Verdrängungsprozeß bei Schlaf wie bei Schmerz die gleichen Gehirnfunktionen benutzt. Beide erfordern ein Schleusen und/oder Blockieren des Bewußtseins dritter Ebene, und je nach Tiefe der Verdrängung darüber hinaus auch noch ein Blockieren des Bewußtseins zweiter Ebene.
Es gibt Wissenschaftler, die einen Unterschied machen zwischen Alpträumen und nächtlicher Panik, wobei letztere schwerwiegender und beängstigender ist. Nächtliche Panik wäre das, was ich als Alptraum bezeichne (im Gegensatz zu einem leichteren »Angsttraum«), und betrifft die erste Ebene.
So heißt es zum Beispiel in einer Untersuchung von Charles Fisher et al.**: »Nächtliche Panik wird durch plötzliche laute, schrille Schreie eingeleitet, der Proband gleitet in einen Erre-
* M. Ferguson, The Brain Revolution, New York 1973, S. 145.
** Charles Fisher, Edwin Kahn, Adele Edwards u. David Davis, » A Psychophysiological Study of Nightmares and Night Terrors«, in The Journal of Nervous and Mental Desease, 157, Nr. 2, August 1973, S. 75-97.
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gungszustand, charakterisiert durch Motilität, intensive autonome Entladung (jähe Verdoppelung oder Verdreifachung der Herzfrequenz, starke Beschleunigung der Atmung, erhebliche Steigerung des Hautwiderstands), kurze Dauer (ein bis drei Minuten), verschiedene Grade von Amnesie während der Episode und schnelle Rückkehr zum Schlaf. Nächtliche Panik ist ein wesentlich schwerwiegenderes Phänomen als der REM-Alptraum, wenngleich letzterer häufiger auftritt.«
Die obige Beschreibung, aus dem Zusammenhang mit Schlaf herausgenommen, ist genau die eines Primals. Die Tatsache, daß es dort um ein nächtliches Phänomen geht, ändert nichts an ihrer Realität; es ändert nichts daran, daß etwas in uns ist, das explosiv und schreckenerregend ist, das ohne Warnung hervorbrechen kann, wenn unsere bewußten Abwehrmechanismen eingeschläfert sind. Kurz gesagt: Ein Primal ist eine verknüpfte nächtliche Panik am Tage; und eine nächtliche Panik ist ein unverknüpftes Primal in der Nacht.
Die Auffassung, bei Schlaf von zwei Bewußtseinsebenen auszugehen, findet sich ansatzweise auch in The Brain Revolution (op. cit. S. 154); da heißt es: »Paradoxer (REM-)Schlaf und Schlaf langsamer Wellen (Stadium 1-4) umfassen offenbar zwei in wechselseitiger Beziehung stehende, aber irgendwie autonome Gehirnsysteme. Beide Arten Schlaf können durch chirurgische Eingriffe ausgeschaltet werden.«
Bei einem solchen Eingriff schaltet man nicht nur Schlaf aus, man greift gleichzeitig auch in die Aktion eines Bewußtseinssystems ein. Im Wachzustand allein auf der ersten Ebene operieren heißt, daß man psychotisch ist; und deshalb habe ich Psychose oft den »Alptraum des Wachzustands« genannt. Alles, was Zugang zu nicht integriertem Schmerz erster Ebene verschafft, wird sich in höchstem Maße störend auswirken, ob im Schlaf oder im Wachen. Schlafwandeln zum Beispiel tritt im Schlafstadium 4 (erste Ebene) auf. Schlafwandeln ist in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel, denn es ist psychotischen Zuständen äußerst ähnlich, in denen der Betreffende in der Welt umhergeht, völlig blind gegenüber allem, was außerhalb seiner selbst vor sich geht. Er wird ausschließlich von innen geleitet. Der Schlafwandler hat oft die Augen geschlossen, doch das scheint mir der Hauptunterschied zwischen ihm und dem Psychotiker zu sein. Das realitätsorientierte Bewußtsein der dritten Ebene des Psychotikers scheint von den unteren Ebenen, insbesondere von der ersten Ebene, völlig durchtränkt zu sein. Das hat seinen Grund darin, daß die erste Ebene die Schmerzen beinhaltet, die am schwersten zu integrieren sind, die so grauenhaft sind, daß sie Bewußtsein aufsplittern, und die nicht integriert werden können, ehe nicht ein Großteil der zweiten Ebene absorbiert und aufgelöst ist.
So gehen beide, der Schlafwandler und der Psychotiker, umher, machen sich im Haus zu schaffen, öffnen Fenster und Türen und sind sich dabei ihres Tuns unbewußt. Es müssen offensichtlich unglaublich starke Impulse vorliegen, wenn sie einen Menschen dazu bewegen
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können, das Bett zu verlassen und in der Gegend herumzulaufen, und das alles ohne Einschaltung der dritten Ebene. Es könnte sein, daß fast jede Impulsneurose, die körperliches Agieren einbezieht, ein Anzeichen für frühe Traumata auf der ersten Ebene ist, wobei die dritte Ebene nicht die Kraft hat, dem Impuls oder Trieb Einhalt zu gebieten. Sie vermag ihn weder zu rationalisieren noch zu kontrollieren.
Es gibt mehrere physiologische Faktoren, die zu der Erzeugung von Alpträumen beitragen. Einer läßt sich darauf zurückführen, was mit einer bestimmten chemischen Substanz geschieht, von der man weiß, daß sie Verdrängung vermittelt (Serotonin). Offenbar wird Serotonin mit anhaltender Verdrängung aufgebraucht. Das ist sowohl bei Schlaf als auch bei schwerer psychischer Krankheit der Fall. In dem Maße, wie es sich erschöpft, gibt die Barriere gegen Schmerz erster Ebene nach und ermöglicht so, daß panische Angst aufsteigt. Wenn die Angst der ersten Ebene ins Bewußtsein aufsteigt, kommt es zum Alptraum. Die Angst hat die dritte Ebene veranlaßt, eine Geschichte zu erfinden, um ihn zu erklären; und die Traumgeschichte ist absonderlich, weil es für eine solche Furcht keine logische Erklärung gibt. Und so steigen die Krokodile aus dem Wasser, uns zu verschlingen.
Der Alptraum bedeutet, daß der Schmerz erster Ebene die dritte Ebene veranlaßt hat, eine »verrückte« Geschichte zu erfinden, und das unterscheidet sich in nichts von einer Psychose. Gäbe es keine dritte Ebene, die den Schmerz rationalisierte, dann, so glaube ich, wären Schmerz und panische Angst katastrophal. Und in genau der Lage befindet sich der Säugling, der Schmerz erster Ebene erleidet. Er ist dem Schmerz ausgeliefert und verfügt nicht über eine dritte Ebene, die daraus einen Sinn machen könnte (selbst unwirklichen Sinn), und so muß er die volle Wucht über sich ergehen lassen. Das Ergebnis einer derart hilflosen Situation kann ein plötzlicher Tod sein.
Es gibt eine Untersuchung von Dr. Elliot Weitzman vom Albert Einstein College of Medicine (in dem Buch Sleep Disorders, Bd. 1, von Halstead), in der der plötzliche Tod von Säuglingen auf eine funktionale Abnormalität des Atmungszentrums im Hirnstamm zurückgeführt wird. Weitzman behauptet, daß bei Babys im Schlaf oft die Atmung aussetzt, daß jedoch einige Säuglinge unter diesem Phänomen stärker leiden als andere, und daß bei diesen möglicherweise eine Funktionsstörung im Gehirn vorliegt. Dr. William Dement, der bekannte Schlafforscher, stellte an der Stanford University Untersuchungen über Schlafstörungen an. Er nahm schlafende Patienten mit Monitoren auf und stellte fest, daß bei vielen von ihnen im Schlaf der Atem aussetzte und daß sie oft buchstäblich aufwachen mußten, um wieder Atem zu holen. Er nannte dieses Syndrom »Schlaf-Apnoea«.
Ich glaube, beide Forscher hatten es mit Menschen zu tun, die Traumata erster Ebene (wie zum Beispiel vorübergehender Atemstillstand bei der Geburt) nahe waren. Im Schlaf näherten sich diese Menschen (auch Säuglinge)
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dem durch Atemstillstand verursachten Trauma. Ein Säugling kann dabei sterben, weil bei ihm die Abwehrmechanismen, die man braucht, um sich gegen Schmerz abzublocken, einfach noch nicht entwickelt sind.
Fraglos gibt es auch sehr schwere Schmerzen auf der zweiten Ebene. Wenn aber keine schweren Schmerzen erster Ebene hinzukommen, sind sie meiner Meinung nach neurotogen, nicht psychotogen. Träume auf der zweiten Ebene sind deshalb neurotische Träume; sie sind zwar beängstigend, lassen sich aber mit Fotm und Inhalt der Träume erster Ebene nicht vergleichen. In der Regel sind sie im Hinblick auf das dem Traum zugrunde liegende Gefühl nicht katastrophal, und man schreckt aus ihnen nicht plötzlich auf wie manchmal aus Träumen erster Ebene. Es gibt einige wesentliche Unterschiede zwischen diesen beiden Traumebenen, auf die ich im Folgenden näher eingehen möchte.
Schlaf erster Ebene (Stadium 4) ist gekennzeichnet durch langsamere Hirnströme (ein bis drei Schwingungen pro Sekunde) mit sehr großer Amplitude (und eine sehr große Amplitude zeigt sich im Wachzustand bei Menschen, die stark verdrängen). Größere Spannung (Amplitude) dient meiner Meinung nach dazu, Traumata erster Ebene auf der ersten Ebene zu halten und Zugang zu höheren Ebenen zu verhindern. Da ich die Hirnstromfrequenz als Teil des Abwehrsystems betrachte, kann eine Verlangsamung der Hirnströme bei Schlaf erster Ebene bewirken, daß man für Traumata erster Ebene offen ist. Die Vergrößerung der Amplitude kann dazu dienen, den Schmerz im Schach zu halten. Wenn Schmerz einen großen Spannungsgehalt hat, ist mit einem Durchbruch zu höheren Bewußtseinsebenen zu rechnen, und das Ergebnis ist dann ein Alptraum. Anschließend werden wir nicht nur wach, sondern wir werden uns auch der Existenz eines gewaltigen Gefühls gewahr; wir können es als bedeutungslos abtun, nur weil wir von der Existenz bewußter Aktivitäten auf den unteren Ebenen nichts wissen. Es ist interessant, daß die Hirnstromfrequenz bei Tiefschlaf dem wachen Rhythmus von Säuglingen sehr ähnlich ist. Jedenfalls sehe ich Amplitude und Frequenz als reziproke Werte an, deren absolute Werte bei Neurosen ansteigen. Wir haben anhand unserer Untersuchungen die Beobachtung gemacht, daß sehr stark verdrängende Menschen eine große Alpha-Amplitude und eine sehr hohe Alpha-Frequenz haben und daß diese hohe Frequenz und große Amplitude sich zunehmend verringern, wenn Urschmerz gefühlt und aufgelöst wird. Während eine Senkung der Hirnstromaktivität (beispielsweise mit Hilfe stroboskopi-scher Geräte) in den Thetabereich bei einem Primärpatienten Primals zweiter Ebene erzeugen können, wird dadurch bei einem Neurotiker, der nicht Primärpatient ist, wahrscheinlich nur amorphe panische Angst ausgelöst werden. Wenn das Gehirn im Schlaf seine Aktivität senkt, wird diese Angst zum Alptraum.
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Es könnte sein, daß die groben Kategorien der Hirnstromaktivität — Delta, Theta, Alpha und Beta — jeweils bestimmte Bewußtseinsebenen widerspiegeln: Beta-Aktivität (13-28 Schwingungen pro Sekunde) zeigt den Zustand höchster Schmerzen und Verdrängung an; Delta mit seiner niedrigeren Hirnstromaktivität entspricht der ersten Ebene; Theta entspricht der zweiten Ebene (4-8 Schwingungen pro Sekunde) und Alpha weist auf Aktivität der dritten Ebene hin (8-12 Schwingungen pro Sekunde). Das ist zunächst lediglich eine Vermutung, aber unterschiedliche Schlafstadien sind immer und immer wieder festgestellt worden, und diese Stadien müssen auf irgendeine Weise unterschiedlichen Bewußtseinsebenen entsprechen. Das heißt, die Beobachtungen weisen nicht nur einfach auf Schlafstadien, sondern auf größere Bewußtseinskategorien hin. Diese Stadien sind jeweils stärker auf ihre eigenen Realitätsebenen eingestimmt. So werden Phänomene, die Gefühle betreffen, schneller und genauer auf der zweiten als auf der dritten Ebene wahrgenommen; und im Schlaf erzeugt die zweite Ebene via Träume Gefühle. Ein gutes Beispiel für die mit den jeweiligen Bewußtseinsebenen verbundene getrennte Wahrnehmung findet sich in der Forschung über die elektrische Leitfähigkeit der Haut. Man hat feststellen können, daß das Unterbewußte in stärkerem Kontakt zu Gefühlen steht als das sogenannte Bewußte (das ich die dritte Ebene nenne). Bei Versuchen, in denen »schmutzige« Wörter so schnell auf eine Leinwand projiziert wurden, daß sie nicht bewußt wahrgenommen werden konnten, kam es zu Hautreaktionen, bei denen sich die elektrische Leitfähigkeit veränderte.*
Es wurden Versuche konstruiert, um das Bewußte in die Irre zu führen. So sagte man zum Beispiel den Versuchspersonen, sie würden eine Reihe leichter Elektroschocks unterschiedlicher, allmählich geringer werdender Intensität erhalten, obwohl die Schocks einer Testreihe ausnahmslos die gleichen waren.** Die Versuchspersonen berichteten dann von immer geringer werdendem Unbehagen, doch dem Hautwiderstand war sehr viel deutlicher zu entnehmen, daß die Schocks gleicher Intensität waren. Derartige Experimente sind bedeutsam, weil sie nachweisen, daß die dritte Ebene auf vielerlei Weise getäuscht werden und entweder durch Suggestion oder Erziehung zu falschen Wahrnehmungen gebracht werden kann. Aber die Wahrheit wird auf einer anderen Bewußtseinsebene dennoch verarbeitet; im Schlaf, wenn wir mit diesem Bewußtsein in Kontakt stehen, ist damit zu rechnen, daß die Wahrheit in unseren Träumen auftaucht. Auch wenn wir also bewußt glauben mögen, daß uns in unserer Kindheit nichts Schlimmes geschehen ist (genauso wie wir glauben, daß die Schocks einer Versuchsreihe immer geringer werden), bleibt die Wahrheit auf einer anderen Bewußtseinsebene bestehen.
* Psychology Today, August 1974, S. 54.
** Op. cit. S. 54.
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Die Bedeutung dieser einfachen Versuche über Veränderungen des Hauptwiderstands liegt nicht in dem, was sie uns über die Haut sagen, sondern darin, daß es das gleiche (autonome) Nervensystem ist, das sowohl die Haut als auch die inneren Organe innerviert, die die Herzfrequenz und den Blutdruck beeinflussen; mithin sind Veränderungen des Hautwiderstands auch ein Indikator für innere Veränderungen. So können wir zwar glauben, es sei alles in Ordnung, gleichwohl pumpt unser Herz schneller aufgrund von Ereignissen, die nur auf unteren Bewußtseinsebenen korrekt wahrgenommen wurden. Daher ist es kein Wunder, daß wir im Schlaf, wenn wir auf diesen unteren Ebenen operieren, Alpträume haben können, die unser Herz rasen lassen. Das Problem ist nur, daß wir meinen, das Herz rase aufgrund des Traumes, anstatt aufgrund einer vergangenen Realität.
Die Leichtigkeit, mit der wir diese Träume vergessen können, hängt von der Stärke unseres Schleusensystems ab. Mit weniger leichtem Zugang zu unteren Ebenen kann jedes vorübergehende Eindringen in die dritte Ebene schnell vergessen werden. Das heißt, je abgewehrter wir sind, um so schneller können wir Gefühle in die Ebenen, in die sie gehören, zurückbefördern und so unbewußt halten. Schließlich vergessen wir nicht einen »Traum«, sondern wir vergessen ein »Gefühl«, für das der Traum lediglich ein Vehikel zur Fahrt ins Bewußtsein war. Wir müssen den Traum vergessen, denn seine Symbolik verschafft uns Zugang zu dem Gefühl. Wir schieben all die symbolischen Andeutungen ebenso beiseite, wie wir bewußt unser Leben so manövrieren, daß wir alte schmerzhafte Gefühle vermeiden; so heiraten wir zum Beispiel einen Menschen, der bestimmte Arten Schmerz in uns nicht hochbringen wird.
Wir müssen uns fragen: »Warum sollte der Herzschlag bei bestimmten Alpträumen (wie von Fisher et al. berichtet, op. cit., S. 92) auf 170 hochschnellen?« Schließlich ist der Traum doch keine Wirklichkeit. Es steigt doch nicht wirklich ein Krokodil aus dem Wasser, uns zu verschlingen. Wirklich ist eindeutig das Gefühl; wir können unseren Körper nicht überlisten. Das Herz muß auf ein wirkliches Geschehen reagieren. Wenn es überhaupt einen Beweis gibt, daß die Vergangenheit weiterlebt und unser Verhalten beeinflußt, dann ist er im Traumleben zu finden. Wir nähern uns im Schlaf nicht einem Herzanfall nur wegen eines eingebildeten Krokodils. Wir stehen an der Schwelle zum Tod (und könnten letztlich an der Belastung sterben), weil ein wahrer früherer Terror vorhanden ist, den untere Bewußtseinsebenen erkennen und mit dem sie sich ständig auf ihre eigene Art auseinandersetzen — erhöhter Blutdruck ist nur ein Beispiel dafür. Es ist kein Zufall, daß bei unseren Untersuchungen Herzschlag und Blutdruck unmittelbar vor einem Primal leicht aufs Doppelte ansteigen.
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Ich möchte einen ungemein wichtigen Punkt nochmals betonen: Wir täuschen die tieferen Bewußtseinsebenen nicht. All unsere Beobachtungen und alle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, daß sie auf reale Weise auf Realität reagieren (wie beispielsweise in den Experimenten über den Hautwiderstand). Lediglich die dritte Ebene mit der ihr eigenen Plastizität kann getäuscht und dazu gebracht werden, mehr oder weniger alles zu glauben.
Obwohl die dritte Ebene im Wachzustand die äußere Realität vermittelt, hat sie auch Aspekte, die selbst im Schlaf wirksam sind. So wird beispielsweise der Lärm der Müllabfuhr dem Schlafbewußtsein durch die dritte Ebene einverleibt. Er wird allerdings nicht wahrgenommen als das, was er ist; er wird vielmehr mit Traummaterial aus den unteren Ebenen vermischt und in die jeweilige Geschichte hineingewoben. Gleichwohl ist die dritte Ebene dafür zuständig, sensorische Reizzufuhr zu verarbeiten. Wir haben die Bewußtseinsebenen schematisiert als (3) die des Hier-und-Jetzt — die nach außen gerichtete; (2) die emotionale — fühlende Komponente; und (1) die nach innen gerichtete, körperlich orientierte.
Ich habe dargelegt, wie Schmerz eine Spaltung der dritten Ebene erzeugt (vgl. »Die Natur von Schmerz und Bewußtseinsebenen«). Diese Spaltung ermöglicht es einigen Aspekten der dritten Ebene, Feeling im Traum zu symbolisieren, während die anderen Aspekte dieser Ebene ruhen und nicht mehr auf die Außenwelt achten. Ich vermute, daß diese Teilung bei einem gesunden Menschen nicht existieren würde, so daß sie Feeling im Schlaf nicht automatisch symbolisieren, sondern es als das fühlen, was es ist. Meine Hypothese lautet, daß bei einem gesunden Menschen im REM-Schlaf keine alten Schmerzen aufsteigen. REM-Schlaf wäre für sie nur ein Schlafstadium, weniger tief als Schlaf erster Ebene.
Auch hier wieder wäre es die Aufgabe der dritten Ebene, sensorische Reizzufuhr sowohl aus äußeren wie auch inneren Quellen korrekt zu symbolisieren. Bei REM-Schlaf ist ein Großteil der dritten Ebene inaktiv; gleichwohl sollte jegliche vorhandene sensorische Reizzufuhr korrekt interpretiert werden. Anders gesagt, nicht Schlaf bewirkt eine unkorrekte Interpretation dritter Ebene, sondern Urschmerz. Nicht Schlaf verzerrt die dritte Ebene. Er legt sie nur zur Ruhe. Oder besser gesagt, die Ruhestellung der dritten Ebene hilft den Schlafzustand erzeugen.
Wir haben Primärpatienten bisher über sieben Jahre hinweg beobachtet, und ihre Träume zeigten eine kontinuierlich reduzierte Symbolisierung. Wir vermuten, daß das unmittelbar auf eine Schmerzverringerung im System zurückzuführen ist. Wir träumen unseren Schmerz symbolisch, und zwar auf die gleiche Art, wie wir ihn im Wachzustand agieren. Ohne Schmerz würden wir im Schlaf wie im Wachen nur fühlen und nicht (unkorrekt) symbolisieren. Feeling bedeutet korrekt symbolisieren.
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Wenn wir erst einmal verstanden haben, daß es Bewußtseinsebenen mit jeweils spezifischen Arten gespeicherter Schmerzen gibt, unabhängig davon, ob wir wachen oder träumen, dann ist es nicht schwer, die Beziehung zwischen Primals und Träumen zu erkennen. Unsere noch im Anfangsstadium befindlichen Untersuchungen lassen erkennen, daß REM-Träume nach einem vollständigen Primal sich in der darauffolgenden Nacht bis zu 75 Prozent verringern können. Umgekehrt führen unterbrochene oder unvollständige Primals zu ungewöhnlich vielen Träumen. Das erklärt sich dadurch, daß das Primal und der Traum sich mit genau dem gleichen Feeling auf derselben Bewußtseinsebene auseinandersetzen können. Wenn wir das.Feeling am Tag in einem Primal auflösen, so bedeutet das, daß wir uns nicht nachts im Traum damit auseinandersetzen müssen.
In bezug auf Träume ist es ungemein wichtig, zu verstehen, daß das Feeling immer »richtig« ist. Das heißt, das Feeling während des Traumes entstammt spezifischen Ereignissen unseres frühen Lebens, nur ist es nicht verknüpft. Wäre es ein verknüpftes Feeling, würde man es ein Primal nennen, und dann würden wir es fühlen. Die Primärtherapie nimmt unsere Träume und Alpträume, siebt die Gefühle aus ihnen heraus und hilft uns, die richtigen Verknüpfungen herzustellen. Damit will ich sagen, daß wir Gefühle im Schlaf nicht erfinden. Wir erfinden lediglich die Geschichte, um das Feeling plausibel zu machen. Und diese Geschichte umfaßt die verschiedenen Fäden unseres früheren Lebens und verwebt sie in ein Bild, das sich aus Elementen unseres gegenwärtigen Lebens zusammensetzen kann. Diese Geschichte ist ein Aspekt der Möglichkeit, wie das Bewußtsein dritter Ebene äußere und innere Reizzufuhr (unser Feeling) symbolisiert. So kann der Lärm einer während des Schlafens heulenden Sirene zu einem klingelnden Telefon in einer Traumgeschichte werden; und der Schmerz des Erstickens bei der Geburt wird zu einer Alptraumepisode, bei der man ertrinkt.
Das Wunder eines Traums, in dem eine ganze Geschichte abläuft ohne jegliche bewußte Lenkung, ist erstaunlich. Woher weiß das Gehirn, was als nächstes zu tun ist, welche Wendung genommen werden muß, wer in dem Traum auftauchen und zu welchem Ergebnis die Begegnung führen soll? Die Antwort lautet, nicht der Verstand oder Geist lenkt, er wird gelenkt, und zwar durch Gefühle — das Szenarium, das im Traum abläuft, hat bereits stattgefunden — in unserem frühen Leben —, unter Zurücklassung ungelöster Gefühle, die dann später als ein symbolisches Rekapitulieren jener frühen Lebensereignisse Träume erzeugen. Das heißt, die Gefühle suchen ständig nach Verknüpfung und Auflösung, und so produzieren sie wiederkehrende Szenarien, die immer wieder mit der gleichen mangelhaften Lösung enden, so wie es im frühen Leben der Fall war; Grund dafür ist, daß das Feeling (und das symbolische Agieren nach innen und außen) ungelöst bleibt, eben weil keine bewußte Verknüpfung hergestellt wurde. Der Traum sagt etwas über unser Leben aus.
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Das ist nichts anderes, als seine Gefühle durch Musik herauszuspielen oder durch Malerei herauszumalen. Die Quelle dessen, was man produziert (ob in Träumen oder in der Kunst) sind normalerweise ungelöste Begebenheiten zweiter Ebene. Es ist oft so, daß ein Künstler ständig an ein und demselben Thema hängt, und auf die gleiche Weise bleiben viele von uns an immer wiederkehrenden Träumen hängen. Richtige Entwicklung bedeutet mithin, fähig zu sein, die Verknüpfungen herzustellen und Gefühle abzuschließen, die uns festhängen lassen. Primärtherapie verändert Kreativität selber nicht (denn sie ist für gewöhnlich ein angeborenes Talent, das keine Therapie ungeschehen machen kann), aber sie wird die Form ändern, in der sich die Kreativität ausdrückt. Uns ist beispielsweise aufgefallen, daß einige Künstler, die vor Beginn ihrer Therapie nur abstrakt malten, stets auch zersplitterte, inkohärente Träume hatten. In dem Maße wie sich eine gewisse Kohärenz herstellte, spiegelte sich das auch in ihren Träumen und in ihrer Kunst wider.
Aufgesplitterte Menschen geben oft ihrer Aufsplitterung den Vorzug. Sie wollen moderne, abstrakte, oft unmelodische Musik hören, und das mit der gleichen Heftigkeit, mit der sehr rigide Menschen derartige Musik ablehnen. Letztere können Abweichungen von der Norm nicht ertragen und ziehen daher überschaubare, vorhersagbare Musik vor. Nichtfühlende Menschen ziehen nichtfühlende Musik vor, weil sie in ihrem Leben nichts wollen, was Feeling auslösen könnte.
Wenn wir sagen, Kunst oder Musik sei eine Sache des Geschmacks, dann sagen wir im Grunde nichts anderes, als daß die meisten von uns ihr Leben um vergangene Szenarien arrangieren, die ein unbewußtes Erbe hinterlassen haben; und dieses Erbe diktiert unser Verhalten — einschließlich unserer Präferenzen und Interessen — in nicht unerheblichem Maße.
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Ein anschauliches Beispiel dafür ist das Kino. Wenn wir uns einen Film anschauen, begeben wir uns an einen dunklen Ort, an dem es keine Ablenkung auf der dritten Ebene gibt — das heißt, die dritte Ebene wird eingeschläfert, um Zugang zur zweiten Ebene zu ermöglichen. Vor uns wird eine Traumsequenz abgespielt, und wir können weinen, lachen oder schreien, je nachdem welche Gefühle angesprochen werden. Die Faszination von Horrorfilmen liegt darin, daß sie im Zuschauer alte Ängste wiedererwecken und für sie eine Lösung zum Guten finden.
Wir können in der Primärtherapie oft sagen, wo sich ein Patient hinsichtlich seiner Bewußtseinsebenen befindet, indem wir seine Träume beobachten. Diese Träume künden das Material an, das zu fühlen er bereit ist, denn sie sind das erste Anzeichen dafür, daß untere Bewußtseinsebenen in höheres Bewußtsein durchsickern. Sie sind eine rudimentäre, wenn auch noch unbewußte Bewußtheit von Urschmerz. Unbewußte Bewußtheit ist kein Widerspruch in sich; es bedeutet Bewußtheit auf der zweiten Bewußtseinsebene, jedoch ohne volle Beteiligung der dritten Ebene.
Dafür ein Beispiel: Kürzlich hatte eine Patientin einen Traum, in dem sie eine alte Freundin trifft, die die Patientin angeblich sehr gern hat. Plötzlich wird diese Freundin wütend und scheint die Patientin zu hassen, und das ohne jeden ersichtlichen Grund. Sie wacht auf, völlig verängstigt durch das eigenartige Verhalten ihrer engen Freundin. Am nächsten Tag hat sie ein Primal, das ihre Eltern betraf: sie fühlt, daß ihre Eltern, die sie angeblich lieben, sie in Wirklichkeit hassen; diese schmerzliche Erkenntnis versetzt sie in ein qualvolles Primal. Der vorherige Traum kündigte die bewußte Erkenntnis an.
Nach diesem Primal hatte sie die Einsicht, daß sie sich bislang immer von Menschen zurückgezogen hatte, bei denen sie auch nur den Verdacht hatte, sie seien unter Umständen nicht sonderlich freundlich. Sie schützte sich durch dieses Verhalten gegen das alte Haßgefühl. Isolation wurde ihr Schutz. Des weiteren hatte sie die Einsicht, daß sie (unbewußt) erwartete, daß andere sie automatisch haßten und daß sie sich deshalb bei jeder neuen Begegnung in den Hintergrund verzog. Vor ihrem Traum und dem darauffolgenden Primal hatte sie keine Ahnung, was sie zu diesem Verhalten veranlaßte. Interessanterweise liefert ein symbolischer Traum in den seltensten Fällen eine Einsicht. Das vermag erst eine Verknüpfung mit einem Gefühl. Und die Einsicht entspricht jeweils der Ebene des erlebten Gefühls.
So hatte zum Beispiel dieselbe Patientin später ein Primal, in dem sie bei der Geburt im Geburtskanal bewegungsunfähig war. Sie verstand auf der Stelle, daß sich bewegungslos fühlen der prototypische Vorläufer des sich Zurückziehens (und der Unfähigkeit »herauszukommen«) bei der Geburt war.
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Das war eine Einsicht erster Ebene. Das Primal, das diesem Traum folgte, vermittelte eine Einsicht zweiter Ebene. Wäre sie in einer Psychoanalyse, wäre sie von intellektuellen Einsichten dritter Ebene erfüllt (die normalerweise von dem Analytiker geliefert werden).
Der Traum, das Primal und die Einsichten waren alles Anzeichen dafür, daß die Patientin für das Feeling bereit war. Die erste Ebene war bereit, ein Trauma unterer Ebenen zu akzeptieren, und der Traum war das erste Anzeichen für diese Bereitschaft. Wäre das Trauma erster Ebene ohne diese Bereitschaft aufgebrochen, hätte es keine Einsichten gegeben, sondern nur eine noch stärkere Überflutung und Symbolisierung.
Der oben beschriebene Traum hatte einen zweiten Teil: »Ein fremdes kleines Mädchen steht an der Straßenecke. Ich spreche sie an, und wir mögen uns sofort. Ich kümmere mich um sie, helfe ihr über die Straße, kaufe ihr ein Eis und nehme sie sogar mit zu mir nach Hause. Ihre Eltern scheinen sich überhaupt nicht um sie zu kümmern. Im Traum fühle ich, <Wie sonderbar, daß wir einander offenbar näher sind als die Eltern ihrem eigenen Kind>.«
Das Primal am nächsten Tag sah folgendermaßen aus: »Mami, auch wenn ich nur klein bin, ich hab trotzdem eine Seele. Ich brauche es, daß du mich in die Arme nimmst, mich streichelst und mich lieb hast.« Dann schreit sie: »Ist schon gut, Mami, ich werde mich um das kleine Mädchen selber kümmern, sie braucht Liebe.« Und plötzlich die Einsicht: »Das kleine Mädchen bin ich selbst. Ich habe mich immer um mich selbst gekümmert, damit ich nicht fühlen mußte, daß niemand da war, der sich um mich kümmerte. Ich habe es einfach nie zugelassen, daß ich in irgendeine Abhängigkeit geriet und mich auf einen anderen Menschen verlassen mußte. Ich wollte nie für andere arbeiten.
Kurz gesagt, ich habe mich (das kleine Mädchen) um mich selbst gekümmert, weil niemand anderes es tat. Das hängt wieder damit zusammen, daß ich mich gehaßt fühle und ständig versuche, es ihnen recht zu machen, damit ich mich nicht gehaßt fühlen muß, irgendwie aber doch immer wissend, daß ich mich ganz allein würde durchs Leben schlagen müssen.« Das diesem Gedanken zugrunde liegende Gefühl war zum einen, daß sie immer erwartete, das kleine Mädchen werde gehaßt, und deshalb würde sich niemand um sie kümmern, und zum anderen, daß irgend etwas an ihr grundlegend falsch sein mußte, wenn sie so gehaßt wurde. Sie zog sich von anderen zurück, noch ehe sie diesem Geheimnis auf den Grund gehen konnten.
Auch hier wieder kündigte der Traum das Vordringen wichtiger Gefühle ins Bewußtsein dritter Ebene an, die ihrem Verhalten ihr Leben lang zugrunde gelegen hatten. Die Art, wie der Schmerz im Traum symbolisiert wurde, war eine exakte Widerspiegelung dessen, wie sie im Leben symbolisch agierte — nämlich daß sie sich um das »kleine« Mädchen kümmerte.
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Das ist ein entscheidender Punkt, da die symbolische Aktivität auf dieser Bewußtseinsebene im Wachen wie im Schlaf genau die gleiche ist. Schlaf verändert überhaupt nichts, es sei denn, daß er die Spanne der Möglichkeiten, das Gefühl zu agieren, reduziert. Wenn sie das Gefühl auflöst, wird sie weder tagsüber agieren noch es nachts im Schlaf symbolisieren, Kurzum, sie wird schlafen und nicht symbolisch träumen.
Viele von uns bleiben auf der dritten Ebene stecken und glauben, sie könnten sich nicht auf andere verlassen, um zu bekommen, was sie brauchen, weil sie von deren Betragen zutiefst enttäuscht sind. Wir werden verbissen unabhängig, ohne je fühlen zu können, warum. Ein Grund dafür liegt darin, daß von anderen gegenwärtig in der Tat so viele Enttäuschungen kommen, daß unser unabhängiges Verhalten gerechtfertigt erscheint. Und mehr noch, wir erschaffen Träume, in denen andere uns ständig im Stich lassen, so daß unsere Unabhängigkeit selbst im Schlaf gerechtfertigt erscheint. Mit anderen Worten, wir erschaffen die Bedingungen für unser neurotisches Verhalten selbst, im Schlaf wie im Wachen.
Nach einigen Monaten in der Therapie kann sich ein Patient unter Umständen erinnern, wie er als Achtjähriger allein gelassen wurde. Seine Träume können Geschichten zum Inhalt haben, in denen er vergessen wird oder verlorengeht. Er macht sich bereit, die elterliche Ablehnung zu fühlen. Wenn er dann mit seinen Primals beginnt, die diese Ablehnung betreffen, kann er zunächst einmal Alpträume haben, in denen er irgendwo allein zurückgelassen wird oder verlorengeht; er beginnt, seine lebenslangen wahren Gefühle zu fühlen. Er braucht nicht länger verloren auszusehen oder andere dazu zu bringen, ihn zu begehren — kurzum, er muß das Gefühl nicht mehr agieren.
Das, was sich dabei abspielt, ist ein Hinabsteigen durch die Bewußtseinsebenen, das von Träumen widergespiegelt wird. Sie sind das Barometer. Wir sollten uns daran erinnern, daß jedes unserer Gefühle auf allen drei Ebenen existiert und sich über die ganze Bewußtseinskette hinzieht. Neurose (verdrängter Urschmerz) errichtet zwischen diesen Ebenen Barrieren und trennt sie dadurch voneinander. Katastrophale Ereignisse in der Gegenwart können diese Abwehrstruktur so erschüttern, daß Material der ersten Ebene aufgerüttelt wird und zu Träumen erster Ebene führt. Der Betreffende müßte dann immer noch auf der zweiten Ebene fühlen, wenn es zu einem wechselseitig verknüpften Bewußtsein kommen soll.
Viele von uns kennen das Erlebnis, daß man aus einem Alptraum aufwacht und vorübergehend »psychotisch« ist. Wir sind dann so in den Schrecken des Traumes verstrickt, daß wir beim Erwachen einige Augenblicke lang noch immer nicht wissen, was wirklich ist und was nicht. Es kann mehrere Minuten dauern, bis wir die Realität des Traumes abschütteln können und unsere Abwehr wiederherstellen.
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An diesem vorübergehenden Zustand können wir erkennen, welche unglaubliche Wucht Schmerz erster Ebene hat und was er mit uns anstellen kann. Der Psychotiker unterscheidet sich vom Neurotiker insofern, als er fast immer in unmittelbarer Nähe der ersten Ebene ist und Wege finden muß, wie er damit fertig werden kann.
Der zweite entscheidende Unterschied besteht darin, wie das Gefühl im Traum verarbeitet wird. Im großen und ganzen gibt es auf der ersten Ebene keine eigentlichen Bewältigungsmechanismen, und das spiegelt sich in Träumen wider, in denen man völlig hilflos und absolut unfähig ist, an der Situation auch nur irgend etwas zu ändern. In einem meiner Träume erster Ebene ging es darum, daß ich mich in einer Waschmaschine befand und in einer dicklichen Flüssigkeit um das Zentrum herumgeschleudert wurde. Ich konnte nichts machen, als mich von dem Strudel mitreißen zu lassen. Auf weitere Beispiele werde ich später noch eingehen.
Der Traum zweiter Ebene hat eine komplexere Geschichte, und in den meisten Fällen versucht der Mensch in einem Traum auf dieser Ebene irgend etwas zu bewältigen. Er mag eine Armee anführen, oder eine defekte Maschine reparieren oder er hängt an einem Seil, an dem er sich an einer Klippe hochziehen kann. Wirksame Bewältigungsmechanismen entwickeln sich erst mit der zweiten Ebene, und deshalb neigen wir zu der Auffassung, daß der Zeitpunkt, zu dem sich das eingeschliffene Geschehen ereignete, mit dem wir es hier zu tun haben, erst stattgefunden haben kann, nachdem wir in der Lage waren, unsere Umwelt zu manipulieren.
In Träumen zweiter Ebene kommen mehr Menschen vor, und im Mittelpunkt stehen nicht nur körperliche Ereignisse, die uns zustoßen. Da kann es Worte (gefühlsbezogene Worte existieren auf der zweiten Ebene), Argumente und Klagen geben. Es kommen mehr Menschen vor, weil Ereignisse auf der zweiten Ebene eher interpersonell als intrapersonell sind. Träume zweiter Ebene sind häufiger unmittelbar auf zwischenmenschliche Beziehungen zu unseren Eltern und Verwandten bezogen. Wenn die erste Ebene nach oben drängt und der Betreffende nicht gut abgewehrt ist, wird der Schmerz zur zweiten Ebene vordringen, und dann haben wir es mit einer komplexen Situation zu tun, in der Symbole zweiter Ebene einen Schmerz erster Ebene rationalisieren.
Normalerweise gibt es in Träumen erster Ebene keine Worte. Der jeweilige Grad der Absonderlichkeit der Geschichte hilft die beiden Ebenen voneinander zu unterscheiden. Schmerzen erster Ebene zwingen die dritte Ebene, absonderliche Geschichten zu erfinden, um den Schrecken zu verdecken und zu erklären; insbesondere da kein Zugang vorhanden ist und kein Verständnis, daß der vorliegende Schmerz aus den ersten Sekunden des Lebens auf dieser Welt oder aus der Zeit unmittelbar davor stammt. Träume zweiter Ebene haben festere Konturen.
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Sie stehen in stärkerer Beziehung zu unserem Alltagsleben, und die Geschichten haben einen gewissen Zusammenhang. Die darin vorkommenden Menschen können durchaus Menschen aus unserem frühen Leben sein, während Träume zweiter Ebene eher mit schattenhaften, unwirklichen Gestalten, mit Ungeheuern und sonderbaren, fremdartigen Tieren bevölkert sind: Träume erster Ebene haben eine Direktheit an sich, die sie verständlicher macht, sofern man verstanden hat, daß sie sich auf um die Zeit der Geburt gelegene Ereignisse beziehen. Sich in einem Tunnel befinden und versuchen, herauszukommen, ist ein Beispiel. An einem Seil aufgehängt sein und erwürgt zu werden ist ein anderes. Ertrinken ist ein häufig vorkommendes Thema in Träumen erster Ebene. Selbstverständlich werden diese Geschichten ausgeschmückt, aber das ihnen zugrunde liegende Gefühl ist normalerweise sehr intensiv und recht eindeutig, und das ist bei Träumen zweiter Ebene keineswegs immer der Fall.
Ich möchte nochmals betonen: alle Gefühle steigen bei Neurotikern zur ersten Ebene hinab. Das Abwehrsystem spaltet sie auf und verhindert die Verknüpfung mit den verschiedenen Bewußtseinsebenen. Ein Mensch mit uneingeschränkter wechselseitiger Verknüpfung (eine hypothetische Vorstellung) würde keine Alpträume haben; er hätte seine Schmerzen größtenteils aufgelöst und hätte einen anderen Schlaf als Neurotiker. Ich glaube, sein Schlaf würde dem eines Säuglings sehr ähnlich sein, der die meiste Zeit im Tiefschlaf verbringt, und das ist der weitaus erholsamste Schlaf.
Ich glaube, er hätte wenige oder gar keine Träume zweiter Ebene, und er käme mit erheblich weniger Schlaf aus, als wir gemeinhin für erforderlich halten. Er hätte genug an den vier oder fünf Stunden Tiefschlaf, die wir alle allnächtlich schlafen, mehr brauchte er nicht. Er müßte sich nicht im REM-Schlaf mit lebenslangen, ungelösten Gefühlen auseinandersetzen. Das soll nicht heißen, daß es dann keinen Schlafzyklus gäbe, in dem Schlafstadium 2 entfallen würde, sondern lediglich, daß REM-Schlaf keine Traumphase wäre, weil viele Gefühle auf dieser Ebene bereits aufgelöst wären. Es wäre lediglich ein Stadium weniger tiefen Schlafs, und der gesunde Mensch brauchte sehr viel weniger Schlaf dieses Stadiums. Ich werde einige Beispiele von Träumen verschiedener Art bringen, um zu veranschaulichen, mit welchen Bewußtseinsebenen sie jeweils verbunden sind. Ich werde nicht allzuviel Zeit auf Beispiele verwenden, da das meiner Ansicht nach ermüdend und zudem unnötig sein dürfte.
Ein Patient hatte einen ständig wiederkehrenden Traum, in dem er in einer Raumkapsel auf einen anderen Planeten geschickt wird, der völlig »fremd und sonderbar« ist, voller eigenartiger, greller Lichter. In seiner Kapsel atmet er schwer und schmerzhaft und fühlt sich der Ohnmacht nahe. Er fühlt sich völlig allein und hat Angst vor diesem Unternehmen. Sein Gefühl: »Das ist mein Ende.«
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Er tritt aus der Raumkapsel heraus und versucht angestrengt zu atmen. Es fühlt sich an, als würde ein sonderbares Gas in eine Lunge einströmen. Das Gefühl des Atmens auf diesem neuen Planeten ist »schmerzhaft anders«. Auf dem Ödland herrscht eine angstbeklemmende Einsamkeit; es ist niemand da, der ihm helfen, der ihm Anweisungen geben könnte. Das ist ein Traum erster Ebene, und das wissen wir daher, weil es ein wiederholt auftretender Traum war, der in Primals erster Ebene überging, die letztlich seine Erklärung lieferten. »Der fremde Planet war (und ist) die Welt, auf die ich geschickt wurde. Ich spaltete mich auf, noch ehe ich gefühlsmäßig die Luft von der Nabelschnur auf meine Lungen übertragen konnte.« Die Einsamkeit ist genau das beängstigende Gefühl, das Neugeborene haben; sie kommen auf einen neuen Planeten voller neuer Geräusche, Sinneseindrücke, Lichter, eigenartiger Stimmen, und es ist niemand da, der sie tröstet und auffängt, um dieses neue Erlebnis erträglich zu machen.
Es ist nicht unbedingt ein Zufall, daß sich dieser Patient jahrelang mit dem Leben auf anderen Planeten beschäftigt hatte. Er schrieb Gedichte und hatte ständig Wachträume, die das All betrafen. Er war, wie er es beschrieb, »ausgeflippt und schwebte im All«. Das Gefühl bei dem Primal war: »Ich bin von Anfang an nie in der Lage gewesen, diese Welt zu meiner Welt zu machen.« Wir sehen hier die Übereinstimmung der Symbole zwischen dem Wach- und dem Schlafleben. Eine Analyse der Traumsymbole würde diese gespeicherte Aufzeichnung von den ersten Sekunden seines Lebens kaum berühren. Bezeichnend an dem Traum ist, daß sich der Träumer in seiner Situation hilflos fühlte. Es gab nichts, was er hätte tun können; er wurde ohne sein Wollen an einen neuen Ort transportiert — das ist eine genaue Wiedergabe dessen, was Jahrzehnte zuvor mit ihm geschehen war.
Und darin liegt der Schlüssel — der Traum ist eine genaue Widerspiegelung des Geschehens: Wenn ein Mensch während des Geburtsablaufs nichts hatte tun können, dann wird sich das in seinem späteren Traummaterial widerspiegeln. Gefühl und Form des Traumes lügen nicht. Die Symbole können komplex und irreführend sein, aber sofern wir verstehen, daß eine Analyse der Symbole überflüssig ist, wird unsere Arbeit erleichtert. Alles, was wir tun müssen, ist, die Symbole zu benutzen, um zu den ihnen zugrunde liegenden Gefühlen vorzudringen.
Und hier ein Traum zweiter Ebene: Eine Patientin, deren Vater starb, als sie noch sehr klein war, träumte, sie begegne ihm in einem Kaufhaus. Sie unterhielten sich miteinander, aber sie hatte das komische Gefühl, daß er im Grunde nicht dort sein sollte. Sie fühlte auch, wie schön es war, daß er nicht wirklich tot war. Später hatte sie ein Primal, in dem sie zum erstenmal fühlte, daß sie seinen Tod nie akzeptiert hatte, daß sie irgendwie im Hinterkopf immer erwartet hatte, er werde eines Tages wiederkommen, und selbst bei Menschen, die ihr auf der Straße entgegenkamen, hatte sie manchmal für kurze Augenblicke das Gefühl, das könnte er sein.
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Bei dem Primal fühlte sie schließlich die unwiderrufliche Endgültigkeit seines Todes, und daß ihr Bedürfnis nach ihm nie würde erfüllt werden können. Sie erkannte, daß sie in ihrem Wachleben darauf aus gewesen war, daß ältere Männer ihren Vater ersetzten. Sie agierte symbolisch ihr Bedürfnis nach ihrem Vater und danach, umsorgt und geführt zu werden. Der Traum spiegelte ihre Gefühle wider, die sie jahrelang unbewußt agiert hatte. Doch nicht ihr Traum und dessen Analyse brachten die Erklärung für ihr Agieren. Das geschah erst durch die Auflösung des Gefühls. Die Tatsache, daß sie von ihrem Vater träumte, zeigte uns, daß sie bereit war, mit der unwiderruflichen Endgültigkeit dieses Verlustes fertig zu werden; das Gefühl hatte ihr Bewußtsein erreicht, wenn auch noch in etwas abgewandelter Form.
Gibt es Träume auch der dritten Ebene? Ich bezweifle es; oder wenn es sie gibt, dann allenfalls in dem Sinne, daß es Symbole dritter Ebene für Gefühle tieferer Ebenen gibt. Zum Beispiel gibt es Leute, die davon träumen, was sie morgen tun werden, wie sie mit ihrem Chef umgehen werden, ihm die Meinung stecken, ihm sagen, wie schlecht er seine Angestellten behandelt etc. Normalerweise tritt so etwas unmittelbar vor dem Einschlafen auf, in einem gewissen Zwischenstadium, in dem die dritte Ebene mit der zweiten verschmilzt. Vielleicht können wir das als »Quasi-Schlaf« bezeichnen. Die Gefühle in diesen Träumen sind jedoch normalerweise alte Gefühle zweiter Ebene — zum Beispiel von Autorität (Eltern) erdrückt werden und das Bedürfnis, irgendwie zurückzuschlagen. Wenn das hinter den Symbolen stehende Gefühl wirklich der dritten Ebene zugehört, dann wäre der Patient vermutlich wach, da sich seine Gedanken und Gefühle ausschließlich um die gegenwärtige Realität drehen.
Eine Patientin träumte wiederholt, daß sie ihren Freund bat, er möge sie nicht verlassen. Als sie später Primals hatte, wußte sie, daß die übermäßige Furcht, ihn zu verlieren, ein altes Gefühl zweiter Ebene war, das sich auf ihre Eltern bezog. Hätte sich die Angst nur darauf bezogen, daß sie ihren Freund verlieren könnte, dann hätte sie es tagsüber gefühlt als das, was es war, und hätte nicht davon geträumt. Sie träumte davon, weil die Situation von einer Primäranlage beeinflußt wurde. Dieser Traum half ihr verstehen, wie sie sich aufgrund einer alten Angst an ihren Freund klammerte und sich dadurch gerade so verhielt, daß er sie verlassen würde.
Einen anderen Hinweis auf den Zeitpunkt der Entstehung des Traumas, das in einem Traum wiedererlebt wird, gibt uns das Alter und die Situation des Träumenden in diesem Traum. Wenn der Träumende zum Beispiel wieder in seinem alten Elternhaus ist, wenn er wieder auf die Grundschule geht, wenn er das gleiche Fahrrad fährt, das er als Zehnjähriger besaß, so sind das Hinweise auf die Entstehungszeit des damit einhergehenden Gefühls.
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Wenn einem Traum eine gewisse Zeitlosigkeit anhaftet, dann müssen wir ihn als präverbal und der ersten Ebene zugehörig einschätzen. Ein Verlust der zeitlichen Orientierung, ob im Schlaf oder im Wachzustand, ist für mich ein Hinweis auf die erste Ebene. Es gibt einen Test für Psychotiker, den sogenannten »Realitäts-Test«, in dem es darum geht, ob der Patient weiß, wo er ist, welcher Tag und welche Uhrzeit es ist. Was verursacht diese Zeitlosigkeit? Ich glaube, sie kommt dadurch zustande, daß man in Gefühle gestürzt wird, die auftreten, ehe das Kind zwischen Denken und Fühlen unterscheiden, ehe es abstrakte Vorstellungen entwickeln konnte. Zeit ist schließlich eine abstrakte Vorstellung (wenngleich das Empfinden des Zeitablaufs eine Wahrnehmung ist). Gefühle werden somit zu einer totalen Realität. In dem Stadium gibt es kein geordnetes Denken, das Zeit und Ort bestimmen könnte. Das Gefühl erscheint endlos und zeitlos; ein Fetus hat in der Tat keine Vorstellung davon, wann seine qualvolle Reise ins Leben beendet sein wird. Er empfindet nur Erleichterung, wenn es schließlich geschafft ist.
Dieses Gefühl der Zeitlosigkeit stellen wir oft bei Menschen fest, die unter LSD stehen, und dazu kommt es meiner Meinung nach, eben weil Schmerzen erster Ebene außerhalb der geordneten Reihenfolge in das Bewußtsein vordringen. Diese Schmerzen sind so furchterregend und so aufsplitternd, weil sie jenseits von Zeit und sozialem Umfeld stehen. Was eine Überflutung der dritten Ebene bewirkt, sind nur amorphe, nicht in begriffliche Vorstellungen übertragene Qualen. In die Zeit zu stürzen, in der Denken und Fühlen nicht unterscheidbar waren, führt oft zu einem Erlebnis »jenseits von Zeit und Raum«. Der Mensch wird in die Symbolisierung hineinkatapultiert, so daß er sich einbildet, er befinde sich in einem früheren Leben (zum Beispiel, er lebe im alten Ägypten), oder er sei ein Sperma. Er mag glauben, er habe endlich Zeit und Raum überschritten und »kosmische Einheit« erlangt oder er sei eine körperlose Astralprojektion. Ein Traum oder ein Gedanke, der einem vergrabenen Gefühl entstammt, das sich auf ein Ereignis bezieht, das mit acht Jahren stattfand, ist ganz offensichtlich kohärenter, als wenn es sich auf ein Ereignis bezöge, das im Alter von zwei Wochen stattfand. Ein zwei Wochen altes Baby hat kaum eine kohärente psychische Struktur.
Eine gegenwartsbezogene Reaktion in einem Traum ist lediglich die symbolisierte Form der frühen wirklichen Reaktion. Das Gefühl ist jetzt furchterregend und aufsplitternd, weil es das damals war. Wenn es ein Ereignis erster Ebene war, bei dem das Kind nichts hatte tun können, um den Schmerz zu beenden, dann wird der Traum oder Alptraum diese Passivität und Hilflosigkeit widerspiegeln; im Traum wird dieser Mensch ebenfalls hilflos sein.
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Hier noch einige weitere Traumbeispiele: »Ich sitze irgendwo in einem Restaurant. Meine Freundin sitzt an einem anderen Tisch, und ich weiß, daß sie gehen will (und sie geht auch wirklich), aber sie will nicht zu mir rüberkommen und mit mir darüber sprechen. Sie schickt mir einen Zettel, in dem sie mir mitteilt, daß sie geht, aber die Erklärung erfolgt über etwa eine halbe Seite in unlesbaren Hieroglyphen.« Anschließend hatte der junge Mann ein Primal, in dem seine Mutter starb, als er gerade zwei Jahre alt war. Die Hieroglyphen bezogen sich darauf, daß es für ihren Tod keinen verständlichen Grund gab, keine Möglichkeit, das in diesem Alter zu verstehen. Selbstverständlich hat jedes Traumelement irgendeine besondere Bedeutung, und wir könnten vermutlich Tage damit verbringen, jedes einzelne Element zu analysieren. Wichtig jedoch ist das Leitmotiv — die allgemeine Bedeutung, die es für den Betreffenden hat, seine verdrängten Schlüsselgefühle und sein Leben.
Das war ein Beispiel für einen Traum zweiter Ebene. Er war geordnet, beinhaltete keine panische Angst, war aber irgendwie doch etwas beängstigend. (Es sei daran erinnert, daß Träume unsere ureigenen Schöpfungen sind, und das läßt mich vermuten, daß Kreativität großenteils ein Phänomen zweiter Ebene ist.) In diesem Falle »machte« der Träumende, daß seine Freundin nicht kam, und erfand diese halbe Seite mit Hieroglyphen. Ich bin sicher, daß er auch einen lesbaren Brief zustande gebracht hätte, aber die Personen, die Handlung und das Szenarium wurden von Gefühlen diktiert.
Fast alle wiederholt auftretenden Träume haben gemein, daß der Kampf nie ein Ende findet, weil das Gefühl noch nicht gelöst ist. Man muß gegen einen Elefanten kämpfen, und hat man ihn zur Strecke gebracht, taucht ein Bär auf, und ist der besiegt, dann kommt ein Tiger und so weiter. Der Traum wird normalerweise immer von dem Gefühl begleitet, daß man es nie ganz schaffen wird — eine Sisyphusarbeit, die deshalb entsteht, weil es ein Versuch ist, im Schlaf das Gefühl zu bewältigen, und das ist nicht möglich, ehe es nicht bewußt gefühlt und gelöst wird. Man kann den Nazis oder den Verbrechern, die hinter einem her sind, nicht entrinnen, was immer man anstellt; aber wenn man einmal gefühlt hat, daß einem die Eltern ständig im Nacken saßen, daß sie einem nie Auslauf ließen, dann verschwinden die Nazis. Hier ein Beispiel für einen Traum mit Elementen sowohl der zweiten als auch der dritten Ebene: »Ich kümmere mich um zwei in einem Wald am Rande des Dorfes ausgesetzte kleine Kinder. Ich gehe in ein Reformhaus und kaufe jede Menge gesunder Reformkost. Aber während ich das tue, begegnen mir die Dorfbewohner mit Feindseligkeit und Drohungen. Der Verkäufer in dem Geschäft ist der einzige, der Mitgefühl hat.«
Das Gefühl dieses Mannes war so zu erklären, daß er in Wirklichkeit für sich selbst sorgte, und das rief in anderen Feindseligkeit hervor. Wie sich herausstellte, hatte er besondere Schwierigkeiten, weil die Tatsache, daß er zum Primärinstitut gekommen war, um sein Leben zu retten, in seiner Familie auf Ablehnung gestoßen war.
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Diese seine Entscheidung hatte sie entsetzlich aufgebracht. Offenbar gerieten seine Angehörigen immer in Aufregung, wenn er versuchte, sich ihren Anordnungen zu widersetzen, Anordnungen, die normalerweise bedeuteten, daß er neurotisch agieren mußte. Das Reformhaus in diesem Traum war das Primärinstitut.
Thomas de Quinceys Buch Bekenntnisse eines englischen Opiumessers (Deutscher Taschenbuchverlag dtv, Nr. 321) ist voller Beispiele für Drogenträume: »Ich war tausend Jahre in steinernen Särgen, mit Mumien und Sphinxen in engen Kammern im Herzen der ewigen Pyramiden begraben. Ich wurde geküßt mit leprösen Küssen von Krokodilen und Schlangen, bedeckt mit unsäglichen schleimigen Dingen, im Schilf und in den Sümpfen des Nils.«*
Das scheint mir ein klassischer Traum erster Ebene zu sein. Ich bin überzeugt, dem Neugeborenen, der keine wirkliche Vorstellung von Zeit und davon hat, wann sein Geburtskampf beendet sein wird, muß es wie tausend Jahre erscheinen. De Quincey sagt, Krokodile seien immer sein besonderer Schrecken gewesen. Manchmal konnte er ihnen entkommen, aber bald wurden alle Füße von Tischen zu Krokodilen und starrten ihn mit ihren bösen Augen an.
Hier die Beschreibung eines Geburtsgefühls in einem seiner anderen Träume: »Irgendwo, ich wußte nicht wo, irgendwie, ich wußte nicht wie, durch irgendwen, ich wußte nicht wen, wurde eine Schlacht, ein Kampf, eine Agonie ausgetragen; sie entwickelte sich wie ein großes Drama, wie eine große Symphonie, und daß ich darin verstrickt war, erschien mir um so qualvoller, als ich nicht um den Ort, die Ursache, den Sinn und den möglichen Ausgang wußte. Wie immer in Träumen hatte ich die Macht, und doch hatte ich nicht die Macht, die Entscheidung herbeizuführen. Ich hatte die Macht, wenn ich mich dazu erheben könnte, sie zu erzwingen; und doch hatte ich die Macht auch wieder nicht, denn das Gewicht von zwanzig Ozeanen lastete auf mir ... ich lag tatenlos da. Irgendein größeres Interesse stand hier auf dem Spiel, eine größere Sache, als je ein Schwert verteidigt oder eine Fanfare verkündet. Dann wurde plötzlich Alarm geschlagen. Ich wußte nicht, ob für die gute Sache, ob für die schlechte; Dunkelheit und Lichter; Stürme und menschliche Gesichter; und zuletzt, mit dem Gefühl, daß alles verloren sei, weibliche Formen und jene Züge, die mir das Teuerste auf der ganzen Welt waren. Und ein ewig währendes Adieu .. . und wieder und wieder hallte ein ewiges Adieu zurück. Und ich wachte kämpfend auf und rief laut: >Nie wieder will ich schlafen!« Ich könnte mir keine bessere Beschreibung vorstellen.
* John E. George und John A. Goodson, Great Essays, Dell Publishing, New York 1967, S. 89 u. S. 92.
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Traum und Halluzination (als Symbole) haben gleichermaßen die Funktion, zu versuchen, alte, nicht rationale, gespeicherte Ereignisse rational zu machen. Ja, Halluzinationen sind Versuche zur Rationalität, auch wenn sie so irrational erscheinen. Sie sind Versuche, unverständliche, unspezifische, unbewußte Erlebnisse, die die dritte Ebene bombardieren, zu erklären. Wenn wir die ihnen zugrunde liegenden Gefühle verstehen, ergeben die Symbole von Träumen und Halluzinationen sehr wohl einen Sinn. Sie sind nur deshalb irrational, weil sie aus dem Zusammenhang herausgerissen sind.
Es müßte offensichtlich sein, daß es keine universalen Symbole mit der gleichen Bedeutung für alle Menschen geben kann. Symbole dienen als Masken für Gefühle. Das gleiche Traumsymbol bei zwei verschiedenen Menschen wird zwei verschiedene Bedeutungen haben, je nach den vorausgegangenen Erlebnissen dieser Menschen und den Gefühlen, die diese Symbole schufen. Ein Stock kann für den einen Menschen, der Sex als Abwehr benutzt, ein Phallussymbol bedeuten, und für den anderen, der von seinen Eltern häufig mit einem Stock geschlagen wurde, ist der Stock einfach ein Angstobjekt.
Es stellt sich die Frage: »Wie kommt es, daß der Körper in bestimmten Schlafstadien regelmäßig in eine Alarmreaktion verfällt, mit beschleunigter Herzfrequenz, steigendem Blutdruck, ansteigender Temperatur und beschleunigter Atmung?« Ich glaube, das geschieht aus genau dem gleichen Grund, aus dem diese Phänomene auftreten, wenn ein Mensch im Begriff ist, ein Primal zu haben — nämlich weil schmerzhafte Gefühle im Aufsteigen begriffen sind und den Organismus bedrohen, und diese Bedrohung tritt unbewußt auf.
Das ist ein ungemein wichtiger Punkt, denn das System wird automatisch gegen unbewußten Schmerz aktiviert, ohne irgendwelche äußeren auslösenden Reize. Irgendwie erkennen unsere Systeme unbewußt die Gefahr alter Urschmerzen und mobilisieren alle Kräftereserven dagegen. Tagsüber kann sich die permanente Bedrohung in einem chronisch erhöhten Blutdruck oder in einem schnellen Puls manifestieren. Eine Steigerung all unserer vitalen Körperfunktionen ist keine natürliche Funktion des REM-Schlafs; dazu kommt es vielmehr, weil REM-Schlaf es ermöglicht, daß Bewußtsein zweiter Ebene und die dazugehörigen Schmerzen aufsteigen. Es ist kein Zufall, daß Herzanfälle am häufigsten in der langen REM-Phase in den frühen Morgenstunden auftreten. Meiner Meinung nach erklärt sich das dadurch, daß Verdrängung dann einen Tiefstand erreicht und der Betreffende gegen seinen Urschmerz am wenigsten abgewehrt ist. Diese sehr lange REM-Phase erzeugt auch die komplexesten und symbolisch verwickeltsten Träume. Auch hier wieder glaube ich, liegt die Erklärung darin, daß der Kortex sich ungemein anstrengen muß, um sehr nahen Schmerz zu verdecken.
Eine andere Bezeichnung für REM-Schlaf ist »paradoxer Schlaf«, und das besagt, daß das EEG-Muster dem des Wachzustands sehr ähnlich ist. Ich meine, die Gründe dafür sind eindeutig — REM-Schlaf ist kein erholsamer Schlaf, sondern nur Bewußtheit zweiter Ebene, die ohne das sich orientierende Bewußtsein der dritten Ebene operiert.
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Es gibt viele Untersuchungen, die nachgewiesen haben, daß es zu einem »Rückstoß« kommt, wenn Menschen REM-Schlaf entzogen wird. Wenn ein Mensch im REM-Schlaf ständig geweckt wird oder Drogen erhält, die dieses Schlafstadium blockieren, wird er im nächsten Schlafzyklus sehr viel mehr REM-Schlaf haben; es ist, als versuche sein Körper, den Ausfall wieder wettzumachen. Er kann auch unter schweren Störungen und vorübergehenden psychotischen Zuständen leiden.
Ich glaube allerdings nicht, daß ein solcher Mensch versucht, den versäumten REM-Schlaf nachzuholen; ich habe vielmehr den Eindruck, daß REM-Entzug eine Blockierung von Gefühlsentladung erzeugt, und der Rückstoß, den wir beobachten, stammt von der Unterdrückung von Gefühlen und nicht von REM-Schlaf an sich. Schlaflosigkeit ist ein Unvermögen, bestimmte zerebrale Funktionen zu verdrängen. Bisher habe ich noch nicht Stellung bezogen zum Gegenteil von Schlaflosigkeit — zu Schlaf als Abwehr. Es gibt Menschen, die in Zeiten der Belastung einfach »wegratzen«. Und sie berichten, ihr Schlaf sei so, als stünden sie unter Drogen. Kurz gesagt, es ist kein normaler Schlafzustand.
Um das zu erklären, müssen wir von prototypischen Situationen sprechen, denn Schlaf ist eines der sehr wenigen Dinge, zu denen ein Säugling fähig ist, wenn er unter Schmerz steht. Wenn er sich im Bettchen vor Hunger eine halbe Stunde lang die Seele herausgeschrien hat, bleibt ihm nicht mehr viel anderes übrig, als zu schlafen. Aber der Grund dafür, daß dieses Muster beibehalten wird, kann auf noch frühere Ereignisse zurückzuführen sein, nämlich auf die Geburt selbst, bei der das Neugeborene unter Umständen hilflos, passiv und bewegungsunfähig war. Diese Passivität kann später — einige weitere Umstände vorausgesetzt — in eine Schlafabwehr übersetzt werden. Schlaf ist die wirksamste Methode, der Dinge, die um einen herum geschehen, unbewußt zu werden. Einige Menschen können einfach »abschalten«; andere halten sich so intensiv beschäftigt, daß sie unbewußt sind. Wieder andere brauchen jedoch einen totaleren Zustand — Schlaf.
Wir haben Fälle von Narkolepsie behandelt (ein aus unerklärlichen Gründen plötzliches Einschlafen), und zwar erfolgreich. Mehr als einer dieser Patienten hat gelernt, daß Schlaf ein prototypischer Abwehrmechanismus ist. Wenn sie einem um die Zeit der Geburt kreisenden Todesgefühl nahekommen, »fallen sie aus«. Das ist eine totale Dysfunktion der zweiten und dritten Ebene. Einige sagen, sie schlafen, als seien sie tot, kein Muskel bewegt sich, und dieser Schlaf ist tatsächlich ein todähnlicher Zustand; und doch ist Schlaf gleichzeitig die wirksamste vorhandene Abwehr gegen katastrophalen Schmerz bei der Geburt. Einer unserer Patienten, der bei der Geburt tatsächlich vorübergehend klinisch tot war (und viele von uns kommen dem bei der Geburt sehr nahe; erheblich mehr, als wir angenommen hatten), glaubt, daß sein todähnlicher Schlaf ein Wiedererschaffen dieses frühen Traumas und seiner ursprünglichen Reaktion war.
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Viele Menschen verfallen unter extremem Streß in eine absolute Starre Sie werden bewegungsunfähig, leblos und völlig passiv. Schlaf ist eine »erinnerte« prototypische Reaktion auf frühen Schmerz. Bei einigen Menschen bedarf es völliger Unbewußtheit, um Bewußtsein von dem frühen Trauma zu verhindern. Zwanghafte Schläfer benutzen Schlaf auf die gleiche Weise, wie einige Selbstmörder Tod als Abwehr benutzen. Ja, das eine scheint eine Fortführung des anderen zu sein — totales Abblocken gegen Schmerz.
An anderer Stelle habe ich Experimente zitiert, die nachweisen, daß Patienten Unterhaltungen, die sie in anästhesiertem Zustand mit angehört hatten, später unter Hypnose wiedergeben konnten. Das bedeutet für mich, daß das Anästhetikum sie in Bewußtsein zweiter Ebene versetzt hat. Sie empfanden keinen Schmerz, weil die dritte Ebene die Bedeutung des körperlichen Geschehens nicht zu interpretieren vermochte.
Diese Experimente sind bedeutsam, weil sie zum Verständnis der Traumzustände und Bewußtseinsebenen beitragen, zeigen sie doch, daß es eine Bewußtseinsebene gibt, die für Reize empfänglich ist und diese Reize ohne Hilfe höherer Bewußtseinsebenen versteht. Auf dieser Ebene ist Urschmerz vorhanden, doch wird er nicht als solcher erlebt, da er mit anderen Bewußtseinsebenen nicht verknüpft ist — und erst die Verknüpfung macht ein vollständiges Gefühl schmerzhaft. Solange es nicht verknüpft ist, wird es unbewußt als schmerzhafte Empfindung registriert, wird aber nicht als totales Feeling erlebt.
Ich vermute, bei einer Betäubung tieferer Ebenen hätte die Patientin nicht verstanden, was der Arzt während der Operation sagte, aber das Einschneiden in die Haut wäre auch dann noch registriert worden. Die tiefergehende Betäubung hätte die Patientin in die erste Ebene versetzt, auf der es keinerlei geistiges Verstehen gibt, auf der ausschließlich körperliches Geschehen registriert wird. Diese mit Operationen verbundenen Versuche zeigen auch, daß unbewußte Erlebnisse bestehenbleiben und eine unbewußte Kraft ausüben.
Diese Erlebnisse wurden aber erst durch Hypnose wieder zum Vorschein gebracht. Wir in der Primärtherapie kennen diese Phänomene seit Jahren, denn eine Vielzahl von Patienten hat Aspekte früherer Operationen wiedererlebt. Mit Primals kann man die Bewußtseinsebenen bis ganz hinunter bewußt durchdringen. Aber Hypnose und chemische Anästhesie zeigen ebenfalls, daß es unterhalb der dritten Ebene Bewußtseinsebenen gibt, die Erlebnisse registrieren und höhere Bewußtseinsebenen beeinflussen. Zum Beispiel wenn einem Patienten unter Hypnose suggeriert wird, was er nachts träumen solle, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß er tatsächlich träumt, was ihm suggeriert wurde - und das spielt sich alles auf unbewußter Ebene ab. Das Material ist meistens symbolisch verkleidet, aber die Symbolik ist in der Regel leicht zu entschlüsseln und bezieht sich auf die Hypnosesuggestionen.
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Unter Hypnose kann ein Proband zu seiner zweiten Ebene gebracht werden, indem das Hier-und-Jetzt-Bewußtsein der dritten Ebene eingeschläfert wird, und so kann er Begebenheiten detailliert erinnern, die sich in seinem Klassenzimmer ereigneten, als er sechs Jahre alt war.
Aufgrund der Dysfunktion der dritten Ebene ist der Proband völlig in seiner Erinnerung und nimmt die gegenwärtige Umgebung nicht wahr, obwohl er mit dem Hypnotiseur spricht. Sowohl er als auch der Neurotiker können recht präsent erscheinen, präsent genug, um eine Unterhaltung mit einem anderen zu führen, und dennoch nahezu völlig unbewußt sein. Wir dürfen uns also nicht täuschen lassen; was wie »wache« Aktivität aussieht, kann das genaue Gegenteil sein. Auch hier wieder finden wir ein gutes Beispiel für die enge Beziehung zwischen der Unbewußtheit des Schlafs und der Unbewußtheit wacher Aktivität. Der hypnotisierte Proband operiert auf einer unteren Bewußtseinsebene und könnte sich ebensogut in einem Traum befinden.
Auch der Neurotiker operiert auf einer unverknüpften Bewußtseinsebene, nur daß es sich dabei auch um die dritte Ebene handeln kann; in einem solchen Falle wäre er reizabhängig und würde nur auf gegenwärtige Reize reagieren, ohne innere Reflexion. Der hypnotisierte Proband kann auf der zweiten und teilweise auf der dritten Ebene operieren, doch hat er keine getrennte Bewußtheit (auf der dritten Ebene) dessen, was er macht. Obwohl er auf der zweiten Ebene ist, kann er sein Verhalten nicht reflektieren, beurteilen, analysieren oder wirklich verstehen. Es gibt ohne Frage viele Neurotiker, die sich ebenfalls in dieser Situation befinden.
Wenn der Proband in eine tiefere Trance versetzt wird (indem ihm etwas Schlafähnliches suggeriert wird - »Sie werden entspannter, schläfriger« etc.), kann er zur ersten Ebene gebracht werden. Da gibt es dann keine Worte, keine bewußten Erinnerungen. Da kann der Patient: völlig starr gemacht werden, so daß er, nur die Füße und den Kopf aufgestützt, wie ein Brett zwischen zwei Stühle gelegt werden kann.
Der Hypnotiseur weiß von unterschiedlichen Bewußtseinsebenen, auch wenn er sie vielleicht nicht als solche bezeichnet. Der Hypnotiseur legt die dritte Ebene still, befaßt sich mehr oder weniger nur mit der zweiten Ebene und trichtert ihr Informationen ein; dann bringt er den Probanden zur dritten Ebene zurück, mit einem neuen unbewußten Erlebnis, das im posthypnotischen Zustand auf ein Signal hin agiert wird. Ich bezweifle, daß das mit vollends verknüpften Menschen möglich wäre. Hypnose ist ein hervorragendes Beispiel für Bewußtseinsspaltung und unbewußte Motivation.
Die therapeutischen Implikationen all dessen sollten inzwischen klar sein. Es gibt Bewußtseinsebenen, die unterhalb bewußter Wahrnehmung liegen und die im Wachen wie im Schlaf auf alles Verhalten eine Kraft ausüben. Schlechte Träume sind die Neurosen des Schlafs, und Alpträume sind temporäre Psychosen. In der Primärtherapie benutzen wir gelegentlich Träume, um den Patienten in seine Gefühle zurückzubringen.
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Ein Primal ist die Rückübersetzung eines Traumas in seine ursprüngliche Form. In der Therapie bringen wir den Patienten dazu, seinen Traum zu erzählen, als spiele er sich »jetzt« ab. Das hilft ihm, in das Gefühl des Traumes zu sinken und dann zu der frühen Verknüpfung mit dem Gefühl zu gelangen. Später wird in der Therapie auf Träume nicht mehr sonderlich eingegangen. Fortgeschrittene Patienten können träumen, im Schlaf in das Gefühl sinken, ein Primal haben und die Verknüpfung herstellen — und das alles auf der Schlafebene des Bewußtseins.
Einer der wichtigeren Aspekte der Primärtherapie ist der, daß der neue Patient, der unmittelbar vor Beginn der Therapie in eine Isolation versetzt wird, um so seine üblichen Abwehrmechanismen etwas zu schwächen, weit mehr Träume und Alpträume hat als je zuvor in seinem Leben — für uns ist das ein Hinweis darauf, daß seine Gefühle im Aufsteigen begriffen sind; darüber hinaus ist es ein weiterer Beweis für die Beziehung zwischen vergrabenen Gefühlen und Träumen. Wenn ein Patient aus irgendeinem Grund ein unvollständiges Primal hat (wenn er unterbrochen wird), können wir sichergehen, daß der überschüssige Schmerz später in der Nacht seinen Weg in den Traum finden wird. Auch hier wieder sehen wir, wie Träume überschüssigen Schmerz absorbieren und welche bedeutende Rolle sie spielen. Sie sind das symbolische »Einagieren«, das Gegenstück zum wachen symbolischen »Agieren« von Urschmerz.
Kurz gesagt, es sind Formen der Freisetzung, und wenn sie künstlich eingedämmt werden, etwa durch Drogen, dann wird es mit Sicherheit einen Rückstoß geben. Es ist kein Zufall, daß die gleichen Drogen, die REM-Schlaf verhindern, auch Anfälle verhindern — große Dosen Amphetamin erzeugen eine Überlastung und ein völliges Abblocken. Barbiturate blockieren die Schleusen ebenfalls und halten Schmerz zurück. Diese Drogen verschließen den Deckel über tieferer bewußter Aktivität; offensichtlich können das nur vorübergehende Lösungen sein, denen immer ein Rückstoß der Gefühle folgt — der Gefühle, die all die REM-Aktivität und die Gehirnaktivität erzeugen, die zu (psychogenen) Anfällen führen. Es kommt zu diesen Aktivitäten aufgrund der Divergenz zwischen Gefühl und Symbol. Je weiter sie auseinandergehen (Gefühl erster Ebene, Symbol dritter Ebene), um so mehr symbolischer Gehirnaktivität bedarf es.
Interessant ist, daß einige Kandidaten für die Therapie in ihren vorher eingereichten Lebensberichten angaben, daß sie nach bestimmten Tranquilizern wie Valium oder Librax zu schweren Träumen neigen. Das kommt meiner Meinung nach dadurch zustande, daß diese Drogen limbische Aktivität hemmen, und da es offenbar eine Funktion des Limbischen Systems ist, Schmerz erster Ebene zurückzuhalten, steigen dann Traumata erster Ebene auf, die in Träumen symbolisiert werden — Erstickung, Strangulierung etc.
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Es gibt Menschen, die behaupten, sie träumten nicht. Alle Forschungsergebnisse sprechen dafür, daß wir alle träumen, ob wir uns dessen bewußt sind oder nicht. Menschen, die sich überhaupt keiner Traumtätigkeit erinnern, sind normalerweise sogar von den Symbolisierungen ihrer Gefühle abgeschirmt — die Spaltung ist in solchen Fällen sichtlich vollkommen. Diese Menschen haben offenbar keinerlei Zugang, nicht; einmal zur zweiten Ebene. Diese stark verdrängenden Menschen sind unserer Erfahrung nach besonders schwierige Patienten. Bei ihnen nehmen wir andere Techniken zu Hilfe, um sie zu ihren Gefühlen zu bringen — Methoden erster Ebene, bei denen wir zum Beispiel Gerüche, Musik oder Photographien, die an frühe Erlebnisse erinnern, hinzuziehen.
Wir sollten nicht vergessen, daß Symbole Derivate von Gefühlen sind, und deshalb sind sie angemessen, sobald wir das Gefühl finden. Das trifft auf Wach- und Schlaftätigkeit gleichermaßen zu. Psychische Krankheit ist unangemessene Symbolisierung. In der Primärtherapie geht es darum, das Symbol dem Schmerz durch Feeling anzupassen, so daß der Mensch real wird. Ein Primal verknüpft ein Symbol der zweiten Ebene mit einem Schmerz der zweiten Ebene oder ein Symbol der ersten Ebene mit einem Schmerz der ersten Ebene. Der springende Punkt ist die Verknüpfung.
Ist der eigentliche Schmerz einmal gefühlt, wird das Symbol überflüssig, und dann können wir der Realität offenen Auges gegenübertreten. Deshalb haben Patienten mit fortschreitender Therapie immer weniger symbolische Träume; und diese Reduzierung der Symbolisierung ist ein guter Index für den therapeutischen Fortschritt, weil sie anzeigt, daß der Betreffende fühlt und Verknüpfungen herstellt und deshalb weniger neurotisch symbolisiert. Das gilt für Schlaf- und Wachzustände gleichermaßen. Reduzierte Symbolisierung ist ein totaler, organischer Zustand und nichts, was sich allein auf den Schlaf beschränkt; deshalb machen nicht-symbolische Träume eine Aussage sowohl über das Wach- als auch über das Schlafverhalten eines Menschen. Fortgeschrittene Patienten mit Zugang zur ersten Ebene haben weder Alpträume noch jähe Wutausbrüche oder andere irrationale Verhaltensweisen im Wachzustand. Bei ihnen ist alles aus einem Guß.
Die Integration alter Gefühle (was soviel besagt wie wechselseitige Verknüpfung auf allen Ebenen) bedeutet nicht nur eine Reduzierung der Symbolisierungen, sondern diese reduzierten Symbolisierungen bedeuten ihrerseits ein längeres Leben, weil weniger Schmerz vorhanden ist, der das System permanent aktiviert und innerviert. Es steht außer Frage, daß fortgeschrittene Primärpatienten eine generell niedrigere Hirnstromfrequenz und -amplitude aufweisen.
Meiner Meinung nach ist das ein Resultat der Integration von Gefühlen; in dem Maße wie der Mensch dem Gefühl angemessene Symbole oder Gedanken zuordnet, verringert sich die allgemeine Hirnstromaktivität, die diese Gefühle maskieren und verdrängen muß. Kurz gesagt, müßte zwischen Traumsymbolik und der zerebralen Aktivität, die sich auf einem Elektroenzephalographen zeigt, eine Korrelation bestehen.
Darauf werden wir später noch ausführlicher eingehen.
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