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Spätmittelalter - Wechselbad für die Esoterik (etwa 1200-1450)

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Mit ihren äußeren Gegnern, den Mohammedanern, konnte die christliche Kirche nicht fertig werden: Mehrere weitere Kreuzzüge blieben ohne dauerhaften Erfolg, und 1291 fiel mit Akka der letzte Stützpunkt in Palästina, der »Heilige Krieg« war verloren. Um so mehr wandte sich die Kirche ihren inneren Gegnern zu, den Katharern.

Nach deren Lehre waren der Mensch, die Welt und damit auch die Kirche letztlich teuflischen Ursprungs — eine für die Kirchenherren untragbare Provokation. So wurden die Katharer in den sogenannten Albigenserkriegen (1209-1229) grausam bekämpft. Um 1250 waren sie fast völlig vernichtet. 

Aber auch die Tempelritter, kurz Templer, die der Kirche treu gedient hatten, gerieten Anfang des 14. Jahrhunderts unter deren Beschuß. Nachdem die Kreuzzüge vorbei waren, hatten die Templer ihre ursprüngliche Aufgabe, die Pilger bei der Wallfahrt zu beschützen, verloren. Statt dessen wurden sie vor allem in Frankreich im sozialen und wirtschaftlichen Bereich tätig und gewannen immer mehr Einfluß, Macht und Reichtum, wodurch sie zur Bedrohung für die etablierten Machthaber, König und Papst, wurden.

1307 wurden alle Tempelritter in Frankreich verhaftet. Man warf ihnen vor, einen geheimnisvollen Kopf mit krausem, schwarzem Haar — Baphomet genannt — zu verehren (angeblich ein Symbol für den Teufel). Sie würden — so warf man ihnen vor — die Leiber verstorbener Ordensmitglieder braten, Kruzifixe bespucken, homosexuelle Orgien feiern und anderes mehr. Viele Templer wurden auf Scheiterhaufen verbrannt; 1312 löste Papst Klemens V. den Templer­orden gänzlich auf. 

Etliche Vorwürfe waren sicherlich ungerechtfertigt. Offensichtlich huldigten die Templer einem Mysterien­kult, vielleicht entwickelt durch die Begegnung mit dem Islam, der östlich-gnostisches Gedankengut übernommen hatte. Genau wird sich das aber kaum mehr herausfinden lassen, denn trotz Folter nahmen die Templer die meisten ihrer Geheimnisse mit ins Grab. Dies hat ihnen innerhalb der Esoterik ein nur um so größeres Interesse beschert und zu vielerlei Spekulationen geführt, auch über bis heute verborgene Schätze.

Aus der Bekämpfung der Katharer entstand im 12. Jahrhundert die Inquisition, ein geistliches Gericht zur Verfolgung und Bestrafung von »Häretikern« (Ketzern), das 1232 zur päpstlichen Institution wurde. Nachdem die Inquisition die letzten Reste der Katharer-Bewegung weitgehend vernichtet hatte, richteten sie ihren Zorn auf die sogenannten Hexen, denen man teilweise katharisches Gedankengut unterschob. Zwar begannen die Hexenverfolgungen schon Anfang des 13. Jahrhunderts, aber erst um 1320 wurde die Inquisition offiziell auf das Hexenwesen ausgedehnt; der Höhepunkt des »Hexenwahns« lag allerdings später, im 16./17. Jahrhundert. 

Als Hexen (bzw. Hexer) wurden Frauen, aber auch Männer verfolgt, denen man vorwarf, bösen Zauber gegen Menschen und Tiere zu betreiben und sich mit dem Teufel zu verbünden. Besonders im 13. Jahrhundert spielte der Satan im Denken der Menschen eine große Rolle, und man war von seiner »Leibhaftigkeit« überzeugt. 


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Dies alles genügt sicher, um vom »finsteren Mittelalter« zu sprechen. Und dennoch war dies nicht nur eine dunkle Zeitepoche. Die Kirche hatte — gerade nach Niederschlagung von Albigensern und anderen Sekten — das Zepter weitgehend fest in der Hand; es gab eine relativ einheitliche und geschlossene christliche Weltanschauung und Weltordnung, und darum gewährte sie der Philosophie wieder einen größeren Spielraum, obgleich vornehmlich als »Magd der Theologie«, betrieben von kirchlichen Gelehrten in Form einer Schulphilosophie (Scholastik).

Aber auch die Ketten der Esoterik wurden gelockert. Die Theologen durften, ja sollten die Magie studieren, um sie zu beurteilen, vor allem um das Böse zu erkennen, damit man es besser bekämpfen könne. Sie sollten nur keine Magie betreiben. Aber es war natürlich unmöglich, das Okkulte zu erforschen, ohne es dabei wenigstens partiell zu praktizieren.

Als größter Gelehrter des Mittelalters gilt der »doctor universalis« Albertus Magnus (etwa 1200-1280). Albert, Dominikaner, erst 1931 heiliggesprochen, wird in Philosophie- und Theologiebüchern immer nur als bedeutender christlicher Philosoph beschrieben, aber er war durchaus auch den okkulten »Wissenschaften« gegenüber aufgeschlossen, in einem Ausmaß, daß er in der Esoterik schon Albertus Magus (Albert der Magier) anstatt Albertus Magnus (Albert der Große) genannt wurde. Dieser Universalgelehrte hielt eine natürliche Magie, die etwa besondere Kräfte von Steinen und Edelsteinen nutzte, für gut, er verurteilte nur die schwarzen Künste, die dem Bösen dienten. Auch sein Schüler Thomas von Aquin (1225-1274), der wichtigste Kirchenphilosoph, der eine scharfe Grenze zwischen Wissen und Glauben zog und sie dennoch versöhnte, soll z.B. an die Astrologie geglaubt haben. Von ihm ist der bekannte Satz überliefert: »Die Sterne zwingen nicht, sie machen nur geneigt.«

Viel eindeutiger wandte sich Roger Bacon (1214-1294) der okkulten Welt zu. Dabei gilt Bacon als der erste Naturforscher des Mittelalters, der Erfahrung, Experiment und Mathematik als Säulen der Wissenschaft beschrieb und neben anderen Entdeckungen wahrscheinlich »das (Schieß-) Pulver erfunden« hat. Das hinderte ihn aber nicht daran, sich zugleich mystischen und magischen, astrologischen und alchemistischen Studien zu widmen; so forschte er z.B. nach dem Stein der Weisen und dem Lebenselixier. Damit überschritt der Franziskaner Bacon aber die Grenze des Erlaubten; man warf ihm Zauberei vor und kerkerte ihn ein.

So mancher »Zauberer« wurde seinerzeit auch von der Inquisition verfolgt, und wer ihr entging, dem drohte gemäß christlicher Auffassung nach dem Tod die gerechte Strafe. Der Dichter Dante (1265-1321) zeichnete in seiner berühmten »Göttlichen Komödie« ein visionäres Bild von Himmel, Fegefeuer und Hölle. Albertus Magnus »sieht« er im Himmel, aber die zeitgenössischen Magier Michael Scotus und Guido Bonatti müssen laut seinen Versen in der Hölle büßen. Allerdings blieb auch Dante selbst wegen neuplatonistischer Gedanken theologische Kritik nicht erspart. In diesen Jahren erwuchs eine andere Bewegung zu neuer Blüte, die ebenfalls in Konflikt mit der Kirche kommen mußte: die Mystik.  


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Sie zielt darauf ab, Gott oder Christus unmittelbar in sich zu erfahren und sich in absolute Liebe mit ihm zu vereinigen. Zwar ging es hier um eine christliche Mystik, aber sie besaß doch eine gefährliche Nähe zu alten gnostisch-heidnischen Praktiken. Ebenfalls bestand eine Verwandtschaft mit der zeitgenössischen Armutsbewegung des Franz von Assisi (1182-1226), welche aber viel stärker als die Mystik von der Kirche integriert wurde. 

Als Begründer der Mystik im Mittelalter wird oft Bernhard von Clairvaux (1091-1153) genannt, der an Gedankengut des Kirchenvaters Augustinus anknüpfte. Der berühmteste mittelalterliche Mystiker ist aber Meister Eckehart (um 1260-1327), er bemühte sich um eine Verbindung von Mystik und Theologie. Dennoch wurden 28 Thesen Eckeharts nach seinem Tod durch eine päpstliche Bulle verurteilt. Bekannt sind auch die Eckehart-Schüler Heinrich Seuse und Johannes Tauler sowie der etwa hundert Jahre später lebende Thomas a Kempis (1380-1471), dessen Büchlein »Von der Nachfolge Christi« bis heute als das verbreitetste christliche Andachtsbuch gilt. Aber die Mystik war nicht reine Domäne der Männer, sondern daneben gab es Mystikerinnen wie Hildegard von Bingen (1098-1179), Mechthild von Magdeburg (1212-1285), im 14. Jahrhundert Katharina von Siena und andere. Überhaupt herrschte bei vielen Nonnen eine schwärmerische Christusliebe, wobei teilweise aber körperliche Zustände (wie Zuckungen und ähnliches) auftraten, die heute zuweilen als hysterische Pseudo-Mystik kritisiert werden. 

Spielte sich auch die Mystik insgesamt noch im kirchlichen Rahmen ab, so tat sich doch ebenfalls im rein esoterischen Bereich manches Neue:

 

Renaissance — Zwischen Humanismus und Hexenwahn (etwa 1450-1600) 

 

»Renaissance« bedeutet Wiedergeburt, gemeint ist die Wiedergeburt der Geisteswelt der Antike, aber nicht als bloße Nachahmung, sondern als Neuformung im Geist der eigenen Zeit. Der Hauptauslöser hierfür war die Eroberung des Byzantinischen (oströmischen) Reiches 1453 durch die mohammedanischen Türken. 


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Viele Gelehrte flohen nach Westeuropa; sie kannten die alten griechischen Philosophen noch im Original und brachten auch diese Originaltexte mit, so daß im Westen ein erweitertes und vor allem unverfälschtes Bild der Antike möglich wurde, was zu einer Wiederbelebung des griechischen Geistes führte.

Mit der Renaissance beginnt die Neuzeit. Sie markiert den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Änderungen der Weltanschauung — des Gottes-, Menschen- und Naturbildes — bahnen sich an. Im Zuge des Humanismus steht der individuelle Mensch — das Ideal des umfassend gebildeten Bürgers — im Vordergrund, nicht mehr die Ständegesellschaft. Der Horizont weitet sich: Hatte schon Marco Polo (1254-1324) den Gesichtskreis seiner Zeitgenossen durch Reiseberichte, vor allem aus dem geheimnisvollen China, erweitert, entdeckt jetzt Kolumbus (1492) den neuen Kontinent Amerika, und mehrere Weltumseglungen beweisen, daß die Welt keine Scheibe ist. Die Macht der Kirche nahm ab, die Einheit von Glauben und Vernunft wurde brüchig, und die (Natur-)Wissenschaften breiteten sich weiter aus.

Kopernikus (1473-1543) begründete das Kopernikanische Weltbild, wonach sich die Erde um die Sonne dreht — und nicht umgekehrt; Francis Bacon (1561-1626) entwickelte die wissenschaftliche Methode der Induktion: von einzelnen Beobachtungen zu allgemeinen Aussagen vorstoßen; Galilei (1564-1642) entdeckte — neben vielem anderen - die Fallgesetze und Kepler (1571-1630) die Gesetze der Planetenbewegungen. Aber die neuen Methoden — Beobachtung und Experiment statt Berufung auf (theologische) Autoritäten — und noch mehr die Ergebnisse dieser Erfah-rungswissenschaft mißfielen der Kirche sehr. Der Naturforscher Giordano Bruno wurde 1600 in Rom verbrannt; Galilei, der das heliozentrische Weltmodell des Kopernikus vertrat (»... und sie bewegt sich doch«), konnte sich nur durch Widerruf vor dem Scheiterhaufen retten.

Die Naturwissenschaft war gewissermaßen die neue Ketzerei. Allerdings kann man deswegen nicht von einer Ablösung des alten Ketzertums wie Magie und Zauber sprechen. Denn parallel mit dem Aufstieg der wissenschaftlichen Forschung erlebte auch die Esoterik einen neuen Aufschwung. Ja, viele der neuen Wissenschaftler waren zugleich Esoteriker (was aber gerne verschwiegen wird). Beispielsweise bekannte sich Bruno zum Pantheismus, der Identifizierung von Gott und Weltall; ähnlich vertrat Kepler eine mystische Naturphilosophie; und selbst der revolutionäre Astronom Kopernikus soll wie sein Kollege Galilei an Astrologie geglaubt haben.

Aber da sind andere Zeitgenossen, die für die Esoterik noch wichtiger wurden, einmal Vertreter der neu erblühenden christlichen Mystik wie Therese von Avila (1512-1582) und ihr Beichtvater Johannes vom Kreuz (1542-1591), der größte spanische Mystiker; 


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auch Jakob Böhme (1575 bis 1624), der eine Verschmelzung von Mystik und Naturphilosophie anstrebte und dessen dunkle, aber tiefe Gedanken großen Einfluß auf viele Nachfolger ausübten. Nur kurz nennen möchte ich Nikolaus von Kues (1401-1464), einen Vorläufer der Renaissance, der den für die Esoterik wesentlichen Gedanken vom Zusammenfallen der Gegensätze im Absoluten lehrte, den berühmten Alchemisten Basilius Valentinus, der im 15. Jahrhundert lebte (allerdings historisch kaum greifbar), und den ebenfalls historisch nicht genau bestimmbaren Dr. Faust (um 1500), der Goethe als Vorbild für seine Dichtung diente.

Da ist aber vor allem Paracelsus (1493-1541), der eigentlich den Namen Theophrastus Bombastus von Hohenheim trug und »der wie kein anderer die Esoterik jener Epoche verkörperte«.15 Paracelsus, der als arrogant und streitlustig verschrien war, ist hauptsächlich als Arzt und Naturheilkundler bekannt, er lehrte schon das Zusammenwirken von Körper, Seele und Geist bei Krankheit und Gesundheit. Er reformierte aber auch die Alche-mie: Sie soll nicht mehr Materie in Gold wandeln, sondern sie nur »reinigen«. Darüber hinaus war er allem Okkulten gegenüber aufgeschlossen. Das gilt auch für Agrippa von Nettesheim (1486-1535), der mit seinem bedeutenden Buch »Über die okkulte Philosophie« den Begriff des Okkultismus prägte. Eine weitere schillernde Figur ist Nostradamus (1503-1566), der sagenumwobene Seher, der in seinen berühmten Vierzeilern angeblich bis zum Jahr 3797 reichende Geschichtsprophezeiungen gab, wenngleich in symbolischer Verschlüsselung. 

Überhaupt brachte diese Zeit auch eine Renaissance esoterischen Geistes. Die hermetischen Schriften wurden wiederentdeckt und ins Lateinische übersetzt, Gnosis und Neuplatonismus erlebten einen Neuaufschwung, und die Geheimlehre der Kabbala fand großes Interesse. Aber es formierten sich jetzt erstmals auch außerkirchliche Kritiker der Esoteriklehren, vor allem der Alchemie. Sie beschimpften den Okkultismus nicht als ketzerisch, sondern sie hielten ihn einfach für Unsinn oder Betrug und machten sich über die Dummheit derer lustig, die daran glaubten - Sebastian Brant etwa in seinem »Narrenschiff«. Ja, aus dem esoterischen Lager selbst kamen Angriffe. Ausgerechnet der Verfasser der »Okkulten Philosophie«, Agrippa von Nettesheim, erklärte die Alchemie zur Tollheit und wandte sich wieder dem strengen Kirchenglauben zu. Oft wurde allerdings auch nur die eine esoterische Disziplin verspottet, während man an die andere um so unkritischer glaubte, z.B. attackierte der Philosoph Pico della Mirandola die Astrologie, schwor aber auf die Kabbala. 

Und die Kirche? Sie ging mit den Esoterikern toleranter um als noch im Mittelalter. Allerdings hatte sie auch genug mit ihrer eigenen Krise zu tun. Schon 1378-1417 gab es ein Schisma, bei dem erst zwei, dann sogar drei Päpste rivalisierten. 


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Vielfältige Mißstände — wie vor allem der Ablaßhandel, die Sündenfreigabe gegen Geld — führten dann 1517 mit dem Thesenanschlag von Martin Luther (1483-1546) zur Reformation und Kirchenspaltung; dabei spielten auch andere, politische Gründe eine Rolle, worauf ich hier aber nicht eingehen kann. Luther folgten die Reformatoren Zwingli und Calvin, es kam zur Abspaltung der englischen anglikanischen Kirche, neue Sekten wie die »Wiedertäufer« entstanden.

Und dennoch bekämpfte der Klerus Magie und Zauber weiterhin, jetzt konzentriert auf die Hexen, die als Sündenbock für jegliches Unglück, Mißernte oder ähnliches herhalten mußten. Die Verfolgung zur Zeit der »fortschrittlichen Renaissance« übertraf die im »dunklen Mittelalter« sogar bei weitem. Grausige Berühmtheit erreichte das Buch Hexenhammer (1487 zum ersten Mal erschienen) der Inquisitoren Institoris und Sprenger, mit schauerlichen Schilderungen der Folter von Hexen.

 

Barock — Protestanten, Katholiken, Esoteriker (etwa 1600-1700)

 

Die katholische Kirche setzte sich mit der Gegenreformation gegen die Reformation zur Wehr. Sie begann schon Mitte des 16. Jahrhunderts und wurde zum großen Teil durch den Jesuitenorden getragen, 1543 von Ig-natius von Loyola gegründet, dessen Exerzitien, »geistliche Übungen«, auch in der Esoterik Spuren hinterließen. Die Gegenreformation dauerte etwa bis Mitte des 17. Jahrhunderts und endete im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648).

Dieser kirchlich-politischen Verschärfung entsprach eine Zuspitzung der Hexenverfolgung zu einem Höhepunkt. Die geringste, lächerlichste Denunziation genügte, um einen Menschen der Inquisition zu überantworten, die durch Folterung Geständnisse aus ihm herauspreßte und ihn dann verbrannte. (Allerdings gab es auch in protestantischen Ländern Hexenverfolgungen, die hatten die Reformer von den Katholiken übernommen.) Hier zeigt sich nochmals ein Zyklus, den wir durchgängig in der Geschichte beobachten können, ein Wechsel von Angriff und Schonung im Verhalten der Kirche gegenüber der Esoterik. Dem liegt wohl folgende Dynamik zugrunde:

  • 1. Die Kirche unterdrückt die Esoterik radikal.

  • 2. Die Esoterik liegt am Boden.

  • 3. Die Kirche läßt im Kampf nach.

  • 4. Die Esoterik wird stärker.

Und dann geht es wieder mit der ersten Phase los — ein Kreislauf. Und im Barock überwog eben wieder die Bekämpfung alles Esoterischen, das in der Renaissance angeschwollen war.

Dem entspricht in Philosophie und Wissenschaft ein Zeitalter des Rationalismus. Man setzte weniger auf die Empirie — Beobachtung und Experiment —, sondern primär (wenn auch nicht ausschließlich) auf den rationalen Verstand, dessen Erkenntnisse sich leichter mit den kirchlichen Dogmen in Übereinstimmung bringen ließen; typisch waren sogenannte Gottesbeweise, in denen die Existenz Gottes aus seinem Begriff oder seiner Idee abgeleitet wurde.


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Als die beiden wichtigsten Denker dieser Zeit werden oft der Philosoph Rene Descartes (1596-1650) und der Physiker Isaak Newton (1643-1727) genannt.

Descartes begründete eine strenge Trennung von Geist und Materie, Seele und Körper. Newton entwickelte die Mechanik, die Lehre von der Bewegung physikalischer Körper durch äußere Kräfte. Ihre Arbeiten initiierten ein mechanistisches Weltbild, in dem die Welt insgesamt und selbst Lebewesen wie Maschinen betrachtet werden. Dieses Weltbild gilt zwar einerseits als große Revolution, die erst Naturbeherrschung und Technik möglich machte, zugleich sieht man es heute aber auch als eine tragische Fehlentwicklung. Gerade von der modernen Esoterik, von der New-Age-Bewegung, wird das »kartesianisch-newtonsche« Weltmodell kritisiert, als Ursache für einen Verlust von esoterisch-ganzheitlichem Denken, ja überhaupt von Spiritualität und Religiosität.

Wenn auch auf längere Sicht der Mechanismus wirklich zu einem spirituellen Schwund beigetragen hat, dies nun genau an Descartes und Newton - als Sündenböcken - festzumachen, ist doch etwas ungerecht. Beide bezogen Gott durchaus in ihre Lehren ein, dennoch war Descartes mit Veröffentlichungen sehr vorsichtig, um nicht bei der Kirche anzuecken. Newton beschäftigte sich sogar — ungeachtet seines Mechanismus — mit Astrologie, Alchemie, Prophetie und ähnlichem. 

Trotz des für die Esoterik also eher ungünstigen Klimas entwickelte sich im 17. Jahrhundert eine spirituelle Bewegung, die größten Einfluß gewinnen sollte: die Rosenkreuzer. Ihr Ursprung ist allerdings sehr mysteriös — wie es zu einer Geheimgesellschaft paßt. Zwischen 1614 und 1616 erschienen drei Schriften über einen Orden, der angeblich im 14. Jahrhundert von einem Christianus Rosencreutz gegründet worden war. Diese Schriften stammten wahrscheinlich von dem schwäbischen Theologen Andreae (1586-1654), und der Orden samt dem Herrn Rosencreutz waren nur seine Erfindung.16

Das wußte nur damals niemand. Und die Ideen, die mit der Rosenkreuzer-Gesellschaft verbunden waren, vor allem die Idee einer »allgemeinen und Generalreformation der ganzen weiten Welt« (obgleich von Andreae wohl ironisch gemeint), fanden großen Anklang, denn viele Menschen sehnten sich nach einer grundsätzlichen Erneuerung des Lebens und Denkens, die auch weit über die Lutherische Reformation hinausging. So suchte man nach den Rosenkreuzem, konnte sie aber nicht finden. Das führte bei manchen Suchern zu enttäuschtem Rückzug, andere gründeten dagegen selbst Rosenkreuzer-Gruppen.


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Aufklärung - Irrationalismus im Vernunft-Zeitalter (etwa 1700-1850)

 

Die Aufklärung im 18. Jahrhundert nennt man oft das »Zeitalter der Vernunft«. Denn der wissenschaftliche Geist setzte sich immer weiter durch. Einmal - in Fortrührung der Renaissance - die empirische Forschung durch Beobachtung und Experiment (vor allem im Empirismus des David Hume), zum zweiten, wie mehr im Barock vorgeprägt, das logisch-rationale Philosophieren (z. B. bei dem Deutschen Christian Wolfi). Einerseits bedeutete diese Verwissenschaftlichung eine wichtige Weiterentwicklung, andererseits breitete sich so — unter Führung der mechanischen Physik -der Mechanismus immer stärker aus.

Aber die Aufklärung implizierte neben dem wissenschaftlichen auch einen kulturellen Wandel. Den Renaissancehumanismus wieder aufgreifend, wurden die Individualität und Selbstbestimmung des Menschen zum Programm. Man war optimistisch, glaubte an einen permanenten gesellschaftlichen Fortschritt wie an die individuelle Entwicklung, wobei der Mensch seiner Natur nach als gut, nicht mehr als sündig galt. In der — allerdings völlig entartenden — Französischen Revolution (1789) wurden »Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit« gefordert. Dagegen verlor die Kirche an Ansehen und Macht. Am schärfsten kritisierte sie der französische Aufklärer Voltaire.

Man könnte meinen (und so wird es zuweilen auch geschildert), daß die Esoterik in diesem »vernünftigen Zeitalter« kaum Chancen besaß. Aber eher das Gegenteil war der Fall. Wohl als Ausgleich für den Verlust an Kirchenglauben, den die Wissenschaft nicht ersetzen konnte, blühte der Aberglaube; es wurden eifrig Geister beschworen, man studierte die Kabbala — aus der sich als neue Richtung der Chassidismus bildete —, und die Alchemie erlebte eine späte Blüte.

Auch in der Medizin tat sich allerhand Okkultes. Samuel Hahnemann (1755-1843) begründete die Homöopathie, die heute von vielen als esoterische Heilmethode eingeordnet wird. Eine bedeutendere Gestalt in der damaligen »Okkult-Szene« war aber Franz Anton Mesmer (1734-1815). Er behauptete, es gäbe eine magnetische Ausstrahlung von Lebewesen, den animalischen Magnetismus. Und als »Magnetiseur«, durch Übertragung des Magnetismus, heilte er viele Patienten; später wurde dieser »Mesmerismus« allerdings durch Suggestion erklärt.

Von noch größerem Einfluß als Mesmer war Emanuel Swedenborg (1688-1772), ein Hellseher und Prophet, der seine mystischen Visionen angeblich dem direkten Kontakt mit Engeln und Geistern verdankte. Swedenborg beeinflußte viele spätere Esoteriker sowie Geheimgesellschaften. Selbst der große Aufklärungs­philosoph Immanuel Kant widmete ihm eine Schrift: »Träume eines Geistersehers«. Kant kritisiert zwar den Phantasmus Swedenborgs, gibt aber zu, daß er sich manche von dessen Voraussagen nicht erklären kann.


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Es ist dies aber auch die Zeit von okkultistischen Abenteurern, Reisenden in Sachen Esoterik. Da wäre der (selbsternannte) Graf Cagliostro (1743-1795), ein magisches Multitalent, das als Heiler und Zaubertrankbrauer, Alchemist und Wahrsager zur Kultfigur an europäischen Höfen wurde. Übertroffen wurde er wohl noch vom Comte de Samt-Germain (etwa 1710-1780), einer der geheimnisvollsten Figuren der Esoterikgeschichte. Saint-Germain soll nämlich Unsterblichkeit besitzen und über Jahrhunderte immer wieder gesehen worden sein. Als begnadeter Alchemist hat er angeblich das Lebenselixier gefunden und zugleich den »Stein der Weisen«, der unedle Materie in Gold verwandelt, womit man sich seinen enormen Reichtum erklärte. Sehr viel irdischer war da Casanova (1725-1798), der nicht nur schöne Frauen betörte, sondern mit alchemistischen Taschenspielertricks manchen Edelmann hereinlegte.

In dieser Zeit wurden auch zunehmend Geheimgesellschaften gegründet, z.B. 1776 der Illuminaten-Orden von Adam Weishaupt — kein eigentlich esoterisch-mystischer Orden, sondern es ging ihm, fußend auf Gedankengut von Voltaire, primär um die Bekämpfung der Jesuiten. An erster Stelle sind aber die Freimaurer zu nennen, obwohl auch sie insofern untypisch, da keine strenge Geheimhaltung besteht; allerdings spielen mystische Einweihungsriten und Symbole eine große Rolle. Die Freimaurer streb(t)en nach geistiger Vertiefung, sittlicher Veredelung und echter Menschlich- wie Brüderlichkeit. Die erste Loge wurde 1717 in London gegründet (»Loge« bezeichnet einmal den Zusammenschluß, zum anderen den Versammlungsraum). Daneben gab es alle möglichen zwischen Kirche und Esoterik angesiedelten Sekten, teilweise schon im 16./17. Jahrhundert entstanden, wie Puritaner und Quäker, Pietisten und Independenten, die hier nur aufgezählt werden können. 

Wenn die Kirche auch toleranter gegenüber dem Esoterischen geworden war, so erlaubte sie keineswegs alles, und wenn sie auch an Macht verloren hatte, so setzte sie ihre Verfolgungen doch fort, oft in Zusammenarbeit mit dem Staat, dem Geheimbünde ebenfalls suspekt waren. 1784 verbot ein bayerisches Dekret die Illuminaten und ebenso die Freimaurer, die sich überhaupt immer wieder vielfältigen Angriffen ausgesetzt sahen, und dies obwohl ihnen viele Prominente wie Lessing, Schiller, Mozart (»Die Zauberflöte«), aber auch Feldmarschall Blücher und Friedrich II. angehörten. Graf Cagliostro, ebenfalls Freimaurer, wurde noch 1789 in das Gefängnis der Inquisition geworfen; zwar entging er dem Scheiterhaufen, aber er blieb den Rest seines Lebens in Haft.

Obwohl also Rationalismus und Mechanismus im »Zeitalter der Aufklärung« keineswegs alleine herrschten, dominierten sie doch — gerade in den höheren und gebildeten Kreisen — und mündeten schließlich größtenteils in Nüchternheit und Vemünftelei. Hatte die Kirche Esoterisches als Unglauben verurteilt, so wurde es jetzt von der Wissenschaft — aus einer Vernunftgläubigkeit heraus — als irrationaler Aberglauben kritisiert.


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Das rührte aber zu einer Gegenbewegung: der Romantik. Sie ist in Deutschland eng mit der Philosophie des Deutschen Idealismus verbunden, jedoch auch mit esoterischem Denken. Man kann die Romantik als eine auf Phantasie und Gefühl basierende Weltauffassung charakterisieren, in der Gemütstiefe und Innerlichkeit sowie das Geheimnisvolle und »Zauberhafte« die Hauptrolle spielten; der Deutsche Idealismus stellte den Geist — den subjektiven, objektiven oder absoluten Geist — als die primäre Wirklichkeit dar.

Der romantische Protest gegen die Aufklärung kündigte sich schon mit Rousseau (1712-1778) an, dessen Kulturkritik in dem berühmten »Zurück zur Natur« gipfelte, soll heißen: zurück zur unverfälschten Menschlichkeit. Ende des 18. Jahrhunderts führte der Idealismus von Fichte über Schleiermacher, Schlegel und andere zu Schelling (1775-1854), dessen Identitätsphilosophie die Identität von Idealem und Realem im Absoluten lehrte. Hegel (1770-1831) beschrieb die Geschichte als Bewußtwerdungsprozeß des Geistes, was in enger Verwandtschaft zur esoterischen Evolutionstheorie steht. Schopenhauer (1788-1860) schrieb von der »Welt als Wille und Vorstellung«, ein Titel, den auch ein Magier formuliert haben könnte. 

In der Romantik gab es einen fließenden Übergang zwischen Philosophie und Dichtung. Der Dichter­philosoph Novalis postulierte in seinem »magischen Idealismus« das Gleichgewicht der Gegensätze; sein Symbol der »blauen Blume« wurde zum Sinnbild der Romantik. Goethe (1749-1832) war (zeitweilig) Mitglied der Freimaurer, Illuminaten und angeblich auch der Rosenkreuzer. Mit seinem »Paust«, der auf der Suche nach dem, »was die Welt im Innersten zusammenhält«, sogar den Geist Mephisto beschwört, legte er ein wahrhaft esoterisches Werk vor. Es sei hier noch der aus einer anderen Tradition stammende Dichter, Maler und Mystiker William Blake (1757-1827) genannt, der davon schrieb, das Universum in einem Sandkorn und die Ewigkeit in einer Stunde zu erkennen. Auch bei Vertretern der phantastischen Literatur wie E.T.A. Hoffmann (1776-1822) und Edgar Allan Poe (1809-1849) finden wir Einflüsse von Okkultismus und Magie.

 

Moderne - Esoterik als Fluchtziel im Umbruch? (etwa 1850-1950)

 

Was sich in der Aufklärungszeit vorprägt, der Gegensatz zwischen Rationalismus und Romantizismus, das wird im Zeitalter der Moderne noch krasser — und vor allem pluralistischer, es wird immer schwieriger, die vielfältigen Strömungen und Gruppierungen bestimmten umfassenden Richtungen zuzuordnen.

In dieser Epoche kommt es zu gewaltigen Veränderungen, zu einem immensen Fortschritt, aber auch zu verheerenden Krisen und Erschütterungen der Menschheit, die den Optimismus der Aufklärung brüchig werden lassen.


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So nahmen die Wissenschaften einen unerhörten Aufschwung, aber dies führte auch zu einer Infrage­stellung des bisherigen mechanistischen Weltbildes, vor allem durch Einsteins Relativitätstheorie (1905/1916) und durch die Quantentheorie (etwa seit 1900). Die breite Öffentlichkeit erschütterte aber weniger dieser Umsturz in der Physik als vielmehr die biologische Revolution durch Charles Darwins (1809-1882) Evolutionstheorie, das neue beschämende Menschenbild, wonach »der Mensch vom Affen abstamme«.

Mit der Wissenschaft nahm auch die Technik einen enormen Aufschwung. Im Zuge der industriellen Revolution — in England etwa ab 1800, in Deutschland ab 1850 — veränderten sich Lebens- und Arbeitsverhältnisse vieler Menschen radikal. Dadurch entstanden neue soziale Probleme. Der Philosoph Karl Marx (1818-1883) kritisierte die Ausbeutung der Arbeiter im kapitalistischen Staat und forderte eine kommunistische »Diktatur des Proletariats«. Sein dialektischer Materialismus ist absolut atheistisch, in ihm haben weder Kirchliches noch Esoterisches Platz. Die schlimmsten Erschütterungen erlebte diese Zeitepoche aber im Ersten Weltkrieg (1914-1918) und schließlich mit dem deutschen Faschismus, dem von ihm begangenen Völkermord an den Juden und dem von ihm 1939 angezettelten Zweiten Weltkrieg — bis hin zur Zerstörung Hiroschimas 1945 kurz vor Kriegsende durch den ersten Atombombenabwurf, als Wissenschaft und Technik endgültig ihre Unschuld verloren.

In diesen hundert Jahren mit ihrer zunehmenden Verwissenschaftlichung und Technisierung bei gleichzeitigem Schwund des kirchlichen Einflusses und mit ihren großen Umwälzungen finden sich wiederum viele sinnsuchende Rückgriffe auf Esoterisches. In der Philosophie seien genannt: Friedrich Nietzsche (1844-1900), der in seiner irrationalistischen, dionysischen Botschaft die radikale Befreiung von der christlichen Tradition forderte und den Übermenschen ausrief, ein Thema, das einem immer wieder auch in der Esoterik begegnet. Henri Bergson (1859-1941) lehrte in seiner »Lebensphilosophie«, daß sich das Leben nicht mechanistisch auf Materie zurückführen lasse, daß es überhaupt nicht begrifflich, sondern nur intuitiv zu erfassen sei. Vor allem aber Pierre Teilhard de Chardin (1881-1955), Philosoph, Jesuit und Anthropologe, entwarf ein grandioses Modell der Evolution des gesamten Kosmos zu Gott hin. Während ihm das in Kirchenkreisen viel Kritik einbrachte, wird er von der New-Age-Bewegung heute als eine der größten geistigen Autoritäten verehrt.

In der Psychologie führte der schottische Arzt James Braid (1795-1860) die Hypnose ein, durch die sich übersinnliche Fähigkeiten steigern lassen. Sigmund Freud (1856-1939) erforschte das Unbewußte, stand aber dem Okkulten skeptisch gegenüber.


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Ganz anders sein Schüler C. G. Jung (1875-1961), er beschäftigte sich mit Alchemie, Tarot, I Ging und vielem mehr und gilt bis heute als der psychologische Hauptgewährsmann der Esoterik; aber auch die Freud-Schüler W. Reich (»Orgon-Energie«) und O. Rank (»Geburtstrauma«) beeinflußten esoterisches Denken. Außerdem wurde erstmals erfolgreich versucht, okkulte Phänomene wie Hellsehen oder Voraussehen wissenschaftlich zu untersuchen. Die Deutschen Hans Driesch (1867-1941), Max Dressoir (1867-1947) und andere begründeten die Parapsychologie, die versucht, Okkultes innerhalb der Wissenschaft zu erklären, was aber sowohl bei Anhängern wie Gegnern der Esoterik auf Skepsis stieß. Aber nicht nur die Wissenschaft, auch die Literatur nahm sich verstärkt der esoterischen Thematik an. Hermann Hesse (1877-1962) schrieb in Romanen wie »Siddharta« über die mystische Entwicklung zur Erleuchtung, Aldous Huxley (1894-1963) über Bewußtseinserweiterung durch Drogen; bei Autoren wie Huysmans und Lovecraft wurde das Okkulte stark mit Horrorelementen gemischt. Der schwedische Dramatiker August Strindberg, aber vor allem der Österreicher Gustav Meyrink (1868-1932) bezogen besonders das Magische mit ein.

Wie sich auch in der Literatur zeigt, gewann zu dieser Zeit das östliche Denken einen immer größeren Einfluß auf die Esoterik — aber nicht wie früher der Nahe Osten, das alte Ägypten und Mesopotamien, sondern der Ferne Osten, allen voran Indien und China, mit Geistesströmungen wie Buddhismus, Hinduismus und Taoismus. Und zeitgenössische östliche Meister fanden im Westen, speziell in den USA, viele Anhänger, so Ramakrishna (1836-1886) und sein Schüler Vivekananda, Yogananda, ein Yoga-Propagandist, außerdem Krishnamurti (1895-1986) und Sri Auro-bindo (1872-1950), dessen Anhänger die »Yoga-Stadt« Auroville gründeten.

Mit dem esoterischen Aufschwung Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte ganz besonders der Spiritismus — der Kontakt mit den »Geistern« verstorbener Menschen — einen großen Boom, und zwar vor allem über sogenannte Medien, die in Trance mit Geistern Verbindung aufnehmen und dann deren Botschaften — mit veränderter Stimme — verkünden, »automatisch« schreiben bzw. malen oder ähnliche Phänomene produzieren. Einige bekannte Medien waren (alle zwischen 1854 und 1863 geboren): Florence Cook, Elisabeth d'Esperance, Eusapia Palladino und Daniel Douglas Home. Spiritistische Sitzungen (»Seancen«) wurden nicht nur von »normalen« Menschen besucht, die etwas über ihre verstorbenen Verwandten erfahren wollten, sondern auch von Prominenten. Beispielsweise ließen sich sowohl der Schriftsteller Thomas Mann wie sein Kollege Sir Arthur Conan Doyie, immerhin Erfinder des skeptischen Detektivs Sheriock Holmes, von spiritistischen Darbietungen beeindrucken.


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Über den Spiritismus hinaus gab es aber in vielen Ländern berühmte und berüchtigte Sensitive. Der Amerikaner Edgar Cayce (1877-1945) erregte Aufsehen, weil er — ohne medizinische Bildung — in Trance Krankheitsdiagnosen stellte und Heilmittel verschrieb. Von dem französischen Alchemisten Fullcanelli (1877-1932) hieß es, er habe wie seinerzeit Graf Saint-Germain den alchemistischen Schlüssel zur ewigen Jugend gefunden. Die Deutsche Therese Neumann von Konnersreuth (1898-1962) wurde verehrt und angefeindet wegen ihrer Stigmatisation, das heißt dem Auftreten der Wundmale Christi. Der Russe Rasputin (1846-1916) machte Karriere als Hellseher, Heiler und Hausfreund am Zarenhof; er wurde ermordet.

Neben diesen etwas obskuren Zeitgenossen gab es noch bedeutendere Persönlichkeiten, die bis heute die Esoterik mitprägen: in Frankreich Eliphas Levi, eigentlich Alphose-Louis Constant (1810-1875). Er schrieb zahlreiche Bücher, die zu den Klassikern der Okkultliteratur gehören — wie die »Geschichte der Magie« —, und entdeckte wichtige Verbindungen zwischen Kabbala und Tarot. In England war Aleister Crowley (1875-1947) »wohl der berühmteste - und berüchtigste - Okkultist des 20. Jahrhunderts«.17

Crowley, der sich als Wiedergeburt von Levi ausgab, mischte in verschiedenen Geheimgesellschaften mit; in dem »Buch des Gesetzes« bezeichnet er sich als Herrn des neuen Zeitalters. In Rußland war es Helena Petrowna Blavatsky (1831-1891), die auf vielen Reisen Kontakt mit allen möglichen, vor allem indischen Mysterienlehren erhielt und deren Buch »Die Geheimlehre« (1888) zu den wichtigsten Werken der Esoterik zählt und gleichgestellt wird mit der Smaragdtafel des Hermes.18 In Deutschland schließlich war es Rudolf Steiner (1861-1925), der ein esoterisches System entwickelte, das die Verbindung zur Wissenschaft suchte und in vielfältiger Hinsicht Anregungen gegeben hat: in der Medizin (z. B. Misteltherapie), in der Pädagogik (Waldorfschulen), in der Landwirtschaft (biologisch-dynamischer Anbau) und anderes. 

 

In dieser Zeit wurden aber auch sehr viele Geheimgesellschaften gegründet, die meist in der Tradition von Gnosis und Neuplatonismus wie auch in asiatischen Religionen wurzelten, um nur die wichtigsten zu nennen:

(1) Theosophische Gesellschaft (TG) 
Sie wurde 1875 von Helena Blavatsky zusammen mit Henry S. Olcott und William Q. Judge in New York gegründet. Nach ihrer Lehre ist die Welt eine Einheit, die sich aber stufenförmig von der Materie zu immer feineren geistigen Ebenen entfaltet, wobei an oberster Stelle das göttliche Urprinzip steht. Der TG gehörten bedeutende Esoteriker(innen) an: Alice Ann Bailey, Rudolf Steiner, der Generalsekretär der deutschen Sektion der TG wurde, und Franz Hartmann (1838-1912), der später eine eigenständige »Deutsche Theosophische Gesellschaft« ins Leben rief. 1882 wurde der Hauptsitz der TG von New York nach Adyar in Indien verlegt,


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und auch die geistige Ausrichtung der Gesellschaft orientierte sich immer mehr an indischem Gedankengut. 1910 erklärten die damaligen Führer der TG, Annie Besant und Charles W. Leadbeater, den derzeit fünfzehnjährigen Jungen Krishnamurti zum kommenden neuen Weltenlehrer — wogegen sich Krishnamurti später zur Wehr setzte. Dieser Schritt veranlaßte Steiner zur Trennung von dieser Bewegung.

(2) Anthroposophische Gesellschaft (AG)

Sie wurde von Rudolf Steiner 1913 gegründet und betont gegenüber der östlichen Orientierung der TG stärker die abendländisch-westlichen Wurzeln, wie Steiner überhaupt meinte, man könnte sich am besten innerhalb der esoterischen Tradition der eigenen Kultur spirituell entfalten. Auch die AG blieb von Abspaltungen und Richtungsstreitigkeiten nicht verschont.

(3) Arkan-Schule

In Amerika separierte sich Alice Bailey (1880-1949) von der TG. Nachdem sie spiritistischen Kontakt zu einem tibetanischen »Geistlehrer« gefunden hatte und dessen Botschaften verkündete, wurde sie zur unliebsamen Konkurrentin für Annie Besant. So gründete sie 1920 die »Theosophical Association«, später in Arkan-Schule umbenannt, wo vor allem durch Fernlehrbriefe spiritueller Unterrichtung gegeben wurde. Alice Bailey glaubte, daß die Wiederkunft Christi — als Lehrer für das neue Zeitalter des Wassermanns — unmittelbar bevorstände; sie hat die heutige New-Age-Bewegung stark beeinflußt.

(4) Golden Dawn/Hermetischer Orden der goldenen Dämmerung (GD) 
Der Golden Dawn wurde etwa 1888 von McGregor Mathers (1854-1918), Dr. Wynn Westcott (1848-1925) und anderen gegründet. »Zu den besonderen Zielen des Ordens gehörte auch die Aufnahme von Kontakten zu den Großen Meistern der Weißen Loge ...«
19, keine real existierende Gesellschaft, sondern eine geistige Vereinigung einiger vollkommener Eingeweihter. Der Orden zog viele bekannte Okkultisten an, so auch Crowley. Der versuchte, sich selbst an die Spitze zu setzen, wobei es zu einem magischen Kampf mit Mathers kam. Crowley mußte den GD verlassen, aber als Mathers immer selbstherrlicher wurde, löste sich der Orden 1901 auf.

(5)  Argentinum Astrum / Silberner Stern (AA) 
Nach dem Rausschmiß gründete Crowley 1904 seinen eigenen Orden:
Argentinum Astrum (oder Astrum Argenteum), in dem die Selbsteinweihung gelehrt wurde. Der AA hatte aber wie auch andere Geheimbünde Crowleys keinen großen Erfolg.


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(6) Ordo Templis Orientis (OTO)
Der »Orientalische Templer Orden« wurde 1896 von dem Deutschen Karl Kellner geheim initiiert, später von Theodor Reuß, einem Landsmann, neu gegründet. Neben allen möglichen mystisch-magischen Praktiken stand die Erweckung der Sexualenergie im Vordergrund. Weniger bekannt ist, daß auch Steiner zeitweilig dem OTO angehörte. Kaum verwundern kann dagegen, daß Crowley Mitglied des Ordens wurde, 1922 übernahm er sogar die Führung.

(7)  Institut zur harmonischen Entwicklung des Menschen 
Nicht recht in diese Reihe paßt das esoterische Institut, das Georg Iwanowitsch Gurdjieff (1873-1949) in Frankreich eröffnete, denn man kann hier kaum von einer Geheimgesellschaft sprechen. Gurdjieff ging es vor allem darum, den Menschen zum »Aufwachen« zu bringen: daß er alles ganz bewußt zur Kenntnis nehme, und zwar ohne es zu bewerten, wie ein unparteiischer Zeuge. Auch die Gurdjieff-Schüler John G. Bennet (1897-1974) und Peter D. Ouspensky (1878-1947) veröffentlichten wichtige esoterische Schriften.

(8)  Rosenkreuzer (RK)
Zwischen 1850 und 1950 bildeten sich verschiedene Rosenkreuzer-Gesellschaften. Nach Max Heindel beinhaltet die Rosenkreuzlehre »eine Synthesis von Religion, Wissenschaft und Philosophie ... im engen Zusammenhang mit den Mysterien und den Wahrheiten des Lebens von den frühesten Zeiten bis zur Gegenwart«. Nicht jeder Rosenkreuzer bezieht sich dabei auf den legendären Christianus Rosencreutz. Die wichtigsten neugegründeten Rosenkreuzer-Gruppen waren:


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Am Ende der hier zu betrachtenden Epoche steht das NS-Regime in Deutschland. Das Verhältnis der Nazis zur Esoterik war zwiespältig und ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Den Mittelpunkt bildete die von dem NS-Ideologen Karl Haushofer 1923 gegründete Thule-Gesellschaft, die — in einer pervertierten Esoterik des arisch-germanischen »Übermenschen« — rassistisch-nationalistische Lehren pflegte. Rudolf Heß, Heinrich Himmler und auch Adolf Hitler werden okkulte oder magische Interessen und Praktiken nachgesagt.

Auf der anderen Seite haben wir das Verbot von Geheimgesellschaften durch die Nazis und die Ermordung des Hellsehers Jan Erik Hanussen 1933 durch ein SA-Kommando, obwohl er früher Berater von NS-Größen war. Offensichtlich bejahten manche Naziführer durchaus okkultistische Methoden, aber nur für ihre Zwecke; magische Konkurrenz schien ihnen gefährlich, wie wir das schon öfter in der Geschichte gesehen haben.

 

Gegenwart (etwa ab 1950) — Pluralismus: Alles ist erlaubt

 

Wie unsere — auch postmodern genannte — Jetztzeit überhaupt durch Pluralität, geistige und kulturelle Vielfalt geprägt ist, so auch die Esoterik. Viele verschiedene Richtungen existieren nebeneinander, alte wurden wiederbelebt, neue sind hinzugekommen.

Eine Wiedererweckung erlebte z.B. das Hexenwesen; die »neuen Hexen«, wie die Amerikanerin Starhawk, oft feministisch bewegt, knüpfen an die Tradition der »weisen Frauen« an und verehren die »große Göttin«. Der Spiritismus sackte zwar — trotz bekannter Medien wie Arthur Ford (1897-1971) und Eileen Garrett (1893-1970) — zunächst einmal ab, erreicht aber seit einigen Jahren einen neuen Höhepunkt: einmal als Channeling, dem Kontakt mit Meistergeistern, wie er besonders durch die Bücher der Schauspielerin Shirley MacLaine (»Zwischenleben« und andere) bekannt wurde, aber auch als Tisch- und Gläserrücken von Jugendlichen, ja Kindern, was große Besorgnis ausgelöst hat.

Den stärksten Zulauf erlebte das Esoterische wohl bei jungen Erwachsenen. Hier gab es eine Renaissance östlicher Philosophie und Religion, wie Hinduismus und Buddhismus — viele lernten z.B. Zen-Meditation. Besondere Renner wurden auch Schamanismus und indianische Mystik. Die Transzendentale Meditation des Maharishi Yogi in den sechziger und die Sannyas-Bewegung Bhagwans in den siebziger und achtziger Jahren zogen viele gerade intellektuelle junge Menschen an. Bei dieser »neuen Religiosität« müssen auch die sogenannten Jugendsekten wie die Moon-Sekte oder »Die Kinder Gottes« genannt werden, bei denen die Gefahr besteht, daß statt der erhofften seelischen Entfaltung letztlich nur Gehirnwäsche und wirtschaftliche Ausbeutung erfolgen.

Auch viele alte Geheimgesellschaften existieren noch, z.B. der OTO, heute unter — allerdings umstrittener — Führung von Kenneth Grant (geb. 1924), einem geistigen Erben von Crowley. 


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Aber es bildeten sich auch neue Gruppen bzw. erlangten erst jetzt volle Durchschlagskraft, z.B. die Fraternitas Saturni, eine sexual-magische Geheimloge, schon 1926 in Berlin gegründet unter dem Großmeister »Gregor A. Gregorius«, alias Eugen Grosche (1888-1964), die erst nach 1945 richtig auflebte. Zu welch gefährlichen Entwicklungen es in Geheimgesellschaften respektive Sekten kommen kann, zeigte einmal die Mordserie durch die Gruppe von Charles Manson (1971) und der Massen(selbst)mord in der Volkstempel-Sekte des Jim Jones (1978).

Die Esoterik begann aber auch seit etwa zwanzig Jahren mit zunehmender Tendenz in der breiteren Öffentlichkeit eine Rolle zu spielen. Zwar pilgerte der Normalbürger nicht wie erleuchtungsuchende Jugendliche nach Poona oder schloß sich nicht wie ein eingefleischter Esoteriker einem Geheimbund an, aber die Begeisterung vieler Menschen - vor allem Frauen - für Astrologie führte zu einer wahren Astro-Welle. Auch das Legen von Tarotkarten wurde über die eigentliche spirituelle Szene hinaus ein Hit. Parapsychische Phänomene wie Spuk, Hellsehen und vieles mehr faszinierten die Öffentlichkeit, und ein Okkult-Medienrummel sorgte dafür, daß wirklich jedermann mit diesen Psi-Phänomenen konfrontiert wurde; vielleicht das größte Aufsehen erregte in Deutschland der »Löffelbieger« Uri Geller (geb. 1946), über dessen Redlichkeit - Psi-Meister oder Betrüger - sich bis heute die Geister scheiden.

Raymond Moodys 1975 erschienener Bericht über »Das Leben nach dem Tod« — über die Erfahrungen wiederbelebter Menschen — und viele Nachfolgebücher wurden Bestseller. Große Aufmerksamkeit fand auch die Geistheilung, das Heilen mit geistigen oder jenseitigen Kräften, das in erster Linie durch den Engländer Harry Edwards und seine Massenveranstaltungen bekannt wurde. Den vielleicht größten Erfolg erlebte aber das Positive Denken, der Versuch, mit Gedankenkraft Unglück »wegzudenken« und Glück herbeizuzwingen, das zuvorderst mit dem 1981 verstorbenen Joseph Murphy verbunden ist.

Generell verstärkte sich der in der Esoterik schon immer gegebene Personenkult. Wenn auch Meister und Schriftsteller wie der Theosoph und OTO-Mitglied Herbert Pritsche (1911-1960) oder Professor Hans Stemeder nach wie vor nur in kleineren Kreisen bekannt und verehrt sind, Esoteriker wie Hans Endres (Sohn des Esoterikers Franz Carl Endres), Kurt Tepperwein, der unzählige Suggestionskassetten besprochen hat, vor allem aber der Reinkamationsspezialist Thorwald Dethlefsen wurden bei einem größeren Publikum populär.

Auch die Verbindung von Esoterik und Literatur erführ im 20. Jahrhundert eine neue Blüte, nämlich in der Fantasy-Literatur, modernen Märchen, die mit Namen wie J.R.R. Tolkien (1892-1973) — »Der Herr der Ringe« —, Marion Zimmer Bradley (»Die Nebel von Avalon« und andere), Michael Ende (»Die unendliche Geschichte«) verbunden sind. Das wirklich Innovative in der neuen, modernen Esoterik ist aber die Verbindung mit Elektronik.


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Das fängt an bei der Tonbandstimmen-Forschung, wo sich angeblich Geisterstimmen auf Tonbändern zu Wort melden; inzwischen zeigen sich die zeitgemäßen Geister sogar auf Videokassetten oder geben ihre Botschaften über den Computer ab — Transkommunikation nennt man das. Hier ist aber auch an die Computererstellung von Horoskopen zu denken oder an die Kirlian-Fotografie, die angeblich die Aura, das (geistige) Strahlungsenergiefeld, sichtbar macht.

Im Zusammenhang mit all diesem, aber als wichtigstes Phänomen ist die New-Age-Bewegung zu sehen. Sie entwickelte sich aus den amerikanischen Beatniks der fünfziger und der Hippies der sechziger über den Psychoboom der siebziger Jahre zu einer umfangreichen Strömung, die allerdings über Esoterisches hinaus auch eine Friedenspolitik, eine ökologische Wirtschaft und eine ganzheitliche Wissenschaft fordert. Bekannte Namen sind hier: David Spangler, früherer Leiter der New-Age-Kommune Findhom; der Physiker Fritjof Capra, Autor der »Wendezeit«; die Journalistin Marilyn Ferguson, deren Buch »Die sanfte Verschwörung« eine Art Bibel der New Ager ist; die Heilerin Chris Griscom und viele andere mehr. Genauer beschreibe ich die New-Geschichte in meinem Buch: "Die schöne Illusion der Wassermänner".

 

Im 20. Jahrhundert hat sich auch das Verhältnis der Esoterik zu anderen Kulturträgem gewandelt, ist komplizierter geworden. Nachdem sich Esoterik und Psychologie zeitweilig doch eher negativ gegenüberstanden, ist mit der Transpersonalen Psychologie von Maslow, Tart, Grof, Wilber und anderen eine neue Brücke geschlagen worden. Mehr Psychologen ab früher verwenden in der Psychotherapie auch esoterische Methoden. während andere das allerdings weiterhin als unseriös ablehnen — trotz des Vorbildes einer Persönlichkeit wie Graf Dürckheim.

Damit ist schon das Problem Esoterik gegen Wissenschaft angesprochen. In der Psychologie hat es hier durch die Ausweitung der Parapsychologie, verbunden mit Forschern wie dem Amerikaner Joseph B. Rhine (1895-1980), dem Holländer Wilhelm Tenhaeff und dem Deutschen Hans Bender, der bei uns den ersten Universitätslehrstuhl für Parapsychologie innehatte, Annäherungen gegeben; Annäherung aber auch in anderen Wissenschaften, selbst der »harten« Physik, weil manche esoterische Theorien sich immer mehr wissenschaftlich orientieren, andererseits die Naturwissenschaften immer weniger materialistisch, immer mehr »esoterisch« werden. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß es immer noch krasse Unterschiede zwischen Okkultismus und Wissenschaft gibt.

Und die Kirche, der Hauptwidersacher der Esoterik? Sicher hat sich das Verhältnis im Vergleich zum Mittelalter entkrampft, allein schon weil die Kirche nicht mehr so mächtig ist und die Esoterik — nach mancher Durststrecke — an Einfluß wieder zugenommen hat. Außerdem versuchen etliche Esoteriker, das Christentum stärker miteinzubeziehen, provozieren es nicht mehr derart wie etwa noch Aleister Crowley. Und die Kirche hat von der Esoterik gelernt, daß sie wieder mehr Angebote zur direkten spirituellen Erfahrung bieten muß. Dennoch blieb ein starker Gegensatz, was sich gerade an den Auseinandersetzungen über das New Age wieder gezeigt hat.


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Überblick über die Geheimlehren

 

Abschließend zum 1. Kapitel bringe ich eine übersichtliche Liste der wichtigsten esoterischen Lehren und besonders der Praktiken, wie wir sie größtenteils in der Geschichtsdarstellung schon kurz kennengelernt haben, wie wir sie aber vor allem im Späteren genau und ausführlich erforschen werden.

 

(1) Mystik (Vereinigung mit dem göttlichen Selbst)

 

(2) Magie (Macht durch übersinnliche Kräfte)


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(3)  Wahrsagen (Überirdische Erkenntnis und Vorhersage)

 

(4)  Psi  (Paranormale Wahrnehmungen und Bewegungen)

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