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Interview mit Wolf zum eAutobuch - ruhig, unaufgeregt

 Betonbahn-2021

 


Interview 2019 über Elektromobilität

Wolf und Jellen bei telepolis  Neuer-Reform-Furz-4413769.html

 

Interview 2019 mit Winfried Wolf

 

1)  Herr Wolf, Sie schreiben in Ihrem Buch, dass es bei der E-Mobilität nicht um Umweltverträglichkeit geht. Worum geht es dann?

Wolf:  Es geht im Grunde um drei Dinge. Erstens aus Sicht der Öl- und Autokonzerne um einen neuen Reform-Furz, mit dem sie ihre Glaubwürdigkeitskrise - Stichwort: Dieselgate und Feinstaub-Belastung - überwinden und einen neuen Autoboom, stark von staatlichen Subventionen gepampert, starten können. Zweitens geht es den politisch Verantwortlichen in Berlin und Brüssel darum, es der wichtigsten politischen Lobby recht zu machen und gleich­zeitig in der Öffentlichkeit das Gesicht wahren zu können, indem anscheinend ein "Weg aus der fossilen Wirtschaft" beschritten wird. Drittens geht es um China beziehungsweise um die Industriepolitik der chinesischen Führung.

2)  Dann eines nach dem anderen. Was hat es mit diesem höchst anrüchigen Reformsurrorgat auf sich?

Wolf: Ich beobachte seit Mitte der 1970er Jahren, dass die Autoindustrie in allen großen Krisen - ökonomische Krisen und Glaubwürdigkeitskrisen - es immer wieder geschafft hat, ein Reformprojekt zu propagieren, das die Öffent­lichkeit und meist auch ein größerer Teil der Umweltbewegung immer dankbar aufnahm - das jedoch am Ende immer auf ein- und dasselbe hinauslief: es kam zu einem neuen Boom der Autoproduktion und zu einer weiteren Steigerung der Pkw- und Kfz-Dichte. Wir hatten da Mitte der 1970er Jahre - Stichwort: Ölkrise 1973 und Autokrise 1974/75 - die Katalysator-Debatte. Wir hatten nach der Autokrise 1980-82 die Debatte über das "Waldsterben" mit dem "Großversuch Tempo 100". In den 1990er Jahren gab es die Reformidee "Swatch-Car": der Schweizer Milliardär und Uhren-Zampano Nicolas Hajek wollte, ähnlich der lustigen bunten Swatch-Uhr, lustige bunte kleine Elektro-Autos, "swatch-cars", bauen lassen. Querdenker wie Frederic Vester und Daniel Goeudevert (Ford) propagierten das querparken in den Citys. Und Züge, die die kleinen netten Stadtflitzer transportieren sollten (natürlich auch mit Bahnsteigen, auf denen man quer in die Züge rollen würde können). Daraus wurde dann der profane Benziner-Smart mit einer homöopathischen Dosis von Elektro-Smarts. In den Nuller-Jahren war es dann der "Bio-Sprit" - Kraftstoffe auf agrarischer Basis sollten die CO2-Belastung reduzieren - sogar der Weltklimarat ist darauf ein paar Jährchen lang hereingefallen.

3)  Und jetzt nach der massiven Krise der Weltautobranche 2008/2009 kam die "Elektromobilität"?

Wolf: Genau. Ich nenne das einen Reformfurz. Dieser riecht auch wirklich abgestanden. Vor 110 Jahren, als Henry Ford mit der Serienproduktion von Pkw begann, gab es weit mehr Elektroautos als Verbrenner. Der mit Benzin betriebene Pkw obsiegte - aus nachvollziehbaren Gründen. Es gab auch in den 1980er und 1990er Jahren massive Investitionen in Elektro-Pkw. Die Elektro-Pkw konnten sich aber weder vor 110 Jahren noch vor 25 Jahren durchsetzen - im Grunde aus den gleichen Gründen, die dieser Technik auch heute im Weg steht: es sind noch schwerere Autos. Sie sind deutlich teurer. Es gibt lange Ladezeiten. Es bleibt bei kurzen Reichweiten. Es kommt zu massiven neuen Abhängigkeiten von knappen Rohstoffen. Heutzutage sieht es allerdings anders aus. Die Elektro-Autos werden sich wohl als Stadt-Autos in wichtigen Industriestaaten durchsetzen - einfach weil es eine derzeit gut verkaufbare Reformidee ist. - Und weil es den Faktor China gibt.

4)  Ist die E-Mobilität überhaupt in einem relevanten Ausmaß umweltverträglich?

Wolf: Nein. E-Mobility in Form einer großen Zahl von Elektro-Autos wird immer umweltzerstörend, stadtbelastend und den Klimawandel beschleunigend sein. Dazu sechs Stichworte: Erstens gibt es diesen "ökologischen Rucksack": die Herstellung jedes E-Pkw ist mit massiv mehr CO2-Verbrauch verbunden als die Herstellung eines herkömmlichen Pkw. Zweitens ist der Strom-Mix in Deutschland und weltweit absehbar auf längere Zeit in erheblichem Maß von fossilen Energieträgern geprägt. Hierzulande können wir froh sein, wenn in drei Jahren, wenn die letzten AKW - hoffentlich! - vom Netz gehen, die Erneuerbaren dann soweit ausgebaut sein werden, dass sie die aktuell dreizehn Prozent Atomstrom ersetzen können. Doch es bleibt dann zunächst einmal bei 40 Prozent Braunkohle- und Steinkohle-Strom.

Drittens führt eine größere Zahl von E-Autos zu einer gesteigerten Stromnachfrage. Damit aber verschärft sich die genannte Problematik des Strom-Mixes mit hohen Anteilen von Kohlestrom. Darüber hinaus übt dies einen massiven Druck aus in Richtung Ausbau der Atomstrom-Kapazitäten. In China zum Beispiel droht die Verdopplung der Zahl der Atomkraftwerke (von knapp 40 auf rund 80). Viertens gibt es die Rebound- oder Bumerang-Effekte: E-Autos sind zu mehr als 50 Prozent Zweit- und Drittwagen. Mit ihnen wird ausgerechnet in den Städten der Autoverkehr noch mehr verdichtet. Die Krise des Öffentlicher Personennahverkehrs vertieft sich, da potentielle Öffentlicher-Personennahverkehr-Nutzer nun mit "grünem Gewissen" mit dem E-Pkw durch die City surfen, dann noch fröhlich Bus-Spuren und Gratis-Strom nutzend.

Fünftens gibt es diesen bewussten Denkfehler, wonach eben nur die Anteile von E-Autos zu steigern wären. Absolut aber vergrößern sich in Deutschland, in der EU und weltweit die Flotten der herkömmlichen Pkw und die neue Flotte der Elektro-Autos. 2018 wurden in Deutschland zwar 80.000 E-Pkw abgesetzt. Doch die Zahl der herkömmlichen Pkw nahm netto um mehr als 600.000 Pkw zu. Ähnlich sieht es in China aus. Alles wächst - und damit wachsen die CO2-Emissionen allüberall. Für das Klima ist es irrelevant, woher die CO2-Emissionen stammen. Und es ist unwichtig, ob sich gleichzeitig der Anteil der E-Pkw erhöht hat, wenn doch absolut alles wächst.

Und last but not least gibt es mit den wachsenden Pkw-Flotten in Ergänzung von peak-oil noch auch noch peak-copper, peak-cobalt, peak-lithium und so weiter. Das heißt, die neue Automobilität ist weiterhin geprägt von der latenten Ölknappheit und nun zusätzlich von der sich verschärfenden Knappheit anderer strategischer Rohstoffe. Wobei das Mobilitätsmodell das althergebrachte ist: die reichen Industrienationen besorgen sich die strategischen Rohstoffe für ihre Automobilität in den armen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Und entsorgen vielfach dort dann wieder ihren Plastik-, Elektronik- und Batterie-Schrott.

5)  Und wenn das E-Auto wirklich zu 100 Prozent aus Strom aus erneuerbaren Energien betrieben und auch in der Herstellung nur Energie aus Erneuerbaren verendet werden würde?

Wolf: Hätte, hätte, falsche Gedanken-Kette. Das sind lächerliche, niemals verwirklichbare Wunschvorstellungen. Doch auch wenn es so wäre, so bleibt es doch bei den Systemnachteilen, die mit jeder individuellen Motormobilität verbunden ist: Ein Auto, egal mit welchem Antriebsstrang ausgestattet, frisst vier Mal mehr Fläche als ein effizienter Öffentlicher Personennahverkehr benötigt. Autoverkehr ist weltweit mit 1,2 Millionen Straßenverkehrstoten verbunden. Verkehr mit Pkw, auch mit Elektroautos, bedeutet: Je mehr Autos, desto langsamer die durchschnittliche Geschwindigkeit. Aktuell liegt sie in Los Angeles bei 17 Stundenkilometer. In deutschen Städten eventuell bei 20 km/h. Das ist die Geschwindigkeit eines eher unsportlichen Fahrradfahrers. Jüngst veröffentlichte die New York Times einen Bericht, in dem im Detail belegt wird, wie die Pkw-Geschwindigkeit in den US-Städten kontinuierlich sinkt. Und wohlgemerkt: Wenn alle Pkw in Los Angeles Tesla oder auch Renault Zoe wären, dann bliebe es bei diesem absurden Ergebnis: eine Blechlawine, die sich in Radlergeschwindigkeit bewegt.

6)  Warum setzen sich dann die Medien so massiv dafür ein?

Wolf: Die Medien sind zunächst mal - banal gesagt - Überbau: medial-politischer Teil einer ökonomischen Basis, die von einer Öl- und Autoindustrie - inzwischen im Zeitalter der E-Mobility eng mit den Rohstoffkonzernen Glencore, Rio Tinto und Vale verbunden - bestimmt wird. Diese gewaltige Macht der Autoindustrie durchdringt die Verästelungen der Politik und bestimmt in erheblichem Maß die Medien über direkt bezahlte Anzeigen und in Form der indirekten PR über die "Motorsport-Seiten" und Motorsport-Sendungen der Medien. Man muss ja nur den Spiegel, den Stern, den Focus durchblättern oder sich Massenblätter wie Auto-Bild und auto-motor-sport oder die ADAC motorwelt - letztere mit 13 Millionen Leserinnen und Lesern - zur Hand nehmen, um festzustellen: das Thema Auto ist absolut vorherrschend.

7) Welche und wieviel Ressourcen werden beim Bau eines E-Autos verbraucht, und wie lange braucht es, bis sich dieses ökologisch amortisiert?

Wolf: Beim "ökologischen Rucksack" ist davon auszugehen, dass man mit einem E-Auto mindestens 50.000 km fahren muss, bis der abgetragen und die - vermeintlichen - Umwelt- und Klimavorteile eine E-Pkw im eigentlichen Verkehr überhaupt erst relevant werden.

Es ist ja viel - zu Recht - die Rede von Lithium und Kobalt. Lithium, das in der Regel in wasserarmen Regionen mit riesigen Mengen Wasser gefördert werden muss.

Kobalt, das mit Kinderarbeit und Kriegen verbunden ist. Doch es gibt auch ganz banale Rohstoffe, über die kaum debattiert wird. Ein E-Pkw benötigt zum Beispiel mindestens drei Mal so viel Kupfer wie ein herkömmliches Auto. Auch Kupfer ist ein knapper Rohstoff, der meist unter bedenklichen - die Gesundheit von Zehntausenden Menschen belastenden Umständen gefördert wird.

Ganz grundsätzlich: Der VW-Käfer wog 700 kg und beförderte im Durchschnitt 1,4 Personen oder 120 kg Mensch.

Der VW Golf wiegt 1.300 kg; er befördert inzwischen nur noch durchschnittlich 1,2 Personen oder 100 Kilogramm Mensch.

Der E-Golf wiegt 1600 Kilogramm. Und ein Tesla S bringt dann mindestens 2.100 Kilogramm Totgewicht auf die Waage.

Der technische Fortschritt besteht darin, dass es immer mehr Totgewicht - und damit immer mehr Ressourcenverbrauch - gibt, während gleichzeitig damit immer weniger befördert wird.

8) Sie schreiben, dass das E-Auto komplementär zum SUV ein Luxusauto sei. Warum das?

Wolf:  Zunächst gibt es da den sogenannten "funktionalen rebound", einen weiteren Bumerang-Effekt. Indem Brüssel und Berlin ein E-Auto als Null-Emissions-Pkw einstufen, gestatten sie den Autoherstellern, diese Zero-Emission-Vehicles auf ihre gesamte Flotte anzurechnen und faktisch den Trend mit immer mehr SUVs mit herkömmlichen Antrieben fortzusetzen. Sodann sind viele der neuen SUVs reine Elektroautos - so der Porsche Taycan, der Audi e-tron oder der Daimler EQC. Der EQC beginnt bei einem Kaufpreis von 70.000 Euro, hat 408 PS, beschleunigt von 0 auf 100 in 5,1 Sekunden und wiegt 2.400 Kilogramm. Der Audi e-tron beginnt bei 80.000 Euro, hat ebenfalls 408 PS, braucht 5,7 Sekunden bis zu Tempo 100 und wiegt 2500 Kilogramm. Der Porsche Taycan hat einen Einstiegspreis von 99.000 Euro, ist bereits nach 3,5 Sekunden auf Tempo 100 und hat 600 PS - das Gewicht scheint noch ein Betriebsgeheimnis zu sein. All das sind natürlich laut EU-Vorgaben Null-Emissions-Fahrzeuge. Das ist schlicht pervers.

9) Wie sieht es mit der Unfallgefahr durch E-Autos aus?

Wolf: Diese wird durch das größere Gewicht, die deutlich größere Beschleunigung und die bis zu Tempo 40 geringe Lärmemission - teilweise auch Lautlosigkeit - nochmals erhöht. Dafür gibt es in den USA belastbare Statistiken. Das führte in den USA zu der gesetzlichen Auflage, dass E-Pkw künstlich einen Sound generieren müssen, damit sie im Stadtverkehr mit dem Gehör wahrzunehmen sind. Da es bei uns bislang solche Auflagen nicht gibt, fahren hierzulande solche E-Pkw bei den niedrigen Geschwindigkeiten weitgehend lautlos - sie sind also mit einem größeren Unfallgefährdungspotential verbunden. Die Verbände, die die Interessen von Menschen mit Behinderungen vertreten, thematisieren das seit langem. Wobei der angebliche Vorteil der Lautlosigkeit bei Geschwindigkeiten von mehr als 40 Stundenkilometern dann nicht mehr gegeben ist. Ab diesem Geschwindigkeitslevel überwiegen beim E-Pkw-Verkehrslärm die Roll- und Luftwiderstandsgeräusche. E-Pkw sind also dann ebenso laut und ebenso mit Lärmbelästigung verbunden wie bei einem Pkw mit herkömmlichem Antriebsstrang.

10) Wie viele Ladestationen müsste es in Deutschland geben, um eine flächendseckende E-Mobilität zu gewährleisten und welche Probleme sind damit verbunden?

Wolf: Es gibt heute in Deutschland 14.000 Benzin-Tankstellen. Ein Tankvorgang (ohne Gang in die Tankstelle zum Bezahlen) ist auf fünf Minuten zu veranschlagen. Ein Ladevorgang eines Elektroautos ist selbst dann, wenn die Batterie nur zu 75 Prozent geladen wird, auf rund 30 Minuten - oder das Sechsfache der Betankungszeit - zu veranschlagen. Die geringere Reichweite eines E-Pkw im Vergleich zu einem Pkw mit Benzin- oder Dieseltank erhöht diesen Faktor auf rund 10. Wollte man nur 10 Prozent des aktuellen Pkw-Bestands an Elektro-Autos haben - das wären dann knapp 5 Millionen Elektroautos - bräuchte man demnach bundesweit ebenfalls rund 14.000 leistungs­starke "Strom-Tankstellen". Wobei es ja weiterhin die "klassischen" Benzin- und Diesel-Tankstellen geben wird. Das läuft auf eine Verdopplung der Tank- beziehungsweise Ladestationen und auf entsprechend doppelt so große, für Betankung beziehungs­weise für die Strom-Beladung vorzuhaltende Flächen hinaus. Wollte man alle Pkw durch E-Autos ersetzten, benötigte man zehn Mal mehr Ladestationen als Tankstellen, also 140.000. Die Problematik der Ladestationen für einen 10 Prozent E-Auto-Anteil zu stemmen, ist bereits eine Herkules-Aufgabe. Doch noch größer sind die Probleme und die Geldsummen, die mit einer solchen Ladestruktur verbunden sein würden. Dafür müsste ein leistungsstarkes Stromnetz aufgebaut werden. Und dafür müssten mehrere Dutzend Milliarden Euro investiert werden. Und all dies, wohlgemerkt, für eine ergänzende Mobilität, die eher von einer besser verdienenden Mittelschicht praktiziert werden wird. In Norwegen wird bereits offiziell beim Kauf eines neuen Pkw darauf hingewiesen, dass dringend zu einer eigenen Stromquelle geraten wird. Das ist Mittelstands­mobilität mit Eigenheim, Carport oder Garage und Wall-Box. Dann noch mit Zeitschalter, damit man um 1-3  früh in der Nacht preiswert Strom tanken kann.

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E-Auto-Schwemme und Betonbahn

25. November 2021

Von Winfried Wolf

E-Auto-Schwemme-und-Betonbahn   

 

 

Digitalisiertes Greenwashing: Kritik des Verkehrsbereichs im Koalitionsvertrag von "Rot-Grün-Gelb"

Der Koalitionsvertrag der "Ampel"-Parteien trägt in großen Teilen die Handschrift der FDP. Das dürfte auch daran liegen, dass Grüne und FDP sich im Vorfeld als "Königsmacher" zusammentaten - und dass die Grünen in den vergangenen zwei Jahrzehnten sich immer mehr zur eine neoliberalen Partei gewandelt hatten. Diese Tendenz wird im Koalitionsvertrag beim Thema Autoindustrie, Verkehr und Mobilität deutlich.

Natürlich wird das Thema Verkehr und Mobilität verbal als Klimaschutzpolitik präsentiert. In Wirklichkeit wird im Koalitionsvertrag das "Weiter so" einer fatalen Verkehrspolitik festgeschrieben, wie sie unter den CSU-Verkehrsministern Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer praktiziert wurde. Nur mit noch mehr Digital-Geklingel und mit der kaum verhüllten Drohung, gegebenenfalls Verkehrsprojekte mit der Brechstange, sprich deutlich beschleunigt, umsetzen zu wollen.

FDP ergattert Verkehrsministerium

Insofern ist es konsequent, wenn der neue Verkehrsminister Volker Wissing heißt, und dass die FDP - nach dem strategisch zentralen Ressort Finanzen - auch dieses Ressort mit dem größten Investitionsetat überhaupt übernimmt. Allein diese Entscheidung, dass die Grünen das Verkehrsressort der FDP überlassen mussten, spricht Bände. Wissing von der Autolobby-Partei FDP - bis Mai 2021 in Rheinland-Pfalz Minister für Wirtschaft, Verkehr und Weinbau - dürfte sich dafür ins Zeug legen, dass die Glaubwürdigkeitskrise der deutschen Autokonzerne in Vergessenheit gerät.

Schon tönt Wissing in der Bild vom heutigen Donnerstag: "Mobilität muss bezahlbar bleiben." Und damit keiner denkt, der Herr plädiere für Nulltarif in den "Öffis", fügt er hinzu, der Staat könne dabei helfen, indem er "bei der Besteuerung von Energie Entlastung schafft". Gemeint ist: Mineralölsteuersenkung, um preiswertes Tanken zu ermöglichen.

Der erste Paukenschlag in den "Ampel"-Gesprächen bestand ja auch darin, dass vereinbart wurde: Es wird erneut keinerlei Tempolimit geben. Auch wenn alle anderen europäischen Länder solche Geschwindigkeitsbeschränkungen haben, auch wenn mit der Einführung von Tempo 120/80/30 auf Autobahnen, auf Landstraßen und in Wohngebieten sofort eine deutliche CO2-Reduktion erreicht und mehr als 250 Menschen im Jahr das Leben gerettet werden könnte - es bleibt beim fatalen deutschen Tempowahn.

Im gesamten Koalitionsvertrag findet sich kein Wort zu Verkehrsvermeidung. Es gibt keine belastbare Stelle für das notwendige Stopp-Zeichen für einen fortgesetzten Straßenbau. Zum gesamten nichtmotorisierten Verkehr - Zufuß-Gehen und Radfahren - finden sich lächerliche und absolut nichtssagende fünf Zeilen (Seite 53). Dagegen ist der Abschnitt zum Flugverkehr (Seite 53f) fünf Mal umfangreicher und so formuliert, dass für das weitere Anwachsen des Flugverkehrs - derjenigen Verkehrsform, die das Klima am stärksten belastet - keinerlei Grenzen gesetzt werden. Schließlich soll "Deutschland Vorreiter beim CO2-neutralen Fliegen werden".

Schnelles Deutschland

Als "Highlight des Koalitionsvertrags" bezeichnet die Frankfurter Allgemeine Zeitung [1] die beabsichtigte "radikale Vereinfachung des Planungsrechts", die die Ampel-Parteien vorsehen. Tatsächlich gibt es mehr als ein Dutzend Passagen im "rot-grün-gelben" Koalitionsvertrag, die auf Demokratieabbau und Beschleunigung aller Genehmigungsverfahren hinauslaufen.

Um es vorab deutlich zu sagen: Ginge es darum, beim echten, wirksamen Klimaschutz und bei einer belastbaren Verkehrswende "Tempo zu machen", dann könnte angesichts des Klimanotstands über dergleichen geredet werden. In Wirklichkeit laufen jedoch alle Projekte dieser Regierung auf etwas ganz anderes, auf ein "Weiter so" bis zum Abgrund und auf noch mehr Klimabelastung hinaus. Entsprechend weisen diese neuen Beschleunigungs-Vorhaben in die falsche Richtung.

Die Ampel-Regierung will "staatliches Handeln schneller und effektiver machen" (S. 12); bereits im "im ersten Jahr der Regierung" sollen "alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden, um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren" (S. 12). "Bei besonders prioritären Vorhaben soll der Bund künftig nach dem Vorbild des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kurze Fristen zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorsehen."

Man will "große und besonders bedeutsame Infrastrukturmaßnahmen auch im Wege zulässiger (…) Legalplanung beschleunigt auf den Weg bringen und mit hoher politischer Priorität umsetzen". Darunter seien "systemrelevante Bahnstrecken, Stromtrassen und Ingenieursbauwerke (z. B. kritische Brücken)" zu verstehen (S. 13).

Ja, man will "beginnen (…) mit Schienenprojekten aus dem Deutschlandtakt - dem Ausbau/Neubau der Bahnstrecken Hamm-Hannover-Berlin, Korridor Mittelrhein, Hanau-Würzburg/Fulda-Erfurt, München-Kiefersfelden-Grenze D/A, Karlsruhe-Basel, "Optimiertes Alpha E+", Ostkorridor Süd, Nürnberg-Reichenbach/Grenze D-CZ, die Knoten Hamburg, Frankfurt, Köln, Mannheim und München." (Ebenfalls S.13).

Das ist ein Blankoscheck, um Vorhaben mit staatlicher Gewalt durchzusetzen, die - wie im Fall der neuen Bahnstrecke Bielefeld - Hannover mit Tempo 300 km/h oder wie im Fall der neu geplanten, gewaltige Tunnelbauten in Frankfurt am Main und München oder wie im Fall der geplanten zusätzlichen großen Tunnelstrecken ("Bilger-Tunel") und des zusätzlichen unterirdischen Kopfbahnhofs in Stuttgart mit einem "zweiten Stuttgart 21" - eindeutig klimaschädigend und für einen fahrgastfreundlichen Bahnverkehr unnötig sind.

Vor diesem Hintergrund wirkt der Satz "Dabei wollen wir erheblich mehr in die Schiene als in die Straße investieren" (Seite 48) nicht als Beruhigung, sondern als Drohung, eben weil es gleich im Anschluss heißt "um prioritär Projekte eines Deutschlandtaktes umzusetzen" und weil diese konkrete Art des Deutschlandtaktes keine Flächenbahn, keine Bürgerbahn und keine Klimabahn darstellt, sondern eine Betonbahn und eine Geschwindigkeitswahn-Bahn ist.

Ausweitung des Autoverkehrs mit "Elektromobilität" als Zusatz

Derweil wächst zurzeit die Autoflotte in unserem Land Jahr für Jahr um mehr als eine halbe Million. Gemeint ist der Bestand an Pkw und das Nettowachstum desselben - die Abmeldungen also bereits berücksichtigt. Wer dem keinen Riegel vorschiebt, der erlebt im entscheidenden kommenden Jahrzehnt ein gewaltiges Wachstum dieser Flotte und einen deutlichen Anstieg der verkehrsbedingten CO2-Emissionen.

Wer dann noch eine Senkung der Mineralölsteuer ins Gespräch bringt und in den Koalitionsvertrag hineinschreibt "Um Jugendliche schon frühzeitig für die Gefahren im Straßenverkehr zu schulen, werden wir begleitetes Fahren ab 16 Jahren ermöglichen" (Seite 52), der verschreibt sich auch noch dieser fatalen Orientierung.

Die Ampel-Koalitionäre postulieren (Seite 27): "Unser Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030." Und: "Wir machen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität, zum Innovations­standort für autonomes Fahren und beschleunigen." Einmal abgesehen davon, dass 15 Millionen Batterie-Pkw im gegebenen Zeitraum eindeutig unrealistisch sind und dass autonomes Fahren mit einer gigantischen Steigerung des Energieverbrauchs verbunden sein wird, ist das Ziel "Elektromobilität" aus drei Gründen klimaschädigend: Erstens, weil es nicht verbunden ist mit einer Deckelung des Pkw-Bestands; die E-Pkw sind damit ein Plus, ein Zusatz zur allgemein steigenden Pkw-Dichte.

Zweitens, weil alle Erfahrungen, unter anderem im E-Auto-Pionierland Norwegen, besagen, dass E-Pkw zu mehr als 50 Prozent Zweitwagen und zu mehr als 35 Prozent Stadtwagen sind, was heißt, die Pkw-Flotte wächst gerade dort, wo Autoverkehr zurückgedrängt werden soll - in den Städten. Drittens, weil die Bezeichnung von E-Pkw als "Zero-Emission-Vehicles" absurd, ein bewusster Selbstbetrug, ist. Selbst bei 100 Prozent Ökostrom sind E-Pkw mit massiven CO2-Emssionen verbunden, vor allem aufgrund des gewaltigen Ressourcenverbrauchs (z.B. vier bis sechsmal mehr Kupfer je Pkw) und der energieintensiven Förderung derselben.

Wobei es 100 Prozent Ökostrom auch im Jahr 2030 nicht geben wird. Es bedarf bereits einer enormen Kraftanstrengung, im Fall des Abschaltens der verbliebenen Atomkraftwerke bis Ende nächsten Jahres den Atomstromanteil durch regenerative Energien zu ersetzen - womit aber der fossile Anteil beim Strommix nur gehalten werden könnte. Irritiert nimmt man da zur Kenntnis, dass der "Ampel"-Vertrag kein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus der Atomenergie enthält, dass u.a. nichts gesagt wird zu den atomaren "Forschungsreaktoren" in Karlsruhe und München.

Und dass auch auf diesem Gebiet mit dem Verweis auf "Beschleunigung" eine unverantwortlich schnelle und rigide Festlegung zur Endlagerung von Atommüll droht (siehe S. 65). Der Koa-Vertrag schreibt fest, dass Milliarden Euro Steuergelder dafür ausgegeben werden sollen, um der Autoindustrie und den Energiekonzernen so gut wie alle Infrastrukturkosten für die neue Elektromobilität abzunehmen.

So, wenn es dort auf Seite 51 heißt: "Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss dem Bedarf vorausgehen. Wir werden deshalb den vorauslaufenden Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur mit dem Ziel von einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglichen Ladepunkten bis 2030 mit Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur ressortübergreifend beschleunigen."

Eine Passage im Vertrag lässt aufhorchen. Sie lautet: "Wir wollen das Nebeneinander von Autobahn GmbH und Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau Gesellschaft (DEGES) aufheben. Zwischen Bund und Autobahn GmbH wollen wir eine überjährige Finanzierungsvereinbarung abschließen." (Seite 51f) Das dürfte auf eine ergänzende Privatisierung im Bereich Fernstraßen (Bau und Unterhalt) hinauslaufen.

Widersprüchliches im Bereich Schiene

FDP-Verkehrsminister hin oder her - eindeutig positiv zu beurteilen ist die folgende Festlegung im "rot-grün-gelben" Vertrag: "Wir werden die Deutsche Bahn AG als integrierten Konzern inklusive des konzerninternen Arbeitsmarktes im öffentlichen Eigentum erhalten. Die internen Strukturen werden wir effizienter und transparenter gestalten. Die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) der Deutschen Bahn AG werden innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt. Diese steht zu 100 Prozent im Eigentum der Deutschen Bahn als Gesamtkonzern. Gewinne aus dem Betrieb der Infrastruktur verbleiben zukünftig in der neuen Infrastruktureinheit." (Seiten 49/50).

Wenn diese Aussagen umgesetzt werden, ist der Konzern Deutsche Bahn AG ein völlig anderer als wir ihn - mit überwiegend negativen Folgen - im Zeitraum 1994 bis 2021 erlebt haben. Damit könnte Transparenz in einem Bereich hergestellt werden, in den Jahr für Jahr mehr als fünf Milliarden Euro fließen. Damit könnten diejenigen, die in Hamburg (Altona-Diebsteich!), in Frankfurt am Main (Fernbahntunnel!), in Bielefeld und Hannover (neue Hochgeschwindigkeitsstrecke mit Tempo 300 km/h) und in Stuttgart (Stuttgart21!) gegen zerstörerische Großprojekte [2] kämpfen, bessere Bedingungen für ihre Engagements erhalten.

Vor allem aber reduziert diese Strukturreform, die mit vergleichbaren Formulierungen im Sommer 2016 auf einer gemeinsamen Tagung [3] von der Bundestagsabgeordneten Sabine Leidig (Die Linke) und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) erstmals ins Spiel gebracht wurde, den eigentlichen Konzern Deutsche Bahn - insoweit es Deutschland und die Gewinn- und Verlust-Rechnung des Konzerns betrifft - auf die drei Eisenbahnverkehrsunternehmen DB Fernverkehr, DB Regio (Nah- und Regionalverkehr) und DB Cargo (Schienengüterverkehr).

Da DB Cargo derzeit und in den nächsten Jahren massive Verluste einfährt, welche die Gewinne von DB Regio deutlich übersteigen (DB Fernverkehr hat ein Plus-Minus-Null-Ergebnis), schreibt der DB-Konzern damit im Inland deutlich rote Zahlen. Schließlich gehört die deutlich profitable Infrastruktur dann nur noch formal und operativ nur noch hinsichtlich des Arbeitsmarktes zum Konzern.

Staatskonzern als verlängerter Arm deutscher Außenpolitik

Vor diesem Hintergrund ist es dann logisch, dass der Koalitionsvertrag zu den Auslandsbeteiligungen der Deutschen Bahn - und diese machen die Hälfte des gesamten Umsatzes aus - bedrohlich schweigt. Das heißt nichts anderes, als dass die Deutsche Bahn nach den Ampel-Plänen weiter als Global Player unterwegs sein soll - mit Flugverkehr in Asien, mit Lkw- und Logistikgeschäften weltweit oder auch mal mit einem den Regenwald zerstörenden Tren Maya in Mexiko.

Da der Auslandsbereich mit den DB-Töchtern Schenker und Arriva bisher in der Summe gewinnbringend war - was angesichts der weltweiten Krisentendenzen so nicht bleiben muss und ins Gegenteil umschlagen kann - soll er nach dem Willen der Ampel offensichtlich als Gegengewicht zu den Verlustbringern der DB-eigenen Verkehrssparte erhalten werden. Damit aber werden frühere Versprechen, wie sie vor allem von den Grünen gegen wurden, gebrochen.

Der Staatskonzern wird weiter als eine Art verlängerter Arm deutscher Außenpolitik und auch als Träger von massiv klimaschädigenden Verkehrsformen erhalten bleiben. Relativ gesehen könnten dann die Engagements des Vorstand der Holding noch stärker vom Auslandsgeschäft bestimmt und noch mehr vom Kerngeschäft Schiene Deutschland entfernt sein.

Im "Ampel"-Vertrag vereinbart ist auch, was die alte Bundesregierung und die Deutsche Bahn seit mehr als fünf Jahren wie eine Monstranz vor sich hertragen: "Die Verkehrsleistung im Personenverkehr (wird sich) verdoppeln." (Seite 49). Abgesehen davon, dass das formal falsch ist; gemeint ist nicht, dass sich die gesamte Verkehrsleistung im Bereich Schiene "verdoppeln" soll; es geht hier "nur" um den Fernverkehr, der lediglich rund die Hälfte der gesamten Verkehrsleistung ausmacht.

Aber auch hier gilt: Es gibt keine Aussage zu einer Deckelung von anderen Verkehrsleistungen; es findet sich im Koalitionsvertrag kein Wort zu der notwendigen Verlagerung von Straßenverkehren und von Luftverkehr auf die Schiene. Wenn aber alles wächst, dann wachsen erneut die CO2-Emissionen insgesamt. Dann ist das Wachstum des Schienenverkehrs nur das schmutzige Sahnehäubchen oben drauf auf dem kaum begrenzt wachsenden Verkehrssektor.

Der Koalitionsvertrag legt in diesem Zusammenhang fest: "Den Zielfahrplan eines Deutschlandtaktes und die Infrastrukturkapazität werden wir auf diese Ziele ausrichten." (Seite 50). Das läuft auf die oben bereits beschriebene Beton- und Tunnelbahn hinaus. Zum Schienenpersonennahverkehr - er macht fünfzig Prozent der Schienenverkehrsleistung und 90 Prozent des Aufkommens (der Fahrten auf der Schiene) aus - findet sich kein Wort.

Zu den Aussagen "Wir werden mehr Oberzentren an den Fernverkehr anbinden" und "Wir werden das Streckennetz erweitern, Strecken reaktivieren und Stilllegungen vermeiden" kann man nur sagen: Die Botschaft hör ich wohl, wie wohl mir fehlt der Glaube. Vergleichbares haben die letzten drei Vorgängerregierungen vorgetragen und Vergleichbares erklären die Bahn-Oberen seit mehr als 15 Jahren. Doch Jahr für Jahr findet das Gegenteil statt - Abbau der Betriebslänge des Netzes und vor allem Abbau der Netzeffizienz durch Herausnahme von Weichen, von Ausweichgleisen und durch Schließung von Gleisanschlüssen.

Dort wo es bei diesem Thema konkret wird, bleibt die Zielvorgabe hinter den Notwendigkeiten zurück. So wenn es im Koa-Vertrag heißt: "Bis 2030 wollen wir 75 Prozent des Schienennetzes elektrifizieren". Das wäre bei der Gesamtelektrifizierung nur ein Plus von 13 Prozentpunkten. Wobei - so eine Einschätzung von "Allianz pro Schiene" - auch dieses eher bescheidene Ziel bei der bestehenden Politik von DB Netz verfehlt werden dürfte.

Im Ampel-Vertrag findet sich der anscheinend nur en passant hingeworfene Satz: "Eisenbahnverkehrsunternehmen werden markt- und gewinnorientiert im Wettbewerb weitergeführt." Dass das im Nahverkehr seit Ende der 1990er-Jahre so ist, ist sattsam bekannt. Die jüngste Pleite des privaten Betreibers Abellio in Baden-Württemberg und der Flickenteppich, den es inzwischen im Schienenpersonennahverkehr gibt, unterstreichen, die Problematik dieser Art Wettbewerb in einem Sektor, der insgesamt als öffentlicher organisiert werden müsste.

Sehr viel spricht dafür, dass mit dieser Formulierung die Ampel und insbesondere der neue Verkehrsminister Wissing andeuten, dass es zukünftig auch im Fernverkehr in großem Umfang "Wettbewerb" geben soll, dass es also ergänzend zum ICE einen großen privaten Fernverkehrsbetreiber auf Schienen - analog dem "Italo" in Italien und der "Westbahn" in Österreich - geben wird. Damit würde es auch im Fernverkehr einen Verlust an Synergien und ein Plus an Fahrplan- und Ticket-Chaos geben.

Allerdings - Vorsicht! Dass der bestehende Konzern Deutsche Bahn diese Entwicklung zu immer mehr Privatisierung verhindern würde, ist ein Trugschluss. Schließlich wächst der Anteil der Privaten von Jahr zu Jahr, auch und gerade weil der "integrierte Konzern" dies indirekt und oft sogar direkt fördert. So sickert derzeit durch, dass die Einstellung des DB-eigenen preiswerten IRE-Verkehrs auf der Verbindung Hamburg - Berlin von der DB selbst herbeigeführt wurde … weil intern bereits die entsprechenden Trassen an den privaten Betreiber Flixtrain vergeben wurden.

Bilanz

In den Koalitionsverhandlungen für die neue "Ampel"-Regierung konnte die FDP auch im Bereich Verkehr starke neoliberale Duftmarken setzen. Der gesamte Verkehrsbereich des Koalitionsvertrags bringt keinerlei Fortschritte im Bereich Klimaschutz. Im Gegenteil - der Autoverkehr wird damit faktisch deutlich gesteigert und die CO2-Emissionen in diesem Bereich werden weiter steigen. Der Ampel-Vertrag ist hier - wie in fast allen Bereichen - Greenwashing pur, ergänzt um viel Digital-Blablabla. Allein die Umstrukturierung des Bahnkonzerns bleibt positiv zu vermerken.

Die drei Zielsetzungen (1) "Beschleunigungen aller Planverfahren", (2) Umsetzung aller Betonprojekte im Schienenfernverkehr unter dem irreführenden Label "Deutschlandtakt" und (3) die angedeutete Orientierung auf Konkurrenzverkehr zum ICE sind negativ zu vermerken. Nur eine breite Verkehrswende-Bewegung von unten kann die Chancen, die es mit der Ampel-Regierung in diesem Bereich auch gibt, wahrnehmen. #


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[1] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/koalitionsvertrag-der-ampel-ein-revolutionaeres-programm-17650823.html

[2] https://www.ft.com/content/7373c137-80ce-4a23-8257-9be3e8af0297

[3] https://www.linksfraktion.de/termine/detail/wie-schuetzen-wir-die-bahninfrastruktur-vor-privatisierung/


 

 

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