Jan GrohColón / OstbrotEine Irrfahrt im Wendeherbst
"Großer Wenderoman"
"Intimer
Einblick in den Maschinenraum
1996 - beinahe im Verlag Volk und Welt 2001 - im Verlag Monsenstein, Münster ("Colón", 350 S.) 2010 - im Verlag Prospero, Münster ("Ostbrot", 430 S.) 2021 - im Verlag Sol et Chant, Letschin, 430 Seiten. |
2001, 2010, 2021 *1964 in Kiel Jan-Groh.de HOME sol-et-chant.de/jan-groh.html Verlag
detopia: |
Arne Born (2019) Literaturgeschichte der deutschen Einheit - 1989-2000 Fremdheit zwischen Ost und West
Wehrhahn-Verlag, Hannover, 650 Seiten Darin:
Audio 2019 DLF zum Born-Buch (11min) (von Wüllenkemper)
Webseite - DLF - zum Born-Buch
Arne Born im DLF: "Ich glaube, in meinem Buch zeigen zu können, dass er [Wenderoman] in gewisser Weise geschrieben wurde, es aber niemand gemerkt hat. Wenn wir nämlich diese drei Romane, Ingo Schulze <Simple Storys>, Jan Groh <Colón> und Bernd Wagner <Paradies> zusammennehmen als eine Art ungewollte Trilogie, dann haben wir hier den großen Wenderoman. Wir haben die drei Fremdheitserfahrungen in geradezu repräsentativer Form."
Arne Born beim Kulturrat "<Paradies> des immer schon völlig unterschätzten und jenseits des Mainstreams schreibenden Bernd Wagner ist nur noch antiquarisch erhältlich. Und das Schicksal von Jan Grohs Roman <Colón> macht geradezu fassungslos. .... Es gilt, diese beiden literarischen Juwele dem Lesepublikum wieder zugänglich zu machen. In sorgfältig lektorierten Neuausgaben. Jeder deutschsprachige Verlag, der sich eine Verantwortung für die deutsche Gegenwartsliteratur zugutehält, ist aufgerufen." (30.03.2020)
URL: kulturrat.de / ost-west-perspektiven / die-literatur-weiss-es-besser
"Der Deutsche Kulturrat e.V. ist der Spitzenverband der Bundeskulturverbände. Er ist der Ansprechpartner der Politik und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Europäischen Union in allen ... übergreifenden kulturpolitischen Angelegenheiten. Ziel des Deutschen Kulturrates ist es, kulturpolitische Diskussion auf allen politischen Ebenen anzuregen und für Kunst-, Publikations- und Informationsfreiheit einzutreten." https://www.kulturrat.de/ueber-uns
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Audio
2020 im DLF zum Buch (6
min)
"Colón" = Christoph Kolumbus
wikipedia Verlag Volk und Welt
Ludger Braun wird gedrängt, unter dem Namen seines Bruders eine Frau aus Ost-Berlin zu heiraten und wird in die Ereignisse des Herbstes 1989 hineingezogen, die am Ende zum Fall der Mauer führen. Dabei lernt er die Welt der Ost-Berliner Oppositionellen kennen - und auch das MfS.
Autor:
Jan Groh wurde 1964 in Kiel geboren und wuchs in Hamburg und Siegen auf. Nach dem Abitur 1983 studierte er Physik, zunächst in Aachen, ab 1985 in Hamburg. Im Anschluß an das Diplom im Jahr 1989 arbeitete er als Lehrer an einer berufsbildenden Schule. Im Sommer 1989 nimmt Groh als Gast an der Hochzeit einer Freundin in Ost-Berlin teil. Einziger Zweck der Scheinheirat ist es, dem ostdeutschen Ehemann die legale Ausreise in den Westen zu ermöglichen. Groh kommt in Kontakt mit der DDR-Dissidentenszene, die ihn tief beeindruckt. Er verliebt sich in eine Ost-Berliner Studentin und erlebt den Wende-Herbst in der DDR aus unmittelbarer Nähe. Die Erlebnisse und Erfahrungen dieser Zeit bilden später den Hintergrund des ersten Romans "Colón" (2001). Der Wunsch, die weitere Entwicklung des Osten und das Zusammenwachsen der beiden deutschen Teilstaaten mitzuerleben, führt Groh 1991 nach Berlin, wo er bis 1998 an der Berliner Charité Humanmedizin studiert. Nach dem Abbruch des Studiums aus gesundheitlichen Gründen entscheidet er sich, die Literatur endgültig zum Zentrum seines Berufslebens zu machen und arbeitet als freier Schriftsteller und Literaturrezensent. Nebenberufliche Tätigkeiten sehen ihn als Fraktionsassistenten in einem Kommunalparlament (1999), als Medical Editor für Arzneimittelzulassungsanträge und als Medizin-Jounalisten. Beginn der Arbeit an dem Wenderoman "Colón". Das Buch erscheint 2001. Obwohl vom Literaturbetrieb kaum wahrgenommen, gilt es seinen Kennern als eine der authentischsten und inhaltlich wie formal spannendsten Darstellungen der Wende-Zeit. In seiner Verknüpfung ost- und westdeutscher Erfahrungen ist es singulär. 2010 Neuveröffentlichung von "Colón" unter dem Titel "Ostbrot - Eine Irrfahrt im Wendeherbst", Prospero Verlag, Münster. Für seinen zweiten Roman "Die rote Stadt" erhielt er den 2005 Alfred-Döblin-Werkstatt-Preis der Akademie der Künste, Berlin.
Leseberichte
Aus:
tip-berlin.de/jan-grohs-wenderoman-ostbrot
Eines vorneweg: Ja, dies ist ein Wenderoman. Aber nicht der Wenderoman. Darauf warten einige ja immer noch - allen Brussigs, Tellkamps, Schulzes, Sparschuhs zum Trotz. Jan Grohs gerade erschienener Debütroman ist einfach ein ziemlich gutes Buch. Auch wenn man demjenigen, der ihm den bescheuerten Titel „Ostbrot. Eine Irrfahrt durch den Wendeherbst“ eingebrockt hat, mit Tommy Jaud nicht unter zwei Büchern belangen sollte. Denn Jan Groh, 1964 in Kiel geboren, jetzt Medizinjournalist in Berlin mit frühen literarischen Ambitionen, schreibt zwar pointiert mit oft drastisch verknappten Sätzen, schrammt dabei gelegentlich auch knapp am Manierismus vorbei. Er liefert aber keine Kalauersammlung ab. Alles andere als das. Im Sommer 1989 ist Ludger Braun aus Hamburg so alt wie die Berliner Mauer – 28. Als sein vier Jahre jüngerer Bruder an einer Hirnblutung stirbt, findet er sich plötzlich in einem wilden Heiratsplot mit der DDR-müden Ostberlinerin Rachel wider. Die hatte zum Schein seinen Bruder ehelichen wollen, als einen Freifahrtschein aus dem engen, ummauerten Land. Ludger lässt sich überreden, die Identität seines Bruders anzunehmen. So stolpert er durch die Handlung, die ihn in die von Groh mit viel Gespür für Charakternarben gezeichneten Kreise der DDR-Opposition spült, ohne eigenen Antrieb (außer dem des Eros). Alle machen etwas mit ihm, ziehen ihn irgendwo rein und immer weiter. Rachel. Ihr Ostberliner Freundeskreis. Die unbekümmerte, mit verkümmerten Armen geborene Franzi, Ex-Mitbewohnerin ihres Bruders in Hamburg. Ein Stasi-Mann, der auch noch "Freund" heißt. Und Ludger lässt einfach alles geschehen, weil ihm nie ein Ausweg einfällt aus der Scheiße, die sich immer höher um ihn auftürmt. Eine zentrale Stelle im Buch ist eine quälend lange, dichte Verhörszene mit dem Stasi-Mann, komisch und grausam zugleich, in der Ludger zum Verräter an sich selbst und an seinen neuen Ostberliner Bekannten wird. Wo kein eigener Wille ist, keine Prinzipien sind, da kann auch kein Widerstand sein. Dass „Ostbrot“ im letzten Drittel an Fahrt verliert, sich Groh zu sehr im Chronistentum verheddert – 40. DDR-Jahrestag, Gorbatschow, Groß-Demo auf dem Alex etc. – geschenkt. Dass die Auflösung von Ludgers Dilemma dann doch allzu erwartbar ausfällt, auch. Am Ende legt man das Buch zur Seite und denkt: Da hat einer eine Menge gewollt. Und auch ziemlich viel gekonnt.
Audio am 31.07.2020 im DLF bis zum 1.1.2038 ! ardaudiothek - colon-ein-vergessener-wenderoman-wiederentdeckung-des-autors-jan-groh
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Colón-Autor heute - ausruhen nach der großen Reise
Die Fotorechte liegen beim Autor - keine "Freeware".