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4. Der Fall Gerlinde 

 

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Gerlinde meldete sich telefonisch bei uns. Vorher erzählte sie vielen Menschen anonym ihr Schicksal in dem Versuch, sich endlich von dem Druck zu befreien, unter dem sie seit Beginn des Mißbrauchs durch den Stief­vater steht. Sie rief auch Polizei und Staatsanwaltschaft an, wurde aber von den Vertretern dieser Institutionen, bei denen sie ihre Geschichte vorbrachte, schlicht für gestört erklärt. 

Sie liest sich so:

Mit fünf Jahren gab ihr der Stiefvater im Beisein ihrer Mutter den ersten Zungenkuß. Von ihrem neunten bis zu ihrem dreizehnten Lebensjahr befriedigte er sich zwischen ihren Schenkeln, manchmal bis zu fünfmal pro Nacht. Gerlinde entdeckte, daß er ihre drei Jahre ältere Schwester ebenfalls mißbrauchte. Sie beobachtete, daß der Stiefvater ihrer Schwester beim Baden an die Brust faßte, woraufhin sie seine Mißhand­lungen an ihr selbst als »normal« abtat. 

Einige Wochen nach Gerlindes Beobachtung nahm die Schwester sich das Leben. In der Familie hieß es auf Fragen nach dem Warum, es sei eine Kurzschluß­handlung gewesen. Über die Gründe wurde bis heute nicht geredet.

Nach dem Eintritt ihrer Periode mit zwölf Jahren wurde Gerlinde vom Stiefvater entjungfert. Er drohte ihr mit Gefängnis und Erziehungsheim, wenn sie seine Wünsche nicht erfüllte. Sie hatte nur Angst, zeigte ihn aber mit vierzehn Jahren an. Es folgten entwürdigende Untersuchungen beim Frauenarzt. Im Beisein der Mutter und der Kripo wurde festgestellt, daß sie keine Jungfrau mehr sei. Danach kam sie zu einem Jugendpsychologen, der kein Wort mit ihr redete. Sie mußte lediglich zwei Bogen Papier ausfüllen und wurde dann als phantasie­reiches Kind abgestempelt.

Die Polizei, so Gerlinde, habe ihr zwanzigmal dieselben Fragen gestellt, bis sie sich geweigert habe, sie weiter­hin zu beantworten. Polizisten seien danach mit ihr am Gefängnis vorbeigefahren, und einer von ihnen habe gesagt: >Schau, da sitzt dein Papi drin und weint.< »An mich haben die nicht gedacht, und daran, was ich alles durchgemacht habe.« Die Polizei habe ihr nicht geglaubt.

Als der Stiefvater aus der Untersuchungshaft entlassen worden sei, sei der Mißbrauch weitergegangen, erzählt sie. Die Mutter habe den Stiefvater nachts in Gerlindes Zimmer geschickt. »Am nächsten Tag sperrte sie sich mit mir im Badezimmer ein und hielt mir eine Rasierklinge vors Gesicht: >Du gehst jetzt zur Polizei und zeigst deinen Stiefvater an, oder ich zerschneide dir die Fresse.<« Die Mutter, das entnahm Gerlinde einem Telefon­gespräch, wollte ihren Mann loswerden und die Kinder ins Heim stecken. Der Stiefvater wußte es zu verhindern.

Einmal — Gerlinde hatte jetzt an den Wochenenden bis einundzwanzig Uhr Ausgang — kam sie betrunken nach Hause. Die Eltern fragten, wieviel sie getrunken hätte, und sie antwortete ihnen, sechs Jägermeister. Am nächsten Tag, als ihre Geschwister schon im Bett waren, stand auf dem Wohnzimmertisch eine Flasche Jägermeister. Es sollte getestet werden, wieviel sie vertrüge. Gerlinde erinnert sich nur noch daran, daß die Mutter und der Stiefvater sie mit in ihr Schlafzimmer nahmen, wo sie sich beide auf sie stürzten. Was genau passierte, weiß sie nicht mehr. Am nächsten Tag war sie grün und blau am ganzen Körper. Der Stiefvater versprach ihr, daß so etwas nicht mehr vorkommen würde — er würde sie besser beschützen.

Gerlinde erzählte weiter: »Ein andermal kamen die beiden zu mir ins Zimmer, und meine Mutter sagte: >Du zeigst mir jetzt, wie ihr es immer miteinander gemacht habt, oder ich schlage dich tot.< (Sie schlug mich wegen jeder Kleinigkeit.) Ich hatte meine Regelblutung, aber es machte ihnen nichts aus. Ich mußte vor den Augen meiner Mutter mit ihm Geschlechtsverkehr machen, er durfte aber keinen Orgasmus haben. Im eigenen Schlafzimmer machten beide dann laut stöhnend weiter. Meine Mutter erpreßte ihn monatelang mit dem Unterhemd, das er dabei anhatte. Es war voll mit meinem Blut und seinem Sperma.«

Mutter und Stiefvater trennten sich, und Gerlinde kam in ein Internat. Die Mutter erpreßte den Stiefvater weiterhin. Er schlug sie und brach ihr einen Wirbel, wie Gerlinde erzählt. Die Mutter gab ihr die Schuld. 

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Als Gerlinde ihren ersten Freund hatte, ließ der Stiefvater sie eine Weile in Ruhe, er unterstützte sogar ihre Verlobung, zwang sie in größeren Abständen aber immer wieder zum Geschlechtsverkehr. Als er merkte, daß sie schwanger war, belästigte er sie ununterbrochen. Die Verbindung mit ihrem Freund, dem Vater des Kindes, ging in die Brüche. Ihre Mutter erfuhr erst von der Schwangerschaft, als Gerlinde im sechsten Monat war. Gerlinde ging zum Jugendamt, wollte in ein Mutter-und-Kind-Heim, doch das verhinderte ihre Mutter, die darauf bestand, das Kind selbst großzuziehen.

Gerlinde erklärte zu Hause, daß sie mit achtzehn auszöge, woraufhin die Mutter sie hinauswarf. Der Stiefvater gabelte sie wieder auf und »half« ihr. Er benutzte diese Zeit, um pornographische Fotos von ihr zu machen, und wollte die Verbindung mit Gerlinde legalisieren, was die Stieftochter aber ablehnte. »Jetzt holte er diesen Ring wieder hervor, ich mußte ihn tragen, ihm Liebesbriefe schreiben. (Als Gerlinde vierzehn Jahre alt war, hatte sich der Stiefvater schon einmal mit ihr >verlobt<.) Ich mußte so für die >Hilfe< bezahlen, mußte sein Haus sauberhalten. Mein Mutter holte mich dann irgendwann wieder da raus.« Doch immer, wenn es Probleme zwischen Gerlinde und ihrer Mutter gab, »half« der Stiefvater.

Im Laufe der Jahre wurde Gerlinde unter dem Einfluß ihrer Mutter fast zur Alkoholikerin. Nachdem der Stiefvater wieder geheiratet hatte (eine Sechzehnjährige aus der Nachbarschaft), fand Gerlinde endlich Ruhe vor ihm. Sie selbst hatte inzwischen wieder einen Freund, den allerdings die Mutter mit der Bemerkung abschreckte: »Um die« — sie zeigte mit dem Finger auf Gerlinde — »brauchst du dir keine Sorgen zu machen, die fickt schon ihr Stiefvater.« Wieder hatte die Mutter eine Beziehung zerstört. Das Mädchen nahm Tabletten, wollte sich das Leben nehmen, wurde aber gerettet.

Inzwischen ist Gerlinde verheiratet. Doch auch diese Verbindung sollte nach dem Willen der Mutter nicht zustande kommen. Ihrer Meinung nach sei der Schwiegersohn ein ausgesprochener »Mama-Hansel«. Gerlinde hat das Gefühl, daß ihre Mutter noch immer ihre Familie zerstören will. 

Mit ihrem Mann kann sie über ihre Probleme nicht reden. Er will von ihrer Vergangenheit nichts wissen. Er weiß zwar, daß sie mißbraucht worden ist. Aber Details könne sie ihm nicht erzählen, sagt Gerlinde, die befürchtet, daß ihr Mann sie verachten würde. Welche Gefühle hat sie heute für sich selbst? »Ich bin stark — ich habe das ja alles überlebt. Aber ich bin furchtbar allein«, sagt sie. Ihr größter Wunsch wäre es, daß sich die Frauen und die Kinder sehr viel mehr trauten, über sexuellen Mißbrauch, über Gewalt zu sprechen.

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5.  Gerlinde und ihre Mutter 

 

 

Wenn Gerlinde heute an ihre Mutter denkt, so empfindet sie ein Gefühl »tiefer Verachtung, weil sie nicht zu mir gehalten hat«. Sie habe im Gegenteil den sexuellen Mißbrauch noch unterstützt. 

Wir besuchten Gerlindes Mutter und fragten sie, warum sie der Tochter nicht geholfen habe. Sie antwortete uns, sie habe den Fall dem Jugendamt und der Polizei gemeldet. Ihr Mann sei auch in Untersuchungshaft gewesen, doch es sei keine weitere Strafe erfolgt.

Protokoll eines Gespräches: 

»Bei einer amtlichen Stelle hieß es, das Kind lügt. Dann hat Gerlinde alles wieder zurücknehmen müssen. Man kann doch nicht mir die Schuld geben.«

Ihrer Meinung nach hat es keinen sexuellen Mißbrauch gegeben?

»Ich weiß es nicht, ich war ja nicht dabei.« 

Aber für eine Mutter sollte es doch möglich sein, zu spüren, ob sexueller Mißbrauch vorkommt. 

»Und wie soll ich das merken?« 

Kennen Sie Ihre Tochter nicht ein bißchen? 

»Das ist so eine Sache in solchen Dingen. Letztlich, wenn sie ihn deckt, wie soll man das dann alles wissen? Und dann ist sie von zu Hause weg, ist zu ihm gelaufen. Ich habe sie mit der Polizei wieder zurückholen lassen.«

Sie hatten nicht den Wunsch, Ihrer Tochter zu helfen, nachzuforschen, wie es sich wirklich verhielt? 

»Sehen Sie, dann war sie schwanger, ich habe das Kind aufgezogen. Sie hat nicht gearbeitet, ich habe für das Kind gesorgt, es hat in meinem Haushalt gelebt, sie auch. Was kann man denn noch mehr tun?« 

Was war vorher?

»Ich habe sie ins Internat gegeben, damit sie nicht mehr mit ihm zusammen war. Er durfte nicht mehr ins Haus.«

Ihrer Meinung nach hat Ihre Tochter alles frei erfunden?

»Der Meinung bin ich nicht. Aber ich kann weder das eine noch das andere wissen. Mit hundertprozentiger Sicherheit weiß ich nicht, ob er oder sie lügt.«

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Sie hatten ja noch eine ältere Tochter, die sich das Leben genommen hat. Gab es da irgendeinen Zusammenhang?

»Nein, absolut nicht. Das ist eine Erfindung meiner Tochter, genauso, wie heute gesagt wird, er hätte mit seiner Nichte irgendwelche sexuellen Beziehungen. Das glaube ich nicht.«

Aus welchem Grund hat sich Ihre erste Tochter das Leben genommen?

»Mein erster Mann hat wieder geheiratet, und sie ist mit der Stiefmutter nicht zurechtgekommen. Das Kind ist vom Jugendamt dem Vater zugesprochen worden. Es waren vier Kinder aus dieser Ehe, zwei habe ich, und zwei hat er.«

 

Gerlindes Mutter ist sehr mitteilungsbedürftig. Sie erzählt, daß im letzten Jahr die Kriminalpolizei bei ihr gewesen sei. Es gab anonyme Briefe, aus denen hervorging, daß die Mutter drogenabhängig und diesem Mann hörig gewesen sei; sie hätte ihre Tochter »mißbrauchen lassen«, um Drogen beschaffen zu können. Die Mutter bestreitet, jemals eine Droge genommen zu haben. Sie vermutet in Gerlinde die Schreiberin der Briefe. Sie haben keinen Kontakt mehr miteinander. Auf unsere Frage, ob es sie gar nicht interessiere, wie es der Tochter gehe, antwortet sie, das erfahre sie »schon«.

Die Mutter zählt auf, was sie ihr alles für das neue Haus geschenkt habe.

Das heilt aber keine Wunden.
»Ich habe ihr die Wunden nicht gemacht. Sie hätte ja zu mir kommen können und sagen, wie es war.«

 Gehört es nicht zu den mütterlichen Gefühlen, der Tochter helfen zu wollen, ob sie darum bittet oder nicht?
»Als ich erfuhr, daß Gerlinde ihren Stiefvater angezeigt hatte, habe ich mich sofort in Bewegung gesetzt. Aber sie fiel mir in den Rücken und ging heimlich zu ihm.«

Zu Ihren anderen Kindern haben Sie ein gutes Verhältnis?
»Ja.«

Woran liegt das, daß Ihre eine Tochter so reagiert?
»Die war schon immer anders als die anderen.«

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Was meinen Sie mit >anders<?
»Sie war halt anders. Mit mir hätte so etwas niemand gemacht. Man kann sich auch wehren — so sehe ich das.«

Wenn Ihre Tochter Sie heute darum bitten würde, sich mit Ihnen auszusprechen, würden Sie darauf eingehen?
»Natürlich, warum denn nicht? Man kann doch über alles reden, man ist doch erwachsen. Und sie ist doch heute eine gestandene Frau. Sie hätte doch mit mir reden können. Was kann ich mehr tun? Schauen Sie, jeder Verbrecher wird in Ruhe gelassen, wenn er seine Strafe abgesessen hat. Wenn sie ihn heute noch anzeigen oder mir eine Schuld zumessen will, soll sie es tun. Aber irgendwann muß dann auch Schluß sein.«

Fühlen Sie sich schuldig?
»Ich fühle mich wirklich nicht schuldig. Nicht schuldig. Meine Kinder haben ein gutes Zuhause gehabt, und ich fühle mich wirklich nicht schuldig. Man muß immer zwei Seiten hören. Wissen Sie, meine Tochter hätte die Möglichkeit, die Sache zu bereinigen. Sie kann mich doch nicht ein Leben lang schikanieren für eine Sache, an der ich gar nicht schuld bin. Denn wenn sie sich hätte wehren wollen, dann wäre sie ja nicht mit sechzehn zu ihm gegangen, als ich sie mit der Polizei zurückholen mußte. Sie hat doch ein Zuhause gehabt, sie hat doch alle Unterstützung gehabt. Sollte ich sie wie eine Prinzessin behandeln?«

 

Die Mutter bleibt dabei, daß ihre Tochter freiwillig zum Stiefvater gelaufen sei, sie selbst habe dagegen nichts unternehmen können. Es gebe Menschen, »die lügen, ohne jeden Grund. Ich bin doch mit ihr zum Jugend­psychologen und dahin und dorthin und zur Eheberatung gegangen. Was sollte ich denn noch tun?«

Wenn Ihre Tochter diese Probleme hat, denken Sie, daß der Gang zur Kriminalpolizei eine gute Lösung ist?
»Ich mußte ja gehen.«

Gab es keine Möglichkeit, sich mit Ihrer Tochter direkt auseinanderzusetzen?
»Sie hat doch dann alles bestritten. Sollte ich sie prügeln, damit
sie die Wahrheit sagte? Wenn selbst geschulte Psychologen die Wahrheit nicht herausfinden können — wie soll ich sie dann heraus­bekommen?«

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Ich denke, eine Mutter ist am ehesten dazu geeignet.
»Das sagen Sie.«

Wer soll denn helfen, wenn die Mutter dazu nicht in der Lage ist?
»Ich habe es Ihnen doch schon so oft gesagt, was soll ich denn tun? Geben Sie mir doch mal eine Antwort! Warum gibt es denn so viele Kinder, bei denen es niemand merkt?«

Wie stehen Sie jetzt zu Ihrer Tochter?
»Sie tut mir leid. Das Thema ist heute für mich erledigt.«

Die Mutter läßt uns noch wissen, daß sie wahrscheinlich Anzeige gegen ihre Tochter erstatten werde, wenn weiterhin anonyme Briefe kämen, denn irgendwann müsse einmal ein Schlußstrich gezogen werden.

 

Aus den Antworten der Mutter läßt sich deutlich ablesen, daß sie von dem sexuellen Mißbrauch wußte. Sie befindet sich in »guter« Gesellschaft. Fast alle Mütter schweigen. Auch Gerlindes Mutter half der Tochter nicht, sondern sie benutzte sie im Gegenteil, um ihren Mann loszuwerden.

 

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6.  Die Mutter — als Täterin selbst Opfer?

 

 

Die Frage, die sich nicht nur in Gerlindes Fall stellt, sondern immer wieder bei den Nachforschungen zum Inzest­geschehen auftaucht, ist: Wo war die Mutter? Warum hat sie ihre Tochter nicht geschützt? Hat sie überhaupt von dem Mißbrauch gewußt? Hat sie den Inzest ignoriert? Hat sie ihn gefördert?

Es ist ein merkwürdiges Phänomen, daß in der Geschichte des Inzests Mütter kaum eine Rolle spielen; weder in den Überlieferungen, Märchen und Mythen noch in der Bibel, wie es beispielsweise die Geschichte von Lot und seinen Töchtern zeigt, treten die Mütter im Zusammenhang mit dem Mißbrauch ihrer Töchter auf. Die abwesende Mutter scheint ein Charakteristikum des Patriarchats zu sein. In den mutterrechtlichen Kulturen wurde das Weibliche als kosmische Urkraft verehrt. Durch die als heilig betrachtete Fruchtbarkeit und Herzensweisheit der Frauen in den Schöpfungsmythen des mutterorientierten Weltbildes waren es die Mütter, die den Mittelpunkt der Familien bildeten. In der patriarchalischen Gesellschaft drängte sich ein machtvoller, zorniger Vater an die Spitze der Religion, ein Gott der Rache.*

Im Patriarchat wird die Große Göttin der vorchristlichen Religionen demontiert und den männlichen Macht­konstellationen untergeordnet. Von jetzt an haben die Frauen ihrer Lebensaufgabe in einer Ehe zu dienen, deren Oberhaupt der Mann ist. Ihre Aufgabe besteht darin, für Nachkommen zu sorgen. Sie werden zu Gebär­maschinen degradiert und auf ihren Gebrauchswert für den Mann reduziert. Die Rolle der Frauen ist nicht mehr auf das Kosmische, Schöpferische, auf die Bewahrung menschlicher Werte und Würde ausgerichtet, sondern ausschließlich auf die Bedürfnisse des Mannes. Dazu gehört auch die Bildung und Erziehung der Kinder. Die Frau bleibt nicht länger Wahrerin und Trägerin des Lebens in seinem ethischen Aspekt, sondern ab jetzt legt der Vater Moral und Wertesystem fest und gibt sie weiter.

 

* OD: Dieser Satz ist doppelt im Original.

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Die Vorstellung der >abwesenden Mutter< ist einer der umstrittensten Punkte der Inzestdiskussion. Von den einen wird sie als geheime Mittäterin bezeichnet, andere sehen in ihr selbst das Opfer einer mißbrauch­enden Ahnengeschichte, einer Inzesttradition, aus deren Strukturen sie sich nicht zu befreien vermag.

Es gibt in der Inzestforschung zwei zerstrittene Lager, die die Beziehung von Mutter und Tochter zueinander diskutieren. Und dies so kontrovers, wie es der »ausschließlichen) Polarisierung in Männliches und Weibliches (als) eine(r) Eigenart des Patriarchats« (H. Wöller »Vom Vater verwundet«, S. 15) völlig entspricht. Die einen machen allein die Mütter dafür verantwortlich, daß Inzest überhaupt möglich wird. Die anderen sehen in ihnen völlig arglose, unbeteiligte Wesen, die mit diesem Geschehen nicht das geringste zu tun haben.

Mit extremen Standpunkten ist nur niemandem gedient, am wenigsten den Betroffenen oder potentiellen Opfern zukünftigen sexuellen Mißbrauchs. In der Hälfte der von uns recherchierten Fälle wußten die Mütter von dem Mißbrauch oder hatten ihn sogar unterstützt. Die andere Hälfte setzte sich aus Müttern zusammen, die anwesend waren, aber die Situation nicht erfaßt hatten, und aus Müttern, die durch Krankheit oder Scheidung abwesend waren.

In der Literatur kommt die Mutter nicht gerade gut weg. Josephine Rijnaarts faßt es so zusammen: 

»Das Problem (...) ist nicht, daß ihre Aussagen über die Mütter von Inzestopfern nicht wahr wären oder daß bestimmte Eigenschaften, Verhaltens­weisen oder Umstände nicht auf bestimmte Mütter zuträfen; das Problem ist, daß der Mutter des Inzestopfers praktisch alles, was sie ist oder nicht ist, was sie tut oder unterläßt, im nachhinein als bewußter oder unbewußter, aktiver oder passiver Beitrag zur Entstehung des Vater-Tochter-Inzests ausgelegt wird. Sie darf nicht sterben, sie darf keine psychischen Probleme haben, nicht krank und auch nicht schwanger werden; sie darf das Haus nicht verlassen, schon gar nicht zum eigenen Vergnügen, sie hat aber andererseits die Familie vor sozialer Isolierung zu bewahren; sie darf nicht unterwürfig sein, aber auch nicht dominieren, nicht frigide, aber auch nicht allzu leidenschaftlich, nicht prüde, aber auch nicht promiskuitiv, und so weiter, und so weiter.«   (J. Rijnaarts a.a.O.: S. 194)

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Die Mutter wird direkt oder indirekt für das Schicksal der Tochter verantwortlich gemacht. Ein großer Einfluß auf diese Tendenz, die Schuld bei den Müttern zu suchen, kommt aus der Psychoanalyse und der Tiefenpsychologie — ein Wunschbild männlicher Forscher, die diese Richtung ja dominieren? Ähnliches gilt für den familien­therapeutischen Ansatz, in dem die Mutter zum »Eckpfeiler« der zerrütteten, dysfunktionalen Familie erklärt wird. (Vgl. N. Lustig u.a., »Incest — A Family Group Survival Pattern«)

Damit werden nicht nur die Väter ihrer Verantwortung enthoben, sondern anscheinend auch gleichzeitig als arme, schwache Schluffen deklariert, die zu Hause nichts mehr zu melden haben und schließlich als Opfer ihres unkontrollierbaren Triebes nur noch bei der Tochter Trost finden. Das hört sich fast wie ein Offen­barungs­eid der patriarchalischen Gesellschaftsordnung an. Die Familie hat abgewirtschaftet, und an allem ist die Frau schuld.

Wie tief das patriarchalische Bewußtsein in alle Schichten des Weiblichen eingedrungen ist, zeigt nicht zuletzt auch die konfliktgeladene Beziehung der Töchter zu ihren Müttern. Töchter, die vom Vater sexuell ausge­beut­et wurden, können ihm viel eher verzeihen als der Mutter. Während der therapeutischen Aufarbeitung zeigt sich immer wieder, daß die Töchter ihre bewußten Aggressionen mehr gegen die Mütter richten als gegen die Täter. Haben sich die Mütter wirklich so schlecht benommen, oder ist es die insgeheime Ver-Herrlichung des Mannes, des Vaters, des Männlichen? Könnte es sein, daß die Abwertung des Weiblichen von den Frauen selbst übernommen wurde? 

Die ausschließliche Fixierung auf den Mann als Ernährer, Familienoberhaupt, Gott, hat seine Rolle wahrscheinlich zu einem unantastbaren Überideal stilisiert, das nicht mehr aufzugeben ist. Illusionen sind oft schwerer loszulassen als die Wirklichkeit. Die Rolle der Mutter dagegen ist schwächer und damit angreifbarer. Der Arzt für Psychiatrie, Psychoanalyse und Psychotherapie Mathias Hirsch schreibt über die Mutter: »Nach meinem Eindruck ist sie von allen Familienmitgliedern am besten untersucht worden, sie hat auch am meisten Aggressionen auf sich gezogen.« (M. Hirsch, Realer Inzest, Berlin 1987, S.123)

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Mathias Hirsch bezieht sich hier auf die Forschung. Das gleiche gilt aber auch für die Haltung der Opfer selbst. In der psycho-analytischen und therapeutischen Praxis scheinen Inzestopfer ihre Wut zunächst nicht gegen den Täter zu richten, sondern auf die Mutter umzuleiten. In den Berichten von Inzestopfern, die die Autorin Angelika Gardiner-Sirtl sammelte und veröffentlichte (A. Gardiner-Sirtl, »Als Kind mißbraucht. Frauen brechen das Schweigen«), taucht immer wieder die Klage gegen die Mutter auf, sie habe von dem Inzest gewußt, aber ihre Tochter nicht geschützt. Stärker noch als durch den Verrat des Vaters scheint das Inzestopfer enttäuscht und verletzt durch die Gleichgültigkeit oder Hilflosigkeit der Mutter. 

Der aus Schlesien stammende Kinderarzt C.H. Kempe (C.H. Kempe, »Sexual abuse, another hidden pediatric problem«, S. 382-389) und der amerikanische Psychiater J. Kaufman (J. Kaufman, »The family constellation and overt incestuos relations between father and daughter«, S. 266-279) kommen zu dem Ergebnis, daß die Feindseligkeit gegen die Mutter zumindest stärker bewußt sei, während der Vater idealisiert werde. 

Aus der psychoanalytischen Sicht wird das als »Rache an der präödipalen Mutter« (L. Gordon, »Incest as revenge against the preoedipal mother«, S. 284-292) eingestuft. Demnach ist die frühkindliche Beziehung zwischen Mutter und Tochter nicht glücklich verlaufen. Die Mutter sei in den entscheidenden Entwicklungsphasen nicht in der Lage gewesen, die Bedürfnisse des Kindes zu erfüllen.

Der emotionale Mangel mag ja noch als Erklärung für den Mutterhaß verständlich sein, daraus aber zu schließen, dies sei indirekt der Beweggrund für die Tochter, sich vom Vater mißbrauchen zu lassen, um sich an der Mutter zu rächen, klingt schlichtweg konstruiert. Diese abenteuerliche Spekulation geht auf Sigmund Freud zurück und sieht aus wie eine geschickte Variante seiner anderen »Entdeckung«, der des Penisneides nämlich. Beim »frühkindlichen Mangel« hat die Tochter offenbar nicht genügend Mutterbrust erhalten und sucht sich deshalb den Penis des Vaters. Der Penis als Brustersatz!

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Es geht durchaus um emotionale Bedürfnisse, die in der symbiotischen Phase mit der Mutter nicht befriedigt wurden; auch um das mütterliche Ausnutzen dieser Symbiose, ihren eigenen Mangel zu stillen, indem die Mutter den persönlichen Freiraum ihrer kleinen Tochter völlig mit ihren Ansprüchen besetzt. Das exzessive Kreisen um Mutter- und Vaterbeziehungen, erotische Wünsche und Phantasien, Abhängigkeiten und Übertragungen in der psychoanalytischen Forschung stiftet eher Verwirrung als Aufklärung. Auf den Punkt gebracht, liefern die Forschungsergebnisse die Erklärung für die emotionalen Verstrickungen innerhalb der Familien, in denen es für eine gesunde, geborgene Persönlichkeitsentwicklung zuwenig Raum gibt. Es kann keine Autonomie stattfinden, es gibt kaum persönliche Grenzen, Gefühle werden nicht ernst genommen, es können keine Konflikte ausgetragen werden, weil Aggressionen und Ambivalenzen unterdrückt werden. Dies nun ausschließlich der Mutter anzulasten ist doch wohl ein bißchen zu einfach.

 

Die Geschichte vom »Penisneid« ist ja ohnehin eher ein Herrenwitz. Auch im Zusammenhang mit dem Inzest fällt er Psychologen immer wieder ein, und es finden sich auch immer wieder Fälle von mißbrauchten Töchtern, die sich den Penis des Vaters »holten«, weil sie selbst keinen hatten. »Mutter gab dem Bruder den Penis und nicht mir, und so muß ich mir selbst einen besorgen.« (L. Gordon, a.a.O., S. 286) Der amerikanische Analytiker J.B. Tompkins hatte eine Patientin, die als kleines Mädchen »das schönste Vergnügen« fand, wenn der Vater den erigierten Penis von hinten durch ihre Beine schob, so daß es aussah, als ob sie selbst einen hätte. (M. Hirsch, a.a.O., S. 87) Die Interpretation, daß es den Kindern um den Penis geht, ist gefährlich oberflächlich und lenkt von der Tatsache ab, daß der Vater die Bedürfnisse des Kindes nach Nähe, Zuwendung und Zärtlichkeit sexualisiert. Erst dann entwickelt doch ein Kind die Haltung, Sexualität als Liebesersatz zuzulassen oder Sexualität als Mittel einzusetzen, um Zuneigung zu erhalten. 

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Obgleich diese aus der heutigen Sicht haarsträubenden Thesen nun langsam der Vergangenheit angehören, sollten sie hier nicht unerwähnt bleiben, denn sie enthüllen den Männlichkeitswahn in unserer Kultur als Ursache.

Wo sonst könnte weibliches Verhalten als »Neid« auf ihn interpretiert werden als in einer Gesellschaft, in der sich alles um den Penis dreht. Die Ver-Herrlichung des männlichen Geschlechtsorgans degradiert das Nichtvorhandensein dieses Organs automatisch zu einer Minderwertigkeit. Diesen unausweichlichen »Mangel« haben natürlich schon die Mütter von ihren Müttern übernommen. Der Phalluskult hat eine Vorliebe für das Männliche kreiert, die von Männern wie Frauen, Vätern wie Müttern gleichermaßen verinnerlicht wurde. »Auch Inzestopfer unterliegen dem Einfluß unserer Kultur, die Müttern das Unmögliche abverlangt, nämlich alles zu hören, alles zu sehen und ihre Kinder vor allem Übel zu bewahren«, schreibt Josephine Rijnaarts und behauptet sogar, die Töchter würden im Grunde von den Psychotherapeuten erst darauf hingewiesen, »daß die meisten Mütter >insgeheim< am Vater-Tochter-Inzest mitbeteiligt seien«. (J. Rijnaarts, a.a.O., S. 166) Sie nennt Beispiele, in denen betroffene Frauen erst durch den Psychotherapeuten oder aus der Inzestliteratur von der Idee der heimlichen »Komplizenschaft« der Mutter erfuhren.

Ein Inzestopfer schreibt: »Ich war böse auf sie, weil sie mich nicht beschützte. Als ich älter wurde, wurde mir klar, daß sie es (...) nicht konnte, aber ich bin mir immer noch nicht sicher. (...) Ich denke, es hat etwas damit zu tun, daß man früher einfach sicher war, die Mutter würde einen vor allem Bösen beschützen, wenn man sich verletzt fühlte oder sich weh getan hatte und sich an niemanden wenden konnte. Wenn man als Kind Schmerzen hat oder weint, läuft man normalerweise zur Mutter. Und wenn sie nicht da ist, dann vielleicht zum Vater. Aber wenn der Vater die Ursache des Kummers ist, dann ist die Mutter die einzige, zu der man noch gehen kann, und wenn sie dann nicht reagiert (...), wird man wirklich sehr böse (...)« (D. Finkelhor, »Psychological, cultural and family factors in incest and family sexual abuse«, S. 204)

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Wie widersprüchlich die Beziehung von Töchtern zu ihren Müttern oft ist, verdeutlicht der Kommentar einer Sechzehnjährigen, nachdem der Mißbrauch durch ihren Stiefvater von einer Freundin der Familie aufgedeckt worden war: »Ich konnte es meiner Mutter nicht sagen. Ich wußte nicht, wie sie reagiert hätte. Schließlich war ich ja jetzt so etwas wie eine Rivalin, die ihr den Geliebten streitig machen könnte. Ich wußte nicht, ob sie das aushalten würde. Andererseits habe ich mich so danach gesehnt, daß sie es endlich merken würde. Ich wollte es ihr nicht erzählen, und gleichzeitig war ich enttäuscht und wütend, daß sie mir nicht geholfen hat.« Die Mutter soll sozusagen mit einem Akt hellseherischer Magie den Inzest in einer Form abwenden, durch die weder Tochter noch Vater zu Schaden kommen, noch die Familie aus ihrer trauten Harmonie zerfällt und sie selbst in völlig emotionslosem Unbeteiligtsein über der Sache schwebt.

Diese Erwartung an die Mutter mutet wie ein Relikt aus matriarchalischen Zeiten an, als den Frauen die Verkörperung der Großen Göttin zugeschrieben wurde. Doch mit der Unterdrückung der Frau und der Abwertung des Weiblichen im Patriarchat verarmten auch die Qualitäten der Mutterrolle. Einerseits wird die Mutter in allen ihren Rechten und in ihrer Kraft kastriert, andererseits aber soll sie ihre heilenden, wärmenden, lebensspendenden Eigenschaften zum Segen des Allgemeinwohls einsetzen.

Die schizophrene Rolle, die diese Mutter spielen muß, entbehrt jeglicher Intuition. Denn Intuition kann sich nur dort entwickeln, wo ein intaktes Selbstbild, eine ungestörte Beziehung zur eigenen Identität besteht. Die »typischen« Inzest-Mütter von heute sind zu dieser Intuition offenbar nicht mehr in der Lage, weil ihnen selbst die Identität genommen wurde. Sie sind in ihrer Rolle stumpf, empfindungslos geworden. Wie sonst könnte Josephine Rijnaarts zu der Überzeugung kommen, daß Mütter in der Regel von dem Mißbrauch gar nichts bemerken können und »daß ein Familienmitglied ein anderes über Jahre hinweg sexuell mißbrauchen kann, ohne daß außer dem Täter und dem Opfer jemand etwas davon erfährt« ? (J. Rijnaarts, a.a.O., S. 167) 

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Eine Frau, die Zugang zu ihrer Intuition hat, hätte mit einer anderen Wachheit wahrgenommen, was um sie herum passierte. Fast alle Mütter konnten nach der Entlarvung des Inzests Situationen und Zusammenhänge rekonstruieren, die auf den Mißbrauch hingewiesen, die sie aber als »Kleinigkeiten« übersehen hatten. Bei anderen hätten sie es bemerkt, es aber in der eigenen Familie als »unvorstellbar« abgetan, gaben sie an. So gesehen sind die Mütter wirklich bedauernswert.

So sieht es auch die Betroffene Louise Armstrong in ihrem Erfahrungsbericht »Kiss Daddy Goodnight«: »Offen gesagt, es ist immer dieselbe alte Geschichte. Den Müttern wird immer die Schuld für alles gegeben. (...) Nach unseren klinischen Erfahrungen läßt sich das nicht aufrechterhalten. Wir hatten in den letzten Jahren über hundert Fälle. Und es stimmt einfach nicht, daß die Mütter davon wußten. Die meisten Kinder erzählen uns, daß sie verhindern wollten, daß die Mütter es herausfanden.« (L. Armstrong, »Kiss Daddy Goodnight — Aussprache über Inzest«, S. 63)

Josephine Rijnaarts zitiert eine Reihe von mißbrauchten Töchtern, die es alle nicht übers Herz brachten, ihre Mütter über den Inzest aufzuklären. Sie hatten Angst,...die Mutter würden unter der Last der Wahrheit zusammenbrechen. Hier bleibt also die Verantwortung wieder nur bei den Töchtern. Einige der von uns befragten Betroffenen hatten sich vor allem deshalb nicht anvertraut, weil sie mehr als alles andere eine Enttäuschung durch ihre Mutter fürchteten, da sie nicht wußten, ob sie überhaupt Unterstützung bekommen hätten. Das Risiko, von beiden Elternteilen verraten zu werden, schien zu hoch.

Hirsch führt Beispiele aus der Inzestforschung an, aus denen klar hervorgeht, daß die Mütter das Geschehen bagatellisierten. Sie nahmen den Inzest zur Kenntnis, reagierten aber nicht: »Ich lief ihr weinend entgegen — was vorgefallen war, konnte sie ja erkennen. Sie tröstete mich und versuchte mich zu beruhigen, indem sie meinte, es sei ja alles nicht so schlimm und ich solle es am besten schnell vergessen und niemandem davon erzählen.« (A. Gardiner-Sirtl, a.a.O., S. 89)

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Ähnlich in einem Fall, den die Therapeutin Susan Forward schildert: »Jane erzählte schließlich der Mutter über den Inzest. Die Mutter reagierte unverbindlich und sagte nur: >Das ist alles Vergangenheit. Laß es hinter dir.< Diese Nonchalance war für Jane grausam und mitleidlos.« (S. Forward, C. Buck, »Betrayal of innocence. Incest and its devastation«, S. 128-150)

 

Wenn der Inzest ans Tageslicht kommt, reagieren manche Mütter aber auch sehr emotional. Sie machen der Tochter den Vorwurf, den Vater verführt zu haben, die Familie ins Unglück zu stürzen und die Mutter jeglicher Würde zu berauben. Die sechzehnjährige Corinna erzählte: 

»Als unsere Freundin meine Mutter aufklärte, was Klaus da mit ihren beiden Töchtern veranstaltet hatte, konnte sie es einfach nicht fassen. Sie war völlig hysterisch und warf mir, als der Älteren, vor, ihr so etwas, anzutun, sie in eine solche Situation zu bringen. An uns hat sie nicht gedacht. Ob wir physisch und psychisch Schaden genommen hätten, interessierte sie gar nicht.« 

Der Deutsch-Amerikaner Kempe behauptet sogar, daß bei ihm kein einziger Fall vorgekommen sei, in dem die Mutter es nicht gewußt habe. (Vgl. C. H. Kempe, a.a.O., S. 385)

 

Für den Schutz der Tochter ist es allerdings ziemlich unerheblich, ob die Mutter nur blind war oder ob sie es wußte und dennoch nichts unternahm — das Ergebnis ist dasselbe. Die Tochter bleibt allein mit ihrem Schicksal.

Eindeutig laden die Mütter Schuld auf sich, wenn sie zu aktiven Komplizen der Täter werden. Hirsch beschreibt mehrere Fälle, in denen die Mütter auf subtile Weise ihren Männern die Töchter zuspielten, obgleich dies den Müttern offenbar gar nicht »bewußt« wurde. Auch die Berliner Sozialwissenschaftlerin Barbara Kavemann zitiert ein Inzestopfer: »Bei mir fing alles an, als meine Mutter aus heiterem Himmel sagte, ich müsse ihn küssen, wenn er von der Arbeit kam. Das war vorher nicht üblich. Als ich elf war und meine Mutter aus dem Krankenhaus kam, sagte sie zu mir: >Geh zu Papa ins Bett<, so daß diese Gewohn­heiten nie endeten. Das sagte sie mir mehrere Male, ich weiß nicht, was meine Mutter sich dabei gedacht hat.« (B. Kavemann /I. Lohstöter, »Väter als Täter«, S. 45)

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Inzestforscher, vor allem die Verfechter des familiendynamischen Ansatzes, bastelten an einer männer­gerechten Theorie, nach der die Mutter in eine Art Rollentausch mit ihrer Tochter tritt. Der berühmte Begriff der »Kollusion«, der nichts weiter bedeutet als die Verschleierung, die geheime Absprache innerhalb einer Familie, kennzeichnet hier die Ängste der Mutter vor den Ansprüchen ihrer Rolle: Versorgung der Familie, Haushalts­führung, Sexualität mit dem Ehemann. Und weil sie verklemmt und faul ist, schiebt sie das gern auf ihre Tochter ab. Übernimmt die Tochter nämlich die Haushaltspflichten einschließlich der sexuellen Befriedigung des Vaters, so kann sie selbst endlich frei sein und das tun, was sie will. Das Terrain für den Mißbrauch ist also bereitet: Mutter hat versagt, Familie ist zerrüttet, Inzest folgt. Soweit das Fazit der Familientheorie.

J. Rijnaarts dagegen fragt: »Was ist zuerst da — der sexuelle Mißbrauch oder die Probleme in der Familie? Die familiendynamische Theorie versteht sich als eine Theorie über die Ursachen des Vater-Tochter-Inzests, vermittelt in Wirklichkeit aber Einsicht in dessen Folgen.« (J. Rijnaarts, a.a.O., S. 158) Nach J. Rijnaarts ist die familiäre Zerrüttung nur eine Folge des Inzests; sie kommt zu dem Schluß, daß hier die Schuldfrage durch die Hintertür wieder eingeschmuggelt werde, indem statt des Vaters die Mutter auf die Anklagebank zitiert werde.

Die Autorinnen Wini Breines und Linda Gordon formulieren es. so: »Im Grunde genommen sprechen die nicht-feministische und die Populärliteratur den Vater frei. Er ist nicht weiter von Bedeutung und spielt nur eine Nebenrolle in dem Szenario, dessen Mittelpunkt Mutter und Tochter bilden.« (»The New Scholarship on Family Violence«, S. 525)

 

Allein, die Klärung der Schuldfrage führt nicht an die Ursachen des sexuellen Mißbrauchs. Wichtiger ist hier die Aufdeckung des unseligen Zusammenspiels aller Mitglieder dieser Familiengemeinschaft. Offenbar herrscht wenig Gemeinsames in diesen Familien, wenig Verbindung, Offenheit oder Klarheit. Abgesehen von der Frage, wie die einzelnen mit einer Situation des sexuellen Mißbrauchs leben können, erscheint es doch zunächst ungeheuerlich, daß in einer so engen Lebensgemeinschaft Tendenzen der Heimlichkeit, Verlogenheit, des Mißtrauens und der Scheinheiligkeit in einem solchen Ausmaß möglich werden.

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Offenbar ist die Beziehung der Tochter zu ihrer Mutter in der Regel ohne Vertrauen. Das Argument der Feministinnen, der Täter habe die Tochter mit einer derart ausgeklügelten Verführungsstrategie gebannt, daß jede Kommunikation zu diesem Thema zwischen Mutter und Tochter verhindert werde, klingt hier wenig überzeugend. Wäre das Vertrauensverhältnis zwischen Mutter und Tochter stabil, so könnte auch der raffinierteste »Hypnose-Plan« eines Vaters nicht viel ausrichten. Aus feministischer Sicht sind die Mütter allerdings oft durch qualvolle Naivität gekennzeichnet. Sie sind blind und taub und völlig ahnungs­los. Das ist nicht gerade sehr vertrauenerweckend für eine minderjährige Tochter.

 

Wie läßt sich aber das Verhalten jener Mütter erklären, die ihre Kinder für Sexspiele mit Erwachsenen abrichten, sie in privaten Kleinanzeigen zum »Familiensex« verhökern, an Pornohändler verkaufen oder selbst zur Kamera greifen, um ihren Reibach mit der »Unschuld« ihrer Kinder zu machen?

Mathias Hirsch beschreibt drei Fälle aus seiner Praxis, in denen Mütter ihre Töchter zum Vortanzen, Striptease, zum »Sexy-Sein« animierten. Er erklärt das Verhalten der Mutter als ein von der »eigenen Mutter übernommenes Gefühl der Minderwertigkeit des weiblichen Geschlechts«.

Hier erhebt sich die Frage, ob die Mütter als Täterinnen selbst Opfer sind. Es scheint so, als ob sie erst aus der Ohnmacht ihrer Rolle, sozusagen aufgrund ihres Opferstatus, zu Mittäterinnen würden. Deshalb stellt sich eine weitere Frage, danach nämlich, wie weit wir uns von der Mitte entfernt haben, die zwischen den. beiden Phänomenen des Männlichen und Weiblichen liegt. Wieweit sind wir auf Männliches fixiert und unterdrücken Weibliches, wie sehr verherrlichen wir Phallisches, und wie stark werten wir Feminines, Weiches, Schwaches, Hilfloses ab? Die Unterdrückung, die die Vaterreligion durch den Einsatz von Angst und »Versuchung« ausgeübt hat, wurde ebenso von den Müttern verinnerlicht und weitergegeben, die sich auch mit weiteren männlichen Erscheinungsformen arrangierten, wie Ungerechtigkeit und Ausbeutung, anstatt sie zu boykottieren. Erst die Fixierung auf männliche Werte — Aktivität, Aggressivität, Dominanz und Omnipotenz — hat ein ungeheures Ungleichgewicht geschaffen, das wiederum als Quelle für Gewalt gesehen werden muß.

Diese »männlichen« Verhaltensmuster beschränken sich allerdings nicht auf die Männer. Genauso, wie Frauen sie verinnerlicht haben können, so können sich Männer von diesem Anspruch überfordert fühlen.

Das würde auch die Tatsache erklären, daß nur ein Drittel aller »Täter-Väter« offen »patriarchalisch«, aggressiv und dominierend sind. Die Mehrzahl ist bedürftig, wehleidig und voller Selbstmitleid.

Aber auch Mütter werden zu Täterinnen. Ihre Ausbeutung geschieht subtiler, versteckter, geschickter, und sie mißbrauchen ihre Kinder in erster Linie emotional, weniger sexuell. Die neueste Untersuchung der Amerikaner Diana Russell und David Finkelhor belegt, daß nur zwei Prozent der Sexualstraftaten auf das Konto der Frauen gehen. Es bleibt allerdings noch einmal zu erwähnen, daß auch die Experten zur Zeit nur vermuten können, inwieweit die Statistik ein realistisches Bild der konkreten Wirklichkeit widerspiegelt.

Haben die Mütter heute eine größere Chance zu erkennen, daß es bereits in der Familie um Macht geht und daß es an ihnen liegt, sich der Gewalt zu verweigern? Ist es vielleicht möglich, daß die Ehefrauen aus ihrem Halbschlaf aufwachen und wahrnehmen, was wirklich geschieht? Ist jetzt die Zeit gekommen, in der Frauen die Selbstverleugnung aufgeben und sich ihrer eigentlichen Kraft wieder erinnern?

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7. Der Fall Peter

 

 

 

Auch Peters Mutter ist aus ihrem »Halbschlaf« nicht aufgewacht. Sie hat über Jahre hinweg nicht bemerkt — weil sie es nicht wissen wollte —, daß ihr Mann ihren Sohn mißbrauchte. Es hat sie nicht interessiert.

Peter kann sich nicht erinnern, je Hilfe bei seiner Mutter gesucht zu haben. Zuwendung oder Liebe hat er von ihr nicht bekommen. Die alkohol- und tablettenabhängige Mutter spielte keine Rolle in seinem Leben. Der Vater wußte eine engere Beziehung Peters zur Mutter wie auch zu Freunden zu unterlaufen, um so die Geheimhaltung des Mißbrauchs sicherzustellen.

Mit Peter hatten wir wochenlang nur telefonischen Kontakt. Er war sich nicht sicher, ob er seine Geschichte erzählen sollte oder nicht. Es gehört Mut dazu, seinen Nächsten zu verraten, den sexuellen Mißbrauch öffentlich zu machen. Peter hatte Vertrauen zu uns, und so trafen wir ihn. »Hansen, hier herein«, so hieß es auf dem Blatt Papier in einem Hinterhof in Dortmund. Hansen ist Peters Künstlername. Er saß zwischen diversen Kunstobjekten, realen und gemalten Mülltonnen. Wir fanden es zum Thema passend.

Peter war sieben Jahre alt, als er zum erstenmal von seinem Vater sexuell mißbraucht wurde. »Es hat relativ harmlos damit angefangen, daß er sozusagen meine Sexualität einfach für sich entdeckt hat, um mit mir Sex zu machen. Es steigerte sich dann, so daß alles drin war, was Sie sich vorstellen können: Analverkehr, Oralverkehr und dergleichen

Peter glaubt, daß er, bevor sein Vater ihn mißbrauchte, ein Empfinden für die eigene Sexualität gehabt habe. Psychologen bezeichnen diese Sexualität als »ererbte oder angeborene« oder »... erworbene psychophysische Disposition, welche ihren Besitzer befähigt, bestimmte Gegenstände wahrzunehmen und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, durch die Wahrnehmung eines Gegenstandes eine emotionale Erregung von ganz bestimmter Qualität zu erleben und daraufhin in einer bestimmten Weise zu handeln oder wenigstens den Impuls zu solch einer Handlung zu erleben.« (K. Schneider/H.-D. Schmält, »Motivation«, S. 12)

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Und für ihn war von Anfang an eine tiefe Verbundenheit des Vaters mit ihm zu spüren. »Es war für mich eine der wenigen Formen, Zuneigung zu bekommen, soweit ich das heute beurteilen kann. So war es zunächst eine sehr schöne Sache. Ich denke, die ersten Jahre war es sehr wichtig für mich, bis zu dem Zeitpunkt, wo ich klar realisieren konnte, daß mein Vater mich nur benutzte.«

Das erkannte Peter mit dreizehn Jahren. Er beschreibt, was hängengeblieben ist. »Ich habe onaniert, was viele Jungs in diesem Alter tun. Die Kaffeetafel war schon gedeckt, meine Schwester hatte mich schon ein paarmal herunterzurufen versucht. Da hat mein Vater sich wohl die Treppe raufgeschlichen, die Tür aufgerissen und mich beim Onanieren entdeckt, bei unserem Geheimnis sozusagen. Sofort schrie er nach unten: >Da liegt die dumme Sau im Bett und wichst.< Von dem Moment an war mir klar, daß das, was er mit mir machte, wenig mit Zuneigung und noch weniger mit Männlichkeit zu tun hatte, sondern ein Ausnutzen für seine Sache war.«

Peter versuchte mehrmals, mit seinem Vater über den Mißbrauch zu sprechen. Für ihn - den Vater- sei es auch heute noch eine legitime Art, Sexualität zu erleben; er habe überhaupt kein Unrechtsbewußtsem. Peter konnte mit niemand anderem über das Erlebte sprechen. Erst zwanzig Jahre nach dem ersten Mißbrauch, also mit siebenundzwanzig, habe er angefangen, sich mitzuteilen.

Was ist für ihn noch heute die schlimmste Erinnerung aus dieser Zeit? Was hat der Mißbrauch in seinem Gedächtnis hinterlassen? »Ich glaube, es ist ein großer Wust von Angst, Angst vor jeder Art von Begegnungen mit Menschen; der permanenten Angst, wieder mißbraucht zu werden.«

Vor eineinhalb Jahren ging seine Liebesbeziehung in die Brüche: Danach unternahm Peter einen Selbst­mord­versuch. Warum? »Ich finde mich in der Gesellschaft nicht zurecht, ich finde mich in Beziehungen zu Einzelpersonen, egal, ob männlich oder weiblich, nicht zurecht. Und wenn man zwanzig Jahre lang sein Schweigen aufrechterhalten mußte, tendiert man allmählich dazu, dieses Schweigen endgültig zu machen.«

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 Peter weiß, daß er lernen muß, seine Gefühle neu zu entwickeln, die ihn von der Angst befreien, in irgendeiner Form wieder benutzt zu werden. Welche Gefühle hat er heute für seinen Vater?

»Meine Gefühle sind sehr ambivalent. Einmal habe ich es bis jetzt noch nicht geschafft, mich aus der Abhängigkeit von ihm zu lösen. Obwohl wir keinen Kontakt mehr haben und ich ihn auch nicht möchte, habe ich noch eine starke emotionale Bindung zu ihm, die mir sehr zu schaffen macht. Ich weiß, er hat mich benutzt, ich spüre die Auswirkungen tagtäglich in meinem Leben. Trotzdem kann ich diese emotionale Bindung zu ihm nicht totschlagen, und ich möchte es gerne, und zwar ohne Haß. Ich will die Sache endlich abschließen, und zwar ohne sie zu verdrängen, sondern indem ich sie verarbeite und mir ganz neue Perspek­tiven eröffne und neue Möglichkeiten, Beziehungen zu leben.«

Doch neue Beziehungen können nur dann gelingen, wenn die Probleme der vorangegangenen Beziehungen ver­ar­beitet wurden. Obwohl der Mißbrauch schon lange zurückliegt, hat Peter massive Schwierigkeiten, sich von seinem Vater zu lösen. Die räumliche Trennung ist zwar vollzogen, doch noch fühlt sich Peter massiv sexuell vom Vater abhängig.

 

Dazu kommt die Tatsache, daß die Sexualität — auch mit dem Vater — »Spaß gemacht hat«. Die sexuell Miß­brauchten verzeihen sich dieses Gefühl selten. Oft führt das schlechte Gewissen von Selbst­ver­stümmelungs­versuchen bis hin zum Selbstmord. Peter lebt »reichlich behindert«, wie er sagt, was seine Sexualität angeht. Sexualität und Liebe sind für ihn unvereinbar geworden. Er ist nicht in der Lage, seine Liebe und seine Sexualität mit den Gefühlen des Partners in Einklang zu bringen.

Seine Angst, wieder mißbraucht zu werden, bezieht sich nicht nur auf Partnerschaften, sondern auch auf Beruf und Alltagsgeschehen. Seine ständige Befürchtung, wieder ausgenutzt zu werden, gehört für ihn zu den Schutzmechanismen, die er, entwickelte, um zu überleben.

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Peter ist mit seiner Angst allein. Seit einem Jahr versucht er, eine Männerselbsthilfegruppe aufzubauen. Doch der Mut der Männer, sich mit sexueller Gewalt auseinanderzusetzen, scheint gering.

»Meine Erfahrung ist die, daß die Fähigkeit der betroffenen Männer, darüber zu reden — auch in fortgeschrittenem Alter —, wirklich gleich Null ist. Es wird in unserer Gesellschaft vom Mann nicht verlangt, Gefühle zu leben, es wird nicht verlangt, sich mit seiner eigenen Gewalttätigkeit auseinanderzusetzen. Im Gegenteil. In den Strukturen, in denen wir leben, scheint die Gewalt in jeglicher Form ein legitimes Mittel, sich nach oben zu katapultieren.«

Gewalt abzubauen und Gefühle zu leben, das sollte von vielen in Therapien neu gelernt werden, meint Peter. Über seine eigene Gewalt sagt er:

»Gerade meine Mißbrauchserfahrung hat bei mir zu einer starken Sensibilisierung meiner eigenen Gewalt gegenüber geführt. Ich versuche permanent darauf zu achten, wie ich mit meiner Umwelt, meinen Mitmenschen umgehe, denn ich will in keiner Weise die Gewalt, die mir angetan wurde, weitergeben. Auch ich habe natürlich ein Gewaltpotential in mir, das mich in Situationen der Ungeduld — beispielsweise im Straßenverkehr — immer wieder erschreckt.

Ich meine, daß das Gewaltpotential der Männer wesentlich größer ist als das der Frauen, weshalb es auch unsere Aufgabe sein muß, uns damit auseinanderzusetzen, darauf zu achten, wo immer unsere Gewalt­tätigkeit sich zeigt. Darin sehe ich einen ersten Ansatz, neue Wege zu einem neuen Selbstbild der Männer zu finden, weg von den Machtstrukturen, die wir selbst im Laufe der Geschichte gebildet haben. Wir Männer müssen uns das hart erarbeiten. Es ist ein Kampf gegen uns selbst, durch den wir aber zu anderen Anteilen in uns gelangen, die wir noch gar nicht richtig entdeckt haben.

Wenn wir die Gewalt in den anderen Lebensbereichen hinter uns gelassen haben, gibt es auch keinen sexuellen Mißbrauch mehr. Der Hintergrund für sexuelle Gewalt ist der allgemeine Wunsch nach Dominanz, der sich hier lediglich in sexueller Ausprägung zeigt.«

Peter rät allen Betroffenen, sich Hilfe zu suchen, um dem qualvollen Gefühl des Alleinseins zu entkommen. Und er hat ganz klare Vorstellungen davon, wie bei sexuellem Mißbrauch innerhalb der Familie vorgegangen werden sollte:

»Täter und Opfer müssen getrennt werden. Aber nicht in der üblichen Form, in der das Kind durch die Jugendpflege in ein Heim gesteckt wird, sondern, um auch die Schuldzuweisung gegenüber dem Kind deutlich zu machen, das Kind soll in der Familie bleiben dürfen, am vertrauten Ort, und der Täter sollte im Rahmen einer einstweiligen Verfügung Hausverbot erhalten. Eine Familientherapie, wie sie verschiedene Institutionen praktizieren oder auch fordern, ist für mich ein absolutes Unding. Die einzig mögliche Form der Prävention, die ich mir vorstellen kann, ist der Verrat an den Tätern, denn die größte Angst des Täters liegt darin, daß sein Mißbrauch aufgedeckt werden könnte.«

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