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Teil
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deutsche Dichter |
4.1 Unser labiler Planet
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In den mehreren hundert Millionen Jahren, in denen sich die Erde abkühlte, ging die Vulkantätigkeit zurück. Doch einige hundert Vulkane blieben bis heute mehr oder weniger aktiv, wobei sie allerdings nur sporadisch Feuer und Asche speien oder gar Lavaströme ausgießen. Sie häufen sich in einigen Land- und Seegebieten; 96 Inseln sind durch Vulkane entstanden. Man kann etwa jährlich mit zwei größeren Ausbrüchen an irgendeiner Stelle rechnen.
In den ersten 80 Jahren unseres Jahrhunderts gab es 166 Eruptionen aus elf Vulkanen. Mit 40.000 Toten forderte der Ausbruch des Montagne Pelé auf der Insel Martinique 1902 die höchsten Verluste. Der berühmteste historische Vulkanausbruch ist der des Vesuv am 24. August des Jahres 79, wobei in Pompeji rund 2000 Bürger umkamen, die zum Teil in der Lavaflut konserviert wurden. Der bisher letzte große Lavaausstoß erfolgte 1783 in Island, wo der Lakagigar eine flüssige Masse von zwölf Kubikkilometern ausgoß.
Die gewaltigste datierbare Vulkaneruption ereignete sich vor 7000 Jahren in Kalifornien, wobei 6000 Kubikkilometer ausgeworfen wurden.1 Dagegen ist der eine Kubikkilometer, den der Mount St. Helens 1980 auswarf, eine Lappalie. Die gewaltigsten Vulkanausbrüche mögen soviel Staub und Asche in die Atmosphäre geschleudert haben, daß sie das Klima veränderten. Somit könnten sie auch das plötzliche Verschwinden zahlreicher Tierarten zu gewissen Zeiten verursacht haben, dessen Erklärung noch aussteht.
Meteoriten, von denen ein großer im Durchschnitt alle 120.000 Jahre auf der Erde einschlug, könnten allerdings noch mehr Staub in die Atmosphäre geschleudert haben als Vulkane. Eine andere Art von Vulkankatastrophe gab es im Jahre 1985, als die Lava des Vulkans Nevado del Ruiz in Kolumbien sich mit Regen- und Schmelzwasser des Schnees sowie Erdmassen verband und die Stadt Armero mit 20.000 Einwohnern unter dem Schlamm begrub. Der Pinatubo auf der Philippinen, der 700 Jahre ruhte, eruptierte 1991 gewaltig und begrub wenig Menschen, aber Tausende von Quadratkilometern unter seiner Asche, die er weiter auswirft; bis zum Herbst 1991 wurde eine Million Philippinos obdachlos.
Größere Gefahren gehen von den Erdbeben aus. Sie entstehen durch Verschiebung der kontinentalen Erdplatten, die im Laufe von Hunderten von Jahrmillionen schon Tausende von Kilometer gewandert sind. Unsere Erdkruste schwimmt gleichsam auf einer zähen heißen Flüssigkeit, folglich kommt sie nie zur Ruhe. Die verheerende Wirkung der Erderschütterungen besteht weniger in den Veränderungen der Landschaft als vielmehr darin, daß sie die festen Bauten der Menschen wie Kartenhäuser einstürzen lassen und die Menschen darunter begraben. Also waren Erdbeben solange kein lebensgefährliches Problem, wie die Menschen noch keine festen Häuser kannten.
Eine Vorankündigung der Beben hat sich trotz intensiver Forschung als unrealisierbar erwiesen. Bekannt sind lediglich die gefährdeten Zonen, was die Menschen nicht abschreckte, sich dort anzusiedeln.
Die Europäer wurden von Erdbeben relativ wenig heimgesucht. Das schwerste im Mittelalter war das von Basel (1356) mit zirka 300 Toten. 1509 forderte ein Beben in Konstantinopel etwa 1300 Menschenleben. Die größte Erdbebenkatastrophe Europas war die des Jahres 1755, welche die reiche Hauptstadt Lissabon zerstörte und ungefähr 32.000 Tote forderte. Die Nachricht davon ließ damals den sechsjährigen Goethe an der Güte Gottes zweifeln. Dagegen sind Beben derartigen Ausmaßes in Asien nichts Ungewöhnliches. Berichtet wurden: 1042 ein Beben im Iran mit 40.000 und 1273 ein solches in Japan mit 22.000 Toten. In Anbetracht der damals weit geringeren Bevölkerungszahlen sind das hohe Verluste gewesen.
In der Gegenwart sind gerade solche Gebiete der Erde von großen Erschütterungen bedroht, die sehr dichte Besiedelung aufweisen. Sowohl in Japan als auch in Kalifornien wartet die Bevölkerung auf die nächsten großen Beben. In Tokio waren 1923 mindesten 150.000 Bewohner umgekommen, 200.000 wurden verletzt und Millionen obdachlos. Erfahrungsgemäß belaufen sich die Abstände zwischen den Beben auf 60 bis 80 Jahre. Das große Erdbeben von San Francisco im Jahre 1906 zerstörte die Stadt durch die Brände; ein kleineres bewirkte im Jahr 1990 den Einsturz einiger Hochstraßen. Der "San-Andreas-Graben" beweist seine ständige Aktivität, und alle Anzeichen deuten auf ein baldiges Großbeben hin.
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Sechs der Vereinigten Staaten werden von der New-Madrid-Verwerfung durchzogen, die von Illinois bis Arkansas reicht. Dort gehören kleinere Erschütterungen zum Alltag; aber 1811 und 1812 ließen schwere Beben den Mississippi rückwärts fließen, und solche erwarten die Seismologen noch vor dem Jahr 2000.
In den letzten Jahren erhöhten sich die Aktivitäten unserer Erde beträchtlich. In Nordost-China tötete 1976 ein Erdbeben mehrere hunderttausend Menschen. Fast 50.000 kamen 1990 im Westen des Iran um. Im gleichen Jahr wurden 68 größere Beben registriert, acht mehr als 1989, darunter auch einige in Europa. Gezählt wurden die Erschütterungen über 6,5 auf der Richterskala oder solche mit Menschenverlusten und erheblichen Sachschäden.
Auch diese geologischen Ereignisse müssen wir zu der Anzahl der Kernkraftwerke ins Verhältnis setzen, von denen nicht wenige bereits in von Erdbeben gefährdeten Gebieten errichtet worden sind.
Die dritte Gefahr drohte dem Menschen allezeit vom Wasser. Riesige Ländereien sind von den Meeresfluten überspült und nicht mehr freigegeben worden, an anderen Küsten treten die Sturmfluten periodisch auf. Zur Weihnacht 1277 versanken 50 Dörfer in der Nordsee, und am 16. Januar 1362 riß eine Sturmflut weite Teile der nordfriesischen Küste hinweg. Der heutige Jadebusen entstand am 17. Februar 1164. Am 2. November 1570 schließlich ertranken mehr als 100.000 Menschen, weil die Deiche gegen die Nordsee von Holland bis Jütland brachen.
Gerade die Niederungen sind meist fruchtbar und klimatisch begünstigt, so daß die Menschen immer wieder dorthin drängen. Dies ist sogar eine von der Natur verursachte Entwicklung, da sämtliche Flüsse Jahr für Jahr fruchtbare Erde aus den Hoch- und Mittelgebirgen an die Mündungen tragen. Entsprechend verheerend sind dann jeweils die Verluste der Menschen, die auf dem frischen Schwemmland siedeln. Die aktivsten Völker errichten Dämme gegen das Meer, ja ringen ihm Flächen ab, die sogar tiefer liegen als der Meeresspiegel. So haben die Niederländer inzwischen der Nordsee soviel Boden abgerungen, daß ein Drittel des gesamten Landes unter Normalnull liegt. Dabei wurden allerdings moderne großtechnische Mittel eingesetzt, die in früheren Zeiten gar nicht vorhanden gewesen wären. Die Nordseeküste sinkt aber kontinuierlich um fünf bis zehn Zentimeter alle 100 Jahre.2
In Bangladesch gehört es zur Normalität, daß der Indische Ozean riesige Niederungen überflutet, wobei in manchem Jahr Hunderttausende ertrinken und Millionen ihre Existenzgrundlage verlieren. Im Jahre 1970 sollen 500.000 ertrunken sein und 1991 um die 200.000, was sich dort nie genau ermitteln läßt. Was man weiß ist, daß die Bevölkerung von Bangladesh zwischen 1970 und 1990 von 64 auf 115 Millionen zugenommen hat. Darum siedeln dort Millionen Menschen praktisch im Wasser.
In China waren es 1991 die Flüsse, die über die Ufer traten, Wohnsiedlungen mit sich rissen und vor allem 20 Prozent der Gesamternte des Riesenreiches vernichteten.
Die Weltgesundheitsorganisation veröffentlichte im Frühjahr 1991 einen Bericht mit der Feststellung, daß die von Menschen verursachten Katastrophen weiter zunehmen werden. Die darin enthaltene Statistik für das Jahr 1988 verzeichnet 74 größere Überflutungen, 50 Wirbelstürme, 17 Erdbeben und 18 Dürrekatastrophen sowie 162 größere Unfälle, mit denen die nationalen Behörden nicht fertig werden konnten.
Die gleiche Tendenz vermelden die internationalen Versicherungsgesellschaften. Versichern können sich die Menschen überhaupt nur dann mit Aussicht auf Ersatz, wenn irgendwo noch genügend Werte erhalten geblieben sind. Gegen die künftigen Globalereignisse kann es gar keine Versicherung mehr geben. Das gleiche gilt für atomare Großkatastrophen.
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Himmelfahrt ins Nichts von Herbert Gruhl 1992