Wyssozki_Start

 MDR FIGARO  #  29.1.2008  #   www.mdr.de  

 

Am 25. Januar wäre der Dichter-Sänger Wladimir Wyssozki 70 geworden. Zu Lebzeiten wurden seine Lieder kaum verlegt, doch dank "Magnitisdat", dem Weitergeben von Tonbändern, waren sie millionenfach in Umlauf. Als der Sänger 1980 im Alter von 42 Jahren starb, kamen fast 100.000 Menschen zum Begräbnis.

In Wyssozki brennt ein Feuer 

Wladimir Wyssozki wird am 25. Januar 1938 in Moskau geboren. Er ist das Kind zweier Intellektueller. Seine Mutter lernt Deutsch und führt ausländische Touristen durch Moskau. Der Vater ist Nachrichtenoffizier in der Sowjetarmee. Der kleine Wladimir lernt schnell sprechen. Sein erstes Wort ist nicht etwa Mama oder Papa, er sagt: "Feuer."

Während des Zweiten Weltkriegs wird Wyssozki mit seiner Mutter für zwei Jahre nach Busuluk, einer kleinen Stadt im Ural, evakuiert. Nach Kriegsende, im September 1946, wird er in Moskau eingeschult. Ein Jahr später holt ihn sein Vater, der in Deutschland stationiert ist, nach Eberswalde, dort besucht Wyssozki eine russische Grundschule. Er lernt Klavier zu spielen. Im Oktober 1949 kehrt er zurück in die russische Hauptstadt. Nach der Schule, die er 1955 mit der Mittleren Reife abschließt, fängt er ein Studium im Fach "Bauingenieurwesen" an, welches er ein Jahr später abbricht, um Schauspieler zu werden. Im Herbst 1956 schreibt er sich an der "Maxim Gorki" Schauspielschule in Moskau ein. Schon drei Jahre später, 1959, hat er sein Kinodebüt in dem Film "Die Gleichaltrigen". Auf der Schauspielschule lernt er auch seine zukünftige Frau Isolde Schukow kennen, die er 1958 heiratet.

Die Seele erkrankt 

Im Juni 1960 endet die Ausbildung und Wyssozki wird nach kurzer Zeit am Puschkin-Theater aufgenommen. Doch er bekommt nicht die Rollen, von denen er träumt. Auch seine Ehe scheitert. 1961 lernt er in Leningrad Ljudmila Abramowa kennen und heiratet sie. In diesem Jahr schreibt der zielstrebige junge Mann sein erstes Lied, das den Titel "Die Tätowierung" trägt.

"Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Lieder machen würde. Ich habe immer Gedichte geschrieben, bis ich eines Tages hörte, wie der Dichter Bulat Okudschawa sang, und dieser Augenblick war für mich so etwas wie ein Moment der Erleuchtung. Ich begriff, dass man den Eindruck, die Wirkung der eigenen Verse noch maßgeblich erhöhen kann, wenn man ihnen eine zusätzliche Dimension gibt, eine musikalische Färbung als Mittler, oder zumindest den reinen Rhythmus der Gitarre."

In den folgenden Jahren spielt Wyssozki in verschiedenen Kinofilmen mit, wie z.B. "Landurlaub" (1962), "Die Lebenden und die Toten" (1963) oder "Unser Haus" (1965). Er wechselt von Theater zu Theater und findet nirgends Halt. Privat ist Wyssozki in dieser Zeit glücklich, im November 1962 wird sein erster Sohn Arkadi geboren. Knapp zwei Jahre später, im August 1964, kommt sein zweiter Sohn Nikita zur Welt. Doch die Künstlerseele ist krank, der Schauspieler leidet an Alkoholsucht. Auf Wunsch seiner Eltern lässt er sich behandeln.

Der Durchbruch 

Im September 1964 schließt sich Wyssozki der Truppe des "Theaters an der Taganka" an, an dem er bis zu seinem Tod bleibt. Wyssozki konzentriert sich immer mehr auf die Musik, über 100 Lieder hat er bereits 1965 geschrieben und seine ersten Konzerte in Moskau gegeben. Gelegentlich trägt er eigene Lieder im Rahmen der Theateraufführungen vor.

Der große Durchbruch gelingt dem Künstler 1966 mit dem Film "Vertikal", in dem er den gitarrespielenden Funker Wolodja spielt. Daraufhin erscheint auch Wyssozkis erste Platte mit Liedern aus dem Film. Zufrieden und stolz sollte er sein, auf das, was er geschaffen hat, doch seine Alkoholsucht schreitet weiter voran. Im Juli 1969 bricht er zusammen und wird für klinisch tot erklärt, doch er überlebt.

Der letzte Akt 

Am 1. Dezember 1969 heiratet Wyssozki die französische Schauspielerin Marina Vlady, die er 1967 kennengelernt hat. Berühmt wird Wyssozki in der Rolle des Hamlet, Shakespeares gleichnamiges Stück feierte am 29.11.1971 in Moskau Premiere.

Musikalisch ist Wyssozki sehr engagiert, 1973 erscheint seine zweite Platte, die den Titel "Die Lieder des Wladimir Wyssozki" trägt und zum größten Teil Lieder aus seinen Filmen enthält. In diesem Jahr lässt sich der Poet eine chemische Ampulle gegen seine Alkoholkrankheit einnähen.* Trotz seiner Sucht ist Wyssozki sehr kreativ und veröffentlicht 1974 sein drittes Album. Bis zu seinem Tode schreibt der Barde über 600 Lieder.

"In den 70er-Jahren wirkten Wyssozkis heisere, dramatische Lieder wie Verzweiflungsschreie, die aus der Erstarrung der Breshnew-Ära herausbrachen.Katja Lebedjewa in: "Russische Gitarrenlyrik in der Opposition"  

In den 70er-Jahren gibt er mit dem Taganka-Theater unter anderem Gastspiele in Frankreich und in der USA. Gesundheitlich geht es Wyssozki immer schlechter, er greift nun nicht mehr nur zu Alkohol, sondern auch zu Drogen. Am 25.7.1979 wird er das zweite Mal für klinisch tot erklärt. 

1980 spielt Wyssozki den Don Juan in "Kleine Tragödien", dies wird seine letzte Filmrolle sein. Als Sänger steht er das letzte Mal am 17. Juli auf der Bühne und einen Tag später tritt er noch einmal als Hamlet auf. Nur wenige Tage später, am 25. Juli 1980 hört Wladimir Wyssozkis Herz auf zu schlagen. Er stirbt um 4 Uhr in seiner Moskauer Wohnung.

Obwohl der Tod des Gitarrenlyrikers geheim gehalten wird, weil zu diesem Zeitpunkt gerade die Olympische Spiele in Moskau stattfinden, spricht sich die Nachricht rasend schnell herum. Fast hunderttausend Menschen nehmen an seiner Beisetzung auf dem Moskauer Friedhof "Wagankowskoje" teil. Die Beerdiung wird zu einer der größten nicht staatlich verordneten Demonstrationen, die es bis dato in der sowjetischen Hauptstadt gegeben hat.

"Ich sterbe, ohne jemals wirklich frei gewesen zu sein."  
 Wladimir Wyssozki 

 

*detopia-2012  auch heute in russland populär; der stoff heißt "esperal" aus frankreich, eine tablette unter die haut an der hüfte eingenäht kostet 70 euro und "schützt" ein Jahr. - auch heroinsucht wird eingenähten kollapsmitteln bekämpft. auch deutsche fahren zur radikalkur dorthin (laut ARD-fernsehbericht).

 

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