Erik Lehnert

Rudolf Bahro -
der Ökofaschist? (II)

 

DIE KEHRE - Zeitschrift
für Naturschutz - Heft 13 (2023)
- Seite 28 bis 34

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Beleites-Michael

detopia-2024:  Zum "Ökofaschismusvorwurf" (von jDitfurth++ an Bahro) kann ich schwer etwas schreiben. Das liegt an der typisch-kapitalistischen Medien"wirtschaft". Ich müsste erstmal herausfinden, wer was wo wann gesagt und geschrieben hat. Und es liegt sicher auch daran, dass die Zukunft schon kaputt ist. Und dass ich dafür jDitfurth etc. die Schuld zuweise. Alles vereinfacht ausgedrückt. Die Ditfurth (*1951) hat keine Kinder und wollte auch nie welche (sie hat zweimal abgetrieben). Das muss gedeutet werden. -- Aber kurz zur Sache: Bahro hat das Hitlerreich am eigenen Leibe erlitten (Mutter verloren). Er ist zehnmal kompetenter als Jüngere, darüber zu Theorien anzustellen. Und Fakt ist, dass das deutsche Volk heute die Augen vor seinen Aufgaben verschließt. Es läßt sich widerstandslos treiben. Das muss Ursachen und Gründe haben.

(Als langjähriger Leiharbeiter in vielerlei Produktionshallen hörte und redete ich mit hunderten arbeitenden Volksmitgliedern. Alles brave und wackere Leute! Ich stelle aber keinerlei Willen zur Klugheit und zur Handlungs­fähigkeit fest - oder ein Verantwortungsgefühl (für Größeres). Das ganze Brimborium der letzten Jahre "auf den Straßen" zu "Montagsdemonstrationen" beeindruckt mich nicht. Es geht auch denen nur um ihren "Wohlstand" und "Lebensqualität", also Geld; mehr nicht. Das wäre okay, wenn es ausreichen würde, um die Zukunft zu retten; oder auch nur Deutschland.)

Insofern suchte Bahro nach "Kraft". Denn ohne eine "Kraftquelle" wird gar nichts. Meckern, Schimpfen und Rumbrüllen (im Volk) reichen nicht aus; also sich zuwenig Gedanken machen, wo es hingehen soll; "was werden/wachsen soll"; kurz: Utopie und Vision. Da ist im Volk nichts vorhanden und auch bei den "Braunen" nicht (keine Gesellschaftsvision, die wenigstens in Gedanken funktioniert).

Hier noch ein bahroscher Satz aus dem folgenden Text, der es auf den Punkt bringt.

"Konstituieren sie sich erst extra und läuft der soziale Topf in Deutschland vollends über, zusammen mit der Frage >Wer will uns erstürmen?< - wenn das passiert, dann kommt natürlich der Auftrieb, wo sich wieder Massen aus deutschen Positionen, wenn sie erst einmal formiert sind, sammeln."

Muss ich extra noch aufschreiben, dass sich diese Situation heute manifestiert?
(Wo dem Volk psychologisch keine andere Möglichkeit bleibt - nach dem Wegfall vieler "Identitäten"-, als sich um das Deutschtum zu sammeln.)

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Werden sich bei der außerordentlichen Gelegenheit, die die ökologische Krise bietet, konservative Kräfte finden, die den (materiellen) Fortschritt nicht vorantreiben, sondern abbremsen und darauf setzen, die menschliche Substanz zu bewahren?      Rudolf Bahro

 

Wie kam es zum berühmt-berüchtigten »grünen Adolf«? Laut Bahro war es die Zuspitzung einer These auf ein Schlagwort:

»Im Jahre 1990 ist Frank Schumann bei mir gewesen, stellvertretender Chefredakteur der Ostberliner jungen Welt. Wir sprachen miteinander an meinem Küchentisch für einen Sammelband innerlinker Diskussionen, der dann offenbar unter dem Titel Streitschrift erschienen ist. Was wir beide diskutierten, erschien dort unter der Überschrift >Die deutschen Linken und die nationale Frage oder Unsere Ölin-teressen am Golf< - wobei >unsere Ölinteressen< in Anführungszeichen gehört hätten. Ich setzte mich mit gewissen linken Tendenzen auseinander, Deutschland an der Auseinandersetzung beteiligen zu wollen.

Diejenigen, die meine Vorlesungen hier von Anfang an verfolgen, die werden sich erinnern, daß ich im Dezember 1990, und im Februar 1991 wieder, hierbei auf das Entschiedenste gegen diese Golfkriegspolitik gesprochen habe. Ich habe in diesem Saal hier gesagt: Leider ist es politisch-psychologisch nicht möglich, für die Führer des Westens ein Nürnberger Tribunal einzurichten. Ich hatte hier Schriften ausgelegt von Johan Galtung, von Roger Garaudy und Alfred Mechters­heimer, die vor dieser verbrecherischen Politik, die Araber herauszufordern und gegen den Islam Krieg zu machen, gewarnt haben. Das war meine Position, was den Rahmen dieses Artikels betrifft. Und dann war meine Grundposition seit der Wende - und ist es immer geblieben - eine in letzter Instanz optimistische Auffassung darüber, daß wir hier sowohl soziologisch als auch politisch eine Chance haben, daß das nicht unbedingt schiefgehen muß, was hier gelaufen ist und was hier läuft.

Und wir gerieten dann, Frank Schumann und ich, darüber sozusagen in einen freundschaftlich-kontroversen Dialog, an dem Tisch: wie gefährlich - also, wie groß nun eigentlich diese faschistische Gefahr ist. Das war dort das Thema. Ich habe - soweit ich mich erinnern kann - die Aufzeichnung von unserem Gespräch dann nicht mehr autorisieren können. Ich weiß nicht, ob das Absicht oder ob es Zeitnot war. Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich habe auch nie das Gefühl gehabt, der Frank Schumann will mir da etwas anhexen. Sonderbarerweise ist mir auch die gedruckte Streitschrift nie ins Haus gekommen. Aber solche Dinge können doch manchmal passieren.

Also, nicht die Tendenz hätte ich korrigiert, die hält sich ganz in dem Rahmen, der in der Logik der Rettung entwickelt ist. Aber die etwas schlenkrige Ausdrucksweise eines Gesprächs, in dem man sich zunächst nicht mißverstand, so daß man also einfach einmal etwas losläßt, nur diese Ausdrucksweise hätte ich wahrscheinlich etwas redigiert.

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Jedenfalls war das Gespräch alles andere als darauf angelegt, eine Losung zu produzieren. Jetzt wird der Eindruck erweckt, ich reise immer auf rechten Versammlungen herum, um das dort zu verbraten. Komischerweise - die Rechte ist so blöd, was mich betrifft: Es ist noch niemand bei mir gewesen, um mich aufzufordern, doch da einmal mitzuspielen.(1) Nicht ich bin es, will ich feststellen - nicht ich bin es, sondern es sind Leute wie Peter Kratz,(2) die aus meiner Feststellung, daß es in den Volkstiefen nach einem >grünen Adolf< ruft, ein Schlagwort machen.

1 Später gab es, meiner (Lehnert) Erinnerung nach, mindestens zwei Anfragen zur Mitarbeit aus dem rechten Spektrum: vom jungen Forum und von der Jungen Freiheit. Bahro hat beide nicht beantwortet.

2 Vgl. Peter Kratz (1994): Die Götter des New Age. Im Schnittpunkt von »Neuem Denken«, Faschismus und Romantik, Berlin (Elefanten Press). In einem Interview mit der jungen Welt am 13. Mai 1994 behauptete Kratz: »Bahro legt Grundsteine für eine naturreligiöse Weltanschauung und benutzt Versatzstücke aus der völkischen Bewegung und dem Neofaschismus. Er will zurück zu den "ursprünglichen Rhythmen des Lebens" statt hin zur Modernisierung. Konsequenz: Sterben lassen tritt an Stelle medizinischer Versorgung.« Er ruft zur Auseinandersetzung mit Ideologen wie Bahro auf, die bislang von der Linken nicht geführt worden sei. Ein letzter Beitrag von Kratz zu diesem Thema erschien 2002 in konkret, Heft-7, unter dem Titel: »Auf roten Socken zum grünen Adolf«.

Das habe ich einfach wahrgenommen - und mein Ratschlag dazu, den Unterschied zwischen Grün und Braun zum Anlaß für einen anderen Umgang mit dieser Herausforderung zu nehmen, das war und ist meine Konzeption. Die haben jedenfalls ein Schlagwort daraus gemacht, eine Forderung, um die man Leute sammeln könnte. Ich habe diese Sache niemals auch nur annähernd in der Form verbreitet, in der, die mir absichtlich angehängt wird. Ich habe nicht nur nicht nach >grünen Adolfs<, ich habe überhaupt nicht gerufen.

Worauf ich, vom Gesprächsverlauf animiert, hinweisen wollte, und zwar linke Leute, war: daß man vor lauter Furcht vor dem braunen Gespenst die Chance verpassen wird, angesichts der ökologischen Krise ganz anders als damals mit dem braunen Potential fertigzuwerden. Ich war und bin der Meinung, daß nicht die Braunen nach Köpfen isoliert, sondern daß sie über ihre immer stärker auch vorhandenen grünen Bewußtseinsanteile integriert werden sollten, damit sie sich gar nicht erst extra sammeln.

Was ich gesehen habe, ist, daß es hier darum geht, mit diesem grünen Anteil im Bewußtsein von jedermann/-frau auch auf der Rechten jetzt so ins Gespräch zu kommen, daß man das, was da an reaktionärem Ressentiment drin ist, daß man das verhältnismäßig kurz halten kann. Daß die nicht gerade durch Polemik und durch Ausgrenzung gezwungen werden, sich extra zu konstituieren.

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Konstituieren sie sich erst extra und läuft der soziale Topf in Deutschland vollends über, zusammen mit der Frage >Wer will uns erstürmen?< - wenn das passiert, dann kommt natürlich der Auftrieb, wo sich wieder Massen aus deutschen Positionen, wenn sie erst einmal formiert sind, sammeln.

Ich war der Meinung: Das ist vermeidbar. Und ich glaube, daß es eine große Schwierigkeit insbesondere für die Westdeutschen ist, aus ihrer so berechtigten Konstellation von 1968 herauszukommen, wo sie erst einmal zeigen wollten: Unsere Alten haben alle zusammen nicht nur versagt, sondern sie haben sich nach 1945 davongeschlichen, haben sich mit der Sache nicht wirklich auseinandergesetzt. Aber ich glaube, daß ein Teil dieser Linken stehengeblieben ist, beim Entlarven, bei der Abwehr von Tendenzen, bei einem Antifaschismus, der doch schon einmal nicht hinreichend war. Und nun fühlen sich gewisse Kreise in ihrer anachronistischen und niederlagengesättigten Art von Antifaschismus gestört und machen mich der Einfachheit halber gleich selbst zum Faschisten - weil es wohl nicht genügend richtige und geistig ernst zu nehmende gibt.«

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Mit dieser Erklärung versuchte Rudolf Bahro die Vorwürfe zu entkräften, die ihn aufgrund eines Schlagworts zum Ökofaschisten par excellence erklärten. Dabei habe er nur konstatiert, daß es in der Volkstiefe nach einem grünen Adolf rufe und die Linke davor nur Angst habe, anstatt zu begreifen, daß ein grüner Adolf ein völlig anderer Adolf wäre als der bekannte. Anschließend widmete Bahro sich Jutta Ditfürth, die ihn in ihrem Buch Feuer in die Herzen ebenfalls als Ökofaschisten charakterisierte. Dabei sind weniger die konkret auf Bahro bezogenen Passagen des Buchs interessant, die sich nicht von anderen Pamphleten unterscheiden, als vielmehr ihre Definition von Ökofaschismus. Faschismus, so Ditfurth, sei zunächst die »extreme Herrschaftsform des Kapitalismus«. Damit zeigt sie sich als Anhängerin der »Agententheorie«, die seit Dimitroff davon ausgeht, daß der Faschismus die terroristische Diktatur des Finanzkapitals sei.

Bei den Ökofaschisten würden, so Ditfurth, alle Kategorien des Faschismus unter ökologischen Vorzeichen wieder auftauchen: Unterdrückung, Rassismus, totaler Staat, Gewalt gegen Andersdenkende, Bevölkerungspolitik, Antiemanzipation.

»Ökologie wird zur ordnungspolitischen Kategorie. Aus den Regeln der menschenlosen Natur, die soziale Prozesse ausschließt, leiten >Ökofaschisten< ihre Werte ab.«

Und:

»Die Gesellschaftsform, die entstünde, setzten sich ökofaschistische Positionen durch, wäre eine auch ökologisch legitimierte faschistische Diktatur, modernisiert durch die Gen- und Reproduktionstechnologie und die modernen Kommunikations­technologien.«(3)

(3) Jutta Ditfurth (1992): Feuer in die Herzen. Plädoyer für eine ökologisch linke Opposition, Hamburg (Carlsen), S. 182-185; zu Bahro und Langhans S. 206-211.
Das Buch wurde mehrfach verboten
, 1994 und 1997 erschienen veränderte Neuauflagen.
Die junge Welt brachte am 5. November 1994, quasi zu Bahros Geburtstag, einen Auszug aus der Neuauflage unter dem Titel »Ein grüner Adolf! Rudolf Bahro zwischen Esoterik und Ökofaschismus«.


Was hatte das alles mit Bahro zu tun? Seine Antwort ist eindeutig:

»Zu mehr als einer platt polemischen Anmache, die sich der Substanz meiner Position nicht eine Sekunde stellt, reicht es nicht bei einem Stil der geistigen Arbeit, der exakt dasselbe Niveau wie bei diesem Schweizer >Verein für Psychologische Menschenkenntnis< hat. In meiner ....

 

 

 


 wikipedia  Jutta_Ditfurth 

Peter Kratz (1994): Die Götter des New Age. Im Schnittpunkt von «Neuem Denken«, Faschismus und Romantik. (414 Seiten)
   dnb Kratz  *1944     dnb Buch    bing Buch   qwant Buch 

 

 

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