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  12  Was wir lernen können 

 

 

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Ein Rabbi spricht am Ende eines Gedenkgottesdienstes oft die Worte: »Sein Andenken gereiche uns zum Segen.« Ich habe in Kirchen darauf geachtet, ob diese Formel auch in der christlichen Liturgie bekannt ist, aber das ist offenbar nicht der Fall. Dabei verdiente dieser schlichte Wunsch nicht nur in Gottes­häusern Beachtung.

Was Bob DeMatteis das Sterben leichter gemacht hat, war die Hoffnung, daß sein Leben seinen Angehörigen etwas bedeutet hatte und er deshalb in ihrer Erinnerung weiterleben würde. Bob gehörte zu den Menschen, die sich stets bewußt sind, daß ihr Leben nicht nur endlich, sondern immer auch von einem plötzlichen Tod bedroht ist. Von daher rührte seine furchtbare Angst vor allem, was mit Ärzten zu tun hatte, aber auch die Gelassenheit, mit der er seiner letzten Krankheit begegnete.

Ein Sterben in Würde ist am ehesten dann möglich, wenn ihm ein würdevolles Leben vorangegangen ist. Diese Hoffnung, die beständigste von allen, steht allen Menschen offen. Sie liegt im Sinn, den wir unserem Leben bisher gegeben haben.

Andere Hoffnungen liegen näher, sind aber oft unerfüllbar. Ich habe meinen todkranken Patienten stets versichert, ich würde alles in meiner Macht Stehende tun, um ihnen einen leichten Tod zu ermöglichen, doch habe ich diese Hoffnung trotz aller Bemühungen oft zerbrechen sehen. Selbst in den Hospizen, die sich um Trost und humanes Sterben bemühen, ist sie nicht immer erfüllbar. 

Wie zahlreiche Kollegen habe ich mehr als einmal entgegen aller Absicht Patienten das Sterben erschwert, weil ich Hoffnungen geweckt hatte, wo keine mehr waren.

Man kann Todgeweihten immerhin versprechen, daß man sie im Sterben nicht allein läßt. Besonders trostlos und einsam ist das Sterben, wenn dem Kranken vorenthalten wird, daß der Tod gewiß ist. So kann die Absicht, einem Todkranken die Hoffnung nicht nehmen zu wollen, ihn einer wertvollen Hoffnung berauben. 

Solange wir nicht wissen, daß wir sterben, und die Umstände unseres bevorstehenden Todes nicht möglichst genau kennen, können wir von unseren Lieben nicht Abschied nehmen. Dann bleiben wir, auch wenn sie in der Stunde des Todes anwesend sind, einsam und ohne Trost. Erst das Versprechen geistigen Beistands am Ende gibt uns eine Hoffnung, die viel stärker ist als der Trost physischer Hilfe.

Der Sterbende selbst ist dafür verantwortlich, daß er seine Angehörigen nicht aus falscher Rücksichtnahme schont. Die aus solcher Rücksicht folgende Einsamkeit habe ich oft erlebt, und ich habe sogar zu ihr beigetragen, bevor ich es besser wußte.

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Als meine Großmutter nicht mehr in der Lage war, unseren Haushalt zu führen und meinen Bruder und mich zu erziehen, übernahm schrittweise unsere Tante Rose die Mutterrolle. Rose arbeitete als Näherin in einer Kleiderfabrik in der 37th Street. Sie verließ täglich frühmorgens das Haus und kehrte erst zehn Stunden später wieder zurück. Dann putzte sie und bereitete das aufwendige Abendessen vor, das wir als Familie jüdischer Emigranten gewohnt waren.

Seitdem wir in der Morris Avenue 2314 gewohnt haben, ist sehr viel Zeit vergangen, aber die Erinnerung an unsere Donnerstagabende ist trotzdem immer noch sehr lebendig: Als Vorbereitung auf den Sabbat schrubbte und putzte Tante Rose jeden Winkel der Wohnung, bis sie gegen Mitternacht völlig erschöpft ins Bett sank. Am nächsten Morgen war sie um sechs Uhr wieder auf den Beinen und ging zur Arbeit.

Rose hatte eine barsche, aber aufrichtige Art. Auf jeden Zornesausbruch folgte so sicher wie der Sonnen­schein auf Regen ein Zwinkern ihrer Augen, die wie alle Augen unserer Familie tiefblau waren. Sie ließ sich mit einer Umarmung immer besänftigen, und als wir älter wurden, stellte sich ihre scheinbar unnach­giebige Strenge als reinste Liebe heraus. Obwohl wir sie ständig neckten und ärgerten, fürchteten wir uns doch, wenn sie einmal richtig böse wurde. Wenn ich etwas ausgefressen hatte, konnte sie in farbigstem Jiddisch mein gesamtes Weltbild und meinen Charakter verfluchen. Tante Rose war mein Über-Ich aus dem jüdischen Schtetl. Harvey und ich verehrten sie.

Rose war Anfang Siebzig und ich im zweiten Jahr meiner Assistenzzeit als Chirurg, als sie am ganzen Körper an Juckreiz zu leiden begann. Nach einiger Zeit schwoll in ihrer Achselhöhle ein Lymphknoten an. Wie sich bei einer Gewebsentnahme herausstellte, litt sie an einem bösartigen Lymphom. Der behandelnde Arzt, ein umgänglicher und kompetenter Hämatologe, erzielte bei einer Behandlung mit Chlorambucil, das in der Anfangszeit der Chemo­therapie eingesetzt wurde, ein sehr gutes Ergebnis.

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Die Krankheit brach allerdings einige Monate später erneut aus, und Rose wurde zusehends schwächer. Harvey, ich und unsere Cousine Arline verständigten uns darauf, daß wir den behandelnden Hämatologen überreden würden, Rose von der Diagnose nichts zu sagen.

Ohne es zu merken, begingen wir einen der schlimmsten Fehler, den eine Familie in dieser Situation machen kann. Wir alle, und dazu gehörte auch Rose, beschlossen gegen alle Prinzipien der Offenheit, daß wir einander die bittere Wahrheit lieber verschweigen wollten, statt uns aufrichtig gegenüberzutreten, uns gegenseitig zu trösten und uns die Chance zu geben, das Schicksal mit Würde zu tragen. 

Diese Hoffnung haben wir uns selbst genommen.

Obwohl Rose wußte, daß sie an Krebs sterben würde, machten weder sie noch wir einen Versuch, offen über ihre Krankheit zu reden. Wir glaubten, wir könnten ihr die Wahrheit nicht zumuten, und sie war überzeugt, daß wir die Wirklichkeit nicht ertragen würden. So machten wir uns gegenseitig etwas vor. Und dabei spürten wir, daß Rose es wußte, und auch sie wird gewußt haben, daß wir es wußten. 

Auf diese Weise machen sich Krebskranke und ihre Angehörigen in den letzten Tagen das Leben so oft noch schwerer. Wir wußten, daß Rose es wußte, Rose wußte, daß wir es wußten, und doch verloren wir kein Wort darüber, wenn wir zusammen waren. Und wir spielten dieses Spiel bis zum bitteren Ende. So brachten wir uns alle um eine letzte Aussprache, bei der wir Tante Rose hätten sagen können, was sie uns bedeutet hatte. 

In diesem Sinn starb meine Tante einsam und allein, obwohl wir alle am Sterbebett standen. 

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Die schreckliche Einsamkeit, die ein Mensch erfährt, wenn andere ihm die Wahrheit vorenthalten, ist das Thema von Tolstois Novelle <Der Tod des Iwan Iljitsch>. Besonders klinische Ärzte kann diese Erzählung durch ihren geradezu unheimlichen Realismus beeindrucken und ihre Moralität, die einer Intuition entsprungen ist, die tiefer als jede reale Erfahrung reicht. Wie sonst hätte der Dichter die Schrecken eines solchen Sterbens nachempfinden können? 

Sein Held Iwan Iljitsch lebte »beständig mit einer bevölkerten Stadt und umgeben von seinen zahlreichen Bekannten und seiner Familie [in] einer Einsamkeit, wie sie vollkommener nicht zu finden war: weder auf dem Grunde des Meeres, noch im Schoße der Erde ...« 

Iwan konnte die furchtbare Gewißheit seines Todes mit niemandem teilen und mußte »völlig einsam so am Rande des Verderbens leben, ohne einen einzigen Menschen, der ihn begreifen wollte oder bemitleidet hätte«.

Daß er ohne den Beistand von Angehörigen oder Freunden starb, mag der Grund dafür gewesen sein, warum er sich zumindest ein wenig nach dem Mitleid sehnte, das die meisten Menschen in Iwans Lage als unwürdig empfinden würden. Seine Frau verschwieg ihm aus dem schäbigen Motiv, sich nicht mit den Gefühlen eines Sterbenden belasten zu wollen, den wahren Ernst der Lage. 

Es macht freilich kaum einen Unterschied, ob einem Kranken aus Gleichgültigkeit oder falsch verstandener Rücksicht die Wahrheit vorenthalten wird. Die Folgen der Täuschung trägt er allein. 

Iwans Frau entschied in einem Akt gemeiner Anmaßung, das Sterben ihres Mannes sei ohne ein offenes Gespräch für sie beide leichter. Hinter der egoist­ischen Entscheidung stand die Unfähigkeit, in diesem langsamen Tod etwas anderes zu sehen als häusliche Unannehmlichkeiten und eine Belastung ihres Zusammen­lebens. 

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In dieser Atmosphäre fand Iwan Iljitsch nicht die Kraft, eine offene Aussprache zu erzwingen:

"Das, was Iwan Iljitsch am meisten quälte, war die Lüge — jene aus irgendeinem Grunde von allen verbreitete Lüge, daß er nur krank sei und keineswegs auf den Tod daniederläge und daß er sich nur ruhig verhalten und sich kurieren lassen müsse, damit etwas sehr Schönes dabei herauskomme. Denn er wußte ja: was immer auch getan wurde, es konnte nichts dabei herauskommen, außer noch qualvolleren Leiden und dem Tod: Und ihn quälte diese Lüge, es quälte ihn, daß jene nicht eingestehen wollten, was alle wußten und was auch er selber wußte, sondern daß es ihr Wille war, ihn angesichts seiner entsetzlichen Lage zu belügen, und daß sie nicht nur wünschten, er solle selber an dieser Lüge teilnehmen, sondern daß sie ihn sogar dazu zwangen. 

Lüge, Lüge — diese noch am Vorabend seines Verscheidens sich über ihn ergießende Lüge, die die furchtbare und feierliche Tatsache seines Todes auf eine Stufe herabdrücken mußte, wie sie durch alle jene Besuche, jene mit Gardinen geschmückten Zimmer und jene beim Diner servierten Störe gekennzeichnet wurde ... dies war für Iwan Iljitsch das Allerqualvollste. Wie sonderbar, schon häufig war er, wenn sie ihn auf diese Art zum besten hielten, um ein Haar drauf und dran gewesen, ihnen zuzuschreien: »Hört auf zu lügen! Ihr wißt es, und ich weiß es ebensogut, daß ich sterben muß, so hört doch wenigstens zu lügen auf!« Und dennoch hatte er sich nie getraut, es zu tun."

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Heutzutage trägt noch etwas anderes zur schrecklichen Einsamkeit der Sterbenden bei. Ich kann es nicht anders nennen als ein sinnloses Herumdoktern an Menschen, deren Leben nicht mehr zu retten ist. Eine Behandlung auch bei minimalen Erfolgsaussichten fortzusetzen gilt manchem Arzt als Heldentat, doch nur zu oft erweist er dem Patienten damit einen schlechten Dienst. So bleibt die ärztliche Objektivität manchmal auf der Strecke, wenn sich zwischen den Interessen des Arztes und denen von Patient und Angehörigen eine Kluft auftut. 

Nach der medizinischen Ethik des Hippokrates muß der Arzt das Wohl des ratsuchenden Patienten über alles stellen. Obwohl in der heutigen Zeit die Bedürf­nisse der Gesellschaft mit dem Urteil des Arztes, was für einen bestimmten Patienten das Beste ist, in Konflikt geraten können, steht das Ziel der Medizin unverrückbar fest: Sie will Krankheiten heilen und Leiden lindern. Medizinstudenten lernen früh, daß der Vorgang des Heilens oft mit zusätzlichen Leiden verbunden ist, und es gibt nur wenige Menschen, die nicht verstehen, daß dies notwendig sein kann. Vor allem gilt das für die Behandlung der etwa achtzig verschiedenen Arten von Krebs. Hier führt die Kombination von chirurgischen Eingriffen, Bestrahlungen und Chemotherapie beim Patienten gewöhnlich zu einer vorübergehenden Schwächung und anderen Beschwerden oder sogar zu ernsthaften Komplikationen. Trotzdem dürfen Menschen, bei denen eine grundsätzlich heilbare Krebserkrankung diagnostiziert wird, den Kampf solange nicht aufgeben, als noch vernünftige Aussichten auf eine Heilung oder zumindest Linderung des Leidens bestehen. Weniger zu tun wäre nicht Stoizismus, sondern Torheit. 

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In der konkreten Situation ist es dann aber jedesmal eine Ermessensfrage, ob die Heilungschancen eine Behandlung noch rechtfertigen. Hier können die Ziele des Arztes von den Interessen des Patienten abweichen. Auch wenn autobiographische Details überhandzunehmen drohen, möchte ich dies mit meinem eigenen Werde­gang als Arzt veranschaulichen. Er ist ein Beispiel dafür, wie aus einem jungen Medizin­studenten mit hohen ethischen Ansprüchen ein nüchtern urteilender Arzt wurde, der Krankheit vornehmlich als medizin­isches Problem begreift.

 

Bereits vor meinem zehnten Lebensjahr erlebte ich, welche Hoffnungen (ich wähle das Wort absichtlich) sich in einer Familie an einen Arzt knüpfen können. Schon Jahre bevor es mit meiner krebskranken Mutter rapide bergab ging, spitzte sich die Lage immer wieder dramatisch zu. Allein das Wissen, daß einer von uns vom Telefon des Drugstores aus den Hausarzt angerufen hatte, veränderte die Atmosphäre in unserer kleinen Wohnung vollständig. Angst und Hilflosigkeit wichen dem sicheren Gefühl, daß Hilfe unterwegs war. Wenn der Arzt, der Kompetenz ausstrahlte, uns alle mit Namen kannte und wußte, daß wir vor allem seinen seelischen Beistand brauchten, lächelnd über die Schwelle trat, waren wir gleich viel ruhiger. Ich war davon so beeindruckt, daß ich beschloß, auch Arzt zu werden. Ich wollte praktischer Arzt in der Bronx werden. 

Das erste Studienjahr war der Funktion des menschlichen Körpers, das zweite seinen Krankheiten gewidmet. Im dritten und vierten Jahr lernte ich Kranken­geschichten interpretieren und die chemisch-physikalischen Veränderungen im Organismus suchen, jene offenen und verdeckten Befunde, die der Pathologe Giovanni Morgagni im achtzehnten Jahrhundert als die »Schreie der leidenden Organe« bezeichnet hatte. Ich lernte, meinen Patienten die richtigen Fragen zu stellen und die Antworten richtig zu deuten.

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Ich lernte, Körperöffnungen zu untersuchen, Röntgenbilder zu begutachten und Blut und Ausscheidungen zu analysieren. Mit der Zeit wußte ich, bei welchen Symptomen welche Untersuchungen durchgeführt werden mußten, um den krankhaften Veränderungen des Organismus auf die Spur zu kommen. Was ich gelernt hatte, war Pathophysiologie. Anhand einer Fülle von Mustern lernt der Arzt verstehen, warum gesunde Körperfunktionen aus dem Gleichgewicht geraten. Wer mit ihnen umzugehen versteht, beherrscht die Kunst der Diagnostik, ohne die Behandlung und Heilung nicht möglich sind. 

Jeder Arzt, der sich mit einer Krankheit befaßt, muß eine Diagnose stellen und eine Therapie finden, mit der er sie in den Griff bekommt. Das medizinische Problem von Diagnose und Therapie ist gleichsam das Rätsel, um dessen Lösung es in der Medizin geht. Das Rätsel ist freilich zum Selbstzweck geworden, zu einer Triebfeder, die den medizinischen Forschungsbetrieb am Laufen hält. Die Lösung solcher Rätsel ist der wichtigste Baustein im Selbstverständnis der Mediziner, der Erfolg bei der Lösung ist der Prüfstein ärztlicher Kompetenz.

Am Ende meines Studiums stand ich in Diagnostik und Therapie vor ganz neuen Herausforderungen. Jetzt ging es darum, den Krankheitsprozeß so genau zu verstehen, daß er mit der richtigen Kombination aus chirurgischen, medikamentösen und anderen Heilverfahren wirksam bekämpft werden konnte. In den sechs Jahren meiner Assistenzzeit vertiefte ich mich schließlich in die einzelnen Aspekte des Rätsels, das schließlich zu einer mein Leben ausfüllenden Leidenschaft wurde. Ich war in jeder Beziehung der Nachfolger meiner Lehrer. 

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Inzwischen hatte ich den Gedanken aufgegeben, mich als praktischer Arzt in der Bronx oder anderswo niederzulassen. Ich vergaß zwar nie meinen einstigen Wunsch, nach dem Vorbild unseres Hausarztes dem kranken Menschen unmittelbar zu dienen, doch beeindruckte mich dieser Aspekt der Medizin nicht mehr am stärksten. Ich war vom Rätsel der Medizin fasziniert, und je besser ein Mediziner es zu lösen vermochte, desto mehr bewunderte ich ihn.

Wie wohl die meisten Ärzte habe ich während meines gesamten Berufslebens versucht, einem Bild gerecht zu werden, das unser Hausarzt in der Bronx einst verkörperte. Aber noch viel stärker wirkte etwas anderes: der Ehrgeiz, das eigene Können ständig zu verbessern. Dieser Ehrgeiz treibt den Arzt an, wenn er verbissen an der Diagnose arbeitet und nach der richtigen Therapie sucht. Diesem Ehrgeiz verdankt die klinische Medizin letztlich die gewaltigen Fortschritte, die sie im zwanzigsten Jahrhundert gemacht hat. Doch er gilt nicht in erster Linie dem Wohl des kranken Menschen, sondern dem Rätsel seiner Krankheit.

Ärzte bemühen sich, mit den Patienten so einfühlsam wie nötig umzugehen und ihnen bei ihren Entscheidungen eine Orientierung zu geben. Doch mit diesem Anspruch allein kann ein Arzt seine Fachkompetenz nicht aufrechterhalten, geschweige denn seine Fähigkeiten erweitern. Erst die Faszination durch medizinische Rätsel spornt fähige und engagierte Ärzte bei der Arbeit an. Eine der wichtigsten Lehren des Hippokrates lautet: »Wo Liebe zu den Menschen ist, ist auch Liebe zur Heilkunst.« 

Dieser Satz hat bis heute nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt. Wäre es anders, könnten Ärzte und Pfleger den Umgang mit Kranken und Siechen nicht ertragen. Doch verdankt die Medizin ihre Sternstunden weniger dem Herzen als vielmehr dem Verstand — hier ist die Leidenschaft des Arztes am stärksten. 

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Als Ärzte müssen wir uns deshalb immer wieder klarmachen, daß hinter dem medizinischen Problem, das wir zu lösen versuchen, das Schicksal eines Menschen steht. Und als Patienten müssen wir begreifen, daß der Arzt ein anderes Interesse haben kann als wir selbst, wenn wir am Ende unseres Lebens stehen.

Jeder Facharzt wird zugeben, daß er Patienten schon zu diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen geraten hat, die angesichts des Stadiums der Krankheit nicht gerechtfertigt waren. Doch in einer solchen Situation bleibt das medizinische Problem besser ungelöst. Wenn ein Arzt, der einen Todkranken behandelt, sich selbst prüft, wird er oft feststellen, daß seine Entscheidungen von der eigenen Unfähigkeit diktiert sind, ein medizinisches Problem auf sich beruhen zu lassen, solange noch vage Aussichten auf eine Lösung bestehen. Zu verlockend ist der Erfolg, zu schmerzlich die Niederlage, wenn das Ziel nicht erreicht worden ist. Patienten haben Ehrfurcht vor dem Arzt und vertrauen ihm. Die seelische Bindung, die hierbei entsteht, ist in der Psychoanalyse als »Übertragung« bekannt. Unbewußt möchte der Patient dem Arzt gefallen oder ihn zumindest nicht verärgern. Manche Patienten überlassen sich ihm blindlings, und sie können sich überhaupt nicht vorstellen, daß auch der Facharzt im Krankenhaus Momente der Unsicherheit kennt. Je mehr High-Tech er bei der Diagnose und Behandlung einsetzt, desto überzeugender wirkt er auf sie.

Aber Todkranke haben oft gewichtige Gründe, sich eine weitere medizinische Behandlung zu ersparen, wenn die Erfolgsaussichten nur noch verschwindend gering sind. Neben philosophischen, religiösen oder pragmatischen Erwägungen kann dabei auch die einfache Überzeugung im Vordergrund stehen, das Leben, das man hinzugewinnen kann, lohne die Leiden des Eingriffs nicht mehr. 

Eine erfahrene Krankenschwester aus der Onkologie sagte mir einmal: »Bei einigen Leuten rechtfertigt nicht einmal die Gewißheit, daß sie nach Wochen der Qual am anderen Ende des Tunnels herauskommen, den körperlichen und seelischen Preis, den sie dafür bezahlen müssen.«

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Während ich diese Zeilen schreibe, liegen neben mir die Krankenunterlagen von Miss Hazel Welch, einer zweiundneunzig Jahre alten Dame, die geistig noch sehr rege war, wegen starker Arthritis und Arteriosklerose in den Beinen aber nicht mehr ohne Hilfe gehen konnte. Sie lebte auf der Pflegestation eines großen Altenheims ungefähr acht Kilometer vom Yale New Haven Hospital entfernt. Als ich sie wegen einer akuten Erkrankung behandelte, wurde außerdem erwogen, ihr eine gangränöse Zehe am linken Fuß zu amputieren. Sie erhielt Medikamente gegen Entzündungen und erholte sich von den Folgen einer chronischen Leukämie. Wie Thomas Jefferson es beschrieben hat, versagte »hier ein Zapfen, dort ein Rädchen, hier ein Ritzel, dort eine Feder den Dienst«. Im Grunde macht es keinen Sinn mehr, einen solchen Organismus daran hindern zu wollen, die Funktion für immer einzustellen.

Am Nachmittag des 23. Februar 1978 brach Miss Welch bewußtlos neben einer Altenpflegerin zusammen. Eine Ambulanz fuhr sie ins Yale New Haven Hospital. Dort konnte kein meßbarer Blutdruck mehr festgestellt werden; alle körperlichen Symptome deuteten auf eine schwere Bauchfellentzündung hin. Nach einer intravenösen Infusion war ihr Zustand wieder so stabil, daß sie geröntgt werden konnte. Wie sich herausstellte, war ihre Bauchhöhle mit einer großen Menge Luft angefüllt. Die Diagnose war klar: ein Durchbruch im Verdauungstrakt, aller Wahrscheinlichkeit an einem Geschwür am Zwölffinger­darm unmittelbar unter dem Magen. 

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Miss Welch, die inzwischen wieder voll bei Bewußtsein war, mußte schleunigst operiert werden, aber sie lehnte den Eingriff ab. Sie erklärte mir in ihrem ausgeprägten Yankee-Englisch, sie habe lange genug gelebt. Sie habe niemanden mehr, für den sich ein Weiterleben lohne. Den Unterlagen zufolge war ihr nächster Angehöriger ihr Treuhänder bei der Connecticut National Bank. 

Als gesunder Mensch mit Familie und Freunden hatte ich Schwierigkeiten, die Entscheidung der alten Frau auf der fahrbaren Trage zu begreifen. Ich versuchte ihr verzweifelt deutlich zu machen, daß sie bei ihrem wachen Verstand und nach der erfolgreichen Leukämiebehandlung vielleicht noch mehrere Jahre vor sich habe. Aufgrund der Arteriosklerose in ihren Beinen und ihrer Bauchfellentzündung stünden die Chancen für eine Erholung nach dem Eingriff zwar nur eins zu drei, aber dies sei doch allemal besser als der sichere Tod, der ihr ohne die Operation drohe. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß sich ein Mensch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte dieser Argumentation verschließen würde. Aber Miss Welch blieb fest. Ich ließ sie zum Nachdenken allein, während ihre Chancen sich von Minute zu Minute verringerten.

Eine Viertelstunde später ging ich wieder zu ihr. Meine Patientin hatte sich im Bett aufgerichtet und sah mich wie einen ungezogenen Jungen streng an. Sie ergriff meine Hand, sah mir tief in die Augen und sagte einen spannungsgeladenen Augenblick nichts. Dann sagte sie: »Ich werde es tun, aber nur, weil ich Ihnen vertraue.« Plötzlich war ich mir meiner Sache nicht mehr so sicher. 

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Nach dem Öffnen der Bauchhöhle stellte ich fest, daß der Eingriff am Zwölffingerdarm wesentlich problematischer war, als ich gedacht hatte. Der Magen war wie durch eine Explosion vom Darmtrakt fast völlig abgetrennt. In der Bauchhöhle schwammen die scharfen Magensäfte und Brocken des Mittagessens, das meine Patientin einige Minuten vor ihrem Zusammenbruch zu sich genommen hatte. Ich tat, was notwendig war, schloß die Operationswunde und ließ Miss Welch in narkotisiertem Zustand auf die Intensivstation der Chirurgie bringen. Da sie sehr unregelmäßig atmete, blieb die Sonde des Anästhesisten noch Tage nach dem Eingriff in ihrer Luftröhre.

Eine Woche später war Miss Welch auf dem Weg der Besserung, auch wenn sie noch nicht so recht begriff, was um sie herum vorging. Als sie wieder ganz bei Bewußtsein war, dauerte es noch zwei Tage, bis ihr die Atemsonde aus der Luftröhre gezogen werden konnte. Bei meinen täglichen Visiten starrte sie mich die ganze Zeit böse an. Kaum konnte sie wieder sprechen, machte sie mir heftige Vorwürfe. Ich hätte sie mit schmutzigen Tricks gegen ihren Willen am Leben erhalten. Angesichts ihrer momentanen guten Verfassung war ich überzeugt, genau das Richtige getan zu haben.

Sie aber war ganz anderer Meinung: Ich hätte sie belogen und betrogen und ihr nicht gesagt, was sie nach der Operation auf der Intensivstation würde durchmachen müssen. Sie habe Qualen durchlitten und vertraue mir nicht mehr. Tatsächlich hatte ich die möglichen Komplikationen nach dem Eingriff etwas heruntergespielt, denn mir war klar gewesen, daß sie dem Eingriff sonst nicht zustimmen würde. Miss Welch hatte zu den Menschen gehört, die für das bloße Überleben nicht alles in Kauf nehmen, also hatte ich mich vorsichtiger geäußert. Ich hatte zwar nur das Beste gewollt, in Wahrheit aber meine Patientin bevormundet, indem ich ihr wichtige Informationen vorenthalten hatte.

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Zwei Wochen nach der Rückkehr ins Altenheim erlitt Miss Welch einen Schlaganfall, an dessen Folgen sie noch am gleichen Tag starb. Sie wurde lediglich pflegerisch betreut — in Übereinstimmung mit den Anweisungen, die sie im Beisein ihres Treuhänders bei dessen erstem Besuch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus niedergeschrieben hatte. Darin erklärte sie nachdrücklich, sie wolle die kürzlich gemachte Erfahrung nicht wiederholen. Obwohl der Schlaganfall durch die Bauchfellentzündung und den chirurgischen Eingriff ausgelöst worden sein könnte, bin ich überzeugt, daß auch der Ärger über meine bewußte Täuschung eine Rolle gespielt hat. Der wichtigste Faktor beim Tod meiner Patientin war aber wohl ihr Todeswunsch, ein Wunsch, den ich törichterweise nicht respektiert hatte. Ich hatte ein medizinisches Problem gelöst, ein menschliches aber aus den Augen verloren.

Wenn ich die Kriterien, die ich in diesem Buch im Kapitel über das Altern dargelegt habe, sorgfältig erwogen hätte, wäre ich mit meinem Rat an Miss Welch, sich operieren zu lassen, vorsichtiger gewesen. Bei ihr war der Eingriff unabhängig vom Erfolg nicht mehr gerechtfertigt, doch das erkannte ich damals nicht. Heute sehe ich die Dinge anders. In einem ähnlichen Fall würde ich heute den festen Entschluß meiner Patientin respektieren. Sie hatte die Krankheit, die für mich ein medizinisches Problem gewesen war, als Möglichkeit gesehen, auf humane Weise zu sterben. Sie hatte ihren Wunsch um meinetwillen zurückgestellt.

Doch halt, seien wir ehrlich: Wenn ich heute in der gleichen Situation wäre, würde ich wahrscheinlich doch wieder so handeln wie damals; sonst würde ich fast sicher die Achtung meiner Kollegen verlieren. Es handelt sich hier um einen Grenzfall der medizinischen Ethik, den Außenstehende kaum richtig beurteilen können.

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In der gängigen medizinischen Praxis darf ein Chirurg einen Patienten nicht sterben lassen, wenn er durch einen einfachen operativen Eingriff gerettet werden kann. Wer gegen diese Grundregel verstößt, trägt die Konsequenzen. Aus chirurgischer Sicht mußte ich eine Entscheidung ausschließlich nach klinischen Kriterien treffen, bei der andere ethische Erwägungen wie der Respekt vor der Entscheidung einer Patientin ausgeklammert bleiben. Hätte ich Miss Welch nicht operiert, hätte ich mich in der wöchentlichen Besprechung im Kollegium für ihren Tod rechtfertigen müssen. Und die Entscheidung wäre sicher als meine und nicht als ihre betrachtet worden, ja mehr noch, als eine ärztliche Fehlentscheidung oder sogar als unterlassene Hilfeleistung.

Ich kann mir gut vorstellen, was ich zu hören bekommen hätte: »Wie konnten Sie sich da nur hereinreden lassen?« »Müssen Sie gleich nachhelfen, wenn eine alte Dame sagt, sie wolle sterben?« »Ein Chirurg hat nur medizinische Entscheidungen zu treffen, und in diesem Fall war die richtige Entscheidung die Operation. Überlassen Sie das Moralisieren doch den Priestern!« Ich kann nicht behaupten, ich sei gegen einen solchen Druck aus meiner Umgebung gefeit. Meist ist das Credo der High-Tech-Medizin doch stärker: Der Patient muß um jeden Preis gerettet werden.

Miss Welch war einer Behandlung unterzogen worden, die nicht auf ihrer Wertvorstellung, sondern auf meiner und der meines Berufsstandes beruhte. Die letztlich sinnlose Operation nahm ihr eine ersehnte Hoffnung: die Welt in Ruhe und ohne äußere Einmischung verlassen zu können. Sie hatte zwar keine Familie, aber die Krankenschwestern und ich hätten ihr Beistand geben können, sofern einfühlsame Fremde einer Sterbenden diesen letzten Dienst erweisen können.

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Statt dessen erlitt sie das Schicksal von so vielen Todkranken, die ihre letzten Tage in der sterilen Einsam­keit einer Intensivstation verbringen — inmitten einer Hochtechnologie, die entwickelt wurde, um Menschen in ein normales, sinnvolles Leben zurückzuführen.

Das Piepsen und Flimmern der Bildschirme, das Zischen der Sauerstoffapparate, das Brummen hydraulischer Matratzen und das Blinken bunter elektronischer Signale, dieser ganze technische Hintergrund schafft eine Atmosphäre, die uns am Ende unseres Lebens den Frieden nimmt und uns von denen trennt, die uns im Sterben nicht allein lassen wollen. So wird eine Hoffnung verheißende Technologie zu einem Instrument, das Hoffnungen von Todkranken zerstört und Hinterbliebene um wertvolle Erinnerungen an die letzten Tage und Stunden bringt.

Jede wissenschaftliche oder medizinische Errungenschaft hat eine kulturelle Dimension und trägt oft auch Symbolcharakter. So kann die Erfindung des Stethoskops im Jahr 1816 als erster Schritt einer Entwicklung gesehen werden, bei der sich der Arzt vom Patienten immer stärker entfernte. Gerade das priesen einige Zeitgenossen freilich als großen Fortschritt, denn auch damals drückte kein Arzt sein Ohr gerne auf die Brust eines Kranken. Heute ist das Stethoskop als äußerlich sichtbares Zeichen der ärztlichen Kompetenz geradezu ein Statussymbol. Man muß einmal einen jungen Assistenzarzt einige Stunden bei seinen Rundgängen beobachten, um die Bedeutung dieses Instrumentes, das Autorität verleiht und menschliche Distanz schafft, richtig ermessen zu können.

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Aus rein medizinischer Sicht ist ein Stethoskop nicht mehr als ein Hilfsmittel, mit dem man einen Kranken besser abhören kann. Ebenso sind die mit Technik vollgestopften Intensivstationen unserer Krankenhäuser nichts anderes als abgeschlossene Räume, in denen Schwerstkranke besonders gut medizinisch betreut werden können. Daß dort so viele Sterbende isoliert werden, ist freilich zugleich ein Symptom für das krankhafte Bedürfnis unserer Gesellschaft, die Natürlichkeit und Notwendigkeit des Todes zu leugnen. Für viele Todgeweihte auf diesen anonymen Stationen ist jede Hoffnung auf ein Sterben im Kreis ihrer Lieben für immer erloschen. Sie sind auf das Mitgefühl professioneller Pflegekräfte angewiesen, die sie nur flüchtig kennen. Das Sterben wird heute aus dem Blickfeld verdrängt. 

Der französische Sozialhistoriker Philippe Aries nennt diese moderne Erscheinung in seiner klassischen Darstellung der Kultur des Sterbens den »unsichtbaren Tod«: Der Tod als häßliches und schmutziges Ereignis werde in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr geduldet und deshalb hinter die Mauern von Pflege­einrichtungen oder Kliniken verbannt.

Der heimliche Tod im Krankenhaus kam sehr diskret in den dreißiger und vierziger Jahren. In den fünfziger Jahren war er bereits weit verbreitet... Unsere Sinne ertragen den Anblick und die Gerüche nicht mehr, die im neunzehnten Jahrhundert wie Krankheit und Leid zum täglichen Leben gehörten. Diese physiologischen Wirkungen sind aus dem Alltagsleben entschwunden und in die sterile Welt der Hygiene, der Medizin und der Moralität eingegangen. 

Die vollkommene Erscheinungsform dieser Welt ist das Krankenhaus mit seiner Zellendisziplin ... Auch wenn es nicht immer zugegeben wird, so ist das Krankenhaus für die Familien doch der Ort, wo sie ihren unschönen Kranken, den weder die Welt noch sie ertragen, verstecken können ... Das Krankenhaus ist zum Ort des einsamen Todes geworden.

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In den USA sterben inzwischen 80 Prozent aller Menschen in Kliniken. 1949 lag die Zahl noch bei 50 Prozent, 1958 waren es 61 Prozent, 1977 bereits 70 Prozent. Diese hohen Zahlen erklären sich nicht nur aus der Notwendigkeit, Schwerstkranke intensiv medizinisch zu betreuen, was nur in Kliniken mit teuren Apparaturen und geschultem Personal möglich ist. Eine viel größere Rolle spielt in den meisten Fällen die Ächtung des Todes durch die Gesellschaft.

Die Einsamkeit des Sterbens ist als Phänomen schon so verbreitet, daß zahlreiche gesellschaftliche Kräfte inzwischen dagegen mobil machen. Die Ärzte sollten sich dieser Bewegung anschließen. Es gibt bereits ein ganzes Spektrum von Haltungen, wie mit dem Sterben umgegangen werden kann, von der klugen Voraus­sicht, rechtzeitig eine Erklärung zu verfassen, welche medizinischen Mittel zur Verlängerung des Lebens gegebenenfalls ausgeschöpft werden sollen, bis hin zur Propagierung des Freitodes durch allerdings fragwürdige Gesellschaften. Dabei geht es letztlich immer um dasselbe: uns die Hoffnung zu erhalten, daß nicht die medizinische Hochtechnologie und ein anonymes Krankenhauspersonal uns im Sterben begleiten, sondern Menschen, die uns wirklich nahestehen.

Wer seine Hoffnung darauf setzt, daß zur Verlängerung seines Lebens keine sinnlosen Anstrengungen unter­nommen werden, für den bedeutet ein Sterben in Würde vor allem eines: beim Sterben Menschen um sich zu haben, die ihm im Leben etwas bedeutet haben.

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Voraussetzung für dieses würdige Sterben ist freilich ein erfülltes Leben und die Bereitschaft, den eigenen Tod als ein notwendiges Mittel der Natur anzusehen, Platz für unsere Nachkommen zu schaffen und so den Fortbestand der biologischen Art zu sichern. Wer dies einsieht, wird begreifen: Am Ende unseres Lebens steht der Tod und nicht der Versuch, das Sterben zu verhindern. Der atemberaubende Fortschritt der Wissenschaft in unserem Jahrhundert hat dazu geführt, daß unsere Gesellschaft hier falsche Akzente setzt. Der Sterbende muß im Drama des Todes als Hauptfigur wieder ganz in den Mittelpunkt rücken. Die Ärzte als Nebenfiguren oder Zuschauer haben sich diskret im Hintergrund zu halten. 

Die Menschen früherer Zeiten haben die letzte Stunde auf dem Sterbebett als feierlichen und heiligen Augenblick begriffen, soweit die Umstände es zuließen, als Akt, in dem das letzte Beisammensein des Sterbenden mit seinen Angehörigen zelebriert wurde. Todgeweihte erwarteten diesen Abschied, und er wurde ihnen nicht grundlos versagt. Er war ihr und der Angehörigen wicfc tigster Trost für den bevorstehenden Verlust und das Leid, das diesem Augenblick zumeist vorangegangen war. Und für viele Sterbende verband sich mit einem solchen Sterben in Geborgenheit die Hoffnung auf die Erlösung und ein Weiterleben nach dem Tod. 

Es ist eine Ironie, daß man auf der Suche nach einer neuen Definition von Hoffnung für Todkranke gerade auf die Hoffnung vergangener Zeiten verweisen muß. Heute vertrauen weniger Sterbende denn je auf einen gnädigen Gott und die Verheißungen eines Lebens nach dem Tod. Doch es steht weder Medizinern noch Skeptikern zu, den Glauben anderer in Frage zu stellen, schon gar nicht, wenn sie dem Tod entgegengehen.

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In solchen Augenblicken suchen oft sogar Agnostiker oder Atheisten Trost in der Religion, und auch einen solchen grundlegenden Sinneswandel müssen Außen­stehende respektieren. Ich habe es als junger Chirurg oft erlebt, wie Ärzte oder das Pflegepersonal über die Letzte Ölung spotteten: »Das ist doch dasselbe, wie wenn man einem Kranken sagt, daß er sterben wird.« Dann läßt man sich oft Zeit, den Priester zu rufen, obwohl er dem Patienten, hätte dieser die volle Wahrheit gekannt, vielleicht wichtiger gewesen wäre als ein Arzt. 

In meinem Krankenhaus gab es vor einigen Jahren noch die sogenannte »Gefahrenliste« mit akut lebensbedrohlichen Krankheiten. Wurde ein katholischer Patient darin eingetragen, wurde automatisch auch ein Priester gerufen. Man hat diese Liste unter anderem mit dem Argument abgeschafft, das Auftauchen eines Geistlichen im Krankenzimmer erschrecke den Patienten. So hat die Bürokratie im Krankenhaus die Patienten ohne Rücksicht auf seine religiösen Empfindungen um einen Trost und eine Hoffnung ärmer gemacht.

Sterbende haben oft anspruchslose Wünsche; sie wollen etwa den Universitätsabschluß einer Tochter oder einen bestimmten Feiertag noch miterleben. Daß solche Hoffnungen dem Kranken eine gewaltige Kraft geben können, belegt die medizinische Fachliteratur. Dort ist von Sterbenden die Rede, die entgegen den Erwartungen nicht nur bis zum ersehnten Augenblick weiterlebten, sondern auch erstaunlich optimistisch waren. Ärzte und viele Laien kennen Fälle von unheilbar Kranken, die ihre besten Prognosen um Wochen überlebten, um ein letztes Mal Weihnachten feiern oder einen lieben Angehörigen nach einer langen Reise noch einmal in die Arme schließen zu können.

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Was man daraus lernen kann, ist hinlänglich bekannt. Hoffnung ist nicht nur die Erwartung, daß man von einer Krankheit geheilt werden wird. Eine solche Erwartung wäre bei Sterbenden eine Illusion, die zur bitteren Enttäuschung würde; oft bleibt selbst der Wunsch nach Linderung der Leiden unerfüllt. Wenn meine Zeit kommt, werde ich Hoffnung aus dem Wissen schöpfen, daß man mir unnötige Schmerzen und sinnlose Versuche, meine Leiden zu verlängern, erspart. Hoffnung schöpfe ich auch aus der Gewißheit, daß ich im Sterben nicht allein gelassen werde. So versuche ich mein Leben schon jetzt so zu gestalten, daß die Menschen, denen ich etwas bedeute, von ihm profitieren und später tröstende Erinnerungen an das zurückbehalten, was wir füreinander bedeutet haben.

Andere Menschen finden Hoffnung im Vertrauen auf einen Schöpfer und im Glauben an ein Leben nach dem Tod; wieder andere hoffen darauf, daß sie einen bestimmten Augenblick noch miterleben oder eine bestimmte Angelegenheit noch zu Ende bringen können. Und einige hoffen sogar darauf, daß sie über den Augenblick ihres Todes frei entscheiden oder ihn sogar selbst ungehindert herbeiführen können. So muß jeder zu seiner persönlichen Hoffnung finden. 

Es gibt eine bestimmte Art der Einsamkeit, von der vor allem Patienten mit Krebs im Endstadium betroffen sind. Ich meine hier die Patienten, die von den Ärzten aufgegeben werden. Ärzte geben selten freiwillig auf. Solange noch eine vage Aussicht auf Erfolg besteht, stürzen sie sich in medizinische Abenteuer, denen erst der Kranke oder die Angehörigen ein Ende setzen. Zieht sich das Leiden jedoch dahin, ohne daß eine Therapie anschlägt, schwindet das Engagement für einen bestimmten Fall immer mehr, und mit ihm schwindet oft auch das Interesse am Patienten. Dann werden die Ärzte rar am Krankenbett.

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Man hat ganz verschieden zu erklären versucht, warum Ärzte Patienten im Stich lassen, wenn es keine Rettung mehr gibt. Untersuchungen zufolge haben Ärzte eine besonders starke Angst vor dem Sterben; sie wählen ihren Beruf häufig deshalb, weil die Fähigkeit des Heilens mit einer gewissen Macht über den so gefürchteten Tod verbunden ist. Erweist sich diese Macht als unwirksam, begreifen sie dies als eine Niederlage, die man am besten verdrängt. So wollen sie denn auch den Patienten als Verkörperung dieser Niederlage möglichst rasch vergessen. Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt: Ärzte sind Erfolgs­menschen. Sie haben in ihrem Studium harte Prüfungen bestanden, eine Fachausbildung gemeistert und sich in ihrer Position behaupten können. Wie andere Hochqualifizierte brauchen sie immer wieder eine Bestätigung, daß sie den Anforderungen ihres Berufes noch gewachsen sind. Bei einem Mißerfolg leidet ihr Selbstbewußtsein, und dies vertragen in diesem besonders selbstgefälligen Berufsstand nur die Allerwenigsten. 

An der Persönlichkeit der meisten Ärzte fiel mir noch eine weitere Besonderheit auf, die wohl mit ihrer Angst vor dem Versagen zusammenhängt: Ich meine ihr übersteigertes Bedürfnis, Kontrolle über ihre Umwelt auszuüben. Wenn ein Arzt einen ausbleibenden Behandlungserfolg gleich als persönliches Versagen wertet, so hängt dies zweifellos mit seiner Unfähigkeit zusammen, die Grenzen seiner Macht zu akzeptieren. Mit dem Anspruch auf Unfehlbarkeit hängt denn auch der Glaube zusammen, besser als der Patient entscheiden zu können, welche weiteren medizinischen Schritte in seinem Fall noch unternommen werden sollten. Um die Entscheidungen des Patienten in eine bestimmte Richtung zu lenken, gibt ihm der Arzt zuweilen nur so viel an Informationen, wie er für richtig hält. Genau mit dieser überheblichen Einstellung wollte ich meine Patientin Miss Welch vor einer vermeintlichen Fehlentscheidung bewahren.

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Aus Unfähigkeit, die Grenzen ihrer Macht zu akzeptieren, meiden viele Mediziner gerne Situationen, in denen sie ihre Ohnmacht klar vor Augen haben. Unter anderem deshalb werden wohl so viele unheilbar Kranke am Ende von den Ärzten im Stich gelassen. Ärzte begreifen Krankheit als medizinisches Problem, das sie mit einer bestimmten Strategie zu lösen versuchen. Sie bringen Ordnung in ein Chaos und versuchen die Natur unter ihr Diktat zu zwingen. Erweist sich das Problem als unlösbar, schwindet rasch das Interesse und erlischt schließlich völlig. Wenn die Natur gesiegt hat, liegt die Ohnmacht des Arztes klar zutage. 

Freilich kann ein Arzt, der die Entscheidungsschlacht verloren hat. zumindest noch Kontrolle über den Sterbevorgang ausüben, seinen Verlauf beeinflussen und seine Dauer mitbestimmen. So nimmt er oft Entscheidungen in die Hand, die rechtens dem Kranken und seinen Angehörigen zustehen. Zahlreiche stationär behandelte Todkranke sterben heute erst dann, wenn ein Arzt ihre Zeit für gekommen hält.

Neben dem Entdeckerdrang der Forscher und ihrem legitimen Ehrgeiz, die eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, spielt beim Fortschritt der Wissenschaft noch ein weiterer Faktor eine Rolle: der Traum von der vollkommenen Beherrschung der Natur. Trotz theoretischer Erkenntnisse ist der Beruf des Arztes in letzter Zeit vor allem zu einer angewandten Wissenschaft geworden, die sich die Verwirklichung eben dieses Zieles zur Aufgabe macht. Der medizinische Forscher sammelt Erkenntnisse nicht um ihrer selbst willen, sondern um sie dazu einzusetzen, eine feindliche Natur zu unterwerfen. 

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Und was erscheint an der Natur feindlicher als der Tod? Jeder gestorbene Patient erinnert den Arzt daran, daß seine Macht und die Macht der Menschen über die Natur begrenzt ist. Die Natur siegt zuletzt immer. 

Daß dieser Sieg der Natur notwendig ist, galt früheren Generationen als selbstverständlich. Die Ärzte waren sehr viel eher bereit, die Grenzen ihrer Macht zu sehen und zu akzeptieren. Heute haben sie den Respekt vor den Naturgewalten und damit auch einen Teil ihrer moralischen Autorität verloren. Mit dem gewaltigen Zuwachs an naturwissenschaftlichen Erkenntnissen geriet die Einsicht in Vergessenheit, daß der Mensch die Naturgewalten viel weniger beherrscht, als er gerne möchte. Ärzte glauben oft an die Allmacht der Wissenschaft, der allein unser ganzes Streben zu gelten habe. Der Zuwachs an Wissen hat nicht zu größerer Bescheidenheit gegenüber der übermächtigen Natur geführt, sondern zur Hybris des Arztes und zum Machbarkeitswahn in der Medizin: Wir können doch soviel, also müssen wir immer bei allen Patienten alle Möglichkeiten ausschöpfen! 

Je spezialisierter der Arzt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß sein Handeln von der Faszination durch das medizinische Problem bestimmt wird. Zugegeben, dem Nachdenken des Arztes über das Rätsel der Krankheit verdanken wir zahllose medizinische Errungenschaften, die allen Patienten zugute kommen. Oft aber werden wir durch diese Errungenschaften dazu verleitet, in die Medizin Hoffnungen zu setzen, die sie nicht einlösen kann und vielleicht auch gar nicht einlösen sollte. Die medizinische Herausforderung beflügelt den Arzt in seinem Handeln. Doch erweist sie sich bei der Betreuung von Patienten leicht als Klotz am Bein. 

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Onkologen gehören zu den Ärzten, die zum äußersten bereit sind, um das Unvermeidliche abzuwenden. Wo andere die Segel streichen, wagen sie sich noch weiter vor. Sie sind nicht weniger einfühlsam und hilfsbereit als andere Fachärzte, und sie sind genauso bereit, mit den Patienten und Angehörigen die Behandlung und ihre möglichen Komplikationen durchzusprechen. 

Trotzdem gelingt es ihnen oft nicht, sich in den Kranken hineinzudenken und seine subjektiven Reaktionen auf die akute Gefahr des Todes zu verstehen, die alle ihre Bemühungen bedroht. Dies gilt leider für die überwiegende Mehrheit der hochspezialisierten Fachärzte. Wenn ich heute auf meine dreißigjährige Berufspraxis zurückblicke, wird mir immer mehr bewußt, daß bei mir die Lösung medizinischer Probleme gegenüber der medizinischen Betreuung von Menschen, wie ich sie bei unserem Hausarzt in der Bronx so sehr bewunderte, im Vordergrund stand.

Als Patienten dürfen wir von unseren Ärzten nichts Unmögliches verlangen. Wie können sie uns dennoch helfen, vernünftige Entscheidungen zu treffen? Ärzte können uns sicher eine Orientierung geben, aber dies entläßt uns nicht aus unserer Verantwortung als Patienten für uns selbst. Wir müssen die Informationen, die uns der Arzt gibt, richtig nutzen und kritisch hinterfragen. Wenn ein Arzt spürt, daß er es mit einem mündigen Patienten zu tun hat, neigt er weniger dazu, ihn durch eine bestimmte Darstellung der Fakten in seinen Entscheidungen zu beeinflussen.

Jeder Patient sollte sich mit seiner Krankheit eingehend auseinandersetzen und soviel wie möglich über sie in Erfahrung bringen. Dann kann er sich ein Bild davon machen, welche medizinischen Schritte bei ihm noch sinnvoll sind. Das Interesse für die normale Funktionsweise des menschlichen Körpers erleichtert das Verständnis für eine Krankheit bereits gewaltig. Besonders Krebs kann man so besser verstehen, und nur die wenigsten dürften Schwierig­keiten haben, sich in diese Abläufe hineinzudenken.

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Natürlich gibt es viele Ärzte, die der Faszination des medizinischen Problems weniger erliegen als Fachärzte. Die Beziehung zwischen Patient und betreuendem Arzt jedenfalls bleibt wie zu Hippokrates' Zeiten das Kernstück der ärztlichen Behandlung, und wenn eine Heilung nicht mehr möglich ist, kommt dieser Beziehung eine um so größere Bedeutung zu. 

Ich möchte an dieser Stelle an die zuständigen staatlichen Stellen appellieren, dafür Sorge zu tragen, daß die Sterbebegleitung stärker in der Allgemeinmedizin und medizinischen Grundversorgung verankert wird. Die Betreuung von Todkranken muß in der Ausbildung von Ärzten an Universitäten und Krankenhäusern verstärkt gelehrt werden. Es gilt, junge interessierte Menschen dazu zu ermutigen, sich engagiert an entsprechenden Projekten zu beteiligen. Der wertvollste Vorteil einer häuslichen Betreuung Sterbender ist der des humaneren Todes. Das Leid im Sterben darf nicht dadurch vergrößert werden, daß die medizinische Betreuung einem fremden Facharzt übertragen wird, obwohl der vertraute Hausarzt genau das gleiche leisten kann. 

In der Stunde des Todes quälen uns nicht nur körperliche Schmerzen und Ängste. Zu den schwersten Bürden gehört das Gefühl der Reue, das vielen das Ende noch bitterer macht. Anders als bei den unvermeid­lichen Leiden, die besonders Menschen mit Krebs treffen, kann man sich hier durch rechtzeitige Vorsorge vieles ersparen. Ich spreche von unbewältigten Konflikten, zerbrochenen Beziehungen, versäumten Gelegenheiten, nicht gehaltenen Versprechen und vergeudeten Jahren. Etwas bleibt wohl bei allen von uns unerledigt liegen, höchstens bei den ganz Alten nicht, aber vielleicht manchmal auch bei ihnen.

So paradox es klingt, der Gedanke an ungetane Dinge kann zugleich eine gewisse Befriedigung vermitteln. Ein lebendiger Mensch, der nichts mehr vorhat, ist eigentlich schon tot. Denn wer mit allem abgeschlossen hat, den erwartet auch nicht mehr viel. Einem Sprichwort zufolge leben wir am besten so, als sei der jeweilige Tag unser letzter. Aber fügen wir die Mahnung hinzu, daß wir auch so leben sollten, als dürften wir die Erde niemals verlassen.

Eine weitere unnötige Belastung in der Stunde des Todes können wir uns ersparen, wenn wir uns an Robert Burns Wort erinnern, wonach gute Pläne oft schiefgehen. Der Tod tritt höchst selten entsprechend unseren Vorstellungen und Erwartungen ein. Jeder will das Geschäft des Sterbens angemessen hinter sich bringen, nach einer modernen Version der Ars moriendi, einer Ästhetik des letzten Augenblicks. Seit der Mensch die Schrift erfunden hat, hat er seinen Wunsch nach einem idealen Ende kundgetan. Manche sprechen vom »richtigen Tod«, als könne sich ein Mensch eines »richtigen Todes« je sicher sein. Statt dessen müssen wir aufpassen, daß wir uns nicht zu falschen Entscheidungen verleiten lassen, daß wir für uns Formen der Hoffnung finden und daß wir vor allem uns verzeihen, wenn wir unser vorgefertigtes Bild vom richtigen Sterben nicht verwirklichen können.

Die Natur hat eine Aufgabe zu erfüllen. Sie tut dies bei den Menschen auf verschiedene Weise. Der eine ist anfällig für einen Herzinfarkt, der andere für einen Schlaganfall, der dritte für Krebs. Einige sterben hochbetagt, andere viel zu früh, zumindest für unser Gefühl. Eine Generation löst die andere ab. Gegen die unaufhaltsamen Kräfte und Zyklen der Natur kann es einen dauerhaften Sieg nicht geben.

Wenn unser letztes Stündlein schlägt und die Erkenntnis unausweichlich ist, daß wir »den Weg allen Fleisches gehen«, wie es Brownings <Jochanan Hakkadosh> sagt, dann müssen wir uns daran erinnern, daß nicht nur alles Fleisch, sondern alles Leben diesen Weg gehen muß und daß die Natur ihre eigenen Pläne mit uns hat. Wir können Aufschub erwirken, sie aber nicht durchkreuzen. Selbst der Freitod fügt sich in den Kreislauf des Lebens ein, und nach allem, was wir wissen, ist sein Auslöser angelegt in einem großen Plan, der ein weiteres Beispiel für die unabänderlichen Gesetze der Natur und ihrer Ökonomie ist. Shakespeare läßt <Julius Cäsar> sagen: 

Von allen Wundern, die ich je gehört, 
Scheint mir das größte, daß sich Menschen fürchten, 
Da sie doch sehen, der Tod, das Schicksal aller, 
Kommt, wann er kommen soll. 

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Nuland-1993