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3   Denken - Wurzel des menschlichen Verhaltens 

 Campbell-1973

 

 

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Das wesentliche Merkmal eines jeden Verhaltens, das als menschlich bezeichnet werden kann, besteht in der Aktivierung der limbischen Lustareale durch Nervenimpulse, die in den höheren Hirnregionen entstehen. Diese höheren Regionen sind nicht einfach irgendein Teil der Großhirnrinde, sie bestehen vielmehr aus jenen Teilen des Kortex, die beim Menschen besonders weit entwickelt sind: aus den tertiären Assoziationsarealen. Hier findet das Denken statt, und in diesen Denkregionen des Gehirns entstehen die Nervenimpulse, die menschliches Verhalten ermöglichen.

Von außerordentlicher Bedeutung ist, daß die normale Funktion dieser Regionen davon abhängt, ob das Gehirn über einen längeren Zeitraum hinweg eine breitgefächerte sensorische Stimulierung aller Sinnesbereiche erfahren hat. Es liegen keinerlei Hinweise dafür vor, daß die höheren Hirnregionen in irgendeinem nennens­werten Ausmaß unabhängig von anderen Funktionen des Gehirns arbeiten. Verschiedene Hirnareale — z.B. jene im Hypothalamus — sind für die Aufrechterhaltung lebensnotwendiger Körperfunktionen wie etwa Herzschlag und Atmung verantwortlich, die schon lange vor der Geburt ausgebildet sind, und die das ganze Leben weitgehend unabhängig von der Erfahrung, wenn auch durch sie modifiziert, erhalten bleiben. Doch die höheren Kortikalregionen unterscheiden sich in dieser Hinsicht wie auch in vielem anderen sehr wesentlich von den tieferen Hirnstrukturen.

Bei der Geburt sind unsere Denkregionen keineswegs funktionstüchtig. Im Laufe der Zeit, sofern die Zeit sensorische Erfahrungen mit sich bringt, stellen die Nervenzellen in den höheren Hirnregionen strukturelle und funktionelle Verbindungen untereinander und mit Nervenzellen in den Nicht-Denkregionen des Gehirns her. Die wichtigste dieser Verbindungen ist die mit den Lustarealen, denn ohne sie kann sich nach unserer Theorie der Lustsuche kein menschliches Verhalten entwickeln.

Nächst dieser Hauptvoraussetzung besteht der folgende, äußerst wichtige Schritt der Hirnentwicklung nach der Geburt in der Ausbildung von vielfältigen Querverbindungen innerhalb der Denkregionen, damit die multimodalen Informationen verarbeitet werden können und — was noch entscheidender ist — die gigantische Gedächtniskapazität mit leicht abrufbaren Inhalten angefüllt werden kann. Auf jeder Stufe dieses Entwicklungs­prozesses spielt die sensorische Information eine große Rolle. 

Mit zunehmender Reife des Gehirns nimmt die Bedeutung der Sinnesreize dann allmählich ab. Sie werden freilich niemals völlig bedeutungslos sein, doch eines Tages haben sich die höheren Regionen anatomisch und informatorisch weit genug entwickelt, um eine fortan großenteils autonom ablaufende wechselseitige Verbindung zwischen den Denkregionen und den Lustarealen zu gewährleisten. Wenn das geschehen ist, darf man von »Geist« sprechen, und die im neurologischen Sinne höchste Form des menschlichen Verhaltens kann sich manifestieren.

Dieses Phänomen des Lusterwerbs durch Denkprozesse bei völligem Fehlen entsprechender Sinnesreize ist, wie viele offenbar glauben, keineswegs das Vorrecht einer bevorzugten Minderheit mit hohem Einkommen, hohem Bildungsstand, hoher Intelligenz und hoher Moral. Es ist vielmehr ein Zug im Leben eines jeden Menschen. Wenn wir jedoch unsere Aufmerksamkeit auf jene Fällen beschränken, die eine breite Öffentlichkeit genießen, dann können wir des einfachen Mannes Ansicht von der elitären Denk-Lust durchaus verstehen. Denn das vorwiegende Verhalten der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung ist untermenschlich. Diejenigen, die den größten Teil ihrer Lust aus Denkvorgängen gewinnen, stehen in ausgesprochenem Gegensatz zum Durchschnitt, als Ziel von Bewunderung oder Gespött, je nach Standpunkt — d.h. individueller Reife — des Betrachters.

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Eine der frühesten Formen der Denk-Lust ist das Denken über das Denken, gelegentlich als Philosophie bezeichnet. Daß sich dieser Begriff aus dem Griechischen ursprünglich von »Freund des Wissens« ableitet, hat historische Gründe, denn damals gab es nur recht begrenzte Erkenntnis­möglichkeiten. Bis einige Menschen anfingen, die Umwelt zu untersuchen, indem sie sie veränderten, dachte man über den Sinn der Welt nach, über die eigenen Gedanken und über die der anderen.

Ein Mann des Wissens verfügte über herzlich wenig Wissen, wenn wir den Begriff im heutigen Sprach­gebrauch verwenden; obwohl er also ein Sophist war, richtete er seine geistigen Bemühungen fast ausschließlich auf die Frage, wie seine eigenen Gedanken und die der anderen Sophisten mit der Natur zusammenhingen. Diese Befragung der Weltschöpfung, gleichsam mit dem Ohr am Busen der Natur, hat sich als Denkmethode über viele Jahrhunderte hinweg erhalten und wird heute durch unzählige Lehrstühle an den Universitäten der ganzen Welt und durch zahllose Philosophieschulen vertreten, unter denen sich jeder von uns, wissentlich oder nicht, einer verschworen hat. Um die Denkmöglichkeiten besser ausschöpfen zu können, wurde die Philosophie in verschiedene Problembereiche unterteilt wie etwa in Moralphilosophie, Naturphilosophie, Sprachphilosophie und in die äußerst realitätsbezogene Philosophie der Politik.

Der weitverbreitete Glaube, daß Philosophen vergeistigte, weitabgewandte Menschen ohne Sinn für die konkrete Wirklichkeit seien und nicht ernst genommen werden sollten, hat manches für sich. Einige Philosophen sind offenbar tatsächlich ebenso realitätsfremd wie manche Erfinder. Andrerseits beruht jedes politische System auf philosophischen Gedanken. Der Kommunismus — das ist allgemeines Wissensgut — beruft sich auf die Werke von Karl Marx, die sich wiederum durch eine fundierte Kenntnis der akademischen Philosophien auszeichnen. Es fällt vielleicht nicht sofort ins Auge, ist aber sicher auch nicht weniger bekannt, daß die politischen Vorstellungen von Adolf Hitler aus einem extrem verstümmelten und verzerrten Verständnis philosophischer Systeme erwuchsen.

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Hitler war sicher einer der am wenigsten sensorisch orientierten Menschen, die jemals lebten; er gewann seine Lust aus den umherschweifenden, zusammenhanglosen Konstruktionen seines Intellekts, und trotzdem war sein Verhalten, aus neurologischer Sicht, menschlich. Ich behaupte keineswegs, daß menschliches Verhalten unbedingt dauernde Werte hervorbringen müsse, sondern nur, daß dies dem bloß sensorisch orientierten Verhalten jedenfalls nicht gelingt.

Während die Abirrungen des menschlichen Verhaltens von Menschen wie Cäsar, Iwan dem Schrecklichen und Hitler von wenigen angezweifelt werden, sind es Millionen, die sich für die intellektuelle Lustsuche eines Cromwell, Lincoln, Marx, Franco oder Mao begeistern und danach leben. Der philosophisch »reine Gedanke« beeinflußt in gewissem Maße unser aller Leben. Wir alle sind Philosophen insofern, als wir über Form und Inhalt unserer Denkvorgänge nachdenken und uns eine mehr oder weniger stimmige, eng begrenzte »individuelle Philosophie« zusammenbasteln. Vom wissenschaftlichen Philosophen unterscheiden wir uns dadurch, daß wir uns keine große Mühe geben, in unseren Gedankensystemen Widersprüchlichkeiten auszumerzen, und ihren objektiven Wahrheitsgehalt nicht sonderlich streng überprüfen. Als Maßstab für eine ernsthafte Philosophie gilt die Übereinstimmung mit den Tatsachen; dem einfachen Mann genügt das Kriterium der Zweckmäßigkeit, eine Abkürzung für »Denkoperationen, die die Lustareale aktivieren sollen«.

Ebenso hat der Bereich des abstrakten Denkens, der als Theologie bezeichnet wird, weite Teile der Menschheit beeinflußt. Alle Religionen, selbst die alten »heidnischen«, besitzen eine theologische Grundlage — sie stellen die praktische Seite der Geschichte dar. Die Untersuchungen James D. Frazers in seinem 1890 erschienenen Werk The Golden Bough (»Der Goldene Zweig«) lassen erkennen, daß der Mensch, nachdem er nicht mehr so viel über Bananen nachdachte, recht bald das Nachdenken über Götter als lustvoll erlebte. Darin spiegelt sich zweifellos das erste Interesse des Menschen an den Ursachen für die beobachtbaren Wirkungen in seiner Umwelt wider.

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Obwohl schließlich die physikalischen Ursachen für viele Ereignisse, die bislang den Göttern zugesprochen worden waren, entdeckt und entsprechende Gesetze formuliert wurden, halten einige Menschen daran fest, die bis heute noch ungeklärten Phänomene auf Götter zurückzuführen und durch diese Glaubenshaltung Lust zu erfahren. Sie gehen noch einen Schritt weiter und bemühen sich um die Beschreibung von Eigenschaften, Charakter und Motivation dieser völlig unanschaulichen Wesenheiten und ihrer phantastischen Einflußmöglichkeiten auf den Menschen. Um die Beziehungen zwischen Göttern und Menschen ordentlich in den Griff zu bekommen, hält man es sogar für notwendig, die Götter zur Erklärung einiger Ereignisse heranzuziehen, deren Ursachen wir heute gut kennen. Wenn durch die sogenannte Metallermüdung das Heck eines Flugzeugs zerbricht, und es deshalb mit der gesamten Menschenfracht abstürzt, greift man nicht selten auf »Gottes Willen« zurück, der — wie Gläubige einräumen — gelegentlich eigenartige Wege geht.

Offensichtlich liegt die Anziehungskraft der Theologie im wesentlichen darin, daß die Glaubensmeinungen und Erklärungen sich nicht als falsch erweisen können. Den Menschen, die an einem Beweis für ihre Ansichten nicht interessiert sind, steht die theologische Gedankenwelt für fruchtbare Phantasien weit offen. Mit ihrer Hilfe können die Lustareale aktiviert werden, indem man systematische und nicht überprüfbare Lehrsätze aufstellt, deren Unstimmigkeiten in einzelnen Punkten sogar noch als besonderer Vorzug angesehen werden. 

Weitere intellektuelle Lust kann man dann aus den anhaltenden Diskussionen über Ähnlichkeiten und Widersprüche in den verschiedenen phantastischen Religionssystemen etwa im Hinblick auf die göttliche Allmacht erhalten und sich dabei auf heilige Schriften, Überlieferungen oder auf eigene Überlegungen stützen. Eigenartigerweise haben gegensätzliche Ansichten im religiösen Bereich, wo es um die Quelle des Guten, der Toleranz und Nächstenliebe geht, bisweilen zu unvorstellbaren Grausamkeiten und Gewalttätigkeiten geführt, wie man am Beispiel der Inquisition in Spanien, der von Päpsten angeregten Folterungen und der völkervernichtenden Religionskriege des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts sehen kann.

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Theologie und politische Philosophie weisen einen gemeinsamen Zug auf, der in keinem anderen abstrakten System anzutreffen ist. Die bei der Beschäftigung mit diesen Gebieten entstehende intellektuelle Lust läßt sich leicht mit eindeutig untermenschlichen vegetativen Stimulierungen der Lustareale in Verbindung bringen. Einem Agnostiker sei die Frage verziehen, was wohl ein vernunftbegabter Gott von seinen irdischen Ebenbildern und ihrem teuflischen Verhalten denken mag.

Wer sich jemals mit philosophischen und theologischen Texten abgemüht hat, wird gewiß zu der Einsicht gelangt sein, daß auf diesen Gebieten die Fähigkeit des Menschen zu verständlicher Kommunikation durch das Hilfsmittel der Sprache an ihre Grenze gestoßen ist. Bei einigen Autoren entsteht tatsächlich der Eindruck, die Sprache sei noch nicht genügend entwickelt, um ihren komplexen Vorstellungen als Kommunikationsmedium zu dienen. Solche Überlegungen bilden für einige Menschen vielleicht den Anstoß, sich mit einem weiteren fruchtbaren Bereich nicht-sensorischer Lust zu befassen: mit Linguistik. Die limbischen Lustareale werden aktiviert, wenn man über Form, Aufbau und gegenseitige Beziehungen der Weltsprachen nachdenkt. 

Den Linguisten geht es gewöhnlich nicht darum, was gesagt wird, sondern wie es gesagt wird. Man könnte meinen, daß sich diese Art der Lustsuche weit von der Realität entfernt; doch liegt auch hier die Sache nicht ganz so einfach. Obwohl die Linguistik ein oder zwei Jahrhunderte lang dahinvegetiert hat, ohne ihre Existenzberechtigung deutlich machen zu können, gelang es dem modernen Linguisten, Forscher vieler Wissenschaftsbereiche auf sich aufmerksam zu machen: Neurophysiologen, Psychologen, Psychiater und Soziologen. Was aus dieser unerwarteten Begegnung zwischen den bislang isoliert voneinander arbeitenden intellektuellen Disziplinen entstehen wird, ist schwer vorauszusagen, denn die Meinungen sind noch sehr geteilt; es kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, daß durch interdisziplinäre Kontakte jeder Wissenschaftler mehr über seinen Forschungsgegenstand erfahren wird, und es ist sehr wahrscheinlich, daß völlig neue Denkrichtungen entstehen, die in mancher Hinsicht auch Einfluß auf den Lauf der Welt nehmen werden.

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Noch »reiner« als Philosophie und Theologie ist die Logik. Während sich die Philosophie unter anderem mit den Fragen beschäftigt, warum wir denken, wie wir Erkenntnis erlangen, und was wir mit unseren Denkvorstellungen anfangen, so versucht die Logik die geeigneten Denkmethoden zu bestimmen. Die Deduktionslogik stellt die Regeln auf, nach denen verschiedene Gedanken zueinander in Beziehung gesetzt werden müssen, um »rationale« Schlußfolgerungen ziehen zu können; dabei wird allerdings wenig Wert darauf gelegt, ob und in welchem Maße derartige Schlußfolgerungen der Realität entsprechen.

Im ersten Augenblick hat es den Anschein, als ob diejenigen, die den größten Teil ihrer limbischen Aktivität durch Beschäftigung mit der Deduktionslogik erlangen, für die Fortentwicklung des Menschen nur von geringer Bedeutung seien. Letztlich sieht es jedoch ganz anders aus. Die Tatsache, daß es in der Deduktionslogik nicht darauf ankommt, reale Sachverhalte abzubilden, gestattet es, ihre Lehrsätze in symbolischer Form auszudrücken. Zum Beispiel besagt ein sehr einfacher logischer Schluß: »Wenn alle X Y sind, und wenn dieses Z ein X ist, dann ist dieses Z ein Y«, wobei man sich nicht darum kümmert, was X, Y und Z wirklich bedeuten oder ob sie überhaupt existieren. Diese logische Aussage erinnert an Algebra, denn die Algebra und überhaupt alle mathematischen Systeme sind einfach besondere Formen der Deduktionslogik, in der den X, Y und Z quantitative Werte zukommen. Wenn wir an die Bedeutung der Algebra im Ingenieurwesen, der Geometrie in der Architektur und der Arithmetik in der Wirtschaft denken, können wir erkennen, in welchem Ausmaß die Deduktionslogik, jener Bereich der reinen Denk-Lust, unser Leben beeinflußt. Dennoch wird durch diese Beispiele das großartige mathematische Denkgebäude, das das Leben des Menschen bestimmt, keineswegs ausgeschöpft.

Ich habe nur die Bereiche erwähnt, in denen die Deduktionslogik sich mit greifbaren und eindeutig nützlichen Problemen beschäftigt; doch auch ursprünglich vollkommen wirklichkeitsfremde mathematische Systeme, beispielsweise die nicht-euklidische Geometrie und die Boolesche Algebra, die aus reiner intellektueller Spielerei entwickelt wurden, haben sich später als unschätzbar wertvoll für die Lösung praktischer Probleme herausgestellt, die in unser aller Leben eine Rolle spielen.

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Einige Menschen haben auch aus Betrachtungen über die Vorstellung von der Quadratwurzel aus -1, als i symbolisiert, Lust erfahren. Im Gegensatz zu den Göttern hat sich diese nicht existierende Einheit für die Entwicklung von Radio, Fernsehen und Raumfahrt als äußerst notwendig und nützlich erwiesen. Alles in allem gibt es wahrscheinlich niemanden auf der ganzen Erde, der nicht Nutzen, und zwar großen Nutzen aus der Tatsache gezogen hätte, daß einige Menschen durch deduktionslogische Denkspiele ihre Lustareale aktiviert haben.

Der andere Zweig der Logik, die Induktionslogik, beschäftigt sich nicht so sehr mit ableitbaren Beziehungen zwischen Gedanken, sondern vielmehr mit den Beziehungen zwischen Gedanken und Tatsachen. Sie bemüht sich um Probleme, wie zuverlässige Beobachtungen angestellt werden können, wie man primäre Ursachen aufdecken und Störfaktoren ausschalten kann, wie neue Hypothesen aus bekannten Sachverhalten aufgestellt und durch die Entdeckung neuer Aspekte bestätigt oder widerlegt werden können. Kurz gesagt, die Induktionslogik formuliert strategische Richtlinien, mit deren Hilfe die Forschung am zuverlässigsten, effektivsten und fruchtbarsten durchgeführt werden kann. Ebenso wie die Deduktionslogik kann die Induktion in unserem Alltagsleben von großer Bedeutung sein — sie wird sogar eingesetzt, um zu untersuchen, warum ein Auto nicht anspringt. Die größte Bedeutung für die Menschheit kommt ihr jedoch durch die systematische Anwendung im Bereich von Wissenschaft und Technik zu.

Als die Aristotelische Methode des Weltverständnisses durch das Experiment ergänzt wurde, entstand die Naturwissenschaft. Eine neue Art der Suche nach intellektueller Lust hatte sich entwickelt, bei der der Suchende nicht mehr still dasaß und nachdachte, sondern seine motorischen und sensorischen Systeme einsetzte, sein Studierzimmer verließ und etwas unternahm. Der Wissenschaftler unterscheidet sich auch heute noch von anderen Menschen dadurch, daß für ihn die Aktivität und die sensorische Stimulierung nicht letztes Ziel seiner Bemühungen sind — ebensowenig wie seine Arbeit stets mit Lust verbunden ist.

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Der Naturwissenschaftler aktiviert, so wie der Philosoph und der Theologe, seine Lustareale vorwiegend durch Denkprozesse, indem er sich Probleme stellt und sie löst, während die meisten Menschen versuchen, einen weiten Bogen um Probleme jeder Art zu machen oder jemanden zu finden, der sie an ihrer Stelle löst.

 

In der heutigen Zeit verschwimmt die scharfe Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Technik immer mehr — eine Folge der Einwirkung der angewandten Wissenschaft auf das Alltagsleben. Man spricht beispielsweise von einem Wissenschaftler, wenn jemand herauszufinden sucht, wie Fleisch haltbarer gemacht werden oder wie die Umweltverschmutzung bekämpft werden kann; in Wirklichkeit jedoch hat ein Wissenschaftler mit derartigen Problemen nichts zu schaffen. Wenn jemand einen weißen Kittel trägt, in einem Labor arbeitet und sich mit technischen Fragen befaßt, etwa welche Chemikalien dem Brot hinzugefügt werden müssen, damit es einige Tage lang weich bleibt, wird er fälschlich als Wissenschaftler betraditet. Die wesentlich verschiedenartigen Absichten von Wissenschaftlern und Technikern übersieht man heutzutage fast vollständig, so daß es geschehen kann, daß intelligente Menschen ein Universitätsstudium als Voraussetzung für die Arbeit in Industrielabors empfehlen; und das hat zunehmend nachteilige Auswirkungen auf die Funktion der Universität, auf die Sachkenntnis innerhalb der Industrie und auf das Wohlbefinden der Studenten. Der Wissenschaftler ist der Tradition entsprechend ein Mensch, der es als lustvoll empfindet, wenn er entdeckt, wie etwas funktioniert, oder, eleganter formuliert, wenn er die Naturgesetze enträtselt. An den Dingen selbst liegt ihm eigentlich nur wenig. Der Zoologe zum Beispiel wird sich schwerlich einem einzelnen Tier mit denselben Gefühlen zuwenden wie der Natur- und Tierliebhaber. Der Chemiker wird sich nicht so sehr für die Verwendungsmöglichkeiten von gesättigten Kohlenwasserstoffen interessieren, sondern vielmehr dafür, wie sie sich physikalisch und chemisch in Beziehung zu anderen Substanzen verhalten.

Den Techniker verlangt es jedoch nicht nach dieser unverfälschten intellektuellen Lust. Freilich braucht auch er ein überdurchschnittliches Bedürfnis nach Denk-Lust, um die grundlegenden Kenntnisse in den Wissenschaften zu erwerben, die er anwendet.

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Doch der wesentliche Lustgewinn des Technikers entsteht nicht durch die Entdeckung, wie das natürliche Universum funktioniert, sondern vielmehr dadurch, wie er ein unnatürliches Universum funktionstüchtig machen kann, wie die Erkenntnisse der reinen Wissenschaften angewandt werden müssen, um produktive Veränderungen in der Umwelt hervorzurufen. Die Ziele des Technikers implizieren die Suche nach sensorischer Lust, und im Laufe seines Lebens wendet er sich im allgemeinen mehr den sensorischen als den intellektuellen Aspekten zu. Seine »Lebensleitlinie« im Hinblick auf die Lustareale ist nicht so sehr die Beschäftigung mit Ideen um der Ideen willen, sondern mit Ideen um der materiellen, sensorischen Bedürfnisse des Menschen willen. Er braucht darum eine andere Ausbildung als der Wissenschaftler, obwohl sich einige Ausbildungsbereiche natürlich überschneiden. Keine einzige Lehrveranstaltung kann diese beiden Bedürfnisse gleichzeitig befriedigen. Ein realitätsgerechtes Verständnis von Funktionsweisen und Mechanismen der Lustsuche könnte die neurophysiologischen Grundlagen für eine bessere Ausbildung auf diesen Gebieten schaffen, die Unzufriedenheit der Studenten dämpfen und gleichzeitig entsprechend ausgebildete Jungakademiker für die Gesellschaft und Wirtschaft heranziehen.

Wenn die Unterschiedlichkeit der Ausbildung von Wissenschaftlern und Technikern deutlicher hervorgehoben wird, kann man vielleicht etwas genauer zwischen ihren verschiedenartigen Auswirkungen auf das Leben des Menschen und auf die Umwelt unterscheiden. Das menschliche Verhalten des Wissenschaftlers bringt Erkenntnisse hervor, an denen wir anderen uns um ihrer selbst willen erfreuen, oder die wir uns im Hinblick auf materielle Lust zunutze machen können. Es liegt in der Natur der Sache, daß keine wissenschaftliche Entdeckung an sich Unheil stiftet. Ebenso hat eine wissenschaftliche Entdeckung an sich natürlich auch keinen positiven Wert, abgesehen von der intellektuellen Lust, die der Wissenschaftler erfahren hat. Die Lebenseinstellung des Wissenschaftlers, die spezifische Form der Lustsuche in der Wissenschaft schließt Überlegungen bezüglich des Vorteils oder Nachteils für die Menschheit im allgemeinen aus.

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Wo wissenschaftliche Entdeckungen praktische Konsequenzen nach sich ziehen — Heilung von Krankheiten oder Entwicklung von Waffen —, kann man die Gemeinschaft der Wissenschaftler weder loben noch tadeln. Die Verantwortung lastet allein auf den Schultern derer, die die neu erworbenen Kenntnisse für den Menschen nutzbar machen. Empfehlungen, die darauf hinauslaufen, die wissenschaftliche Forschung zu blockieren, oder Forderungen, daß die Wissenschaftler eine gesellschaftliche Kontrolle ihrer Forschungen zulassen müssen, bedeuten nichts anderes als das Eingeständnis des totalen Unvermögens der übrigen Bevölkerung, ihr eigenes Streben nach Lust zu kontrollieren.

Wenn die Entdeckungen der Wissenschaft derart mißbraucht werden, daß künstliche Fleischfasern auf den Markt geworfen werden, so sollte man offen aussprechen, daß einige Menschen, unbehelligt von Einsprüchen der Regierung, die Wissenschaft pervertieren, um aus der Suche der Massen nach sensorischer Lust Profit zu schlagen. Das ist jedoch nichts Neues. Wenn Wissenschaft und Wissenschaftler für das Übel gegeißelt werden, das durch die unbekümmerte Verwendung von Zuckerraffinade oder durch die gezielte Verordnung von Zyklamaten entsteht, so bedeutet das eine Vertauschung der eigentlichen Abfolge von Ursache und Wirkung. Man übersieht dann die exakte Analogie bei der kommerziellen Ausbeutung der Wissenschaft in vielen weiteren sensorischen Bereichen, so daß die Produzenten mit dem akustischen Rauschgift Pop und dem visuellen Rauschgift Fernsehen ein Vermögen erwerben können. Noch schlimmer äußert sich das in der geballten Anstrengung anti-wissenschaftlicher Verteufelung von Waffen und militärischen Projekten, wodurch die eigentlichen Ursachen für die Konflikte der Menschheit verborgen bleiben - das untermenschliche Bedürfnis nach Kampf, ein unauslöschbarer Stempel des Dschungels. Trotz der Ungeschicklichkeit, mit der einige der Jugendlichen ihre Meinungen vertreten, muß der fast weltweite antimilitärische Protest der jüngeren Generation die Regierungen sehr beunruhigen, die die Konflikte gar nicht so ungern sehen. Die ältere Generation mag zu Recht vieles an der Jugend auszusetzen haben, doch die Jugend sucht wenigstens nicht nach animalischer Lust im pseudopatriotischen Gemetzel.

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Ihre Anklagen gegen die Kriegstechnokraten führen vielleicht tatsächlich dazu, daß eines Tages das Zerrbild der menschlichen Hirnfunktion, die Napalm und Giftgase hervorbringt, verschwinden wird. Wollen wir hoffen, daß die Jugend bald ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Herstellung von künstlichen und mit künstlichen Zusätzen versehenen Nahrungsmitteln lenken wird, von denen einige mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Gesundheit der Menschen auf die Dauer empfindlicher schädigen als ein Weltkrieg. Bei ihren gewaltlosen Protesten, Sit-ins und Blockierungsversuchen gegen die Massenproduktion von chemisch vergifteter, künstlich aromatisierter und profitträchtiger Mensch-Maschinenkost können sie auf den wohlwollenden Beifall praktisch aller Wissenschaftler zählen, und das, solange die Jugend einsieht, daß die Wissenschaft an Krieg und Vergiftung unschuldig ist, während die Technologie untermenschliche Bedürfnisse skrupellos ausnützt.

Wissenschaftler sind also frei vom Schatten des Bösen und vom Glorienschein des Guten; sie stehen »jenseits von Gut und Böse«, wodurch, nebenbei bemerkt, Belohnungen für Leistungen in den Grundlagenwissenschaften — wie etwa der Nobelpreis -als irrational ausgewiesen sind, wenn das nicht schon aus anderen Gründen der Fall wäre, so zum Beispiel weil eine bedeutende Entdeckung unmöglich nur einem oder zwei Wissenschaftlern zugesprochen werden kann. Diese Ungerechtigkeit ist aber wohl nur von geringem Übel. Doch auch bei Wissenschaftlern ist wie bei Sportlern sensorische Lust mehr oder weniger wirksam -wahrscheinlich je nach Reifungsniveau des einzelnen. Am wenigsten sensorisch anfällig ist die Theoretische Physik, wo der Wissenschaftler einen sensorischen Kontakt nur zu seiner Literatur zu unterhalten braucht. Wie bei der Logik ist die ungeheure Abstraktheit der Theoretischen Physik kein Maßstab für ihre praktischen Anwendungsmöglichkeiten. Albert Einstein, wahrscheinlich der größte Theoretische Physiker der Welt, ging mit den sensorischen Phänomenen, die er untersuchte, niemals praktisch um.

Seine Hauptquellen der Lust waren vollständig unabhängig von sensorischen Reizen; die höchste Aktivierung seiner Lustareale erzielte er — abgesehen von den Notwendigkeiten der Lebenserhaltung und der Entspannung beim Geigenspiel —

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durch mehrere tausend Stunden intensiven Nachdenkens darüber, was andere Physiker mit Magneten, elektrischen Strömen, Licht, Uhren und Meßinstrumenten angestellt hatten.

Als dieses rein menschliche Verhalten durch das mächtige Hilfsmittel der Deduktionslogik ergänzt wurde, konnte Einstein seine Überlegungen in der Gleichung E = mc2 zusammenfassen. Diese kargen Symbole, die nur wenige verstehen können, lassen kaum mehr jene Bemühungen erkennen, und dennoch wurden durch diese Gleichung und die ihr zugrunde liegenden Gedanken vollkommen neuartige Möglichkeiten der Betrachtung der vielen verschiedenen Phänomene in der Physik eröffnet. Die Gleichung wies deutlich auf die Grenzen einer ganzen Reihe bislang uneingeschränkt gültiger Anschauungen hin und führte zu Atommacht, Raumfahrt und zu vielen anderen, weniger aufsehenerregenden Neuerungen. Die allgemeine Vorstellung von der Relativität hat auch in die meisten anderen Wissenschaften Eingang gefunden und wird heute sogar in der Psychologie berücksichtigt. Einstein ist ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Möglichkeiten der Lustsuche innerhalb der Theoretischen Physik, doch gab und gibt es zu jeder Zeit noch viele, wenn auch weniger geniale Geister, deren Denk-Lust unser aller Leben beeinflußt hat und noch beeinflussen wird.

Die experimentell vorgehenden Zweige der Physik sind im Hinblick auf sensorische Reize immer noch recht arm dran, denn, abgesehen vom Experimentieren mit Licht, sind die untersuchten Phänomene unsichtbar und können nur mit entsprechenden Geräten wie Oszillographen und Meßinstrumenten unseren Sinnesorganen zugänglich gemacht werden; und solche Geräte kann man nun wirklich nicht als aufregende sensorische Reizquellen betrachten. Selbst das Schauspiel der Hodienergie-Physik, in der Zyklotronen Verwendung finden, sieht in sensorischer Hinsicht recht mager aus. Physiker zählen in ihrem beruflichen Leben zu den menschlichsten Geschöpfen, denn ihre Lustareale werden in einem kaum nennenswerten Umfang sensorisch aktiviert. Ihr Vergnügen besteht im Erkennen von numerischen Beziehungen zwischen physikalischen Größen.

Sie sind mit Galileo Galilei verwandt, von dem man sagt, daß er dem Ritual und dem

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Schauspiel des Gottesdienstes, zu dessen Besuch er gezwungen war, keinerlei untermenschliche Lust abzugewinnen vermochte und statt dessen vergnügten Herzens die an Ketten schwingenden geweihten Lampen betrachtete und über die Ursache dieser Schwingungen nachdachte.

Schließlich konnte er beweisen, daß diese Schwingungen von der Länge der Kette und von der Anziehungskraft der Erde abhängen, was die Gleichung  t = ( 2 pi Wurzel aus 1/g )  ergab, eine Folge von Symbolen, die vielen Generationen von Physik-Studenten Vergnügen bereitete und die Herstellung genaugehender Uhren ermöglichte.

Radio, Fernsehen, Tonbandgeräte, Fotoapparate, Autos, Boote, Flugzeuge, elektrisches Licht, Heizung, Wasserversorgung, Kanalisation, ja, selbst der Bau von Häusern; alle diese Errungenschaften unserer heutigen Zeit leiten sich aus dem glücklichen Umstand her, daß einige Menschen der Ansicht waren, die Suche nach sensorischer Lust sei für das Leben eines Menschen doch zu wenig. Wer die Axt noch schärfer schleifen möchte, braucht nur die Gegenstände in seiner Umgebung zu zählen, die während der Suche nach sensorischer Lust entwickelt worden sind.

An nächster Stelle — historisch gesehen und in der Grundlagenforschung — steht die Chemie, und hier nimmt die sensorische Lust schon breiteren Raum ein. Das Chemielabor zeichnet sich durch mancherlei ungewöhnliche Gerüche aus, und viele Chemiker räumen ein, wie sehr sie diese Gerüche mögen, von denen die meisten dem gewöhnlichen Menschen eher widerwärtig vorkommen. Die Arbeitsweise in der Chemieforschung ermöglicht vielfältige optische Lust: Flüssigkeiten fließen durch Filter oder werden destilliert, Substanzen ändern ihre Farbe oder Kristalle entstehen. Selbst der einfache Vorgang des Wiegens einer Substanz besitzt einen sensorischen Beigeschmack, ob nun durch den schwingenden Zeiger der Waage oder durch die angeleuchtete Skala moderner Digitalmeßgeräte. Ein Naturphilosoph der Antike sagte einst, daß »der Chemiker einer seltsamen Gruppe von Sterblichen angehört, die ihr Vergnügen zwischen Ruß und Dampf, Rauch und Flamme, Gift und Armut suchen und dabei trotz der widrigen Umstände ein so zufriedenes Leben führen, daß sie mit keinem persischen König tauschen möchten«.

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Diese Vorliebe für den Umgang mit chemischen Substanzen, für die Beobachtung ihrer Reaktionen, ihre Analyse und Synthese enthält deutlich sensorische Aspekte. Ich erinnere mich gut an meine sechsjährige rein chemische Forschungsarbeit, und ich erinnere mich auch an das rätselhafte Gefühl der Demut, wenn die Synthese einer vollkommen neuartigen Substanz gelungen war, wenn die Bildung von Kristallen beobachtet werden konnte und man wußte, daß diese Substanz nirgendwo sonst auf der Erde und wahrscheinlich auch nirgendwo sonst im Universum existierte. Die Lust und die Demut entspringen dem Bewußtsein, daß dieses Ereignis als Resultat eines richtigen Verständnisses wenigstens einiger der komplexen Gesetzmäßigkeiten chemischer Verbindungen anzusehen ist. Wie in der Physik hat auch die Anwendung dieser Kenntnisse zu buchstäblich substanziellen Veränderungen im Leben des Menschen geführt, bis wir heute bei einem Punkt angelangt sind, wo praktisch alles, was wir anfassen, auf dem Körper tragen und - beklagenswerterweise — essen, ein Kunstprodukt der Chemie ist. Die Denk-Lust zwischen Ruß und Dampf macht selten Schlagzeilen, es sei denn, es geschieht ein Unglück; doch sie hebt sich in menschlicher Hinsicht von der Bezwingung des Mount Everest oder von einem Fußballsieg deutlich ab.

Eine Wissenschaft, die sich im Hinblick auf ihren sensorischen Gehalt schwer bestimmen läßt, ist die Astronomie. Sie hat viele Berührungspunkte mit der Chemie, Physik, Kosmologie und seit kurzem auch mit der Biologie. Nicht alle diese Wissenschaftsbereiche sind sensorisch sonderlich attraktiv, doch die traditionelle Astronomie muß eine gewaltige sensorische Komponente besessen haben. Selbst wenn man die Sterne mit bloßem Auge betrachtet, stellt sich ein Lustgefühl ein, und die meisten unter uns erschauern, wenn sie den Mond durch ein Fernrohr betrachten. Obwohl die Fotografie die direkte Beobachtung des Himmels durch den Menschen weitgehend überflüssig macht, sorgen die fotografischen Aufnahmen und die blitzenden Teleskope immer noch für ausreichende sensorische Stimulierung. Das alles fehlt in dem jüngsten Teilbereich der Radio-Astronomie, wo die Instrumente häufig aus einem reizlosen Drahtgewirr bestehen und

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die Beobachtungsdaten aus hohen Piepstönen oder Tintenstrichen auf einem Papierstreifen. Obwohl alle Astronomen in ihrer Vorliebe für die intellektuelle Lust vereint sind, die Eigenschaften des außerirdischen Universums zu erforschen, so besitzen doch einige unter ihnen ein Gehirn, das nach der besonderen Art visueller Lust verlangt, die bei der Betrachtung der sichtbaren Himmelskörper entsteht; andere hingegen sind dafür geschaffen, selbst auf diesen kleinen Teil an sensorischer Lust zu verzichten, um ihre Denk-Lust aus den entferntesten Räumen des Weltalls zu erhalten, deren Licht uns bis jetzt noch nicht erreicht hat und uns vielleicht auch niemals erreichen wird. Diese ungeheuren Zeitabstände und unermeßlichen räumlichen Entfernungen im All stehen offensichtlich im Mittelpunkt der Faszination des Astronomen. Bislang ist noch nichts Nützliches durch diese Form der Lustsuche entstanden, obwohl die Entwicklung der Raumfahrt wesentlich von ihr profitiert hat. Die Astronomie ist durchaus eine Wissenschaft, die sozusagen ihre Zähne in der Zukunft zeigen kann, wenn der Mensch mit Raumschiffen und Erkundungssonden in den wirklich unendlichen Raum, über die Grenzen unseres Sonnensystems hinaus, vordringt. Wenn es stimmt, daß die Sonne eines Tages explodieren wird, dann werden die Erkenntnisse der Astronomie vielleicht von entscheidender Bedeutung für das Fortbestehen des Menschengeschlechts sein.

Sobald wir die Wissenschaften der unbelebten Natur verlassen, eröffnet sich der weite Bereich der biologischen Wissenschaftsdisziplinen und damit die am meisten sensorisch orientierten aller wissenschaftlichen Bemühungen. Die Untersuchungsobjekte selbst stellen eine reiche Quelle der Lust sogar für Nicht-Biologen dar, und es kann kaum bezweifelt werden, daß ein Biologe, der seine Zeit mit dem Sezieren von Pflanzen oder Tieren verbringt, der ihr Verhalten beobachtet oder ihr Gewebe untersucht, dabei in erheblichem Umfang sensorische Lust erfährt. Ein großer Teil der Forschungsgeräte und Instrumente der Biologie vermitteln ebenfalls visuelle und taktile Reize. Meeresbiologen können sogar unter Bedingungen arbeiten, die sich die meisten Menschen für ihre Urlaubszeit erträumen — sie untersuchen Polypen im Golf von Neapel und Delphine unter dem Sonnenhim-

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mel Kaliforniens. Der Meeresbiologe erlebt an seinem Arbeitsplatz sicher erhebliche sensorische Lust, und trotzdem unterscheidet sich sein Verhalten deutlich von dem der meisten Sporttaucher, deren Suche nach untermenschlicher Lust im Meer vollkommen sensorisch und unproduktiv ist.

Dieses Beispiel verdeutlicht den wesentlichen Unterschied zwischen Wissenschaftlern und Laien im Hinblick auf ihre Methoden der Lustsuche. Fast jeder kommt auf irgendeine Weise mit Pflanzen und Tieren in Berührung. Wenn der Durchschnittsbürger Schwammkolonien im Holz oder eine Made im Apfel entdeckt, zeigt er alle Merkmale der Aktivierung der Unlustareale. Der Botaniker bzw. der Zoologe hingegen nimmt die außergewöhnlichen Umweltbedingungen dieser Lebewesen ohne Gefühlsaufwallungen zur Kenntnis und zeigt ein sofort erwachtes Interesse an den Lebewesen selbst. Der Laie begeistert sich für die Farbenpracht in seinem Garten, ohne sich um die Pflanzen selbst näher zu kümmern; doch der Botaniker möchte sie auf-sdmeiden, um durch eine mikroskopische Untersuchung herauszufinden, wie sie aufgebaut sind und wie ihre Lebensfunktionen ablaufen. Weite Gebiete des Pflanzenreichs befinden sich also völlig außerhalb der Erfahrungsmöglichkeiten des durchschnittlichen »Pflanzenkenners«.

Genau das gleiche gilt für den »Tierliebhaber«: Er weiß häufig nur etwas über eine oder zwei Tierarten und befaßt sich mit sehr wenigen Tieren eine kurze Zeit lang, oft sogar noch zum Schaden des Tieres. Der Zoologe jedoch dehnt seine intellektuelle Lust auf das gesamte Tierreich aus und »liebt« keine besondere Art oder einen bestimmten Vertreter einer Art. Er spezialisiert sich sicher auf diese oder jene Gruppe von Tieren, doch ist sein Interesse nicht so selbstbezogen und sensorisch motiviert wie das des Haustierbesitzers. Der Biologe befaßt sich also nicht mit der Frage, in welcher Beziehung die Pflanzen und Tiere zu ihm stehen, sondern mit dem Problem ihrer gegenseitigen Verwandtschaft in strukrueller und funktioneller Hinsicht. Seine Suche nach Lust hat einen intellektuellen, wissenschaftlichen Aspekt im Gegensatz zu der im wesentlichen sensorischen Lustsuche des Laien. Die Beschäftigung des Laien mit Pflanzen und Tieren

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dient dem zeitlich begrenzten Ziel, seine Lustareale zu aktivieren, und mehr verlangt er nicht von ihnen. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit lebenden Organismen führt stets zu einer Erweiterung der Kenntnisse; das mag sich im einzelnen Fall als nützlich herausstellen oder auch nicht, jedenfalls bleibt der Kenntniszuwachs über das Leben des Wissenschaftlers hinaus erhalten. Es wäre schwierig festzustellen, wer die vielen kleinen hübschen Vorstadtgärten im Laufe der Jahrzehnte bepflanzt hat und auf welche Weise man es tat. Die wissenschaftliche Literatur und das Schrifttum anderer ähnlich intellektueller Disziplinen enthält greifbare Hinweise darauf, daß bestimmte Menschen zu bestimmten Zeiten bestimmte Dinge taten. Diese Weitervererbung des Wissens wie auch der Fertigkeiten ist vielleicht das, was die Heiligen meinen, wenn sie davon sprechen, daß man sich wie ein Mensch verhalten müsse, um das ewige Leben zu erwerben. Wir alle leben durch die Suche nach Lust, doch manchmal ist unsere limbische Aktivierung von einer Art, die ewig dauert; wir können sicher sein, daß in diesem Fall die Lust keine sensorische ist.

Es ist damit deutlich geworden, daß es Unsinn ist zu glauben, Wissenschaftler seien asketische, gefühlskalte und leidenschaftslose Menschen. Wissenschaftler müssen wie alle anderen Menschen auch ihre Lustareale fortwährend aktivieren, und sie verrichten ihre Arbeit aus Vergnügen an dieser Aktivierung. Ihnen im Hinblick auf ihre Lustsuche Gefühle abzusprechen, ist ebenso falsch wie die Meinung, daß sie sich dem Wohl der Menschheit verschrieben hätten. Ein bedeutender Unterschied besteht allerdings darin, daß sich Wissenschaftler nicht gestatten, ihre wichtige Arbeit durch Gefühle beeinflussen zu lassen. Dank ihrer Ausbildung sind sie ständig auf der Hut vor Abirrungen von ihrem Wege, vor einer Verschiebung des Schwerpunktes von Tatsachen auf Gefühle. In dieser elementaren Hinsicht unterscheiden sie sich - oder sollten es wenigstens — von vielen Laien. Vielleicht auch deshalb ist die Gemeinschaft der Wissenschaftler eine der liberalsten und tolerantesten unter den bestehenden menschlichen Gruppierungen. Selbst bei den häufigen wissenschaftlichen Kontroversen, die in lautstarken Wortgefech-

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ten ausgetragen werden, tritt persönlicher Haß oder kleinlicher Stolz nur selten in Erscheinung. Das soll nun keineswegs heißen, daß innerhalb der wissenschaftlichen Welt nicht auch einige zu finden sind, auf die diese Beschreibung nicht paßt; doch aus diesem hervorstechenden Grunde kann man sie als Nicht-Wissenschaftler bezeichnen, und weitere, bessere Gründe werden gewiß noch gefunden.

Unwissenschaftliche »Wissenschaftler« sind auch diejenigen, die in den verschiedensten PseudoWissenschaften, gelegentlich auch als okkulte Wissenschaften bezeichnet, herumpfuschen. Der Astrologie kommt wahrscheinlich der Ruhm zu, historisch die älteste und wohl auch die am weitesten verbreitete Irrlehre zu sein. Eine kleine Zahl von Kundigen vertritt dieses Gebiet, gefolgt von einer außerordentlich zahlreichen Anhängerschar; die meisten dieser Verblendeten erkennen nicht einmal die seltsamen Widersprüche, wenn sie in der Rubrik »was die Sterne sagen« über planetarische Einflüsse lesen, und stimmen einer Systematik des gestirnten Himmels und seiner Einflußmöglichkei-ten zu, in der die meisten Himmelskörper falsch bezeichnet oder ganz übergangen werden. Die Handlesekunst scheint es ebenfalls schon seit langem zu geben; gleichwohl verfügt sie weder über die systematischen Formulierungen noch eine ähnlich umfangreiche Literatur wie die Astrologie. Die Handlesekunst ist vor allem auf Jahrmärkte und - wie das Kaffeesatz-Deuten -auf die Kaffeekränzchen von frustrierten Hausfrauen aus Vorstadtsiedlungen beschränkt. Doch verfügt die Handlesekunst wenigstens über eine körperliche Fundierung, und so besteht die vage Möglichkeit, daß die fremdartig anmutenden Aussagen der Handliniendeuter in Form allgemeiner Tendenzen der Krankheitsdispositionen genetisch determiniert sind. Von Tausenden von Neugeborenen werden die Handabdrücke festgehalten, und Wissenschaftler versuchen, die Krankheiten dieser Kinder bis zum Erwachsenenalter detailliert aufzuzeichnen und mit den Handlinien zu vergleichen. Dieses wissenschaftlich-sachliche Vorgehen steht im Gegensatz zur beschränkten Grundlage der okkulten Wissenschaften. Wenn in den eigentlichen Wissenschaften etwas behauptet wird, so kann man den Nachweis für

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diese Behauptung verlangen, der dann auch prompt geliefert wird. In den Pseudowissenschaften verweist man einfach auf eine Autorität, ein Buch oder eine Schrift; die okkulten Wissenschaften sind der Struktur nach aristotelisch, ihnen fehlt jedoch das rationale Fundament für einen echten Wissenserwerb.

Ebenso wie die meisten theologischen Lehrsätze sind sie unwiderlegbar und besitzen darum für einen nicht sehr hochstehenden Geist eine beträchtliche Anziehungskraft. Es ist ebenso unmöglich zu beweisen, daß das Magengeschwür nicht durch die Stellung von Jupiter zur Zeit der Geburt des Patienten verursacht wurde, wie es zu beweisen ist, daß das Geschwür nicht durch einen Lichtblitz hervorgerufen wurde. Die orthodoxe Wissenschaft kann die Entstehung eines Magengeschwürs oder eines anderen Symptoms über die Verkettung von Ursache und Wirkung nur bis zu einem bestimmten Punkt zurückverfolgen und gelangt dann aus methodologischen Gründen oder aus mangelndem Wissen an eine Grenze, ohne daß man einen nachweisbaren Widerspruch befürchten müßte. In der Wissenschaft stellen derartige unbewiesene Postulate die Hypothesen dar, die in weiteren Experimenten überprüft werden; in den okkulten Wissenschaften bilden solche Behauptungen die Grundlagen des Ganzen.

Man sagt manchmal, man müsse den Glauben eines Menschen achten. Das ist aber keine vernünftige Einstellung für ein zufriedenstellendes Leben. Obwohl wir jedem Menschen das Recht zusprechen sollten, einem ihm genehmen Glauben anzuhängen, müssen wir doch die Freiheit besitzen, dem Glauben selbst und den Vertretern des jeweiligen Glaubens unser Mißtrauen entgegenzubringen. Niemand mit leidlicher Intelligenz und Aufrichtigkeit kann okkulte Glaubensmeinungen gutheißen, ebensowenig wie die Leute, die sich derartige Meinungen zu eigen machen. Die ehrliche Glaubensbereitschaft läßt sich leicht erkennen, wenn man untersucht, in welchem Maße der Glaube das Leben des Betreffenden beeinflußt. Wenige »Gläubige« der okkulten Wissenschaften werden wohl ihr Auto, das nicht anspringen will, mit einem Schulterzucken bedenken, nur weil sie dieses Versagen auf die Konjunktion von Mars und Venus zurückfüh-

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ren. Noch weniger würden sie die Weigerung ihres Chirurgen verständnisvoll akzeptieren, einen operablen Tumor zu entfernen, weil Saturn nicht in der richtigen Position stehe. Die Adepten der Magie greifen in Notfällen auf die materialistischen Methoden der orthodoxen Wissenschaft zurück. Wenn sie, wie es gelegentlich wirklich geschieht, in ihrem Glauben ehrlich und konsequent sind, dann findet man sie gewöhnlich über kurz oder lang in einer psychiatrischen Heilanstalt wieder.

Obwohl die Beschäftigung mit okkulten Wissenschaften eine Art intellektueller Empfängnisverhütung darstellt, kann es doch recht interessant sein, die möglichen geistigen Unzulänglichkeiten zu untersuchen, die zu einer derartigen Beschäftigung führen. Es ist ein Privileg des Menschen, seine Lustareale durch Denkprozesse aktivieren zu können. Die Tatsache, daß häufig die Vernunft als »des Menschen allerhöchste Kraft« betrachtet wird, spiegelt die allgemeine Neigung des Menschen wider, seine Lustareale mit rational strukturierten Denkprozessen zu aktivieren. Mit »rational« meine ich deduktive Denksysteme, ein Ganzes von aufeinander bezogenen Vorstellungen, die aus hierarchisch aufgebauten Lehrsätzen mit Voraussetzungen und Schlußfolgerungen bestehen. Die weiter oben beschriebenen orthodoxen, nützlichen, fruchtbaren, stimmigen und sachlichen Systeme kann man sich ausschließlich mit Hilfe einer über Jahre andauernden ungeheuren Selbstdisziplin und intellektuellen Vitalität aneignen, die, wenn auch weniger ausgeprägt, während des restlichen Lebens eines denkenden Menschen bewahrt bleiben müssen. Weitaus die meisten Menschen betrachten die intellektuelle Neugier und das Bedürfnis, etwas über die Welt zu wissen, als eine Form der Lustsuche während der frühen Kindheit; doch wenn die Schwierigkeiten mit zunehmender Komplexität des Lernstoffes wachsen, dann werden durch die geistigen Bemühungen, sich große Mengen an uninteressantem, aber doch wichtigem Wissensstoff aneignen zu müssen, und durch das Nachlassen der Suche nach sensorischer Lust, das zwangsläufig eintritt, die Unlustareale stärker aktiviert als die Lustareale durch den Erwerb von rationalem Wissen. So wird die Aneignung von sinnvollen Wissensbereichen für die meisten Menschen zu einer äußerst unangenehmen Beschäftigung, der nicht weiter nachgegangen wird, sobald man die Schule verlassen hat.

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Doch das innere Bedürfnis, Teil eines rationalen Systems zu sein, wird auf vielerlei Weise befriedigt. Fast jeder trivialen Spielaktivität liegen unnötig komplizierte Regeln und Gesetze zugrunde, die die Beteiligten in die Lage versetzen, ihre Lustareale in dem zweifelhaften Glauben zu aktivieren, sie würden ihr Gehirn auf systematische und bewundernswerte Weise einsetzen. Als extremes Beispiel für eine Pseudointellektualisierung sei das amerikanische Football-Spiel genannt, wo der Ball mit vielen Unterbrechungen über nur geringe Entfernungen bewegt wird und beide Seiten den größten Teil der Spielzeit mit der Diskussion des taktischen Vorgehens während des nächsten Angriffs verbringen; währenddessen starren Tausende, vielleicht sogar Millionen auf ihren Fernsehapparat, um dann sechs Sekunden lang das Ergebnis dieser Überlegungen zu beobachten. Das Bedürfnis des Menschen, Lust durch Vernunft zu gewinnen, zwingt ihn, seine Beschäftigungen mit einem leicht erkennbaren intellektuellen Gepräge aufzuwerten, das einem Unbeteiligten gewöhnlich als willkürlich, uneinsichtig, dogmatisch oder langweilig erscheint. Wie viele Millionen Frauen mußten sich wohl schon ihre Intelligenz durch ihre Männer vergewaltigen lassen, die den Spielverlauf, den Skatwettbewerb oder die Segelregatta »intellektuell analysierten«? Wenn Frauen ihre limbischen Lustareale mit Hilfe der Vernunft aktivieren wollen, so wenden sie sich eher den praktisch-intellektuellen Bereichen oder Systemen zu, die produktiv und wenigstens nicht willkürlich sind, wie etwa dem Kochen, Schneidern oder Einmachen.

Die Ausnutzung des menschlichen Bedürfnisses nach rationaler Lust kann man an der Flut von populär­wissen­schaftlichen Büchern ermessen, unter denen viele mehr Abbildungen als Worte enthalten. Dadurch wird in einigen Menschen das Gefühl erweckt, sie hätten durch die Lektüre derartiger Bücher Wissen erworben, ohne den langwierigen und beschwerlichen Weg des eigentlichen Wissenserwerbs durchlaufen zu müssen. Wenn sich ein Wissenschaftler mit solchen Leuten unterhält, stellt er fest, daß sie nur über ein äußerst verzerrtes Verständnis von der Natur verfügen, und daß sie nicht einmal die heilsame Einsicht in ihre Unwissenheit besitzen. Unter Umständen kann dieses »kleine Wissen« Gesundheit und Ernährungsweise nachteilig beeinflussen.

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Die gegenwärtigen Bestrebungen in Amerika, in bestimmten Studienfächern an der Universität die Zulassungsbedingungen zu lockern, um so die Zahl der Studenten zu vergrößern, haben unvermeidlich zur Folge, daß viele unqualifizierte Studienanfänger den Lernprozeß als mächtigen Erreger der Unlustareale empfinden werden; und das sind zweifellos dann die Studenten, die nach der Abschaffung von Prüfungen und nach der Erteilung von akademischen Graden ohne Nachweis wissenschaftlicher Befähigung rufen. Eine derartige Aufweichung der Studienanforderungen würde sich für den Studenten in seinem weiteren Leben nachteilig auswirken, denn als Wissenschaftler müßte er scheitern, wenn er nicht über eine entsprechende Hartnäckigkeit und Selbstdisziplin verfügt, die auch für das Bestehen von Prüfungen notwendig sind.

Ich bin von den okkulten Wissenschaften weit abgeschweift, doch wenn sich das menschliche Bedürfnis nach limbischer Aktivierung durch rationales Denken mit der archikortikalen Kontrolle des Verhaltens verbindet, dann befaßt man sich verständlicherweise mit dem Okkulten und erwirbt dabei ein »Wissen« um Gesetze und eine »Grundlage« für Schlußfolgerungen auf einem Gebiet, das vielseitig verwendbar ist, mit deduktiven Methoden nicht angegriffen werden kann, und eine so schön magische Tönung aufweist. Wenn jemand über ein fundiertes Wissen verfügt und sich zu den Naturwissenschaften hingezogen fühlt, wird er magische Erklärungen wahrscheinlich nicht akzeptieren und seine Lust in der wissenschaftlichen Untersuchung der bislang ungeklärten natürlichen Bedingungen der okkulten Phänomene suchen.

So pathetisch diese Beispiele in einer Zeit, da der Mensch den Mond zu erobern beginnt, auch wirken mögen, sie unterstützen doch die Behauptung, daß der Mensch seine Lustareale durch das Denken zu aktivieren vermag und sich selbst dann nicht davon abhalten läßt, wenn die Umweltbedingungen ihn zu einem vorwiegend sensorisch orientierten Lustsucher gemacht haben.

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Die Mechanismen und Möglichkeiten für wahrhaft menschliches Verhalten sind selbst in den unter­mensch­lichsten Menschen angelegt. Ihre Untermenschlichkeit liegt in der Art und Weise, wie sie gelernt haben, ihr Gehirn einzusetzen, und nicht im Gehirn selbst. Die Beschäftigung mit so überspannten Verhaltensweisen wie etwa Football oder Astrologie beruht auf denselben neurologischen Grundlagen der Lustsuche. Deren Anhänger könnten diese Grundlagen auf Gebieten einsetzen, die ihre Menschlichkeit beweisen würden, obwohl durch Wunschvorstellungen allein natürlich nichts geändert wird. Ich bin allerdings keineswegs der Ansicht, daß jeder gleich Wissenschaftler werden sollte — die Kunst ist ja auch nicht das schlechteste.

Künstler und Wissenschaftler weisen, wie vielfach hervorgehoben wird, einige Gemeinsamkeiten auf. Sie neigen dazu, sich für ihre Arbeit mehr als üblich zu engagieren, ja, sie stellen ihre Arbeit sogar noch über ihre Privatinteressen. Diese beiden Gruppen unterscheiden sich, und das ist noch wichtiger, von allen anderen Gruppierungen in der Gesellschaft dadurch, daß es ihnen in erster Linie um Wahrheit geht - einige würden sogar von der Wahrheit sprechen. Beide Gruppen glauben, daß sie sich der Wahrheit intuitiv bewußt sind, doch davon abgesehen gehen ihre Ansichten weit auseinander. Der Wissenschaftler überprüft seine Hypothesen experimentell und wird von den Tatsachen beherrscht, wenn er sich auch von fundierten Meinungen leiten läßt. Der Künstler geht einen Schritt weiter und versucht die Wahrheit, an die er glaubt, frei von Sachzwängen und Lehrmeinungen in einer ihm gemäßen Form auszudrücken. Dann und wann ändern sowohl Wissenschaftler wie auch Künstler ihre Ansichten über die Wahrheit: der Wissenschaftler als Resultat von neu erkannten Sachverhalten, der Künstler als Resultat von neu erworbenen inneren Erfahrungen. Das gilt für das Individuum ebenso wie für die Gruppe als Ganzes, so daß allgemein gültige wissenschaftliche und künstlerische Meinungen von Zeit zu Zeit einer Revision unterworfen werden, wodurch man der angestrebten Wahrheit jedesmal ein wenig näher kommt.

In eben dieser Weise benutzen Wissenschaftler und Künstler die gleichen

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Mechanismen, um ihre Lustareale mit Hilfe der höheren Hirnregionen zu aktivieren. In der bildenden Kunst spielen sensorische Empfindungen natürlich eine viel größere Rolle, denn sie kann ihre »Botschaft« nur sensorisch ausdrücken und mitteilen, während wissenschaftliche Lehrsätze bestenfalls verbal sowie durch Grafiken und Tabellen dargestellt werden können, die sensorisch nicht sonderlich aufregend sind, wenngleich sie dem Wissenschaftler wohl auch ästhetisches Vergnügen bereiten.

Die uns bekannten Knochenschnitzereien lassen vermuten, daß die Bildhauerei die älteste Kunstform ist. Wir können jedoch nicht sicher sein, ob der Bildhauerei nicht doch noch eine andere Kunstform voranging, die vielleicht nur weniger haltbares Material verwandte, und unsere neurophysiologische Theorie des Verhaltens legt eine historische Entwicklung der Kunst nahe, die von der gegenwärtig herrschenden Ansicht darüber abweicht.

Zwar werden wir den wahren Sachverhalt wohl niemals erfahren, doch möchte ich die Spekulation wagen, daß des Menschen erste Tätigkeit, die als primitiver künstlerischer Akt gewertet werden könnte, in einer Art des Tanzens bestand, bei der die propriorezeptiven Bahnen benutzt wurden. Im Hinblick auf das weitverbreitete Auftreten des Tanzens bei den heutigen primitiven Stämmen und bei den Schimpansen erscheint das als recht wahrscheinlich. Man kann nicht erwarten, Spuren dieser Verhaltensweise zu finden, es sei denn in Form von grafischen Darstellungen. Die Körperhaltung einiger Menschen in uralten Schnitzarbeiten und Basreliefe zeigt allerdings eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Tanzfiguren. Da das Tanzen - wie bei den Affen - ein rein sensorisches Vergnügen sein kann, bietet es sich hervorragend als mögliche Übergangsform vom untermenschlichen zum menschlichen Verhalten an; schließlich wurde es im rituellen Tanz und im Ballett stilisiert und intellektualisiert, so daß sich über die Lust der bloßen Bewegung hinaus weitere Lustquellen eröffneten.

Die Behauptung ist sicherlich gerechtfertigt, daß Sprachbildungen bei den Tätigkeiten der ersten Menschen spontan auftraten, und daß der Lustgewinn durch den Klang der menschlichen Stimme, die über den akustischen Sinnesbereich die Lustareale

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aktivierte, nach der propriorezeptiven Empfindung in der Entwicklung der Künste an zweiter Stelle steht. Mit fortschreitender Sprachentwicklung entstand dann das Sprechen und Singen. Wenn wir in diesem Zusammenhang an den Schimpansen denken, der auf die Baumwurzel schlägt, um rhythmische Töne hervorzubringen, so können wir uns auch vorstellen, daß sich die zunächst unkoordinierten Begleittöne beim Tanz der ersten Menschen besser anhörten, wenn sie in einem rhythmischen Gleichklang erfolgten: Also stellten unsere Urahnen trommelähnliche Instrumente her. Da die Möglichkeiten der Körperbewegungen sehr begrenzt sind, kann das Bedürfnis des Menschen nach künstlerischer Lust durch eine stärkere Betonung der akustischen Komponente während der Tanzveranstaltungen gestillt werden, so daß nach gewisser Zeit die Lust durch das Ohr eine deutliche Vorrangstellung gegenüber der Lust durch die Bewegung einnahm. Seit jenen Zeiten zählt das Gehör im Zusammenhang mit Gesang und Musik zu den beiden vorherrschenden Sinnesbereichen im künstlerischen Schaffen.

Ein weiterer wichtiger Sinnesbereich ist der Gesichtssinn. Die Knochenschnitzereien erscheinen uns vielleicht nur deshalb als die früheste Kunstform, weil das Tanzen und Singen keinerlei materielle Spuren hinterläßt. Obwohl das visuell-künstlerische Schaffen wahrscheinlich erst recht spät auftrat, muß es doch sehr schnell eine starke Wirkung auf den Urzeitmenschen ausgeübt haben, denn jeder archäologische Fund fördert visuelle Kunstprodukte zutage. Die Erweckung von Lust durch Betrachtung ist in der heutigen Zeit nicht nur ein Anliegen der Bildhauerei, sondern auch der Architektur, Malerei, Werbung, Bekleidungsindustrie, Schmuckherstellung, Fotografie, Innenarchitektur, Landschaftsgestaltung und überhaupt aller Bereiche in Kunst und Wirtschaft, in denen bestimmte Gestaltungsprinzipien Anwendung finden. In gewissem Sinne müssen Kino und Fernsehen ebenfalls als visuelle Kunstformen betrachtet werden; als sinnvolle Kommunikationsmedien müssen sie sich erst noch erweisen, obwohl vereinzelt bereits Ansätze zu erkennen sind.

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In allen bisher erwähnten Kunstformen spielen untermenschliche sensorische Aspekte eine erhebliche Rolle. Obwohl sich im Laufe der Jahrhunderte da einiges geändert hat, unterscheiden sich moderne Produkte dieser Kunstrichtungen nur ihrer Form, nicht aber ihrer Struktur nach von den Bemühungen der Urzeitmenschen. Henry Moore ist offensichtlich ein neuer Michelangelo; einige der Arbeiten von Picasso ähneln erstaunlich den Höhlenmalereien. Ich behaupte keineswegs, daß diese Kunstrichtungen sich in theoretischer Hinsicht nicht entwickelt hätten, sondern einfach nur, daß sie — in immer neuen Variationen — sehr wenige und überdies sehr alte Ausdrucksmethoden verwenden.

Die Literatur in all ihren Aspekten ist ein qualitativ anderer Bereich der Kunst; hier spielen sensorische Empfindungen nur insoweit eine Rolle, als sie den Gedanken und Vorstellungen als Kommunikationsbasis dienen, so daß wie sie mit Auge und Ohr (oder mit den Fingerspitzen, wenn wir blind sind) wahrnehmen können, denn andere Möglichkeiten stehen uns nicht zur Verfügung. Obwohl die Literatur im Vergleich zu den anderen Kunstgattungen erst kurze Zeit besteht, hat sie sich doch am weitesten fortentwickelt und stellt ein völlig menschliches Verfahren zur Aktivierung der Lustareale dar. Darin spiegelt sich zweifellos die tiefgreifende Bedeutung der Entwicklung der Sprache wider, von der so viele menschliche Belange abhängen.

Der Dramatiker, der Dichter, der Romancier und einige Sachbuchautoren verfolgen eine Kunstrichtung, die als Resultat der Suche nach intellektueller Lust der Verfasser zu verstehen ist und ähnliche, im wesentlichen menschliche Reaktionen beim Leser oder Hörer hervorrufen soll. Damit wird keineswegs die Tatsache geleugnet, daß einige Literaturprodukte und die Vorstellungen, die sie vermitteln wollen, vom Standpunkt des Menschlichen aus von ziemlich zweifelhaftem Wert sind. Doch in dieser Hinsicht unterscheidet sich die Literatur in keiner Weise von anderen Kunstformen und nicht einmal von den Wissenschaften, die alle irgendwie mißbraucht werden können. Eine weitere Verwandtschaft zwischen der Literatur und den anderen Kunstgattungen ist darin zu sehen, daß die Darstellungsinhalte nicht unbedingt der Phantasie entspringen müssen. Einige Malereien sind ausgesprochen realistisch, einige Skulpturen halten die Umrisse eines Gegenstandes fest, selbst einige Musikstücke versu-

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chen Landschaften und Naturereignisse akustisch zu beschreiben. Es gibt eine überzeugende Theorie, nach der die künstlerische Darstellung das Realitätsverständnis des Künstlers irgendwie wiedergeben muß. Ein Großteil der Sachliteratur, gewisse Formen der Publizistik eingeschlossen, versucht, die reale Welt so zu interpretieren, daß die Lustareale ideologisch erregt werden. Auf einem nicht sehr hohen Niveau kann man das auch bei Reiseprospekten und Anzeigentexten feststellen, mit weniger profitorientierten Hintergedanken bei Biografien, historischen Darstellungen und Reiseberichten.

In weit größerem Umfang können wir diesen Versuch bei unserem privaten Schreiben und Lesen erkennen. Ebensowenig wie die Tiere besuchen die meisten Menschen ein Ballett, eine Gemäldeausstellung oder ein Konzert mit ernster Musik. Und nur ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung bemüht sich aktiv um die sensorischen Künste. Doch wohl jeder auch nur etwas gebildete Mensch kommt mit irgendeiner Form von Literatur in Berührung. Selbst der unbeholfenste Brief und die eben hingeschmierte Notiz stellen einen kleinen Schöpfungsakt dar, ein winziges Kunstwerk, mit dem der Verfasser sich um die Verwendung von Sprachsymbolen bemüht, um im Leser des Geschriebenen eine Weiterleitung von Nervenimpulsen aus den Denkregionen in die Lust- oder Unlustareale hervorzurufen. Alle Zeitungen und Zeitschriften wollen Denkaktivitäten erzeugen, die zu menschlicher Lust oder Unlust führen; und da es ihnen, wenigstens ihrer Behauptung nach, um die Wahrheit geht, muß man sie wohl dem Bereich der Kunst zurechnen. Die Literatur ist aber nur eine dauerhaftere Variante der Sprache, so daß ein Funke menschlicher Kunst auch dann aufblitzt, wenn wir miteinander sprechen. Laute vermitteln Gefühle, Gemütsverfassungen und führen nur zu einer Aktivierung der primitiven Hirnregionen. Tiere können selbst nach der operativen Entfernung von höheren Teilen des Gehirns entsprechende Laute hören und auf sie reagieren. Doch die Sprache vermittelt Vorstellungen und Gedanken, und schon die geringste Verletzung bestimmter Korti-kalregionen im menschlichen Gehirn führt zu tiefgreifenden Störungen der Spradifunktionen. Das ist aber noch nicht alles, was

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die Sprache vermag. Jeder linguistische Ansatz ist unvollständig und unangemessen, wenn er nicht auch gleichzeitig die emotionale Bedeutung der Sprache berücksichtigt. Aber selbst wenn die Sprache des Menschen weitgehend gefühlsbetont ist, so vermittelt sie doch mit unterschiedlicher Effizienz komplexe Vorstellungen und Gedanken, auf denen die Emotionen beruhen. Jede sprachliche Kommunikation stellt einen Versuch dar, sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen, auch wenn diese bisweilen aus Gründen des persönlichen Lustgewinns verzerrt wird, wie etwa beim Angeben oder Schmeicheln.

Während Malerei, Bildhauerei, Musik und die anderen sensorisch orientierten Kunstgattungen mit dem Leben des Menschen in Liebe verlobt sind, so hat sich die Literatur mit der alltäglichen limbischen Aktivierung jedes einzelnen vermählt; und sie hat in vielerlei Hinsicht eine unleugbare Bedeutung für die Entwicklung unserer Persönlichkeit. Auf dem Gebiet der Kunst ist der Vorgang der Intellektualisierung recht offenkundig. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit konnte ein sensorischer Lebensstil nur schwer durchgehalten werden; doch im Zuge des gewaltigen Aufschwungs der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten während der letzten Jahrzehnte entstand eine unüberschaubare Fülle an neuen sensorischen Quellen. Als unausbleibliche Reaktion auf diese Entwicklung wandten sich kreative Persönlichkeiten entschieden gegen bloße Sinnesempfindungen in der Kunst und begannen, die Gesetze der Physik und Mathematik in ihr künstlerisches Schaffen einzubeziehen.

Die am Anfang chaotische, formlose oder innerlich zusammenhanglose abstrakte Kunst wurde allmählich abgelöst durch präzise geometrische Beziehungen und Nebeneinanderstellungen der Lichtfrequenzen. Auf dem Gebiet der Musik wandte man sich von der Tonalität ab und ersetzte sie durch algebraische Kompositionsgesetze; einige Komponisten kehrten selbst den herkömmlichen Instrumenten und Tönen zugunsten der Elektronik den Rücken, und primitive Rhythmen, Zeitmaße und Harmonien segelten eifrig auf den Wogen der sich fortentwickelnden Technik. Einige Künstler, die nicht fähig oder bereit waren, die Prinzipien der Physik und Mathematik zu verarbeiten, taten

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das ihrer Meinung nach bestmögliche und schufen Kunstprodukte, indem sie Autokarosserien in seltsame Formen preßten, Teile von Gebrauchsgegenständen auf die Leinwand klebten oder die profane Alltagswirklichkeit eines Kaufhausschaufensters exakt reproduzierten. Es scheint, als hätte man sich größte Mühe gegeben, bloße Sinnesempfindungen zu vermeiden und die technologische Realität kritisch zu beleuchten, ohne auf die alten künstlerischen Vorstellungen von Schönheit und Rhythmus zurückzugreifen.

Die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst beschränkt sich nicht auf Galerien und Konzertsäle. Sie hat durch Architektur und Städteplanung auf unser Alltagsleben übergegriffen. Viele Stimmen haben sich gegen ein hyperintellektuelles Vorgehen bei der Gestaltung des Stadtbildes erhoben, und die gewaltigste unter ihnen ist die von Professor A. E. Parr, dem Direktor i. R. des amerikanischen Museums für Naturgeschichte. Seine Artikel in Landscape, Art and Architecture und in anderen Zeitschriften haben in eindrucksvoller Weise die Aufmerksamkeit auf die blamable, deprimierende, reizarme Mittelmäßigkeit der architektonischen Entwürfe für moderne Ballungsräume gelenkt, durch die sensible Zeitgenossen aus den ruhelosen Großstadtzentren in die sterile Monumentalität der Trabantenstädte getrieben werden. Wie alles andere kann auch die Denk-Lust übertrieben werden. Bald, sofern der Fall nicht schon eingetreten ist, wird der Durchschnittsbürger das Schaffen der Künstler nicht mehr verstehen können, es sei denn, er stellt absichtlich seine »Gefühle« hintan und überläßt seinem informierten, rationalen Bewußtsein das Wort. Leider können die meisten Menschen ihre Gefühle bis jetzt nur sehr selten hintanstellen. Unmerklich übt die Wissenschafts-Kunst ihren verderblichen Einfluß auf uns aus, dessen wir uns nur vage bewußt sind, und auf den wir entsprechend reagieren.

Eine Reaktion besteht natürlich darin, daß die kurzlebigen populären Künste zunehmend sensorischer und primitiver werden und ohne intellektuellen Aufwand zu verstehen sind. Der Handel macht sich diese Lage mit einem reichhaltigen Angebot an sensorischen Reizmitteln, oft in pseudoklassischer Verbrämung,

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zunutze, so daß diejenigen, die ihre Lustareale auf »moderne« Weise aktivieren wollen, keine Schwierigkeiten haben, sich mit diesen Künstlern zu identifizieren. Doch Selbsttäuschungen und falsche Selbsteinschätzungen sind keineswegs auf populäre Kunstgattungen beschränkt.

Bisher habe ich mich mit menschlichem Verhalten in sehr eng begrenzten Bereichen befaßt, mit intellektuellen Tätigkeiten, die in entsprechende Kategorien eingeteilt werden können. Nur sehr wenige Menschen gehören in eine dieser Kategorien, und die überwiegende Mehrheit gehört in keine. Trotzdem verhält sich jeder Mensch in gewisser Weise wirklich als Mensch — nicht aus freier Wahl, sondern aus Notwendigkeit.

Wir alle können nicht nur denken, wir alle denken auch. Es sieht so aus, als ob der Ablauf von Denkprozessen eine unvermeidliche Folge der Stoffwechselvorgänge in unserem Gehirn ist, sobald sich die Verbindungen innerhalb der Großhirnrinde nach der Geburt entwickelt haben, und wenn ausreichende sensorische Stimulierungen in der Kindheit erfolgten. Bei entsprechender anatomischer Reife und bei ausreichender Ernährung zeigt das Gehirn eine ununterbrochene elektrische Aktivität, an welcher Stelle auch immer die Elektroden eingesetzt werden. Stärke und Art der elektrischen Erregung hängen von den Gesamtbedingungen ab, doch nur wenn wir tot sind, hört sie ganz auf. Das Aufhören einer nachweisbaren elektrischen Hirnaktivität ist tatsächlich häufig das einzige positive Anzeichen für den Eintritt des Todes. Diese elektrische Aktivität entsteht aus der Überlagerung von Nervenimpulsen, die im Gehirn von einer Nervenzelle zur anderen ziehen, und aus den damit zusammenhängenden zahllosen komplexen chemischen Reaktionen, die in den Zellen ablaufen. Das Denken ist eine der Folgen dieser physiko-chemi-schen Aktivität, die niemals aufhören kann, solange das Gehirn lebt. Wenn wir versuchen, an nichts zu denken, werden wir feststellen, daß das Denken automatisch und ohne jede Unterbrechung einfach »weitergeht«. Niemand von uns kann es sich aussuchen, ob er denken will oder nicht, wie man ja auch nicht die Wahl hat zu atmen oder nicht. Ebensowenig sollten wir uns dem Irrtum hingeben, alle unsere Gedanken seien uns bewußt.

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Selbst wenn wir gelegentlich dem »Tagträumen« erliegen und »an nichts Bestimmtes« denken, wissen wir doch, woran wir gedacht haben, wenn man uns danach fragt. Doch darüber hinaus laufen zahlreiche psychische Prozesse unterhalb der Bewußtseinsschwelle ab. Das kann mit »Wahrheitsdrogen«, Hypnose, Psychoanalyse und weniger geheimnisvoll mit raffiniert angelegten psychologischen Tests nachgewiesen werden. Eine ununterbrochene Selbstbeobachtung, die zu verschiedenen Formen der »Einsicht« führen kann, läßt den Umfang und die Richtungen der unbewußten Denkprozesse erkennen, doch niemals den Gedanken selbst. Die meisten Psychiater besitzen in ihren Fallsammlungen von geistig gesunden, durchschnittlichen Menschen umfangreiches Material, das darauf hinweist, daß das Verhalten vieler Menschen von diesen unbewußten psychischen Prozessen gesteuert wird; dabei lassen sich die bewußten Denkvorgänge häufig als überflüssige Rationalisierungen erkennen, mit denen man sein Verhalten zu rechtfertigen sucht. Dieser Sachverhalt wurde von den Professoren Slater und Roth prägnant formuliert: »Der Mensch wird tatsächlich von Trieben und Motiven bewegt, deren Wesen er kaum kennt und versteht, und die ihn unter Umständen auf ein Ziel hindrängen, das die Vernichtung all dessen bedeutet, was er für wertvoll hält.«

Sowohl bewußtes wie auch unbewußtes Denken vermag die Lust- oder Unlustareale des limbischen Systems zu aktivieren und ist somit eine menschliche Verhaltensweise. Das ist eine Tatsache; doch ob eine bestimmte Form des Verhaltens gut oder schlecht, annehmbar oder unannehmbar ist, kommt auf den jeweiligen Standpunkt an. Es sind Begriffe, die ständig verwendet werden. Ein interessanter Unterschied besteht zwischen diesem verallgemeinernden Alltagsdenken und den besonderen Denkformen, die wir weiter oben behandelt haben. Während über das Gute oder Schlechte an philosophischen Systemen, theologischen Dogmen, wissenschaftlichen Entdeckungen und künstlerischen Auffassungen lange Streitgespräche geführt werden, stimmen wir doch alle weitgehend darin überein, was »richtig« und »menschenwürdig« bzw. »falsch« und »unmenschlich« ist. Leider hat das aber auf unsere Praxis nur herzlich wenig Einfluß.

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Wohl jeder normale Bürger wird der Ansicht beipflichten, daß Gedanken, die zu Freundlichkeit, Toleranz, Aufrichtigkeit und Hilfsbereitschaft anderen gegenüber, zu Liebe und Zärtlichkeit führen, gute Gedanken sind. Und wohl jeder normale Bürger wird der Aussage zustimmen, daß Gedanken, die Haß, Grausamkeit, Intoleranz, Unaufrichtigkeit und Egoismus erzeugen, Kennzeichen des Bösen sind. Unglücklicherweise bricht diese allgemeine Übereinstimmung in der Bewertung ethischer Grundsätze rasch zusammen, wenn diese Grundsätze eine konkrete Form annehmen. Sozialarbeiter, Eheberater, Psychologen, Priester und Polizisten (und sogar Ehemänner und -frauen) können ein Lied davon singen, wie schwierig es ist, jemanden davon zu überzeugen, daß er oder sie selbstsüchtig, unaufrichtig oder grausam ist. Und ich spreche nicht einmal von jener Minderheit, die als Diebe oder Verbrecher entlarvt wurden, sondern von der großen Masse der normalen Durchschnittsbürger. Wird man der Freundlichkeit, Aufrichtigkeit und Hilfsbereitschaft angeklagt, so bekennt man sich gern und ohne Widerrede für schuldig.

Weil die Aktivierung der Lust- und Unlustareale durch hinabfließende Nervenimpulse eine der Folgen unserer Denkprozesse ist, trachten wir danach, daß unsere Gedanken wann immer möglich die Nervenimpulse in die Lustareale leiten. Wir lernen auf diese Weise, daß wir nur dann Unlust empfinden, wenn wir uns eingestehen, daß wir egoistisch oder grausam waren. Wenn wir also gelegentlich bei der Suche nach Lust eine Grausamkeit begehen, und wenn uns außerdem — wie den meisten von uns — eine gesunde Selbsteinschätzung fehlt, dann erfinden wir für unsere Handlungsweise andere Motive, und ähnliches geschieht bei allen anderen Formen des Verhaltens, die wir übereinstimmend als schlecht bezeichnet haben. Wir kaufen uns ein neues Auto, ein größeres, schnelleres und blitzenderes, weil wir »uns sagen«, das heißt, weil wir denken, daß unser bisheriges Auto auseinanderzufallen droht. Daß unser Auto auch für andere größer und blitzender aussieht, wird »verdrängt«. Unsere Nachbarn, vor allem jene, mit denen wir uns nicht sonderlich gut verstehen, wissen offenbar ganz genau, was wir bezwecken. Wir wissen ja schließlich auch, wie egoistisch, neidisch und arrogant sie sind.

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Und trotzdem werden diese Nachbarn seltsamerweise von ihren Freunden für gute, freundliche Leute gehalten.

Manchmal lassen sich unbewußte oder halbbewußte Selbsttäuschungen dieser Art wirtschaftlich ausnutzen - zum Beispiel von der Kraftfahrzeugindustrie mit der Devise: »Jedes Jahr ein neues Modell.« Riesenprofite müssen die Geburtstags-, Weihnachtsund Ansichtskarten abwerfen, die jedes Jahr regelmäßig verschickt werden, obwohl die Mehrzahl dieser geheuchelten Grüße weder vom Absender noch vom Empfänger sonderlich ernstgenommen werden. Ermessen kann man die Vorliebe einiger Menschen für heuchlerische Gesten am fast völlig kommerzialisierten Muttertag und an den karitativen Kleidersammlungen, für die man Sachen zur Verfügung stellt, die normalerweise in die Mülltonne gewandert wären. Der einzelne kann seine Lustareale sehr schön aktivieren, wenn er Freunden und Verwandten seine Hilfsbereitschaft beweist, indem er fortwährend um gestempelte Briefmarken, Stanniolpapier von Zigarettenschachteln oder um andere Kleinigkeiten bittet und sich dabei wahrscheinlich in selbstgefälliger Nächstenliebe und Uneigennützigkeit geradezu sonnt; mit ein paar Mark oder einigen Helferstunden pro Woche wäre den beteiligten karitativen Organisationen aber sicher mehr geholfen.

Ein Großteil der Demonstrationen und Protestmärsche, die mit verblüffender Regelmäßigkeit immer wieder stattfinden, beruht auf der kräftigen vegetativ-sensorischen Stimulierung der Lustareale, die dabei entsteht. Doch nur wenige der Beteiligten würden das zugeben. Sie halten sich vielmehr allesamt für »Kämpfer um einer gerechten Sache willen«. Wenn das Bedürfnis nach vegetativer Stimulierung befriedigt ist, hört auch der Kampf auf, obwohl der Gerechtigkeit meistens noch lange nicht zum Sieg verholfen wurde. Das ist der neurophysiologische Hintergrund von Redensarten wie »Unrecht tun um der Sache X willen«. Natürlich gibt es noch andere Gründe, warum sich bestimmte Personen für Demonstrationen als Quelle vegetativer Lust entscheiden, und einige davon werde ich im Zusammenhang mit Überlegungen zum Problem des politischen Engagements untersuchen (vgl. S. 290).

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Noch häufiger ist ein gestörtes menschliches Verhalten bei vielen Eltern festzustellen. Unter einer selbstgerechten Maske von Freundlichkeit und Zärtlichkeit unterlassen sie es, ihr Kind zu bestrafen — nur, um die eigenen Unlustareale nicht zu aktivieren; sie verteilen statt dessen Belohnungen, die vor allem ihr Gewissen beruhigen; moralische Werthaltungen werden anerzogen, die lediglich die elterlichen Verhaltensweisen bestärken sollen. Diese Eltern verfügen noch nicht über die menschliche Reife, die eine Aktivierung der eigenen Unlustareale um der Wahrheit und Aufrichtigkeit willen zuläßt. Anders formuliert: Diese Eltern besitzen nicht das Gehirn, in dem Wahrheit und Aufrichtigkeit zur Aktivierung der Lustareale führen.

Eine Bewertung des vorherrschenden »menschlichen« Verhaltens, wie es hier vorgenommen wurde, führt zu der Erkenntnis, daß unsere Einmütigkeit hinsichtlich der ewigen Wahrheit des Guten einfach eine übertriebene Heuchelei ist, mit der wir die Aktivierung unserer Unlustreale verhindern und unsere Lustareale verhätscheln. Eine solche Betrachtungsweise läßt auch erkennen, daß der Kardinalfehler in unserem falschen Verständnis von Selbstsucht liegt, denn daraus erwachsen alle weiteren menschlichen Untaten.

Aus neurophysiologischer Sicht kann es keinen selbstlosen oder selbstsüchtigen Denkprozeß geben. Alles, was wir tun oder denken, soll bewußt oder unbewußt unsere Lustareale aktivieren oder eine Aktivierung unserer Unlustareale verhindern. Nur auf diese Weise können wir uns am Leben erhalten — wie »andere Tiere« auch. Es liegt eben an der Struktur und Funktionsweise unseres Gehirns, daß wir, sofern wir normal sind, nichts anderes tun können, als einem dieser Ziele oder auch beiden zuzustreben. Wir können auf der Basis von Selbstsucht und Selbstlosigkeit nun einmal nicht zwischen verschiedenen menschlichen Verhaltensweisen oder zwischen den davon berührten Personen unterscheiden. Wir können und müssen einzig und allein lernen, zwischen zwei Arten des Denkens zu unterscheiden: dem egoistischen Denken, das Lust ausschließlich im Denkenden selbst erzeugt, und einem Denken, das auch die Lustareale anderer Personen aktiviert, und zwar auf längere Sicht.

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Eltern, die ihr Kind ständig zum Schwimmen gehen lassen und niemals versuchen, es zum Lernen anzuhalten, verschaffen ihm gewiß augenblickliche Lust; sie sollten sich jedoch darüber im klaren sein, daß das Kind dafür später durch quantitativ und qualitativ geringere Möglichkeiten der Lusterfahrung einen hohen Preis wird bezahlen müssen. Der Ehemann, der mit seiner Frau wegfährt, und sie in eine Automobilausstellung schleift, handelt offensichtlich egoistisch. Die Frau, die sich entschließt, ihrem Mann nur einen Salat vorzusetzen, weil sie eine Stunde länger in der Sonne liegen möchte, ist nicht weniger egoistisch.

Aber so verhalten sich viele Menschen, und sie wissen um die Fragwürdigkeit ihres Tuns, kümmern sich jedoch nicht darum. Sie sind auf einem so niedrigen Entwicklungsniveau stehengeblieben, daß sich da nicht mehr viel ändern läßt; wir können nur hoffen, daß sie rasch aussterben.

Doch die meisten Menschen gehen derart »geschickt« vor, daß sie der Selbsttäuschung erliegen und es sogar noch als ungerecht empfinden, wenn man sie auf ihren Selbstbetrug aufmerksam macht. In diese Kategorie gehören die Missionare, die die fröhlichen Bräuche des Opfers, des Kannibalismus und der Kopfjagd ausrotten, indem sie die Eingeborenen mit Medikamenten, Nahrung und Kleidung verwirren, während ihr erhabenes Vergnügen an den christlichen Tugenden nur so sprüht. Der Psychiater, der sich darüber freut, daß er den tollen Wahnsinn seines Patienten erfolgreich behandelt und geheilt hat, und ihn dann in ein zerrissenes und ungeordnetes Leben zurückschickt, gehört auch dazu. Manchmal ist es schon selbstsüchtig, wenn man einem anderen seine Selbstsucht vorwirft. Der Mann, der seine Frau für egoistisch hält, weil sie zuviel Zeit mit freiwilliger Sozialarbeit verbringt, statt seine Socken zu stopfen, reagiert zweifellos egoistisch. Und trotzdem ist auch er im Recht.

Unser eigentliches Problem ist also nicht, daß wir unser Leben an verschwommenen moralischen Grundsätzen ausrichten, sondern besteht vielmehr darin, daß wir die Selbstsucht als unvermeidliches Resultat unserer Hirnfunktion, die sich unserer Kontrolle völlig entzieht, akzeptieren und daß wir lernen, unsere Aufmerksamkeit auf die Folgen zu lenken, die unser Verhalten in den Lustarealen anderer Menschen hervorruft. 

Der Missionar und diejenigen, die sein Werk loben, müssen einsehen, daß diese Art von »Gottes Werk« ebenso egoistisch - d. h. lusterzeugend — ist wie jedes andere menschliche Verhalten auch, und nur »an seinen Früchten«, daran, wie sich dieses Verhalten auf die limbischen Nervenimpulse der anderen auswirkt, zeigt sich, ob man es gut oder schlecht nennen muß. Der Psychiater kann seine ausgesprochen selbstsüchtige Handlungsweise nur dann rechtfertigen, wenn sie zu vermehrter Lust bei seinem Patienten und zu weniger Unlust für die Mitmenschen des Patienten führt. Der Mann handelt egoistisch, wohin auch immer er mit seiner Frau fährt, doch ist sein Verhalten eher positiv zu beurteilen, wenn das Ziel der Fahrt auch ihr Freude bereitet.

Das Problem, unser Denkverhalten so einzurichten, daß wir vor allem die Möglichkeiten unseres Neokortex (des Über-Ich) ausschöpfen und nicht so sehr den untermenschlichen Wünschen der Hippokampus­regionen (des Es) nachgeben — dieses Problem ist eine enorme Herausforderung an die Menschheit, die sich bisher erst zum Teil entwickelt hat. Die Befolgung des archaischen Befehls auf eine Weise, die sowohl menschenwürdig als auch sozial wertvoll ist, stellt das Problem dar, dem wir gegenüberstehen. Einige Menschen in der Vergangenheit haben das intuitiv erkannt.

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 Campbell-1973