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3.  PCP - Phencyclidin - Angel Dust - Ketamin        Sahihi-1990

 

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Es ist kein gutes Zeichen, wenn eine Droge viele Namen hat. Denn das zeigt in den meisten Fällen, daß man sie mehrere Male, jeweils mit neuem Namen, in den Markt einzuführen versucht hat. Und der wahrscheinlichste Grund dafür wiederum ist die mindere Qualität oder die hohe Toxizität. "Angel Dust", Engels­staub, ist der gängigste Name für PCP. 

Aber Phencyclidin, wie die Droge unabgekürzt heißt, hat noch viele andere Namen: "Dust", "Hyperdust", "Stardust", "Superweed", "Wack", "Magic Wack", "Cool", "Lovely", "Peace Pill", "Peace Powder", "Startripper" und "THC" sind nur einige der bekanntesten. THC übrigens, Tetra-hydro-cannabinol, ist der psychoaktive Wirkstoff von Cannabis und nur mit überaus kostenaufwendigen Verfahren synthetisierbar — PCP als THC auszugeben bedeutet ungefähr soviel wie saures Bier als Champagner zu verkaufen.

PCP macht gut und gern 70 Prozent von den Drogen aus, gegen die wir hier zu kämpfen haben. Ich nehme an, daß Los Angeles die Welt­hauptstadt des PCP ist. Hier lassen sich alle benötigten Chemikalien legal und ohne Probleme kaufen, hier haben die Drogen-Köche schon zwanzig Jahre Erfahrung mit der Zubereitung von PCP — und so kommt es wohl, daß kalifornisches PCP den Ruf genießt, das beste der Welt zu sein. So kommt es auch, daß PCP von hier aus auch in andere Länder geschmuggelt wird, obwohl es prinzipiell leichter und ungefährlicher wäre, es gleich dort herzustellen. Ich habe mir auch erzählen lassen, daß in Europa hergestelltes PCP beim Verkauf als kalifornisches ausgegeben wird. Das sagt sehr viel. 

Gruppenleiter der DEA - Drug Enforcement Administration

Angel Dust erreichte die Straße in den sechziger Jahren, als LSD gerade für illegal erklärt und unter Kontrolle genommen worden war. Aber als Halluzinogen konnte sich Angel Dust nicht durchsetzen. Im Gegenteil: PCP wurde schnell bekannt für seine gar nicht seltenen, unangenehmen Nebenwirkungen — nämlich völlige Verwirrung, blinde Aggressivität und unkontrollierte Gewalttätigkeit. Zu Zeiten der "Give peace a chance"-Mentalität konnte sich so eine Droge nicht durchsetzen. Ohne regelmäßige Nachfrage verschwand PCP alias Angel Dust von der Oberfläche der Drogen-Szene, vom Schwarzmarkt, um bald in anderen Gewändern und mit anderen Namen wieder aufzutauchen.

In der ersten Hälfte der siebziger Jahre kam PCP als Pulver mit dem Namen "Dust" in amerikanischen Biker-Kreisen in Mode. Mitte der Siebziger gab es die Droge praktisch nur noch als Flüssigkeit — aber mit um so größerem Erfolg. 

Viele Menschen scheinen PCP und seine dissoziative Wirkung durchaus zu schätzen: Der User fühlt sich außerhalb seines Körpers, fernab aller Realität. Das sogenannte Raum-Zeit-Kontinuum ist völlig aufgehoben, Kausalität gibt es nicht, so wie auch Zusammenhänge jedweder Art nicht existieren. Analogie­bildungen reduzieren sich auf das Visuelle und werden von der nackten Willkür geritten: Reale Stimuli werden, wenn überhaupt, so nur als Stichwort­geber für die nächste Halluzinationskette wahr­genommen.

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O Gott, wenn diese Kinder nur wüßten, wie gefährlich dieses Zeug ist. PCC und PCP sind keine wirklichen Drogen, sondern vielmehr brutale Gifte, die beim Vergiftungsprozeß auch so etwas wie eine Verzerrung des Bewußtseins bewirken. Allein schon Natrium und Kaliumcyanid sind hochexplosive Stoffe. Dieses Reagens, das zur Gewinnung benutzt wird, 'Grignard', ist wiederum äußerst feuergefährlich und hochexplosiv! Aber ich glaube, diese Leute würden auch Dynamit rauchen und Nitroglyzerin gurgeln, wenn man ihnen nur erzählte, daß das einen mächtigen Kick ergibt.

D.K., Kriminologe

 

Mit Sicherheit darf die Tatsache, daß PCP zu den preiswertesten Drogen gehört, zu den Gründen für seine Beliebtheit gezählt werden: In den Vereinigten Staaten, wo es erheblich mehr arme Leute gibt als im deutschsprachigen Raum, wird PCP schlicht "the slum-drug" genannt - und ist wohl auch die Slum-Droge schlechthin. Außerhalb dieses Marktes läßt sich die Droge wohl auch schlecht verkaufen, da sie nach wie vor einen ziemlich schlechten Ruf hat. Aus diesem Grund wird PCP auch häufig genug unerfahrenen Käufern als LSD, Kokain, MDA, Psilocybin oder synthetisiertes THC verkauft. 

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Hierbei erweisen sich die Dealer bisweilen als ausgesprochen findig und ideenreich: Champignons werden mit PCP besprüht und als halluzinogene Pilze, Sellerie wird in eine Mischung aus grüner Farbe und PCP getunkt, getrocknet und als Marihuana verkauft. Mit Angel Dust muß schon immer viel herum­experimentiert worden sein. In den vergangenen zwölf Jahren sind 127 verschiedene PCP-Derivate beschlagnahmt, studiert und verboten worden. Die bekanntesten und "beliebtesten" unter ihnen sind TCP, PCE, PCC, PCPY und Ketamin

Doch hat sich PCP als Basis für weitere DD nicht durchsetzen können: Die Droge ist in ihrer Wirkungsweise von vornherein zu unfreundlich, als daß ihre Derivate nennenswert bekömmlicher sein könnten. Da, wo PCP geschätzt wird — eben fast ausschließlich in Slums und bei kriminellen Jugendbanden —, da will man genau diese Mischung aus realitätsentrücktem Vergessen und stumpfsinniger Brutalisierung. PCP bietet den kältesten, nervösesten, uneuphor­ischsten und unkontrolliertesten Rausch, den man sich vorstellen kann. 

Um dem Leser eine Idee davon zu geben, wie PCP wirkt, folgt nun die Beschreibung einer Angel-Dust-Halluzination:

Es ist Nacht. Mondschein erhellt eine kalte Steinwüste. Ein Mensch liegt da auf dem Rücken, weiß bandagiert von oben bis unten. Nur das linke, geschlossene Auge ist frei; auf dem rechten Auge, auf dem Herzen und auf dem Genital blubbert je ein feuchter roter Fleck durch den weißen Stoff der Bandage.

Plötzlich, wie auf ein Zeichen, öffnet sich das Auge, schaut hin und her. Es schließt sich wieder, öffnet sich wieder. Nochmal, mehrmals! Zuckend, nervös springt das Auge hin, her und wieder hin - so als suchte es am Himmelszelt nach der Antwort auf seine dringlichste Frage. Nach und nach beruhigt sich der Blick, wandert langsamer und kommt schließlich, einen einzigen Stern fixierend, zur Ruhe. Der Mensch zieht sich zusammen, so klein er kann, so fest es geht, wird fast zum Ei, ganz Kraftpaket. Und dann, dann beginnt er, inbrünstig zu brüllen: All seine Kraft liegt in diesem endlosen Schrei, und wie er so schreit, beginnt das Blut um so stärker aus seinem Genital, seinem Herzen und seinem Auge zu sprudeln.

Doch dann scheint sich der Schrei von diesem Menschen zu lösen. Du siehst ihn nicht mehr; Steinwüste im Mondlicht - das ist jetzt nur noch ein irisierendes Graublau, aber der Schrei schwillt immer noch an, so als würde er Dir aus nächster Nähe in beide Ohren gleichzeitig hineinbrüllen. Und auf einmal verstehst Du, was passiert ist: Der Schrei hat sich auf immer und ewig eingenistet in Deinem Schädel, und immer wieder, wenn Mondschein Deine kalte Steinwüste erhellt, wird er wieder hörbar werden, unüberhörbar werden, gellend und grell: Dein Schädel ist nur noch sein Resonanzraum.  

N. N.

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Phencyclidin wurde in den vierziger Jahren in Amerika als Analgetikum entwickelt — und kam 1950 einige wenige Male bei Operationen zum Einsatz. Denn bald schon klagten die Patienten, die unter Phencyclidin operiert worden waren, über Konzentrations­schwäche, Gedächtnisverlust, unangenehm starke Gefühls­wallungen und manische Depressionen.

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Die Anwendung von Phencyclidin in der Human-Medizin wurde untersagt, die im veterinären Bereich stark eingeschränkt: Alles in allem wurde Phencyclidin nur noch Hunden und Schweinen schmerzstillend verabreicht. Doch der Mensch mit seinem kaum stillbaren Hunger nach Rausch findet überall seinen Hit, seinen Kick, seinen Rush. Und wenn's nicht Moksha, die Wunderdroge der indischen Mythologie ist, dann ist es eben ein Schweine­schmerzmittel, das den Kopf schwummerig macht, wenn man es raucht oder schluckt dann ist es eben PCP! <Hog> nannte die Drogen-Szene das Phencyclidin, bevor es als Angel Dust auf den Schwarzmarkt kam — "Hog" meint "high as a dog".

 

Wer hätte gedacht - wer hätte in seinen wildesten Vorstellungen vorhersehen können -, daß ein dissoziatives Anästhetikum, daß die primären Symptome von Schizophrenie imitiert, 1978 zur Lieblingsdroge der westlichen Welt werden würde? Ich meine, ... das Leben hat doch wirklich noch ein paar andere Reize zu bieten, als besinnungslos durch die Gegend zu laufen und alles kurz und klein zu schlagen bzw. es anzudrohen oder?

Edward F. Domino, Autor von <The Neurobiology of Phencyclidine> im Gespräch   goog  Edward+F.+Domino (1924-2021)

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Ketamin, eigentlich Ketamin HC (Hydrochlorid), wurde zwar 1961 von Professor Carl Stevens an der Wayne-State-Universität "designed" und synthetisiert, gehört aber aufgrund seiner großen molekularen Ähnlichkeit zu Phencyclidin, also PCP, längst schon zu dem, was unter Design-Drogen zusammengefaßt wird.

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Im Vietnamkrieg noch als dissoziatives Anästhetikum im (Groß-)Einsatz, wird Ketamin heute in erster Linie in illegalen "Labs" für die Straße, für den Schwarz­markt produziert. Ketamin- und PCP-Labors, Ketamin- und PCP-Dealer und Ketamin- und PCP-User sind in aller Regel identisch: Ketamin entsteht durch einen kleinen Eingriff in die Synthese des PCP, was Drogen-Köchen und -Dealern ermöglicht, mit minimalem Aufwand beide Drogen anzubieten; die Wirkungen wiederum sind derart ähnlich, daß Ketamin automatisch nur die PCP-Fans interessiert und erreicht.

Ketamin kann geraucht, gesnifft oder injiziert werden. Als Schmerzmittel, also zu medizinischen Zwecken verabreicht, beträgt die Dosierung, je nach Fall, 400 bis 700 Milligramm, um schlimmste Schmerzen sofort zu lindern und tiefen Schlaf einzuleiten. Als Droge wird Ketamin, je nach gebildeter Toleranz, mit 50 bis 150 Milligramm dosiert. 

Der Ketamin-Rausch ist gekenn­zeichnet durch ein Gefühl der Trennung zwischen Körper und Geist und starken halluzinativen Ansätzen, die die Gewißheit vermitteln, man halte sich in ganz anderen Welten auf. Während des Rausches sind Körper­funktionen und Sprachvermögen, Gedächtnis und Konzentrations­vermögen stark beeinträchtigt. Überdosierungen können in "Horror-Trips" enden, die 24 Stunden und länger anhalten können. Ketamin — bisweilen K oder auch "The-out-of-the-body-drug" genannt ist ebenso suchterzeugend und -erhaltend wie PCP.

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Das psychosen-imitierende PCP wird heute als Pulver, als Flüssigkeit, gelegentlich auch als Tablette oder in Gasform als Spray verkauft. Ein Gramm kostet, je nach Qualität und Kaufort, zwischen 10 und 30 Mark — und reicht für gut und gern 25 bis 30 Trips, die auch noch von langer Dauer sind. Bisweilen wird die Droge auch in der Form sogenannter "Lovelies" verkauft: Eine in PCP getunkte Zigarette, die zwischen 5 und 10 Mark kostet. Während Angel Dust als Pulver kokainähnlich, aber eher gelblich ist, ist flüssiges PCP gelblich-hellgrün und riecht wie eine Mischung aus Kot und Urin.

In kleinen Dosen genossen, produziert Angel Dust einen Zustand leichter Trunkenheit, einhergehend mit Taubheit der Arme und Beine. Mittlere Dosen führen zu völliger Unbekümmertheit und totalem Realitätsverlust, einhergehend mit einem Zustand sensorischer Isolation: Die Motorik ist quasi-gelähmt, Arme und Beine bleiben stundenlang so, wie man sie legt. Ohnmachts­anfälle sind nicht selten. Höhere Dosen führen zu unkontrollierter Aggressivität, Verwirrung, blinder Gewalttätigkeit - begleitet von gelegentlichen Krämpfen, heftigen Schweißausbrüchen und häufigem Übergeben. Der häufige Gebrauch von Angel Dust führt zu Paranoia, Verwirrung, Aggressivität und unkontrollierten Halluzinationen — auch in nüchternem Zustand.

 

Die Gangs, die Banden, nehmen das Zeug ständig. Es gibt ihnen das Gefühl von Omnipotenz. Und es ist schmerz­stillend, was wichtig ist, wenn der Alltag aus Schlägereien und Messerstechereien besteht. Die meisten Kids, ich würde sagen: fast 80 Prozent der Gangs, sind permanent auf PCP und PCP-Derivaten. Vor allem die Schwarzen und die Hispanics lieben dieses Zeug.

Chuck, Narcotic Detective, L. A.

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Seit 1986 gibt es eine neue Art der Einnahme, die die Wirkung von Angel Dust noch um ein Vielfaches verstärkt — und die synergistischen Effekte schlicht unberechenbar macht: "Space Base" nennt man die Einnahme von PCP plus Crack! Das Crack bringt die Energie, die man braucht, seine Glieder zu bewegen, das PCP besorgt den so sehnlich erwünschten Realitätsverlust. Vor allem in schwarzen Jugendbanden und unter Crack-Dealern ist Space-Base äußerst beliebt.

Nach chronischem Gebrauch von PCP dauert es bis zu einem Jahr und länger, bis sich der Organismus entgiftet hat: PCP gehört zu jenen trickreichen Giften, die im Körper Depots bilden, indem sie ihre Metabolite im Fettgewebe und im Gehirn ablagern. Die Liebhaber von Angel Dust wissen um diese Eigenschaft ihrer Droge. Fehlt es aus irgendwelchen Gründen an PCP, so reicht ein Bier oder ein Joint, dann schnell ein paar Klimmzüge, Liegestützen oder Kniebeugen gemacht und das Fett mobilisiert — und schon ist der Vollrausch wieder da, reaktiviert aus eigenen Ressourcen. Und Ärzte und Neurologen beobachten, daß entziehende Patienten auch nach über einem Jahr ohne PCP zu irrationalem, unvorhersagbarem fiebrig-rauschhaftem Verhalten neigen; vor allem, wenn in irgendeiner Form Wasser- oder Gewichtsverlust vorliegt.

 

Dieses Molekül ist so rigide, so stabil, so unglaublich schwer aus dem Organismus zu eliminieren. Es ist fast identisch mit dem Agent-Orange-Dioxin.

Dr. Ronald Lindner, California Narcotic Officers Association

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Jetzt, seit es so viele Horrormeldungen über diese Designer-Drogen gegeben hat, interessieren sich manche Neunmalklugen nur noch für natürliche Drogen. Irgendwelche Kiddies, die vorher alle möglichen Chemikalien gefressen haben, geben jetzt vor, nur noch und ausschließlich Marihuana und Psilocybin zu konsumieren; und sie werden nicht müde, Dir zu erzählen, wie toll das sei, wie intensiv, und daß sie ja gar keine Chemikalien brauchten, wo die Natur schon solche Räusche bietet. Dann gehst Du her und schaust Dir ihre <natürlichen Drogen> an - und was ist es? Irgendwelches Heu mit PCP besprüht und als Grass verkauft  - oder, fast noch besser: Pilze, manchmal sogar Pilze aus der Dose, die dann getrocknet worden sind, in PCP getunkt und als Psilocybin verkauft. Und die Kiddies finden sich weiß Gott wie schlau und meinen, weiß Gott was für Drogenerfahrungen sie haben.

Stephen, Narcotic Detective

Schizophrenie ist eine psychotische Störung des Geistes, die durch den Verlust an Kontakt mit der Umgebung und der Depersonalisation durch Dissoziation der Gefühle, der Gedanken und des Verhaltens gekennzeichnet ist. Der PCP-Rausch ist letztlich nichts anderes als eine kurzzeitige Psychose nach denselben Mustern: Die Hauptmerkmale sind autistisches Verhalten und delusionales, trügerisches Denken. PCP-Rausch und Schizophrenie weisen weitere Ähnlichkeiten auf: In einem Labor-Experiment wurde schizophrenen Patienten, die auf dem Wege der Besserung waren, zuerst LSD und später PCP verabreicht.

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Während das LSD auf sie durchaus beruhigend, geradezu gedankenklärend wirkte, bewirkte das PCP ein extremes Ausbrechen ihrer Psychosen. (Die krankhaften Reaktionen hielten noch 6 Wochen an.) PCP-Moleküle gehen Verbindungen mit Protein-Molekülen ein und blockieren so die Nervenzell­membranen. Dann bewirkt die Droge die Ausschüttung großer Mengen an Neurotransmittern mit dem Resultat, daß die normale Reizvermittlung und -regelung dramatisch gestört ist. Die Ähnlichkeit des PCP-Rausches mit sogenannten schizophrenen Schüben ermöglicht vielleicht das Wesen der Schizophrenie zu studieren.

 

Ja, ich glaube heute schon, daß PCP schädlich ist, sehr schädlich sogar. Jahrelang war ich da anderer Meinung: Ich habe innerhalb von fünf Jahren drei Fehlgeburten gehabt, das letzte Mal wäre ich beinahe selbst draufgegangen. Mein Arzt meinte jedesmal: <Ich weiß zwar nicht, was Sie nehmen, aber diese Fehlgeburten haben damit zu tun!> 

Und ich bin jedesmal nach Hause gegangen, habe mir gedacht: <Laß das Arschloch doch dumm schwätzen!> - und habe mir meinen Lovely getunkt. Vor zweieinhalb Jahren mußte ich dann aufhören, weil ich mich mit PCP an den äußersten Rand des Wahnsinns manövriert hatte: Ich habe von der Realität gar nichts mehr mitbekommen, habe ständig, auch ohne PCP, Halluzinationen gehabt, die - gelinde gesagt - beängstigend waren. 

Naja, als ich dann entzogen hatte, hat sich mein Gesundheitszustand schnell gebessert, und inzwischen habe ich eine drei Monate alte Tochter. Sie ist gesund, wenn man von einer kleinen Fehlbildung des Atmungsapparates absieht. Die Ärzte meinen, daß auch dieser Schaden noch von dem PCP kommt, der sich in meinem Körper deponiert hatte. Ich weiß, daß ich mit PCP viel kaputtgemacht habe, aber ich kann nur sagen, daß ich der Überzeugung war, PCP sei ziemlich rein und vom Organismus verdaubar. Ich meine, das ist ja auch irritierend: Wie kann etwas, das so guttut, gleichzeitig so schädlich sein?

Nora, arbeitslose junge Mutter, 29 Jahre

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Die PCP-Synthese erfolgt in einer zweistufigen Prozedur: Die Droge ist sehr leicht herzustellen. Zuerst wird das Intermedium PCC gewonnen, dieses wird dann mit einem Reagens zu PCP verwandelt. Die Gewinnung von PCC dauert 8 Stunden, die reaktive Verwandlung in PCP kaum zwei Stunden. (Alles in allem braucht der PCP-Koch mehr Geduld als Chemie-Kenntnisse; eben diese Kleinigkeiten machen die DD so gefährlich.) Und was die Preise im Verhältnis zur Investition und zum Arbeitsaufwand betrifft: Mit (legalen) Chemikalien im Werte von 150 Mark und "Apparaturen" für knapp 50 Mark lassen sich etwa zweieinhalb Liter PCP herstellen. Das ergibt über 60.000 Räusche und, je nach Qualität und Kaufort, einen Marktwert von 25.000 bis 75.000 Mark.

 

Wir hatten das Zeug gekauft, in dem Glauben, es sei Kokain. Also haben wir es gesnifft, wie wir Koks zu sniffen pflegen. Keine Viertel­stunde später ist mein Freund total ausgeflippt. Ich meine, ich selbst war ja völlig aus dem Häuschen, aber mein Freund war nicht mehr zu halten: So etwas an blinder Wut und zielloser Aggressivität habe ich noch nie erlebt. Er hat sich dann in seinen Wagen gesetzt, ich konnte ihn nicht zurückhalten, und ist zur Wohnung seiner Ex-Frau gefahren, um seinen Sohn zu entführen. Auf dem Weg dorthin hat er zwei oder drei Unfälle gehabt, hat trotz allem tatsächlich seinen Sohn regelrecht gekidnappt, ist wieder losgefahren, hat wieder mehrere Unfälle gebaut, bis ihn die Polizei dann dingfest gemacht hat. Es muß schlimm gewesen sein. Alle möglichen Zeitungen haben davon berichtet.

Tina, Konditorin, 31 Jahre

PCP wird gewöhnlich in Waschküchenlabors und in großen Mengen hergestellt. Diese verkaufen an Groß-Dealer, die wiederum leicht verschneiden und an Zwischen-Dealer verkaufen, die den Stoff ebenfalls verlängern und in unterschiedlich großen Portionen an ein ganzes, die "Gegend" arealmäßig abdeckendes Netz von Straßen-Dealern weiterverkaufen. Diese unterste Kaste von Dealern, die einzige nämlich, die mit den Usern in Berührung kommt, verlängert den Stoff wiederum, packt ihn in abgemessene Portionen ab und verkauft diese in jenen Parks, Straßen, Cafes etc., die die Drogen-Szene der Gegend bilden. 

Die Hierarchie der Hersteller, der Verteiler und der Dealer-Kaste ist keineswegs zufällig: Wird ein Straßen-Dealer erwischt, kann er der Polizei gar keine Auskunft über die Herkunft der Droge geben. (Ganz davon abgesehen, daß er ohnehin alle Informationen, auch die, die er theoretisch geben könnte, praktisch gern für sich behalten wird, da die Bestrafung durch den Staat garantiert milder sein wird als die, die ihm in seinen Kreisen für "Untreue" zuteil würde!) 

Was PCP und die DD im allgemeinen angeht, sind die Drogenfahnder neben ihren Informanten, Spitzeln und V-Männern vor allem auf Auskünfte von Chemikalien-Großhändlern angewiesen, die die Labors mit den nötigen Ingredienzen beliefern. Diese wiederum verraten nur sehr ungern ihre allerbesten, meist in bar und ohne Quittungsanspruch bezahlenden Kunden. Speziell Angel Dust konfrontiert die internationale Polizei mit einem clever gefügten, undurch­dringlichen Verteiler-Netz.

 

Was wir hier treiben, ist schon wirkliche Sisyphus-Arbeit. Wir recherchieren, belauern, beschatten, greifen an, haben eventuell Erfolg und schaffen es, unter Inkaufnahme von Toten und Verletzten, einen kleinen Ring hochgehen zu lassen — und was passiert? In der Zeit haben sich irgendwo zwei große Banden etabliert, von denen wir noch nichts ahnen. PCP ist leicht und preiswert herzustellen, hat einen großen Markt und bringt Profite, die kein Mensch mit ehrlicher Arbeit ergattern könnte.

Chuck, Narcotic Detective

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