Vorwort Hug-1997
Mit diesem Buch werde ich manchen gewaltig auf den Frack gehen — aber man kann nicht everybody's Darling sein. Das ist auch gar nicht meine Absicht. Außerdem gibt es Ökoschmusebücher satt bis zum Abwinken. Dafür, so hoffe ich, spreche ich den verblüfften Opfern des deutschen Weltuntergangstheaters um so mehr aus dem übervollen Herzen.
Und die sollten auch einmal die — allgemein verständlich und naturwissenschaftlich exakt beschriebene — Gegenposition zum sattsam bekannten Endzeit-Singsang zu lesen bekommen. Denn in der Ökodiskussion ist nur weniges so eindeutig gesichert, wie es nach den Medienberichten erscheint. Vielmehr sind gerade hier "Sinn-Macher" tatkräftig am Werk!
Der ganze Übertreibungszirkus fing an, als vor wenigen Jahren die Partei fürs Tannengrün im 68er Schlabberlook in die Parlamente einzog. Viele sahen in der parlamentarischen Vertretung für gefährdete Minderheiten, Kröten und Kräuter einen Spuk, der sich nach einem kurzen Zwischenspiel in Luft auflösen würde. Tatsächlich wurde aber die deutsche Romantikerseele zutiefst gerührt. Die Träume von der heilen Welt im Rotkäppchenwald und am Dorfbrunnen unter der Linde sprachen mehr Wähler an, als die tradierten Parteien zunächst glauben mochten.
Inzwischen haben sich die Biotop-Ritter als Postencompaneros entpuppt, die eine andere Republik wollen und denen der Umweltschutz nur als Vorwand diente. Das Wohl der Bevölkerung und deren Arbeitsplätze ist ihnen vollkommen schnuppe. Aber noch viel problembehafteter ist der unter grüner Sonne erblühende gesellschaftliche Wandel zu spätrömischen Verhältnissen!
Die übertrieben dargestellten Gefahren der Technik und unserer Zivilisation sind das Herrschaftsinstrument, mit dem man an sich begründete Ängste zur Hysterie verkommen lassen hat. Das Ergebnis ist eine kollektive Realitätsverweigerung in Deutschland, die weltweit einmalig sein dürfte. Es entstand ein Neurosenzirkus, in dem machtausübende "Gutmenschen" die Dompteure abgeben.
Daneben gibt es die von ihnen beherrschten Gutmenschen — die Ökotanzbärinnen. Diese trennen inzwischen als Biotonnen-Enthusiasten ihren Müll mit neurotischer Akribie; fürchten seit über 20 Jahren, daß der Wald stirbt; warten horrorsüchtig darauf, daß sich das Kernkraftwerk Obrigheim wie Tschernobyl zerlegt; genießen den ultragefährlichen Elektrosmog mit Lustangst — und dem Handy am Ohr; kennen wegen des allgemeinen Weltelends kaum noch gute Laune und haben 1990/91 die Fastnacht ausfallen lassen — weil im Persischen Golf Truppen aufmarschierten.
Die Existenz beider Sorten Gutmenschen ist der eine Teil unseres täglichen Ökohorrors.
Der andere sind die Lehrmittel und Spielzeuge im Ökochonder-Kindergarten. Ich habe einige wichtige Absonderungen der Ökosprechtüten auf ihre Plausibilität hin abgeklopft und mit den Aussagen einschlägiger Lehrbücher und der Literatur verglichen. Deshalb sind sämtliche in diesem Buch genannten Fakten abgesichert und, soweit von Bedeutung, die Quellen im Literaturverzeichnis vermerkt.
Um aber gleich einem Mißverständnis vorzubeugen: Wer jetzt meint, der Umweltschutz gehöre zum Teufel gejagt, wird von mir keine Zustimmung bekommen. Genausowenig wie ich Verständnis für Leute habe, die um der schnellen Mark willen notwendige Vorsorgemaßnahmen unterlassen. Auch stimme ich nicht der platten Parole zu: Technik ist immer gut. Sie ist genauso dämlich wie: Natur ist gut – Technik ist schlecht.
Heinz Hug in Wiesbaden im Juni 1996
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