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1. Buch 

Renaissance und Reformation 

Von der Schwarzen Pest bis zum Dreissigjährigen Krieg  

 

1.  Der Beginn 

Fängt nicht überall das Beste mit Krankheit an? (Novalis)

   Der Wille zur Schachtel 

Eine einfache Erwägung zeigt, daß alle Klassifikationen, die der Mensch jemals gemacht hat, willkürlich, künstlich und falsch sind. Aber eine ebenso einfache Erwägung zeigt, daß diese Klassifikationen nützlich und unent­behrlich und vor allem unvermeidlich sind, weil sie einer eingeborenen Tendenz unseres Denkens entspringen. Denn im Menschen lebt ein tiefer Wille zur Einteilung, er hat einen heftigen, ja leidenschaftlichen Hang, die Dinge abzugrenzen, einzufrieden, zu etikettieren.

Das Lieblingsspielzeug vieler Kinder ist die Schachtel. Aber auch der Erwachsene trägt immer ein unsicht­bares Quadratnetz mit sich herum. Die einfache und lichte Anordnung der meisten Naturprodukte: die deutliche und bestimmte Segmentierung des Tierkörpers, die regelmäßigen Knoten des Blumenstengels, gleichsam dessen Stockwerke, die scharf geschnittenen Flächen und Winkel des Kristalls: all das ist für uns ein eigentümlich erfrischender Anblick. Wir verlangen, daß ein Gedicht Strophen, ein Drama Akte, eine Symphonie Sätze, ein Buch Absätze habe, sonst fühlen wir uns sonderbar gequält, befremdet und ermüdet. Ein Antlitz, dessen Teile sich nicht kräftig und ausdrücklich gegeneinander abheben, erscheint uns unschön oder nichtssagend.

Wir verehren Menschen und Völker nach dem Grade ihrer Kunst, zu stufen, zu gliedern, zu scheiden: ja das, was wir Kunst nennen, ist fast identisch mit dieser Fähigkeit. Die griechischen Architekten und Bildhauer sind die Lehrer der Jahrtausende geworden, weil sie Meister der Einteilung, der Proportion waren; der Dichterruhm Dantes beruht zum Teil

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