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   2  Der Ost-West-Konflikt als Regression  

(1982)

 

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Als 1618 der Dreißigjährige Krieg ausbrach, schien die Welt (jedenfalls die europäische bzw. mitteleuropäische) seit einem Jahrhundert um eine logische, eine unausweichliche Konflikt-Achse angeordnet; eine Konflikt-Achse, die konfessionalistisch war, jedenfalls aufs engste mit der Revolution Luthers und seiner Kampfgefährten zusammenhing. 

Ein Jahrhundert lang hatte sich diese Anordnung herausgebildet, und zwar in einer Serie blutigster Auseinandersetzungen in Frankreich, England, Deutschland und so fort. Auf beiden Seiten, der reformatorischen wie der gegenreformatorischen, war damit auch schon Tradition gegeben — Tradition nicht zuletzt in der Gestalt von Märtyrern, deren Erbe man nun nicht mehr verraten durfte — tote Hugenotten in Frankreich, tote Jesuiten in England, tote Blutzeugen in Fülle natürlich auch in Deutschland — auf beiden Seiten. 

Natürlich hatten auch Interessen eine Rolle gespielt, hatten wechselnde Koalitionen auf Zeit bedingt — aber die Dramaturgie des Konfliktes an sich war nach wie vor konfessionell und hatte sich, durch brutal-reinliche Scheidung nach der Konfession des jeweiligen Regional-Besitzers, auf jeden Fall noch konkretisiert. In dem Augenblick, wo es um die Konfession des reichen Böhmen ging, war Beides bereit: konfessionelle Dramaturgie und territoriales Macht-Interesse, um den Konflikt zum Krieg werden zu lassen. Während dieses Krieges nun stellte sich heraus, daß die ganze Dramaturgie überholt war. Es ist müßig, darüber zu streiten, ob er mit dem Eingreifen der Franzosen auf Seiten der deutschen Protestanten (und schon die Bezahlung Gustav Adolfs durch Richelieu war ein solches Eingreifen) seinen »wahren« Charakter enthüllte oder nicht; auf jeden Fall wurde er vollständig verändert.

Der römische Kardinal, der die Männer aus dem Norden zahlte, damit sie auf deutschen Schlachtfeldern protestantische Siegeshymnen singen konnten, begriff den Krieg als Hegemonialkonflikt — um die Hegemonie in Europa und damit in der damals erreichbaren und sich rasch weitenden Welt. Es war der Konflikt mit Spanien. Richelieus Eingreifen enthüllte so das Ende der alten Konflikt-Dramaturgie, darüber hinaus aber auch das Ende der alten Vorkämpfer, des Wiener Kaisers und der deutschen protestantischen Reichsstände, mit anderen Worten: das Ende des REICHES als einer sinnvollen Organisationsform.

Folgerichtig gingen alle die Mächte relativ gestärkt aus dem Westfälischen Frieden von 1648 hervor, die am wenigsten auf das Vorhandensein des Reiches angewiesen waren; darunter das stockkatholische Herzogtum (jetzt Kurfürstentum) Bayern, welches doch der Vorstreiter der katholischen Liga gewesen war. Deutschland aber, der mitteleuropäische deutschsprechende Raum und Böhmen, blieben nach dem Eingreifen Frankreichs weiterhin Kriegsschauplatz, theatre of war, ein Vietnam des neuen Globalkonflikts.

Entscheidend für unsere Betrachtung ist an diesem historischen Beispiel zweierlei: der Schauplatz — und der Wechsel der Dramaturgie mitten im Konflikt. Der Schauplatz hat sich seit 1648 überraschend wenig geändert, ja, er ist zum ersten Mal seit dem 17. Jahrhundert wieder aktualisiert worden. Sicher, die Vormächte sind weiter weggerückt als damals, aber die Dramaturgie des Konflikts (die Ideologie der Ost-West-Konfrontation) ist wiederum vor einem Jahrhundert und mehr in Mitteleuropa entstanden und wurde von dort nach allen vier Winden exportiert, ehe sie, nach gefährlichsten regionalen Konflikten und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, zu relativ festen territorialen Gebilden gerann, mit jeweils einem gigantischen Vorkämpfer.

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 Das Reich, diesmal nicht das Heilig-Römische, sondern Hitlers Drittes, wurde entlang der Elbe geteilt und den jeweiligen Vormächten als Glacis zugeordnet — wobei jedoch der »ideologische« Inhalt dieses Konflikts, seine Dramaturgie, diesseits und jenseits der Elbe am lupenreinsten aufzutreten scheinen.

Das Wesentliche an derartigen Konflikten (damals dem konfessionellen, heute dem kapitalistisch-kommunistischen) ist jedoch die Tatsache, daß beide Seiten die Dramaturgie anerkennen, anerkennen müssen. Heil bzw. Heillosigkeit des eigenen und des gegnerischen Ansatzes werden mit derselben Meßlatte gemessen, mit demselben Wortschatz hervorgehoben bzw. denunziert. 

Wortschatz und Meßlatte sind bekannt, bekannt und anerkannt. Unsere Dramaturgie, östlich wie westlich der Elbe, ist ökonomistisch-industrialistisch. Heil und Unheil werden mit dem Zollstock des Bruttosozialprodukts gemessen, ohne daß die Indexziffern, aus denen es errechnet wird, auf einer Seite wesentlich anders festgelegt werden wie auf der anderen. Heil bzw. Heillosigkeit ist damit gegeben, wenn folgende Aufgaben befriedigend bzw. unbefriedigend gelöst werden: ständige Ausweitung der materiellen Produktion; sinnvolle Disposition und Re-Investition der aus der Produktion sich ergebenden Überschüsse; »Rationalisierung« im weitesten Sinne, d.h. Unterwerfung immer weiterer Bereiche der Produktion und Reproduktion unter das rationale Kalkül; Transparenz immer größerer wirtschaftlicher, politischer, gesellschaftlicher Gebilde und, dementsprechend, immer weiter ausgreifende Zentralisierung.

Bei solcher Gemeinsamkeit des Ziel-Bündels — einer Gemeinsamkeit, für die man getrost J. Galtungs Ausdruck »Tiefen-Ideologie« übernehmen kann — verwundert es nicht, daß sich viele Gemeinsamkeiten der gesellschaftlichen, der politischen und wirtschaftlichen Praxis ergeben — Gemeinsamkeiten, die, wenn schon nicht realisiert, so doch als wünschbar oder unausweichlich gelten. 

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Auf beiden Seiten des Konflikts ist die »planende Verwaltung« im stürmischen Vormarsch, und mit ihr eine Klasse, die Bürokratie und Intelligenz umfaßt. (Im Westen kommt noch das Kapital dazu, aber das ist eine Variante, um das Drama in Gang zu halten.) Auf beiden Seiten bläht sich die sogenannte Forschung auf; ein Apparat, dem ungeheure Mittel zufließen, Mittel, die mit der fröhlichen, fast schon wieder unschuldigen Arroganz alter Feudaler in Empfang genommen werden. Auf beiden Seiten kommen dieser Schicht, zusammen mit den professionellen Politikern, massive Privilegien zugute — wobei Unterschiede in der Zuteilung zwischen Ost und West gar nicht einmal so sehr mit den ausgesprochenen Ideologien als mit Unterschieden in der volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und systemunabhängigen Faktoren (etwa der speziellen Rolle der Literatur in der UdSSR) zusammenhängen. 

Auf beiden Seiten schreitet die Überwachung des Bürgers im Namen des Gemeinwohls voran. Der wesentliche Unterschied der Systeme auf allen diesen Gebieten ist wiederum nicht so sehr durch die unterschiedlichen »Menschenbilder« bedingt, die man auf den Stahlbeton der Wirklichkeit pinselt, als vielmehr durch die horrende technische Überlegenheit des Westens, der ihm etwa die lange Leine der Computer-Verbünde über Banknetze und die schimmernde Perfektion des Bundeskriminalamtes erlaubt. (Wo man trotzdem lieber lebt, ist historisch leider keine methodische Frage.) 

Genauso bezeichnend wie das, was beide Seiten im Rahmen der gemeinsamen Dramaturgie für nötig halten, ist das, was sie für unnötig oder nebensächlich halten. Faßt man diese angeblichen Nebensächlichkeiten in eine Formel zusammen, was natürlich nur höchst unvollkommen möglich ist, so läßt sich sagen, daß beide Seiten die gesamte Skala der immateriellen Techniken, die Zehntausende von Jahren versucht und erprobt wurden, um die kulturelle Aufgabe zu erfüllen (die Aufgabe nämlich der Vermittlung von Lebens-Sinn), theoretisch, praktisch oder theoretisch/praktisch für überflüssig halten. 

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Der Osten ist in diesem Punkt vielleicht eine Spur ehrlicher, indem er zum Beispiel ihm ungelegene oder gefährlich erscheinende religiöse oder ästhetische Äußerungen offen verfolgt bzw. verfolgte; der Westen kann es sich, gestützt auf die narkotisierende Wirkung des Über-Konsums, leisten, solche Phänomene in einen räumlichen und zeitlichen Freizeit-Park abzuschieben, revolutionierende oder system-gefährdende Wirkungen sind von daher nicht mehr zu erwarten, weder von der römisch-katholischen Kirche noch von Baghwan noch von der modernen Kunst. (Weder meine christlichen noch meine künstlerischen Freunde sollten sich hier irgendwelchen Illusionen hingeben.) Hand in Hand mit dieser Deklassierung der immateriellen Lebens-Techniken geht die Deklassierung alter persönlicher Geschicklichkeiten, die ebenfalls in Ost wie West schon alarmierende Ausmaße angenommen hat — aber davon später.

Fest steht, daß dieser ökonomistisch-industrialistische Entwurf das nächste Jahrhundert, ja die nächste Jahrhunderthälfte nicht wird überleben können, so oder so. Und diese Tatsache ist, so glaube ich, die alles andere überwölbende Gefahr für den Weltfrieden, ist jetzt schon der alles überwölbende Grund für die zahlreichen Konflikte, welche diesen »Weltfrieden« seit 1914 garnieren. Käme es in Mitteleuropa, auf dem klassischen Schauplatz aller Konflikt-Dramaturgien mit gemeinsamer Tiefen-Ideologie, zum Krieg (und es wäre dies von Anfang an ein Atomkrieg), so wäre dies vermutlich die Folge der geheim-gemeinsamen Überzeugung der Konflikt-Partner, daß die gemeinsame Heils- bzw. Unheils-Definition Unsinn geworden ist — Un-Sinn im wörtlichsten Sinne.

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Dieser Punkt ist sehr, sehr nahe gerückt. Und er ist um so gefährlicher, weil es noch nie eine geschichtliche Situation gegeben hat, in der so ungeheure und mächtige Interessen mit dem Weiterleben der bisherigen Konflikt-Konstellation verbunden waren wie bisher. Alle bisherigen Macht-Pyramiden waren geradezu lächerlich prekär im Vergleich mit den heutigen.

Dazu kommt, daß wir ein 1618, so völkermordend es schon damals war, heute auf keinen Fall mehr überleben würden. Sinn jeder Friedensbemühung und Methode jeder solchen Bemühung muß es daher sein, wenn irgend möglich die Anzeichen für eine zukünftige historische Dramaturgie aufzuspüren und unsere Gesellschaften auf sie vorzubereiten. Wenn irgend möglich: das weist schon daraufhin, daß eine perfekte Prognose natürlich gar nicht möglich ist, trotz aller haupt- oder nebenamtlichen Futurologen. Es kann sich im besten Fall darum handeln, aus den wachsenden Aporien und Versäumnissen des herrschenden Heils-Verständnisses auf das eine oder andere Notwendige zu schließen. 

Die wichtigste und wahrscheinlich tödlichste Aporie liegt auf der Hand: die ökologische. 

Seit einem Dutzend Jahren ist sie Gesprächsstoff für endlose Debatten, Gegenstand unzähliger Analysen, Auslöser zahlreicher Konfrontationen und Spaltungen im Rahmenwerk herkömmlicher politischer Formationen. Dennoch sind wir seit 1970 um keinen wirklichen praktischen Schritt weitergekommen, und es besteht vorläufig auch gar keine Aussicht, daß wir weiterkommen. Bestenfalls sind örtliche technologische Verbesserungen der Todesbilanz auszumachen: Ringkanal um den Chiem- oder den Baikalsee, leicht angezogene Vorschriften für die Luft-Emissionen, Schädlings-Gifte und dergleichen, Abbremsen der für notwendig gehaltenen Energie-Zuwächse, bescheidene Märkte für alternative Landwirtschafts-Produkte und so fort. Aber die eigentlichen Vorwerke des Gesamt-Systems sind noch lange nicht unter Feuer, geschweige denn die zentralen Festungen. 

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Kein Mensch weiß, wie eine betriebswirtschaftlich solide ökologische Buchführung zu praktizieren wäre (wenn auch beachtliche Vorarbeiten geleistet wurden); selbst so brutal-einfache Probleme wie der tödlich steigende Kadmium-Spiegel oder die Aushagerung der Böden stellen uns vor scheinbar unlösbare Aufgaben, vom Los der Wälder und Meere ganz zu schweigen. Es wäre noch verhältnismäßig einfach, hier schlechten Willen und Profitgier anzuprangern (natürlich spielen sie eine Rolle); aber mit moralischen Kategorien ist Krisen dieser Größenordnung nicht beizukommen.

Wäre die Krise unlösbar (der Konjunktiv ist hier wirklich als Konditionalis gemeint, nicht als Irrealis) — wäre dem so, dann ist das Verdikt klar: die gegen­wärtige Konflikt-Dramaturgie wäre nicht nur die letzte der Weltgeschichte, sondern die letzte der Spezies. Künftige Arten könnten dann, wenn sie dazu fähig oder lustig sind, den Homo Sapiens als Leitfossil unserer Epoche aus dem Natur- und Kulturschlamm irgendeines nächsten Jahrzehntausends graben.

Nun, dieser Konditionalis ist unserer Einwirkung entzogen. Es ist deshalb sinnvoll, ihn außer acht zu lassen, wenn wir uns überhaupt noch um unsere Zukunft bemühen wollen; er würde sich höchstens (in einem fatal spießbürgerlichen Sinne) dazu eignen, uns in die süße Falle der völligen Resignation zu locken. Wir haben vielmehr zu untersuchen, welche Kräfte am Werk sind, um die Unvollkommenheiten (oder möglichen Unvollkommenheiten) des menschlichen Wahrnehmungs- und Erlebnisvermögens zu verstärken und sie für bestimmte Zwecke auszunützen — oder sie, wie es meist geschieht, aus unserer Wahrnehmung ins Unbewußte zu verschieben.

Es hat wohl noch nie ein System gegeben, das geeigneter wäre und war, unser ökologisches Unglück so meisterhaft zu verschleiern, wie unsere gegenwärtige Dramaturgie des rein ökonomistisch bestimmten Heils. Es liegt deshalb so etwas wie eine naive Ehrlichkeit in der Verlogenheit etwa des DDR-Regimes, das jede öffentliche oder halböffentliche Erörterung der ökologischen Frage (bis hinunter zur künstlerischen Andeutung) als »nicht hilfreich« abqualifiziert. 

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Dabei gibt es bestimmt kein Feld, auf dem sich der polizeilich herbeigeführte Mangel jeder Rückmeldung so katastrophal auswirkt wie gerade das der Ökologie. In der DDR selbst spricht man davon, daß die Gegend um Halle die kaputteste des Planeten sein soll. Stimmt dies? Was ist zu tun, um dies zu ändern? Das offizielle Schweigen zum Thema kann schlechthin nichts anderes signalisieren als Ohnmacht. Hierzulande, bei garantierter Meinungsfreiheit, hat man es mit geschmeidigeren Werkzeugen der Meinungsverbiegung zu tun — was weder den sterbenden Tannen noch den giftbedrohten Enkeln hilft. 

Trotz allen Umwelt-Getöses, das wir veranstalten können: im letzten, im fundamentalen Punkt bleibt auch unser System an die ökonomistische Dramaturgie, an die Meßlatte des Bruttosozialprodukts und der »Arbeitsplätze« gebunden, die jedes andere Kriterium von Heil und Unheil zwangsläufig auf den zweiten Platz verweist. Sicher, Übergangs-Strategien werden erkennbar; aber man muß klarsehen, daß beim Festhalten an den bisherigen Berechnungsgrundlagen (und sie beherrschen die Etatplanung der Staaten nicht minder wie die Wirtschaftspublizistik der Medien) solche Vorschläge sehr wenig Aussicht auf Verwirklichung haben. (Ich hoffe natürlich sehnlich auf Korrektur durch die kommende Zeitgeschichte...). 

Beim leisesten Hauch einer Rezession, und zwar einer Rezession, die schon alle Anzeichen ökologischen Unheils trägt, schwenkt die ökologische Frage noch immer ins Wetterhäuschen zurück, und der Mann erscheint, auf dessen Regenschirm die bewährten Parolen »Lebensstandard«, »Arbeitsplätze«, »Konkurrenzfähigkeit« und dergleichen prangen.

Soviel zur ökologischen Aporie.

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Springen wir nun zu einer anderen, die nur scheinbar dazu einen absoluten Gegensatz bildet: zur Aporie, die sich in einer so handfesten Größe wie der »Schwarzarbeit«, der »Underground economy«, der »economia sommersa« offenbart. Hier sind keine Spinner und Träumer am Werk, sondern Millionen fleißiger Zeitgenossen, die letzten Endes die Unsichtbare Hand des Adam Smith in ihren Werken bestätigen. Ihre Motive sind denkbar konkret und sebstsüchtig, aber das entspricht schließlich durchaus der geltenden Lehre — des Marxismus wie des Liberalismus. 

Hierzulande werken diese Millionen unter dem Banner der Marktfreiheit; doch gerade im Osten spielt diese untergetauchte Wirtschaft eine noch viel bedeutendere Rolle. Von den Lauchgärtlein der Kolchosbauern bis zu den Schiebergeschäften in den Saunen der DDR bemüht sich Unternehmergeist darum, konkrete Bedürfnisse vor Ort zu befriedigen; ja, man muß fragen, ob die Lebensfähigkeit des Systems nicht gerade von solchen Systemwidrigkeiten abhängt. Dieser Schwarz- oder Grauzone der Wirtschaftspraxis entspricht ja am anderen Ende der offiziellen Wertskala der unverschämte Parasitismus der Nomenklatura, der leider auch die Lorbeerträger des »kulturellen« Sektors an- und eingegliedert sind. (Es war nicht die geringste Ursache der polnischen Tragödie, daß die Arbeiterklasse dort versuchte, den Doppelstandard aufzubrechen.) Das Untertauchen einer Schwarz-Ökonomie überschaubarer Ringtausch- und Zwischenhandels-Verfahren ist vielleicht nur die zwangsläufige Reaktion auf solchen Parasitismus.

Schadenfreude im Westen ist verständlich, aber schlecht angebracht. Der Geist der »Schwarzarbeit« schreitet auch hierzulande voran, in der BRD beträgt er noch etwa zehn Prozent der Wirtschaftstätigkeit, in Italien bereits etwa dreißig, und der Trend ist selbstverständlich der nach oben, im doppelten Sinne. Der Parasitismus dieser Untertauchwirtschaft ist bedeutend (man bedenke die vielen Sack Zement und die vielen Amts-Stunden, die etwa in die schwarze Bauwirtschaft wandern), aber bestimmt auch nicht gravierender als der Parasitismus der Spesen-Paradiese, welche die eigentliche Entsprechung der östlichen Nomenklatura-Wirtschaft sind.

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Damit sind wir aber schon bei einem allgemeineren Problem als dem der Untertauch-Wirtschaft angelangt; einem Problem, das schon zum Kapitel »Normen-Verfall« gehört. 

Ich habe selten, aber doch manchmal Gelegenheit, an Unternehmer-Seminaren teilzunehmen; Seminaren, die meist von Herren (fast ausschließlich Herren) unterhalb der Riesenkonzern-Sphäre besucht werden — von »mittelständischen« Unternehmern also. Dort sind nun regelmäßig sonore Klagen über den Normen-Verfall gerade im Arbeitsbereich zu hören. Der Sündenbock, dem man diesen Zerfall anlastet, ist natürlich die Linke — und, ganz speziell, die linke Bildungsreform. Diese Reform setze, so heißt es, dem deutschen Arbeitsmann Flausen in den Kopf; verdränge kostbare unmittelbare Erfahrung durch verblasene und halbgebildete linke Gemeinplätze. Soweit die, aus der Interessenlage der Herren durchaus verständliche, Klage, die dann auch von gefälligen Universitäts­professoren um Begriffe wie »amorphe Gesellschaft«, »Abbau der Eliten« und dergleichen angereichert wird.

Folgt man jedoch der Diskussion genauer, wird klar, daß der wahre Grund dieses Leidens viel grundsätzlicher ist, viel tiefer in den Strukturen unserer Heils-Dramaturgie steckt. 

Das System, das höchst erfolgreich in die Überproduktion geklettert ist, benötigt nämlich Individuen, die zumindest mehrheitlich schizoid sein müssen. Im Arbeitsprozeß, innerhalb der Werkstore, ist der »altmodische« Charakter bevorzugt, mit seinen altmodischen Tugenden: Zuverlässigkeit, Sinn für Hierarchie, Sparsamkeit, Konzentration — und was des Hergebrachten mehr sein mag. Sobald jedoch unser Individuum durchs Werkstor ins Freie gelangt, muß er in den Konsum-Sektor gelangen, und dort sind diese Tugenden Gift.

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Dort ist letzten Endes grenzenlose Appetenz erwünscht, grenzenloses Gleichheits-Streben (»Was gut für X ist, muß auch für mich gut sein«), also die wahrhaft amorphe Gesellschaft, deren sämtliche Moleküle freischwebend und un-solidarisch nach oben, zumindest ins Licht der Versandhauskataloge streben. 

Anders laßt sich die Dynamik des Systems nicht aufrechterhalten — aber diese Dynamik ist nur potentiell unbegrenzt. Sicher, eine ethische Grenze kennt sie nicht; das ist lediglich ein Steckenpferd der Sinn- und Wert-Huberei. Was sie begrenzt, sind zwei unüberschreitbare Linien. 

Die erste ist die Grenze des sozialen Wachstums, die der britische Ökonom Fred Hirsch unbarmherzig genau aufgezeigt hat. Oberhalb eines Grundbedarfs, der bei uns meist erreicht ist, sind alle Güter, die das System bereitzustellen vermag, positionelle Güter; d.h. sie beziehen ihren Wert aus ihrer relativen Knappheit. Es kann sich dabei um die Unterschiede zwischen Automarken handeln, aber auch um Zweitwohnungen oder Universitätsabschlüsse. Es entspricht der Natur dieser Güter, daß ihr erhöhter Ausstoß sie entwertet: der Universitätsabschluß garantiert keine elitäre Stellung mehr, die Zweitwohnung, zwischen einer Herde uniformer Häuschen geklemmt, könnte genausogut mitten in Gelsenkirchen liegen, der Sechszylinder, in die Autoschlange gespleißt, vermag nur noch begrenzten Neid zu erregen. Das System ist an diesem entscheidenden Punkt also klassisch kontra-produktiv: schon der Akt der Erzeugung dieser positionellen Güter entwertet sie, frustriert die Erwartungen, für die sie geschaffen werden. 

 

Die zweite Grenze ergibt sich aus der Logik einer solchen Gesellschaft selbst, und es ist gefährlicherweise eine mobile Grenze. Auf die Dauer läßt sich die schizoide Doppelung der notwendigen Mehrheits-Charakteristik nämlich nicht aufrecht erhalten — die Normen verschieben sich unerbittlich ins Konsumerische und weg von den Tugenden der Primär- und Sekundärproduktion.

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Die Moleküle, die als Konsumenten nach oben strampeln, sind allesamt lernfähig; und jedem Grundschüler muß es heute klar sein, daß (einmal ganz abgesehen von den Genießern unverdienten Einkommens und den Glitzersternchen aller Art von Showbusiness, einschließlich des akademischen) heute ein Weg eingeschlagen werden muß, um in der Welt voranzukommen: das energische Herumschieben von Papier. Wenn das gesellschaftliche Ziel, oder doch seine vulgäre Ausprägung, der »fast bück«, also der schnelle Dollar bzw. die schnelle D-Mark ist, auf der anderen Seite der Konflikt-Achse der Aufstieg in die Nomenklatura, dann ist der Landarbeiter oder der Fließbandarbeiter schlicht strafversetzt (»in die herrschende Klasse«, wie es in der DDR zynisch heißt). 

Es ist also die Logik des Systems selbst, welche seine Arbeitsmoral auffrißt; und dies geht rascher und rascher, wie sich am Schicksal der aufeinanderfolgenden Wellen der Gastarbeiter-Ethnien ablesen läßt. Zur Zeit wird, wie dies ein Arbeits-Psychologe formuliert hat, die bäuerliche Arbeitsmoral Anatoliens aufgefressen, und die Montage der Chips in unseren Computern wird schon weitgehend von sechzehnjährigen Malayinnen und Filipino-Mädchen besorgt.

Die Lage der Arbeitsmoral im Osten unterscheidet sich von der unseren in Einzelheiten, jedoch nicht in der Gesamt-Logik. Positionsgüter sind dort bekanntlich straff rationiert und werden nach der Skala der gesellschaftlichen Wichtigkeit ausgegeben: Datschen, Restaurants, Autos, SpezialEinkäufe. Mit anderen Worten, sie definieren geradezu hierarchisch die Stufen der Nomenklatura-Ränge. Vor Ort ist die Arbeitsmoral miserabel, wie man spätestens seit Bahros <Alternative> weiß

Letzten Endes handelt es sich um eine Form der Entfremdung, die unter dem realen Sozialismus mehr idealistische Sublimation fordert als je eine christlich (oder post-christlich) kontrollierte Ethik. 

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Die offizielle Ethik der freischwebenden Arbeitsfreude wird nicht offen bekämpft, aber sie hört genau dort auf, wo die Kontrolle aufhört. Pessimistische westliche Beobachter mögen sogar meinen, daß damit, mit dieser offenen (das heißt sich selbst gegenüber eingestandenen) Drückebergerei ein seelischer Vorteil gegenüber den raffinierten Manipulationen des Westens verbunden sei. Der einzige Vorteil, der sich aus solchen Umstanden ergibt, ist aber vielleicht nur die Kameraderie, die überall entsteht, wo es lausig zugeht. Der Tiefen-Ideologie auf beiden Seiten der Konflikt-Achse entspricht ferner der Verfall von Kompetenzen: Lebens-Kompetenzen einfachster Art, aber auch hoher Geschicklichkeiten von großer historischer Würde. Wir brauchen darauf nicht näher einzugehen, Ivan Illich hat dies erschöpfend behandelt. Lebens- und Sterbehilfen jeglicher Art, einfachste handwerkliche und kommunikative Fähigkeiten, sinnvolle und kreative Ausnutzung freier Zeit: all dies scheint der Logik eines Systems zu widersprechen, in das möglichst alle Bereiche in das Bruttosozialprodukt einbezogen, monetarisiert — und damit zum Gegenstand von »Expertise« werden.

Wenn wir den Begriff »Kompetenz« weiter fassen, können wir in ihn alle die Techniken einbeziehen, welche die Menschheit (wohl durch Jahrzehntausende) vor unserer materiellen Technik erprobt hat. Es sind dies jene Techniken, denen wir die Kunst der mesolithischen kantabrischen Höhlen ebenso verdanken wie die majestätischen Einsichten der Prärie-Indianer und die Feinheiten des Zen — von unseren antiken und christlichen Traditionen ganz zu schweigen. Setzen wir einer albernen »Überbau-«Theorie, die zwar niemand mehr ganz ernst nimmt, die aber in der Praxis nach wie vor wirksam ist, die summarische Behauptung entgegen: Kulturen sind immer Gesamtheiten, Ensembles von immateriellen und materiellen Techniken, welche dazu dienen, die Existenz des Einzelnen und der Gruppe zu ordnen und ihr einen Sinn zu verleihen. (Die »Entfaltung der Produktivkräfte« scheint anthropologisch später einzusetzen als diese Ordnungsfunktion.) 

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Legt etwa ein Kultur-Entwurf hohen Wert auf physisches Durchhaltevermögen, verbunden mit dionysischen visionären Gewinnen (so die Kulturen der Steppen-Indianer), wird ihre materielle Energiebilanz äußerst niedrig sein, die Souveränität über die »Umwelt« trotzdem außerordentlich hoch. Oder eine Kultur, die hohe ästhetische Standards kennt, diese aber mit äußerst strengen Mitteln anstrebt (gewisse fernöstliche Kulturen), wird den üblichen innergesellschaftlichen Status-Wettbewerb mit materiell höchst sparsamen Mitteln betreiben und die Preise an Gewinner verteilen können, die knapp auf dem Subsistenz-Niveau einer bescheidenen Mehrheit liegen. (Carl Friedrich von Weizsäcker hat solche Kulturen als »asketisch« beschrieben; der Ausdruck stimmt, wenn man »Askese« im griechischen Sinne wörtlich als »Einübung« nimmt, fuhrt aber in unserer Lage zu Fehlschlüssen, da er einseitigen Bedürfnisverzicht suggeriert.)

Wir können ohne Zögern feststellen, daß die gemeinsame Tiefen-Ideologie des westlichen wie des östlichen ökonomistischen Systems solche Techniken eindeutig und entschieden zurückstellt. Soweit noch Bildung im alten, universalistischen Sinn praktiziert wird, hat sie jeden realen Einfluß auf den Lauf der Ereignisse verloren. Das Gleiche gilt für Religion, das Gleiche für Ästhetik im weitesten (und materiellsten) Sinne. J. K. Galbraith hat schon 1963 in seinem Buch »Die Überflußgesellschaft« beklagt, daß den modernen Riesenstädten im Unterschied zu den Zentren der Geschichte jegliche ästhetische Orientierung fehle — und in der Tat sehen, bei gewissen Unterschieden in der Güte der Baumaterialien, die Vorstädte von Warschau oder Kiew oder Prag um keinen Deut anders aus als die von München oder Lyon.

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Ihnen gemeinsam ist eine fast ängstliche Vermeidung ästhetischer Kategorien, eine Vermeidung, die eine widerliche, durch ein paar Jahrhunderte Industrie-System praktizierte »Gegen-Askese« verrät, eine Einübung in die Häßlichkeit. So weit im weitesten Sinn noch Bedürfnisstau und Erwerb von immateriellen Einsichten und Haltungen eine Rolle spielen, dienen sie einer strikt berufsorientierten »Elite«-Bildung — diese Eliten sind dann berechtigt, ziemlich wahllos dem historischen und zeitgenössischen Kapital ihre Vorlieben zu entnehmen, sie können sich zur Amateur-Archäologie, zur Ikonen-Sammelei, zu Barockkirchen, Plato, Beckett, Bach oder New Orleans Jazz entschließen. Der Druck zu einem allgemeinen Bildungs-Kanon, schon seit Generationen nur mehr als mehr oder weniger diffuses Herrschaftswissen geschätzt, entfällt immer mehr; der »Gebildete« von heute hat kaum die Menge Literatur gelesen, die der Gebildete von 1900 noch auswendig konnte. Und selbst der Agnostiker von 1900 wußte noch genug über christliche Ikonographie, um Attribute wie Wurm, Rad, Turm und Kelch den richtigen Heiligen in den Kirchen zuordnen zu können. 

Das sind Kleinigkeiten, gewiß. Aber es sind auch Zeugnisse. Es sind Zeugnisse für die zunehmende Bedeutungslosigkeit aller immateriellen Techniken der Lebensbewältigung. Sie lassen sich nicht einfach herbeidiktieren, wenn der Gesamt-Entwurf, die Tiefen-Ideologie der feindlichen Brüder-Systeme keinen Platz für sie hat; oder doch nur einen völlig nebensächlichen. Wie kann unter solchen Bedingungen eine verbindliche Ästhetik, eine verbindliche Spiritualität, eine verbindliche Ethik entstehen? 

Und mit diesem Stichwort sind wir beim letzten Punkt der gemeinsamen Aporien — dem sogenannten Sitten- und Normenverfall. Warum einige dieser Sitten und Normen zwangsläufig verfallen oder verlassen wurden, haben wir bereits besprochen. Es ist, gelinde gesagt, naiv, zu erwarten, daß innerhalb eines solchen Entwurfes, einer solchen Tiefen-Ideologie Oasen älterer Sittsamkeit und Wertgläubigkeit erhalten werden können.

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Entsprechende punktuelle Vorstöße, sei es auf dem Gebiet der Sexualität oder der Eigentums-Frage oder auch nur der geschäftlichen Redlichkeit, widersprechen der Logik des Systems selber. Sie haben jenen peinlichen Geruch an sich, der aufgeklärtem Zynismus eignet — jenem Zynismus, der für sich zwar Freiheit von all dem beansprucht, aber den Massen Religion beibringen will, damit sie nicht aus dem Ruder laufen. Sogenannte Konservative, die denken können, haben denn auch folgerichtig alle solchen Versuche aufgegeben und sich auf den letzten scheinbar geschlossenen ethischen Reduit zurückgezogen: den Reduit der Arbeits-Ethik. Aus diesem Rückzug entstand jener famose Wechselbalg kultureller Verbindlichkeit: der berühmte Sachzwang. Er ist fast nirgends einer, sondern ist in der Regel nichts anderes als die säkularistische Heiligsprechung der zentralen ideologischen Forderung: der »Entfaltung der Produktivkräfte«.

Alle diese Aporien und Versäumnisse wirken ganz offensichtlich aufeinander ein; sie sind kulturell vernetzt, so wie unsere materielle Existenz als Geschöpfe ökologisch vernetzt ist. Diese Vernetzung wirkt sich allerdings konsequent anti-ökologisch aus, sie läßt sich unter einen Begriff zusammenfassen: Erhöhung der Entropie. Materielles wie anthropologisches Potential wird einseitig im Sinne der Zweck-Produktion und der Akkumulation verwendet und sinkt von der Stufe hoher Verwendbarkeit rasch auf die Stufe der Unverwendbarkeit. Die Abfall-Halden wachsen rascher als die Summe des Verwendeten und Verwendbaren. Die wachsende Schnelligkeit und Präzision der Produktionsvorgänge entspricht der noch rascher wachsenden Schnelligkeit und Präzision der Zerstörungsvorgänge. Und damit nähern wir uns dem Zentral-Thema: dem Frieden beziehungsweise seiner Abwesenheit.

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Politisch läßt sich der Verfall der alten Tiefen-Ideologie, der sich aus ihrer eigenen Logik ergibt, als Verfall der Legitimität beschreiben — im Osten über Stalinismus und Ungarn zu CSSR und Polen; im Westen vom nackten Expansionismus des Kapitals zum Kampf gegen die Freiheitsbewegungen der eigenen Hemisphäre bis zum Kampf gegen die Alternative überhaupt. Auf beiden Seiten verroht also das Klima von oben nach unten — nicht umgekehrt. Schon die Hinnahme des Luftkriegs und des unbeschränkten U-Boot-Krieges im ersten Weltkrieg war ein zivilisatorischer Rückschlag ersten Ranges. (Es ist erschütternd, heute etwa die entsprechenden humanistischen Proteste von Friedrich Wilhelm Foerster und anderen zu diesem Thema nachzulesen; man kann daraus ersehen, wie sich der kulturell-moralische Entropie-Prozeß seither beschleunigt hat.) 

Noch die Kalkulation der sogenannten Abschreckung beruht auf kulturellen Annahmen der Unvorstellbarkeit bestimmter Zerstörungsmöglichkeiten. (Der junge amerikanische Offizier im Raketen-Zentrum, der sich weigert, über seine potentiellen Opfer nachzudenken: »I might get emotional about it ...«) Die Dialektik der Unhaltbarkeit von immer mehr fortschrittstolzen Prämissen der Tiefen-Ideologie führt immer tiefer in die Destruktions-Sphäre hinein, sie wird zusehends abstrahiert und verselbständigt: Ziel der Destruktion erkannt.

Hilfreich ist dabei die innewohnende Tendenz aller »Amtssprachen«, ihre Anstrengung, sich und ihre Inhalte von der sinnlichen Lebens- und Todes-Erfahrbarkeit möglichst streng zu isolieren.

Was verbleibt, ist Polizei. 

Man definiert Gemeinwohl im Sinne der Tiefen-Ideologie und setzt es durch. Gerade darin besteht aber die De-Legitimation des Systems. Im Osten ist dies klar; und ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich lieber in Wackersdorf verprügelt als in der CSSR interniert werde. (Leider muß man derlei rituelle Bekenntnisse hierzulande ablegen.)

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Dennoch ist es nützlich, das Drama der De-Legitimation an Prozessen zu erläutern, die wir etwas intimer kennen. Ich meine natürlich den system-fremden Widerstand seit 1975, seit Wyhl.

Es gibt ein ästhetisch fast verlockend schönes Foto vom Angriff der Polizei auf die Startbahngegner von Frankfurt-West. Es ist gewissermaßen eine Reproduktion antikisierender Schlachtengemälde, dergleichen könnte in der 19.-Jahrhundert-Abteilung des Louvre hängen. Eine Kohorte in Helm und Schild wirft ihren kollektiven Mut über einen Graben, hinter dem ein primitiver Erdwall aufgeworfen ist, die Kohorte bildet einen Stoßkeil, eine Kampfmaschine, wie sie wohl eine römische Manipel gewesen ist. Ein Mann ist bereits niedergestreckt und krallt sich in die Erde; sein Freund hat sich über ihn geworfen, vermutlich um ihn zu decken. Der Freund hat ein gutes Profil, er hebt seinen Blick empor zum Angreifer, der die Spitze des Stoßkeils bildet. Die beiden blicken sich an. Der Angreifer, sicher der Anführer des Stoßkeils, dem wirklich nur das Kurzschwert in der behandschuhten Rechten fehlt, und der Angegriffene prüfen einander, das ist deutlich zu sehen. 

Nicht Mitleid ist in ihren Blicken, auch nicht Furcht. Es ist der Augenblick der Wahrheit, wie die Spanier sagen; Gegner erkennen sich als solche. Es nützt dem Polizisten nichts, daß die Formeln des Rechtsstaates hinter ihm stehen; es nutzt ihm nicht einmal seine offensichtliche Waffen-Überlegenheit. (Der Angegriffene ist barhaupt und barhändig.) Gegner erkennen sich, von gleich zu gleich, von Mann zu Mann. Der Mars der horazischen Oden ist zurückgekehrt; der Mars, der den Rücken der Fliehenden nicht schont. Eine neue Dramaturgie wird sichtbar; so wie sie auf den besten Bildern aus Budapest 1956 sichtbar wurde, auf den 1968er Bildern aus Prag — und auf den Bildern aus Polen. 

Man kann das Foto natürlich parteilich nennen. 

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Aber die Aussage ist die gleiche wie auf dem Bild von Brokdorf, wo die Konfrontation bereits weiter fortgeschritten ist, wo ein abgerutschter Polizist im Graben von einem erbitterten Feind mit dem Spaten bearbeitet wird. Staatsgewalt und Gegengewalt sind existenziell bereits auseinandergetreten, sie sind einander nur mehr als urtümliche Gegner erfahrbar. Das Gewalt-Monopol ist zu Ende. Es ist nicht deshalb zu Ende, weil eine frevelnde Minorität die Grenzen der Legalität überschritten hat — die überschreitet die Polizei schon allemal, ob in Brokdorf oder an der Startbahn West oder in Wackersdorf. Sie kann nicht anders, das sei ausdrücklich bemerkt. Sie steckt mitten im Abnutzungsprozeß der sogenannten Legalität, steckt in der De-Legitimation, welche durch die wachsenden Aporien, die wachsende Todesbereitschaft der alten Dramaturgie ausgelöst wird. In diesem Prozeß gibt es kein Zurück; wie immer man die wachsende Konfrontation betitelt, »sozialistische Bruderhilfe« oder »nationale Sicherheit« (die Ideologie der gesamten lateinamerikanischen Terrorstaaten) oder schlichter »Gemeinwohl«. Die Logik des Prozesses ist die fortschreitende Entkleidung der alten Ordnung von jeder Legitimität, bis zuletzt nichts anderes bliebt als die grinsende Parole: Was oben ist, muß oben bleiben. Und das hat historisch eigentlich noch nie genügt.

Es ist sowohl die Tiefen-Ideologie selbst, ihre Gemeinsamkeit, wie auch ihre gemeinsame Abnutzung, die in West und Ost als gräßlichstes Resultat die Möglichkeit der totalen Weltzerstörung hervorgetrieben hat — und damit stehen wir vor einer erstmaligen Situation. Historisch mag die Wende zu einer neuen Tiefen-Ideologie überfällig sein — die Profitenten der alten, der militärisch-industrielle Komplex und seine politischen Handlanger, haben mit dem Sprung in die Kernwaffen-Welt eine neue, bislang unbekannte Qualität der Beharrung erreicht. Dies ist, kurz gesagt, der tiefste, faulste Kern unserer Situation, der Grund für ihre absolute Monstrosität.

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Teil dieser Monstrosität ist die Entwicklung der Gesellschaften unter der Ägis der Tiefen-Ideologie selbst. Noch nie waren Gesellschaften so verwundbar selbst gegenüber kleineren Katastrophen als dem Krieg. Jedes Land etwa, in dem ein Kernreaktor steht, ist total erpreßbar — nicht nur durch Kriegsdrohung, sondern schon durch einen sauber geplanten Agenten-Coup. Jedes Land, in dem die Versorgung der Bevölkerung nur durch gewaltige zentralisierte Energie- und Transportströme gemeistert werden kann, ist innerhalb von achtundvierzig Stunden kapitulationsreif, wenn diese Ströme unterbrochen werden. (Zusätzliche »Erpreßbarkeit« durch irgendeine Lücke im Raketenvorhang ist demnach nur ein Hirngespinst.) 

Es ist bezeichnend für unsere besondere mitteleuropäische Lage, daß sich an der Grenze, am Konflikt-Grat der Globalkonfrontation, zwei der verwundbarsten Länder überhaupt befinden: Bundesrepublik und DDR. Schon drei — absichtliche oder unabsichtliche — GAUs in bundesdeutschen Kernkraftwerken entlang der Elbe würden bei Westwind genügen, um die DDR faktisch auszulöschen; die Klimatologie gewährt uns hier einen wahnwitzigen Vorteil. Andererseits könnte eine zu allem entschlossene DDR durch bestimmte Sabotage-Akte an Punkten, die an den Fingern von zwei Händen aufzuzählen sind, das wirtschaftlich-gesellschaftliche Gewebe dieser Republik völlig zerreißen. 

Dieser Wahnsinnszustand — der Zustand von zwei Gesellschaften mit schwindelerregender Sturzhöhe, die gleichzeitig in ein System potentieller Totalvernichtung einbezogen sind — wird aufs dürftigste durch die Formel von der »Abschreckung« überbrückt. Diese Abschreckung als Dauer-Einrichtung könnte nur dann funktionieren, wenn die Weltgeschichte seit Hiroshima aufgehört hätte; und in der Tat war ihre Installierung (zuerst durch die Amerikaner, da ist kein Zweifel erlaubt), so etwas wie der Abschied von der Geschichte.

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Unter einer Abschreckungs-Glocke, unter welcher sich die Völker gegenseitig zur Geisel nehmen, ist der Status Quo oberste Pflicht: was oben ist, muß oben bleiben, und unten bleibt unten. Wesentliche gesellschaftliche Veränderungen sind nur durch Absprache ermöglicht — ein offensichtlich schwachsinniges Arrangement. Von den Supermächten wird es jedoch peinlich genau eingehalten: die UdSSR läßt die Satelliten-Regimes der USA in Latein-Amerika foltern, und die USA geben Polen, die CSSR und Ungarn preis. Was früher Geschichte war, wird nun so etwas wie Mode: wechselnde Arrangements ohne sinnvolle Bedeutung.

Diese klägliche Situation, die noch dazu — nach jeder Wahrscheinlichkeitsrechnung — ihr Scheitern bereits in sich trägt, wird durch die militärische Technologie überholt: Präzision der Zerstörungsmittel macht Erstschlags-, Gegenschlags-, Entwaffnungs-Taktiken wieder vorstellbar. Und was in militärischen Köpfen vorstellbar ist, drängt zu Realisierung. 

Ein industrieller Komplex, der auf sämtlichen Gebieten die sofortige Realisierung alles Machbaren erzwingt (von der »friedlichen« Kernkraft bis zum Kabelfernsehen), will uns umsonst glauben machen, daß dies ausgerechnet auf dem Gebiet der Rüstung anders sein soll. Vierhunderttausend Wissenschaftler, die ins Leere hinein arbeiten? Das will nicht aufgehen.

Dazu kommen die Gefahren, die sich aus der inneren Logik des Doppel-Systems, aus den Aporien seiner Tiefen-Ideologie ergeben. Das Gefährlichste in solchem Zusammenhang wäre wohl eine allgemein erkennbare schnellere Abnutzung des einen Systems vor dem anderen; und es sieht ganz so aus, als ob dies im Laufe der achtziger Jahre dem Warschauer-Pakt-System zustoßen könnte, nachdem der Westen seine bisher gefährlichste Klippe, die Ölkrise, relativ elegant umschifft hat. 

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So abstrus dies auf den ersten Blick scheinen mag: der nüchterne Friedensfreund hätte mit seinesgleichen darauf zu achten, daß die Verschleißerscheinungen auf beiden Seiten der Elbe gleichmäßig vonstatten gehen, und hätte auf seine Weise dabei nachzuhelfen. 

Für Mitteleuropa stellen sich darüberhinaus besonders dringliche Aufgaben. Sie lassen sich in zwei Fragen zusammenfassen:

 

1. Wie lassen sich die Gemeinsamkeiten auf beiden Seiten der durch Mitteleuropa verlaufenden Konfliktachse zu Zwecken der Entspannung und Friedenssicherung nützen? 

2. Wie lassen sich die Mittel der Entspannung so bestimmen und einsetzen, daß sie, wenn möglich, der Dramaturgie des 21. Jahrhunderts entgegenkommen? Fragt man so, lassen sich sofort einige höchst konkrete Tätigkeitsfelder bestimmen. Auf ihnen kann man sofort aktiv werden, wenn bei den unmittelbar Betroffenen, eben den Mitteleuropäern auf ihrem doppelt und dreifach gefährdeten Schauplatz, ein minimaler Konsens zu erzielen ist.

Dabei ist alles zu vermeiden, was die von ihren Versäumnissen zerfressenen Systeme zu Kurschluß-Reaktionen verleiten könnte. Es ist zu bedenken, daß der Ost-West-Konflikt heute schon kaum mehr etwas anderes ist als eine gigantische Regression: eine Regression auf ein simples, gerade noch zu verstehendes Freund-Feind-Verhältnis, weil man mit den zentralen Aufgaben von morgen nicht mehr fertig zu werden glaubt. Ihren Höhepunkt hat diese Regression in den simplen Doktrinen der Reagan-Administration gefunden.

Für Mitteleuropa gilt es demnach, Schritte ins 21. Jahrhundert vorzubereiten, ohne Kurzschluß-Reaktionen der Vormächte zu provozieren. Blockfreiheit, oder gar Änderung von Bündnis-Verhältnissen, schließen sich somit aus. Im Folgenden sei versucht, einige solcher möglichen Schritte zu skizzieren. Erstens — die Ent-Nuklearisierung.

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Sie wäre für das dichtbesiedelte Mitteleuropa der vordringlichste Schritt. Ent-Nuklearisierung dürfte sich nicht auf die militärischen Anwendungsforrnen der Kernkraft beschränken, weil, wie wir gesehen haben, im Konfliktfall jede Nuklear-Präsenz in den Sog der Eskalation einmündet. Nur extreme Fachidiotie kann abstreiten, daß kein konventioneller Angriff bzw. keine konventionelle Verteidigung denkbar ist, ohne daß Nuklear-Anlagen dabei zu Schaden kämen und ihr ungeheures Zerstörungspotential freisetzten.

Eine solche, zunächst als reine Verteidigungsmaßnahme gedachte Ent-Nuklearisierung hätte die Zweit- und Dritt-Folgen, die aus ökologischen Gründen ohnehin dringend wünschbar wären. Der Verzicht auf Kernenergie müßte, wenn wir uns nicht zusätzlicher CO2- und Schwefel-Verschmutzung aussetzen wollen, den Umbau der Produktionsstrukturen nach sich ziehen — ein Umbau, der als erster Schritt in die Dramaturgie des 21. Jahrhunderts gesehen werden kann.

Die atomfreie Zone wäre Schritt für Schritt zu erweitern, bis sie das bekannte Gebiet »von Polen bis Portugal« erfaßt. An Neutralisierung oder unmittelbare Blockfreiheit ist dabei, wir wiederholen es, nicht zu denken. Die atomfreie Zone würde bereits eine so enorme historische Dynamik freisetzen, daß gleichzeitige politische Umschichtungen die Gefahren nicht vermindern, sondern vergrößern würden. Der eigentliche politische Effekt der Ent-Nuklearisierung würde sich über kurz oder lang ohnehin bemerkbar machen.

Eine solche Ent-Nuklearisierung und die von ihr erzwungenen Strukturveränderungen in der Produktion und Reproduktion wären bereits die Vorhut des nächsten, umfassenderen Schrittes:

Zweitens — die Reduzierung der Sturzhöhe der mitteleuropäischen Gesellschaften.

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Die »Sturzhöhe« einer Gesellschaft ergibt sich aus ihrer möglichen Reaktion auf Katastrophen. Wie oben schon angeführt, wäre sie in unserem Falle fast immer tödlich. Stürzt eine alte, auch eine elende Subsistenzgesellschaft, bricht sie sich einen Knochen; wir würden aus dem vierzigsten Stock aufs Pflaster krachen (die DDR vielleicht aus dem dreißigsten; aber ab dem zwölften, so hört man, ist es ohnehin gleichgültig...). Auch die Reduktion der Sturzhöhe im allgemeinsten Sinne läßt sich als Verteidigungsproblem beschreibende weiter die Wege der Verproviantierung und der übrigen Logistik sind, desto verwundbarer ist die militärische Infrastruktur. Die Reduktion der Sturzhöhe wäre demnach identisch mit einer energischen Dezentralisierung — mit dem Aufbau lokaler, zumindest regionaler Kreisläufe von Energie, Nahrungsmittelproduktion, Rohstoff-Verwendung, Verständigungsmechanismen und so fort.

Dezentrale Handlungsfähigkeit im weitesten Sinne: das wäre das anzustrebende Ziel dieses zweiten Schrittes. Er liefe den bisherigen Dogmen unserer Tiefen-Ideologie auf beiden Seiten natürlich völlig zuwider, hat aber bereits jetzt die Logik der Geschichte für sich. (So hört man aus der DDR, daß die extremen Zentralisierungen und damit Isolierungen von Tier-, Pflanzen-Produktion usw. in der Landwirtschaft in überschaubare territoriale Kreisläufe überfuhrt werden sollen.)

Bewußt und als realistische Verteidigungs-Aufgabe betrieben, kann diese Reduktion der Sturzhöhe zum Programm des nächsten Jahrhunderts werden. Sie erfordert die Anspannung aller finanziellen, geistigen und gesellschaftlichen Energien, sie entspräche jener Art von Herausforderung, die geeignet wäre, Mitteleuropa wieder zum Subjekt seiner eigenen Geschichte zu machen. Sie würde darüberhinaus den Frieden der bisher als »Abschreckungs«-Frieden einer Starre auf dem Drahtseil über dem Abgrund entspricht, in einen dynamischen, ständigen Prozeß verwandeln.

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»Technik-Feindlichkeit«, die man dem und den Alternativen oft nachsagt, darf damit nicht gegeben sein — im Gegenteil, wir müßten in das eigentliche Nachdenken über den Platz der Technik und der Innovation in einem gesamtkulturellen, ökologisch verantwortbaren Netz nachdenken und entsprechend handeln.

Man wird natürlich die schlichte Frage nach der Finanzierbarkeit stellen. Sie wäre in dem Augenblick kein Problem mehr, wo diese Aufgabe als Verteidigungs-Aufgabe begriffen würde. Mindestens ein Drittel, wenn nicht die Hälfte der Verteidigungsmittel wären für diese wichtigste Verteidigungsaufgabe abzuzweigen. Dies wäre dann kein Problem, wenn im Zuge dieser Reduktion jene strikt defensiven Umrüstungs-Gedanken zum Zuge kämen, die bei uns mit Namen wie Afheldt, Spanocchi, Brossollet, Sanderup usw. verbunden sind. Ein strikt defensiver mitteleuropäischer (und dann gesamteuropäischer) Verteidigungsmodus würde insbesondere nach Abbau der wahnsinnigen Panzermassen genügend Geld freimachen, um die Subventionsprogramme der Landwirtschaft, die Dezentralisierung der Energie-Erzeugung, die Wiederbelebung von vielseitigen kleineren Werkstätten usw. in Angriff nehmen zu können. Ein solches Programm wäre zudem außerordentlich arbeitsintensiv und würde viele Probleme des Arbeitsmarktes lösen.

Das hier skizzierte Verfahren (es ein Programm zu nennen, wäre übertrieben) ist natürlich ein Notstands-Verfahren. Andere sind ohnehin kaum mehr vorstellbar, wenn wir den Frieden retten wollen. Wir können aber davon ausgehen, daß es — im Gegensatz zu allen bisher betriebenen rein punktuellen Bemühungen — wenigstens Wegweiser setzt, die ins nächste Jahrhundert zeigen. Es für unsere Kinder und Enkel bewohnbar zu machen, ist schließlich die entscheidende Aufgabe überhaupt.

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Insgesamt lassen sich seine Vorteile in etwa so zusammenfassen:

1. Ein solches Verfahren befreit die Friedensbewegung aus dem Dilemma, immer nur reaktiv auf die Herausforderungen der blinden Eskalation der Rüstung zu antworten.

2. Es nutzt die in den letzten Jahren rapide gewachsene Sensibilität für ökologische Fragen und die damit zusammenhängenden kulturellen Probleme.

3. Es entspricht den realistischen Erwartungen, was die Entwicklung der Wirtschaft und der Einnahmen der öffentlichen Hand betrifft.

4. Es legitimiert einerseits die Ansprüche der Staaten, tatsächlich für das »Gemeinwohl« tätig zu sein, und mildert die Versäumnisse und Aporien, die einen solchen Anspruch heute bereits fragwürdig machen.

5. Es rückt die Suche nach Alternativen im weitesten Sinne in einen historischen Zusammenhang und macht diese Suche zu einer konkreten, realistischen Angelegenheit, die uns alle betrifft.

6. Es beendet den alten, rein theoretischen Streit, ob »Entspannung« teilbar sei oder nicht.

7. Es befreit die Vormächte vom politischen Eskalationsdruck, der von der spezifischen »Bösartigkeit« der mitteleuropäischen (und, in nicht ganz so virulenter Form, der europäischen) Situation ausgeht.

Und, der Punkt sei ausdrücklich wiederholt:

8. Es beendet die zur Zeit herrschende gefährliche Geschichtslosigkeit, den Objekt-Zustand der mitteleuropäischen Gesellschaften.

 

Seine Aussichten

Sie sind nicht überwältigend, das muß klar gesagt werden. Unverbindliche Sehnsüchte, deklamatorische Friedensappelle, Maximalforderungen jeder Art, isolierte Basteleien haben aber noch wesentlich schlechtere Aussichten, den Frieden zu erhalten und zu sichern.

Er kann nicht gesichert werden, wenn man die Fragen des 21. Jahrhunderts ausklammert und auf der schon veralteten Dramaturgie beharrt, die sich in den letzten hundert Jahren gebildet hat.

Er kann nicht gesichert werden, wenn die bislang verschleierten, verschwiegenen, blockierten Fragen der Zukunft nicht in das Friedensgespräch einbezogen werden. 

Er kann nicht gesichert werden, wenn die Friedlosigkeit, das heißt die Ausweglosigkeit des herrschenden Zivilisations-Entwurfs nicht als die zentrale Ursache der Regression erkannt und analysiert wird, welche heute schon die Hauptursache für die Verschärfung des Ost-West-Konflikts darstellt.

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