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2. Konviviale  Erneuerung

 

 

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Die Symptome der sich verschärfenden Krise werden weitgehend wahrgenommen. Man hat sich vielfach bemüht, Erklärungen dafür zu finden. Ich glaube, daß diese Krise in einem zweifachen, großangelegten Experiment wurzelt, das gescheitert ist, und ich behaupte, daß man sich dieses Scheitern erst eingestehen muß, um die Krise überwinden zu können. 

Hundert Jahre lang versuchen wir nun schon, Maschinen für die Menschen arbeiten zu lassen und die Menschen für einen lebenslangen Dienst an ihnen zu schulen. Es stellt sich jetzt heraus, daß Maschinen nicht machen, was wir wollen und daß man Menschen nicht auf ein Leben im Dienste von Maschinen abrichten kann. 

Wir müssen jetzt Abschied nehmen von der Hypothese, auf der das Experiment beruhte. Diese Hypothese besagte, daß die Sklaverei mit Hilfe von Maschinen abgeschafft werden kann. Es hat sich gezeigt, daß Maschinen die Menschen versklaven, wenn sie zu diesem Zweck eingesetzt werden.

Weder eine Diktatur des Proletariats noch eine Freizeitgesellschaft kann sich der Herrschaft der immer weiter expandierenden industriellen Werkzeuge entziehen.

Die Krise wird nur zu überwinden sein, wenn es gelingt, die gegenwärtig bestehende Tiefenstruktur von Werkzeugen zu verändern; wenn wir den Menschen Werkzeuge geben, die es ihnen erlauben, mit hoher Effizienz selbständig zu arbeiten; so könnte gleichzeitig auf Sklavenhalter und Sklaven verzichtet und der Freiheitsradius des einzelnen vergrößert werden.

Nicht Werkzeuge, die ihnen die Arbeit abnehmen, brauchen die Menschen, sondern neue Werkzeuge, mit denen sie arbeiten können. Nicht weitere gut programmierte Energiesklaven brauchen sie, sondern eine Technologie, die ihnen dabei hilft, das Beste zu machen aus der Kraft und Phantasie, die jeder besitzt.

Ich glaube, daß die Gesellschaft umgestaltet werden muß, damit autonome Einzelpersonen und Primär­gruppen mehr zur Gesamteffizienz eines neuen Produktions­systems beitragen können, das so beschaffen sein muß, daß es die von ihm bedingten menschlichen Bedürfnisse befriedigen kann. Tatsächlich aber bewirken die Institutionen der Industriegesellschaft genau das Gegenteil. In dem Maße, in dem Maschinen leistungsfähiger werden, reduziert sich die Rolle der einzelnen immer weiter, bis sie nichts weiter sind als Konsumenten.

Menschen brauchen Werkzeuge, um sich fortbewegen und um verweilen zu können. Sie benötigen Heilmittel für ihre Krankheiten und Wege und Mittel, sich zu verständigen. Sie können das alles nicht selbst machen. Sie müssen mit Gegenständen und Dienstleistungen versorgt werden, die sich je nach Kultur unterscheiden. Manche Menschen sind auf die Versorgung mit Lebensmitteln angewiesen, andere auf die Versorgung mit Kugellagern.

Sie müssen sich aber nicht nur Dinge beschaffen können; vor allem müssen sie die Freiheit haben, Dinge selbst zu erschaffen, mit denen sie leben können; sie müssen diese nach ihrem eigenen Geschmack gestalten und sie nutzen können, um andere ver- und umsorgen zu können. In reichen Ländern stehen Gefängnisinsassen oft mehr Waren und Dienstleistungen zur Verfügung als deren eigenen Familienmitgliedern, aber sie haben keine Mitsprachemöglichkeiten, was die Herstellung dieser Dinge betrifft, und sie dürfen nicht darüber mitentscheiden, wie sie zu verwenden sind. Ihre Strafe besteht darin, daß man sie von dem ausschließt, was ich "Konvivialität" nennen möchte. Sie werden zu bloßen Konsumenten degradiert.

Ich wähle den Begriff "Konvivialität", um das Gegenteil der industriellen Produktivität bezeichnen zu können. Er soll für den autonomen und schöpferischen zwischenmenschlichen Umgang und den Umgang von Menschen mit ihrer Umwelt als Gegensatz zu den konditionierten Reaktionen von Menschen auf Anforderungen durch andere und Anforderungen durch eine künstliche Umwelt stehen.

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Für mich ist Konvivialität individuelle Freiheit, die sich in persönlicher Interdependenz verwirklicht, und sie ist als solche ein immanenter ethischer Wert. Ich glaube, daß keine noch so hohe industrielle Produktivität in einer Gesellschaft die Bedürfnisse, die sie unter deren Mitgliedern weckt, wirklich befriedigen kann, sofern die Konvivialität unter ein bestimmtes Niveau sinkt.

Die heutigen institutionellen Zwecke, die die industrielle Produktivität heiligen – was zu Lasten des konvivialen Wirkens geht –, tragen erheblich zu Gestaltlosigkeit und Sinnentleerung bei, an denen die heutige Gesellschaft krankt. Die zunehmende Nachfrage nach Erzeugnissen betrachtet man inzwischen als gleichbedeutend mit gesellschaftlichem Fortschritt. Ich werde zeigen, wie diese Entwicklung umzukehren ist und wie moderne Wissenschaft und Technik genutzt werden können, um dem menschlichen Tun beispiellose Wirksamkeit zu verleihen. Ein solcher Wandel könnte zur Entstehung einer Lebensweise und eines politischen Systems beitragen, in denen dem Schutz, der optimalen Nutzung und der Freude an einer bestimmten Ressource, die alle Menschen in fast gleichem Maße besitzen, Priorität eingeräumt wurde: der eigenen Kraft, über die man selbst bestimmt. Ich werde zeigen, daß wir nicht mehr sinnreich leben und arbeiten können, wenn die Werkzeuge und Institutionen, die dem einzelnen das Recht, die eigene Kraft auf schöpferische Weise einzusetzen, beschneiden oder ganz nehmen, nicht von der Allgemeinheit kontrolliert werden. Folglich brauchen wir Verfahren, die garantieren, daß die Kontrolle über die gesellschaftlichen Werkzeuge mittels politischer Prozesse durchgesetzt und reguliert wird und nicht kraft Expertenentscheidungen.

Der Sozialismus wird nicht einzuführen sein, wenn sich die bestehenden Institutionen nicht wandeln und die industriellen nicht gegen konviviale Werkzeuge eingetauscht werden. Ebenso wird ein gesellschaftlicher Wandel ein frommer Wunsch bleiben, solange sich die Ideale einer sozialistischen Gerechtigkeit nicht durchsetzen. Ich glaube, daß wir die derzeitige Krise unserer wichtigsten Institutionen als Krise revolutionärer Befreiung begrüßen sollten, da die bestehenden Institutionen die Grundfreiheiten der Menschen beschneiden, nur um ihnen weitere institutionelle Outputs andienen zu können.

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 Diese weltweite Krise der über die ganze Welt verbreiteten Institutionen kann zur Entstehung eines neuen Bewußtseins des Sinns und Nutzens von Werkzeugen beitragen und dazu, daß sich eine Mehrheit dafür einsetzt, sie unter Kontrolle zu bringen. Wenn Werkzeuge nicht unter politische Kontrolle gestellt werden, wird man sie in einer verspäteten technokratischen Reaktion auf die Katastrophe managen. Dann werden Freiheit und Würde weiter dahinschwinden, und die Menschheit wird sich auf bisher beispiellose Weise ihren Werkzeugen unterwerfen müssen.

Als Alternative zum technokratischen Desaster habe ich die Vision einer konvivialen Gesellschaft. Eine konviviale Gesellschaft entstünde auf der Grundlage gesellschaftlicher Regelungen, die dem einzelnen den umfassenden und freien Zugang zu den Werkzeugen gewährleisten und diese Freiheit nur um der gleichen Freiheit eines anderen willen einschränken könnten.

Gegenwärtig überlassen die Menschen gern einer Fachelite die Aufgabe, sich über die Zukunft Gedanken zu machen. Sie übertragen Politikern die Macht, die versprechen, eine Maschinerie zu konstruieren, die diese Zukunft möglich machen wird. Sie nehmen eine Zunahme der Machtebenen in der Gesellschaft hin, sofern die Ungleichheit die Voraussetzung für weitere hohe Outputs ist. Politische Institutionen helfen selbst mit, die Menschen von den Produktionszielen zu überzeugen. Was den Institutionen nützt, gilt als wichtiger als das, was richtig ist. Gerechtigkeit hat nur noch die eingeschränkte Bedeutung einer gerechten Verteilung institutioneller Güter.

Eine Gesellschaft, die unter der maximalen Befriedigung der größten Zahl von Menschen den maximalen Konsum industrieller Erzeugnisse versteht, beschneidet die Autonomie des einzelnen auf unerträgliche Weise. Der Zweck alternativer politischer Regelungen wäre, jeden Menschen selbst entscheiden zu lassen, wie er sich die eigene Zukunft vorstellt. Eine neue Politik wäre grundsätzlich darauf ausgerichtet, die Konzeption solcher Artefakte und Vorschriften zu unterbinden, die die Wahrnehmung dieser persönlichen Freiheit behindern könnten.

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Eine solche Politik müßte die Entfaltungsmöglichkeiten von Werkzeugen um dreier Werte, nämlich um des Überlebens, der Gerechtigkeit und der selbstbestimmten Arbeit willen, einschränken. Für mich sind das Grundwerte jeder konvivialen Gesellschaft, wie sehr sich eine solche Gesellschaft in ihren Sitten und Gebräuchen, Institutionen und Grundprinzipien im einzelnen auch von einer anderen unterscheiden mag.

Jeder dieser Werte erfordert spezielle Beschränkungen von Werkzeugen. Die Voraussetzungen für das Überleben müssen vorhanden sein; diese gewährleisten jedoch nicht, daß auch Gerechtigkeit geübt wird; Menschen überleben auch in Gefängnissen. Es müssen Voraussetzungen für eine gerechte Verteilung industrieller Outputs gegeben sein, sie allein genügen jedoch nicht, um eine konviviale Produktion zu ermöglichen. Menschen könnten weiterhin Sklaven ihrer Werkzeuge bleiben. Die Voraussetzungen für die konviviale Arbeit sind strukturelle Regelungen, die eine bisher beispiellose Machtverteilung ermöglichen könnten. Eine postindustrielle Gesellschaft muß und kann so gestaltet sein, daß sich jeder Mensch durch seine Arbeit verwirklichen kann, ohne daß deshalb einem anderen Ausbildung oder Konsum aufgezwungen wird.

In einem Zeitalter der wissenschaftlichen Technologie ist ein Überleben in vollkommener distributiver und partizipatorischer Gerechtigkeit nur mit konvivial strukturierten Werkzeugen möglich. Das liegt daran, daß uns die Wissenschaft neue Energiequellen erschlossen hat. Die Konkurrenz um Energieinputs muß einfach verheerende Auswirkungen haben, während deren zentrale Kontrolle in den Händen eines Giganten dazu führen würde, daß die gerechte Kontrolle über die Inputs einer vermeintlich gerechten Verteilung des Outputs geopfert werden müßte. Eine partizipatorische Gerechtigkeit kann es nur mit konvivial konzipierten Werkzeugen geben.

Das heißt jedoch nicht, daß sich der Wandel von der bestehenden zur konvivialen Produktionsweise wird vollziehen können, ohne daß viele Schaden erleiden. Heute ist die Beziehung zwischen den Menschen und ihren Werkzeugen geradezu selbstmörderisch verzerrt.

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Um überleben zu können, brauchen Pakistani kanadisches Getreide und die New Yorker sind auf die Ausbeutung von Naturschätzen aus der ganzen übrigen Welt angewiesen. Die Geburtswehen einer konvivialen Weltgesellschaft werden hungrigen Indern und hilflosen New Yorkern zwangsläufig große Qualen bereiten. Später werde ich argumentieren, daß der Übergang von der heutigen, vorwiegend industriellen Produktionsweise zur Konvivialität vielleicht überstürzt beginnen könnte. Damit aber garantiert ist, daß viele überleben, ist es zu wünschen, daß der Übergang nicht überall gleichzeitig einsetzt.

Ich bin der Meinung, daß ein Überleben in Gerechtigkeit nur um den Preis von Opfern möglich sein wird, die bei der Einführung einer konvivialen Produktionsweise und dem universalen Verzicht auf unbegrenzten Nachwuchs, auf Wohlstand und Macht unvermeidlich sind und die sowohl einzelne als auch Gruppen bringen müssen. Diesen Preis kann ihnen weder ein despotischer Gigant abverlangen, noch läßt er sich mittels sozialer Planung entlocken. Die Menschen werden den Wert freudiger Entsagung und befreiender Anspruchslosigkeit erst wiederentdecken, wenn sie erneut gelernt haben, sich aufeinander zu verlassen statt auf Energiesklaven. Der Preis für eine konviviale Gesellschaft wird erst am Ende eines politischen Prozesses zu zahlen sein, der den die gesamte Gesellschaft umfassenden Wandel des heutigen industriellen Bewußtseins reflektiert und fördert. Dieser politische Prozeß wird seinen konkreten Ausdruck nicht in irgendwelchen Tabus finden, sondern in einer Reihe befristeter Regelungen über die eine oder andere konkrete Beschränkung von Mitteln, die unter dem Druck konfligierender Einsichten und Interessen immer wieder den Umständen angepaßt werden müssen.

In diesem Buch möchte ich eine Methodologie vorstellen, mit deren Hilfe ausgemacht werden kann, welche Mittel zu Zwecken geworden sind. Ich beschäftige mich hier mit Werkzeugen und nicht mit Absichten. Da ich dieses Thema gewählt habe, ist es mir unmöglich, einige andere, verwandte, relevante und verlockende Aufgaben anzugehen, denn:

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1. Es wäre meinem Vorhaben nicht dienlich, eine fiktive Gemeinschaft der Zukunft detailliert zu beschreiben. Ich möchte Anleitungen zum Handeln geben und nicht zum Träumen. Eine moderne Gesellschaft, die um der Konvivialität willen Beschränkungen auf sich nähme, wäre dazu in der Lage, für eine neue Blüte an Überraschungen zu sorgen, wie sie sich heute niemand zu erhoffen und zu erträumen vermag. Ich möchte kein Utopia entwerfen, sondern eine Vorgehensweise vorstellen, die es jeder Gemeinschaft gestattet, ihre ganz eigenen gesellschaftlichen Arrangements zu wählen.

2. Ich möchte hier weder einen Beitrag zu einem Konstruktionshandbuch für die Planung konvivialer Institutionen oder Werkzeuge leisten, noch möchte ich mich in einer Werbekampagne für eine Technologie engagieren, die mit Sicherheit sinnvoller wäre. Mir geht es darum, Kriterien aufzustellen, anhand derer sofort zu erkennen ist, wie die Menschen um ihrer Werkzeuge willen manipuliert werden und mit deren Hilfe sie sich gegen all jene Artefakte und Institutionen entscheiden können, die zwangsläufig eine Bedrohung für die konviviale Lebensweise bedeuten. Paradoxerweise kann man sich heute nur schwerlich eine Gesellschaft vorstellen, in der die Menschen ihre Vorhaben mit Hilfe einfacher Werkzeuge verwirklichen können, weil sie ihre Kraft selbst unter Kontrolle haben. Unsere Phantasie ist so sehr industriell deformiert, daß wir nur das wahrnehmen, was in ein manipuliertes System gesellschaftlicher Gepflogenheiten hineinpaßt, die der Logik der Massenproduktion entsprechen. Wir besitzen kaum noch die Fähigkeit, uns in unserer Phantasie eine Welt auszumalen, in der die gemeinsame, vernünftige Überlegung dazu führt, daß einem Menschen die Möglichkeit genommen wird, einen anderen daran zu hindern, die Welt zu prägen.

Heute besteht die Welt aus denen, die nicht genug haben und aus denen, die mehr als genug haben; aus denen, die von Autos von der Straße gedrängt werden und aus denen, die die Autos fahren. Die Habenichtse führen ein elendes Dasein und die Reichen gieren nach mehr. Eine Gesellschaft, in der die Menschen wissen, was genug ist, mag vielleicht arm sein, aber alle, die ihr angehören, haben die gleiche Freiheit.

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Menschen, deren Denken industriell pervertiert ist, können sich die persönliche Erfüllung nicht vorstellen, die durch die Nutzung moderner und doch Beschränkungen unterliegender Werkzeuge erreicht werden kann. In ihrer Phantasie ist einfach kein Raum für die qualitative Veränderung, die die Einführung einer stabil bleibenden Ökonomie mit sich brächte: eine Gesellschaft, deren Mitglieder frei wären von den vielen Einschränkungen durch Terminplanung und Therapien, die sie auf Grund dessen auf sich nehmen müssen, daß die Werkzeuge immer zahlreicher werden. Noch weniger kennen die meisten unserer Zeitgenossen die stille Freude eines Lebens in solch frei gewählter und doch relativer Armut, die in unserer Reichweite liegt.

 

3. Ich werde mich vor allem mit der Struktur von Werkzeugen befassen und nicht mit der Charakterstruktur derer, die sie benutzen. Der Gebrauch industrieller Werkzeuge läßt Städte, deren jede ihre eigene Geschichte und Kultur hat, identisch erscheinen. Autobahnen, Krankenhausstationen, Klassenzimmer, Bürogebäude, Wohnungen und Geschäfte sehen überall gleich aus. Identische Werkzeuge fördern auch die Entwicklung der gleichen Persönlichkeitsstrukturen.

Polizisten in Streifenwagen oder Buchhalter an Computern sehen überall auf der Welt gleich aus und verhalten sich gleich, wogegen sich ihre armen Vettern, die einen Schlagstock oder Füllfederhalter benutzen, von Gegend zu Gegend unterscheiden. Die Homogenisierung von Individuen und persönlichen Beziehungen wird unaufhaltsam fortschreiten, es sei denn, die Welt wird mit neuen Werkzeugen ausgerüstet. Die Erforschung jener Charaktermerkmale, die eine solche Neuausrüstung erschweren oder zweifelhaft werden lassen könnten, könnte ergänzend betrieben werden. Ich postuliere jedoch nicht die Erschaffung eines neuen Menschen als Grundvoraussetzung für eine neue Gesellschaft, noch gebe ich vor, zu wissen, inwieweit sich Sozialcharaktere oder Kulturen verändern werden. Ein Pluralismus von begrenzten Werkzeugen und von konvivialen Gemeinwesen ließe gewiß eine Vielfalt an Lebensweisen zu.

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4. Wollte ich mich hier mit politischen Strategien oder Taktiken beschäftigen, würde mich das vom Kern meines Gegenstandes wegführen. Mit Ausnahme vielleicht von China unter Mao wäre keine Regierung heute dazu in der Lage, die Gesellschaft nach konvivialen Kriterien umzustrukturieren. Die Manager unserer wichtigsten Werkzeuge – Nationen, Unternehmen, politische Parteien, Organisationen, Berufsstände – haben die Macht inne. Diese Macht setzen sie zum Erhalt der wachstumsorientierten Strukturen ein, die sie manipulieren. Es steht in der Macht dieser Manager, wichtige Entscheidungen zu treffen; sie können eine neue Nachfrage nach den Outputs ihrer Werkzeuge schaffen und die Einführung entsprechender neuer gesellschaftlicher Labels erzwingen. Sie können sogar so weit gehen, um der Gewinnmaximierung willen die Produktion zu drosseln. Es steht jedoch nicht in ihrer Macht, einen Wandel der Grundstruktur derjenigen institutionellen Einrichtungen herbeizuführen, die ihnen unterstehen.

Die wichtigsten Institutionen sind jetzt dabei, den Output großer Werkzeuge für leblose Menschen zu optimieren. Ihr Wandel würde Institutionen implizieren, die die Verwendung individuell zugänglicher Werkzeuge begünstigten, um das sinnvolle und eigenverantwortliche Tun wirklich bewußter Menschen zu fördern. Eine vollkommene Umgestaltung der wichtigsten Institutionen wäre Voraussetzung für die Einführung einer konvivialen Produktionsweise. Zu einer solchen gesellschaftlichen Umkehr können die Manager der heutigen Institutionen nicht beitragen.

Die Manager unserer Zeit bilden eine neue Gattung; sie werden auf Grund ihrer Persönlichkeit, Kompetenz und Interessen ausgewählt, die sie sowohl dazu befähigen, die Expansion der produktiven Gesellschaft als auch die effiziente Konditionierung ihrer Klienten voranzutreiben. Sie haben die wirkliche Macht inne und verwalten sie – wer sich auch immer der Illusion hingibt, ihm gehörten die Werkzeuge. Diese Schicht von Machthabern muß ausgeschaltet werden, aber das kann nicht dadurch geschehen, daß man sie massenhaft abschlachtet oder auswechselt.

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Die neue Elite würde sich nur noch legitimierter fühlen, die übernommene strukturierte Macht zu manipulieren. Das Management läßt sich nur abschaffen, indem die Maschinerie, die es bedingt, beseitigt wird, und damit die Nachfrage nach Outputs, die ihm seine Macht verleiht. In einer konvivialen Gesellschaft wird kaum die Notwendigkeit bestehen, den Aufsichtsratsvorsitzenden auszuwechseln.

In einer Gesellschaft, in der politische Macht und physische Energie Einschränkungen unterliegen und kraft politischer Entscheidungen verteilt werden, kann es nicht nur zu einer neuen Blüte von Waren und Persönlichkeiten kommen; es könnten auch nebeneinander ganz verschiedene Formen des Regierens bestehen. Gewiß ist, daß neue Werkzeuge neue Möglichkeiten eröffnen könnten. Konviviale Werkzeuge schließen bestimmte Machtebenen, Zwänge und Programmierungen aus, also eben jene Faktoren, die heute alle Regierungen mehr oder weniger ähnlich erscheinen lassen. Die Einführung einer konvivialen Produktionsweise müßte jedoch nicht notgedrungen implizieren, daß eine spezifische Form des Regierens sinnvoller wäre als eine andere, und sie schlösse weder eine Weltföderation noch Abkommen zwischen Nationalstaaten oder Kommunen, noch viele der traditionsreichsten Regierungsformen aus. Ich möchte mich hier auf die Darstellung grundlegender struktureller Kriterien beschränken, mit deren Hilfe eine gesellschaftliche Neuausrüstung erreicht werden kann.

5. Eine Methodologie, mit deren Hilfe zu erkennen ist, wann unternehmerische Werkzeuge zu einer Gefahr für die Gesellschaft als solche werden, setzt die Anerkennung des Wertes von distributiver und partizipatorischer Gerechtigkeit voraus. Ich glaube, daß meine knappen und prägnanten Darlegungen ausreichen werden, um von der Notwendigkeit der Werkzeugbeschränkung zu überzeugen; sie lassen jedoch nicht zu, daß ich in meinem Essay Schlußfolgerungen über das wünschenswerte Maß an Unterordnung von Mitteln unter Zwecke ziehe.

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6. Was die ökonomischen Grundlagen für eine postindustrielle und konviviale Gesellschaft betrifft, so kann man sie weder ignorieren, noch kann man sich ihrer sicher sein. In einer Gesellschaft, in der man politisch beschlossene Beschränkungen für jede Form des industriellen Wachstums billigt, müssen viele bisher als selbstverständlich erachtete Bedingungen neu überdacht werden; gewiß ist jedoch, daß auch in einer solchen Gesellschaft Ungleichheit nicht zu vermeiden sein wird.

Tatsächlich aber wären die Möglichkeiten des einzelnen, ernsthafte Veränderungen zu bewirken, größer als im vorindustriellen oder im industriellen Zeitalter. Trotz Einschränkungen wären gebräuchliche Werkzeuge unvergleichlich effizienter als primitive, und sie wären besser verteilt als industrielle Arbeitsmittel. Manche Menschen würden von deren Produkten eher profitieren als andere. Um die Nettoverteilung von Macht in Schranken halten zu können, müßte man sich sowohl traditioneller als auch neuer ökonomischer Mittel und Wege bedienen. Man wird den Einwand erheben, daß man erst dann wird darangehen können, Werkzeugen Grenzen zu setzen, wenn eine entsprechende neue Wirtschaftstheorie entwickelt und umsetzbar geworden ist. Das ist richtig. Ich schlage vor, daß wir dimensions-analytisch vorgehen, um Näheres über die wichtigsten Variablen in Erfahrung zu bringen, die die Ausgewogenheit des Lebens erschüttern können, und daß wir politisch vorgehen, um die entscheidenden Dimensionen kenntlich zu machen, die vom Menschen beherrschbar sind. Ich schlage vor, so an das Verhältnis heranzugehen, das zwischen den Mitteln und den Zwecken des Menschen besteht, daß die Schlüsseleinheiten der Ökonomie für eine dimensions­lose Faktorenreihe stehen. Eine ökonomische Theorie, die sich einsetzen ließe, um unsere gegenwärtige institutionelle Struktur zu verkehren, beginnt mit politisch beschlossenen Begrenzungskriterien. Auf diese negativen Entwurfskriterien für technologische Instrumentarien möchte ich besonders aufmerksam machen.

 

Eine Methodologie, mit deren Hilfe zu erkennen ist, daß Werkzeuge öffentlich zu Mitteln zum Zweck pervertiert wurden, wird bei denen auf Ablehnung stoßen, die es gewohnt sind, den Dollar als Maßstab des Guten zu betrachten.

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Schon Plato wußte, daß ein schlechter Staatsmann ist, wer an die Universalität der Meßkunst glaubt und den Unterschied zwischen dem Größeren und dem Kleineren und dem, was mehr oder weniger zweckgerecht ist, nicht sieht. Unsere heutige Haltung der Produktion gegenüber hat sich über Jahrhunderte entwickelt. Die Institutionen haben nicht nur in zunehmendem Maße unsere Ansprüche, sondern buchstäblich auch unsere Logik oder unseren Sinn für Proportionen geprägt. Haben wir uns erst einmal angewöhnt, das zu verlangen, was Institutionen produzieren können, glauben wir auch bald, ohne nicht auszukommen.

Die Erfindung der Erziehung ist ein Beispiel dafür. Wir vergessen meist, daß der Begriff "Erziehung" erst vor kurzer Zeit seine heutige Bedeutung erlangt hat. Vor der Reformation war sie unbekannt, außer als Teil der frühen Aufzucht von Schweinchen, Enten und Menschen. Man machte einen klaren Unterschied zwischen der Unterweisung, die die Jugend benötigte, und dem Studium, mit dem sich manche später im Leben befaßten und für das man einen Lehrer brauchte. Voltaire nannte sie noch einen vermessenen Neologismus, nur von überheblichen Schulmeistern verwendet.

Das Bestreben, alle Menschen Stufen zur Vollkommenheit hinaufsteigen zu lassen, ist tief in der Alchimie verwurzelt, der Großen Kunst des ausgehenden Mittelalters. Johannes Amos Comenius, mährischer Bischof des 17. Jahrhunderts, selbsternannter Pansophist und Pädagoge, wird mit Recht als einer der Begründer der modernen Schule betrachtet. Er war unter den ersten, die empfahlen, sieben oder zwölf Klassen des Pflichtunterrichts einzuführen. In seinem Werk Magna Didactica beschrieb er Schulen als Mittel, "jeden alles zu lehren", und stellte einen Plan auf für die fließbandartige Produktion von Wissen, die seiner Methode gemäß die Erziehung billiger und besser machen und allen das Erlangen vollkommener menschlicher Größe ermöglichen sollte. Comenius war jedoch nicht nur ein früher Theoretiker der Massenproduktion; er war Alchimist, der die Fachsprache seiner Zunft abwandelte, um mit ihrer Hilfe die Kunst, Kinder aufzuziehen, beschreiben zu können.

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Der Alchimist suchte unedle Grundstoffe zu veredeln, indem er ihre Essenz zwölf nacheinanderfolgende Etappen der Weihe durchlaufen ließ, damit sie, zum eigenen und der ganzen Welt Gefallen, zu Gold werden möchten. Natürlich versagten die Alchimisten noch bei jedem Versuch; jedesmal aber führte ihre "Wissenschaft" neue Gründe für das Versagen auf, und sie versuchten es aufs neue.

Die industrielle Produktionsweise setzte sich erstmalig bei der Herstellung einer neuen unsichtbaren Ware durch, "Erziehung" genannt. Die Pädagogik eröffnete ein neues Kapitel in der Geschichte der Ars Magna. Erziehung wurde zur Suche nach einem alchimistischen Prozeß, durch den ein Mensch entstehen sollte, der sich in eine kraft wissenschaftlicher Magie entstandene Umwelt würde einfügen können. Wieviel Geld jede Generation aber auch für ihre Schulen ausgab, es stellte sich doch immer wieder heraus, daß die Mehrzahl der Menschen als untauglich abgestempelt werden mußte, höhere Ebenen der Erleuchtung zu erreichen, und als nicht gerüstet für das gute Leben in einer von Menschenhand geschaffenen Welt ausgemustert werden mußte.

Die Umwandlung vom Lernen in Schulbildung hat Schulen nicht nur unentbehrlich erscheinen lassen; sie hat zusätzlich dazu geführt, daß die Unbeschulten nicht mehr nur arm sind, sondern wegen ihres Mangels an Bildung auch noch diskriminiert werden. Wer die Bildungsleiter hinaufgestiegen ist, kennt den Punkt, an dem er versagt hat und weiß, wie ungebildet er ist. Wer erst einmal hingenommen hat, daß es eine Instanz gibt, die berechtigt ist, seinen Wissensstand zu messen und zu bewerten, wird unschwer akzeptieren, daß andere Instanzen die Autorität besitzen, ihm vorzuschreiben, welches Maß an Gesundheit oder Mobilität ihm zusteht. Für ihn ist es schwer, zu durchschauen, wie korrupt unsere wichtigsten Institutionen sind. So, wie man ihn glauben machen kann, daß sein in der Schule erworbenes "Wissenskapital" wertvoll ist, so kann man ihn auch glauben machen, daß höhere Geschwindigkeiten zeitsparend sind und die Höhe des Einkommens das Wohlbefinden bestimmt, oder, als weiteres Beispiel, daß die Produktion von Dienstleistungen die Lebensqualität eher verbessert als die weitere Warenproduktion.

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Die Ware namens "Bildung" und die Institution namens Schule bedingen sich gegenseitig. Der Teufelskreis wird erst zu brechen sein, wenn sich die Einsicht durchsetzt, daß die Institution inzwischen selbst ihren Zweck bestimmt. Aus abstrakt formulierten Werten werden mechanische Vorgänge, die den Menschen unterjochen. Diese Knechtschaft kann nur durch die freudige Selbsterkenntnis des Narren gebrochen werden, der für die eigenen Torheiten persönlich die Verantwortung übernimmt.

Die institutionelle Definition von Werten macht es uns schwer, die Tiefenstruktur gesellschaftlicher Mittel auszumachen. Es ist schwer vorstellbar, daß die Spezialisierung von Wissenschaft, Arbeit und Berufsständen zu weit gegangen sein könnte. Es ist schwer, sich eine größere gesellschaftliche Effizienz im Verbund mit einer niedrigeren industriellen Effizienz vorzustellen. Um die notwendigen Grenzen für Spezialisierung und Output ziehen zu können, müssen wir uns erst bewußt machen, daß unsere Erwartungen durch die Industrie­gesellschaft determiniert sind. Dann werden wir erkennen können, daß eine konviviale und pluralistische Produktionsweise auf die Begrenzung industrieller Institutionen folgen wird.

Das konviviale Leben einiger weniger erforderte in der Vergangenheit zwangsläufig die Dienstbarkeit anderer. Vor der Stahlaxt, der Pumpe, dem Fahrrad und der Angelschnur war die Arbeitseffizienz sehr gering. Zwischen dem Hochmittelalter und der Aufklärung ließen sich viele durchaus glaubwürdige Humanisten vom Alchimistentraum in die Irre führen. Viele waren der Illusion verfallen, die Maschine sei so etwas wie ein im Labor geschaffener Homunkulus, der uns die Sklavenarbeit abnehmen könne. Es ist an der Zeit, diesen Irrtum als solchen zu erkennen und von der Illusion Abschied zu nehmen, Menschen seien zu Sklavenhaltern geboren und das einzige Übel der Vergangenheit sei die Tatsache, daß das nicht alle Menschen zugleich sein konnten. Wenn wir aber unsere Erwartungen an Maschinen zurückschrauben, müssen wir uns davor hüten, einen ebenso fatalen Fehler zu begehen und alle Maschinen als Teufelswerk abzulehnen.

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Eine konviviale Gesellschaft sollte es jedem ermöglichen, so autonom wie nur möglich mit Werkzeugen umzugehen, die in so geringem Maße wie möglich anderen unterstünden. Menschen empfinden nicht nur Befriedigung, sondern Freude, wenn sie schöpferisch tätig sein können, während Reglementierung, Abhängigkeit, Ausbeutung und Ohnmacht um sich greifen, wenn Werkzeuge zu leistungsfähig werden. Ich verwende den Begriff "Werkzeug" in sehr weitreichendem Sinne und meine damit nicht nur einfache Gebrauchsgegenstände wie Bohrer, Töpfe, Spritzen, Besen, Baumaterialien, Motoren und große Maschinen wie Autos oder Kraftwerke; ich beziehe produktive Institutionen wie Fabriken mit ein, die konkrete Waren wie Cornflakes oder elektrischen Strom, aber auch produktive Systeme, die immaterielle Güter wie "Bildung", "Gesundheit", "Wissen" oder "Entscheidungen" produzieren. Ich verwende diesen Begriff, weil er es mir erlaubt, alles vom Menschen Ersonnene, ob es sich hierbei nun um Gegenstände oder Bestimmungen, Codes oder Operators handelt, in eine Kategorie einzuordnen, und weil er es mir ebenso erlaubt, dieses ausgeklügelte Instrumentarium von anderen Dingen wie Grundnahrungsmitteln oder Gerätschaften zu unterscheiden, die in keiner Kultur der Rationalisierung unterworfen sind. Lehrpläne oder Ehegesetze sind nicht weniger vorsätzlich geschaffene gesellschaftliche Mittel als Straßennetze.

Werkzeuge sind den gesellschaftlichen Beziehungen intrinsisch. Zwischen dem einzelnen und der Gesellschaft besteht durch die Werkzeuge eine Beziehung; entweder weil er sie aktiv beherrscht, oder weil er von ihnen beherrscht wird. In dem Maße, in dem er seine Werkzeuge beherrscht, kann er der Welt seine eigenen Vorstellungen aufprägen; in dem Maße, in dem er von seinen Werkzeugen beherrscht wird, bestimmt die Gestalt des Werkzeugs sein Selbstbild. Werkzeuge sind dann konvivial, wenn sie jedem, der sie benutzt, die bestmögliche Gelegenheit bietet, die Umwelt mit den Ergebnissen seiner Visionen zu bereichern.

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Industrielle Werkzeuge enthalten ihren Benutzern diese Möglichkeit vor, und wer sie konstruiert, kann anderen die eigenen Vorstellungen und Erwartungen aufzwingen. Heute lassen sich die wenigsten Werkzeuge auf konviviale Weise verwenden.

Handwerkzeuge sind Werkzeuge, mit deren Hilfe die metabolische Energie des Menschen für eine spezifische Aufgabe nutzbar gemacht wird. Sie sind entweder, wie einfache Hammer oder gute moderne Taschenmesser, vielfach verwendbar, oder aber sie dienen, wie Spindeln, Webstühle oder pedalbetriebene Nähmaschinen oder Bohrgeräte von Zahnärzten, ganz spezifischen Zwecken. Sie können sehr komplex sein, wie ein Transportsystem, das dazu dient, die menschliche Kraft in ein Höchstmaß an Mobilität umzusetzen, wie beispielsweise ein System von durch Menschen betriebenen Schubkarren und dreirädrigen Rikschas, verbunden mit einem entsprechenden Straßennetz mit Reparaturwerkstätten und vielleicht sogar asphaltierten Fahrbahnen. Handwerkzeuge sind nichts anderes als einfache Umwandler der Energie, die durch die Extremitäten des Menschen erzeugt wird und mittels Aufnahme von Luft und Nahrung gespeist wird.

Energiebetriebene Werkzeuge werden zumindest teilweise durch außerhalb des menschlichen Körpers erzeugte Energie betrieben. Einige von ihnen dienen als Verstärker der menschlichen Kraft: Ein Ochse zieht den Pflug, aber der Mensch arbeitet mit dem Ochsen – das Ergebnis kommt durch die Vereinigung der Kräfte von Mensch und Tier zustande. Motorsägen und motorbetriebene Flaschenzüge funktionieren auf ähnliche Weise. Dagegen hat die Kraft, die zur Steuerung eines Jets benötigt wird, keinen wesentlichen Anteil mehr an dessen Energieoutput. Der Pilot führt nur noch aus, was ein Computer ihm vorgibt. Die Maschine braucht ihn nur noch in Ermangelung eines besseren Computers; vielleicht befindet er sich aber auch nur deshalb im Cockpit, weil die gewerkschaftliche Kontrolle von Flugzeugen seine Anwesenheit vorschreibt.

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Werkzeuge sind dann der Konvivialität förderlich, wenn sie von jedem so oft oder so selten wie gewünscht verwendet werden können, um ein vom Benutzer selbst gewähltes Ziel zu erreichen. Wenn ein Mensch solche Werkzeuge benutzt, hindert das nicht einen anderen daran, sie auf die gleiche Weise zu benutzen. Wer sie benutzen will, muß keinen Befähigungsschein vorweisen können. Daß sie da sind, bedeutet nicht, daß man verpflichtet ist, sie zu benutzen. Sie machen es ihrem Benutzer möglich, seine Vorstellungen durch sein Tun zum Ausdruck zu bringen.

Manche Institutionen sind ihrer Struktur nach konviviale Werkzeuge. Ein Beispiel ist das Telefon. Wer etwas Kleingeld hat, kann anrufen, wen er will. Wenn nimmermüde Computer dafür sorgen, daß die Leitungen blockiert sind und dadurch die Zahl der Privatgespräche eingeschränkt wird, dann heißt das nur, daß eine Gesellschaft mit der Lizenz Mißbrauch betreibt, die ihr erteilt wurde, damit Menschen miteinander sprechen können. Das Telefon gestattet es jedem, einer Person seiner Wahl zu sagen, was er will; er kann Geschäfte machen, von Liebe sprechen oder einen Streit vom Zaun brechen. Bürokraten können nicht vorschreiben, was sich Leute am Telefon zu sagen haben, auch wenn sie verhindern — oder auch dafür sorgen — können, daß der Inhalt der Gespräche vertraulich bleibt.

Die meisten Handwerkzeuge bieten sich für den konvivialen Gebrauch geradezu an, es sei denn, der Zugang zu ihnen wird durch institutionelle Regelungen vorsätzlich eingeschränkt. Sie können dann Beschränkungen unterliegen, wenn sie zum Monopol eines Berufsstandes geworden sind, wie das bei Zahnarztbohrern der Fall ist, weil deren Gebrauch eine Konzession voraussetzt, oder bei Bibliotheken und Labors, wenn sie innerhalb von Bildungsstätten untergebracht sind. Der Zugang zu Werkzeugen kann auch dann vorsätzlich beschränkt sein, wenn einfache Zangen und Schraubenzieher nicht mehr dazu taugen, moderne Autos zu reparieren. Ein derartiges Monopol und eine derartige Manipulation sind nichts weiter als Mißbrauch, und durch sie wird der eigentliche Sinn und Zweck des Werkzeugs ebensowenig tangiert wie der des Messers, das für einen Mord mißbraucht wird.

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Grundsätzlich besteht der Unterschied zwischen konvivialen und manipulierenden Werkzeugen nicht in ihrem technischen Niveau. Was über das Telefon gesagt wurde, ließe sich Punkt für Punkt auch bezüglich der Post oder eines typischen mexikanischen Markts wiederholen. Sie sind alle institutionelle Einrichtungen, die ein Höchstmaß an Freiheit bieten können, auch wenn sie in einem weiteren Kontext zur Manipulierung und Herrschaftsausübung mißbraucht werden können. Das Telefon ist Ergebnis höherer Ingenieurskunst; was die Post betrifft, so erfordert sie im Prinzip wenig Technik, aber beträchtliche Organisations­maßnahmen und Zeitplanung; der mexikanische Markt arbeitet nach traditionellem Muster mit einem Mindestmaß an Organisation. 

Jede Institution, die sich ihrer zweiten Wasserscheide nähert, läuft Gefahr, manipulierend zu werden. So verursacht es beispielsweise höhere Kosten, Unterricht zu ermöglichen, als zu unterrichten. Die Kosten für die Funktionsträger sind höher als die Kosten für die Produktion. Komponenten, die dazu bestimmt waren, institutionelle Zwecke zu erfüllen, werden so umfunktioniert, daß sie nicht mehr unabhängig voneinander genutzt werden können. Für den, der kein Auto hat, sind Flugzeuge nicht erreichbar, und wer kein Flugticket besitzt, kommt an Hotels nicht heran, in denen Kongresse stattfinden. Werkzeuge, mit denen auf bescheidenere Weise das gleiche zu erreichen wäre, werden vom Markt gedrängt. So wird der kultivierte Briefwechsel zur schwindenden Kunst. Während der vergangenen Jahre fiel diese Unterdrückung von Alternativen meist mit der Entwicklung zunehmend leistungsfähigerer Werkzeuge und immer komplexerer Werkzeugsysteme zusammen.

Möglicherweise wird nicht jedes in einer postindustriellen Gesellschaft zur Anwendung kommende Produktionsmittel die Kriterien der Konvivialität erfüllen. Es ist anzunehmen, daß es auch in einer vorwiegend konvivialen Welt einige Gemeinwesen geben wird, die um eines größeren Wohlstands willen auf ein bestimmtes Maß an Kreativität verzichten werden. Wir können davon ausgehen, daß die Elektrizität in der Übergangsphase zur zukünftigen Produktionsweise in bestimmten Ländern im allgemeinen nicht im Hinterhof produziert werden wird.

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 Tatsache ist auch, daß Eisenbahnzüge auf Schienen laufen und nach Fahrplan an einer begrenzten Zahl von Stationen halten müssen. Hochseeschiffe sind zu einem bestimmten Zweck konstruiert; wären sie Klipper, müßten sie sich unter Umständen noch eher an festgelegte Routen halten als heutige Tanker. Telefonsysteme sind auf die Übermittlung von Botschaften einer bestimmten Bandbreite festgelegt, und sie müssen von einer Zentrale aus betrieben werden, auch wenn sie nur einen begrenzten Bereich bedienen.

Man sollte nicht meinen, daß alle Werkzeuge größeren Ausmaßes und jegliche zentralisierte Produktion in einer konvivialen Gesellschaft fehl am Platze wären. Es wäre auch ein Fehler, um der Konvivialität willen die Reduktion der Verteilung industrieller Waren und Dienstleistungen auf das Existenzminimum zu verlangen, um das größtmögliche gleiche Recht auf Mitbestimmung zu garantieren. Es kann in Gesellschaften, die alle gleichermaßen die postindustrielle Konvivialität anstreben, Unterschiede im Verhältnis zwischen distributiver und partizipatorischer Gerechtigkeit geben, je nach Geschichte, politischen Idealen und materiellen Ressourcen einer Gemeinschaft. Es ist nicht Grundvoraussetzung für eine konviviale Gesellschaft, daß auf sämtliche manipulierende Institutionen und abhängig machende Waren und Dienstleistungen verzichtet wird, sondern daß das Verhältnis zwischen den Werkzeugen, die jene spezifische Nachfrage schaffen, zu deren Befriedigung sie gedacht sind, und den komplementären Werkzeugen, die die Selbsterkenntnis fördern, ausgewogen ist. Mittels der erstgenannten Kategorie von Werkzeugen wird nach abstrakten Plänen für die Menschen ganz allgemein produziert; die zweite Kategorie hilft den Menschen dabei, die eigenen Ziele auf ihre jeweils eigene Weise zu erreichen.

Die Kriterien, mittels derer festgestellt werden kann, welche Werkzeuge antikonvivial oder manipulierend sind, sollten nicht dazu dienen, jedes Werkzeug, auf das sie zutreffen, auszuschließen. Diese Kriterien können jedoch als Richtmaß für die Strukturierung der Gesamtheit aller Werkzeuge dienen, anhand derer eine Gesellschaft Art und Niveau ihrer Konvivialität zu bestimmen wünscht.

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 In einer konvivialen Gesellschaft müssen Schulen nicht generell abgeschafft werden. Ein zu einem Zwangsinstrument pervertiertes Schulsystem jedoch, in dem Schulversagern bestimmte Rechte verwehrt werden, ist abzulehnen. In einer konvivialen Gesellschaft können bestimmte Hochgeschwindigkeits­verbindungen zwischen Städten erhalten bleiben, sofern deren Struktur nicht zwangsläufig bei allen anderen Verkehrsverbindungen ebenso hohe Geschwindigkeiten voraussetzt. Nicht einmal das Fernsehen muß abgeschafft werden — obwohl es einige wenige Programm-Macher und Moderatoren bestimmen läßt, was die Zuschauer sehen dürfen — sofern die gesellschaftliche Gesamtstruktur nicht die Degradierung aller zu Zwangsvoyeuren begünstigt. Die Kriterien für die Konvivialität sollten als Richtlinien für den kontinuierlichen Prozeß betrachtet werden, mittels dessen die Glieder einer Gesellschaft ihre Freiheit erhalten und nicht als Sammlung von Vorschriften, die routinemäßig durchgesetzt werden.

Heute gilt genau das Gegenteil — auch in Gesellschaften, in denen man die unmittelbaren Produzenten glauben macht, sie hätten die Zügel in der Hand. Der sozialistische Wirtschaftsplaner und der Fürsprecher der freien Marktwirtschaft versuchen sich gegenseitig zu übertrumpfen, indem sie beide vorgeben, die Gesellschaft, die nach den eigenen Prinzipien funktioniere, sei die produktivere. 1931 gab Stalin der "Kontrolle über die Produktionsmittel" durch neue Methoden, die den unmittelbaren Produzenten kontrollierten, die Bedeutung von Produktionssteigerungen. Während sich die USA mitten in der Wirtschaftskrise befanden, initiierte er in Rußland einen industriellen Wettbewerb. Seitdem versteht man unter der sozialistischen Linie eine Politik, die der industriellen Produktivität eines sozialistischen Landes dient. Stalins Neuinterpretation des Marxismus dient seither gewissermaßen dazu, die Sozialisten und die Linken zu erpressen. Es wird sich zeigen, ob auch China nach Maos Tod die produktive Konvivialität gegen die institutionelle Produktivität eintauschen wird.

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Die stalinistische Interpretation von Sozialismus hat es Sozialisten und Kapitalisten möglich gemacht, sich darauf zu einigen, wie das Entwicklungsniveau einer Gesellschaft zu messen ist. Gesellschaften, in denen sich die meisten Menschen, wenn sie Waren und Dienstleistungen brauchen, nach der persönlichen Laune, Güte oder Fähigkeit eines anderen richten müssen, nennt man "unterentwickelt", wogegen man Gesellschaften, in denen das Leben zu einer Prozedur des Bestellens aus einem alles umfassenden Einkaufskatalog geworden ist, "fortschrittlich" nennt. 

Durch den Stalinismus ist es möglich geworden, alles, was zu einer Erweiterung der Schulbildung oder des Straßennetzes beiträgt und alles, was die Produktivität bei Rohstoffgewinnung und Warenherstellung steigert, als revolutionär zu interpretieren. Revolutionär zu sein heißt inzwischen entweder, sich für den Staat, der in der Produktion nachhinkt, zu engagieren und dessen Bürger ihren Rückstand spüren zu lassen, oder die unterkonsumierenden Minderheiten in reichen Ländern anzuspornen bei ihren verzweifelten, aber vergeblichen Versuchen, aufzuholen.

Inzwischen ist jeder Aspekt der Industriegesellschaften zum Teil eines verkappten Systems geworden, das der Produktions­erweiterung und der Steigerung der Nachfrage auf ein Maß dient, das die Gesamtkosten für die Gesellschaft rechtfertigt. Deshalb lenkt die Kritik an einem unfähigen Management, an der Korruption von Behörden, an unzureichender Forschung und technologischem Rückstand die Öffentlichkeit davon ab, die einzig wahrhaft wichtige Aufgabe in Angriff zu nehmen, nämlich die sorgfältige Analyse der Grundstruktur von Werkzeugen als Mittel zum Zweck.

Es lenkt ebenso vom Wesentlichen ab, wenn man behauptet, die gegenwärtige Frustration gründe in der Tatsache, daß die Produktionsmittel Privateigentum sind; die Vergesellschaftung der gleichen Fabriken dagegen und deren Unterstellung unter eine Planungs­kommission sei im Interesse der Mehrheit und brächte eine gerechte Verteilung des Wohlstands in der Gesellschaft. Solange man die Ford Motor Company verurteilt, nur weil sie Ford reich macht, bleibt es bei der Illusion, die gleiche Fabrik könne alle reich machen.

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Solange Menschen glauben, jeder könne von Autos profitieren, werden sie Ford nicht deswegen verurteilen, weil er Autos produziert. Es geht hier nicht darum, wer die formalen Eigentumsrechte an Werkzeugen hat, sondern um die Erkenntnis, daß manche Werkzeuge Eigenschaften haben, die es unmöglich machen, sie zu "besitzen". Man kann nicht Eigentümer eines Werkzeugs sein, über das man keine Kontrolle hat. Es geht also vorrangig darum, festzustellen, welche Werkzeuge im öffentlichen Interesse kontrolliert werden können. Die Frage, ob es im Sinne der Allgemeinheit ist oder nicht, daß ein potentiell nützliches Werkzeug Privateigentum ist, ist von eher untergeordneter Bedeutung.

Bestimmte Werkzeuge sind destruktiv, wem sie auch immer gehören, ob der Mafia, Aktionären, einem ausländischem Unternehmen, dem Staat oder gar einer Arbeiterkommune. Solche Werkzeuge sind beispielsweise Netzwerke mehrspuriger Autobahnen, Sender großer Reichweite und Bandbreite, der Tagebau oder die Pflichtschulen. Destruktive Werkzeuge führen zwangsläufig zu mehr Reglementierung, Abhängigkeit, Ausbeutung oder Ohnmacht und berauben nicht nur die Reichen, sondern auch die Armen der Konvivialität, die in vielen sogenannten "unterentwickelten" Gegenden einziger Reichtum ist.

Heute kann man sich nur schwer vorstellen, daß Entwicklung und Modernisierung auch mit niedrigerem statt mit höherem Energieverbrauch einhergehen kann. Man geht fälschlicherweise davon aus, daß ein hohes technologisches Niveau das massive Eingreifen in physikalische, psychologische und gesellschaftliche Vorgänge voraussetzt. Um Werkzeuge richtig einschätzen zu können, müssen wir von der Illusion Abschied nehmen, nur eine Kultur, in der so hohe Energiemengen wie nur möglich verbraucht werden, könne als Hochkultur bezeichnen werden. In klassischen Gesellschaften waren die Energiequellen sehr gleichmäßig verteilt. Jeder Mensch wurde mit dem Potential geboren, einen Großteil der Kraft zu nutzen, die er im Verlauf seines Lebens benötigen würde, sofern sein Organismus nur ausreichend versorgt wurde. Größere Mengen physischer Energie ließen sich nur infolge psychischer Manipulation oder politischer Dominanz beherrschen.

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Die Menschen brauchten keine energiebetriebenen Werkzeuge, um die mexikanischen Pyramiden von Teotihuacán oder die philippinischen Reisterrassen von Ibague zu bauen. Ihre Muskeln lieferten die Kraft, die nötig war, um die Peterskirche zu errichten und die Kanäle von Angkor Vat zu graben. Kuriere beförderten Botschaften zwischen Cäsars Generälen und zwischen Dorfhäuptlingen und Inka-Ingenieuren hin und her. Hände und Füße setzten Spinnrad und Webstuhl, Töpferscheibe und Säge in Bewegung. Der Metabolismus des Menschen lieferte in der Antike die für Agrikultur, Manufaktur und Krieg nötige Energie. Individuelle Fertigkeiten waren die Steuerungsmechanismen, die aus der animalischen Kraft gesellschaftlich definierte Arbeit werden ließen. Die Energie, über die die Herrscher verfügen konnten, resultierte aus der Summe der Leistungen, die deren Untertanen freiwillig oder unfreiwillig erbrachten. Ich behaupte nicht, daß der Metabolismus des Menschen jegliche nützliche Energie lieferte, aber ich möchte doch behaupten, daß er in den meisten Kulturen die bedeutendste Energiequelle war. 

Die Menschen wußten sich bestimmte Naturkräfte zunutze zu machen. Sie steuerten Kähne den Nil hinunter; sie zähmten wilde Tiere und spannten sie vor den Pflug; sie fingen den Wind in ihren Segeln; sie wurden zu Meistern im Bau einfacher Maschinen, mittels derer sich die Kräfte von Mensch, Regen und Schwerkraft vereinigen ließen. Sie bändigten auch das Feuer für Schmiede und Küche, aber der Gesamtoutput dieser Energiequellen blieb vergleichsweise gering. Selbst die Mongolen, die auf dem Pferderücken lebten, produzierten mit den eigenen Muskeln mehr Energie als mit der Kraft ihrer Pferde. Die gesamte für den Bau von Athen und Florenz aus der Natur geschöpfte Energie lieferte diesen klassischen Gesellschaften nicht annähernd soviel beherrschbare Energie wie das deren Menschen taten. Nur wenn Menschen Feuer entfachten, um Städte in Schutt und Asche zu legen oder um Urwälder zu roden, setzten sie Kräfte frei — ohne sie jedoch beherrschen zu können —, die die Kräfte derer, die sie sich zunutze machten, bei weitem übertrafen.

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Wieviel Kraft den alten Kulturen insgesamt zur Verfügung stand, läßt sich schätzen. Man kann sie als Vielfaches der Arbeitszeit und der metabolischen Energie des Durchschnittsmenschen darstellen. Der Mensch kann etwa 2500 Kalorien täglich verbrennen, vier Fünftel davon einfach nur, um sich am Leben zu halten. Sie lassen sein Herz schlagen und geben seinem Hirn Impulse. Was übrigbleibt, kann externalisiert werden; das heißt jedoch nicht, daß es insgesamt in Arbeit umgesetzt werden kann. Einen Großteil der dem Menschen in seinem Leben zur Verfügung stehenden Kapazität, auf seine physische und soziale Umwelt einzuwirken, verbraucht er, indem er während seines Heranwachsens einfach umherrennt. 

Weitere Energie verbraucht er für Arbeit, die er ganz einfach leisten muß — die aber auch außerhalb des Zugriffs anderer Menschen liegt. Er verbraucht Energie, wenn er aufsteht, wenn er Essen bereitet, wenn er Schutz vor der Kälte sucht oder wenn er der Peitsche des Sklaventreibers ausweicht. Wird einem Menschen die Nutzung dieser Energie verwehrt, dann ist er für die Arbeit nicht mehr tauglich. Die Gesellschaft kann verfügen, wie solche persönlichen Tätigkeiten zu verrichten sind; sie kann sich jedoch die dafür benötigte Kraft nicht aneignen, um sie für andere Zwecke einzusetzen. Sitten und Gebräuche, Sprache und Gesetz können dem Sklaven vorschreiben, welche Form seine Töpferwaren haben sollen, aber der Herr kann seinen Sklaven nicht die letzten Töpfe oder das Dach über den Kopf nehmen; nicht, wenn er möchte, daß sie sich weiter für ihn abschuften. Jeder trug mit einem kleinen Bündel Energie zur großen Quelle physischer Kraft bei, mit der Tempel gebaut, Berge versetzt, Stoffe gewebt, Kriege geführt und Könige umhergetragen oder zum Lachen gebracht wurden.

Es stand nur eine begrenzte Menge an Energie zur Verfügung, und zwar war sie proportional zur Bevölkerungs­zahl. Sie entsprang den Muskeln einzelner Menschen. Wie effizient sie genutzt werden konnte, hing jeweils vom erreichten Entwicklungsniveau der Handwerkzeuge ab und davon, wie sie in der Bevölkerung verteilt waren.

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Die Werkzeuge paßten alle die Impedanz der menschlichen Kraft der Aufgabe an. Nur durch ein Umlenken der Schwerkraft und der Kraft der Winde ließen sie sich als Verstärker dieser Energie nutzen. Um mehr Energie beherrschen zu können als andere in der Gesellschaft, mußte sich ein Mensch andere Untertan machen. Auch wenn ein Herrscher Zugang zu anderen Kraftquellen hatte als zu der menschlichen, konnte er sie doch nur ausnutzen, sofern er Macht über Menschen besaß. Jedes paar Ochsen mußte von einem Menschen geführt werden. Sogar in der Schmiede brauchte man einen Knaben, der ins Feuer blies. Politische Macht war gleichbedeutend mit der Beherrschung der körperlichen Energie, und um Macht zu haben, mußte man Autorität besitzen.

Daß sich Machtbesitz mit der direkten Beherrschung von Energie deckte, war charakteristisch für vorindustrielle Gesellschaften, aber das hieß nicht, daß jeder die gleiche Autonomie besaß, diese Macht auszuüben. Auf einem frühen zivilisatorischen Niveau konnte sich ein Mensch kraft seiner körperlichen Überlegenheit zum Herrn über andere machen. Ein Volk, das in seinem gesellschaftlichen Aufbau oder in seinen Kampfmitteln einem anderen geringfügig überlegen war, konnte dieses unterwerfen. Mit der Inbesitznahme von Naturschätzen und Werkzeugen entstanden Klassengesellschaften und die Rituale und Mythen, die den Menschen darauf vorbereiteten, sich in eben die Klasse einzufügen, für die er bestimmt war.

In einer vorindustriellen Gesellschaft konnte sich politische Herrschaft nur über die überschüssige Energie erstrecken, die Menschen produzieren konnten. Sobald ein Volk leistungsfähig genug war, um mehr Energie zu produzieren als zum eigenen Unterhalt nötig, konnte ihm die Macht über diese Energie entzogen werden. Man konnte es nun zwingen, die Entscheidungen über diese Kraft an andere abzutreten. Man konnte es entweder mit Steuern belegen oder versklaven. Ein Teil dessen, was die Menschen selbst produzierten, konnte ihnen genommen werden oder man konnte sie für den König oder für das Dorf schuften lassen.

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Meist leisteten Ideologie, ökonomische Struktur und Lebensweise dieser Konzentrierung der Beherrschung überschüssiger Energie Vorschub. Von Kultur zu Kultur bestanden Unterschiede, was das Ausmaß der Polarisierung gesell­schaftlicher Privilegien durch diese Machtkonzentration betraf. Im besten Falle ließ sie den Spielraum größer werden, innerhalb dessen die meisten Mitglieder der Gesellschaft die ihnen verbleibenden Kräfte nutzen konnten. Das war beispielsweise in bäuerlichen Hochkulturen der Fall. Alle mußten dabei helfen, das Land vor Feinden oder vor Hochwasser zu schützen; dafür waren alle auch besser gekleidet, behaust und ernährt. Im schlimmsten Falle führte die Konzentration von Entscheidungen über die Energie zur Gründung von Reichen, die mit Hilfe von Söldnern expandierten und von Plantagen versorgt wurden, auf denen Sklaven arbeiteten.

Die der Menschheit insgesamt zur Verfügung stehende Energie nahm gegen Ende der Eisenzeit, also zwischen Agrippa und Watt, rapide zu. Die meisten radikalen technischen Neuerungen vor den wissenschaftlichen Entdeckungen auf dem Gebiet der Elektrizität entstanden in Wahrheit im frühen Mittelalter. Da sie die Windkraft weit besser nutzten als jede frühere Erfindung, machten Dreimaster nun den Transport über die ganze Welt möglich. Die zügige Beförderung mit regelmäßigen Lieferungen wurde in Europa durch den Bau von Kanälen möglich, ein Jahrtausend nachdem man die gleiche Erfindung in Südostasien eingeführt hatte. Die Konstruktion erheblich verbesserter Wasserräder und Windmühlen verlief parallel zu der intensivierten Verwendung nichtmenschlicher Energie in Industrien wie der Brauerei, Färberei, Töpferei, Ziegelbrennerei, Zuckersiederei und Salzmanufaktur und dem Warentransport.

Vom Hochmittelalter bis zur späten Renaissance kamen neue soziale Werkzeuge auf zur Wahrung von Würde und Ehre des arbeitenden Menschen, auch wenn ihn die Maschinen nun bisweilen durch ihre Ausmaße in den Schatten stellten. Das Zunftwesen verhalf den Arbeitenden in der Tat zum Monopol an den für ihr Handwerk spezifischen Werkzeugen.

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Aber die Proportionen der Mühle standen noch in einem ausgewogenen Verhältnis zu denen des Müllers. Sein Monopol über die Getreideverarbeitung gewährte dem Zunftmitglied Schutz, verschaffte ihm weitere Feiertage und sorgte doch gleichzeitig dafür, daß er seiner Stadt auf optimale Weise dienlich sein konnte. Die Zünfte waren weder Gewerkschaften noch Standes­organisationen.

In seinem Werk Mythos der Maschine. Kultur, Technik und Macht3 weist Lewis Mumford darauf hin, ein spezielles Unternehmen, nämlich der Bergbau, habe

"das Modell für spätere Formen der Mechanisierung dar (-gestellt), — in seiner brutalen Mißachtung menschlicher Faktoren, in seiner Indifferenz gegenüber der Verschmutzung und Zerstörung der Umwelt, in seiner Konzentration auf physikalisch-chemische Prozesse zur Erlangung des gewünschten Materials oder Brennstoffs und vor allem in seiner topographischen und psychischen Isolierung von der organischen Welt des Bauern und des Handwerkers und von der geistigen Welt der Kirche, der Universität und der Stadt.
Was die Umweltzerstörung und die Gleichgültigkeit gegenüber den Gefahren für das menschliche Leben betrifft, hat der Bergbau große Ähnlichkeit mit dem Krieg — wie er auch oft durch Konfrontation mit Gefahr und Tod einen harten, selbstbewußten Persönlich­keitstypus hervorbringt, mit der Fähigkeit zu Heldentum und Selbstaufopferung, nicht unähnlich dem Soldatentypus. Aber der destruktive Charakter und die grausame Arbeitsweise des Bergbaus sowie die von ihm bewirkte Verarmung und Verwahrlosung der Umwelt wurden an die neuen Industrien weitergegeben, die Bergbauprodukte verwendeten. Diese negativen sozialen Folgen wogen die technischen Fortschritte auf."
4

 

3  Mumford, Lewis: Mythos der Maschine. Kultur, Technik und Macht. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Liesi Nürenberger und Arpad Hälbig, Frankfurt am Main 1977.
4  Ebd., S. 502

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Diese neue Haltung gegenüber der Erwerbstätigkeit spiegelt sich in einer neuen Bezeichnung dafür wider. Tripaliare bedeutete ursprünglich, jemanden auf dem trepalium zu foltern; dieses wurde erstmalig im 6. Jahrhundert erwähnt als aus drei hölzernen Stöcken bestehendes Pfählungsinstrument. Im zwölften Jahrhundert war mit dem Wort sowohl im Französischen als auch im Spanischen eine schmerzhafte Erfahrung gemeint, die ein Mensch ertragen muß; erst im 16. Jahrhundert wurde es möglich, das Verb trabajar bei der Arbeit als gleichbedeutend mit laborar und sudar zu verwenden. 

 

Ebenso bezeichnend ist das, was in der englischen Sprache geschah. Der Begriff work wurde erst für das Wirken von Arzneien (1600) und dann für konkrete Werkzeuge (1650) verwendet, auch wenn diese noch nicht durch außerhalb des Körpers produzierte Kraft angetrieben wurden. Aus dem Alchimistentraum, einen Homunkulus in der Retorte entstehen zu lassen, wurde allmählich der Traum, Roboter zu erschaffen, die für den Menschen wirken (work) sollten, und die Menschen dazu auszubilden, mit diesen Seite an Seite zu wirken. Die Entstehung der Ideologie einer industriellen Organisation von Werkzeugen und einer kapitalistischen Organisation der Ökonomie ging dem, was man gewöhnlich Industrielle Revolution nennt, um viele hundert Jahre voraus. Nach den Bacon'schen Prämissen begannen die Europäer, so Mumford, Zeit zu sparen, Entfernungen schrumpfen zu lassen, Macht zu erweitern, Waren in großen Mengen herzustellen, organische Normen außer Kraft zu setzen und reale Organismen durch Mechanismen zu deren Stimulierung oder zur Verbesserung von deren Einzelfunktionen zu ersetzen. Alle diese Gebote, die in unserer Gesellschaft zu Grundlagen der Wissenschaft als Technologie geworden sind, erscheinen vor allem deshalb axiomatisch und absolut, weil man sie nicht hinterfragt. 

Der gleiche geistige Wandel machte sich auch in einem Übergang von der rituellen zur mechanischen Regelmäßigkeit bemerkbar, mit besonderer Betonung auf geordneter Zeiteinteilung, Raummessung und Buchführung, wobei konkrete Gegenstände und komplexe Vorgänge in abstrakte Quantitäten übersetzt wurden.

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Laut Mumford war es diese kapitalistische Leidenschaft für eine repetitive Ordnung, die dazu beitrug, die unschätzbare persönliche Ausgewogenheit zwischen dem arbeitenden Menschen und seinen Werkzeugen zu unterminieren.

Neue Energiequellen brachten auch ein neues Zeitverständnis mit sich. Die Kirche betrachtete den Geldverleih gegen Zinsen als "widernatürlich"; das Geld galt seiner Natur nach als Tauschmittel, mit dem man lebensnotwendige Dinge kaufen konnte, aber nicht als Kapital, das arbeiten und Früchte tragen konnte. Im Verlauf des siebzehnten Jahrhunderts gab auch die Kirche, wenn auch widerstrebend, diese Sichtweise auf und mußte hinnehmen, daß Christen zu kapitalistischen Kaufleuten geworden waren. Zeit bewertete man nun wie Geld: Jetzt habe ich vor dem Mittagessen ein paar Stunden Zeit; wie soll ich meine Zeit nutzen? Ich habe so wenig Zeit, daß ich es mir nicht leisten kann, so viel Zeit für eine Sitzung auf zuwenden, das ist mir meine Zeit nicht wert; Das wäre 'Zeitverschwendung; da spare ich lieber Zeit.

Wissenschaftler begannen, den Menschen als Energiequelle zu betrachten. Sie versuchten nun, die tägliche Höchstleistung zu messen, die ein Mensch zu erbringen in der Lage war, und sie verglichen sowohl dessen Regenerationszeit als auch dessen Kräfte mit denen eines Pferdes. Man erfand den Menschen neu als Quelle mechanischer Kraft. Gefangene, die auf Galeeren ihre Strafen verbüßen mußten, brachten meist wenig Nutzen, da die Galeeren die meiste Zeit im Hafen lagen. Gefangene, die zur Tretmühle verurteilt waren, produzierten Rotationskraft, die für jede der neuen Maschinen genutzt werden konnte. Bis ins frühe 19. Jahr­hundert hinein arbeiteten Männer in englischen Gefängnissen in der Tat an der Tretmühle, um Maschinen anzutreiben.

Die neue Einstellung des Menschen zu seinen Werkzeugen während der Industriellen Revolution — deren eigentlicher Beginn, wie der des Kapitalismus, im 15. Jahrhundert anzusetzen ist — machte auch die Erfindung neuer Energiequellen notwendig. Die Dampf­maschine muß eher als Produkt denn als Ursache der Industriellen Revolution betrachtet werden.

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Kraftwerke wurden bald mobil, und mit der Eisenbahn kamen Eisenzeit und Industrielle Revolution zu ihrem Ende.

Neue Energiequellen von gigantischen Ausmaßen wurden während des zwanzigsten Jahrhunderts angezapft, und ein Großteil dieser Energie steuerte sich selbst. Maschinen haben den Menschen inzwischen fast ganz verdrängt, und dessen Aufgabe besteht nur noch darin, sie zu bedienen. Arbeitskolonnen werden auf den Feldern kaum noch gebraucht: Die Sklavenarbeit ist unrentabel geworden. Es werden jedoch auch in der Montagehalle weniger Menschen gebraucht, da Ingenieure Maschinen entwickelt haben, die eben jene Tätigkeiten übernehmen, die Massenproduktion und Industrialisierung in den Jahrhunderten vor der Dampfmaschine hatten entstehen lassen.

Es steht mehr Energie zur Verfügung, folglich wird auch mehr Energie verbraucht. Die Konditionierung des Menschen in der Megamaschine ist wirksam genug, den Sklavenhalter in Menschengestalt überflüssig zu machen.

Wir sind alle Kinder unserer Zeit, und daher ist es für uns außerordentlich schwer, uns eine postindustrielle und doch menschliche Form von "Arbeit" vorzustellen. Die industriellen Werkzeuge zu reduzieren scheint gleichbedeutend mit einer Rückkehr zur qualvollen Plackerei in Bergwerken und Fabriken oder zur Mühsal eines amerikanischen Landarbeiters, der mit seinem mechanischen Nachbarn konkurrieren muß. Der Arbeiter, der, wenn es die Maschine erforderte, einen schweren Reifen in eine heiße Schwefellösung tauchen mußte, war im wahrsten Sinne des Wortes an seine Maschine gebunden. Auch die Landarbeit war nicht mehr das, was sie für einen Sklaven oder einen Bauern gewesen war. Für den Sklaven war sie Plackerei (labor) zu Diensten und auf Geheiß eines Herrn; für den Bauern war sie das eigene Werk (work), das er sich gemäß den Anforderungen wachsender Pflanzen und hungriger Tiere und unberechenbarer klimatischer Bedingungen selbst einteilen und gestalten konnte.

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Der moderne Landarbeiter in den USA, dem heute keine leistungsstarken Werkzeuge zur Verfügung stehen, ist — ganz anders als ein antiker Sklave — einem doppelten Druck ausgesetzt: Er muß an die Arbeitsleistungen herankommen, die Farmarbeiter andernorts mit Hilfe von Maschinen erreichen, und gleichzeitig ist er sich ständig dessen bewußt, daß er unterprivilegiert ist, ausgebeutet und mißbraucht wird, denn er spürt, daß er im Zeitalter der Megamaschine nur als kleines Rädchen im Getriebe benutzt wird. Die Aussicht, die Entwicklung hin zu einer konvivialen Gesellschaft könnte weniger leistungsstarke Werkzeuge implizieren, muß ihm wie ein Rückschritt zur Ausbeutung der menschlichen Kraft durch die leistungsschwachen Industriemaschinen der Frühphase der Dampfmaschine erscheinen.

Ich habe drei Arten institutioneller Arrangements beschrieben, innerhalb derer Werkzeuge eingesetzt werden können. Bestimmte Werkzeuge sind nur innerhalb eines dieser Arrangements effizient zu nutzen. Es gibt Werkzeuge, die man im Normalfall für ein befriedigendes, phantasievolles und unabhängiges Wirken (work) verwenden kann; andere sind vorwiegend für Tätigkeiten geeignet, die man am treffendsten mit Arbeit (labor) bezeichnet; dann gibt es noch bestimmte Maschinen, die sich nur bedienen lassen. Gleiches läßt sich über konkrete Artefakte sagen und über diejenigen Regelwerke, die institutionelle Arrangements festlegen. Autos sind Maschinen, für die man Schnellstraßen braucht, und man könnte meinen, Schnellstraßen dienten der Allgemeinheit, obwohl sie in Wirklichkeit viele benachteiligen. Die Pflichtschule erfordert einen riesigen bürokratischen Apparat; auch wenn ein Lehrer sich noch so sehr bemüht, seinen Unterricht konvivial zu gestalten — seine Schüler lernen doch von ihm, in welche Klasse sie gehören. Autos haben eine Funktion auf der Autobahn zu erfüllen, ähnlich wie ein Lehrer in der Schule.

Nur in ganz eingeschränktem Sinne kann man das, was Lastwagenfahrer und Lehrer tun, labor nennen. Nur gelegentlich wird ein Lehrer das Gefühl haben, daß er in seinem Wirken nicht durch seine Funktion innerhalb des Schulapparats beeinträchtigt wird.

Die Unterschiede zwischen diesen drei Formen menschlichen Tuns lassen sich besser ausmachen, wenn man deren Marktcharakter betrachtet.

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 Arbeit (labor) kann man auf dem Markt kaufen oder verkaufen. Nur das Ergebnis der konvivialen Arbeit kann vermarktet werden, nicht aber die Arbeit als Tätigkeit. Endlich muß man sich das Recht, Maschinen zu bedienen und die knappen Privilegien zu genießen, die mit einem festen Arbeitsplatz verbunden sind, erst verdienen, indem man sich einer Behandlung in Form von Schulbesuch und Tests und einer Reihe von Jobs unterzieht.

Werkzeuge für eine konviviale und doch leistungsfähige Gesellschaft hätten zu keinem früheren Zeitpunkt in der Geschichte konzipiert werden können. Wir sind heute dazu in der Lage, die Maschinerie zu entwerfen, die die Sklaverei überflüssig macht, ohne daß dabei gleichzeitig die Menschen zu Sklaven der Maschinen werden. Wissenschaft und Technik müssen nicht zwangsläufig der in den vergangenen 150 Jahren ihres Einsatzes für die Produktion vorherrschenden Vorstellung verhaftet bleiben; neue Erkenntnisse über die Naturgesetze setzten eine immer spezifischere und kapitalintensivere Vorbereitung der Menschen voraus, die sie anwenden.

Die Wissenschaften, die aus der Philosophie hervorgingen, mußten eine zunehmende Arbeitsteilung rechtfertigen. Diese Arbeitsteilung hat schließlich zu einer arbeitssparenden Spezialisierung von Werkzeugen geführt. Man setzt neue Technologien jetzt ein, um die Versorgungskanäle für Waren zu erweitern. Ursprünglich für die Allgemeinheit geschaffene Einrichtungen werden zunehmend zu Arenen für die Besitzer teurer Werkzeuge. Wissenschaft und Technik stehen im permanenten Dienste der industriellen Produktionsweise, und sie tragen zur Unterdrückung jeglicher unabhängiger Initiative bei. Aber neue wissenschaftliche Entdeckungen müssen nicht unbedingt so umgesetzt werden. Daß das geschieht, liegt an einer totalen Voreingenommenheit zugunsten der zukünftigen Expansion einer industriellen Produktionsweise. Zur Behebung kleinerer Unzulänglichkeiten, die das weitere Wachstum eines spezifischen Produktionsprozesses hemmen, setzt man Forscherteams ein. Die geplanten Entdeckungen werden anschließend als der Allgemeinheit dienende kostspielige wissenschaftliche Durchbrüche gepriesen.

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 Die Forschung ist heute vorrangig auf die weitere industrielle Entwicklung ausgerichtet. Diese unqualifizierte Gleichsetzung von wissenschaftlichem Fortschritt mit dem Ersatz menschlicher Initiativen durch programmierte Werkzeuge entspringt einer ideologischen Voreingenommenheit und ist nicht Ergebnis wissenschaftlicher Analysen. Die Wissenschaft könnte dazu beitragen, daß genau das Gegenteil erreicht wird. Unter fortschrittlicher oder "Hoch"-Technologie verstünde man dann die arbeitserhaltende, arbeitsintensive dezentralisierte Produktivität. Natur- und Geisteswissenschaften könnten auch zur Schaffung von Werkzeugen, gemeinnützigen Einrichtungen und Bestimmungen beitragen, die es Einzelpersonen und vorläufig bestehenden Gruppierungen gestatteten, ihre gegenseitigen Beziehungen und ihre Umwelt in bisher unvorstellbarer Freiheit und mit neuen Ausdrucksmöglichkeiten immer wieder neu zu definieren.

Wir können unser neues Naturverständnis entweder dazu nutzen, um Werkzeuge zu schaffen, die uns in ein hyperindustrialisiertes Zeitalter elektronischer Kybernetik katapultieren, oder aber, um einen breiten Fächer wirklich moderner und dennoch konvivialer Werkzeuge zu entwickeln. Unsere begrenzten Ressourcen können wir entweder dafür verwenden, Millionen Fernsehzuschauern das bunte Abbild eines einzelnen Künstlers zu übermitteln, oder aber, um vielen Menschen den freien Zugang zu Schallplatten ihrer Wahl zu verschaffen. 

Im erstgenannten Falle wird man die Technologie nutzen, um den Spezialisten weiter zu fördern, wobei es im Prinzip keine Rolle spielt, ob es sich um einen Klempner, Arzt oder Fernsehdarsteller handelt. Bürokraten werden verstärkt den Markt beobachten, ihre Bilanzen konsultieren und dann zunehmend darüber bestimmen, aus welcher Produktpalette die Menschen ihre Auswahl treffen dürfen. Menschen, die zu nichts mehr nutze sind, werden immer mehr nützliche Dinge zur Verfügung gestellt bekommen. Die Wissenschaften können jedoch auch dazu beitragen, Werkzeuge leichter handhabbar zu machen und somit dem Laien mehr Möglichkeiten bieten, seine unmittelbare Umgebung nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten.

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Es ist an der Zeit, dem Arzt die Spritze aus der Hand zu nehmen, so, wie während der europäischen Reformation auch dem Schreiber die Feder aus der Hand genommen wurde.

Die meisten heilbaren Krankheiten können inzwischen von Laien diagnostiziert und behandelt werden. Vielen fällt es deshalb so schwer, einer solchen Feststellung Glauben zu schenken, weil die Komplexität des medizinischen Rituals ihnen verbirgt, wie simpel dessen Grundprozeduren in Wahrheit sind. Erst durch das Beispiel der Barfußärzte Chinas ist deutlich geworden, wie moderne Behandlungsmethoden, von einfachen Arbeitern während ihrer Freizeit angewendet, das Gesundheitswesen Chinas auf ein Niveau katapultieren konnten, das anderswo keine Entsprechung hat. In den meisten anderen Ländern wird die medizinische Behandlung durch Laien als Verbrechen betrachtet. Eine siebzehnjährige Freundin von mir stand kürzlich vor Gericht, weil sie etwa 130 ihrer Mitschüler an der Highschool wegen einer Geschlechtskrankheit behandelt hatte. Das Verfahren wurde eingestellt, nachdem Sachverständige ihre Vorgehensweise mit der der US-Gesundheitsbehörden verglichen hatten. Was sie erreicht hatte, kann nirgends in den USA als "Standardleistung" betrachtet werden, denn es gelang ihr, alle ihre Patienten sechs Wochen nach der Erstbehandlung nachzutesten. Fortschritt müßte eigentlich gleichbedeutend sein mit der Verbesserung der Fähigkeiten zur Selbsthilfe und nicht mit zunehmender Abhängigkeit.

Die Möglichkeiten der Laientherapie lassen sich zudem kaum mit unserer Versessenheit auf eine "bessere" Gesundheit vereinbaren; diese hat uns unfähig gemacht, zwischen heilbaren und unheilbaren Krankheiten zu differenzieren. Es besteht hier jedoch ein ganz wesentlicher Unterschied, denn wenn ein Arzt einen unheilbar Kranken behandelt, macht er aus seiner Kunst ein Mittel zum Zweck. Er wird zum Scharlatan, der darauf aus ist, wissenschaftlichen Trost zu spenden in einem Zeremoniell, in dem der Arzt den Todeskampf des Patienten übernimmt. Der Patient ist nun kein krankes Subjekt mehr, dem man während der Heilung oder während des Sterbens beisteht, sondern er wird zum Objekt, an dem der Arzt seine rituellen Handlungen vollzieht.

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Die Medizin verliert ihre Legitimität als Beruf, wenn sie einem Menschen oder dessen Angehörigen nicht dabei helfen kann, diese eine differenzierende Diagnose selbst zu stellen.

Neue Möglichkeiten zur progressiven Expansion der Laientherapie lehnen wir ab, weil uns das Leben in der Industriegesellschaft dazu gebracht hat, übertriebenen Wert auf standardisierte Waren, Uniformität und Qualitätsgarantien zu legen. Von der Industrie geweckte Erwartungen haben die Unterschiede zwischen persönlicher Eignung und standardisiertem Beruf verwischt. Selbstverständlich kann jeder Laie ein Heilkundiger werden; das heißt aber nicht, daß man jeden Laien die Heilkunst lehren muß. Es soll nur heißen, daß in einer Gesellschaft, in der man sich ohne fremde Hilfe um seinen Nächsten selbst kümmern darf und muß, manche Menschen besser als andere mit den besten verfügbaren Werkzeugen werden umgehen können. In einer Gesellschaft, in der die Menschen wieder zu Hause geboren werden und sterben dürfen, in der Krüppel und Idioten nicht aus der Öffentlichkeit verbannt werden und in der man zwischen Heilung und Klempnerarbeit einen Unterschied macht, dürften so einige Menschen die Fähigkeiten dazu entwickeln, anderen beim Gesundwerden, Leiden und Sterben beizustehen.

So, wie die meisten Menschen unter vernünftigen gesellschaftlichen Bedingungen, ohne die Schule zu besuchen und ohne das vor-Gutenbergsche Gewerbe des Schreibers nachvollziehen zu müssen, zu Lesern werden könnten, könnten auch genügend Menschen die Fähigkeit entwickeln, mit medizinischen Werkzeugen umzugehen. Damit wäre für die Heilung so gut vorgesorgt, daß sich die dafür benötigten Fähigkeiten nur schwerlich monopolisieren oder als Ware verkaufen ließen.

Die Entprofessionalisierung könnte den Unterschied zwischen der Freiheit der Berufung und dem gelegentlichen Auftrieb, den der Kranke durch die quasireligiöse Autorität des examinierten Arztes erfährt, erneut erkennbar werden lassen.

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Natürlich würde infolge der Entprofessionalisierung der meisten alltäglichen medizinischen Verrichtungen hin und wieder ein Scharlatan den Platz des heutigen Schwindlers einnehmen können, aber je größer der von professionellen Medizinern verursachte Schaden, um so weniger wird uns die Quacksalberei als ernstzunehmende Bedrohung erscheinen. Das selbstkritische Urteil des Laien bei seiner Übernahme der von Fachleuten entwickelten oder verwendeten Werkzeuge ist einfach durch nichts zu ersetzen. Wem die speziellen Risiken eines bestimmten Heilmittels lebenslang vertraut sind, dem wird es nicht schwerfallen, zu entscheiden, ob es im Ernstfall anzuwenden oder zu verwerfen ist.

Nehmen wir ein weiteres Werkzeug - den Transport - als Beispiel. In den frühen dreißiger Jahren wurde in Mexiko unter Präsident Cardenás ein modernes Transportsystem entwickelt. Es dauerte nur wenige Jahre, bis 80 % der Bevölkerung die Vorzüge des motorisierten Verkehrs genießen konnten. Entscheidend war dabei, daß die Dörfer durch unbefestigte Straßen und Wege miteinander verbunden wurden. Diese wurden von Zeit zu Zeit von schweren, einfachen, aber robusten Lastwagen mit einer Geschwindigkeit von weniger als 30 Stundenkilometern befahren. Die Leute saßen zusammengepfercht auf hölzernen Bänken, die an den Fußboden genagelt waren, um Platz zu schaffen für die Waren, die hinten und auf das Dach aufgeladen waren. Auf kürzeren Strecken konnte das Fahrzeug nicht mit den Menschen konkurrieren, die es gewohnt waren, zu Fuß zu gehen und ihre Waren zu tragen; aber das Reisen über weitere Entfernungen wurde nun allen möglich. Ein Mann brauchte sein Schwein nicht mehr zum Markt zu treiben, sondern beide konnten zusammen im Lastwagen fahren. Jeder Mexikaner konnte nun innerhalb weniger Tage an jeden beliebigen Punkt seines Landes gelangen.

Seit 1945 wird von Jahr zu Jahr mehr Geld für Straßen ausgegeben. Man hat es für den Bau von Verbindungsstraßen zwischen einigen wenigen wichtigen Zentren aufgewendet. Hochempfindliche Autos sind nun auf guten Straßen unterwegs. Große Speziallaster pendeln zwischen Fabriken hin und her. Den alten Vagabund von Allzwecklaster findet man nur noch in den Bergen und in den Sumpfgebieten. In vielen Regionen

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muß der Bauer nun den Bus zum Markt nehmen, um dort industriell hergestellte Fertigwaren zu kaufen, oder er verkauft sein Schwein an den Trucker, der für einen Fleischgroßhändler arbeitet. Er kommt mit seinem Schwein nicht mehr in die Stadt. Er zahlt Steuern für die Straßen, von denen die Eigner verschiedener spezialisierter Monopole profitieren und redet sich dabei ein, auch er werde eines Tages Vorteile daraus ziehen können.

Der kleine Mann darf hin und wieder auf einem gepolsterten Sitz in einem klimatisierten Bus reisen, muß aber dafür auf einen Großteil der Mobilität verzichten, die ihm das alte System bot, ohne dabei neue Freiheit hinzuzugewinnen. Versuche, die in zwei typischen großen Staaten Mexikos durchgeführt wurden — in einem dominieren die Wüsten, im anderen Berge und üppige Vegetation —, bestätigen diese Aussage. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung beider Staaten reiste in einer beliebigen Stunde des Jahres 1970 weiter als 25 Kilometer. Für mehr als 99 % der Bevölkerung wären Schubkarren und Fahrräder — wenn nötig mit Motor ausgestattet — eine technologisch sinnvollere Lösung gewesen als der vielgepriesene Ausbau der Verbindungsstraßen. 

Solche Schubkarren hätten Leute lernend bauen und warten können, und sie hätten auf Straßen nach Inka-Standard, doch asphaltiert, um ein Steckenbleiben zu verhindern, betrieben werden können. Es ist üblich, Investitionen in normierte Straßen und Autos damit zu rechtfertigen, daß man behauptet, sie seien wesentliche Voraussetzungen für die Entwicklung und eine Region hätte ohne sie keine Chance, Anschluß an den Weltmarkt zu finden. Beide Behauptungen Stimmen; solche Investitionen können aber nur als wünschenswert betrachtet werden, wenn die monetäre Integration als Entwicklungsziel gilt.

In den letzten Jahren haben die Fortschrittsverfechter zugeben müssen, daß Autos, wie sie heute verwendet werden, ineffizient sind. Man meint, deren Ineffizienz ließe sich damit erklären, daß moderne Fahrzeuge für den Privatbesitz gedacht sind und nicht dem Wohl der Allgemeinheit dienen sollen. In Wahrheit aber ist die moderne Personenbeförderung nicht

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deshalb ineffizient, weil eine individuelle Kapsel und nicht eine Kabine als Modell für eine große Zahl von Fahrzeugen dient oder weil diese Fahrzeuge Eigentum ihrer Fahrer sind. Ineffizient ist sie, weil man geradezu zwanghaft von der Vorstellung besessen ist, hohe Geschwindigkeiten wären gleichbedeutend mit einer besseren Beförderung. Wie der Gesundheitswahn, der jegliche Kosten zu rechtfertigen scheint, so ist auch der Geschwindigkeitswahn eine Form von Geisteskrankheit.

Die Eisenbahn spiegelte die Klassengesellschaften, denen sie diente, wider, indem sie für die gleiche Geschwindigkeit unterschiedliche Fahrpreise erhob. In einer Gesellschaft dagegen, die dem Geschwindigkeitswahn verfallen ist, zeigt der Tacho die Klassenzugehörigkeit an. Jeder Bauer konnte Lazaro Cardenás begleiten, wenn er auf seinem Pferd saß. Wenn heute ein Gouverneur in seinem privaten Hubschrauber sitzt, kann ihn nur sein persönlicher Troß begleiten. Wie häufig jemand in kapitalistischen Ländern größere Entfernungen zurücklegen kann, hängt davon ab, wieviel er bezahlen kann. In sozialistischen Ländern hängt die Reisegeschwindigkeit davon ab, welche gesellschaftliche Bedeutung ein Mensch in den Augen der Bürokratie hat. In beiden Fällen zeigt die spezielle Reisegeschwindigkeit an, welcher Schicht ein Mensch angehört und welchen Umgang er pflegt. In einer Leistungsgesellschaft trägt die Geschwindigkeit zur Schichtenbildung bei.

Die Förderung des Geschwindigkeitswahns ist zudem ein Mittel der sozialen Kontrolle. Der Verkehr in seinen verschiedenen Ausformungen verschlingt heute 23 % der Bruttoausgaben der USA. Die Vereinigten Staaten mögen reich genug sein, um ein Viertel ihrer Energieressourcen und der Zeit ihrer Einwohner in die Unternehmung zu investieren, irgendwohin zu gelangen.

Unter Khufu mögen sich die Ägypter ebenso verausgabt haben, um die Große Pyramide bauen und ihren Herrscher in die Unterwelt befördern zu können. Bedauerlicherweise aber beansprucht der Verkehr einen noch weit höheren Prozentsatz des Geldes, das in einem beliebigen Jahr in vielen lateinamerikanischen Ländern ausgegeben wird.

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Die Straße verschlechtert das Los des Subsistenzbauern und des Handwerkers, integriert das Dorf in die Geldwirtschaft und zehrt einen Großteil der vorhandenen Geldmittel auf. Es ist wahr, daß das moderne Transportwesen eine Region in den Weltmarkt einbindet. Aber es bringt deren Bewohner auch dazu, fremde Waren zu konsumieren und fremde Wertmaßstäbe zu übernehmen.

Thailand beispielsweise war seine ganze Geschichte hindurch für seine Klongs bekannt. Diese Kanäle zogen sich kreuz und quer durch das Land; Menschen, Reis und Steuereintreiber konnten ohne Mühe auf ihnen dahintreiben. Manche Dörfer waren während der Trockenperiode von der Außenwelt abgeschnitten, aber ihr von den Jahreszeiten bestimmter Lebensrhythmus ließ diese zeitweilige Isolation zum Anlaß für Meditation und Festlichkeiten werden. Eine Gesellschaft, die sich lange Zeiten der Muße leisten kann und diese mit Aktivitäten auszufüllen weiß, ist sicherlich nicht als arm zu bezeichnen. 

Während der vergangenen fünf Jahre hat man wichtige Klongs zugeschüttet, um darauf Straßen zu bauen. Da die Busfahrer nach der Zahl der Kilometer bezahlt werden, die sie täglich zurücklegen können und erst wenige Autos vorhanden sind, werden die Thais für eine kurze Zeit mit weltrekordverdächtigen Busgeschwindigkeiten in ihrem Land umherfahren können. Sie werden dafür mit der Zerstörung von Wasserstraßen bezahlen müssen, deren Bau Jahrhunderte gedauert hat. Die Ökonomen vertreten den Standpunkt, daß Busse und Lastwagen von Jahr zu Jahr mehr Geld in die Wirtschaft einbringen. Das tun sie zwar, aber der Preis, den die meisten Thais dafür zahlen müssen, ist der Verlust der Unabhängigkeit, die die schnellen Reisboote einst jeder Familie gewährte. Autos hätten nie mit den Reisbooten konkurrieren können, hätte die Weltbank ihren Besitzern nicht die Straßen finanziert und hätte die thailändische Regierung nicht neue Gesetze geschaffen, die die Profanierung der Klongs zuließen.

Das Baugewerbe ist ein weiteres Beispiel einer Industrie, die moderne Nationalstaaten ihren Gesellschaften aufbürden und mit deren Hilfe sie die Armut ihrer Bürger modernisieren.  

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Die rechtliche Protektion und finanzielle Unterstützung, die dieser Industrie gewährt werden, führen dazu, daß demjenigen, der selbst bauen möchte, die früher dafür gegebenen Möglichkeiten beschnitten beziehungs­weise ganz genommen werden. Kürzlich wurde in Mexiko ein großangelegtes Programm lanciert, das dazu dienen soll, allen Arbeitern adäquaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Der erste Schritt war die Aufstellung neuer Normen für den Bau von Wohneinheiten. Diese Normen waren eigentlich dazu gedacht, den kleinen Mann, der ein Haus kaufen will, davor zu schützen, von der Bauindustrie, die die Häuser produziert, ausgenommen zu werden. 

Paradoxerweise wurde vielen Menschen durch eben diese Normen die traditionelle Möglichkeit genommen, selbst für ihre Behausung zu sorgen. Im Gesetz sind Mindestanforderungen festgelegt, die ein Mensch nicht erfüllen kann, der in seiner freien Zeit sein eigenes Haus bauen möchte. Zudem ist die Realmiete für industriell erstellten Wohnraum höher als der Nettoverdienst von 80 % der Bevölkerung. "Besser wohnen" können folglich nur die Wohlhabenden oder Personen, denen das Gesetz direkte Mietzuschüsse gewährt.

Wenn Gebäude, die industriellen Normen nicht entsprechen, erst einmal als ungeeignet eingestuft werden, werden öffentliche Mittel der überwiegenden Mehrheit der Menschen verweigert, die sich kein Haus kaufen können, aber selbst für ihre Behausung sorgen könnten. Die Steuermittel, die dazu gedacht waren, den Wohnstandard der Armen zu heben, werden allein dafür ausgegeben, um in der Nähe der Provinz- und Regionalzentren neue Städte für Regierungsangestellte, Gewerkschaftsangehörige und Menschen mit guten Beziehungen zu bauen. Das sind alles Leute, die im modernen Sektor der Wirtschaft beschäftigt sind, d.h. Leute, die Arbeit haben. Sie sind leicht von anderen Mexikanern zu unterscheiden, denn sie haben gelernt, von ihrem trabajo als Nomen zu sprechen, wogegen Arbeitslose oder Gelegenheitsarbeiter oder nahe am Existenzminimum lebende Menschen nicht die Nominalform verwenden, wenn sie arbeiten gehen.

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Diese Menschen, die Arbeit haben, erhalten nicht nur finanzielle Unterstützung beim Bau ihrer Häuser; der gesamte öffentliche Dienstleistungssektor wird für sie umgestaltet und ausgebaut. Man schätzt, daß in Mexico City 10 % der Bevölkerung 50% des Trinkwassers verbrauchen, während auf dem Hochplateau Wassermangel herrscht. Die im Baugesetz festgelegten Normen liegen zwar weit unter denen der reichen Länder, aber indem sie vorschreiben, wie Häuser zu bauen sind, tragen sie zu einer immer akuteren Wohnungsnot bei. Wenn eine Gesellschaft den Anspruch erhebt, immer bessere Wohnverhältnisse schaffen zu können, befindet sie sich auf einem ähnlichen Irrweg wie Arzte, die glauben, sie könnten für eine bessere Gesundheit sorgen, und Ingenieure, die meinen, immer höhere Geschwindigkeiten ermöglichen zu müssen. Wenn man abstrakte, nicht erreichbare Ziele setzt, dann werden die Mittel, mit denen sie erreicht werden sollen, zum Zweck.

Was in Mexiko geschah, geschah während des Jahrzehnts der Allianz für den Fortschritt überall in Lateinamerika, auch in Castros Cuba. Es geschah ebenfalls in Massachusetts. Im Jahre 1945 waren 32% aller Einfamilienhäuser in Massachusetts noch im Eigenbau entstanden; die Eigentümer hatten sie entweder vom Fundament bis zum Dach selbst errichtet, oder sie waren unter deren vollen Verantwortung gebaut worden. Schon 1970 war das Verhältnis auf 11% gesunken. Inzwischen hatte man das Wohnen als dringliches Problem entdeckt. In den dazwischenliegenden Jahrzehnten hatten sich die technologischen Voraussetzungen für die Produktion von Werkzeugen und Materialien für den Eigenbau zwar gebessert, aber gesellschaftliche Einrichtungen — wie beispielsweise Gewerkschaften, Gesetze, Hypothekenregelungen und Märkte — ließen diese Alternative nicht mehr gelten.

Die meisten Menschen fühlen sich erst zu Hause, wenn sie durch eigene Arbeit wesentlich zum Wert ihrer Häuser beigetragen haben. Eine konviviale Politik könnte festlegen, was Leute, die ihre Häuser selbst bauen wollen, nicht bekommen können, und so dafür sorgen, daß alle ein Minimum an physischem Raum, Wasser, elementaren Baumaterialien, bestimmten konvivialen Werkzeugen vom Elektrobohrer bis hin zu mechanischen Schubkarren und vielleicht Kredite in begrenztem Rahmen beanspruchen könnten.

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Eine solche Umkehr der heute gängigen Praxis könnte der postindustriellen Gesellschaft zu modernem Wohnraum verhelfen, der ebenso gefragt wäre wie der, der bei den alten Mayas die Norm war und in Yucatán noch immer die Regel ist.

Die Werkzeuge, die wir gegenwärtig verwenden, sind dazu konzipiert, um berufliche Energien zu liefern. Solche Energie muß in Quanten geliefert werden. Weniger als ein Quantum darf man einfach nicht abliefern. Es ist schlimmer, nur vier Jahre die Schule zu besuchen als gar nicht. Dadurch gibt sich der ehemalige Schüler als Versager zu erkennen. Das gilt ebenso für die Medizin, den Transport und das Bauwesen wie auch für die Landwirtschaft und das Rechtswesen. Der maschinelle Transport rentiert sich nur bei bestimmten Geschwindigkeiten. 

Der Versuch der Konfliktlösung ist nur dann sinnvoll, wenn die Streitfrage bedeutend genug ist, um die Kosten einer Gerichtsverhandlung zu rechtfertigen. Es lohnt nur dann, neue Getreidesorten anzupflanzen, wenn Anbaufläche und Kapital des Farmers ein bestimmtes Ausmaß überschritten haben. Hochleistungswerkzeuge, die zur Erreichung abstrakt konzipierter gesellschaftlicher Ziele entwickelt wurden, liefern ihr Output zwangsläufig in so großen Quanten, daß sie für die Mehrheit unerreichbar bleiben. Wichtiger noch, diese Werkzeuge bilden ein Ganzes. Schlüsselpositionen in Regierung oder Industrie bleiben denen vorbehalten, denen attestiert worden ist, daß sie hohe Quanten an Ausbildung konsumiert haben. Sie werden dazu auserkoren, die Plantage mit mutierten Kautschukbäumen zu verwalten, und sie brauchen ein Auto, um von einer Besprechung zur nächsten hetzen zu können. Um die Produktivität zu gewährleisten, müssen verpackte Quanten institutionell definierter Werte ausgestoßen werden, und um die Produktivität des Managements zu gewährleisten, müssen dem einzelnen alle Verpackungen auf einmal zur Verfügung stehen.

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Wenn Spezialisten die Produktionsziele festlegen, führt das zur Produktion von Waren für eine von anderen Spezialisten geschaffene Umwelt. Wenn hohe Geschwindigkeiten und Apartmenthäuser als lebenswichtig erachtet werden, dann kann auch auf Krankenhäuser nicht verzichtet werden. Per definitionem sind sie alle knapp, und sie werden immer knapper, je näher sie an die allerneuesten Standards herankommen, die eine sich ständig weiterentwickelnde Fachelite festgelegt hat; deshalb wird jede Einheit oder jedes Quantum, das auf den Markt kommt, mehr Leute frustrieren als befriedigen.

 

Gerecht wäre eine Gesellschaft, in der die Freiheit des einen nur durch das Recht eines anderen auf die gleiche Freiheit eingeschränkt werden könnte. Eine Vorbedingung für eine solche Gesellschaft ist die Vereinbarung, Werkzeuge nicht zuzulassen, die schon kraft ihrer spezifischen Eigenschaften eine solche Freiheit unmöglich machen würden. Das gilt sowohl für Werkzeuge, die ihrer Grundstruktur nach rein gesellschaftliche Einrichtungen sind, wie das Bildungssystem, als auch für Werkzeuge, die konkrete Maschinen sind.

In einer konvivialen Gesellschaft müßten allgemeine Schulpflicht und unbegrenzte Ausbildungszeit um der Gerechtigkeit willen abgeschafft werden. Der altersspezifische obligatorische Konkurrenzkampf um den Aufstieg auf einer Stufenleiter hin zu lebenslang gewährten Privilegien kann einfach nicht zur Gleichheit führen, sondern wird immer diejenigen begünstigen, die früher anfangen, gesünder sind oder außerhalb des Klassenzimmers mehr gefördert werden. Er läßt in der Gesellschaft zwangsläufig viele verschiedene Schichten des Scheiterns entstehen, denen jeweils Erfolglose angehören, die lernen mußten, daß denen, die mehr Ausbildung konsumiert haben, auch mehr Privilegien zustehen, da sie der Gesamtgesellschaft mehr Nutzen bringen.

Eine Gesellschaft, die nur dann funktionstüchtig ist, wenn ihr Wissen durch Schulen vermittelt wird, kann einfach nicht gerecht sein. Leistungsstarke Werkzeuge, die bestimmte strukturelle Eigenschaften besitzen, sind zwangsläufig manipulierend und müssen ebenfalls um der Gerechtigkeit willen abgeschafft werden. In einer modernen Gesellschaft macht der Energieinput eine der wichtigen neuen Freiheiten aus. Die Möglichkeiten eines jeden Menschen, Veränderungen herbeizuführen, hängen davon ab, wie weit er Einfluß auf den Energieverbrauch hat.

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Nur wenn er Kontrolle über die Energie hat, kann er in seinem eigenen Sinne auf seine materielle Umwelt einwirken. Um auf eine Zukunft nach seinen eigenen Vorstellungen hinarbeiten zu können, muß er die Energie beherrschen, die dieser Zukunft die Gestalt geben wird. In einer Gesellschaft, in der große Mengen an Energie der Umwelt entnommen werden, ist gleiche Freiheit gleichbedeutend mit der wirklichen Mitbestimmung über die Umwandlung dieser Energie und nicht mit dem gleichen Anspruch auf das, was damit hergestellt wird.

Die meisten heute gebräuchlichen leistungsstarken Werkzeuge begünstigen die Machtzentralisierung. In industriellen Unternehmen mit ihren hochspezialisierten Werkzeugen dürfen weder die Arbeiter noch die meisten Ingenieure darüber mitbestimmen, was mit der verfügbaren Energie, die sie managen, gemacht werden soll. Obwohl hier weniger augenfällig, trifft das ebenso auf die leistungsstarken Verbraucherwerkzeuge zu, von denen unsere Gesellschaft überschwemmt wird. Die meisten von ihnen, wie beispielsweise Autos und Klimaanlagen, sind zu teuer, um außerhalb einiger superreicher Gesellschaften allgemeine Verbreitung zu finden. Wieder andere, wie z.B. elektrische Haushaltsgeräte, haben so beschränkte Funktionen, daß sie keineswegs mehr Freiheit bringen als viel simplere Handwerkzeuge. Das Monopol der industriellen Produktion enthält sogar privilegierten Kunden das Recht vor, selbst zu entscheiden, was sie vielleicht bekommen werden. Nur die wenigsten Menschen bekommen die Autos, die die meisten gerne hätten; zudem können die Konstrukteure von General Motors nur Fahrzeuge bauen, die für die vorhandenen Straßen geeignet sind.

Staaten und multinationale Gesellschaften sind Mittel zum Zweck der Expansion des Reiches der internationalen Experten. Der Expertenimperialismus feiert sogar dort Triumphe, wo die politische und ökonomische Vorherrschaft gebrochen wurde. Überall sind die Schulen Pädagogen unterstellt, die die gleichen Bücher über Lerntheorien und Unterrichtsplanung lesen. Schulen produzieren jedes Jahr in jedem Land das mehr oder weniger gleiche Schülermodell.

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Schulabgänger des Jahres 1951 gelten in Dakar und in Paris in ihrem Wissen als gleichermaßen rückständig. Überall auf der Welt werden die gleichen iatrogenen Krankheiten von Ärzten verursacht, die Chloromycetin und Steroidtabletten verschreiben. Jedes Land entscheidet sich für möglichst kapitalintensive Produktions­prozesse, die bessere Kosten-Nutzen-Verhältnisse versprechen, weshalb überall eine gleichartige technologisch bedingte Arbeitslosigkeit erzeugt wird. Die Bedürfnisse, die von internationalen Spezialisten befriedigt werden können, erklärt man zu Grundbedürfnissen. Da die hochqualifizierten nationalen Eliten davon profitieren, wenn solche Güter im eigenen Lande hergestellt werden, rechtfertigen Arzte, Lehrer und Ingenieure deren Produktion damit, daß sie behaupten, sie schütze vor Fremdherrschaft. Der Bildungskapitalismus des Expertenimperialismus unterjocht die Menschen zwar weniger merklich, aber doch ebenso nachhaltig wie das internationale Finanz- oder Kriegswesen.

Hauptursache für die Ungerechtigkeit in unserer Epoche ist die politische Billigung der Existenz von Werkzeugen, die sich auf Grund ihrer Eigenschaften nur von wenigen autonom benutzen lassen. Die großspurigen Rituale, bei denen jedem das Recht zugestanden wird, zwischen Fraktionen zu wählen, verschleiern nur die Tatsache, daß der Imperialismus der industriellen Werkzeuge despotisch ist und sich immer weiter ausbreitet. Statistiken, die Produktionssteigerungen und eine Zunahme des Pro-Kopf-Verbrauchs Institutionen festgelegter Quanten belegen, verschleiern gleichzeitig deren immense unsichtbare Kosten. Nur wenn man das, was Experten anstreben, als Maßstab für das "Bessere" nimmt, kann man sagen, daß den Menschen "bessere" Bildung, bessere Gesundheit, besserer Transport und manchmal sogar bessere Ernährung geliefert wird.

 

Zu einer konvivialen Gesellschaft wird es erst kommen können, wenn ein neuer Konsens darüber besteht, daß der Imperialismus dreifach destruktiv ist: durch die bösartige Expansion eines Landes über die eigenen Grenzen hinweg; durch den allgegenwärtigen Einfluß multinationaler Gesellschaften; durch die zunehmende Monopolisierung der Produktion durch Experten.

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Eine Politik, die für eine konviviale Gesellschafts­rekonstruktion eintritt, muß dem Imperialismus vor allem auf dieser dritten Ebene entgegentreten, wo er sich als Spezialistentum zeigt.

Die Vergesellschaftung von Naturschätzen und Produktionsmitteln und die Übernahme der Kontrolle über den Markt und den Nettotransfer von Energie muß mit einem Volksentscheid über eine akzeptable Werkzeug­grundstruktur Hand in Hand gehen. Das bedeutet, daß sich politische Instanzen in einer postindustriellen Gesellschaft vorrangig mit der Entwicklung von Konstruktionskriterien für Werkzeuge befassen müssen und nicht, wie heute, mit Entscheidungen über Produktionsziele. Eine solche Politik müßte die strukturelle Umkehr jener Institutionen herbeiführen, die heute bestimmen, welche Waren lebensnotwendig sind und diese dann anbieten.

Wenn es zu einem politischen Wandel kommen soll, können wir es nicht einfach dabei belassen, zu zeigen, daß es möglich ist, konvivial zu leben, noch, zu demonstrieren, daß ein solches Leben angenehmer wäre als das Leben in einer Gesellschaft, in der die industrielle Produktivität regiert. Es genügt nicht, zu behaupten, daß eine solche Umkehr die Gesellschaft eben den Zielen näher bringen könnte, die unsere führenden Institutionen heute als die ihren ausgeben. Es genügt nicht einmal, darauf hinzuweisen, daß eine Ordnung, die Gerechtigkeit und soziale Gleichheit gewährleistet, nur Wirklichkeit werden kann, wenn es zu einer konvivialen Neustrukturierung unserer Werkzeuge und in der Folge zur Umverteilung von Macht und Eigentum kommt. Wir müssen eine Möglichkeit finden, zu erkennen, daß wir unsere politischen Zielsetzungen radikal ändern müssen, wenn die Menschheit überleben soll.

Die meisten Menschen identifizieren sich voll und ganz mit der bestehenden Struktur und sind gar nicht willens, von ihren Überzeugungen abzugehen. Ihnen gibt eine der verschiedenen Ideologien Halt, die die weitere Industrialisierung stützen. Sie meinen, die Fortschrittsillusion, der sie selbst verfallen sind, noch verbreiten zu müssen.

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Sie ersehnen und erwarten eine zunehmende Bedürfnisbefriedigung, die ihnen verschafft werden soll, indem der Einsatz menschlicher Kräfte reduziert wird und die Kompetenzen weiter verteilt werden. Sie wissen Handgearbeitetes und persönliche Fürsorge zu schätzen, aber das Ideal einer arbeitsintensiveren und doch modernen Produktionsweise erscheint ihnen skurril und anachronistisch.

Es mutet absurd an, Politiker, die ihren Wählern Produktionserweiterungen und bessere Warenverteilung in ihrem Wahlkreis zugesichert haben, auf den Tag vorzubereiten, an dem eine Wählermehrheit für die Selbstbegrenzung und gegen Versprechungen gleichen Konsums für alle votieren wird. Es scheint ebenso aussichtslos, einen Wandel der Anschauungen humanitärer Liberaler zu erwarten, die sich berufen fühlen, die hungernden Millionen zu speisen. Sie vergessen, daß Menschen essen und daß sie sterben, wenn man sie mit Nahrungsmitteln versorgt.

 

Um zu überleben, müssen sich andere Menschen auf die zunehmende Effizienz dieser selbsternannten Hüter ihrer Brüder verlassen. Die Umstellung von der Waffen- zur Getreideproduktion beruhigt deren Gewissen und verstärkt deren Machtgefühle. Sie sind unfähig zu erkennen, daß Bevölkerungswachstum und Scheitern der Grünen Revolution konvergieren, was notgedrungen dazu führen muß, daß der Hunger um 1985 eskalieren wird, wenn Menschen heute mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Ihre Hybris macht es ihnen unmöglich, zu verstehen, daß nur der Verzicht auf das weitere industrielle Wachstum Nahrungsmittel und Bevölkerungszahl in den sogenannten Entwicklungsländern in ein ausgewogenes Verhältnis bringen kann.

Man gibt sich zwei sich gegenseitig verstärkenden gefährlichen Illusionen hin, wenn man meint, man könne Menschen mit Nahrungsmitteln versorgen und gleichzeitig deren Vermehrung in Schranken halten. Zudem können sich Ökonomen eine institutionelle Umkehr schon deshalb nicht vorstellen, weil aus ihrer Sicht alle Institutionen danach bewertet werden müssen, inwieweit sie ihren geplanten Output gesteigert haben und nach ihrer Fähigkeit, interne Dysökonomien auf unauffällige Weise zu externalisieren.

Die Rahmenbedingungen und Grundstrukturen der Ökonomie sind von der Ideologie der zwangsläufigen Werteinstitutionalisierung geprägt, die auch auf sonst abweichende ökonomische Glaubenslehren einen Einfluß hat.

Wenn die theoretische Möglichkeit einer postindustriellen konvivialen Lebensweise zum politischen Programm werden soll, muß bald gezeigt werden, daß die vorherrschende Grundstruktur der heute gebräuchlichen Werkzeuge das Überleben der Menschheit gefährdet. Es muß bewiesen werden, daß diese Gefahr unmittelbar droht und daß die Folgen der Zwangseffizienz den meisten Menschen unserer Zeit mehr schaden als nützen. Deshalb müssen wir erkennen, inwieweit unsere heutigen Institutionen versagt haben, und wir müssen erkennen, inwieweit unsere Werkzeuge die Gesellschaft als ganze gefährden.

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