Ein neues Verständnis von Wirklichkeit, Existenz und menschlicher Natur
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Die im vorigen Abschnitt dargestellten Beobachtungen, insbesondere jene in Verbindung mit transpersonalen Erlebnissen, lassen sich eindeutig nicht mit den meisten Grundannahmen der mechanistischen Wissenschaft vereinbaren. Sie sind aber mit großer Zuverlässigkeit feststellbar und von so vielen unabhängigen Quellen bestätigt worden, daß man ihre Existenz nicht mehr leugnen kann.
Es läßt sich auch nur schwer vorstellen, daß sie in die gegenwärtige Wissenschaft auf Kosten einiger geringfügiger oder gar umfassender Neuformulierungen des führenden Paradigmas integriert werden könnten. Die einzige Lösung scheint eine grundlegende und drastische Revidierung unseres Denkens zu sein, ein Paradigmawechsel von enormem Ausmaß und mit weitreichenden Auswirkungen.
In einer gewissen Hinsicht ist diese Entwicklung recht logisch und gar nicht überraschend. Das wissenschaftliche Denken in der heutigen Medizin, Psychiatrie, Psychologie und Anthropologie entspricht ja einer direkten Erweiterung des aus dem 17. Jahrhundert stammenden kartesianisch-Newtonschen Modells vom Universum. Da alle Grundannahmen dieser Vorstellung von Realität hinter den Erkenntnissen der Physik des 20. Jahrhunderts weit zurückstehen, scheint es nur natürlich, daß in allen sich direkt von ihr ableitenden Wissenschaftszweigen früher oder später mit tiefgreifenden Veränderungen zu rechnen ist.
Es läßt sich ohne große Mühe demonstrieren, daß die meisten Daten aus der LSD-Psychotherapie — so rätselhaft und unverständlich sie vom Standpunkt der mechanistischen Wissenschaft aus auch sein mögen — viel weniger Kopfzerbrechen bereiten, wenn man auf sie Erkenntnisse aus der Quantenphysik, der Informations- und Systemtheorie, der Kybernetik oder neueren Untersuchungen aus der Neurophysiologie und Biologie anwendet. Die moderne Bewußtseinsforschung hat viel Material zusammengetragen, das das Weltbild der großen mystischen Traditionen stützt.
Gleichzeitig haben revolutionäre Entwicklungen in anderen Wissenschaftsbereichen die mechanistische Weltanschauung in ihren Grundfesten erschüttert. Damit verringerte sich die Kluft zwischen Wissenschaft und Mystik, die in der Vergangenheit so absolut und unüberbrückbar erschien. In diesem Zusammenhang ist auch erwähnenswert, daß viele große Wissenschaftler, die Revolutionäres auf dem Gebiet der Physik geleistet haben — Albert Einstein, Niels Bohr, Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg, Robert Oppenheimer, David Bohm u.a. —, ihr wissenschaftliches Denken mit Spiritualität und einer mystischen Weltanschauung in Einklang fanden. In den letzten Jahren ist in einer ganzen Reihe von Büchern und Artikeln die zunehmende Annäherung zwischen Wissenschaft und Mystik beschrieben worden.12)
Um zu demonstrieren, wie sich die auf der Basis der Quantenphysik entwickelnde Weltanschauung und die oben beschriebenen Beobachtungen aus der Bewußtseinsforschung miteinander vereinbaren lassen und einander ergänzen, möchte ich kurz die theoretische Revolution in der Physik des 20. Jahrhunderts darstellen. Ich folge dabei den umfassenden Ausführungen Fritjof Capras in seinem Buch Das Tao der Physik (25).
In diesem Zusammenhang ist eine Parallele hervorzuheben, die nicht einfach zufällig ist, sondern tiefere Bedeutung hat. Das kartesianisch-Newtonsche Modell war nicht nur adäquat, sondern sogar sehr erfolgreich, solange die Physiker Phänomene unserer Alltagswelt oder die »Zone der mittleren Dimensionen« erforschten. Als sie aber über die Grenzen der gewöhnlichen Wahrnehmung hinausgingen und in die Mikrowelt der subatomaren Prozesse und die Makrowelt der Astrophysik vordrangen, erwies sich das kartesianisch-Newtonsche Modell als unhaltbar. Entsprechend treten automatisch tiefgreifende Veränderungen in theoretischen Vorstellungen von unserer Welt und im metaphysischen Verständnis bei Personen unter LSD-Einwirkung, bei Meditierenden und bei anderen »Reisenden in die Innenwelt« auf, sobald sie den transpersonalen Bereich betreten. Eine Wissenschaft, die den Zeugnissen außergewöhnlicher Bewußtseinszustände Rechnung trägt, kann gar nicht anders als sich von den Fesseln des kartesianisch-Newtonschen Modells befreien.
Die revolutionären Veränderungen in der Physik, die das Ende des Newtonschen Modells ankündigten, fingen bereits im 19. Jahrhundert an, nämlich mit den berühmten Experimenten Faradays und den theoretischen Spekulationen Maxwells über elektromagnetische Phänomene.
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Die Arbeit dieser beiden Forscher führte zu dem neuartigen Konzept des Kraftfelds, das den Newtonschen Begriff der Kraft ersetzte. Im Gegensatz zu den Newtonschen Kräften können Kraftfelder unabhängig von materiellen Körpern untersucht werden. Dies war die erste große Abweichung von der Newtonschen Physik. Sie führte zu der Entdeckung, daß das Licht ein rasch wechselndes elektromagnetisches Feld ist, das durch den Raum in Form von Wellen wandert. Die auf dieser Entdeckung basierende Theorie des Elektromagnetismus konnte die Unterschiede zwischen Radiowellen, sichtbarem Licht, Röntgenstrahlen und kosmischen Strahlen auf Unterschiede in der Frequenz zurückführen und alle unter den gemeinsamen Nenner des elektromagnetischen Felds bringen.
Viele Jahre aber stand die Elektrodynamik weiterhin im Bann des Newtonschen Denkens. Daraus resultierte die Vorstellung, daß elektromagnetische Wellen Vibrationen einer sehr leichten raumfüllenden Substanz mit der Bezeichnung Äther seien. Die Existenz von Äther wurde durch das Michelson-Morley-Experiment widerlegt. Es war kein geringerer als Albert Einstein, der klar formulierte, daß elektromagnetische Felder etwas Eigenes darstellten, das durch den leeren Raum wandern konnte.
Die ersten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts brachten unerwartete Entdeckungen in der Physik, die das Newtonsche Modell des Universums vollends in Frage stellten. Die Meilensteine in dieser Entwicklung waren zwei Arbeiten, die 1905 von Albert Einstein veröffentlicht wurden. In der ersten formulierte er die Prinzipien seiner Speziellen Relativitätstheorie. In der zweiten schlug er eine neue Betrachtungsweise des Lichts vor, die später von einem Physikerteam zur Quantentheorie der atomaren Prozesse ausgearbeitet wurde. Die Relativitätstheorie und das neue Atommodell warfen alle Grundkonzepte der Newtonschen Physik — die Existenz einer absoluten Zeit und eines absoluten Raums, die materielle Beschaffenheit des Universums, die Definition physikalischer Kräfte, das streng deterministische Erklärungssystem und das Ideal einer objektiven Beobachtung von Phänomenen ohne Berücksichtigung des Beobachters — über den Haufen.
Nach der Relativitätstheorie ist der Raum nicht dreidimensional und die Zeit nicht linear. Beide sind nicht eigenständig, sondern vielmehr auf das Engste miteinander verknüpft und bilden zusammen ein vierdimensionales Kontinuum mit der Bezeichnung »Raum-Zeit«. Der Zeitfluß erfolgt nicht wie im Newtonschen Modell geradlinig und einförmig, sondern hängt von den Standorten der Beobachter und ihren relativen Geschwindigkeiten in bezug auf das beobachtete Ereignis ab. Darüber hinaus heißt es in der 1915 formulierten Allgemeinen Relativitätstheorie, die noch nicht endgültig durch Experimente bestätigt ist, daß das Raum-Zeit-Gebilde durch die Gegenwart massiver Objekte beeinflußt wird. Die Unterschiede im Gravitationsfeld in verschiedenen Teilen des Universums wirken sich auf den Raum krümmend aus, was zur Folge hat, daß die Zeit unterschiedlich schnell voranschreitet.
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So sind also nicht nur alle Raum- und Zeitmessungen relativ. Sogar die gesamte Struktur des Raum-Zeit-Gebildes hängt von der Verteilung der Materie ab, und die Unterscheidung zwischen Materie und leerem Raum verliert ihre Bedeutung. Die Newtonsche Vorstellung von festen Materieteilen, die sich in einem Raum mit euklidischen Merkmalen bewegen, gilt jetzt nur noch in der »Zone der mittleren Dimensionen«. In der Astrophysik und in kosmologischen Spekulationen ist das Konzept eines leeren Raums irrelevant. Im Gegensatz dazu haben die Entwicklungen in der atomaren und subatomaren Physik das Bild von der festen Materie zerstört.
Das Abenteuer der Erforschung des subatomaren Bereichs begann um die Jahrhundertwende mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen und der Strahlung radioaktiver Substanzen. Die Experimente Rutherfords mit Alphateilchen ließen deutlich erkennen, daß Atome nicht aus harter und fester Materie bestanden, sondern aus großen Räumen, in denen kleine Teilchen — die Elektronen — um den Atomkern kreisten. Die Untersuchung atomarer Prozesse konfrontierte die Wissenschaftler mit einer ganzen Reihe von seltsamen Paradoxien, die immer dann auftraten, wenn sie die neuen Beobachtungen im Rahmen der traditionellen Physik zu erklären versuchten. In den zwanziger Jahren gelang es schließlich einer internationalen Forschergruppe, der Niels Bohr, Louis de Broglie, Werner Heisenberg, Erwin Schrödinger, Wolfgang Pauli und Paul Dirac angehörten, mathematische Formeln für die subatomaren Geschehnisse aufzustellen.
Es fiel nicht leicht, die Konzepte der Quantentheorie und ihre philosophischen Implikationen zu akzeptieren, auch wenn ihre mathematische Formulierung die beteiligten Prozesse angemessen widerspiegelte. Nach dem »Planetenmodell« des Atoms bestand dieses aus leerem Raum und nur winzigen Materieteilchen. Die Quantentheorie demonstrierte aber, daß selbst diese Teilchen nicht fest waren.
Vielmehr besaßen die subatomaren Teilchen sehr abstrakte Eigenschaften und zeigten eine paradoxe Doppelnatur. Je nach Anordnung der experimentellen Situation erschienen sie manchmal als Teilchen und manchmal als Wellen. Eine ähnliche Zweideutigkeit hatte man schon im Rahmen der Erforschung des Lichts beobachtet. In manchen Experimenten zeigte es die Eigenschaften eines elektromagnetischen Feldes, in anderen schien es die Form differenzierbarer Energiequanten oder Photonen anzunehmen, die ohne Masse waren und sich immer mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegten.
Die Fähigkeit ein- und desselben Phänomens, sich einmal als Teilchen, einmal als Welle zu manifestieren, ist ein offenkundiger Verstoß gegen die Aristotelische Logik. Die Vorstellung von einem Teilchen impliziert die Beschränkung auf ein kleines Volumen oder eine endliche Region des Raums, die von einer Welle hingegen die diffuse Ausbreitung über weite Raumbereiche. In der Quantenphysik schließen beide Beschreibungen einander aus, sind aber für ein umfassendes Verständnis des betreffenden Phänomens gleich notwendig. Dies drückt sich in einer logischen Hilfskonstruktion aus, die Niels Bohr (19,20) das Komplementaritätsprinzip nannte.
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Dieses neue Ordnungsprinzip in der Wissenschaft verschlüsselt das Paradoxon, statt es zu lösen. Es nimmt die logische Diskrepanz zwischen zwei Wirklichkeitsaspekten, die einander ausschließen, aber für die erschöpfende Beschreibung eines Phänomens notwendig sind, als gegeben hin. Nach Auffassung Bohrs ist dies die Folge einer unkontrollierbaren Wechselbeziehung zwischen dem Gegenstand der Beobachtung und der Beobachtungsmethode. Die Frage der Kausalität und der vollständigen Objektivität existieren auf der Quantenebene in dem Sinn, wie sie gewöhnlich verstanden wurden, nicht mehr.
Der scheinbare Widerspruch zwischen dem Teilchen- und dem Wellenkonzept wurde in der Quantentheorie in einer Weise gelöst, die gerade die Grundlagen des mechanistischen Weltbilds zu Fall bringt. Im subatomaren Bereich existiert Materie nicht mit Sicherheit an bestimmten Orten, sondern zeigt »Tendenzen zu existieren«, und atomare Ereignisse treten nicht mit Sicherheit zu bestimmten Zeiten und in bestimmter Weise auf, sondern haben »Tendenzen aufzutreten«. Diese Tendenzen können in Form von mathematischen Wahrscheinlichkeitsgleichungen ausgedrückt werden, die die charakteristischen Eigenschaften von Wellen widerspiegeln. Die Wellentheorie des Lichts oder subatomarer Teilchen sollte aber nicht allzu konkret verstanden werden. Die Wellen, um die es dabei geht, sind nicht dreidimensionale Konfigurationen, sondern mathematische Abstraktionen oder »Wahrscheinlichkeitswellen«, aus denen die Chancen herauszulesen sind, die Teilchen zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort vorzufinden.
Die Quantenphysik legt also ein wissenschaftliches Modell vom Universum nahe, das in scharfem Gegensatz zu dem der klassischen Physik steht. Auf der subatomaren Ebene löst sich die Welt fester materieller Objekte in ein komplexes Muster von Wahrscheinlichkeitswellen auf. Darüber hinaus hat die sorgfältige Analyse des Beobachtungsprozesses gezeigt, daß die subatomaren Teilchen für sich allein genommen bedeutungslos sind. Sie können nur als Wechselwirkungen zwischen den Vorbereitungen eines Experiments und den darauffolgenden Messungen verstanden werden. Die oben erwähnten Wahrscheinlichkeitswellen spiegeln also letztlich nicht die Wahrscheinlichkeit von Dingen wider, sondern die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen.
Die Erforschung der subatomaren Welt endete nicht mit der Entdeckung des Atomkerns und des Elektrons. Zuerst wurde das Atommodell um zwei weitere »Elementarteilchen« — das Proton und das Neutron — erweitert. Je mehr aber die Physiker ihre experimentellen Techniken verfeinerten und neue Vorrichtungen entwickelten, um so mehr subatomare Teilchen wurden festgestellt. Gegenwärtig geht ihre Zahl in die Hunderte. Im Laufe dieser Experimente wurde klar, daß eine vollständige Theorie subatomarer Phänomene neben der Quantenphysik auch die Relativitätstheorie einbeziehen muß, da sich die Geschwindigkeit der Teilchen häufig der Lichtgeschwindigkeit nähert.
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Nach Albert Einstein hat Masse nichts mit Substanz zu tun, sondern ist eine Energieform. Die Gleichwertigkeit von Masse und Energie brachte er in der berühmten Formel E = mc2 zum Ausdruck. Die spektakulärste Konsequenz der Relativitätstheorie war der experimentelle Nachweis, daß Materieteilchen aus reiner Energie erzeugt und umgekehrt wieder in Energie überführt werden können. Die Relativitätstheorie hat nicht nur den Teilchenbegriff drastisch revidiert, sondern auch die Vorstellung von den zwischen ihnen wirksamen Kräften. Die gegenseitige Abstoßung und Anziehung der Teilchen wird in relativistischer Beschreibung als Austausch anderer Teilchen gesehen. So vertritt man jetzt die Auffassung, daß Kraft und Materie ihren Ursprung in dynamischen Mustern mit der Bezeichnung Teilchen haben. Die i gegenwärtig bekannten Teilchen lassen sich nicht weiter unterteilen. In der mit Kollisionsprozessen arbeitenden Hochfrequenzphysik kann Materie wiederholt geteilt werden, aber nie in kleinere Stücke. Die resultierenden Fragmente sind Teilchen, die aus der Energie im Kollisionsprozeß hervorgehen. Die subatomaren Teilchen sind also gleichzeitig zerstörbar und unzerstörbar.
Die Feldtheorien sind über die klassische Unterscheidung zwischen Materieteilchen und dem Nichts hinausgegangen. Nach der Einsteinschen Gravitationstheorie und der Quantenfeldtheorie können Teilchen nicht von dem sie umgebenden Raum getrennt werden. Sie stellen nichts anderes dar als Verdichtungen eines kontinuierlichen Feldes, das sich über den gesamten Raum erstreckt. Die Feldtheorie besagt, daß virtuelle Teilchen spontan aus dem Nichts entstehen und wieder im Nichts verschwinden. Die Entdeckung der dynamischen Qualität des »physikalischen Vakuums« gehört zu den wichtigsten der modernen Physik. Es befindet sich in einem Zustand der Leere, doch enthält es potentiell alle Formen aus der Welt der Teilchen."
Dieser kurze Abriß der Entwicklungen in der modernen Physik wäre unvollständig, ohne ein radikales Denkmodell zu erwähnen, das für unsere weitere Diskussion besonders relevant ist, nämlich die sogenannte »Bootstrap«-Theorie, die von Geoffrey Chew(28) formuliert wurde. Obwohl sie speziell nur für einen Typ subatomarer Teilchen - die Hadronen - ausgearbeitet wurde, stellt sie in ihren Konsequenzen ein allgemeines naturphilosophisches System dar. Nach der »Bootstrap«-Philosophie kann die Natur nicht auf fundamentale Einheiten wie Elementarteilchen oder Felder reduziert werden. Sie läßt sich nur durch ihren inneren Zusammenhalt begreifen. Das Universum ist letztlich ein unendliches Gewebe aus wechselseitig verknüpften Ereignissen. Keine der Eigenschaften irgendeines Teils dieses Gewebes ist elementar und grundlegend. Alle spiegeln die Eigenschaften der anderen Teile wider. Deshalb wird die Struktur des gesamten Netzwerks nicht durch einzelne Bestandteile determiniert, sondern durch die Gesamtübereinstimmung ihrer wechselseitigen Beziehungen. Im Gegensatz zum Newtonschen Modell und seinen Abkömmlingen läßt sich das Universum nicht als Ansammlung von Einheiten betrachten, die nicht weiter analysiert werden können und von vornherein gegeben sind.
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Nach der Naturphilosophie des »Bootstrap«-Modells gibt es keine Grundbestandteile der Materie, ja noch nicht einmal irgendwelche grundlegenden Naturgesetze oder zwingende Prinzipien. Alle Theorien über natürliche Phänomene einschließlich der Naturgesetze werden in diesem Zusammenhang als Kreationen des menschlichen Geistes aufgefaßt. Sie sind Begriffsschemata, die der Wirklichkeit mehr oder weniger gut gerecht werden, aber nicht mit richtigen Beschreibungen der Realität oder mit der Realität selber verwechselt werden dürfen.
Die Entwicklung der Physik des 20. Jahrhunderts verlief keineswegs glatt. Sie war nicht nur durch brillante Leistungen gekennzeichnet, sondern auch durch theoretische Wirren und dramatische menschliche Konflikte. Es dauerte lange, bis die Physiker akzeptierten, daß sie die Grundannahmen der klassischen Physik und das allgemein anerkannte Bild von der Wirklichkeit aufgeben mußten. Die neue Physik machte nicht nur Veränderungen in den Vorstellungen von Materie, Raum, Zeit und linearer Kausalität erforderlich, sondern mußte auch die Erkenntnis hinnehmen, daß das Widersprüchliche zum Wesen des neuen Modells vom Universum gehörte. Lange nachdem die mathematischen Formulierungen der Relativitätstheorie und der Quantentheorie abgeschlossen, akzeptiert und integriert wurden, sind sich die Physiker alles andere als einig darüber, wie sie diese Denkmodelle philosophisch interpretieren sollen und welche metaphysischen Implikationen sie haben. So gibt es allein in bezug auf die Quantentheorie mehrere Hauptrichtungen der Interpretation ihrer mathematischen Formulierungen (80,142).
Theoretische Physiker mögen zwar fortgeschritten und revolutionär in ihren Ansichten sein, doch sind sie in einer Welt der klassischen Wissenschaft groß geworden und leben auch heute weiterhin in ihr. Viele von ihnen scheuen eine Auseinandersetzung mit den beunruhigenden philosophischen Fragen, die durch die Quantentheorie aufgeworfen wurden, und entscheiden sich für einen streng pragmatischen Ansatz. Sie begnügen sich mit der Tatsache, daß die mathematischen Formeln der Quantentheorie die experimentellen Ergebnisse genau vorhersagen, und halten dies für das einzig Wesentliche.
Eine andere wichtige Annäherung an die Probleme der Quantentheorie beruht auf stochastischen Interpretationen. Bei der Beschäftigung mit den Ereignissen in der phänomenalen Welt machen Physiker immer dann von statistischen Modellen Gebrauch, wenn sie nicht alle mechanischen Einzelheiten des von ihnen untersuchten Systems kennen. Diese unbekannten Faktoren bezeichnen sie als »verborgene Variable«. Diejenigen Wissenschaftler, die die stochastische Interpretation der Quantentheorie bevorzugen, versuchen zu demonstrieren, daß sie im wesentlichen eine klassische Theorie probabilistischer Prozesse sei und daß eine radikale Abweichung vom theoretischen Rahmen der klassischen Physik unnötig und irreführend war. Viele teilen mit Albert Einstein die Ansicht, daß die Quantentheorie eine Art statistischer Mechanik sei und immer nur zu Durchschnittswerten der gemessenen Größen führe.
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Auf einer tieferen Ebene aber würde jedes einzelne System von deterministischen Gesetzen bestimmt, die erst in der Zukunft durch verfeinerte Untersuchungsmethoden entdeckt würden. In der klassischen Physik sind die verborgenen Variablen lokale Mechanismen. John Bell aber führte den Beweis, daß in der Quantenphysik solche verborgenen Variablen — falls es sie gibt — unmittelbar wirksame nicht-lokale Verbindungen zum Universum sein müßten.
Die Kopenhagener Schule, die mit den Namen Niels Bohr und Werner Heisenberg verknüpft ist, war bis 1950 die führende Interpretationsrichtung in der Quantenphysik. Sie hebt das Prinzip der lokalen Kausalität hervor, wobei sie aber das Risiko eingeht, die objektive Existenz der Mikroweit in Frage zu stellen. Nach dieser Ansicht gibt es keine Realität, solange sie nicht wahrgenommen wird. Je nach experimenteller Anordnung zeigen sich verschiedene einander ergänzende Aspekte der Realität. Die Tatsache der Beobachtung ist es, die das ungebrochene Ganze stört und Paradoxien erzeugt. Die unmittelbare Erfahrung der Realität hat überhaupt nichts Paradoxes an sich. Nur wenn der Beobachter versucht, die Geschichte seiner Wahrnehmung zu konstruieren, dann tauchen diese Paradoxien auf. Das liegt daran, daß es keine klare Trennlinie zwischen uns und der Realität, die wir als außerhalb von uns existierend wahrnehmen, gibt. Die Realität wird durch geistige Akte konstruiert und hängt davon ab, was und wie wir etwas beobachten wollen.
Es hat auch Tendenzen unter theoretischen Physikern gegeben, die Paradoxien der Quantenphysik durch Neuerungen an der Basis wissenschaftlicher Theorien zu lösen. Bestimmte Entwicklungen in der Mathematik und der Philosophie haben den Gedanken hervorgebracht, daß der Grund für die aufgetauchten Probleme in der Logik zu suchen sei, die wissenschaftlichen Theorien zugrunde liege. Über diesen Weg kam es zu Versuchen, die Boolesche Logik der gewöhnlichen Sprache durch eine Quantenlogik zu ersetzen, in der die übliche logische Bedeutung solcher Worte wie »und« und »entweder-oder« verändert wird.
Die bei weitem phantastischste Interpretation der Quantentheorie ist wohl die Vielweltenhypothese, die sich mit den Namen Hugh Everett III, John Archibald Wheeler und Neill Graham verbindet. Dieser Ansatz beseitigt die Unstimmigkeiten in konventionellen Interpretationen und den »Zusammenbruch der Wellenfunktion«, der durch den Akt der Beobachtung hervorgerufen wird. Dies geschieht allerdings auf Kosten einer drastischen Revision unserer grundlegendsten Annahmen über die Realität.
Es wird postuliert, daß sich das Universum in jedem Augenblick in eine unendliche Anzahl von Universen teilt. Aufgrund dieser vielfachen Verzweigung werden alle Möglichkeiten, die in den mathematischen Formeln der Quantentheorie ausgedrückt sind, auch tatsächlich realisiert, aber in verschiedenen Universen. Die Realität ist die unendliche Zahl all dieser Universen, die in einem sie alle einschließenden »Überraum« existieren. Zwischen den einzelnen Universen gibt es keine Kommunikation, so daß keine Widersprüche möglich sind.
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Am radikalsten aus der Sicht der Psychologie, Psychiatrie und Parapsychologie sind die Interpretationen, die der Psyche eine entscheidende Rolle auf der Quantenebene zuschreiben. Die dieses Denkmodell vertretenden Autoren meinen, daß der Geist oder das Bewußtsein die Materie beeinflußt oder gar erzeugt. In diesem Zusammenhang wären die Arbeiten von Eugene Wigner, Edward Walker, Jack Sarfatti und Charles Muses zu nennen.
Es würde den Rahmen dieses Buchs sprengen, wenn ich detaillierter auf die faszinierenden und weitreichenden Veränderungen in den Vorstellungen vom Universum und von der Beschaffenheit der Realität eingehen würde, die durch die Quanten- und Relatitivitätstheorie suggeriert werden. Der interessierte Leser wird relevante Informationen in speziellen Büchern zu diesem Thema finden, die von Fachleuten geschrieben wurden.
Es gibt allerdings einen weiteren Punkt, der wegen seiner großen Wichtigkeit kurz angesprochen werden soll. Albert Einstein, dessen Arbeiten den Anstoß zur Entwicklung der Quantenphysik gaben, widersetzte sich bis zum Ende seines Lebens energisch der Vorstellung, daß das Wahrscheinlichkeitsprinzip eine grundlegende Rolle in der Natur spielen solle. Er drückte dies in seinem berühmten Satz aus: »Der Herrgott würfelt nicht«. Selbst nach zahlreichen Diskussionen und Auseinandersetzungen mit den führenden Vertretern der Quantenphysik hielt er an der Überzeugung fest, daß irgendwann in der Zukunft eine deterministische Interpretation im Sinne von »verborgenen lokalen Variablen« möglich sein würde.
Um zu beweisen, daß Bohrs Interpretation der Quantentheorie falsch war, ersann Einstein ein Gedankenexperiment, das später als das Einstein-Podolsky-Rosen-(EPR-)Experiment bekannt wurde. Ironischerweise bildete gerade dieses Experiment mehrere Jahrzehnte später die Grundlage für John Bells Theorem, das bewies, daß das kartesianische Realitätskonzept mit der Quantentheorie unvereinbar ist (12,26).
Zu der vereinfachten Version der EPR-Experiments gehören zwei Elektronen, die in entgegengesetzter Richtung kreiseln, so daß ihr Gesamtspin Null beträgt. Man vergrößert nun die Entfernung zwischen ihnen so lange, bis sie makroskopisch geworden ist. Zwei voneinander unabhängige Beobachter stellen dann ihren jeweiligen Spin fest. Die Quantentheorie sagt voraus, daß in einem System aus zwei Teilchen, deren Gesamtspin Null ist, ihr jeweiliger Spin um jede beliebige Achse immer korreliert, d.h. entgegengesetzt, ist. Obwohl vor der eigentlichen Messung nur von Spintendenzen gesprochen werden kann, werden diese Tendenzen durch den Akt der Messung in Gewißheiten umgewandelt. Dem Beobachter steht es frei, welche Meßachse er verwenden will, und damit wird sofort der Spin des anderen Teilchens, das Tausende von Kilometern entfernt sein kann, festgelegt. Nach der Relativitätstheorie kann kein Signal schneller als das Licht sein. Die Situation ist also im Prinzip undenkbar. Die unmittelbare nicht-lokale Verbindung zwischen diesen Teilchen kann deshalb nicht durch Signale im Einsteinschen Sinn Zustandekommen. Eine Kommunikation dieser Art geht über das konventionelle Konzept der Informationsübermittlung hinaus.
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Das Bellsche Theorem bringt die Physiker in ein schwieriges Dilemma. Es weist darauf hin, daß die Welt entweder objektiv nicht real ist, oder daß sie durch Kanäle verbunden ist, über die Kommunikation schneller als das Licht erfolgt. Nach Henry Stapp (187) beweist Beils Theorem die »tiefe Wahrheit, daß das Universum entweder grundsätzlich gesetzlos oder grundsätzlich untrennbar ist«.
Obwohl die Physik auf der Grundlage der Quanten- und Relativitätstheorie die überzeugendste und radikalste Kritik am mechanistischen Weltbild lieferte, wurden wichtige Revisionen auch durch verschiedene Forschungen in anderen Wissenschaftsbereichen inspiriert. Drastische Veränderungen ähnlicher Art gingen durch Entwicklungen in der Kybernetik, der Informationstheorie, der Systemtheorie und der Theorie logischer Symbole in das wissenschaftliche Denken ein. Einer der wichtigsten Vertreter dieses kritischen Trends in der modernen Wissenschaft ist Gregory Bateson.14)
Nach seiner Ansicht beruht ein Denken in Begriffen wie Substanz oder diskrete Objekte auf einem schwerwiegenden erkenntnistheoretischen Irrtum, nämlich einem Irrtum in der logischen Symbolik. Im alltäglichen Leben haben wir es nie mit Objekten zu tun, sondern mit Sinnesumwandlungen oder -botschaften über Unterschiede. Im Sinne Korzybskis (103) haben wir nur Zugang zu Landkarten, nicht zum eigentlichen Gelände. Die Informationen, Unterschiede, Formen und Muster, die unsere Erkenntnisse über die Welt ausmachen, sind dimensionslos und können nicht in Raum und Zeit lokalisiert werden. Die Informationen fließen in Kreisläufen, die über die konventionellen Grenzen des Individuums hinausgehen und die Umwelt miteinschließen. Auf der Basis eines solchen wissenschaftlichen Denkens ist es absurd, die Welt als Ansammlung isolierter Objekte und Einheiten zu betrachten, im Individuum, in der Familie und der Spezies die Darwinschen Überlebensformen zu sehen, Unterschiede zwischen Geist und Körper zu machen oder sich mit der Ich-Körper-Einheit (dem von der Hülle der Haut umgebenen Ich im Sinne Alan Watts) zu identifizieren. Wie auch in der Quantenphysik hat sich der Schwerpunkt von der Substanz und dem Objekt auf Formen, Muster und Prozesse verlagert.15)
Die Systemtheorie ermöglichte eine neue Definition des Geistes und seiner Funktionsweise. Sie zeigte, daß jede Vereinigung von Teilen und Komponenten, die sich der Komplexität eines geschlossenen Kausalkreislaufs nähert und die entsprechenden Energierelationen besitzt, geistige Merkmale hat. Sie reagiert auf Unterschiede, verarbeitet Informationen und korrigiert sich selber. In diesem Sinne kann man von geistigen Eigenschaften verschiedener Zellen, Gewebe und Organe des Körpers sprechen, von geistigen Eigenschaften einer kulturellen Gruppe oder einer Nation, eines ökologischen Systems, oder — wie es Lovelock im Rahmen seiner Gaia-Theorie (123) getan hat — sogar des gesamten Planeten.
Und wenn wir jetzt einen umfassenderen Geist in Betracht ziehen, der alle Hierarchien auf den geistig niedrigeren Ebenen integriert, dann muß selbst ein so kritischer und skeptischer Wissenschaftler wie Gregory Bateson zugeben, daß dieser der Vorstellung von einem immanenten Gott nahekommt.
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Eine andere tiefgehende Kritik an den Grundkonzepten der mechanistischen Wissenschaft ergab sich aus den Arbeiten des Nobelpreisträgers Ilya Prigogine (161) und seiner Kollegen und Kolleginnen in Brüssel sowie in Austin (Texas). Die traditionelle Wissenschaft stellt das Leben als einen spezifischen, seltenen und letztlich sinnlosen Prozeß dar, als eine unbedeutende und zufällige Anomalie, die wie Don Quichote gegen das absolute Diktat des zweiten thermodynamischen Gesetzes kämpft.
Dieses düstere Bild vom Universum, geprägt von einer allmächtigen Tendenz in Richtung auf wachsende Zufälligkeit und Entropie und einen unausweichlichen Hitzetod, gehört nun der Vergangenheit an. Es wurde zerstört durch Prigogines Untersuchungen an sogenannten »dissipativen Strukturen«16) in bestimmten chemischen Reaktionen und durch seine Entdeckung eines neuen Prinzips, das solchen Reaktionen zugrundeliegt, nämlich des Prinzips »Ordnung durch Fluktuation«. Weitere Untersuchungen ergaben, daß dieses Prinzip nicht auf die Ebene chemischer Prozesse beschränkt ist, sondern einem Grundmechanismus für die Entfaltung evolutionärer Prozesse in allen Bereichen entspricht. Es gilt ebenso für Atome wie Milchstraßensysteme, für einzelne Zellen wie Menschen und schließlich für Gesellschaften und Kulturen.
Als Resultat dieser Beobachtungen war es möglich, eine einheitliche Evolutionstheorie aufzustellen, in der das vereinigende Prinzip nicht der feste Zustand ist, sondern das dynamische Gefüge der offenen, nicht im Gleichgewicht befindlichen Systeme. Solche Systeme sind auf allen Ebenen und in allen Bereichen Träger einer allgemeinen Evolution, die gewährleistet, daß sich das Leben zu immer neueren dynamischen und komplexen Formen entwickelt. Aus dieser Sicht erscheint das Leben selber in einem völlig anderen Licht als bisher aus dem engen Blickwinkel des organischen Lebens. Immer wenn Systeme durch vergangene Entropieproduktionen erstickt werden, mutieren sie zu neuen Formen. Dieselbe Energie und dasselbe Prinzip bestimmen die Evolution auf allen Ebenen, sei es auf der Ebene der Materie, der Lebenskräfte, der Informationsprozesse oder der geistigen Prozesse. Mikro- und Makrokosmos sind zwei Aspekte einer vereinigten und vereinigenden Entwicklung. Das Leben gilt nicht mehr als ein Phänomen, das sich in einem unbeseelten Universum entfaltet. Das Universum selber erhält immer mehr Lebenscharakter.
Obwohl die einfachste Ebene, auf der die Selbstorganisation untersucht werden kann, die Ebene dissipativer Strukturen ist, die sich in selbsterneuernden chemischen Reaktionen bilden, entspricht die Anwendung dieses Prinzips auf biologische, psychologische und sozio-kulturelle Phänomene keineswegs einem reduk-tionistischen Denken. Im Gegensatz zum Reduktionismus der mechanistischen Wissenschaft beruhen solche Interpretationen auf einer grundlegenden Übereinstimmung, auf der Verwandtschaft der selbstorganisierenden Mechanismen auf vielen Ebenen.
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Aus dieser Sicht sind Menschen keine höheren Lebewesen als andere lebende Organismen. Sie leben nur gleichzeitig auf mehr Ebenen als Lebensformen, die früher in der Evolution aufgetreten sind. Hier hat die Wissenschaft die Wahrheit der philosophia perennis wiederentdeckt, nämlich daß die Evolution der Menschheit ein wesentlicher und sinnvoller Teil der Evolution des Universums ist. Die Menschen sind wichtige Wirkelemente in dieser Evolution. Sie sind ihr nicht hilflos ausgesetzt, sondern sind sie selber.
Wie die Physik der Quanten- und Relativitätstheorie, diese neue Wissenschaft vom Werden, die alte Wissenschaft vom Sein ersetzt, so verlagert sich auch hier der Schwerpunkt von der Substanz auf den Prozeß. In diesem Rahmen ist die Struktur ein beiläufiges Produkt miteinander verknüpfter Prozesse, und sie hat mit den Worten von Erich Jantsch nichts Festeres an sich als ein stehendes Wellenmuster im Zusammenfluß zweier Flüsse oder als das Grinsen einer Cheshire-Katze.17)
Die neueste ernsthafte Kampfansage an das mechanistische Denken ist die Theorie des britischen Biologen und Biochemikers Rupert Sheldrake, wie er sie in seinem revolutionären und höchst kontroversen Buch Das schöpferische Universum (183) ausgeführt hat. Sheldrake lieferte eine brillante Kritik an den begrenzten Erklärungsmöglichkeiten der mechanistischen Wissenschaft und an deren Unfähigkeit, grundlegend bedeutsame Probleme der Morphogenese in der individuellen Entwicklung und der Evolution von Spezies, Probleme der Genetik oder Fragen der Entwicklung instinktiver und komplexerer Verhaltensformen zu lösen. Die mechanistische Wissenschaft befaßte sich nur mit dem quantitativen Aspekt der Phänomene, mit dem, was Sheldrake die »energetische Verursachung« nennt. Diese sagt nichts über den qualitativen Aspekt aus, über die Entwicklung von Formen oder die »formale Verursachung«.
Nach Sheldrake sind lebende Organismen nicht lediglich komplexe biologische Maschinen, und das Leben kann nicht auf chemische Reaktionen reduziert werden. Form, Entwicklung und Verhalten von Organismen werden durch »morphogenetische Felder« eines Typs geprägt, der sich gegenwärtig weder entdecken noch messen läßt und der nicht in der Physik bekannt ist. Diese Felder werden durch Form und Verhalten früher lebender Organismen derselben Spezies durch direkte raumzeitliche Verbindungen gestaltet und haben kumulative Eigenschaften. Wenn eine kritische Anzahl von Mitgliedern einer Spezies bestimmte organismische Eigenschaften entwickelt oder eine bestimmte Verhaltensweise lernt, dann werden diese automatisch von anderen Mitgliedern der Spezies erworben, auch wenn es keine Kontakte zwischen ihnen im konventionellen Sinn gibt.18 Das Phänomen der »morphischen Resonanz«, wie Sheldrake es nennt, beschränkt sich nicht auf lebende Organismen und läßt sich an so elementaren Phänomenen wie dem Wachstum von Kristallen demonstrieren.
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Wie unplausibel und absurd diese Theorie einem mechanistisch orientierten Verstand auch erscheinen mag, sie läßt sich überprüfen — im Gegensatz zu den grundlegenden metaphysischen Annahmen des materialistischen Weltbilds. Sogar jetzt schon, in ihrer Anfangsphase, wird diese Theorie durch Experimente an Ratten und durch Beobachtungen an Affen gestützt. Sheldrake ist sich der Tatsache wohl bewußt, daß seine Theorie weitreichende Implikationen für die Psychologie besitzt, und hat selber schon eine Verbindung zum kollektiven Unbewußten im Sinne Jungs gezogen.
Der Überblick über neue erstaunliche Entwicklungen in der Wissenschaft wäre unvollständig, ohne die Arbeiten von Arthur Young (213, 214) zu erwähnen. Seine Prozeß-Theorie bietet sich wie kaum eine andere als ein wissenschaftliches Metaparadigma der Zukunft an. Diese Theorie ordnet und interpretiert Daten aus vielen verschiedenen Wissenschaftsbereichen — aus der Geometrie, der Quantentheorie, den Relativitätstheorien, der Chemie, der Biologie, der Botanik, der Zoologie, der Psychologie und der Geschichte - und faßt sie in einer kosmologischen Vision zusammen. Youngs Modell des Universums hat vier Ebenen, die durch Freiheits- und Beschränkungsgrade definiert sind, und sieben aufeinanderfolgende Stadien: Licht, subatomare Teilchen, Atome, Moleküle, Pflanzen, Tiere und Menschen. Young gelang es, ein Grundmuster des universellen Prozesses zu entdecken, das sich auf verschiedenen Evolutionsstufen in der Natur ständig wiederholt. Zur Schlüssigkeit dieses Paradigmas kommt hinzu, daß es mit ihm — wie mit dem periodischen System der Elemente von Mendelejew — gelingt, natürliche Phänomene und ihre besonderen Aspekte vorherzusagen.
Young überbrückte mit seiner Theorie die Kluft zwischen Wissenschaft, Mythologie und philosophia perennis. Sein Metaparadigma bezieht nicht nur die höchsten Errungenschaften der wissenschaftlichen Erkenntnis mit ein, sondern berücksichtigt auch nicht objektive und nicht definierbare Aspekte der Realität weit jenseits der akzeptierten Grenzen der Wissenschaft. Da es unmöglich ist, Youngs Theorie in angemessener Weise darzustellen, ohne tief in verschiedene Wissenschaftsbereiche einzudringen, muß der interessierte Leser auf seine Originalwerke verwiesen werden.
Gegenwärtig ist es zweifellos nicht möglich, all die verschiedenen revolutionären Entwicklungen in der modernen Wissenschaft, die ich in diesem Abschnitt umrissen habe, in einem zusammenhängenden und umfassenden neuen Paradigma zu vereinigen. Sie scheinen aber alle eines gemeinsam zu haben, nämlich die feste Überzeugung ihrer Vertreter, daß das von der kartesianisch-Newtonschen Wissenschaft geschaffene mechanistische Weltbild die Realität nicht mehr in treffender und zwingender Weise beschreibt.
Die Vorstellung, daß der Kosmos mit einer gigantischen Maschine zu vergleichen ist, die sich aus unzähligen einzelnen Objekten zusammensetzt und unabhängig vom Betrachter existiert, hat sich überholt und ist in die historischen Archive der Wissenschaft eingegangen. Das ihrem heutigen Stand entsprechende Modell stellt das Universum als ein einheitliches und unteilbares Gewebe aus Ereignissen und Beziehungen dar. Seine Teile sind verschiedene Aspekte und Muster eines großen Prozesses von unvorstellbarer Komplexität.
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Wie schon James Jeans (87) vor über 50 Jahren sagte, gleicht das Universum der modernen Physik mehr einem großen Gedanken als einer großen Maschine. Als die Wissenschaftler bis zu den tiefsten Strukturen der Materie vordrangen und die mannigfaltigen Aspekte der Prozesse in der Welt untersuchten, wurde das, was als feste Substanz erschien, immer flüchtiger, und schließlich blieben nur noch archetypische Muster, abstrakte mathematische Formeln und eine universelle Ordnung übrig. Es ist deshalb gar nicht so abwegig, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß das verbindende Prinzip im kosmischen Gewebe das Bewußtsein ist, das Bewußtsein im Sinne eines elementaren und nicht weiter rückführbaren Merkmals der Existenz.19)
Nach diesem Überblick über einige erstaunliche Entwicklungen in der modernen Wissenschaft möchte ich auf die schon früher dargestellten Beobachtungen aus der modernen Bewußtseinsforschung zurückkommen. Die meisten sind ohne jeden Zweifel mit dem kartesianisch-Newtonschen Paradigma der mechanistischen Wissenschaft unvereinbar. Es ist deshalb besonders interessant, ihre Beziehung zu verschiedenen Elementen des aufkommenden neuen wissenschaftlichen Weltbildes zu untersuchen. Das revolutionäre Potential der Daten aus der modernen Bewußtseinsforschung scheint von der Beobachtungsebene abhängig zu sein. So bieten Erlebnisse auf der Ebene der Erinnerungen aus dem Vorleben keine ernsthaften Probleme für etablierte Denkmodelle und können mit geringfügigen Abänderungen der bestehenden Theorien erklärt werden. Die perinatalen Erlebnisse verlangen schon nach massiveren Änderungen, doch ist es vorstellbar, daß auch sie ohne einen radikalen Paradigmawechsel integriert werden können. Die transpersonalen Erlebnisse hingegen lassen das mechanistische Denkmodell vollends zusammenbrechen und verlangen nach Neuerungen auf der Elementarebene wissenschaftlicher Theorien. Die notwendigen drastischen Revisionen werden sich speziell auf die Wissenschaftszweige auswirken, die immer noch im Bann des kartesianisch-Newtonschen Paradigmas stehen und die Prinzipien dieses aus dem 17. Jahrhundert stammenden Modells mit den Prinzipien der Wissenschaft gleichsetzen.
Fritjof Capra (25, 26) u.a. haben demonstriert, daß das aus der modernen Physik hervorgehende Weltbild sich immer mehr der mystischen Weltschau annähert. Dasselbe gilt weitaus mehr für die moderne Bewußtseinsforschung, da diese sich direkt mit den Bewußtseinszuständen, der eigentlichen Domäne der mystischen Schulen, befaßt. Als Folge davon lassen sich auch die revolutionären Konzepte der Bewußtseinsforschung immer besser mit denen der modernen Physik vereinbaren. Das eben Gesagte bedarf aber einiger Worte der Erklärung und Verdeutlichung. Eine Konvergenz zwischen Physik und Mystik bedeutet nicht Identität oder gar eine zukünftige Verschmelzung. Tendenzen, die Situation in dieser Weise zu interpretieren, sind mit Recht kritisiert worden.
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Eine besonders scharfe Kritik stammt von Ken Wilber in seinem Aufsatz Physics, Mysticism and the NewHolographie Paradigm (208). Er weist darauf hin, daß in der »philosophia perennis«, der »immerwährenden Philosophie« der überall und zu aller Zeit gleichbleibenden Grundwahrheiten, Sein und Bewußtsein in hierarchischen Ebenen geordnet sind, angefangen von den beschränktesten und fragmentarischsten bis hin zu den höchsten, feinsten und einheitlichsten Formen.
In den meisten Systemen werden die folgenden wichtigsten Ebenen angenommen: (1) die physikalische Ebene, zu der die nicht lebende Materie bzw. Energie gehört; (2) die biologische Ebene, zu der die lebende und empfindende Materie bzw. Energie gehört; (3) die psychologische Ebene, auf der es um den Geist, das Ich und das logische Denken geht; (4) die feinstoffliche Ebene, die die parapsychologischen und archetypischen Phänomene umfaßt; (5) die kausale Ebene, die durch Formlosigkeit und vollkommene Transzendenz charakterisiert ist; und (6) die Ebene des absoluten Bewußtseins und des Bestehens aller Ebenen des Spektrums an sich.
In der mystischen Weltschau transzendiert jede Ebene des Spektrums die Ebenen unter ihr und schließt sie mit ein, aber nicht umgekehrt. Da in der philosophia perennis die niedrigere Ebene von der höheren durch einen als »Involution« bezeichneten Prozeß geschaffen wird, läßt sich die höhere Ebene nicht aus der niedrigeren erklären. Jede Ebene hat einen eingeschränkteren und kontrollierte-ren Bewußtseinsbereich als die Ebene über ihr. Die Elemente der niedrigeren Welten sind nicht in der Lage, die höheren Welten zu erfahren, und haben auch kein Bewußtsein von ihrer Existenz, obwohl sie von ihnen durchdrungen sind. Die Mystiker unterscheiden zwei Formen der gegenseitigen Durchdringung, die horizontale innerhalb jeder Ebene und die vertikale zwischen den Ebenen.
Auf jeder Ebene herrscht Holoarchie, d.h. alle Elemente sind etwa im Rang gleich und durchdringen sich gegenseitig. Zwischen den Ebenen fehlt die Gleichwertigkeit und dominiert die hierarchische Ordnung. Die Entdeckungen der Physik haben nur einen Bruchteil der mystischen Weltschau bestätigt. Die Physiker haben das Dogma vom Primat der festen, unzerstörbaren Materie, das die Grundlage für die materialistische Weltanschauung bildete, zerstört. Als sie die subatomaren Phänomene erforschten, löste sich die Materie in abstrakte Bewußtseinsmuster und -formen auf. Sie demonstrierten auch die horizontale Einheit und die gegenseitige Durchdringung auf der ersten Ebene der oben genannten Hierarchien.
Die Informationstheorie und die Systemtheorie haben eine ähnliche Situation auf den Ebenen 2 und 3 nachgewiesen. Die neuen Entdeckungen in Physik, Chemie und Biologie sagen aber nichts über die höheren Ebenen der mystischen Hierarchie aus. In dieser Beziehung haben die genannten wissenschaftlichen Entwicklungen nur indirekte Bedeutung. Indem sie dem mechanistischen Weltbild, das die Mystik und die Spiritualität lächerlich machte, die Grundlage entzogen, schufen sie ein Klima, das gegenüber der Bewußtseinsforschung aufgeschlossener war.
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Der Zugang zu den übrigen Ebenen des Spektrums der philosophia perennis bleibt aber ausschließlich Entwicklungen in wissenschaftlichen Disziplinen vorbehalten, die die Bewußtseinsphänomene direkt erforschen. Dies dürfen wir nicht außer acht lassen, wenn wir jetzt die Beziehung zwischen den Beobachtungen in der modernen Bewußtseinsforschung und den neuen Entwicklungen in anderen Wissenschaftszweigen untersuchen.
Die transpersonalen Erlebnisse fallen in zwei Hauptkategorien. Die erste umfaßt Phänomene, deren Inhalt zu verschiedenen Elementen der materiellen Welt — zu anderen Personen, Tieren, Pflanzen und unbeseelten Objekten oder Prozessen — in einer direkten Beziehung steht. In der zweiten Kategorie eröffnen sich Erlebensbereiche, die eindeutig außerhalb dessen stehen, was in der westlichen Welt allgemein als objektive Realität anerkannt wird. Hierzu gehören beispielsweise verschiedene archetypische Visionen, mythologische Sequenzen, Erlebnisse der Beeinflussung durch Götter oder Dämonen, Begegnungen mit körperlosen oder übermenschlichen Wesen und die Identifikation mit dem Geist des Universums oder dem überkosmischen Nichts.
Die erste Kategorie von Erlebnissen läßt sich noch in zwei weitere Gruppen unterteilen. Das Unterscheidungsprinzip ist hier die Art der konventionellen Barriere, die überschritten zu werden scheint. Bei manchen Erlebnissen ist diese in erster Linie die Aufteilung des Raumes und die Getrenntheit von den übrigen Dingen, bei anderen die Beschränkung durch die Linearität des konventionellen Zeitbegriffs. Erlebnisse dieser Art bilden ein unüberwindliches Hindernis für die kartesianisch-Newtonsche Wissenschaft, für die Materie etwas Festes ist, Begrenzung und Getrenntheit absolute Eigenschaften des Universums sind, und die Zeit als geradlinig verlaufend und nicht umkehrbar gilt.
Anders verhält es sich mit dem modernen wissenschaftlichen Weltbild, das das Universum als ein unendliches einheitliches Gewebe aus gegenseitigen Beziehungen darstellt und alle Grenzen als letztlich willkürlich und überwindbar betrachtet. Die scharfe Trennung zwischen Objekt und leerem Raum ist überwunden worden, und man zieht die Möglichkeit subatomarer Verbindungen in Betracht, die die von der mechanistischen Wissenschaft akzeptierten bzw. für sie akzeptablen Kanäle umgehen. Auch gilt es in der modernen Physik als durchaus plausible Hypothese, daß ein Bewußtsein außerhalb des Gehirns von Menschen und höheren Wirbeltieren existiert. Manche Physiker sind sogar der Meinung, daß in zukünftige Theorien über die Beschaffenheit der Materie und Spekulationen über das physikalische Universum das Bewußtsein als primärer Faktor und als das wichtigste verbindende Prinzip im kosmischen Gewebe eingehen muß. Wenn in einem gewissen Sinn das Universum ein aus einem Stück bestehendes und einheitliches Gewebe ist und einige seiner Bestandteile offensichtlich bewußt sind, dann müßte dies für das ganze System gelten. Es ist natürlich vorstellbar, daß verschiedene Teile in unterschiedlichem Grade bewußt sind und verschiedene Formen von Bewußtheit manifestieren.
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Aus dieser Sicht sind Unterteilungen des letztlich unteilbaren kosmischen Gewebes unvollständig, willkürlich und wandelbar. Angesichts dieser Tatsache gibt es keinen Grund, der dagegen spräche, daß dies auch für die im Erleben vorhandenen Grenzen zwischen den Einheiten des Bewußtseins gilt. Es läßt sich vorstellen, daß unter bestimmten Umständen jemand seine Identität mit dem kosmischen Netzwerk zurückgewinnen und jeden Aspekt seiner Existenz bewußt erfahren kann. Im ähnlichen Sinn wären bestimmte Formen der außersinnlichen Wahrnehmung, in denen die konventionellen Grenzen des Raums überschritten werden, mit diesem Modell vereinbar. Was etwa die Telepathie, die mediale Diagnose, die Kryptoskopie oder die Astralprojektion angeht, so stellt sich nicht mehr die Frage, ob solche Phänomene möglich sind, sondern was sie daran hindert, zu jeder beliebigen Zeit aufzutreten. Mit anderen Worten: man setzt sich jetzt mit dem Problem auseinander, was in einem seinem Wesen nach leeren und materielosen Universum, dessen wahre Natur unteilbare Einheit ist, den Anschein von Festigkeit, Getrenntheit und Individualität hervorruft.
Transpersonale Erlebnisse, in denen die Begrenzungen des Raums überschritten werden, lassen sich auch recht gut mit dem Weltbild vereinbaren, das auf der Informationstheorie und der Systemtheorie basiert. In diesem Ansatz wird ebenfalls die Vorstellung von einem Universum vertreten, in dem die Grenzen willkürlich sind, feste Materie nicht existiert und dem Muster die höchste Bedeutung zukommt. Zwar wird das Bewußtsein nicht ausdrücklich einbezogen, doch kann man in diesem Zusammenhang sehr wohl über geistige Prozesse in Verbindung mit Zellen, Körperorganen, niedrigeren Organismen, Pflanzen, ökologischen Systemen, sozialen Gruppen öder dem gesamten Planeten sprechen.
Was Erlebnisse betrifft, in denen die Grenzen der Zeit überschritten werden, so hat die mechanistische Wissenschaft als einzige Alternativen für die Interpretation der Aktivierung von Ereignissen aus der Vergangenheit das materielle Substrat des Zentralnervensystems oder den genetischen Kode anzubieten. Diesen Ansatz könnte man - wenn auch unter den größten Schwierigkeiten - auf bestimmte vergangene Erfahrungen anwenden, auf Erfahrungen im embryonalen Zustand sowie Erfahrungen, die die Ahnen, das Rassenkollektiv oder die Gesamtheit der phylogenetischen Vorfahren gemacht haben. Es wäre aber in diesem Rahmen völlig absurd, ernsthaft solche Erlebnisse in Betracht zu ziehen, in denen sich historische Episoden aus Situationen wiederholen, mit denen der einzelne nicht biologisch verbunden ist. Beispiele dafür wären Elemente des Jungschen kollektiven Unbewußten aus Kulturen anderer Rassen oder Erlebnisse aus früheren Inkarnationen. Dasselbe gilt für Zeiträume, die vor dem Ursprung des Zentralnervensystems überhaupt, des Lebens, dieses Planeten oder des Sonnensystems liegen. Ähnlich ist jede Vorausnahme von zukünftigen Ereignissen unvorstellbar, da das Zukünftige noch nicht geschehen ist. Die moderne Physik hat aufgrund ihrer weiteren Auslegung des Zeitbegriffs einige faszinierende Erklärungsmöglichkeiten anzubieten. So gibt die Einsteinsche Relativitätstheorie, in der der dreidimensionale Raum und die lineare Zeit
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durch ein vierdimensionales Raum-Zeit-Kontinuum ersetzt werden, einen interessanten Rahmen für das Verständnis bestimmter transpersonaler Erlebnisse ab, in denen es um Ereignisse aus anderen historischen Zeitabschnitten geht. Die spezielle Relativitätstheorie zieht unter bestimmten Umständen ein umgekehrtes Fließen der Zeit in Betracht. Die modernen Physiker haben sich daran gewöhnt, die Zeit als etwas zu behandeln, was sich vorwärts und rückwärts bewegen kann. So entsprechen beispielsweise in der Interpretation der Raum-Zeit-Diagramme der Hochfrequenzphysik, der sogenannten Feynman-Diagramme, die zeitlich nach vorne gerichteten Bewegungen von Teilchen den zeitlich rückwärts gerichteten Bewegungen entsprechender Antiteilchen.
John Wheeler hat in seinem Buch Geometrodynamics (204) Parallelen zwischen Ereignissen in der physikalischen Welt und solchen in außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen postuliert. Seine Vorstellung von einem Hyperraum macht theoretisch unmittelbare Verbindungen zwischen allen Elementen des Universums ohne die durch die Lichtgeschwindigkeit gesetzten Einschränkungen der Einsteinschen Theorie möglich. Auch haben die von der Einsteinschen Relativitätstheorie postulierten außergewöhnlichen Veränderungen von Raum-Zeit, Materie und Kausalität im Zusammenhang mit der Kontraktion von Sternen und den »schwarzen Löchern« ihre Parallelen im Erleben in Zuständen veränderten Bewußtseins. Zwar ist es gegenwärtig unmöglich, die Konzepte der modernen Physik zu den Beobachtungen aus der modernen Bewußtseinsforschung in eine direkte und leicht verständliche Beziehung zu setzen, doch sind die Parallelen verblüffend. Wenn wir bedenken, welche außergewöhnlichen Modelle Physiker für die Erklärung ihrer Beobachtungen auf der einfachsten aller Realitätsstufen benötigen, wird offenkundig, wie absurd die Tendenz der mechanistischen Psychologie ist, die Existenz von Phänomenen zu leugnen, die dem nüchternen gesunden Menschenverstand widersprechen oder die nicht auf so reale Ereignisse wie die Beschneidung oder die Sauberkeitserziehung zurückgeführt werden können.
Im Gegensatz zu den genannten Phänomenen befindet sich die Kategorie der transpersonalen Erlebnisse, deren Inhalt keine Parallelen in der natürlichen Realität hat, eindeutig außerhalb der Reichweite der Physik. Aber selbst hier scheint es einen grundlegenden Unterschied zwischen ihrem Status im Rahmen des kartesianisch-Newtonschen Paradigmas und dem im Rahmen des modernen wissenschaftlichen Weltbildes zu geben. Im mechanistischen Modell besteht das Universum aus unzählig vielen materiellen Teilchen und Objekten. Die Existenz nicht-materieller Seinsformen, die nicht mit den gewöhnlichen Mitteln und nicht bei normalem Bewußtsein beobachtet oder entdeckt werden kann, wird im Prinzip geleugnet. Die Erfahrung solcher Seinsformen würde in die Welt krankhaft veränderter Bewußtseinszustände und Halluzinationen verbannt und philosophisch als irgendwie geartete Verzerrung von Sinneseindrücken »objektiv existierender Elemente« interpretiert werden.
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Im modernen Weltbild lassen sich sogar die materiellen Bestandteile der Welt auf abstrakte Muster und das »dynamische Vakuum« zurückführen. Im einheitlichen Gewebe des Universums sind alle Strukturen, Formen und Grenzen letztlich willkürlich. Form und Leere sind relative Begriffe. Ein Universum mit solchen Eigenschaften schließt nicht prinzipiell die Möglichkeit der Existenz wie auch immer gearteter Seinsformen aus, etwa auch nicht die Möglichkeit der Existenz mythologischer und archetypischer Formen.
Wir haben schon früher erwähnt, daß transpersonale Erlebnisse häufig mit Ereignissen in der Außenwelt sinnvoll verbunden sind, und zwar in einer Weise, die sich nicht mit den Gesetzen der linearen Kausalität erklären läßt. Carl Gustav Jung (91) hat in seiner klinischen Tätigkeit viele eindrucksvolle Zusammentreffen dieser Art beobachtet. Um sie zu erklären, postulierte er die Existenz eines akausalen Verknüpfungsprinzips, das er Synchronizität nannte. Er definierte diese als das gleichzeitige Auftreten eines bestimmten psychischen Zustandes und eines oder mehrerer äußerer Ereignisse, die sinnvolle Parallelen zu dem gegenwärtigen subjektiven Zustand zu besitzen scheinen. Nach diesem Prinzip verknüpfte Ereignisse haben einen offensichtlichen thematischen Bezug, obwohl es keine, mit linear-kausalen Gesetzen erklärbare Verbindung zwischen ihnen gibt.
Viele Personen, die als psychotisch gelten, erleben verblüffende Beispiele von Synchronizität. In den gleichgültigen und voreingenommenen Untersuchungen durch Psychiater kartesianisch-Newtonscher Orientierung werden alle Hinweise auf sinnvolle Zusammentreffen routinemäßig als Beziehungswahn abgetan. Es besteht aber kein Zweifel, daß es neben psychopathologischen Interpretationen offenkundig nicht bezogener Ereignisse echte Fälle von Synchronizität gibt. Situationen dieser Art fallen zu sehr ins Auge und sind zu häufig, als daß sie völlig außer acht gelassen werden könnten. Es ist deshalb recht ermutigend und erfrischend, daß moderne Physiker die Existenz vergleichbarer Phänomene unter den peinlich genau kontrollierten Bedingungen ihrer Laborexperimente anerkennen mußten. Beils Theorem und die dadurch inspirierten Experimente verdienen in diesem Zusammenhang besondere Beachtung.
Die Parallelen zwischen dem Weltbild moderner Physiker und der Welt der Erlebnisse von Mystikern und Personen im psychedelischen Rausch sind in der Tat sehr weitreichend, und es gibt gute Gründe für die Annahme, daß sie noch weitergehen werden. Der grundlegende Unterschied zwischen den Schlußfolgerungen, die auf der wissenschaftlichen Analyse der Außenwelt basieren, und denjenigen, die durch das tiefe Eindringen in die Innenwelt nahegelegt werden, liegt darin, daß in der modernen Physik die Welt des Paradoxen und Transrationalen nur durch abstrakte mathematische Gleichungen beschrieben werden kann, während sie in den außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen direkt und unmittelbar erfahren wird.
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Personen, die in Mathematik und Physik beschlagen waren, berichteten wiederholt, daß sie in LSD-Sitzungen erhellende Einsichten in verschiedene Konzepte und Konstrukte erhielten, die sie sich bei normalem Bewußtsein überhaupt nicht oder nicht anschaulich vorstellen konnten. Zu diesen Konzepten und Konstrukten gehörten u. a. Riemanns Geometrie eines n-dimensionalen Raums, Minkowskis Raum-Zeit, die nicht-Euklidische Geometrie, der Zusammenbruch natürlicher Gesetze in einem schwarzen Loch und Einsteins allgemeine und spezielle Relativitätstheorie. Die Krümmung von Raum und Zeit, ein unendliches, aber in sich abgeschlossenes Universum, die Austauschbarkeit von Masse und Energie, unendliche Mengen verschiedener Ordnung, Nullmengen verschiedener Größe — all diese schwierigen Konzepte der Mathematik und Physik wurden von manchen subjektiv erfahren und in einer völlig neuen Weise verstanden. Es war sogar möglich, direkte Entsprechungen im Erleben zu Albert Einsteins berühmten Gleichungen auf der Basis der Lorentzschen Transformationen zu finden. Diese Beobachtungen waren so eindrucksvoll, daß sie ein zukünftiges Forschungsprojekt rechtfertigen würden, in dem prominente Physiker die Möglichkeit erhielten, psychedelische Zustände für die theoretische Inspiration und ein kreatives Problemlösen zu erfahren.
Die Tatsache, daß so viele Beobachtungen aus der Erforschung tiefer Bewußtseinsbereiche mit den Entwicklungen in der modernen Physik vereinbar sind und die Grenzen des kartesianisch-Newtonschen Modells aufzeigen, ist höchst ermutigend und vielversprechend. Sie sollte dabei mithelfen, die neuen Ansätze in den Augen der Fachwelt zu legitimieren.
Die potentielle Bedeutung der Bewußtseinsforschung mit oder ohne Anwendung psychedelischer Drogen geht über die eng gesteckten Grenzen der herkömmlichen Psychologie und Psychiatrie weit hinaus. Aufgrund der Komplexität ihres Untersuchungsgegenstandes haben sich Vertreter dieser beiden Wissenschaftsdisziplinen in der Vergangenheit bemüht, eine feste Verankerung in der Physik, der Chemie, der Biologie und der Medizin zu schaffen und damit den Ruf einer exakten Wissenschaft zu bekommen. Diese Anstrengungen waren zwar historisch und politisch gesehen notwendig, doch vernachlässigten sie die Tatsache, daß die verwickelten Phänomene, die von Psychologie und Psychiatrie studiert werden, in ihrer Gesamtheit nicht mit Konstrukten solcher Wissenschaftszweige erklärt werden können, die sich mit einfacheren und grundlegenderen Aspekten der Realität befassen.
Die Ergebnisse psychologischer Forschung sollten selbstverständlich nicht im Widerspruch zu Grundgesetzen der Physik und Chemie stehen. Die Wissenschaft vom Bewußtsein aber, die Phänomene mit einzigartigen und besonderen Merkmalen untersucht, sollte das Recht haben, Eigenes zum Verständnis der Welt beizutragen und Ansätze oder beschreibende Systeme zu verwenden, die für ihre Zwecke am besten geeignet sind. Da letztlich alle Wissenschaftsdisziplinen auf den Sinneswahrnehmungen aufgebaut sind und Produkte des menschlichen Geistes darstellen, erscheint es offensichtlich, daß die Bewußtseinsforschung Gültiges für jeden Bereich der Erforschung der physikalischen Welt beitragen kann.
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In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, daß die Kenntnis vieler in diesem Buch beschriebener Phänomene den mit ihnen zu vereinbarenden Entwicklungen in der modernen Physik um Jahrhunderte oder gar Jahrtausende vorausging. Sie wurden von den Psychiatern achtlos übergangen oder in den psychopathologischen Bereich verbannt, weil sie nicht in das kartesianisch-Newtonsche Modell integriert werden konnten und dessen Grundpostulaten widersprachen.
Es lohnt sich, aus dieser Sicht einen Blick auf die Konvergenz zwischen moderner Physik, Mystik und Bewußtseinsforschung zu werfen. Die Parallelen gehen zwar sehr weit und versetzen in Staunen, doch sind sie zumeist formaler Natur. Sie können nur diejenigen transpersonalen Erlebnisse erklären, in denen sich jemand bewußt mit verschiedenen Aspekten des materiellen Universums in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft identifiziert. In der mystischen Literatur findet sich ein ganzes Spektrum an zusätzlichen Realitätsbereichen, das sich den konventionellen Ansätzen der materialistischen Wissenschaft entzieht.
Das auf der Quanten- und Relativitätstheorie basierende neue Realitätsmodell ist über das Konzept der festen, unzerstörbaren Materie und der voneinander getrennten Objekte hinausgegangen und stellt das Universum als ein komplexes Gewebe aus Ereignissen und Beziehungen dar. In der letzten Analyse verlieren sich die Spuren jeglicher materieller Substanz in der uranfänglichen Leere des dynamischen Nichts. Der Physiker kann aber sehr wenig über die verschiedenen besonderen Formen aussagen, die der kosmische Tanz auf anderen Realitätsebenen annimmt. Die Einsichten aus den Erlebnissen in außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen legen die Existenz einer nicht greifbaren und unermeßlichen, sich ihrer selbst bewußten Intelligenz nahe, die alle Realitätsebenen durchdringt. Aus diesem Ansatz geht hervor, daß das höchste Prinzip der Existenz und die letzte Realität ein reines Bewußtsein ohne spezifischen Inhalt ist. Aus diesem Bewußtsein kann alles im Kosmos abgeleitet werden. Mit einem spielerischen Sinn für Exploration, Abenteuer, Drama, Kunst und Humor schafft es zahllose phänomenale Welten. Dieser Aspekt der Realität mag zwar außerhalb der Reichweite von Methoden der exakten Wissenschaften liegen, könnte aber für ein echtes Verständnis des Universums und seine vollständige Beschreibung unerläßlich sein. Es läßt sich nur schwer vorstellen, daß die Physik gegenwärtig oder zu irgendeinem zukünftigen Zeitpunkt innerhalb der Einschränkungen ihrer Disziplin den Zugang zu diesem letzten Mysterium finden könnte. Man würde also lediglich den alten Fehler wiederholen, wenn man sich von der Physik ihr neues Paradigma leihen und es zur allein bestimmenden Grundlage der Bewußtseinsforschung machen würde. Wichtig ist, im Besitz eines Paradigmas zu sein, daß aus den Bedürfnissen unserer eigenen Disziplin erwächst, und Versuche zu machen, die Kluft zu anderen Disziplinen zu überbrücken, statt mit ihnen zu wetteifern. Die Bedeutung neuer Entwicklungen in der Physik für das Studium des Bewußtseins liegt daher mehr in der Zerstörung der theoretischen Zwangsjacken der mechanistischen kartesianisch-Newtonschen Wissenschaft und nicht so sehr in der Aufstellung eines neuen, auch für die Bewußtseinsforschung verpflichtenden Paradigmas.
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An diesem Punkt erscheint es angemessen, die Auswirkungen der genannten Daten aus der Quanten- und Relativitätstheorie, aus der modernen Bewußtseinsforschung und aus anderen Bereichen der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts auf das Verständnis der Psyche und der menschlichen Natur zu betrachten.
Die mechanistische Wissenschaft hat in der Vergangenheit eine unzählige Menge von Untersuchungsergebnissen angesammelt, die nahelegen, daß Menschen in einem sehr weit zutreffenden Grad als getrennte materielle Einheiten verstanden und behandelt werden können, als ihrem Wesen nach biologische Maschinen, die sich aus ihren Bestandteilen — etwa den Organen, den Geweben und den Zellen — zusammensetzen. In diesem Rahmen galt das Bewußtsein als Produkt physiologischer Prozesse im Gehirn.20)
Angesichts der in diesem Buch besprochenen neuen Untersuchungsergebnisse aus der Bewußtseinsforschung läßt sich die Vorstellung, daß der Mensch nichts anderes als eine biologische Maschine sei, als alleingültiges Denkmodell nicht mehr halten. In tiefgehendem logischen Widerspruch zu dieser traditionellen Denkweise stützen die neuen Daten recht eindeutig die Ansicht, die von den mystischen Traditionen aller Zeiten vertreten worden ist, nämlich daß Menschen unter bestimmten Umständen auch als unermeßlich weite Bewußtseinsfelder fungieren können, in denen die Grenzen des physikalischen Körpers, des Raumes und der Zeit im Sinne Newtons und der linearen Kausalität überschritten werden.
Diese Situation hat große Ähnlichkeit mit dem Dilemma, auf das die modernen Physiker bei der Untersuchung subatomarer Teilchen stießen, als sie nämlich feststellten, daß Licht und Materie sowohl die Eigenschaften von Wellen als auch die Eigenschaften von Teilchen annehmen können. Nach dem von Niels Bohr aufgestellten Komplementaritätsprinzip, das er zur Lösung dieses Paradoxons entwickelte, sind beide Konzepte — das Wellen- und das Teilchenkonzept — für eine umfassende Beschreibung des Lichts und der subatomaren Teilchen notwendig. Welle und Teilchen sind zwei einander ergänzende und gleich notwendige Aspekte ein und derselben Realität. Jedes Beschreibungskonzept ist nur teilweise richtig und hat einen beschränkten Anwendungsbereich. Welcher von beiden Aspekten sich manifestiert, hängt vom Experimentator und den experimentellen Bedingungen ab.
Bohrs Komplementaritätsprinzip bezieht sich speziell auf Phänomene der subatomaren Welt und kann nicht mechanisch auf andere Problembereiche übertragen werden. Es setzt aber einen interessanten Präzedenzfall für andere Disziplinen, insofern als es ein Paradoxon kodifiziert, statt es zu lösen. Meiner Ansicht nach haben sich in den Wissenschaften, die sich mit dem Menschen befassen — in der Medizin, der Psychiatrie, der Psychologie, der Parapsychologie, der Anthropologie, der Thanatologie u.a. — genügend widersprüchliche Daten angesammelt, die die Aufstellung eines vergleichbaren Prinzips voll rechtfertigen würden.
Es mag zwar aus der Sicht der klassischen Logik absurd und unmöglich erscheinen, doch ist die Natur des Menschen in ähnlicher Weise doppeldeutig. Manchmal legt sie mechanistische Interpretationen nahe, in denen der Mensch mit seinem Körper und den Organfunktionen gleichgesetzt wird. Manchmal aber zeigt sie ein ganz anderes Bild, das vermuten läßt, daß der Mensch auch als unermeßlich weit ausgedehntes Bewußtseinsfeld fungieren kann, in dem Materie, Raum, Zeit und lineare Kausalität transzendiert werden. Um nun den Menschen umfassend und erschöpfend zu beschreiben, müssen wir die paradoxe Tatsache akzeptieren, daß er sowohl materielles Objekt bzw. biologische Maschine als auch immaterielles Bewußtseinsfeld ist. In der Physik hängen die Ergebnisse subatomarer Experimente vom Konzept und vom Ansatz des Experimentators ab. In einem gewissen Sinn führen Wellenfragen zu Wellenantworten und Teilchenfragen zu Teilchenantworten. Es ist vorstellbar, daß im Falle des Menschen die Vorstellung des Untersuchers von seinem Wesen und die experimentelle Anordnung die eine oder die andere Seite der menschlichen Natur deutlicher zum Vorschein bringt.
Wir könnten dem Beispiel Niels Bohrs folgen und uns mit einem einfachen Nebeneinander dieser beiden widersprüchlichen, aber einander ergänzende Bilder begnügen, also jedes von ihnen als teilweise richtig betrachten. Bestimmte Entwicklungen in der Mathematik, der Physik und der Gehirnforschung haben jedoch die Existenz neuer Mechanismen zum Vorschein gebracht, die eine vielversprechende Perspektive eröffnen. Möglicherweise können beide anscheinend nicht zu vereinbarende Vorstellungen vom Menschen zu einem zukünftigen Zeitpunkt in eleganter und umfassender Weise integriert werden. Die in dieser Hinsicht relevanten Daten stammen aus dem Bereich der Holographie, der Theorie des »holomovement« (der »Ganzbewegung«) von David Böhm, und den Gehirnforschungen von Karl Pribram.
Die nun folgende Diskussion holographischer Prinzipien sollte nicht als Entwurf eines neuen physikalischen Modells für die Bewußtseinsforschung verstanden werden, sondern die Phantasie anregen und zukünftigen Spekulationen den Weg weisen. Es wird nicht behauptet, daß die Welt ein Hologramm sei, sondern daß die Holographie die Existenz bestimmter neuer Prinzipien offenlegt, die eventuell das Wesen der Realität bestimmen.
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