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6. Wie frühe Erfahrung geprägt wird

 

 

 

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Es gibt eine besondere Kategorie von Erinnerungen, die ich Prägungen nenne. Obwohl der Begriff Prägung mit einer anderen Bedeutung und in einem etwas anderen Kontext von Erforschern tierischen Verhaltens benutzt worden ist, beschreibt er auf einzig­artige Weise, wie Schmerz dem Nervensystem eingeprägt wird.

    Was sind Prägungen?  

Prägungen — wie ich den Begriff benutze — sind verdrängte Erinnerungen, die ihren Weg in das biologische System finden und verzerrte Funktionen erzeugen. Diese Verzerrungen können sowohl organisch als auch psychisch sein. Die Bildung von Prägungen erfolgt in der frühen Kindheits­entwicklung und läßt nach dem Alter von zehn Jahren erheblich nach. Das heißt, danach wäre eine wesentlich größere Kraft nötig, um eine Prägung zu bewirken, als beispielsweise im Alter von zwei Jahren.

Es gibt zwei Arten, auf die Prägungen herbeigeführt werden. Die eine erfolgt durch das Erleben eines einzigen, unerträglichen Dramas. Die andere verläuft über eine Reihe von Ereignissen, bei denen bestimmte Bedürfnisse über einen Zeitraum von mehreren Jahren chronisch unbefriedigt bleiben. Das Gefühl »Keiner will mich« kann seinen Ursprung in einem spezifischen traumatischen Ereignis haben (etwa, in ein Internat geschickt zu werden — der Lieblings­sport der Engländer), es kann aber auch aus einer Reihe geringfügiger Geschehnisse entstehen, die mit der Zeit einen wachsenden Einfluß haben.

Nach genügend häufiger Zurückweisung beginnt dem Kind zu dämmern, daß niemand es will. Ich sage, »beginnt«, weil dies vor dem vollen Licht der Erkenntnis verdrängt wird und sein Leben im Untergrund anfängt. Das Leben auf dem oben erwähnten Fundament besteht darin, daß man jeden dazu bringen möchte, uns zu wollen (selbst die Kellnerin, die uns Kaffee serviert). Für jedes Untergrund-Gefühl gibt es ein oberirdisches Gegenstück im Ausagieren. Die Verbindungen sind zerschnitten und umgeleitet worden, so daß das Ausagieren natürlich und klar erscheint.

Ein Elternteil, der wirklich das Gefühl hat, daß das Kind ihm im Weg ist, wird dieses Kind ständig so behandeln, als sei es unerwünscht. Und früher oder später setzt die Prägung ein: »Ich bin unerwünscht.«

Jetzt ist die Physiologie verändert, und die Persönlichkeit spiegelt diese Veränderung wider. Sie ist nicht durch ein erschütterndes Vorkommnis erzeugt, sondern durch ein erschütterndes Gefühl, das sich über Hunderte von Vorkommnissen verteilt.

Die Krankheiten, unter denen wir später im Leben leiden — die psychischen und einige der organischen —, sind das Ergebnis dieser Bruchstücke gefrorener Geschichte. Gefühle von Einsamkeit, Wertlosigkeit (wenn keiner mich will, muß das daran liegen, daß ich wertlos bin), Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit werden sämtlich in Krankheit übersetzt. Diese frühen Erinnerungen und Gefühle werden fortfahren, das System zu verbiegen, solange sie unterdrückt, abgeblockt und unbewußt bleiben. Veränderungen in Biochemie und Neurologie des Individuums halten die Erinnerung fest. Dies ist eine Art, auf die sie eingeprägt wird. Die Prägung wird dann zu einer Gefahr, einem »fremden Element«, mit dem gerechnet werden muß. Danach kann das System nicht mehr es selbst sein, sondern verbringt sein Leben damit, in den Normalzustand zurückkehren zu wollen (was weiter unten ausführlich erörtert wird). 

Das fremde Eindringen (die Wutanfälle eines Vaters beispielsweise oder die Entsendung in eine Pflegefamilie) macht das Kind ängstlich und unsicher. Das Kind kann nicht es selbst sein, und das System schaltet auf Abwehr­modus um. Es kann zu Veränderungen in den Gehirnwellen­mustern, im Hormonausstoß, im Muskelpotential und zu Veränderungen im Gehirn kommen, um sich dem Schmerz anzupassen, nämlich zu zusätzlichen Rezeptorstellen für Schmerz, um mit der Überflutung umzugehen. Das System kann dieses Eindringen nur für eine gewisse Zeit kompensieren, bis ein verwundbares Organ nachgibt und es zu einer Krankheit kommt. Jede spätere Therapie für alle auftretenden Krankheiten wird schließlich das System wieder zum Normalzustand »berichtigen« müssen. Wenn ein Elternteil versucht ein Kind zu ändern, ist das gleichbedeutend mit »Tod«, weil die reale Person zu existieren aufhört. Ein Beispiel soll das verdeutlichen.

 

   Einfluß einer Prägung auf das Immunsystem   

 

Vor einigen Jahren bereitete sich eine meiner Patientinnen auf eine Reise nach Indien vor. Zur Stärkung ihrer Immunreaktionen sollte sie sich gegen Tetanus, Cholera und Typhus impfen lassen. Zur Sicherheit wurde noch eine Polioimpfung vorgenommen. Sie bekam alle Spritzen auf einmal, und binnen einer Stunde hatte sie hohes Fieber und qualvolle Einschnürungen im ganzen Körper. Sie erbrach sich ununterbrochen. Zwei Tage später bekam sie ein starkes Jucken in der Vagina, das als Herpes diagnostiziert wurde, einer der schlimmsten Fälle, die der Arzt je gesehen hatte.

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Einige Jahre zuvor hatte sie eine leichte Vaginalreizung bemerkt, die als milde Form von Herpes diagnost­iziert wurde, doch zur Zeit dieser Impfungen war sie seit neun Monaten sexuell nicht mehr aktiv gewesen.

Zwei Wochen später entwickelte sie ein Fieber, das über einen Monat anhielt. Nach sechs Wochen dieses Fiebers begann sie, eine traumatische, todesnahe Situation aus ihrem sehr frühen Leben wiederzuerleben. Das durch die Impfungen erzeugte Fieber löste eine eingeprägte Erinnerung an ein ähnlich traumatisches früheres Ereignis aus. Die vereinte Kraft der Impfungen und der eingeprägten Erinnerung war überwältigend. Als sie damit fertig war, die früheren Traumata und das Trauma der Impfungen wiederzuerleben, hörte das Fieber auf, und sie war auf dem Wege der Genesung.

In der eingekapselten Erfahrung meiner Patienten liegen zahlreiche Informationen über die Prägung und die Natur der Krankheit. In dieser speziellen Situation war das Immunsystem der Frau überfordert. Es sollte reagieren und die Impfungen gegen alle drei Krankheiten integrieren. Zusätzlich mobilisierten die Spritzen die Prägung durch die alte Erinnerung an Todesnähe, die, als sie mit dem gegenwärtigen Schock zusammenkam, überwältigend wurde. Das Herpes-Virus, das vorher in Schach gehalten worden war, wurde nun »befreit« und konnte offen in Erscheinung treten.

Obwohl dies ein Beispiel für physische Krankheit ist, gilt für psychische Krankheit dasselbe. Zu viele negative Eingaben, der Verlust eines Jobs, eines Partners, einer Ehe etc. können zusammen mit dem eingeprägten frühen Verlust eines Elternteils das System überwältigen und zu Neurose oder Psychose führen. Die gegenwärtige belastende Eingabe veranlaßt die Antennen der Nervenzellen buchstäblich dazu, spezifische Gefühle und Erinnerungen wieder aufzuwecken. Deshalb reagiert der Neurotiker in der Gegenwart so, als befände er oder sie sich in der Vergangenheit.

Impfungen sind nur eine Art, wie das Immunsystem überwältigt werden kann. Eine Frau, die ihren Ehegatten verliert, hat auch ein geschwächtes Immunsystem, und ihr Risiko, an Krebs zu erkranken, ist fünfmal höher. Ein Schimpanse, dessen Mutter von Jägern getötet wurde, wird plötzlich krank und stirbt aus unerklärlichen Gründen.

 

  Prägungen als Erinnerung an Traumata  

 

Ein Trauma ist eine Eingabe in das System, die mehr ist, als akzeptiert und integriert werden kann. Wenn etwas zu schmerzlich ist, als daß das System es absorbieren könnte, ist es ein Trauma. Eine einzige Erfahrung mag nicht traumatisch sein, aber wenn sie mit anderen Erfahrungen kombiniert wird, erzeugt sie ein Gefühl, das traumatisch ist.

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Traumata bleiben als Schmerzerinnerungen besonderer Art bestehen, die wieder abgerufen und wiedererlebt werden können. Wenn wir alt genug sind, um der vollen Wucht eines frühen Kindheitsdramas standzuhalten, können wir diese ganz fühlen und mit ihrer Integration beginnen.

Traumata sind dem System mit der Kraft des ursprünglichen Geschehens eingeprägt. Sobald im Körper traumatische Stimuli verzeichnet werden, werden sie in zwei Teile aufgespalten — einen, der unmittelbar als Schmerz und Unbehagen gefühlt werden kann, und einen anderen Teil, der ungefühlt bleibt, abgeblockt und als Leiden gespeichert wird. Das Trauma erzeugt eine Spaltung des Selbst. Ein Keil wird zwischen das reale Selbst und das irreale oder nicht fühlende Selbst getrieben. Der Teil des verzeichneten traumatischen Ereignisses, der ungefühlt ist und im Gedächtnisspeicher aufbewahrt wird, wird zu einer ständigen und widerhallenden Quelle von Energie in Gehirn und Körper. Prägungen auf der Basis von Traumata enthalten sowohl die Erinnerung an das Ereignis als auch die kodierte Aufzeichnung der damit verbundenen Gefühle.

Die Art, wie eingeprägte Traumata funktionieren, läßt sich aus der von Wilder Penfield durchgeführten Forschungsarbeit bei Operationen an Epileptikern schließen. Während der Patient wach war, stimulierte Penfield bestimmte Zellen des Schläfen­lappens mit einer Elektrode und stellte fest, daß die Patienten dann gewisse Ereignisse aus der Vergangenheit wieder­erlebten, obwohl sie sich bewußt waren, daß dies im Operationssaal geschah. Zwei Bewußtseins­ebenen waren gleichzeitig tätig. Es gab eine simultane Konzentration auf die Vergangenheit und die Gegenwart.

Wenn Penfield die Elektrode entfernte, hörte die Erinnerung auf. Wenn er sie wieder ansetzte, begann sie erneut. Der Patient konnte die Gerüche riechen, die Bilder sehen und die Geräusche hören, als sei er »wieder dort«. Die Erinnerungen waren eindeutig bestehen geblieben und konnten als lebendige Erfahrung wieder abgerufen werden, indem man eine Elektrode an den Abtastmechanismus im Gehirn ansetzte, der Langzeiterinnerungen zurückbringt. In diesem Augenblick befand sich der Patient in der Erfahrung. Es war kein Bericht über eine Erinnerung, sondern ein Wiedererleben.

Dieses wichtige Experiment zeigt, daß unsere Psyche detaillierte Erinnerungen und Assoziationen enthalten kann, ohne daß sie fähig wäre, in bewußtem Zustand Zugang zu ihnen zu erlangen. Prägungen sind solche Erinnerungen. Ein eingeprägtes Trauma hinterläßt eine »Spur«. Dies bedeutet, daß bestimmte Nervennetze »Rillen bekommen«, so daß ihre Interaktion miteinander erleichtert wird. Danach werden Botschaften diese Nervenpfade müheloser passieren. Das kleine Mädchen, das lernt, seinen Vater und dann Männer im allgemeinen zu fürchten, reagiert auf einer Erinnerungsspur auf gegenwärtige Situationen.

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Die eingeprägte Furcht vor Männern hat eine Rille gegraben, was dafür sorgt, daß das Mädchen beim nächstenmal, wenn es mit einem erwachsenen Mann zusammen ist, ebensoviel Angst haben wird wie beim letztenmal.

 

Prägungen und die emotionalen Zentren der Psyche

 

Das Limbische System hat seinen Sitz entlang der Grenzen des niedrigeren Teils des Neokortex. Es ist eine funktionale Einheit des Gehirns, das aus Teilen von Thalamus, Hypothalamus, Hippokampus, Amygdala, Caudate Nucleus und Mesenzephalon besteht. Durch Faserverbindungen auf einzigartige Weise verknüpft, kontrollieren diese Strukturen verschiedene Verhaltens­weisen, darunter emotionalen Ausdruck, Anfallsaktivität und das Speichern und Wieder­aufrufen von Erinnerungen.

Eine der Schlüsselstrukturen im Limbischen System ist der Hippokampus, der oft als Tor zur Erinnerung und damit als Tor zum Unbewußten angesehen wird. Der Hippokampus spielt eine Rolle bei der Organisation von Erinnerung, nachdem ein Ereignis eingetreten ist. Der Thalamus, der gleich über dem Hippokampus liegt, ist verantwortlich für den Einprägungs­befehl, der zu permanenter Langzeit­erinnerung führt. Wenn ein Mensch beispielsweise unter Amnesie leidet, ist es in einigen Fällen so, daß dieser Befehl nie gegeben wurde; etwas hat die Funktion des Thalamus beeinträchtigt.

Dieser Vorgang der Einprägung kann auf folgende Weise vor sich gehen. Wir sehen oder spüren etwas, Reize werden wahr­genommen, und der Hippokampus wird informiert. Der Hippokampus sagt dann dem Thalamus, er solle die Szene einprägen. Wenn dieser Prozeß einmal stattgefunden hat und sich binnen weniger Stunden die Biochemie ändert, um die Erinnerung in eine Langzeit­erinnerung umzuwandeln, kann nichts diese Erinnerung mehr löschen. Sie bleibt uns für den Rest unseres Lebens.

Wenn ein Ereignis traumatisch ist, wird die Botschaft dieser Emotion an eine andere Stelle im Limbischen System geschoben, zu der Thalamus und Amygdala gehören. Sie handhaben einen Teil der Leidenskomponente der Prägung. Wenn beide Strukturen geschädigt sind, hört das Leiden auf. Der Thalamus kann schmerzliche Information außerhalb des Limbischen Systems an den Neokortex oder das denkende Gehirn übermitteln. Doch der Neokortex leidet nicht. Er speichert und erinnert sehr genau, aber ein Auslöser oder Stimulus ist nötig, um die Leidenskomponente der Erinnerung aus dem Limbischen System in das kortikale Bewußtsein zu übertragen. Sonst bleibt die Erinnerung ohne emotionale Substanz und ist buchstäblich körperlos.

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Die Bedeutung der Beziehung zwischen dem Limbischen System und dem Kortex im denkenden Gehirn liegt darin, daß man sich selbst und sein Verhalten allein auf der kortikalen Ebene verstehen, sich sogar in allen Einzelheiten an seine Kindheit erinnern kann, während man gleichzeitig von den Gefühlen abgeschnitten ist, die den Kern dieser Erinnerung bilden. Kortikale Erinnerung kann detailliert und komplex sein und gleichzeitig vom Leidensfaktor losgelöst bleiben. Das Leiden, über das ich hier spreche, ist fast unbeschreiblich und hat nichts mit ein paar Schluchzern oder Tränen zu tun. Deswegen ist die Verbindung gelöst.

Wenn diese Verbindung zwischen Denken und emotionaler Erinnerung nicht wieder hergestellt wird, bleibt die mit der Erinnerung assoziierte Leidenskomponente oder der Schmerz als eingesperrt zirkulierende Energie bestehen. Wir haben eine therapeutische Methode gefunden, diese Leidenskomponente in kleinen Dosen wieder zurückzuholen, die erfolgreich in die Persönlichkeit integriert werden können, bis nur noch relativ wenig Unbewußtes übrigbleibt; denn daraus besteht das Unbewußte im wesentlichen — aus nicht integriertem Schmerz.

Das Limbische System und sein Speicher von Emotionen sind das, was schließlich unsere Wahrnehmungen und unsere Projektionen formt — wie wir die Realität sehen. Die Amygdala ist mit Endorphinen geladen und arbeitet nicht nur als Speicher von Schmerz, sondern unterstützt auch die Schleusenfunktion. So ist der Ort, wo Emotionen organisiert werden, auch der, wo sie unterdrückt werden. Wenn zu schmerzliche Emotionen das Limbische System in Richtung Kortex und Bewußtsein verlassen, dann blockieren die morphinähnlichen Opiate ihren Weg. Kortikales Bewußtsein bedeutet Schmerz. Es bedeutet auch Lösung des Schmerzes, wenn er integriert werden kann.

Wenn man sich vom kortikalen Verarbeitungsbereich abwärts zum Limbischen System bewegt, trifft man auf stärkere Konzentrationen der Opiate. Daher sind bei erschütternden Gefühlen, die zuerst im Hypothalamus organisiert wurden, Strukturen wie die Amygdala fähig, Endorphine auszuschütten, um diesen Gefühlen den Weg ins Bewußtsein zu versperren.

Die Amygdala empfängt Fasern aus dem Kortex, schickt aber auch projizierende Fasern an die Oberfläche im Kortex hinauf. Die aufsteigenden Gefühle, von den inneren Opiaten blockiert, schicken ihre Energie weiterhin nach oben und außen. Sie versuchen ständig, dem emotionalen Speicher zu entfliehen und mit ihrer eigentlichen Heimat im Bewußtsein in Verbindung zu treten. So steigen die Gefühle zum Zweck der Lösung in Richtung auf das Bewußtsein auf, während die Schleusen dies verhindern. Danach ändert sich die Art und Weise, wie wir uns selbst und die Welt sehen. Sobald einmal eine Last unbewußten Schmerzes da ist, kann uns kein bewußter Willensakt mehr real machen oder geradebiegen. Die Schleusen reagieren nicht auf Bitten. Sie sind gnädig und gnadenlos zugleich.

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Der Gedanke eines Zweiwege-Fasernetzwerks zwischen dem Limbischen System und dem Kortex bedeutet, daß Information von außen ankommt und sofort durch andere, von innen hochgeschickte übermächtige Information kontrolliert wird. Deshalb sieht man, wenn man sich selbst nicht richtig wahrnimmt, die Außenwelt auch nicht so, wie sie ist.

Die Einprägung einer Erinnerung ist kein »Ding«. Man kann sie nicht an einem spezifischen Platz im Gehirn lokalisieren. Sie ist vielmehr über das ganze System verteilt. Erinnerung ist enthalten in Veränderungen in der Chemie von Neuronen, in wellen­förmigen Elektrizitäts­mustern, in Veränderungen der Blutzellen und sogar im Inhalt unseres Speichels. Tatsächlich könnte man sagen, daß in jeder Zelle unseres Körpers Erinnerung enthalten ist.

 

Prägungen, Schmerz und Fühlen

 

Die Tatsache, daß Bedürfnisse und Gefühle auf dem Weg zum Bewußtsein abgeblockt werden, gestattet uns, unsere Gefühle symbolisch auszuagieren, Gedanken zu denken, die von unseren Gefühlen abgeleitet sind, aber ohne direkte Verbindung zu ihnen. Wir werden nicht länger direkt von Bedürfnissen und Gefühlen gelenkt, und so verhalten wir uns indirekt. Wir arbeiten schwer und handeln klug, um uns geliebt zu fühlen, statt die Hoffnungslosigkeit, je geliebt zu werden, zu empfinden.

Das Gefühl gespeicherter Hoffnungslosigkeit trifft im Kortex gewöhnlich in Form von Hoffnung ein, seinem dialektischen Gegenstück. Unterwegs ist Hoffnungs­losigkeit in ihr Gegenteil verwandelt worden. Irgendwo auf dem Weg zu den äußeren Bezirken ist die Realität in Irrealität verwandelt worden. Die Verdrängung hat die unbedingte Aufgabe, einen Teil von uns irreal zu halten. Zur Neurose kommt es, wenn ein größerer Teil von uns irreal statt real ist, wenn wir mehr unbewußt als bewußt sind. Es gibt eindeutig verschiedene Ebenen der Neurose, je nachdem wie unbewußt wir sind. Neurose ist die dauerhafte Veränderung in der Psycho­physiologie, die durch frühe Erfahrung herbeigeführt wird.

Wenn ein Mensch einmal irreal ist, kann er zum wahren Gläubigen werden und Hoffnung an den fadenscheinigsten Stellen finden, denn seine Hoffnung muß ein Zuhause haben. Er wird spezielle Diäten oder Vitamine entdecken, alles, worauf er seinen Glauben richten kann, denn es ist von grundlegender Bedeutung, an etwas zu glauben und darauf zu vertrauen. Erst wenn alle Hoffnungs­pfade verschwinden, kommt man wieder in Berührung mit der inneren Prägung von Hoffnungs­losigkeit.

Für den Neurotiker bedeutet es Überleben, irreal zu sein. Er muß Hoffnung haben, so irreal sie auch sein mag. Solange die Hoffnungs­losigkeit tief unten liegt, wird ständig Hoffnung daraus entspringen.

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Diese Hoffnungslosigkeit bestimmt, wie man die Welt sieht. Man wirkt vielleicht wie jemand, der ständig optimistisch ist, denn die Alternative bedeutet, in die Tiefen von Pessimismus und Verzweiflung einzutauchen. Optimismus, den man für ein gesundes Merkmal hält, ist möglicherweise nur eine gute Abwehr. Diese Person kann nicht sehen, wie müßig ein bestimmtes Programm, ein Projekt oder eine Anstrengung ist. Sie wird dazu getrieben, die Realität zu umgehen — die ursprüngliche.

 

   Illustration der Prägung  

 

Zur Prägung als dauerhafter Erinnerungskraft im folgenden der Bericht einer Patientin, die ständig Rückenschmerzen hatte. Sie sagte mir, das reiche aus, um sie während der drei Wochen Primärtherapie zum Weinen zu bringen. Es gab zwei Stellen, die ihr ständig weh taten. Die eine war ein kleiner Fleck auf ihrem linken Schulterblatt, die andere eine Linie von Schmerz, die sich von der Oberseite der rechten Schulter über die ganze Länge ihres Rückens zog. Hier ist ihre Schilderung mit ihren eigenen Worten:

 

Alice

»In einer bestimmten Sitzung hatte ich angefangen zu weinen, weil ich solche körperlichen Schmerzen hatte. Als ich mich hinterher aufsetzte, spürte ich eine Hand, die mich genau an der Stelle an meiner linken Schulter packte, die mir weh tat. Ich hatte das deutliche Gefühl, daß mich dort jemand berührt hatte. Ich fiel in Gefühle und erlebte eine Szene wieder, in der mein Vater und meine Mutter sich stritten. 

Das sollte der letzte Tag sein, an dem mein Vater noch in meinem Leben war. Ich war sehr erschrocken und klammerte mich an die Knie meiner Mutter. Plötzlich spürte ich eine Hand, die mich an der Rückseite meiner Bluse packte und mich buchstäblich von dort wegschlug. Ich prallte krachend rückwärts gegen den Bettpfosten. Hinterher hörte ich meinen Vater das Zimmer verlassen und nach unten gehen. Dann fuhr er weg. Bevor ich zu fühlen anfing, hatte ich keine Ahnung, was passierte, als meine Eltern sich scheiden ließen. 

Es war so traumatisch wegen der Bedeutung dieses Tages. Ich würde meinen Vater nie wiedersehen. Es ist noch immer schmerzhaft, mich an diese Szene zu erinnern. Die beiden schmerzenden Stellen an meinem Rücken waren genau die, an denen die Hand meines Vaters mich gepackt hatte und wo ich mit der ganzen Länge des Rückens gegen die Kugeln des Bettpfostens geprallt war. Nach einiger Zeit sind die Schmerzen endlich verschwunden, und sie sind nie mehr wiedergekommen, außer in Verbindung mit diesen selben Gefühlen beim Streit meiner Eltern und als mein Vater mich für immer verließ.«

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Wie die Prägung mit der Gegenwart mitschwingt

 

Dr. Roy John von der New York University führte Forschungsarbeiten mit Katzen durch. Er stellte fest, daß Tiere, die auf die Verbindung eines neutralen Stimulus mit einem schmerzhaften Stimulus konditioniert waren, auch auf den neutralen Stimulus allein so reagierten, daß die Gehirnwellenmuster das frühere Geschehen in seiner Gesamtheit duplizierten. Die Katzen reagierten auf die vergangene und eingeprägte schmerzhafte Erinnerung und nicht auf die gegenwärtige Realität eines neutralen Reizes. Die Prägung wurde in diesem Falle mittels bestimmter Wellenmuster im Gehirn gemessen.

Das gleiche geschieht beim Menschen. Wir handeln in der Gegenwart, reagieren aber auf unsere Vergangenheit. Wir befinden uns scheinbar in neutralen Situationen, etwa mit einer männlichen Autoritätsfigur, und unsere Gehirne beschwören alle Ängste vor Autoritäten aus unseren ersten Schultagen herauf. Deshalb ist es in der Neurose so wichtig, sich auf die Vergangenheit und die eigene Kindheit zu konzentrieren, denn genau diese Gehirnwellen­muster der Vergangenheit sind im Gehirn immer gegenwärtig.

Es sind nicht nur die Gehirnwellenmuster, die bleiben. Wenn jemand ein Ereignis wiedererlebt, wird jede relevante Zelle, die ursprünglich daran beteiligt war, in diese Erinnerung einbezogen. Ein Patient, der einen Sauerstoffmangel bei der Geburt wiedererlebt, leidet im Therapieraum tatsächlich unter Sauerstoffmangel. Kürzlich führte ich ein Experiment mit jemandem durch, der am Tag zuvor eine Geburtssequenz wiedererlebt hatte, wobei er zwanzig Minuten lang schnell und tief geatmet hatte, ohne auch nur ein Anzeichen eines Hyperventilationssyndroms aufzuweisen. Am folgenden Tag ließ ich ihn drei Minuten lang tief atmen, während er aufrecht saß und sich nicht in einer Erinnerung befand. Hier zeigte er alle Anzeichen starker Hyperventilation* — Benommenheit mit einer Tendenz zur Ohnmacht, verzerrtes Gesicht, die Hände zu »Krallen« verkrampft, wie er sich ausdrückte, unfähig, die Hände zu strecken oder zu entspannen. Die Frage ist, warum er in einem Gefühl lange tief atmen kann, ohne daß dies ungünstige Effekte erzeugt, warum jedoch außerhalb der Erinnerung die gleiche Übung starke Wirkung zeigt.

* Wobei die Atemfrequenz tiefer und schneller ist als für den Austausch von Kohlendioxyd und Sauerstoff erforderlich. Dies verursacht eine Verringerung des Kohlendioxyds, was die Blutsäure vermindert und darum die Fähigkeit zum Sauerstofftransport. Dies führt schließlich zu weniger Sauerstoff im Blutkreislauf und im Gehirn. Ein Kortex mit Sauerstoffmangel verliert natürlich seine volle Fähigkeit zum Denken und Abwehren.

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Die Antwort scheint zu lauten, daß dann, wenn wir in eine Erinnerung eintauchen, alle Zellen so reagieren, wie sie ursprünglich reagiert haben. Die Blutzellen litten unter Sauerstoffmangel und taten dies während des Wiedererlebens erneut. Deshalb kommt es beim tiefen Atmen zu keiner Hyperventilation, weil der Körper den Sauerstoff tatsächlich braucht, während er, wenn er sich nicht in der Erinnerung befindet, nicht dasselbe Bedürfnis hat und ein Hyper­ventilations­syndrom aufweist.

Der Atem wird im Stammhirn kontrolliert, einem Bereich, der gesättigt ist mit Opiatrezeptoren, deren Funktionen teilweise darin bestehen, Schmerz zu kontrollieren. Das bedeutet, daß Schmerz und Atmen einige gemeinsame Elemente haben. Tiefes Atmen verändert den Opiatfluß und ist daher fähig, die Abwehr gegen Schmerz zu verändern. Flaches Atmen kann ein wichtiger Abwehr­mechanismus gegen das Fühlen sein; tiefes Atmen zu erzwingen bedeutet, die Abwehrstruktur aufzubrechen. Dies führt oft zu Überflutung und einer massiven Eingabe heftigen Fühlens. Der Kortex, unfähig, solchen Zustrom zu integrieren, schaltet auf Overdrive und beginnt, alle möglichen phantasievollen, mystischen und irrealen Begriffe heraufzubeschwören.

 

Es gibt eine Therapieschule tiefer Atmung mit ziemlich ausgefallenen Techniken und Namen für das, was im wesentlichen Hyperventilation ist. Wenn diese Therapeuten dafür sorgen, daß die oberste Ebene des Kortex nicht genügend Sauerstoff erhält und daher in seiner Kohärenz und Abwehrfähigkeit beeinträchtigt ist, kämpft das Gehirn um die Bewältigung des aufkommenden Schmerzes. Die betreffende Person fabriziert dann frühere Existenzen und andere Begriffe jenseits der Realität. Der Grund liegt darin, daß sie über ihre eigene Realität hinausgetrieben worden ist. Des aufkommenden Schmerzes ist sich der Betreffende deshalb nicht bewußt, weil dieser sofort vom gedankenbildenden System absorbiert wird.

Aufgrund dieser Art von Hyper­ventilation kann jemand glauben, er sei »wiedergeboren« worden, weil er einfach mit einem Geburtstrauma in Berührung gebracht worden ist. Übungen mit tiefer Atmumg können einen Menschen glauben machen, er sei in ein anderes Leben in biblischen Zeiten zurückgereist. Ich bezeichne solche Zustände als »gutartige Psychosen«. In diesem Augenblick real zu sein hieße, teuflische Todesqual zu erleiden. Personen mit gutartigen Psychosen schließen sich Sekten an und leben im Reich des Mystischen, um nach Kräften die Irrealität aufrechtzuerhalten. Sie benutzen Ideen, um Gefühle abzuwehren.

Daß mein Patient, der in ein vergangenes Gefühl eingetaucht war, kein Hyperventilationssyndrom aufwies, wirft einige wichtige Fragen auf. Wo war dieser Sauerstoffmangel die ganze Zeit gespeichert? Und warum und wie wird er von der Erinnerung wieder­erschaffen?

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Der Mangel war nicht nur als Gehirnerinnerung gespeichert, sondern als Gestalt im ganzen System, und letztendlich findet er sich auch in den Blutzellen wieder. Was in der Erinnerung eingeschlossen ist, kann also auch in den Blutzellenreaktionen wieder wach werden. Deshalb findet man eine Neurose im ganzen System, weil auch die Erinnerung im ganzen System steckt. Bluthochdruck oder schlechte Durchblutung der Gliedmaßen können daher durchaus eine Erinnerung oder Teil einer Reaktion auf eine Erinnerung sein. Beide werden ihre Wirkungen als physiologische Komponente der Erinnerung fortsetzen, bis das tatsächliche traumatische Ereignis voll mit dem Bewußtsein in Verbindung gebracht ist.

Frühe Erinnerung mit ihren genauen physiologischen Begleiterscheinungen versucht immer, sich in eben dieser Form zu behaupten. Darum gibt es Menschen, die häufig unerklärliche Anfälle von Hyperventilation haben, weil die frühe Erinnerung an das Ersticken stets gegenwärtig ist und in Richtung Bewußtsein aufsteigt. Weil die Erinnerung nicht voll zugänglich ist, ist das, was die oberste Ebene erreicht, einfach der physiologische Zustand, d.h. der Sauerstoffmangel und/oder der beschleunigte Herzschlag (Palpitation). Das ist die abgelöste und in die Gegenwart transportierte frühe Erinnerung.

Doch da ist noch mehr. 

Was mein kleines Experiment bedeutet, ist, daß alte Erinnerungen ständig die Vorherrschaft über die gegenwärtige Realität haben und diese dominieren. Wir sehen hier also einen Patienten in einem gut durchlüfteten Raum mit viel Sauerstoff, dessen Körper nach Sauerstoff schreit. Er benimmt sich, als hungere er nach Sauerstoff, weil er das in der Tat tut. Das ist nicht anders als bei einer Person, die im frühen Leben nach Liebe hungerte und deren System verzweifelt nach Liebe verlangt, obwohl der Betreffende im erwachsenen Leben genug davon hat. Er kann sie nicht fühlen oder akzeptieren. Die Qual des Sauerstoffmangels befindet sich wie die emotionale Entbehrung in den Blutzellen und kann nur während eines Wiedererlebens in diesen selben Zellen wiedergefunden werden. Eingeprägte Erinnerung blockt die Möglichkeit äußerer Erfüllung ab. Das ist deshalb so, weil erwachsene Erfüllung nicht das ist, was der Körper braucht.

Weil das System die Erfüllung braucht und dennoch zurückweist, wird das Ausagieren in Richtung auf die Erfüllung in Gang gesetzt. Wir versuchen dauernd, in der Gegenwart Liebe zu fühlen, doch das Gefühl des Ungeliebtseins ist tief im System registriert. Verdrängung sorgt dafür, daß gegenwärtige Liebe die Ebenen des Bewußtseins nicht bis dahin durchdringt, wo das wirkliche Gefühl liegt. Deshalb braucht der Neurotiker mehr und mehr gegenwärtige Erfüllung und läßt darin niemals nach. Das Beste, was er jemals erreichen kann, ist eine Beschwichtigung seines Fühlens. In Verbindung mit der Geburt gibt es viele Traumata, von denen jedes einzelne die Verdrängung in Gang setzt.

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Bloße physische Trennung über mehrere Stunden gleich nach der Geburt kann traumatisch sein; sicherlich ist die Unterbringung in einem Brutkasten, wo das Baby für einen langen Zeitraum von menschlichem Kontakt abgeschnitten ist, ebenso schädigend. Die Verdrängung verhindert das fortgesetzte volle Bewußtsein zur Zeit des Geschehens, weil das bedeuten würde, daß das System fortgesetzt voll reagiert; diese Reaktion wiederum kann ihrerseits lebensgefährlich sein. Unbewußtheit mittels Verdrängung trägt dazu bei, die Vital­funktionen zu unterdrücken, die sonst vielleicht in lebensgefährliche Bereiche ansteigen würden. Eine Integration dieser frühen Schmerzen ist unmöglich, weil Integration Bewußtsein bedeutet, und das bedeutet seinerseits Gefahr. Die Desintegration ist ein Überlebensmechanismus. Sie ist in gewissem Sinne ein Abwehrmechanismus gegen die Integration. Für den Neurotiker ist Fragmentierung besser als das volle Bewußtsein seiner Qual.

Verdrängung verhindert im erwachsenen Leben das Wissen, daß es ungefährlich ist, volle Kenntnis von dem zu haben, was geschah. Die Erfahrung ist also durch die Verdrängung eingekapselt. Wir können sehen, wie dies praktisch vor sich gehen könnte. Ein Neugeborenes, das von der Nabelschnur gewürgt wird, muß sich nicht länger wehren und auf kämpferische Weise reagieren. Die Verdrängung erlaubt dem Neugeborenen, nicht zu reagieren und dadurch Sauerstoff zum Überleben zu bewahren. Die nicht erfolgende Reaktion ermöglicht ein Absinken der Vitalfunktionen, die normalerweise tödlich sein könnten, und verhindert dadurch die Zerstörung, zu der es im Falle des Bewußtseins kommen könnte.

Neurotisches Verhalten ist unter anderem das Ausagieren einer Erfahrung oder des Gefühls, das vielen Erfahrungen zugrunde liegt. Das Ausagieren ist ein Wiederholungszwang, bei dem das System die frühe Umgebung erneut erschafft, um sie zu bewältigen und zu integrieren. Ein Patient war an die Einstellung gefesselt: »Ich kann es nicht länger versuchen.« Alles war zuviel, genau wie seine Geburt. Selbst im Tennis gab er auf, wenn es schwierig wurde — die unbewußte Einstellung: »Es ist zuviel. Ich kann nicht gewinnen. Ich gebe den Versuch auf.« Wenn er nicht beim ersten Spiel eine Führung erzielte, gelang es ihm unweigerlich, den Satz zu verlieren.

Der zentrale Grund für das Ausagieren ist die, wenn auch nur symbolische, Herstellung der Bedingungen, unter denen eine Heilung erfolgen kann. Der Körper weiß, daß sie nur im ursprünglichen Kontext zustande kommen kann. Also versucht er ständig, diesen Kontext zu reproduzieren, um gesund zu werden. Natürlich kann Heilung nur da stattfinden, wo die Wunde liegt. Wenn die frühen Angriffe auf einer niedrigeren Bewußtseinsebene erfolgten, dann kann auch die Heilung nur auf dieser Ebene zustande kommen.

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Eine Patientin, die unmittelbar nach der Geburt für drei Wochen in einen Brutkasten gelegt wurde, entwickelte ein überwältigendes Gefühl von Isolation und Entfremdung. Später im Leben isolierte sie sich selbst und hatte wenig soziale Kontakte. Sie hatte etwas »Fernes« an sich (da man sie bei der Geburt von sozialen Kontakten entfernt hatte). Sie hatte das getan, was Neurotiker tun müssen, nämlich eie Umgebung geschaffen, die dem inneren Gefühl entsprach, wodurch sie die Ambivalenz verringerte und die möglichen Bedingungen für eine Heilung schuf. Das Innere dem Äußeren anzupassen gibt der Person Kohärenz. Es hilft, dem Geschehen Sinn zu geben, und liefert eine Rationalisierung für die inneren Gefühle. Deshalb ist Zweifel noch schmerzhafter als Gewißheit. Eine psychotische Idee ist besser als das Gefühl verzweifelter Vergeblichkeit.

Das Ausagieren, das wir später detaillierter erörtern werden, kann einfach darin bestehen, daß jemand im erwachsenen Leben ständig nett ist, um eine reizbare Mutter zu beschwichtigen (ursprünglich). Die Hoffnung ist, sie durch andere freundlich und lieb zu machen. Die Hoffnungslosigkeit des ganzen erzeugt unbewußt das Hoffnungsverhalten, auch als Neurose bekannt, das dann unterschiedslos angewandt wird. Oder jemand ist dauernd ein »Helfer«, immer bereit, sich um Dinge zu kümmern und Beistand zu leisten, und zwar in der unbewußten Hoffnung, genügend zu helfen, um selbst Hilfe zu bekommen, etwas, das die Eltern nie geben konnten.

Wenn auf dem Feld der Psychologie verstanden und akzeptiert würde, daß Heilung nur im ursprünglichen Kontext erfolgen kann, würde sich der ganze Berufsstand sofort verändern. Keine magischen Vorstellungen mehr über Hypnose, Konfrontationsgruppen, Akupunktur, Psychoanalyse, Existenzanalyse und andere geläufige Manipulationen, die bestenfalls nur das Gesicht der Neurose verändern können. Solange überwältigender Schmerz daran gehindert ist, sein neurologisches Schicksal zu erreichen, solange eine Verbindung mit dem Bewußtsein nicht zustande kommen kann, wird es keine Heilung geben. Wie wir später sehen werden, ist das Fieber, das jede Patientin bekommt, wenn sie sich katastrophalem frühem Schmerz nähert, das erste Zeichen des in Gang gesetzten Heilungs­prozesses.

Was wir als neurotisches Verhalten ansehen — d.h. das symbolische Ausagieren —, ist nicht wirklich neurotisch; es ist der erste Schritt auf dem Weg zur Normalität. Es ist die Wieder-Erschaffung der heilenden Bedingungen, so gut die Verdrängung dies zuläßt. Neurose ist also das symbolische Mittel, das wir anwenden, um gesund zu werden.

Ich sollte hinzufügen, daß nicht jeder Neurotiker wieder seine frühe Umgebung herstellt. Es gibt auch den kontraphobischen Typ, der geflissentlich jede Situation vermeidet, die ein frühes Gefühl auslöst. Diese Menschen sind weiter von ihren Bedürfnissen entfernt als die anderen. Das ist der Unterschied zwischen jenen, die noch auf die eine oder andere Weise Erfüllung suchen, und jenen, die den Versuch aufgegeben haben.

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Wenn sich ein kontraphobischer Mensch beispielsweise hilflos fühlt, dann vermeidet er alle Umstände, die ihn in eine hilflose Lage bringen könnten. Völlig in der Hand eines Bürokraten zu sein, führt sofort zu Angst. Die ursprüngliche Hilflosigkeit, vielleicht bei der Geburt und später, als man in den Händen tyrannischer Eltern war, erweckt wieder die alte Angst. Doch im großen und ganzen werden die innere Umgebung und ihre ursprünglichen Reaktionen vom Neurotiker wieder und wieder reproduziert.

Der Grund, warum der Neurotiker sich unerfüllt fühlt, wie unsere Patientin, die das Leben in einem Brutkasten begann, ist, daß Erfüllung nicht Teil der ursprünglichen Erinnerung war, die er mit sich herumträgt. So oft man auch mit Menschen zusammen sein mag, nichts wird je das Grundgefühl der Einsamkeit verändern, das die lange Trennung von der Mutter im sehr frühen Leben erzeugt hat. Später nimmt man vielleicht Drogen, um diese Art von Schmerz abzublocken, selbst wenn man sich seiner nicht bewußt ist. Sogar wenn man die Existenz von Schmerz erkennt, ist es fast unmöglich, dessen Quelle zu finden, weil die Verdrängung das nicht zuläßt. Vergessen wir nicht, daß die Aufgabe der Verdrängung darin besteht, einen Teil von uns unbewußt zu halten und die Heilung zu verhindern. Es gibt keine Möglichkeit, ein Grundgefühl von Entfremdung und Isolation von oben zu verändern. Weder Ermutigung noch sozialer Kontakt noch Ratschläge werden das Gefühl und seinen Druck verändern; sie werden nur für eine Zeitlang das sichtbare Verhalten wandeln. Gewöhnlich erfolgt dann eine Regression zum ursprünglichen Gefühl.

Das System lebt buchstäblich in jeder nur möglichen Weise in der Vergangenheit. Deshalb überlagert vergangene Erinnerung die gegenwärtige Realität, und deshalb reagieren wir innerlich zuerst auf die Erinnerung und erst später auf die äußere Realität. Wenn ein Mensch nicht mehr auf einer frühen Ebene funktionieren kann, auf der die Erinnerung angesiedelt ist, kann er die Erfahrung später auf keine Weise duplizieren. Die Babyschreie eines Zweijährigen sind nicht zu wiederholen, wenn man das Gefühl verlassen hat, so sehr man sich auch bemüht. Ähnlich kann der Sauerstoffmangel nicht repliziert werden, wie stark der Wille dazu auch sein mag. Es gibt Begleiterscheinungen der Erinnerung, die nur auf dieser frühen Ebene liegen und auf keiner anderen.

Dies hat Implikationen für schwere psychische Erkrankungen. Ich erinnere mich, vor einigen Jahren eine Frau gesehen zu haben, die als präpsychotisch diagnostiziert worden war, weil sie Halluzinationen eines schabenden Geräusches in den Ohren hatte. Auch noch soviel Therapie bewirkte nicht, daß sie die Geräusche nicht mehr hörte. Nach sechs Monaten in meiner Therapie erlebte sie eine Geburtssequenz wieder, bei der die Seite ihres Kopfes und ihr Ohr gegen das Schambein kratzten.

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Die Halluzination hörte auf. Vorher war sie nur einer losgelösten Erinnerung unterworfen gewesen, die wie eine Halluzination wirkte. Wie in fast jedem Falle sind Symptome nur ein Zeichen dafür, daß Geschichte abrupt in das Bewußtsein eindringt, vor allem, wenn das Abwehrsystem schwach ist.

Der Psychiater William Gray glaubt, daß alles Denken in Gefühlstönungen eingebettet ist, die helfen, die Erinnerung zu kodieren und Gedanken zu integrieren, wenn sie geformt werden. Seine Arbeit wurde von Paul La Violette weitergeführt, einem System­theoretiker, der meint, Erfahrung werde im Gehirn in neuroelektrischen Wellenformen kodiert und gespeichert, die von frühen Ereignissen hervorgerufen werden, die ähnliche Wellenformen haben. Gray nimmt an, daß der emotionale Inhalt einer Erfahrung dann als eine Art Kode-Etikett dient, das in der Erinnerungsbank gespeichert wird. (Ich benutze diesen Begriff zur Veran­schaulichung.) Dieses Kode-Etikett reagiert auf Erinnerungsspuren, auf die es eingestimmt ist, und diese wiederum lösen die Rückübermittlung der Erfahrung in ihrer ursprünglich kodierten Form aus. Mit anderen Worten, etwas in der Gegenwart hallt in etwas aus der Vergangenheit wider, das in der Erinnerungsbank gespeichert ist, und löst die ursprüngliche Erinnerung mit all ihrer Kraft wieder aus.

Die Verwendung des Begriffes Resonanz zur Beschreibung dieses Prozesses ist nicht nur figurativ. Es scheint eine präzise Frequenz zu geben, die in der Rezeptormembrane der Amygdala mitschwingt. Das löst dann eine neuronale Entladung aus, d.h. emotionale Reaktionen. Diese Resonanzbotschaften werden ausgelöst durch Vibrationen in dem Proteinmolekül, das die Zellmembran durchdringt. Solche Moleküle funktionieren buchstäblich wie Zellantennen, die eine gewisse Informationsfrequenz einfangen und sie in eine Gefühlserinnerung übersetzen. Das hereinkommende Signal scheint einen ähnlichen Kode zu haben wie die Signale, die bereits im emotionalen Lagerhaus gespeichert sind. Wenn alte Erfahrung zu neuer hinzukommt und die vereinbarten Gefühle zu stark sind, kann der Hypothalamus die Eingabe nicht integrieren und reicht einen Teil der Erfahrung an andere Strukturen weiter.

Solange diese Verschiebung andauert, kann vollständige Heilung, sowohl physisch als auch psychisch, nicht stattfinden. Deshalb muß die verschobene Erinnerung als letztes Ziel den Hypothalamus haben, wo Heilung eingeleitet wird. Das ist die Bedeutung von Integration.

Der folgende Fall illustriert die Art von Resonanz, von der ich gesprochen habe.

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Harry

»Eines Tages begann ich beim Eintritt in eine wiedererlebte Episode klare Flüssigkeit auszuhusten. Ich konnte kaum fortfahren, da das Gefühl des Ertrinkens so stark war. Ich bekam eine schmerzhafte Reizung der Nebenhöhlen und hatte den deutlichen Eindruck, als seien sie voller Seife. Ich hatte fast das Gefühl, als würden Stacheln in meine Nasenlöcher gestoßen. Meine Schreie klangen erstickt und verwandelten sich dann in dieses entsetzliche, gedämpfte Gurgeln. Gleichzeitig lag ich flach auf dem Rücken und streckte meine Finger und Zehen so hoch in Richtung Decke, wie ich nur konnte.

Ich wollte verzweifelt aus der Rückenlage herauskommen, um zu atmen, aber ich stellte fest, daß ich das nicht konnte, ohne das Gefühl zu verlassen. Dann konzentrierte sich die Szene auf ihren Brennpunkt — meine Mutter drückte mich unter Wasser! Ich war ein Säugling, und sie hatte mich offensichtlich auf nachlässige, unaufmerksame Weise im Spülbecken in der Küche gebadet und war tatsächlich im Begriff, mich zu ertränken. Was immer sie sich dabei dachte, sie hielt mich unter dem Seifenwasser im Spülbecken fest, den Wasserstrahl aus dem Hahn direkt in mein Gesicht gerichtet, und schwenkte mich, der ich schlaff dalag, im Wasser herum. Ich nehme an, als ich mich in ihrer Hand aufbäumte, ließ sie mich auf den Küchentisch gleiten, wo ich in einer Wasserpfütze zu mir kam.

Das Amüsante an dieser Horrorgeschichte ist, daß sie später nie glauben wollte, daß ich allergisch gegen Ivory-Seife war. Immer, wenn sie sie kaufte, mußte ich niesen und husten, meine Nase lief, und ich beschwerte mich. Der Grund für ihren Unglauben?
>Aber du kannst doch unmöglich allergisch gegen Ivory-Seife sein. Damit habe ich dich gewaschen, als du ein Baby warst.<«

 

Prägungen und chronische Bedürfnisdeprivation

 

Stellen Sie sich vor, Sie gehen in einen Park und sehen einen Vater, der mit seinem Sohn spielt. Die beiden umarmen sich, und Sie spüren plötzlich etwas im Magen, eine Art Krampf. Das ist schmerzhaft, weil es ein unerfülltes Bedürfnis wieder hochbringt, von Ihrem Vater gehalten und berührt zu werden.

Sie sehen einen gewalttätigen Streit auf der Straße und bekommen einen Panikanfall. Die Gewalt hat eine Erinnerung an die Gewalttätigkeit Ihrer Mutter ausgelöst, der Sie verzweifelt zu entkommen suchten. Sie sind so erschüttert, daß Sie an den beiden nächsten Tagen kaum arbeiten können. Die gegenwärtige Situation hat einen Widerhall in einem Gefühl und Szenen aus der Vergangenheit gefunden.

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Beachten Sie, daß es Gefühle sind, die zulassen, daß vielleicht Tausende verschiedener Teile und Bruchstücke früher Szenen auf ähnliche Weise kodiert werden. Es kann beispielsweise Hunderte von Szenen geben, in denen die Mutter traurig ist und deprimiert aussieht und die in einem kleinen Kind, das es nicht besser weiß, die Empfindung auslösen: »Ich bin verantwortlich, daß sie unglücklich ist«, oder: »Mama scheint unglücklich in meiner Nähe zu sein.« Das Kind kann nie verstehen, daß dies Mutters Problem ist, und so agiert es aus und versucht, die Mutter und andere glücklich zu machen, damit es sich nicht für ihre Traurigkeit verantwortlich fühlen muß.

Gefühl bindet die Information aus verschiedenen, aber verwandten Erfahrungen zusammen. E. Roy Johns Katzen beschworen die Gehirnwellenmuster einer vergangenen Zeit wieder herauf. Sie handelten, »als ob« die alte Umgebung mit allen ihren Details (in diesem Falle den schmerzhaften Reizen) noch existiere. Falls die Katzen reden könnten, würden sie sagen: »Ich fühle mich, als würde ich wieder bestraft, genau wie beim letztenmal.«

Für eine Person, die als Kind gnadenlos kritisiert wurde, kann eine einzige gegenwärtige Kritik verheerend sein, selbst wenn gleichzeitig eine Menge Lob ausgesprochen wird. Die Kritik hat ein altes Gefühl ausgelöst, wertlos zu sein. Das Lob wird ignoriert. Diese eine Kritik hat eine Resonanz in der Vergangenheit.

Sobald in der Gegenwart etwas einer alten Prägung ähnelt, reagiert der Körper so, wie er ursprünglich reagierte. Neurotiker vermeiden die Art von Situationen oder Beziehungen, die einen alten Schmerz auslösen könnten. Das System wird in diesem Sinne zu einem Radargerät, das uns von allem ablenkt, was uns erregen und die Vergangenheit wieder heraufbeschwören könnte. Je schmerzlicher die Vergangenheit ist, desto leichter erregen wir uns. Ich sage dazu, daß jemand viele »Knöpfe« oder eine hohe Resonanzebene hat. Ein Mensch, der voller Wut steckt, kann beispielsweise dauernd gereizt sein, und fast jedes Hindernis kann diese alte Reizbarkeit wieder auslösen. Das gleiche gilt für die Angst. Jemand, der voller Furcht steckt, wird feststellen, daß ihn fast alles ängstigt, ob es nun eine Beziehung, eine Menschenmenge, hohe Orte, Aufzüge oder irgendwelche anderen neutralen Reize sind.

Die folgende Fallgeschichte ist ein klassisches Beispiel für die Art von Resonanz, von der ich sprach, und ist typisch für die Art, wie viele Neurotiker handeln. Im Falle dieser Person riefen Essen und das Gefühl, voll zu sein, ein altes Gefühl vollständiger Leere hervor. In einer paradoxen Verkehrung brauchte sie, je leerer sie war, desto weniger die Leere ihres Lebens zu fühlen. Je voller sie war, desto leerer fühlte sie sich.

Nur ein paar Anmerkungen zu Eßstörungen. Sie sind ein umfassendes Thema, das eingehender erörtert werden muß, als es hier möglich ist.

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Doch wir behandeln diese Probleme wie alle anderen. Oft ist am Anfang eine Blockierung der ersten Linie (ein Beruhigungs­mittel) nötig, um die starke Aufladung des Symptoms zu mildern. Gieriges Schlingen ist mit viel Erregung verbunden. Ebensoviel Erregung liegt in der »Läuterung« oder dem Erbrechen, das oft darauf folgt. Die Ursachen sind vielfältig, aber in über fünfzig Prozent der Fälle wissen wir, daß bei Frauen Inzest ein wichtiger Faktor ist. Oft handelt es sich dabei um einen Inzest, der erst im Verlauf der Therapie aufgedeckt wird.

Die Grundlagen können so verschieden sein wie früher Hunger im ersten Lebensjahr (gewöhnlich als Folge des Fütterns nach einem strikten Zeitplan), Übelkeit nach dem unfreiwilligen Aufnehmen von Flüssigkeiten während der Geburt mit Würge­symptomen oder der symbolische Versuch, Ejakulationsflüssigkeit nach einem Inzest wieder von sich zu geben. In jedem Fall ist die Wertigkeit außerordentlich hoch, und man muß mit Medikamenten beruhigen, damit die Therapie einen geordneten Verlauf nehmen kann. Nach einer Weile sind diese nicht mehr notwendig. Es dauert unter Umständen Monate, bis das Eßproblem zur Sprache kommt. Es wird aufgenommen, wenn sich die Gelegenheit ergibt, und nicht als das Kernproblem betrachtet. 

Natürlich wird Nahrung oft als Beruhigungsmittel benutzt, um sehr schmerzhafte Gefühle zu unterdrücken. Essen tröstet. Wenn man jemandem helfen will, der bei seinen Anfällen ungeheure Mengen Nahrung verzehrt, muß man ihn mit anderen Mitteln trösten, zumindest am Anfang. Ich weiß nicht, wie jemand Spezialist für Eßstörungen sein kann, denn jeder Fall liegt anders und hat unterschiedliche Ursachen. Man muß sich auf die zugrundeliegenden Quellen spezialisieren, und dazu braucht man einen Experten für Kindheitstraumata, keinen Experten für das Symptom. Wenn man das Trauma aufdeckt, sorgt das Symptom schon für sich selbst. In der Zwischenzeit muß es natürlich in Schach gehalten werden.

 

Karen 

 

»Ich bin anorektisch. Das heißt, daß ich mich in den letzten sieben Jahren systematisch selbst ausgehungert habe. Meine Rationalisierung dafür, daß ich fast nie aß, war, daß ich dünn sein wollte. Ich wollte ausgezehrt aussehen, mit hervorstehenden Hüftknochen und hohlen Wangen. Ich beneidete Leute, die so krank waren, daß sie intravenös ernährt werden mußten. Meine Güte, konnte man so abnehmen! Ich war niemals fett, aber ich war nie dünn genug. Außerdem wollte ich immer leer sein. Es machte mich verrückt, wenn ich mich voll fühlte. 

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Die meisten Leute, mit denen ich rede, werden verrückt, wenn sie nichts im Magen haben. Ich weiß nur, daß mein Völlegefühl mit Sicherheit mehr war als Angst, fett zu werden. Es war etwas zutiefst Systematisches. Wenn ich zuviel aß, wurde ich benommen, schwindlig und reizbar und hatte Schmerzen im Nacken. Dies führte zu einem intensiven Bedürfnis, mich zu übergeben. Das Erbrechen brachte ein Gefühl der Linderung irgendeines enormen Drucks.

Ich haßte es, so von Nahrung besessen zu sein, weil es bedeutete, daß ich immer an das dachte, was ich nicht aß. Ich habe den Grund für diese bizarre Umkehrung der Körperreaktionen nie verstanden. Warum war ich immer so getrieben, leer zu bleiben? Jetzt beginne ich ihn zu verstehen.

Die meisten Menschen, die im frühen Leben Nahrung oder Liebe entbehren müssen, bleiben irgendwie mit dieser Entbehrung in Berührung. Sie suchen nach irgendeiner Art von Erfüllung. Sie versuchen, irgendwie und irgendwo Liebe zu bekommen. Andere aber haben Entbehrungen erdulden müssen, die ihre Integrationsfähigkeit überstiegen. Sie und ihr Körper machen einfach dicht. Sie schneiden sich sehr früh von ihren eigenen Bedürfnissen ab, weil der Schmerz einfach zu groß ist, um sich ihm zu stellen. Diese Menschen, mich selbst eingeschlossen, meiden später Wärme, weil sie sie an das erinnert, was sie nicht bekommen haben. Sie wollen nichts, was die Pferde scheu machen könnte. Sie fühlen sich wohl so, wie sie sind.

Beim Essen ist es genauso. Ich vermied es, weil ich mich, wenn ich mich voll fühlte, daran erinnerte, wie leer ich war. Wenn ich leer blieb, brauchte ich das nicht zu fühlen. In der Therapie begann ich, ein wenig Nahrung zu mir zu nehmen. Wie seltsam und wie offensichtlich — Nahrung als Heilung für jemanden, der sich selbst aushungert. Ich begann, bei dieser Nahrung große Schmerzen zu fühlen. Nachts wachte ich mit schrecklichen Rückenschmerzen auf, als hätte ich eine Kurbel im Kreuz, die meine Beine und meine Wirbelsäule spannte. Das Atmen fiel mir schwer. Ich konnte mich nicht mehr bücken. Ich wußte nicht, was nicht stimmte. Der Versuch, es mit Worten wie >Hilflosigkeit<, >Wertlosigkeit< und >Einsamkeit< zu beschreiben, war unzulänglich. Ich mußte es einfach fühlen.

Ich wußte nichts als: >Ich fühle mich leer.< Und ich fühlte auch: >Ich weiß nicht, was los ist.<  Plötzlich sah ich ein Bild von mir selbst als Baby, das mit weit geöffneten Augen in seinem Bettchen lag, ganz steif und angespannt, und dann... rummms... der Zusammenhang! Ich wußte, daß ich nicht schreien und meiner Mutter lästig fallen sollte. Ich sollte nicht weinen oder Schmerzen haben oder etwas brauchen. Anstatt Gefahr zu laufen, ihre wütenden Augen zu sehen, weit entfernt von der Wärme, die ich brauchte, verkrampfte ich meinen ganzen Körper und ertrug es schweigend. In meinem Gefühl schien es ewig zu dauern, Minute um Minute puren Schmerzes, wenn ich darauf wartete, daß sie nach mir sah.

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Mein ganzes Leben lang habe ich still darauf gewartet, daß sie mich ansah, daß sie sah, daß ich litt. Ich weiß noch, wie ich nach einem entsetzlichen Alptraum an ihrer Schlafzimmertür stand, sie schlafend daliegen sah und das Wort >Mama< auszusprechen versuchte. Dann pflegte ich auf Zehenspitzen wieder in mein Zimmer zu gehen und war die ganze Nacht gelähmt vor Angst. Dennoch dachte ich: »Vielleicht wird sie kommen.«

Ich war nie fähig, direkt um das zu bitten, was ich wollte. Ich wurde angeschrien und als lästig und langweilig bezeichnet, wenn ich weinte. Es wurde einfacher, das innerlich auszuhalten. Obwohl mein Körper den Streß registrierte, hörte meine Psyche einfach auf, die Bedürfnisbotschaften zur Kenntnis zu nehmen. Nachdem man meinem Körper seine Bedürfnisse lange genug verweigert hatte, machte er sich nicht mehr die Mühe, sie mitzuteilen. Es war wie ein endloser Schock. Steilheit wurde meine Überlebensmethode.

Das Gefühl, voll zu sein, war wie eine ungeheure Lüge, und es machte mich verrückt. Ich wußte das nicht, aber mein Körper wußte es. Hunger war meine Art, den Schmerz in Schach zu halten. Wenn man im Leben keine Wärme bekommt, braucht man nicht zu fühlen, was man vermißt. Man bleibt einfach in seinem Iglu. Wenn ich dünn blieb, bestand immer die geringe Chance, meine Mutter würde bemerken, daß ich starb, und sich um mich kümmern.«

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Ein Mensch, der unter einer schweren Last von Schmerz steht, nimmt eine vollkommen neutrale Situation — beispielsweise eine Frau an einer Straßenecke — und denkt sich ein ganzes Szenario darüber aus, was diese Frau gerade denkt oder tun wird. Hier ist die Resonanz des alten Schmerzes ungeheuer, und die Energie überflutet den Kortex und veranlaßt ihn zum Fabulieren. Das ist Psychose.

Widerhallende Energie kann auch innerlich freigesetzt werden, was zu ausgedehnten physischen Symptomen führte. In diesem Sinne könnte Krebs die »Psychose« des Körpers sein. Wenn der Krebs generalisiert ist, funktioniert er genauso wie der Kortex, handelt willkürlich und überflutet Grenzen.

Erhöhter Schmerz nimmt tatsächlich einen größeren Raum im Gehirn ein. Mit der Ansammlung schmerz­licher Erfahrungen wird ein immer größerer Anteil des Gehirns dem Schmerz gewidmet, bis es buchstäblich hauptsächlich eine schmerzverarbeitende Maschine ist. Dann wird die gegenwärtige Erfahrung ständig durch die meisten Prägungen gefiltert; neutrale Geschehnisse werden in schmerzhafte übersetzt. »Kann ich das für dich tun?« wird wahrgenommen als: »Aha, er hält mich wohl für hilflos oder dumm.« — »Du warst heute großartig!« wird verstanden als: »So, vorher war ich also nicht großartig!« Die gegenwärtige Situation »kämpft« gegen die Prägung. »Ich fühle mich hilflos und dumm« ist die vorherrschende Bedeutung, anhand derer alle gegen­wärtigen Ereignisse interpretiert werden.

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Beruhigungsmittel können die Prägung genügend mildern, um den Schmerz nicht eindringen zu lassen. Je mehr Schmerz, desto höher die erforderliche Dosis. Ich habe Patienten gesehen, die sich umzubringen versuchten, indem sie Mengen schluckten, die für fast jedes menschliche Wesen tödlich gewesen wären, die diese Patienten aber nur für zwölf Stunden in Schlaf versetzten. Sie hatten so massive Schmerzmengen, die das Gehirn aktivierten, daß die Medikation den Tod nicht herbeiführen konnte.

Die Einprägung von Schmerz fixiert ein permanentes Ungleichgewicht in der Gehirnfunktion und der Biochemie des Körpers. Ein Geburtstrauma, bei dem das Baby keine andere Wahl hatte, als sich der Erfahrung passiv zu überlassen (beispielsweise, wenn die Nabelschnur sich um seinen Hals wickelte), prägt eine Tendenz zur Passivität ein. Das erzeugt eine Biochemie, die sich dieser Passivität anpaßt und sie äußert.

 

Prägungen und unser genetisches Schicksal

 

Die Einprägung von Schmerz scheint sogar in der Lage, unsere Fähigkeit zur Erfüllung unseres eigenen genetischen Schicksals zu verändern. Es kann sein, daß das DNS-Molekül, das den genetischen Kode überträgt, vom Schmerz verändert wird, so daß die Zellen auf einen anderen oder leicht abgeänderten Kode reagieren. Was immer die Mechanismen sind, die Verdrängung der Prägung scheint eine globale Wirkung zu haben. Wir haben dafür empirische Nachweise bei Kindern, die in Waisenhäusern großgezogen wurden und die, solange sie in diesen Institutionen waren, ihr genetisches Potential nicht erreichten, die aber wieder zu wachsen begannen, wenn sie in eine liebevolle Umgebung verbracht wurden.

Die Realität eines veränderten genetischen Programms ist wichtig bei Erkrankungen, denn es gibt gute Nachweise dafür, daß solche Veränderungen katastrophale Krankheiten erzeugen. Bei einigen Krebsarten werden normale Gene zu Onkogenen, krebs­erzeugenden Genen. Die Forscher wissen noch nicht, warum das so ist, aber ich würde annehmen, daß eingeprägter Schmerz ein wesentlicher Grund ist. Die massive Schmerzprägung setzt normale Genzellen unter Druck, verändert schließlich ihre Struktur und macht sie tödlich.

Ein höchst interessanter Versuch von G. Miller Jonakait et al. am Cornell College of Medicine unterstützt diese Auffassung. Bei seinen Forschungsarbeiten wurden Mäuse unter Streß gesetzt, was eine sichtbare Veränderung des genetischen Kodes zur Folge hatte. Embryonale Nervenzellen zeigten eine Veränderung des genetischen Potentials bei jenen Mäusen, die unter Streß gesetzt worden waren. Die Entwicklungs­periode dauerte länger, und Veränderungen schienen auf einer sehr fundamentalen Ebene einzutreten.

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Weitere Nachweise für Veränderungen des genetischen Ausdrucks haben wir bei unseren männlichen Patienten gesehen, die nach vielen Monaten Therapie anfangen, Gesichts- und Brusthaare zu bekommen, sogar noch im Alter von vierzig Jahren. Andere Patienten dieses Alters entwickeln vielleicht zum erstenmal Weisheitszähne. Bei Frauen wuchsen im Alter von zwanzig oder dreißig Jahren die Brüste. Andere wurden körperlich größer oder bekamen größere Füße. Was während der Adoleszenz hätte geschehen sollen, war auf irgendeine Weise um Jahrzehnte verzögert.

Ich möchte diesen Punkt ganz deutlich machen. Aufgrund der globalen Verdrängung schläft ein großer Teil unseres genetischen Kodes. Wenn die eingeprägte Schmerzladung angesprochen und erfahren worden ist, ist die Verdrängung geringer und damit auch die Hemmung des genetischen Ausdrucks.

In solchen Fällen ist die genetische Entfaltung offensichtlich verzögert. Ich bezweifle, daß eine so entscheidende Blockierung ohne schädliche Folgen sein kann; an irgendeinem Punkt ist ein Preis dafür zu bezahlen. Etwas, das stark genug ist, um die genetische Entwicklung eines Individuums zu hemmen, muß einen schwerwiegenden Einfluß auf das körperliche System haben.

Kürzlich behandelte ich eine vierunddreißigjährige Frau, die seit fünfzehn Jahren keine Periode mehr gehabt hatte. Als sie die Ebenen des Bewußtseins hinabstieg und anfing, Ereignisse vom Beginn ihres Lebens wiederzuerleben, setzten ihre Perioden wieder ein. In ihrem Fall war die Verdrängung wirklich global.

Verdrängung ist nicht bloß ein psychotherapeutischer Begriff, sondern ein tatsächlicher körperlicher Vorgang, der überall im Körper wirkt. Verdrängung findet sich beispielsweise bei Brusthaaren oder zumindest in dem genetischen Kode für ihr Wachstum. Einige männliche Patienten entwickeln nach ein oder zwei Jahren Therapie plötzlich diese Behaarung. Was war mit diesen Haaren, solange sie nicht da waren? Sie warten darauf, herausgelassen zu werden. Der normale Wachstumskode scheiterte und wurde durch einen anderen Kode ersetzt. Es muß also Druck bestanden haben, selbst bei etwas scheinbar so Unbedeutendem wie Haaren. Der ursprüngliche Kode ist immer bemüht, sich zu entfalten.

In uns gibt es immer einen Säugling und ein Kind, die herauszukommen versuchen. Wenn es uns gelingt, unsere erwachsenen Abwehrsysteme herunterzulassen, kommt das Kind in uns hervor. Neue Brusthaare und die Entwicklung von Brüsten sind Teil des Durchbruchs in der Adoleszenz.

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Wenn die Einprägung des Schmerzes gefühlt wird, fängt das System an, sich selbst »geradezurücken«. Wie wir bei unseren Untersuchungen festgestellt haben, normalisieren sich die hemisphärischen Beziehungen des Gehirns und die körperlichen Vorgänge. Das war zu erwarten, da jede einzelne der ursprünglichen Veränderungen unserer Körperphysiologie Teil der Prägung war. Die Realität von zellularen Prägungen ist von entscheidender Bedeutung für unser Verständnis, wie Neurosen zu behandeln sind.

 

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Hier ein Beispiel für eine Prägung, bei der die Erinnerung an Hilflosigkeit gegenüber dem Vater sich mit verheerender Wirkung in der Gegenwart wiederholte. Dies sind die Worte der Patientin, die ich Linda nennen werde:

Linda

»Eine Erfahrung, von der ich gern behaupten würde, es habe sie nie gegeben, machte ich vor vier Jahren, als ich in Paris lebte. Ich ging gelegentlich zu Dichterlesungen in eine Buchhandlung und traf dort einen Mann, der als Dichter galt. Ich weiß noch, daß ich dachte, er sei ein schmutziger, gewalttätig aussehender Mensch, dem man nicht trauen könne, aber dann dachte ich: <Oh, das ist unfreundlich. Woher will ich das wissen? Vielleicht ist er ein netter Mensch. Man sollte nicht zu schnell urteilen.> 

Wir sprachen miteinander, und er lud mich für den nächsten Abend zum Kaffee ein. Damals versuchte ich, >weltlicher< zu werden. Ich willigte ein. Am folgenden Abend wollte er, daß ich mit ihm in sein Zimmer ging, um einige seiner Arbeiten zu holen. Ich wollte nicht, aber ich dachte: >Da ich im Zweifel bin, kann ich es ihm nicht abschlagen.< Ich ging mit ihm in sein winziges, schmutziges Zimmer, das voll mit morbiden surrealistischen Gemälden hing und ein paar Bücher enthielt. Er machte sich daran, mich zu vergewaltigen, und drohte damit, ein Glas zu zerbrechen und mir das Gesicht zu zerschneiden, wenn ich nicht mitmachte. Ich fand heraus, wie sehr er >dumme amerikanische Fotzen< haßte. Danach durfte ich mich wieder anziehen, und bei der ersten Gelegenheit rannte ich weg.

Ich fühlte mich so dumm, beschämt und töricht. Wie konnte mir so etwas passieren? Jahre später erkannte ich, daß mein Urteil durch meine christliche Ethik, ein >artiges Mädchen< zu sein, getrübt war; es war nichts anderes als der Versuch, so brav zu sein, daß jemand mich lieben mußte. Meine Fähigkeit, >nein< zu sagen, verschwand, und ich wurde wieder hilflos, genau, wie ich es meinem Vater gegenüber gewesen war.«

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   Prägung in einer kritischen Periode  

 

Die Stärke einer Prägung hängt davon ab, wie lebensbedrohlich die ursprüngliche Situation war, als sie eintrat, und ob sie in einer Zeit erfolgte, die ich als »kritische Periode« bezeichne, in der Zeit, in der das Bedürfnis erfüllt werden MUSS, um ein Trauma zu vermeiden.

Ereignisse im Mutterleib und während und unmittelbar nach der Geburt sind im allgemeinen die lebensbedrohendsten; ihr Einfluß ist oft am größten. Im Alter von neun Jahren nicht in den Arm genommen zu werden ist nicht annähernd so schwerwiegend, wie wenn man während einer kritischen Periode gleich nach der Geburt nicht in den Arm genommen wird, wo Berührung für die Entwicklung absolut notwendig ist. Wenn Bedürfnisse während der kritischen Periode nicht erfüllt werden, kommt es zur größten Schädigung des Systems, und kein Maß an späterer Erfüllung wird etwas an der Prägung und ihrer Stärke ändern. Wenn die Mutter krank war und gleich nach der Geburt nicht bei ihrem Kind sein konnte, nicht die notwendige Wärme und Liebkosung geben konnte, dann wird dieses Kind leiden. Spätere Berührung mag den Schmerz lindern, aber sie kann und wird die Prägung durch die ursprüngliche Entbehrung nicht abschwächen.

Monumentale Einsamkeit gleich nach der Geburt kann in einem Menschen ein lebenslanges Entsetzen vor dem Alleinsein und das Bedürfnis erzeugen, ständig von Menschen umgeben zu sein. Immer Freunde bei sich zu haben ist eine Art, diesem frühen Schmerz aus dem Weg zu gehen; es ist ein Ausagieren gegen die Gefühle. Die kritischen Perioden sind genetisch determiniert. Wenn wir im Alter von ein oder zwei Jahren nach irgendeinem strengen Stundenplan gefüttert werden statt dann, wenn wir hungrig sind, wird das einen lebenslangen Eindruck hinterlassen, den keine spätere Großzügigkeit bezüglich des Fütterns mehr auslöschen kann. Das Baby verhungert und wird nicht gefüttert; das ist seine unmittelbare Realität. Später, als Erwachsener, entwickelt es vielleicht neurotische Eßgewohnheiten. In der Minute, in der der Erwachsene hungrig ist, wird unbewußt die alte Erinnerung an das Verhungern geweckt, und er muß auf der Stelle etwas essen, oder er bekommt Kopfschmerzen. Oder er stopft das Essen in sich hinein, ohne nachzudenken, bis er aufgebläht ist oder ihm schlecht wird, alles, um dieses Gefühl des Verhungerns fernzuhalten, eine Erinnerung, die ihm nicht bewußt ist.

Niemand würde sich träumen lassen, daß Kolitis im Alter von achtzehn Jahren mit einer Reihe von Traumata verbunden ist, die zu Beginn des Lebens der Person auftraten. Wer würde erraten, daß Magengeschwüre mit dreißig mit Traumata in der Wiege zusammen­hängen, als das Baby systematisch ausgehungert wurde?

Als dieser Hunger auftrat, im Alter von sechs Monaten oder einem Jahr, sonderte der Magen starke Säuren wie Salzsäure ab. Diese Sekretion wurde später zu einer automatischen Reaktion auf Hunger oder jede andere Art von Streß. Wenn sie oft genug abgesondert werden, brennen diese ätzenden Säuren buchstäblich Löcher in den Magen. Der Brennpunkt späterer Streßreaktionen wird darum das Organ, das ursprünglich an dem Trauma beteiligt war. Das Trauma tritt nicht ein, weil man mit vierzehn Jahren nicht rechtzeitig ißt. Die kritische Periode ist dann schon lange vorüber.

 

   Behältnisse unserer Psyche  

Das Mittel, mit dem die Wucht der Prägung aus dem System entfernt wird, ist die schlichte Verweisung an die jeweilige Ebene des Bewußtseins, auf der sie erfolgte. Wenn das Gefühl in der Prägung bewußt gefühlt wird, wird deren bioelektrische Energie endlich freigesetzt und mit dem Bewußtsein verbunden. Dann wird die Prägung zu einer einfachen Erinnerung. Eine Erinnerung kann man nicht löschen, und das ist auch nicht notwendig. Sie bleibt bestehen. Was wir tun können, ist, ihr ihre Kraft zu nehmen. 

Man sagt uns, Krankheiten träfen uns willkürlich und aus keinem besonderen Grund. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein; die Kraft der Natur ist niemals willkürlich und hat immer eine Ursache. 

Die Prägung ist die zentrale Realität hinter vielen Erkrankungen. Sie darf nicht ignoriert werden. 

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