Rolf Degen 

Lexikon der 
Psycho-Irrtümer  

Warum der Mensch 
sich nicht therapieren, 

erziehen und 
beeinflussen läßt

  2000 by Eichborn
2002 bei Piper

 

2000 / 2004

 

 

detopia:

D.htm

Psychobuch

Irrtumbuch  

 

d-2006:   Immer wieder gibt es Bücher, die sagen, es sei alles ganz anders, als es in anderen Bücher steht. - Und: bekanntlich ist dies ein ganz normales Buch, mit normalen Kapiteln und so, und erinnert nicht die Spur an ein Lexikon. Und dieser Fakt alleine schafft es, daß ich das Buch bis heute nicht gelesen habe. Und das ist gut so. Denn: Man sollte nicht alles wissen wollen. Selig sind die, die arm im Geiste! - sagte schon einer meiner Vorgänger.

 


 

Für jede seelische Notlage gibt es die passende Heilmethode? Durch richtige Therapie ist jeder »endlich Nichtraucher«? Alles Humbug, sagt der renommierte Wissenschaftsjournalist Rolf Degen und zeigt, wie die Psychowissenschaften die Menschen auf ihrer Suche nach Identität und Lebenssinn ausnutzen. Sein Fazit: Die Mythen über die Seele dienen vor allem dem kollektiven Selbstbetrug – und der Finanzierung eines ganzen Berufsstandes.

Über den Autor Rolf Degen, geboren 1953, studierte Psychologie, Soziologie und Publizistik. Er lebt als freier Wissenschaftsjournalist in Bonn und schreibt unter anderem für die »Zeit«, die »Frankfurter Allgemeine Zeitung«, für »Bild der Wissenschaft« und »Psychologie heute«. Seine Berichte wurden von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie mit dem Preis für Wissenschaftsjournalistik ausgezeichnet.

       

 

Aus der Amazon.de-Redaktion   von Christian Stahl 

Irren ist menschlich; sich von erkannten Irrtümern abzuwenden, jedoch erst recht... hofft zumindest Rolf Degen und listet in seinem Buch vierzehn seiner Ansicht nach ebenso populäre wie falsche Gemeinplätze über Psyche und Verhalten auf: von der vermeintlichen Effektivität von Psychotherapie, über den Einfluss von Kindererziehung oder Massenmedien bis hin zu den Auswirkungen von Intelligenztraining, Meditation oder Hypnose.

Degen (nomen est omen) führt dabei eine ziemlich scharfe Klinge, vor allem an den Psychotherapeuten lässt er kein gutes Haar. Trotz ihres Standesdünkels reiche die Wirksamkeit psychotherapeutischer Techniken "nicht über jene von Aderlass, Geisterbeschwörung und Gesundbeten hinaus." Umso schlimmer, als das neue Psychotherapiegesetz die Allgemeinheit für solchen Humbug verstärkt zur Kasse bäte.

Weil Herr Degen so schön in Fahrt ist (was dem Lesevergnügen durchaus zugute kommt), schießt er bisweilen über das Ziel hinaus. So wirft er Psychotherapie und akademische Psychologie grundsätzlich in einen Topf, obwohl Psychotherapeuten gar nicht von den Universitäten ausgebildet werden und ein großer Teil dieser "Pseudoexperten" nicht Psychologen sind, sondern Mediziner, Pädagogen, Theologen etc.; einerseits attestiert er der Psychologie "Unfähigkeit" und "atemberaubende Ahnungslosigkeit" gegenüber ihrem Forschungsgegenstand, andererseits stützt er sich im Kampf gegen Psycho-Mythen und "kollektiven Selbstbetrug" vor allem auf wissenschaftliche Studien von Psychologen.

Mit schadenfroher Genugtuung verfolgt man zwar, wie da heilige Kühe der esoterischen Psychoszene geschlachtet werden, wie z.B. Meditation, Nahtod-Erfahrungen oder die Spezialisierung der Gehirnhälften (Logik versus Gefühl). Aber manchmal wirkt Degens Argumentation doch etwas effekthascherisch und einseitig. Bezüglich der Machtlosigkeit des elterlichen Einflusses werden z.B. aussagekräftige Langzeitstudien der entwicklungspsychologischen Bindungsforschung einfach ignoriert, weil sie dem Autor wohl nicht ins Konzept passen.

Dennoch liefert dieses Lexikon der Psycho-Irrtümer (das mit vierzehn, bis zu 45-seitigen Kapiteln allerdings keineswegs ein Lexikon ist) interessante Beiträge zu einer Debatte, die zwar nicht neu, aber nach wie vor spannend und unerlässlich ist. 


  inkultura-online.de/degen.htm  

Die Psychologie und alle Fachbereiche, die mit ihr in Verbindung stehen, ist eigentlich keine, an den strengen Regeln der Wissenschaft gemessen, Wissenschaft. Vielmehr ist sie ein Sammelsurium nicht zu beweisender Theorien. Sie leistet der Scharlatanerie Vorschub, indem sie es ermöglicht, daß quasi jeder Therapeut seine eigene Heilstheorie aufstellen kann und unter der Voraussetzung er hat genug Kunden, bzw. Klienten, davon sogar sehr gut leben kann.

Das zumindest behauptet Rolf Degen in seinem Buch "Lexikon der Psycho-Irrtümer". Er gibt einen Überblick über die meisten psychologischen Theorien und verwirft sie gleichzeitig. Er findet es erstaunlich, wieviele "Pseudotheorien" Eingang in die populär-wissenschaftliche Diskussion gefunden haben und dort ein Aufklärungsresistentes Dasein führen.

Sein Hauptaugenmerk richtet Degen auf die Psychoanalyse. Seiner Meinung nach hat nichts so viel Schaden angerichtet, wie dieser, keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhaltende Psycho-Irrtum. Keine einzige Theorie ist bisher in Versuchen verifiziert worden.

Dabei wendet sich das Buch nicht primär gegen die Psychologie, sondern in erster Linie gegen die falschen Gurus und Scharlatane, die sich auf diesem Gebiet tummeln. Degens Kritik richtet sich hauptsächlich gegen den zur Zeit herrschenden Psycho-Markt. Er verkörpert den klassischen Marktmechanismus: Bedürfnis­weckung und Bedürfnisbefriedigung. Jede individuelle Schwäche wird zur Deformation erklärt. Wo früher ein Gespräch unter Freunden reichte, wird heute eine langjährige Analyse praktiziert.

In einer Zeit, die trotz aller scheinbaren Freiheit und Toleranz keine Abweichung von der Norm duldet, eine Zeit des scheinbaren Individualismus, in der die Unsicherheit, trotz aller gegenteiliger Behauptungen, die einzelnen Menschen regiert, in dieser Zeit hat natürlich auch der Psycho-Markt gute Konjunktur.

Die Frage, was denn nun die verschiedenen psychischen Zustände des Menschen verursacht, beantwortet Degen kurz und bündig: Umwelt, genetische Disposition und Zufall sind die ausschlaggebenden Faktoren.

Der Autor läßt an den Auswirkungen der Psychologie, an den diversen Theorien und offenbarungs­ähnlichen Manifestationen des Psycho-Marktes kein gutes Haar. In seiner Ablehnung beruft er sich auf jeweils gemachte empirische Untersuchungen und führt diese in seinen Literaturangaben auch an. Dem Leser drängt sich jedoch manchmal der Verdacht auf, daß hier nur eine schon von vornherein gefaßte Meinung bestätigt werden soll.

Wenn er z.B. sagt, daß eine schlimme Kindheit nicht verantwortlich ist für Probleme im Leben eines Erwachsenen, oder wenn er behauptet, daß die modernen Massenmedien keinen Einfluß auf die Entscheidungen des einzelnen Menschen haben, dann sind diese Aussagen doch mit gebotener Vorsicht zu lesen.

Generell jedoch ist sein Buch eine erfrischende Abrechung mit den Psycho-Sekten und hier in erster Linie mit den Psychoanalytikern der Freud'schen Schule. Auch so manch eine "Bewußtseinserweiternde" Sekte bekommt die ihr zustehende verbale Ohrfeige. Wie sagt Degen doch so schön: "Es gibt, wissenschaftlich gesehen, keinen Unterschied zwischen Meditation und einem Mittagsschlaf. Herrlich!


Amazon Leser

Zwecklos!
30. Dezember 2004   Rezensent: marienienhaus aus ddorf 

Herrn Degen scheint die Pharma-Branche doch sehr am herzen zu liegen. kaum kritik an psychopharmaka, dagegen jede menge schelte für das gesamte "psychopersonal". allerdings bemüht Herr Degen dann doch wieder gerade diese zunft, um seine thesen zu untermauern. ein wenig verwirrend, das ganze. da hilft auch die flotte feder nicht, die Herr Degen führt. echte hilfe wird ein ratsuchender m. E. hier nicht finden. und ein rundumschlag gegen alles und jedes verfahren der "psychogötter", die sich ja tatsächlich oft so aufführen, hilft de facto nicht weiter. wenn man es mag, sich aufzuregen, nur um sich mal aufzuregen, dann ist das buch empfehlenswert. ansonsten kann man nichts damit anfangen.

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Komplett falscher Ansatz
13. Oktober 2004  
Rezensent: Ingrid Essig aus Winterthur Schweiz

Mit Büchern über irgendwelche angebliche Irrtümer ist anscheinend Geld zu machen. Die aufgestellten Behauptungen Degens sind schlicht lächerlich, in keiner Art und Weise wissenschaftlich fundiert (das Pseudohafte an ihrer Wissenschaft, das er der immer wieder auf abschätzige Art und Weise bezeichneten Psychologen- und Psychiatergilde vorwirft, betreibt er selbst ad infinitum in Form von pseudoanalytischer Wissenschaftskritik [Freud lässt grüssen - hä hä!]), Boulevard-Journalismus-mässig reisserisch und indifferenziert dargestellt und sie lassen so viel Ich-behaupte-einfach-das-Gegenteil-Kredo durchschimmern (Zitat: "Man weiss bis heute schlechterdings nicht, welche [Umweltfaktoren für die Persönlichkeitsbildung] wichtig sind, man weiss nur, dass es nicht jene sein können, die die Sozialisationsforschung im Auge hatte." Punkt Schluss. Seite 103), dass Degen mit einem solchen verkorksten (eines seiner Lieblingswörter!) Werk wirklich keinen Anspruch stellen darf, in der eigentlich sehr wichtigen Diskussion um Wirksamkeit und Nutzlosigkeit/Schädlichkeit von psychotherapeutischen Behandlungsmethoden (und anderen Heil- bzw. Präventionsmassnahmen) ernst genommen zu werden.

Degen nimmt für sich in Anspruch, die absolute Wahrheit zu kennen. Er stellt die Menschen (er und seine Mitbehaupter natürlich ausgenommen) als dumm dar und von den Psychologen und Psychiatern derart manipuliert, dass sie ihnen für jeden Pieps die Füsse küssen (obwohl er im Untertitel des Buches ja behauptet, dass der Mensch nicht beeinflussbar ist ... und kurioserweise zitiert er massensweise selbst Psychologen. Überhaupt besteht sein Buch zu einem grossen Teil aus Zitaten, so dass ich die böse Frage stellen muss: Kann Degen denn auch selbst denken?). Zudem kontert er mit scharfem Geschütz auf angebliche Behauptungen, die wohl die wenigsten Menschen so undifferenziert von sich geben würden, wie: "Frauen, die selbst eine traumatische Kindheit hatten, können keine gute Mütter sein" oder "Es ist möglich, Sexualstraftäter und andere Gewaltverbrecher mit Psychotherapie zu kurieren". Einfach lächerlich und eigentlich frech. Das Buch bietet in keiner Weise einen ernst zu nehmenden Diskussionsansatz. Das einzig Nutzbare, das ich aus der Teillektüre dieses Buches ziehen kann (ich habe auf S. 130 die Hoffnung auf Besserung aufgegeben) ist die Überlegung, wie wichtig es doch ist, differenziert zu argumentieren und sich nicht von irgendwelchen angeblichen Besserwissern (von welcher Seite sie auch kommen) beeindrucken zu lassen, sondern SELBST ZU DENKEN.

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Spritzig geschriebene Entmythisierung
4. Oktober 2003 
Rezensent: libraraptor aus Finnentrop, NRW 

Mir persönlich war ja der Gedanke schon immer unangenehm, nicht Herr über mein eigenes Denken und Fühlen zu sein. Noch unangenehmer war die Vorstellung, eines meiner vermeintlichen "Leiden" einem "erfahrenen Therapeuten" schildern zu müssen. Dieser würde mir dann in vernichtendem Urteil und mit autoritärem Blick vor einer Bücherwand voller staubiger Freud-Wälzer bestätigen, was ich unbewusst ja immer ahnte: Dass meine Kindheit schlimm war, dass ich gewiss irgendwelche unverarbeitete Traumata mit mir herum schleppe und dass es natürlich stets besser sei, offen und ehrlich mit seinen Gefühlen umzugehen. 

Nach Lektüre dieses Buches nun bin ich erfreulich enttäuscht. Ich bin noch Herr meiner selbst und brauche glücklicherweise keinen Psychotherapeuten oder Psychologen, der mehr über mich weiß als ich selbst und mich "da rausholt". Zudem werde ich den Eindruck nicht los, dass helfende und therapeutische Berufe sich ihre Klientel bisweilen selbst erst schaffen. Degen geht Kapitel für Kapitel auf die gleiche Weise vor: Eine verbreitete und allgemein akzeptierte These über die Psyche und das Gehirn wird angeführt, die Argumentationen der Verfechter und die Auswirkungen der These auf die Gesellschaft angeführt. Danach wird die These mittels Auflistung empirischer Befunde Stück für Stück wahlweise zumindest angezweifelt oder schlicht und ergreifend widerlegt. Unprätentiös, unaufdringlich und sachlich. 

Natürlich mag dieses Buch auch Schwächen haben. Beispielsweise hat Degen sich logischerweise auch nur die Studien herausgepickt, die seine eigenen Vermutungen, Psychotherapie und Hirnforschung seien gelegentlich nichts anderes als Lug und Betrug, widerlegen. Dennoch bestätigt sich mit der Lektüre dieser unterhaltsamen Monographie die beruhigende Weisheit, dass der gesunde Menschenverstand auch durch Psychotherapie und anderen esoterischen Humbug nicht klein zu kriegen sein wird. 


 

Wichtig und lesenswert
27. August 2003  
Rezensent: Peter Gugerell  aus Elsarn, Österreich 

Dies ist kein Fachbuch, sondern eine in journalistischem Stil geschriebene Darstellung einiger Aspekte der Psychologie. Rolf Degen wendet sich dabei vehement gegen verschiedene Thesen, vor allem gegen viele populäre aber längst widerlegte Irrtümer Sigmund Freuds. Da die Gegenseite - also z.B. die Freudsche Psychoanalyse - oft völlig kritiklos verherrlicht wird, ist dieses Buch als Gegengewicht wichtig, und sehr lesenswert. Die Bezeichnung „Lexikon" dürfte aus verlagspolitischen Gründen gewählt worden sein. Bei diesem Buch handelt es sich nicht um ein Nachschlagewerk, es will vielmehr ganz normal gelesen werden. Wer sich für Psychologie interessiert sollte (auch) dieses ketzerische Werk lesen.


 

Wahr oder nicht? Auf jeden Fall unterhaltsam
17. Mai 2003 
Rezensent: magenza 

Ihr Leben ist verkorkst, weil ihre Mutter gemein zu ihnen war? Sie beschallen ihr ungeborenes Kind mit Mozart-Musik, um seine Intelligenz zu fördern? Sie argwöhnen, daß ihr merkwürdiger Nachbar an einem Ödipus-Komplex leidet? Wenn Sie all dies glauben, dann sind sie einigen Psychoirrtümern aufgesessen, behauptet jedenfalls der Autor Rolf Degen. Viele Erkenntnisse der Psychologie gehören heute zum Allgemeinwissen: Streßgeplagte sind Herzinfarktkandidaten, Verdrängen ist schädlich und Hypnose lindert Schmerzen. Nur leider sind diese Aussagen entweder nicht bewiesen oder durch empirische Studien widerlegt. Diese Behauptung stützt Degen durch zahlreiche Quellenangaben, die zwar genauso subjektiv ausgewählt worden sein mögen wie die Quellen, die Degens Gegner anführen, aber sie ermöglichen es dem Leser sich weiter zu informieren. Psychologen und Menschen, die eine Therapie in Anspruch nehmen wollen, mag dieses Buch deprimieren oder verärgern. Für alle anderen ist es interessant und unterhaltsam zu lesen. 


 

Skeptisch und knackig
8. März 2003 
Rezensent: rouven73  aus Berlin 

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie fundiert die Erkenntnisse der Psychologie als Wissenschaft vom menschlichen Verhalten und Erleben überhaupt sind? Rolf Degen hat nachrecherchiert und legt in diesem viel beachteten und kontrovers diskutierten Buch eine Einführung in die Welt der Psycho-Irrtümer und -Mythen vor. Seiner provokanten These zufolge werden diese Konstrukte gezielt oder fahrlässig von Psychologen, Psychotherapeuten und anderen „Seelenexperten" erzeugt, verbreitet und gepflegt - nicht zuletzt, weil man daran gut verdienen kann oder sich einer Denkschule verpflichtet fühlt.

Degen kritisiert zunächst die Psychotherapieszene. Für viele Psychotherapeuten sind subjektive Zufriedenheitsbekundungen der Patienten wichtiger als Studien, durch die der Nutzen auch wissenschaftlich belegt werden könnte. Weiter prangert er ideologische Verkrustungen innerhalb von Therapieschulen an. Nur wenn diese überwunden werden, so der Autor, habe die Psychotherapie auch langfristig eine seriöse Perspektive. Interessant ist in diesem Zusammenhang sein Hinweis, dass sich in einem Vergleich die Nutzeffekte aller untersuchten Verfahren bei gleichem Krankheitsbild nur wenig unterschieden.

Als Beispiel für fehlende wissenschaftliche Fundierung bzw. unkritischen Umgang mit dem eigenen Therapiemodell behandelt Degen die klassische Psychoanalyse nach Sigmund Freud. Diese hat scheinbar für alles eine plausible Erklärung, jedoch nur im Nachhinein. Zentrale Annahmen der Psychoanalyse, wie der Ödipuskomplex, die Lehre der sexuellen Phasen in der Kindheit oder gar das Konzept der Verdrängung konnten in ihrer Bedeutung für die Psyche empirisch nicht bestätigt werden. So hat die Psychoanalyse als Therapie oft weniger mit der Aufdeckung unbewusster Motive zu tun, als vielmehr mit einer aktiven Beeinflussung des Patienten durch die Theorie des Analytikers.

Angesichts dieser Erkenntnisse fragt Degen zu Recht, warum die Psychoanalyse dennoch so beliebt zu sein scheint. Dazu schreibt er: „Die Psychoanalyse ist aber auch - wie alle großen Offenbarungen der Menschheit - ein Gedankengebäude, das die ultimative Erklärung für Kummer, Leid und Verzweiflung bereithält" (S. 14). Weiter weist Degen darauf hin, dass die Psychoanalyse sich gegenüber Kritik schon lange immunisiert hat und die Angewohnheit pflegt, Kritiker in Grund und Boden zu analysieren. Auch das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen spricht aufgrund von Wirksamkeitsstudien gegen die Langzeittherapie Psychoanalyse. Warum Therapien mit bis zu 300 Stunden, wenn 50 ausreichen?

Ein sehr interessanter Mythos ist das spätestens durch Hollywoodfilme bekannte Krankheitsbild der „Multiplen Persönlichkeiten". Dabei sollen zwei oder mehr separate, unabhängig agierende Persönlichkeiten in einer Person stecken. Die Idee ist nicht neu; sie wurde bereits 1886 von dem Schriftsteller Robert L. Stevenson in seinem Roman „Dr. Jekyll und Mr. Hyde" umgesetzt. Als Diagnose wurde die Multiple Persönlichkeitsstörung 1973 durch den sensationellen Fall der „Sybil" in den USA bekannt. Sage und schreibe elf Jahre dauerte die Behandlung und es wurden nicht weniger als 16 Persönlichkeiten entdeckt. Der Mythos, der dahinter steckt, lautet: „Multiple Persönlichkeiten werden durch (sexuelle) Misshandlung in der Kindheit hervorgerufen." Das Kind ziehe sich nach dieser schrecklichen Erfahrung aus der Welt zurück und erzeuge weitere Persönlichkeiten, die sich durch Liebenswürdigkeit auszeichnen und die scheinbar böse Hauptpersönlichkeit verdrängen. Die Teilpersönlichkeiten existieren parallel zueinander und werden durch eine Amnesie-Barriere voneinander getrennt. Die Menschen haben nicht die geringste Ahnung von ihrer traumatischen Vergangenheit und erfahren davon erst im Laufe ihrer Therapie, oft unter Einsatz von Hypnose und Beruhigungsmitteln.

So plausibel diese Theorie auch klingen mag, sie ist ein Paradebeispiel pseudowissenschaftlichen Vorgehens. Jeder sorgfältig untersuchte Fall führte zu dem Schluss, dass eine Pseudodiagnose vorlag, hervorgerufen von dem Therapeuten. Nicht einmal die Annahme, dass schreckliche Erinnerungen verdrängt werden, konnte empirisch bestätigt werden.

Auch die Hypnose wird von Degen kritisch hinterfragt. Das Fazit seiner Recherche lautet, dass alle spektakulären Handlungen unter Hypnose ebenso im Wachzustand möglich seien. Dazu müssen drei Voraussetzungen erfüllt werden: 1. der Wunsch, dem Versuchsleiter/Hypnotiseur einen Gefallen zu tun, 2. die Überzeugung, dass die Handlung nicht gefährlich ist, und 3. die Überzeugung, dass die Verantwortung für die Konsequenzen beim Versuchsleiter/Hypnotiseur liegt. Es wird auch gerne versucht, mit Hilfe von Hypnose verschüttete Gedächtnisinhalte zu reaktivieren. In Experimenten konnte jedoch kein Beweis für solch eine Wirkung festgestellt werden. Ganz im Gegenteil, die Anfälligkeit für Täuschungen und Suggestionen wächst.

Die Hypnose bleibt ein spannendes und kontrovers diskutiertes Phänomen. Ihre Anhänger versuchen gelegentlich, die wissenschaftliche Fundierung dieser Methode durch eine bewusste Abgrenzung gegenüber den Täuschungseffekten bei der so genannten Showhypnose zu untermauern. Nach der Lektüre dieses Kapitels kommen jedoch berechtigte Zweifel auf, ob dies zur Rechtfertigung solcher wissenschaftlicher Ansprüche genügt.

Das Buch behandelt noch zahlreiche weitere spannende Mythen, etwa über die läuternde Wirkung von Nahtodeserlebnissen, oder die Behauptung, wir nutzten nur 10% unseres Gehirns. Auch der dominante Einfluss der Erziehung und die psychosomatischen Ursachen von Krankheiten werden kritisch hinterfragt.

Rolf Degen hat sich durch sein Hobby, die Entkräftung hartnäckiger Irrlehren, Denkfehler und Mythen durch systematische Argumentation, viele Feinde gemacht, darunter Anhänger der Psychoanalyse, aber auch der Bewegung der Transzendentalen Meditation. Letztere soll ihm brieflich sogar Rache angedroht haben, und zwar auf „parapsychologischem" Wege. Bisher hat Rolf Degen davon Gott sei Dank noch nichts gespürt.

Das Buch ist jedoch hier und dort auch mit Vorsicht zu genießen. Es besteht die Gefahr, dass durch den sicherlich verkaufsfördernden Schreibstil das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, da einige Mythen nicht kritisch gewürdigt sondern nur aus einem gewissen Winkel betrachtet zerlegt werden. Das Buch erfüllt insgesamt jedoch eine wichtige Funktion. Es hinterfragt Konzepte, die sowohl in der Öffentlichkeit als auch von vielen Psychotherapeuten/Psychologen unkritisch akzeptiert und verbreitet werden. Damit gehört es zu den besten populärwissenschaftlichen Büchern in diesem Feld. Die Literaturquellen sind angegeben und wecken das Interesse an einer intensiveren Beschäftigung mit dem einen oder anderen Thema. Ein sehr anregendes Buch, das sich an eine breite Leserschicht richtet. 


 

Lexikon der Psycho-Irrtümer
25. November 2002  
Rezensent aus Frankfurt 

Hervorzuheben ist noch, daß ZEIT- und FAZ-Autor Degen schwerpunktmäßig die linke Milieutheorie und Pädagogik attackiert, die seit Jahrzehnten ohne wissenschaftliche Verankerung und entgegen den empirischen Forschungsergebnissen (z.B. schon Lorenz, Eysenck) die Öffentlichkeit vielfältig manipulieren. Hier wird schweres Geschütz aufgefahren. 

Freud und die Psychoanalyse mit ihrer alles und nichts erklärenden "Verdrängung" können wir lt. Autor wohl zu den Akten legen. Sehr eingängig auch, was der Verfasser über die verschiedenen Meditationstechniken schreibt. Allesamt seien sie in ihrer positiven Wirkung einem Mittagsschlaf nicht überlegen; Degen berichtet sogar über negative Nebenwirkungen von Meditationstechniken, die es auch gebe. Kritische Ausführungen zur Hypnose überzeugen dagegen weniger; sog. subliminaler Werbung traut er keinerlei Wirkung zu und handelt dies in nur elf Zeilen ab (S. 140). 

Autosuggestion kommt noch nicht einmal als Stichwort vor, mit den Erfolgen der Motivationstrainer (Enkelmann, Carnegie-Schulungen u.a.) setzt sich der Autor nicht auseinander, jedoch recht überzeugend mit der Substanz in der Literatur oft blumig geschilderter sog. Nahtod-Erfahrungen. Degen ist (Wissenschafts-) Journalist, kein Psychologe. Das merkt man auch am Stil: positiv ausgedrückt ist er flüssig und zuweilen unterhaltsam, man muß wirklich manchmal loslachen, negativ gesehen ist es der Allerwelts-Journalisten-Slang, wie er aus Spiegel, Stern und ZEIT quillt. Punktabzug dafür und für das Register, das keine Personen aufführt. Sonst jedenfalls sehr lesenswert!


 

Viel Interessantes, aber leider etwas einseitig
28. September 2002 
Rezensent: gabitrentmann aus Seevetal Deutschland 

Sehr interessant und wissenswert, dass Degen deutlich macht, dass die Psychotherapie (höchstwahrscheinlich) eine reine Placebo-Wirkung hat. Wenn man dieses liest, leuchtet es einem sofort ein. Denn wer gibt schon gerne zu, dass er sich nach einer Therapie, die natürlich Überwindung, Nerven usw. kostet, nicht besser fühlen würde? Und dass Gespräche mit "Laien" genausoviel oder oft sogar mehr bringen ist ebenfalls einleuchtend. Denn wer fühlt sich schon nach einem Gespräch mit einem guten Freund schlechter? Was ja nicht heißen soll, dass die Psychotherpie bzw. -analyse nichts bringen würde, allerdings geht es eben auch anders. 

Ebenfalls positiv zu erwähnen bleibt, dass Degen betont, dass die menschliche Seele über enorme Selbst­heilungskräfte verfügt. Denn es gibt mindestens so viele Menschen, die sich, ohne jemals eine Therapie gemacht haben, auch nach einiger Zeit besser fühlen. Zu kritisieren bleibt allerdings Degen's einseitige Darstellung, die sich durch das ganze Buch zieht. In vielen Punkten mag der damit recht haben, aber in einigen, besonders was das Thema "Gene und/oder Erziehung" angeht, finde ich, dass er die gleichen Fehler mit umgekehrten Vorzeichen wiederholt. Nun sind auf einmal nur die Gene schuld? Man kann sich natürlich immer die "richtigen" Ergebnisse herauspicken, deren Ergebnis ich auch gar nicht anzweifeln will. Aber es gibt ja auch Untersuchungen mit Ergebnissen, die genau das Gegenteil beweisen, also, dass die Erziehung eine Rolle spielt. Nun ist die Frage, was stimmt? Vielleicht eine Mischung aus beidem? Trotz der einseitigen und polemischen Darstellung ist dieses Buch sehr informativ und bietet eine gute Diskussionsgrundlage. Wenn es mit einer kleinen Portion Kritik und Skepsis gelesen wird, durch aus zu empfehlen! 


 

Selbst ein Psycho-Irrtum
5. November 2001 Rezensent: MartinRosenberg @ web.de aus Osnabrück

Dieses Buch ist schlichtweg unseriös. Zwar enthält es einige Tatsachen, doch sind diese für Laien mißverständlich aufbereitet. Unnötige Pauschalierungen sind die Folge. Es entsteht der Eindruck einer berechtigten Kritik an der wissenschaftlichen Psychologie. Allerdings werden die Themen der Psychologie in der Regel gar nicht erwähnt. Dies liegt unter anderem an der konsequenten Vermischung der Begriffe Psychologie, Medizinische Psychologie, Psychosomatische Medizin, Psychiatrie, Psychotherapie­forschung, Psychotherapie und Psychoanalyse; bei letzterer erfolgt auch nicht die deutliche Trennung zwischen der Psychoanalyse als Forschungsparadigma und der Psychoanalyse als Form der Psychotherapie. 

Wichtige Forschungsergebnisse werden nicht berücksichtigt (s. z.B. auch die Kritik von Herrn Dr. Gresch). Teilweise wird zusammenhanglos aus Studien zitiert und dabei wichtige Fakten weggelassen, die Ergebnisse unzulässig auf andere Gebiete angewendet und übertragen. Ich finde das sehr unseriös. Wichtig wäre es gewesen, deutlich zu machen, was hier genau kritisiert wird, dies konkret zu belegen, um eine sachliche und umfassende Verbraucherinformation zu liefern. Ansonsten werden viele "Streitpunkte" (z.B. Einfluß der Gene) wie geschildert überhaupt nicht geführt. Vielfach ist das dargebrachte Wissen des Autors schlicht fehlerhaft oder völlig obsolet und veraltet (man denke nur an den konsequent gebrauchten Begriff der Neurose!) - wenn hier jemand mit Wissen der Jahrhundertwende um sich wirft, dann der Autor dieses Buches. Ähnliches gilt z.B. auch für die Erklärungen der vorgestellten Therapiekonzepte (insbes. der Kognitiven Verhaltenstherapie). Zuletzt sei angemerkt, dass es in der wissenschaftlichen Psychologie, wie auch in der Psychotherapieforschung von Stillstand keinesfalls die Rede sein kann. Noch nie musste Prüfungsliteratur in diesen Gebieten so oft ergänzt, Lehrbücher so oft neu aufgelegt werden, wie zu Zeit; der Zuwachs an Wissen ist enorm!

 


 

Ich empfehle dieses Buch vorbehaltlos!
21. September 2001 
Rezensent: Helmut Hornstein aus Düsseldorf

Noch nie habe ich eine Beurteilung hier bei Amazon geschrieben. Diesmal tue ich es, weil ich die Ein-Stern-Beurteilungen einfach für unfair halte. Sie werden dem Buch keinesfalls gerecht. Ich gebe fünf Punkte,

- weil das kein überflüssiges Buch ist. Wieviele psychologische Bücher sind nur alter Wein in neuen Schläuchen? Ich habe viel Neues und Anregendes gelesen.

- Der Autor ist kein Ideologe, der verbissen eine Denkrichtung verteidigt.

- Immer mehr fällt auf, zumindest den Personen ohne Scheuklappen, dass die Psychologie als Wissenschaft kaum Fortschritte macht (Kagan u.a.). Wenn nicht ständig und ernsthaft nach Spreu gesucht wird, döst die Psychologie weiter vor sich hin.

- Das Buch ist hervorragend geschrieben. Im Vergleich zu vielen anderen Abhandlungen gerät das Lesen zum Genuss!

Wer seinen Horizont erweitern möchte, lese unbedingt dieses Buch! Ich wette, die Miesmacher (ein Sternchen) sind samt und sonders professionelle Psychologen, die aus verlezter Eitelkeit oder aus Sorge um ihre Knete anstänkern. 


 

Gewagter, aber berechtigter Schritt in neue Richtung
19. September 2001 
Rezensent: christophdahm aus Weimar 

Ein Buch das allen Psychologieinteressierten gehörig den Magen verdreht. Rolf Degen nimmt fast alles, was in der Psychoscene Rang und Namen, Bestand und Erfolg hat, den Hut vom Kopf. Er widerlegt alles mit Unmengen von Aussagen "weltberühmter" Psychologieprofessoren, Studien usw. Psychotherapie (bes. Psychoanalyse) als das größte Placebo des letzten Jahrhunderts? Ein guter Freund genauso gut wie jeder Psychotherapeut? Ganz sicher greift Rolf Degen ein Thema an, was wirklich dringend wissenschaftlich genauer untersucht werden sollte (Psychotherapie nicht mehr als ein Placebo..?). 

ABER BITTE NICHT IN DIESEM TON! Nach 10 Seiten lesen ausschließlich negativer Kritik und "Heruntermachen" alles bisher bekannten und Bewährten legt man das Buch ganz schnell wieder zur Seite. Ich habe mich innerhalb von Wochen durch die meisten Teile hindurchgearbeitet, aber ein buch, was nur aus Kritik besteht, KANN MAN EINFACH NICHT DURCHWEG LESEN. Oder ist die Psychoscene schon so verfestigt, dass Degens Buch ein letzter Aufschrei gegen die Verlogenheit aller Psychologen, Geldwäscherei, Mafia und Sektenähnlichen Strukturen ist und nur ein konsequentes, schon nicht mehr anders zu lösendes Abrechnen mit ihr ist? Er berührt einen wunden Teil, dies steht fest. Und ich denke auch, dass es in einer Demokratie für alle Institutionen ein Kontrolle geben sollte, auch für Psychologen und Psychotherapeuten!! Darum fordere ich und stehe hier Herrn Degens Ansicht gleich, eine wirksame Kontrolle für Psychotherapie zu finden und zu schaffen. Auch sicher ist, dass er in einer ganzen Menge anderer Aspekte zumindest teilweise recht hat. Dies sollte man öffentlich prüfen. ABER: Der Ton seines Buches ist absolut nicht anhörenswert und einfach mit viel zu viel Kritik besetzt!!!! Es hört sich eher wie ein Weltuntergang an. Und Psychisch kranke sollten die Finger von diesem Buch lassen! Wenn jemand auf Neuerungen und Gesundheiterfolgsgeschichten hofft, wird bitter entäuscht werden. Nach Degens Buch dürfte man und vor allen Dingen SOLLTE man nicht krank werden. Es gibt nach seiner sicht keine Hoffnung. Aber die Tausenden, die gesundeten, die erfolgreich bücher über ihre gesundung schrieben, beweisen ja das Gegenteil. Und dafür verurteile ich dieses Buch. Es gibt immer Hoffnung! Auch mit Degen. Aber lieber ohne. -- 2 Punkte für die inhaltliche "Verbesserungskritik". 


 

Unseriöse und einseitige Darstellung
15. August 2001 
Rezensent: max aus Norwegen 

Um mir ein Urteil über die Argumente des Verfassers bilden zu koennen, griff ich ein Thema heraus in dem ich mich auszukennen glaube:

Die Aussage die Forschung widerlege jegliche Behauptung, dass Meditation positive Effekte bewirkt ist ungefähr so einseitig wie wenn die Ölindustrie behauptet, wissenschaftliche Studien würden allesamt die Nichtexistenz von Klimaänderung beweisen. Anstatt einer differenzierten Darstellung, die seriöse und unseriöse Meditationsformen unterscheidet, handelt der Autor das Thema sehr einseitig ab. Er ignoriert vollständig alle die Studien, die sehr wohl einen positiven Effekt von Meditation belegen. Er beschreibt nur eine Meditationsform (TM) und verallgemeinert diese auf jegliche andere Meditationsart. Der Vergleich von Meditation mit Dösen und Trance verfehlt das Thema vollkommen, schließlich ist in Meditation von Achtsamkeit die Rede und Buddha war der Erwachte und nicht der Eingeschlafene.

Zugegeben, ich habe nur dieses Kapitel gelesen, aber nach so einer einseitigen Darstellung fehlt mir jegliches Vertrauen in die anderen Darstellungen des Verfassers. 


 

Klasse Buch, skeptisch und lustig
16. Mai 2001  Rezensent aus Nürnberg 

das Buch ist klasse, endlich mal jemand, der wenn auch hier und da etwas polemisch, den Möchte-gern-Herren der Seele in die Suppe spuckt. Psychoanalytiker, die tolle Bücher schreiben und überall verdrängte Sexualität sehen oder den Ödipuskomplex postulieren, obwohl es empirisch viele Fakten gibt, die gegen die allgemeine Existenz des selbigen sprechen. Die Psychoanalyse ist eine unwissenschaftliche und empirisch widerlegte Pseudowissenschaft und es ist Degens Verdienst, dass er wie auch andere bereits vor ihm, diese religiöse Pseudowissenschaft kritisch hinterfragt. 

Die Themen Nah-Todes-Erfahrungen und Multiple Persönlichkeiten sind doch Klasse. Sonst liest man solche Parathemen eher in Zeitschriften wie der SKEPTIKER oder Skeptical Inquirer. in diesem Buch sorgt Degen dafür, dass die Leute mal über sich und die Psychologie und deren begrenztes Wissen nachdenken. Ob alles in dem Buch stimmt ist schwierig zu beurteilen, aber selbst wenn nur die Hälfte war ist, sollte das den Leser zum Nachdenken anregen. Ich halte das Buch für wichtig vor allem als Gegengewicht zu der allgemein volksverblödenen Pseudopsychologie, wie Psychoanalyse, NLP, Graphologie, Astrologie, usw. Solch ein Buch war nötig. Hinterfragt euren standpunkt und glaubt nicht alles, was Psychologen sagen, die haben oft keine Ahnung, weil sie ihr Wissen nicht hinterfragen können. sie ordnen sich einer Schule zu und deuten die welt nur noch nach den Prämissen des Paradigmas. So nicht, liebe Psychologen.


 

Lesenswert
29. April 2001  
Rezensent: Nadja Korotkova aus Düsseldorf 

Rolf Degen neigt in diesem Buch stark dazu , zu polemisieren, zu vereinfachen und alles, aber auch wirklich alles was die Psychologie an Ergebnissen hervorgebracht hat bzw. hervorgebracht zu haben glaubte, für ungültig zu erklären. Möglich, dass er sich zuweilen stark hineinsteigert, aber gerade so wird das Buch seinem Zweck gerecht. Denn Degen schafft es, eine deutlich kritische Einstellung zu der Zunft der Psychologen beim Leser hervor zu bringen. Denn vieles, was man (auch und vor allem als Laie) vorher für absolute Wahrheiten hielt, muss man nun überdenken. Nach der Lektüre dieses Buches wird man deutlich kritischer an die "Seelenklempner" herangehen.


 

Hybris
20. November 2000
Rezensent: aus Österreich   (Mag. Barbara Kiesl) 

Wie auch immer man/frau zu psychologischen Themen steht - Rolf Degens „Werk" ist und bleibt polemisch. Genau jenes, was er anprangert, betreibt er selbst in Reinkultur, nämlich äußerst geschickt verpackte Eigenmeinung als Postulat zu konstatieren. „Die Seele ist ein weites Feld" - das wissen wir, und was uns wissenschaftliche Beweise zu bieten haben ebenso. Und das Argument des „Placebo-Effekts" ist auch nicht wirklich etwas Neues. 

Höchst eigenartig klingt v.a. auch aus dem Munde eines Psychologen, dass es sich bei Psychotherapie lediglich um letztgenannten handelt. Wie sollte eine dies überprüfende Untersuchung auch ethisch vertretbar und auch praktisch durchführbar aussehen? Oder ist für Degen Psychotherapie automatisch mit der Verabreichung von Substanzen verbunden? (Dann wäre es schon leichter.) Es ist dem Autor darin sicher zuzustimmen, dass im „Psychosumpf" jede Menge Unseriöses herumdümpelt, aber um dies zu vermeiden, hat Österreich mittlerweile ein strenges Psychotherapiegesetz, was jedoch in Deutschland nicht der Fall ist. 

Degen scheint sich ein solches jedoch auch nicht zu wünschen, wenn er Studien (was er sehr gerne tut) zitiert, die belegen, dass Laien gleiche Heileffekte erzielen, wie psychologisch und therapeutisch geschulte Fachkräfte. Aber es geht dem Autor nicht nur um Psychotherapie. Nein, die Massenmedien, denen in unserer heutigen Gesellschaft so viel Einfluss auf die Psyche des Menschen nachgesagt wird, haben diesen (laut Degen - er findet schon seine Studien) ebenfalls nicht. Konsum- wie Wahlwerbung verhallt da laut Degens Studienauswahl genauso wirkungslos wie der Versuch, den Menschen mit medial gepushten Themen zu beeinflussen. Prinzipiell gilt es aber überhaupt mit der Vorstellung der Möglichkeit der Beeinflussbarkeit der Psyche des Menschen aufzuräumen. 

Vom „Nürnberger Trichter" bis zu Mind-Machines reicht die Palette der Erfindungen, mit denen erfolglos versucht wurde und wird, die Intelligenz (=Psyche???) zu manipulieren. Die komplizierte Thematik der Psychosomatik wird auf 20 Seiten oberflächlich abgehandelt und als lapidar abgetan. Das schwere Leiden der Symtomatik der Persönlichkeitsspaltung, wie es beispielsweise die Schizophrenie darstellt, wird in die mit Lächerlichkeit belegte Ecke von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde" abgedrängt. Da darf dann natürlich auch Hypnose und Meditation - natürlich beides Unsinn - nicht fehlen. Und wenn jemand den Terminus „Irrlehre" synonym für „Mythos" verwendet, dann braucht es nicht weiter zu verwundern, wenn „Nahtod-Erfahrungen" zwangsläufig zum wiederum nur angerissenen Thema „Transzendenz" führen. Letztlich gibt es für Degen gar nichts: Die Gene sind es nicht; die Erziehung ist es nicht, denn das Unbewusste, in jenes man irrtümlich irgendetwas verdrängt haben könnte, gibt es ebenfalls nicht; auf den Zufall ist irgendwie auch kein Verlass - auf Binsenweisheiten aber ebenso wenig ... Zu guter letzt: Wissenschaftliche Studien sind gut. Einseitig ausgewählt und unreflektiert zitiert verebben sie jedoch, man könnte auch sagen versumpfen (im Psycho ...???) Und um es doch noch auszusprechen: Pointenreiche Polemik könnte ebenso als menschenverachtende Hybris bezeichnet werden.


 

Eine schnelle, plakative Abrechnung mit der Psychoszene
14. November 2000 
Rezensent: Reinhard Doerr  aus 41542 Dormagen 

Rolf Degen hat ein Buch hingelegt, das äußerst unterhaltsam wild zusammengestellte Dogmen aus der Psychobranche zerlegt. Natürlich ist das alles etwas willkürlich und effektorientiert montiert, will polarisieren und provozieren. Sucht man die Wahrheit in der Mitte, was sich in den meisten Fällen bewährt, bleibt trotzdem eine Menge an Irritation übrig. Vieles von dem, was Degen sagt macht mich als langjährigen Profi in dieser Branche doch nachdenklich. So habe ich manches einfach noch nicht betrachtet, wie z.B.

"Leute, die sich ständig so destruktiv und unangemessen verhalten, dass die anderen sie ablehnen oder ignorieren, haben ein niedriges Selbstwertgefühl, weil ihr soziales Messgerät die negative Haltung der Umwelt registriert. Wenn man versucht, diese Leute davon zu überzeugen, dass sie wertvolle und wunderbare Menschen sind, lenkt man sie nur von den eigenen Schwierigkeiten ab." (S. 217) 

Das finde ich einfach eine sehr inspirierende Perspektive. Kurz und gut, ein wunderbares Buch für den Abend im Hotel nach einem anstrengenden Seminar. 


 

Wissenschaftspolemik
30. Oktober 2000 
Rezensent: aus Zürich, Schweiz 

Herr Degen hat sehr fleissig zahlreiche Irrtümer zusammengetragen - leider eher seine eigenen als die der Psychotherapie. Anhand einer recht eigenartigen und wohl eher auf der eigenen Überzeugung als auf wissenschaftlichem Wissensstand basierenden Auswahl von Literaturzitaten und Forschungsergebnissen versucht der Autor einen Katalog an Mythen, Lügen und Irrtümern zu erstellen und zu beweisen. Dass er sich dabei einerseits einer Vermischung von schon lange zu den Akten gelegten und aktuellen Kontroversen innerhalb der Psychotherapieforschung sowie andererseits um eine höchst erstaunliche Vernachlässigung der wirklich relevanten Literatur bedient, mag an sich eher langweilen, da es schon genug schlechte Bücher gibt, um sich wirklich noch darüber aufzuregen. Man müsste sich auch deswegen um die Auswirkungen dieses Buches wenig Sorgen machen, wenn nicht ein solch ernstes Thema angesprochen wäre. Es ist anzuzweifeln, dass Herr Degen dies bei seiner lapidaren Zusammenstellung berücksichtigt hat. 


 

Pflichtlektüre mit Schwächen
24. Oktober 2000 
Rezensent: florian111 

Die Idee allein hätte sich jedenfalls 5 Sterne verdient. Degens Lexikon der populären Psycho-Irrtümer liest sich auch sehr gut. Es ist meines Erachtens das große Verdienst Degens, gewissermaßen für die "breite Masse" strittige Themen aus dem weiten feld der Psychologie nachvollziehbar und lebendig - wenn auch von wechselnder Qualität des Lesevergnügens - darzustellen. Positiv sind auch die zahlreichen Literaturverweise. Das große ABER erkannte ich erstmals in der Rezension weiter unten (1 Stern). 

Weitere Recherchen im Internet (man gebe "Rolf Degen" in www.fireball.de ein!) ließen in mir doch ernste Zweifel aufkommen, ob Degen nicht seinerseits dem einen oder andren Irrtum aufsitzt bzw. nicht unvoreingenommen recherchiert hat. Daher die Abwertung auf 3 Sterne, nicht zuletzt weil Degen - egal ob er inhaltlich Recht hat oder nicht - die Gegenseite praktisch nie zu Wort kommen läßt. Dennoch ein äußerst lesenswertes Buch, wenn man es mit der nötigen kritischen Distanz liest.


 

Den Psychos den Spiegel vorgehalten
14. September 2000 
Rezensent: aus Bergisch Gladbach, Deutschland 

Ich finde das Buch von Rolf Degen wunderbar. Es konfrontiert alle Psychos mit einer unglaublichen Fülle von Literatur, die das Therapieren in einem ganz anderen und für Viele in einem neuen Licht erscheinen läßt. Nun sind alle aufgefordert, sich wissenschaftlich und nicht emotional der Kritik Degens zu stellen. Es war Zeit, daß diese Debatte einen neuen Anstoß erhalten hat. 


 

Psycho-Irrtümer oder Degen-Irrtümer
11. September 2000 
Rezensent: Dr. Hans Ulrich Gresch  aus Nürnberg, Deutschland 

Rolf Degen möchte Psycho-Irrtümer korrigieren, verbreitet aber selber welche. Hier ein Beispiel: Degen behauptet, daß psychische Traumata nicht vergessen, nicht verdrängt, nicht dissoziiert werden könnten. Das "Recovered Memory Project" der Brown University in Providence (Rhode Island) dokumentiert auf seiner Web-Site 66 Fälle, die eindeutig das Gegenteil beweisen. Es handelt sich dabei um Gerichtsurteile bzw. um wissenschaftliche Untersuchungen, die in angesehenen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Das Recovered Memory Project wird von Professor Ross E. Cheit vom Taubman Center for Public Policy and American Institutions an der Brown University geleitet. 

Degen unterstellt, daß Psychotherapie nicht besser sei als eine Placebotherapie. Als Beweis dafür führt er Untersuchungen an, in der eine Scheinbehandlung durch Laien keine schlechteren Ergebnisse brachte als eine Therapie durch professionelle Helfer. Er ignoriert dabei die wichtige Studie von Seligman im Auftrag des Comsumer Reports (dem amerikanischen Gegenstück zur Stiftung Warentest). Hier zeigte sich, daß ausgebildete Therapeuten in der Regel Laienhelfern eindeutig überlegen sind. Derartige Beispiele ließen sich durch zahllose weitere ergänzen. Wer die "Mythen, Lügen und Irrtümer der Seelenkundler" entlarven will, sollte sorgfältiger recherchieren als Rolf Degen. 

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Ende der Leserrezension von Amazon


Ein Leserbrief an Utopie1

 

Freilich, der Titel "Lexikon der XY-Irrtümer" suggeriert schon irgendwie, daß Irrtum eindeutig, letztgültig, hieb- und stichfest durch Wahrheit ersetzt wird, also in bestimmten Fragen - nach dieser Aufklärung - GEWISSHEIT herrscht (Die Erde ist keine Scheibe, sondern...). ABER: ich gehe ja gar nicht mit dieser Erwartungshaltung heran. Vielmehr erwarte ich, das gängige, landläufige Experten- und Laienmeinungen angefochten werden - und zwar gut begründet. Ich erwarte also lediglich Gegen-Thesen. Und ich erhoffe mir was. Die Gegen-Thesen sollen mir gefallen, sollen meine (doch z.T. auf unsicheren Grund stehende) Meinung bestätigen, wissenschaftlich belegen. 

Der erweiterte Titel des Buches heißt: "Warum der Mensch sich nicht therapieren, erziehen und beeinflussen läßt" Scheinbar eine abenteuerliche These. Aber zumindest in der ersten Behauptung "nicht therapieren" finde ich ja meine persönliche Meinung wieder (meine Skepsis gegen diverse Therapien). Meine Überzeugung ist, daß Sexualstraftäter, Triebtäter (u.a. Kinderschänder) nicht therapierbar sind, zumindest nicht so, daß ich sie wieder nach Verbüßung der Haftstrafe ohne Bedenken auf die Menschheit loslassen kann, d.h. Wiederholungsstraftaten (in gleicher oder ähnlicher Form) ausgeschlossen sind. 

Daraus würden sich u.a. Konsequenzen mit dem Umgang dieser Straftäter ergeben. Und siehe da: der Autor geht darauf ein, will folgendes widerlegen: "Es ist möglich, Sexualstraftäter und andere Gewaltverbrecher mit Psychotherapie zu kurieren". Der Autor schlägt also in die gleiche Kerbe wie ich, was ich mit Freude zur Kenntnis nehme.

Aber es stehen auch Dinge im Buch, die ich für falsch halte, zumindest anfechtbar, also wieder widerlegbar (<Irrtümer bei den Irrtümern>; es wird also nur ein spezieller Standpunkt zu einer umstrittenen These/Behauptung dargelegt) Oder Dinge, wo ich mich wohl korrigieren muß, also meine Meinung ändern. Ich verwerfe aber nicht gleich das ganze Buch (oder gar alle "Irrtum-Bücher"), nur weil ich eventuell glaube, dem Autor punktuell Irrtümer, falsche Aussagen nachweisen zu können. 

Mittlerweile habe ich ca. die Hälfte des Buches gelesen und meine Einschätzung fällt positiv aus. Schon jetzt kann ich sagen, dieses Buch war kein Fehlkauf. Wenn ich es nicht schon getan hätte, würde ich spätestens jetzt Dich auf das Buch hinweisen wollen. In einigen Teilen scheint das Buch extra für Dich geschrieben worden zu sein. Glaube mir, das Buch wird Dich nicht langweilen, Du wirst nicht nur "verarscht". Du bist ja, was Psycho-Kritik-Bücher betrifft nicht völlig unbeleckt, hast ja Masson und andere gelesen, hast auch Selbst-Erfahrung - im Grunde müßte Dich das Buch brennend interessieren. 

Einige Quellenangaben werden sicher zu wertvollen Literaturhinweisen(?) 
Hemminger, Hansjörg: Kindheit als Schicksal? (rowohlt 1982)
Nuber, Ursula: "Der Mythos vom frühen Trauma" (beltz 1990) 
Zimmer, Dieter: "Tiefenschwindel" (rowohlt 1990)

b.k. aus zwickau

 


 

© PSYCHOTHERAPIE 04.09.2000 
"Lexikon der Psycho-Irrtümer": Psychoanalyse und Tiefenpsychologie in öffentlicher Kritik 

Wider die Psychoanalytiker, Quacksalber und Gesundbeter 
Generalangriff auf Unwissenschaftlichkeit eines großen Teils der Psycho-Szene 

 

Psychotherapie - insbesondere die Psychoanalyse - ist nach Ansicht des Wissenschaftsjournalisten Rolf Degen eine moralisch verkommene Veranstaltung von sündhaft teuren, inkompetenten Gesundbetern, die den Patienten Allwissenheit über die menschliche Psyche vorgaukeln, in Wahrheit aber nur längst widerlegten Mythen aufsitzen.

Harsche Worte wählt Degen in seinem jüngsten Werk "Lexikon der Psycho-Irrtümer", um die seines Erachtens durchgehende Wirkungslosigkeit der psychotherapeutischen Schulen zu geißeln. Ihr Einfluss sei vielfach nicht größer als ein Placebo oder ein vertrauensvolles - und kostenloses - Gespräch mit einem Freund.

Mit einem Frontalangriff auf den "Irrgarten" von nunmehr 600 konkurrierenden Therapierichtungen will der Bonner Wissenschaftsjournalist die Psycho-Zunft zwingen, den Schritt von der "reinen Quacksalberei" zu einer ernsthaften Wissenschaft und echten Heilungsalternative zu machen. Sein Buch, eine fulminante Abrechnung mit Grundannahmen von Psychotherapie, insbesondere Psychoanalyse, Psychosomatik und Esoterik, erscheint diesen Montag im Eichborn-Verlag (Frankfurt/Main).

Der holländische Wissenschaftshistoriker Han Israels hatte im vergangenen Jahr mit "Der Fall Freud" eine neue Runde im "Freud-Bashing", dem Freud-Ohrfeigen, eingeleitet. Israels wies dem Altmeister der Psychoanalyse fahrlässigen Umgang mit den Tatsachen und bewusste Falschangaben nach. Der 47-jährige Degen schlägt in die gleiche Kerbe, wenn er sämtliche Grundannahmen der Psychoanalyse, von der psychosexuellen Entwicklung bis zum Unbewussten, als unhaltbar bezeichnet. Freud habe mehr Schaden angerichtet als Marx. Und doch, darin liegt nach Degen der Skandal, ziehen Psychoanalytiker nach wie vor den Krankenkassen Geld für Langzeittherapien aus der Nase.

Gängige Vorstellungsmuster der Psycho-Szene und vieler Laien sind nach Ansicht des Autors: der böse Einfluss gewaltgeiler Medien, die verheerenden Folgen verwöhnender Erziehung, die Verdrängung unangenehmer Erlebnisse ins Unbewusste, eine verkorkste Psyche als Ursache körperlicher Krankheiten und die Unterbeschäftigung des Gehirns zu nur zehn Prozent. Nach Degen, der dazu ausführlich neuere Literatur zitiert, sind alle diese Annahmen unbeweisbar oder widerlegt. Die Irrlehren stammten aus der Frühzeit der Industrialisierung und würden von ärztlichen Psychotherapeuten, Psychologen und Geistheilern, die sich hermetisch gegen jeden wissenschaftlichen Fortschritt abkapseln, seit Generationen nachgeplappert.

Eine Menge beredter Beispiele für die Skrupellosigkeit verblendeter Psychologen und Psychotherapeuten lieferte das Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes zum 01.01.1999. Das Bemühen des Gesetzgebers, den Wildwuchs im Psychomarkt einzudämmen, wurde von Psychotherapeutenverbänden teilweise heftig bekämpft. Besonders hervor tat sich der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), nachdem sein Versuch gescheitert war, die hohen Qualitäts-Standards im Psychotherapeutengesetz (PsychThG) zu verhindern. Dessen Kürzel BDP übersetzte die Ärzte-Zeitung schon mal mit "Büchse der Pandora".

"Es war ein ungeheuerliches Täuschungsmanöver, das der Berufsverband der Deutschen Psychologen vor Jahr und Tag eingeleitet hat, um viele seiner Mitglieder in Amt und Brot zu bringen", schrieb die "Ärzte-Zeitung" (Nr. 63, Seite 3) am 05.04.2000: "Und alle Beteiligten im Gesundheitswesen sind darauf hereingefallen."

Der angesehene Frankfurter Psychologie-Journalist Jochen Paulus, selbst Verfasser eines Buches über Verhaltenstherapie, berichtete in der Wochenzeitung "DIE ZEIT" (Nr. 8, Seite 27) am 12.02.1998: "Mehr als zwanzig Jahre lang hofften deutsche Psychologen auf ein Gesetz, um endlich ihrem Beruf unabhängig von Medizinern nachgehen zu können. Nun ist das Psychotherapeutengesetz endlich beschlossen - und schon drohen ganze Verbände und Organisationen, es zu mißachten. Denn es verlangt künftig Qualifikationen in einer wissenschaftlich anerkannten Therapie."

"Bisher durften die Seelenheiler in psychiatrischen und anderen Kliniken praktizieren, wie es ihnen und dem Chefarzt paßte", stellte Paulus in der "ZEIT" fest. "Doch nun haben jene Therapeuten ein Problem, die ihre Ausbildung in obskuren Ecken des florierenden Psychobasars absolviert und sich über die oft ernüchternden Ergebnisse der Therapieforschung erhaben gefühlt hatten. Den vermeintlichen Ausweg aus der Klemme glaubt der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) gemeinsam mit anderen Fachorganisationen gefunden zu haben: Die Kollegen müßten ihre Behandlungen eben 'umbenennen'. Die Verbände riefen sogar schriftlich zur 'Guerillatherapie' auf."

"Dieser Betrug, wird nicht dadurch besser", fuhr Psycho-Kenner Paulus in der "ZEIT" fort, "daß manche Kassenpsychologen ihn bereits praktizieren. Sie sind nämlich längst auf anerkannte Verfahren festgelegt und halten sich nicht daran, wie Hans-Ulrich Wittchen vom Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie festgestellt hat."

Auch Degen ist anerkannter Psychologie-Journalist. Er veröffentlicht in den besten deutschen Zeitungen und erhielt dafür den "Preis für Wissenschaftspublizistik" der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Er leistet, was die meisten Psychologen bisher versäumten: sich mit den biologischen Begrenzungen des Menschen zu befassen und daraus die Konsequenzen zu ziehen für geisteswissenschaftlich gewonnene psychologische Aussagen.

Degens notwendiges und verdienstvolles Buch hat dennoch Schwächen. Wo Israels forscht, trumpft Degen mit Behauptungen auf, die nicht weniger einseitig und unhaltbar sind als jene, die er angreift. Kann wirklich keine einzige psychotherapeutische Schule Heilwirkungen vorweisen? Selbst Presse, Fernsehen und Hörfunk berichten, was wissenschaftlich gesichert ist: Moderne kognitive Psychotherapie und Verhaltenstherapie in den Händen professioneller Psychotherapeuten vermag Menschen mit Ängsten, Zwängen, Depressionen, Sexualproblemen und vielen anderen Störungen innerhalb von oft weniger als 15 Stunden zu einer dauerhaften Störungs- und Problembewältigung führen.

Degen hätte dem edlen Ziel, mit den unwissenschaftlichen Praktiken in der Psycho-Szene aufzuräumen, sehr viel mehr gedient, wenn er auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstandes die Psychotherapie differenzierter betrachtet hätte. Die wachsenden Anforderungen der gesellschaftlichen und technischen Entwicklung lassen immer mehr Menschen an ihre Grenzen gelangen und - psychisch überfordert - versagen. Psychotherapie werde deshalb heute mehr benötigt als je zuvor, erläutert Psychotherapeut Dietmar G. Luchmann in der ABARIS Akademie für Psychotherapie, aber "als effiziente, strikt problemorientierte und mitunter präventive Dienstleistung, die eine rasche und dauerhafte Lösung bei Lebens- und Beziehungskrisen sowie eine überzeugende Hilfestellung beim besseren Verständnis der eigenen Persönlichkeit bietet". Für eine aufgeklärte Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit. "Die Schule lehrt uns Physik, Biologie, Chemie und dergleichen", sagt Luchmann, "wo aber wird professionell vermittelt, wie Menschen den besten Gebrauch von ihrem Gehirn machen können?"

Die Krux mit Psychologie und Psychotherapie liegt in der Ungenauigkeit des Gegenstandes "Seele"; Studie steht gegen Studie. Der vom Eichborn-Verlag zum "Gegenpapst der Psychoszene" hochgejubelte Degen zitiert beispielsweise die Metaanalyse des amerikanischen Psychologen Joseph Durlak, wonach Laien gleiche oder bessere Heilergebnisse erzielen als professionelle Helfer. Die von Martin Seligman, dem Präsidenten der American Psychological Association (der Amerikanischen Psychologenvereinigung APA), ausgewertete Patientenbefragung eines Verbrauchermagazins kennt Degen hingegen nicht. Dort wurden die Professionellen als besser beurteilt im Vergleich zu Freunden und Priestern. Auch eine eingehende Untersuchung in Bezug auf Kritiken an den Meta-Analysen zur Wirksamkeit in der Psychotherapie, die im Juli 2000 im "Psychological Bulletin" der APA veröffentlicht wurde, stellt zusammenfassend fest: wissenschaftlich fundierte "psychological therapies are robustly effective" (Band 126, Seite 522).

Was Degen als widerlegt ansieht, muss vielleicht nur bis auf weiteres in der Schwebe bleiben. Er selbst räumt ein, dass die Debatte um die Wirkung von Psychotherapie keineswegs abgeschlossen ist. Eine berechtigte und fundierte Kritik kann der Psychoszene nur nützen, eine reine Gegnerschaft - auf die das Buch zusteuert - wäre genau so orthodox wie die Selbstimmunisierung der Psycho-Szene gegen ernsthafte Kritik. Hier hilft nur Aufklärung - wieder und wieder.

Jochen Paulus schloss seinen "ZEIT"-Bericht über die Aufforderung des BDP zum Rechtsbruch mit dem Hinweis: "Die Verlautbarungen der Verbände verraten, daß sie vor allem die Interessen ihrer Mitglieder bedienen.... Schon machen sie sich für Außenseiterverfahren wie Kunsttherapie stark, obwohl Beweise fehlen, daß diese Kunst auch den Patienten nützt. Die Psychologen haben es geschafft, den Ärzten gleichgestellt zu werden, bravo! Doch wenn sie Patienten nicht gemäß bestem Wissen, sondern nach eigenem Gusto behandeln, dann sollte man sie verklagen. Wegen Kunstfehlern. Gleiches Recht für alle."

 

Mit seinem Angriff auf den "Irrgarten" von nunmehr 600 konkurrierenden Therapierichtungen enthüllt der von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie mit dem "Preis für Wissenschaftspublizistik" ausgezeichnete Journalist die "reine Quacksalberei" großer Teile der Psycho-Zunft. Provokant trägt das Buch damit zur Entwicklung wissenschaftlicher Psychotherapie als echte Heilungsalternative bei - durch fulminante Abrechnung mit falschen Grundannahmen von Psychoanalyse, Psychosomatik und Esoterik. Hier bestellen

 

Die notwendige Reinigung des Psycho-Marktes von überlebten Psychoanalytikern, wissenschaftsfeindlichen Quacksalbern und gefährlichen Gesundbetern wird man von den interessengeleiteten Psychotherapeutenverbänden schwerlich erwarten dürfen. Auch in den in Gründung befindlichen und noch zu gründenden Psychotherapeutenkammern wird die Lobby der Psychoanalytiker eine Selbstreinigung zuverlässig zu verhindern wissen. Die Befreiung der Psychotherapie von unwissenschaftlichen und körperverletzenden Glaubenslehren kann nur eine aufgeklärte Öffentlichkeit bewirken.

Hierzu ist Rolf Degens "Lexikon der Psycho-Irrtümer" trotz aller Überzeichnungen und Pauschalierungen ein nützlicher und überdies unterhaltsamer Beitrag.

 

 

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