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9. Die Kernwaffen

  10 Zusammenfassung 

106-109

Wenn man die Bedrohung der Menschheit durch die Kernwaffen mit den Auswirkungen vergleicht, die von den anderen sieben Todsünden auf sie ausgeübt werden, kann man sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß sie unter den acht die am leichtesten zu vermeidende ist. 

Gewiß kann ein Narr, ein nicht diagnostizierter Psychopath an den Auslöseknopf gelangen, gewiß kann ein einfacher Unfall von der gegnerischen Seite als Angriff mißverstanden und damit das Unheil entfesselt werden.

Immerhin aber ist völlig und unwiderruflich klar, was man gegen »die Bombe« zu machen hat: Man braucht sie nur nicht herzustellen oder nicht abzuwerfen. Bei der unglaublichen kollektiven Dummheit der Menschheit ist dies schwer genug zu erreichen. 

Den anderen Gefahren gegenüber aber wissen nicht einmal diejenigen, die sie klar sehen, was man dagegen unternehmen soll. Bezüglich des Nichtgeworfen­werdens der Atombombe bin ich optimistischer, als ich in bezug auf die anderen sieben Todsünden der Menschheit bin.

Der größte Schaden, den die Bedrohung durch die Kernwaffen der Menschheit heute schon und auch im günstigsten Falle zufügt, besteht darin, daß sie eine allgemeine »Welt­untergangs­stimmung« erzeugt.  

Die Erscheinungen eines unverant­wortlichen und infantilistischen Strebens nach sofortiger Befriedigung primitiver Wünsche und einer entsprech­enden Unfähigkeit, sich für etwas verantwortlich zu fühlen, was in der ferneren Zukunft liegt, hängt ganz sicher damit zusammen, daß unterbewußt allen Entscheid­ungen die bange Frage zugrunde liegt, wie lange die Welt noch steht.

 

  

10. Zusammenfassung 

107/108

Es wurden acht - von einander unterscheidbare, wenn auch in engem ursächlichem Zusammenhang miteinander stehende - Vorgänge besprochen, die nicht nur unsere heutige Kultur, sondern die Menschheit als Spezies mit dem Untergang bedrohen. Diese Vorgänge sind:

 

  1. Die Übervölkerung der Erde, die jeden von uns durch das Überangebot an sozialen Kontakten dazu zwingt, sich dagegen in einer grundsätzlich »un-menschlichen« Weise abzuschirmen, und die außerdem durch die Zusammen­pferchung vieler Individuen auf engem Raum unmittelbar aggressions­auslösend wirkt.

  2. Die Verwüstung des natürlichen Lebensraumes, die nicht nur die äußere Umwelt zerstört, in der wir leben, sondern auch im Menschen selbst alle Ehrfurcht vor der Schönheit und Größe einer über ihm stehenden Schöpfung.

  3. Der Wettlauf der Menschheit mit sich selbst, der die Entwicklung der Technologie zu unserem Verderben immer rascher vorantreibt, die Menschen blind für alle wahren Werte macht und ihnen die Zeit nimmt, der wahrhaft menschlichen Tätigkeit der Reflexion zu obliegen.

  4. Der Schwund aller starken Gefühle und Affekte durch Verweichlichung. Fortschreiten von Technologie und Pharmakologie fördern eine zunehmende Intoleranz gegen alles im geringsten Unlust Erregende. Damit schwindet die Fähigkeit der Menschen, jene Freude zu erleben, die nur durch herbe Anstrengung beim Überwinden von Hindernissen gewonnen werden kann. Der naturgewollte Wogengang der Kontraste von Leid und Freude verebbt in unmerklichen Oszillationen namenloser Langeweile. 

  5. Der genetische Verfall. Innerhalb der modernen Zivilisation gibt es – außer den »natürlichen Rechtsgefühlen« und manchen überlieferten Rechtstraditionen – keine Faktoren, die einen Selektionsdruck auf die Entwicklung und Aufrechterhaltung sozialer Verhaltens­normen ausüben, wiewohl diese mit dem Anwachsen der Sozietät immer nötiger werden. Es ist nicht auszuschließen, daß viele Infantilismen, die große Anteile der heutigen »rebellierenden« Jugend zu sozialen Parasiten machen, möglicherweise genetisch bedingt sind.

  6. Das Abreißen der Tradition. Es wird dadurch bewirkt, daß ein kritischer Punkt erreicht ist, an dem es der jüngeren Generation nicht mehr gelingt, sich mit der älteren kulturell zu verständigen, geschweige denn zu identifizieren. Sie behandelt diese daher wie eine fremde ethnische Gruppe und begegnet ihr mit nationalem Haß. Die Gründe für diese Ident­ifikations-Störung liegen vor allem in mangelndem Kontakt zwischen Eltern und Kindern, was schon im Säuglingsalter pathologische Folgen zeitigt.

  7. Die Zunahme der Indoktrinierbarkeit der Menschheit. Die Vermehrung der Zahl der in einer einzigen Kulturgruppe vereinigten Menschen führt im Verein mit der Vervollkommnung technischer Mittel zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung zu einer Uniformierung der Anschauungen, wie sie zu keinem Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte bestanden hat. Dazu kommt, daß die suggestive Wirkung einer fest geglaubten Doktrin mit der Zahl ihrer Anhänger wächst, vielleicht sogar in geometrischer Proportion. Schon heute wird mancherorts ein Individuum, das sich der Wirkung der Massenmedien, z.B. des Fernsehens, bewußt entzieht, als pathologisch betrachtet. Die ent-individualisierenden Effekte sind allen jenen willkommen, die große Menschen­massen manipulieren wollen. Meinungs­forschung, Werbetechnik und geschickt gesteuerte Mode helfen den Groß­produzenten diesseits und den Funktionären jenseits des Eisernen Vorhanges zu gleichartiger Macht über die Massen.

  8. Die Aufrüstung der Menschheit mit Kernwaffen beschwört Gefahren für die Menschheit herauf, die leichter zu vermeiden sind als jene, die den vorher besprochenen sieben Vorgängen entspringen.

 

Den im ersten bis siebenten Abschnitt besprochenen Vorgängen der Dehumanisierung leistet die pseudo­demokratische Doktrin Vorschub, welche besagt, daß das soziale und moralische Verhalten des Menschen überhaupt nicht durch die stammes­geschichtlich evolvierte Organisation seines Nervensystems und seiner Sinnesorgane bestimmt, sondern ausschließlich durch die <Konditionierung> beeinflußt wird, der er im Laufe seiner Ontogenese durch seine jeweilige kulturelle Umwelt unterliegt.

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Ende

 

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