Kapitel-4    Start    Weiter 

Wieviel kann die Erde tragen?  

 

 

257-265

Auf keinem Felde der Diskussion tummeln sich die »Abwiegler« froheren Mutes als auf diesem. Ihre Zuversicht hinsichtlich der Fassungskraft unseres Planeten scheint grenzenlos. 

Daß heute schon 600 Millionen Menschen an bleibenden Mangelschäden durch Unterernährung leiden und vierzig Millionen in jedem einzelnen Jahr am Hunger und seinen Folgen sterben — zum Vergleich: Der Zweite Weltkrieg forderte in sechs Jahren 55 Millionen Tote —, ist für sie ausschließlich eine vermeidbare Konsequenz der ungerechten Welt­wirt­schaftsordnung und damit letztlich ein Verteilungs­problem. 

Aber auch die in den kommenden hundert Jahren bevorstehende, auf keine Weise mehr abwendbare Verdopp­elung oder gar Verdreifachung der heutigen Weltbevölkerung vermag sie nicht zu schrecken.  

<Grüne Revolution>, das heißt: Die wissen­schaftliche Züchtung ertragreicherer und anspruchs­loserer Getreidesorten, ganz allgemein eine weitere Intensivierung der Landwirtschaft und die Vergrößerung der Anbauflächen würden, so versichern sie uns, die ausreichende Ernährung auch einer auf 15 oder mehr Milliarden Mitglieder angewachsenen Weltbevölkerung gewährleisten.

Auf wie festem Boden steht solche Zuversicht? Was ist von den Gründen zu halten, die ihre Vertreter ins Feld führen? Versuchen wir, uns darüber ein Urteil zu verschaffen, indem wir die wichtigsten Argumente genauer unter die Lupe nehmen.

Die Zahl der Hungertoten, die unsere gegenwärtige Gesellschaft tagtäglich »produziert« — man kann es nicht anders als in dieser Härte formulieren —, ist in der Tat ein monströser Skandal. Die Schuld, die wir dadurch auf uns laden, daß wir die sich außerhalb unserer Sattheitsinsel abspielende Katastrophe verdrängen und tatenlos geschehen lassen, dürfte vielleicht den wenigsten Zeitgenossen bisher in vollem Umfange bewußt geworden sein. 

Das aber kann ihnen sowenig als Entschuldigung dienen wie uns allen etwa unser Schweigen angesichts der Verfolgung unserer jüdischen Mitbürger in der Zeit der Naziherrschaft. 

Das Ausmaß der Verdrängung zwingt dazu, mit einigen Stichworten den Zusammenhang abermals ins Bewußtsein zu rufen:

Ungerecht ist die Wirtschaftsordnung in weiten Teilen der Welt auch in der Form, daß eine kleine, westlich orientierte (und nicht selten im Westen auch ausgebildete) Oberschicht die Ressourcen des eigenen Landes für sich monopolisiert. Bei einer Unter­suchung, welche die Weltbank 1975 in 83 Entwicklungs­ländern durchführte, kam heraus, daß drei Prozent der Grund­besitzer dort über fast achtzig Prozent der landwirt­schaftlichen Anbauflächen verfügen. 

In Brasilien zum Beispiel muß sich, umgekehrt, die Hälfte aller Bauern mit nur drei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche begnügen. Die Mehrzahl der Bauern in den untersuchten Ländern ist dementsprechend auf »marginale«, für den Lebensunterhalt kaum ausreichende Böden abgedrängt oder als Tagelöhner entwurzelt. Der Anteil der Landbevölkerung, die ihr Leben als landlose Kleinpächter, als Tagelöhner oder Wanderarbeiter fristen müssen, beträgt in einigen der untersuchten Länder bis zu neunzig Prozent. 

258


Wir tragen für diese mit dem Wort <ungerecht> noch allzu milde bezeichneten Zustände eine konkrete Mitverantwortung deshalb, weil wir es mehrheitlich schweigend hinnehmen, wenn nicht gar billigen, daß jeder regionale Protest oder Aufstand gegen diese Zustände als <kommunistischer Umsturzversuch> verleumdet und mit Waffengewalt unterdrückt wird.

Noch unmittelbarer offenbart sich der Skandal in den nicht seltenen Fällen, in denen wir uns ungeniert direkt von hungernden Populationen ernähren.110 Im Senegal ist die Produktion von Trockengemüse und Hirse in den letzten Jahren weit unter die Hälfte des Inlandbedarfs gefallen — zugunsten des Anbaus von Erdnüssen für den Export in die Industrieländer. In der Karibik — in der nach offizieller Schätzung achtzig Prozent aller Kinder unterernährt sind — dient die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche dem Anbau von nur vier Exportprodukten. In Mexiko wird inzwischen mehr Getreide an zum Export bestimmtes Mastvieh verfüttert, als die dortige Landbevölkerung konsumiert.

Ein anderes Beispiel, das ganz unmittelbar uns selbst betrifft: 1976 lieferte die EG 5000 Tonnen Milchpulver als Teil ihrer Entwicklungshilfe an die Philippinen. Recht ordentlich, könnte man meinen. Aber bevor wir uns der Befriedigung über unsere Hilfsbereitschaft hingeben, sollten wir zur Kenntnis nehmen, daß allein die Bundesrepublik im selben Jahr aus den Philippinen 330.000 Tonnen Ölkuchen und Getreideschrot importierte, eine Menge, deren Nahrungswert umgerechnet etwa 65.000 Tonnen Milchpulver entspricht.

Kein Zweifel, die Hekatomben von Hungerleichen in den Entwicklungsländern — allein 40.000 verhungerte Kinder jeden Tag! — ließen sich drastisch reduzieren, wenn diese Ungeheuerlichkeiten abgestellt würden. Die Frage ist, ob die von der Oberfläche unseres Planeten produzierte Nahrung dann ausreichen würde, um wirklich alle hungrigen Münder zu stopfen. Jene, die sich weigern, eine von der Zahl der Erdbevölkerung ausgehende Gefahr anzuerkennen, bejahen die Frage ohne Zögern. 

259


Pessimisten jedoch stellen die besorgte Gegenfrage, ob die Biosphäre die Belastung wohl noch ertragen würde, die wir ihr zusätzlich aufbürden müßten, wenn es uns gelänge — was ja unsere moralische Pflicht wäre —, auch jenem Viertel der Menschheit zu einem menschenwürdigen Leben zu verhelfen, das heute am Rande des Existenzminimums dahinvegetiert.

Wir können diese Fragen aber getrost auf sich beruhen lassen. Ihre Beantwortung spielt bereits keine Rolle mehr. Die Entwicklung hat sie überholt und das Problem weiter zugespitzt. 

Selbst wenn wir sicher sein könnten, daß sich die heutige Menschheit mit den vorhandenen Mitteln ausreichend würde versorgen lassen (was rein rechnerisch, »auf dem Papier«, möglich ist, wobei man die Praxis aus mancherlei Gründen allerdings mit mehreren Fragezeichen zu versehen hätte), auch dann wären wir nicht aller Sorgen ledig.

Denn die Frage lautet eben schon nicht mehr, wie sich 4,1 Milliarden Menschen ausreichend ernähren und mit allen sonstigen Subsistenzmitteln für eine menschen­würdige Existenz (Wohnraum, Kleidung, Arbeits­möglichkeiten) ausstatten ließen. Sie lautet inzwischen vielmehr, ob es dafür auch noch bei 6,1 Milliarden Menschen im Jahre 2000 — in nur 15 Jahren also — eine Chance gibt. 

Ob die beruhigende Versicherung der Optimisten auch noch für den Fall der Existenz von elf Milliarden Erdbewohnern gilt, der Mindestzahl, mit der wir in absehbarer Zeit, innerhalb der nächsten zwei bis drei Generationen, unwiderruflich konfrontiert sein werden.

Werden wir unser eigenes Wachstum bis zu diesen Größenordnungen heil hinter uns bringen, unter welchen Mühen und Belastungen auch immer, oder haben wir auf dem Wege dorthin eine Katastrophe zu gewärtigen? So ist die Frage heute realistisch zu formulieren. 

Und was die Antwort betrifft, so haben wir auch nicht mehr die Wahl zwischen pessimistischen und optimistischen Prognosen, für die sich vergleichbar plausible Argumente pro und contra ins Feld führen ließen (was eine Mehrheit selbst derer, die das Problem überhaupt einer Diskussion für Wert erachten, noch immer nicht wahrhaben will). 

Denn wenn man sich die Argumente der Experten unvoreingenommen und von Wunsch­vorstellungen unbeein­flußt ansieht, ist die Antwort ebenso eindeutig wie furchtbar: 

»Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß wir weltweit vor einer Bevölkerungslawine stehen, deren apokalyptische Ausmaße und Auswirkungen, global gesehen, unvorstellbar sind.«111

260


Hans Jochen Diesfeld, von dem diese Aussage stammt, ist weder ein »ökologischer Traumtänzer« noch ein auf die Untergrabung der Zukunfts­hoffnungen unserer Gesellschaft erpichter »linker Chaot«. Er ist Direktor des Instituts für Tropenhygiene und öffentliches Gesundheits­wesen des Südasien-Instituts der Universität Heidelberg. 

DNB Diesfeld *1932

Welche Fakten liegen seiner niederschmetternden Prognose zugrunde? 

Wenn die Katastrophe aufgehalten werden soll, müßte die Welt-Nahrungs­produktion bis zum Jahre 2040 mindestens verdoppelt werden. Dieser Notwendigkeit steht als erstes die Tatsache im Wege, daß sich die Anbauflächen in Zukunft nicht mehr, wie so mancher in naiver Zuversicht voraussetzt, wesentlich ausdehnen lassen. Die landwirtschaftlich geeigneten Teile der Erdoberfläche sind längst weitgehend genutzt. Bis zum Jahre 2000 muß ganz im Gegenteil global sogar mit einem Verlust von rund 200 Millionen Hektar Kulturfläche gerechnet werden (s. Anm. 107/1, S. 129): Die Folgen von Wüstenbildung (vor allem durch Überweidung und Rodung), Versalzung (durch aus Not geborene Überdüngung) und Siedlungs­tätigkeit summieren sich zu dieser Zahl.

Das alles sind, notabene, schon heute zu verzeichnende unmittelbare oder mittelbare Folgen des rapiden Bevölk­erungs­wachstums. Hinzu kommen die ausgedehnten Waldzerstörungen. Sie sind nicht nur die Folge der grassierenden Brand­rodungs­landwirtschaft und einer ins Gigantische gesteigerten Wanderweidewirtschaft (s. Anm. 107/2, S. 286), sondern auch des zunehmenden Energiebedarfs einer Bevölkerung, die sich den für uns selbstverständlichen Luxus der Verwendung von Heizöl oder anderen fossilen Energieträgern nicht leisten kann. 

Vierzig Prozent der Weltbevölkerung sind auf Holz oder tierischen Dung als Energiequelle angewiesen. Die FAO (Food and Agriculture Organization) sagt schon für 1990 ein Brennholzdefizit von 650 Millionen Kubikmetern jährlich voraus. (Zur Kompensation der laufenden Entnahmen müßten zum Beispiel allein im Bereich der afrikanischen Sahel jährlich 150.000 Hektar neu aufgeforstet werden — tatsächlich sind es nur 3000 Hektar.)

261


Wie also stehen die Aussichten für eine Verdoppelung der Nahrungsproduktion bis zum Jahre 2040? 

Da diese sich auf dem Wege einer Vergrößerung der Anbauflächen offensichtlich nicht erreichen läßt, bleibt als einzige Alternative die weitere Intensivierung der Anbaumethoden, Stichwort »Grüne Revolution«. Der Einsatz neu gezüchteter Hochertragssorten, noch stärkere Düngung als bisher, eine Steigerung der Bewässerung und ähnliche Maßnahmen sollen die Lösung bringen. Unbestreitbar haben sich mit diesen agrartechnischen Gewaltmethoden den geplagten Böden regional tatsächlich höhere Ernten abringen lassen. Desungeachtet sind die Meinungen der Experten auch in dieser Hinsicht alles andere als ermutigend.

Klimaänderungen und Grundwassermangel, mit denen infolge der Waldzerstörungen in vielen Entwicklungs­ländern zu rechnen ist, werden die Bemühungen um eine großräumig spürbare Ertragssteigerung vielerorts zunichte machen. Die notwendigen Bewässerungs­maßnahmen erscheinen angesichts des erforderlichen Kapital­aufwandes unrealistisch. Das gleiche gilt für den Düngemitteleinsatz. Die angepeilte Verdoppelung der Erträge würde eine Steigerung des Kunstdüngereinsatzes um 180 Prozent erfordern. (107/1, S. 114) Diese Vorbedingung aber ist nicht nur aus Kostengründen schwer erfüllbar. Dem Boden läßt sich Nahrung mit noch so viel Gewalt nicht in beliebigen Mengen abpressen.

Ein Kunstdüngereinsatz der hier theoretisch hochgerechneten Größenordnung würde den Boden mit hoher Wahrscheinlichkeit endgültig umbringen. Übrig bliebe tote Erde, ohne den Mikrokosmos der Myriaden von Kleinorganismen, die sie bis dahin zur Hervorbringung pflanzlichen Lebens befähigten. Toter Sand oder Lehm, seines Salzgehalts wegen eine Gefahr für das Grundwasser. Vor Wind und Wetter ungeschützt und damit der Erosion ausgeliefert. Ein weiterer Ausgangspunkt zur Entstehung einer neuen Wüste. Beispiele gibt es schon heute genug.

262


In Wirklichkeit wird man sich in Zukunft immer häufiger gezwungen sehen, nutzbaren Ackerboden vorübergehend brachliegen zu lassen, um ihm die Möglichkeit zur Erholung zu geben — ein Rezept aus dem Erfahrungsrepertoire jener »sanften« Landwirtschaft, wie sie noch vor hundert Jahren selbstverständlich war. In den Köpfen derer, die sich von einer »Grünen Revolution« die Lösung aller Probleme versprechen, geistern noch immer die von unserer wissenschaftlich perfektionierten Agrartechnik erwirtschafteten Rekorderträge als — grundsätzlich womöglich noch überbietbare — Zielvorstellung herum. 

Wer davon träumt, sollte schleunigst aufwachen. 

Es läßt sich nicht länger verheimlichen, daß die Landwirtschaft der entwickelten Industrieländer das Optimum der möglichen Intensivierung längst überschritten hat. Es genügen zwei Feststellungen, diese Behauptung zu belegen. 

Es spricht für sich, daß die — in Umweltfragen über jeden Verdacht eines übereilten Aktionismus erhabene — deutsche Bundesregierung sich veranlaßt sah, Anfang Februar 1985 ein amtliches <Bodenschutz-Konzept> vorzulegen. Hintergrund der Initiative war die nicht länger zu verdrängende Einsicht, daß eine Beibehaltung der bisherigen Methoden der Ertrags­steigerung den fruchtbaren Boden unseres Landes ruinieren müßte.

Daß der Grad der Intensivierung unserer Landwirtschaft aus Sinn Unsinn zu machen beginnt, zeigt sich auch noch an einem anderen Symptom. Für die meisten Zeitgenossen dürfte die von unseren Feldern gelieferte Nahrung wahrscheinlich wie von alters her noch immer den Inbegriff einer »natürlichen Energiequelle« darstellen. Auch diese Vorstellung aber ist in der Realität längst überholt. Die Bilanz ist seit Jahrzehnten negativ und verschlechtert sich mit jedem neuen »Ertragsrekord«.

Die Erzeugung einer »Nahrungskalorie« erfordert heute schon — in Gestalt von Maschinen, Kunst­dünger­produktion und so weiter — den Aufwand von zwei (nach manchen Schätzungen sogar drei bis vier) »Energie­kalorien«. Daß eine landwirtschaftliche Technik, deren Erträge auf einer negativen Energiebilanz dieser Größen­ordnung beruhen, nicht als »Modell« zur Lösung des Welternährungs­problems taugt, bedarf keines weiteren Beweises.

263


Das alles ist kaum noch zu verstehen:

Jedem Bauern ist es doch selbstverständlich, daß er auf einer Weide bestimmter Größe nur eine begrenzte Zahl von Rindern erfolgreich aufziehen kann. Selbst wenn er zufüttert, ist die Grenze der Tragfähigkeit spätestens dann erreicht, wenn die Menge des »Abfalls« — der Ausscheidungen —, in dem die zusammengepferchten Tiere herumzulaufen gezwungen sind, Krankheiten ausbrechen läßt. Jedem Aquarienfreund ist mit Leichtigkeit verständlich zu machen, daß und warum das »biologische System«, das er in seinem Becken eingeschlossen hütet, zusammenbrechen müßte, wenn er jemals auf den Gedanken verfiele, es mit einer zu großen Zahl von Vertretern einer einzigen Spezies zu besetzen. 

Nur den Gedanken, daß dieselben biologischen Lebensgesetze auch für den Menschen auf einer begrenzten Planetenoberfläche gelten könnten, den will niemand wahrhaben.

Daher noch einmal: 

Alle in diesem Zusammenhang heute verfügbaren Daten stützen den dringenden Verdacht, daß die Erde heute schon übervölkert ist. (Was die Diskussion um die Ernährbarkeit einer dreifach größeren Menschenzahl zur fahrlässigen Spiegel­fechterei werden läßt.) Schon die bis zum Jahre 2000 aus dem bis dahin zu erwartenden Bevölkerungswachstum entstehenden Probleme würden sich nur dann vielleicht gerade noch bewältigen lassen, wenn sich die Industrienationen rechtzeitig, und das heißt jetzt, dazu aufrafften, das bestehende Weltwirtschaftssystem den Notwendigkeiten jener drei Viertel der Weltbevölkerung anzupassen, die in den sogenannten Entwicklungsländern leben.

Seit Jahren sinkt die Ackernutzfläche pro Kopf in allen Entwicklungsländern. (107/1, S. 74) Die Vermehrung der Kopfzahl läuft allen Anstrengungen davon. 1965 standen jedem Erdbewohner statistisch noch 0,45 Hektar landwirtschaftlicher Fläche für seine Versorgung zur Verfügung. In diesem Jahr sind es nur noch 0,32 Hektar. Bis zum Jahre 2000 wird das Areal auf 0,25 Hektar geschrumpft sein. (107/1, S. 112) Der Gipfel der Pro-Kopf-Produktion an Fleisch, Fisch und Holz wurde, rückblickend betrachtet, überschritten, noch bevor die Weltbevölkerung die Vier-Milliarden-Grenze erreichte.112 Warum wohl? 

Selbst dann, wenn es uns bereits bis zum Jahre 2000 gelänge, die Nahrungsproduktion auf der Erde zu verdoppeln — muß noch erklärt werden, warum die Annahme illusorisch ist? —, würde die Zahl der Hungernden (die mit weniger als zwei Drittel des biologischen Eiweißbedarfs auszukommen hätten) sich bis dahin von heute rund 400 auf 740 Millionen fast verdoppeln. (107/1, S. 116)

Für unverantwortliche »Traumtänzerei« halte ich es, wenn Politiker, die Vertreter mancher Kirchen und allzuviele der sich zu den gebildeten Mitbürgern rechnenden Zeitgenossen unbeirrt verkünden, die Erde werde auch ein Vielfaches der heutigen Menschen­zahl tragen können, während es weit und breit niemanden gibt, der überzeugend erklären könnte, wie wir eigentlich mit den eben angedeuteten Problemen fertig werden sollen, die wir schon in den nächsten 15 Jahren zu lösen haben werden.

Demnach wäre die Katastrophe also unabwendbar? 

Im Gegenteil! Die Lösung liegt offen auf der Hand: Wenn sich die Oberfläche der Erde und mit ihr die Ausdehnung der notwendigen Anbauflächen nicht vergrößern läßt, dann bleibt immer noch der umgekehrte Weg: die Zahl der hungrigen Münder zu reduzieren. Auch auf diese Weise läßt sich das bedrohlich gewordene Mißverhältnis zwischen Hunger und Brot aus der Welt schaffen. Ja, auf diese Weise wird es sogar mit absoluter Gewißheit aus der Welt geschafft werden. 

Denn die katastrophenträchtige Überzahl der Menschen wird in jedem Falle mit naturgesetzlicher Notwendigkeit auf das für die Erde erträgliche Maß absinken. Wenn wir nicht mit humanen Mitteln beizeiten dafür sorgen, dann werden globale Hungerkatastrophen das Mißverhältnis auf ihre Art korrigieren.

264-265

 

 

www.detopia.de      ^^^^