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Anmerkungen

 

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1)  Der Verfasser stützt seine Aussagen auf eine dreißigjährige kulturenvergleichende Forschertätigkeit, der eine zwanzigjährige tierethologische Forscherpraxis voranging. Die Ergebnisse dieser Forschungen fanden ihren Niederschlag in zwei Werken: Grundriß der vergleichenden Verhaltensforschung. München (Piper) 1967, 7-1987 und Biologie des menschlichen Verhaltens - Grundriß der Humanethologie. München (Piper) 1984, 4-1997. 

Zu Zeitproblemen äußerte ich mich in den Schriften: Der Mensch - das riskierte Wesen. München (Piper) 1988, 31997 und Wider die Mißtrauensgesellschaft. München (Piper) 1994,31997. In allen diesen Werken wies ich auf uns angeborene Verhaltensdispositionen hin, betonte aber, daß wir als »Kulturwesen von Natur« darauf angewiesen und dazu fähig sind, selbst die elementarsten unserer Antriebe zu zügeln. Um das deutlich zu machen, setzte ich den Kapiteln meiner Humanethologie Mottos voran, die das klarmachen. Zur Evolution von Fürsorglichkeit und Liebe vgl. I. Eibl-Eibesfeldt: Liebe und Haß. München (Piper) 1970,12-1998.

 

2)  Die Forschungsarbeiten erfolgten im Rahmen des Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungs­gemeinschaft: »Interdisziplinäre Erforschung von Mensch, Kultur und Umwelt im zentralen Hochland von West Irian (Neuguinea)«. Die Anregung dazu ging vom Berliner Museum für Völkerkunde aus. Initiatoren waren Gerd Koch und Klaus Helfrich. Über die Ergebnisse des Forschungsprogramms erschien im Dietrich Reimer Verlag, Berlin, die von K. Helfrich, V. Jacobshagen, G. Koch, K. Krieger, W. Schiefenhövel und W Schultz herausgegebene Schriftenreihe Mensch, Kultur und Umwelt (bisher 22 Publikationen). 


In ihr erschien auch 1989 der ethologisch relevante Beitrag Kommunikation bei den Eipo von I. Eibl-Eibes-feldt, W. Schiefenhövel und V. Heeschen. Im Rahmen der En-cyclopaedia cinematographica (Institut für den Wissenschaftlichen Film, Göttingen) wurden ferner eine Reihe von Filmeinheiten veröffentlicht. Sie sind in der in Anm. 1 zitierten Biologie des menschlichen Verhaltens aufgelistet. Ein Übersichtsfilm wurde von dem (mittlerweile unbegreiflicherweise aufgelösten) Österreichischen Bundesintitut für den Wissenschaftlichen Film veröffentlicht: I. Eibl-Eibesfeldt, W Schiefenhövel: Motukwe - Unsere Regenwelt. Die Eipo im zentralen Hochland von West-Neuguinea (Man Jaya). Begleitveröffentlichung zum Wissenschaftlichen Film P 2319 des ÖWF (Wien), Nr. 48/49 (1997), 119-158.

 

3)  Die flugunfähigen Vögel zeigen vor Menschen keine Scheu. Man kann ihnen daher jede Gabe leicht wegnehmen. 

4)  Das betrifft natürlich nur die heute lebenden Formen. Unter den ausgestorbenen Reptilien gab es sicher in den Linien, die sich zu den Vögeln und Säugern entwickelten, Übergangsformen, bei denen sich individualisierte Brutpflege und das »Wir und die anderen« bereits anbahnten.

5 Ich nahm zweimal als Beobachter an kriegerischen Auseinandersetzungen der Enga teil.

6 Der italienische Forscher Luigi Lucca Cavalli Sforza (1991) hat die weltweite Verbreitung einiger hundert menschlicher Gene erforscht, die genetischen Abstände verschiedener Populationen festgestellt und danach auf genetischer Verwandtschaft begründete Stammbäume rekonstruiert. Sie deckten sich bemerkenswerterweise mit jenen der Sprache, was belegt, daß Gene, Völker und Sprachen sich gemeinsam auseinanderentwickelten.

 

7  In meiner Streitschrift Wider die Mißtrauensgesellschaft führte ich aus, daß bei einer Fortdauer des in den späten achtziger Jahren beobachteten Trends die türkische Wohnbevölkerung Deutschlands im Jahre 2125 die deutsche Bevölkerung majorisieren könnte. Die Modellrechnung, die, wie betont sei, keine Prognose darstellt, ging von rund 75 Millionen Deutschen und 1,8 Millionen Türken aus, dem Stand des Jahres 1990. Die jährlichen Wachstumsraten der Deutschen betrugen damals -0,5 %, die der Türken 2 %. 

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Als Nettozuwanderung auf Grund des Gesetzes über die Familienzusammenführung wurden jährlich 50000 Personen gerechnet. Mittlerweile (1997) zählt die türkische Bevölkerung rund 2,2 Millionen. Das ist immerhin die Bevölkerung von 22 Großstädten mit je 100.000 Einwohnern! Bei Fortdauer des gegenwärtigen Trends vermehrt sich dieser Bevölkerungsanteil alle zwei Jahre um eine weitere Großstadt. Die Entwicklung läuft also bisher nach dem vorgestellten Modell, und zwar trotz der Einbürgerungen. Dabei muß bedacht werden, daß viele der Eingebürgerten sich als deutsche Türken bezeichnen und nicht als Deutsche und daß die Religion in vielen Fällen das Einheiraten in die deutsche Bevölkerung erschwert. 

 

8  Artikel 56 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland lautet: »Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid: >Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.< [...]« Analog hierzu bestimmt Artikel 64 GG, daß der »Bundeskanzler und die Bundesminister [...] bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid« leisten.

Dabei dürfte das Wohl des deutschen Volkes Priorität haben. Sollten sich daher Artikel des Grundgesetzes wie das mittlerweile so weidlich ausgenutzte Asylgesetz als dem Wohl des deutschen Volkes abträglich erweisen, dann wäre wohl eine Neuformulierung angebracht. 

 

9  In einem kritischen Artikel zu diesem Thema schrieb der Spiegel 1997 unter dem Titel »Zeitbomben in den Vorstädten«: »Immer mehr Bürger fühlen sich im eigenen Land bedroht, mißbraucht und in die Defensive gedrängt. Eigene Erfahrungen, diffuse Ängste und Erlebnisberichte aus zweiter Hand erzeugen ein Klima, in dem die Schuldigen rasch ausgemacht sind. Nach einer bisher unveröffentlichten Umfrage in einer Großstadt Nordrhein-Westfalens sind inzwischen mehr als 40 Prozent der Bewohner der Ansicht, daß <sich die Deutschen im eigenen Land gegen die vielen Ausländer wehren müssen>. 1995 glaubten das lediglich ein Viertel der Befragten.

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Verstärkt wird dieses Gefühl durch die täglichen Nachrichten über Straftaten von Ausländern. 

Wenn

ist bei vielen der erste Reflex: Deutschland verkommt zum Ausplünderungsland« (Der Spiegel, Nr.16, 1997, S. 79).

 

10  Eine Ausgrenzung Rußlands könnte verheerende Folgen für Europa haben. Ich teile hier die Ansicht, die Rolf Hochhuth in der Zeit (Nr. 23 vom 28.5.1998) unter dem Titel »Nato im Osten? Das gibt Krieg!« veröffentlichte. Eine entmilitarisierte Zone zwischen Rußland und der Nato schiene mir auch friedenssichernder. Eine Erweiterung der Nato ohne Einbezug Rußlands halte ich für gefährlich. Reaktionen auf Herausforderungen dieser Art sind bisher nie rational gewesen. Vorsicht ist immer geboten, aber Mißtrauen und Angst sind keine guten Berater. Das sollten wir aus der Geschichte der beiden Weltkriege eigentlich gelernt haben.

11  Jonas spricht von »jeweils wachruft«. Das ist, wie ich vermute, nur flüchtig ausgedrückt, denn Jonas ist sich sicher dessen bewußt, daß das Gefühl nationaler Zusammengehörigkeit nicht nur in Kriegssituationen erlebt wird, obgleich Feinde den Zusammenhalt bekräftigen. Das tun aber auch andere Notstände und nicht zuletzt die Begeisterung für gemeinsam zu bewältigende positive Aufgaben.

12  Nachdem Ehalt sechs Qualitäten europäischer Kultur besprochen hat, schließt er: »Ich glaube, daß Wirtschaftserfolge, Leistungen, Innovationsgeist die Voraussetzungen fürs Überleben Europas sind. Aber ohne Bewußtmachung der europäischen Wertebasis im sozialen Bewußtsein, in der Kunst und in der

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Kultur werden wir nicht wissen, warum und wozu wir wohin gehen sollen. Nur wenn Europa sich seine Einheit in Geist, Witz, Skepsis, Kritik bewußt macht und neues Selbstbewußtsein findet, wird es ein für die Gestaltung und Kultivierung der Welt wichtiger Partner sein. Wir wissen, daß nur wer sich selbst achtet, beziehungsfähig ist. Was einst Ph. W von Hornigk für Österreich postuliert hat, gilt heute für Europa: Europa über alles, wenn es nur will« (H. Ch. Ehalt, Die Presse vom 5.2.1998, S.2).

 

13  Hubert Markls Aufsatz Wissenschaft, das Hirn der Gesellschaft endet mit den Worten: »Eines nämlich lehrt uns die Evolution des Gehirns ganz gewiß: daß sich zuviel davon so wenig als schädlich erwiesen hat wie zuviel an Wissen schädlich sein wird, das wir der Wissenschaft und der Forschung verdanken. Aber wirklich geprüftes, zuverlässiges, soweit wie menschenmöglich wahres Wissen muß es sein, Wissen nach dem Goldstandard sozusagen, wie es nur die Wissenschaft, das Gehirn der Gesellschaft, verfügbar zu machen vermag.«

 

14  Wir Europäer täten gut, etwas europabewußter zu denken und der europäischen und nationalen Selbstdemontage energischer entgegenzutreten. In diesem Zusammenhang wäre es wünschenswert, sich vom Kurzzeitdenken zu lösen und das Problem unterschiedlichen natürlichen Wachstums sich abgrenzender Populationen zur Kenntnis zu nehmen. Das Problem wird von all jenen, die davon schwärmen, das Boot sei ja noch nicht voll, in verschleiernder Rede übergangen. Sie setzen den inneren Frieden, Demokratie und damit die Zukunft ihres Landes, ebenso wie die Europas, aufs Spiel, um sich im milden Licht ihres Gutmenschentums darzustellen. Dabei handeln sie nicht einmal im Interesse der Immigranten, denen sich, wie neuere Untersuchungen zeigen, keineswegs besonders gute Aufstiegschancen eröffnen.

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