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Zwei Arten von Technologie (207-212)   Die Gefahr des Leftismus (213-230)      Schlußbemerkung (231-232)  

 

  Zwei Arten von Technologie  

 

207.

Man wird (wahrscheinlich) argumentieren, daß die von uns beabsichtigte Revolution zum Scheitern verurteilt ist, weil (so wird behauptet) in der Geschichte die Technologie immer fortgeschritten, niemals rückläufig gewesen ist. Somit ist ein technologischer Rückschritt unmöglich. Aber diese Behauptung ist falsch!

208.

Wir unterscheiden zwei Arten von Technologie, die wir als small-scale-Technologie und als organisations-abhängige Technologie bezeichnen. Die small-scale Technologie kann ohne äußere Hilfestellung in kleinen Gemeinschaften angewendet werden. Die organisations-abhängige Technologie ist eine Technologie, die von großen gesellschaftlichen Organisationen abhängig ist. Es sind uns keine bedeutenden Fälle von Rückläufigkeit in der small scale-Technologie bekannt. 

Aber die organisations-abhängige Technologie IST rückgängig zu machen, wenn die soziale Organisation, von der sie abhängt, zusammenbricht.

Beispiel: als das Römische Reich zusammenbrach, überlebte die small scale-Technologie der Römer, weil jeder geschickte Dorfhandwerker in der Lage war, ein Wasserrad herzustellen, jeder geschickte Schmied konnte den Stahl nach römischen Methoden herstellen usw. Aber die römische organisationsabhängige Technologie bildete sich zurück. Die Aquädukte verfielen und wurden nie wieder aufgebaut. Die Technik des Straßenbaus ging verloren, das römische System der sanitären Anlagen in den Städten geriet in Vergessenheit, bis man in moderner Zeit in den europäischen Städten nach dem Vorbild des alten Roms wieder sanitäre Anlagen baute.

209.

Der Grund dafür, daß Technologie anscheinend immer fortschreitend ist, liegt darin, daß noch ein oder zwei Jahrhunderte vor der Industriellen Revolution die meiste Technologie eine small scale-Technologie war. Seit der Industriellen Revolution hat sich die Technologie vor allem als Organisations-abhängige Technologie entwickelt. Ein Beispiel dafür ist der Kühlschrank. Ohne industriell vorgefertigte Ersatzteile oder Maschinen wäre es für normale Handwerker unmöglich, einen Kühlschrank zu bauen. Auch wenn sie es wunderbarerweise zustande bringen würden, könnte man ihn ohne Elektrizität nicht benutzen. Sie müßten Strom erzeugen und einen Generator bauen. Generatoren brauchen viel Kupferdraht. Wie sollte man diesen Draht ohne moderne Maschinen herstellen. Und wo sollten sie dann das notwendige Kühlmittel bekommen? Es wäre viel einfacher, einen Eisschrank zu bauen oder die Nahrung durch Trocknen oder Pökeln haltbar zu machen, wie man es vor der Erfindung des Kühlschranks getan hat.

210.

Das bedeutet, wenn das industrielle System einmal gänzlich zusammenbricht, wird die Kühlschranktechnologie schnell verloren gehen. Dasselbe trifft auf andere Organisations-abhängige Technologien zu. Wenn diese Technologie eine Generation lang nicht mehr existiert, würde es Jahrhunderte dauern, sie wieder aufzubauen, genauso wie es Jahrhunderte dauerte, bis die Technologie sich entwickelt hat. Technische Bücher wären dann kaum mehr zu finden. Ein Wiederaufbau der industrielle Gesellschaft ohne Hilfe von außen könnte nur stufenweise geschehen. Man braucht dazu Werkzeuge, um Werkzeuge herzustellen, um wiederum damit Werkzeuge zu machen... ein langer Prozeß wirtschaftlicher Entwicklung und Fortschritt in der gesellschaftlichen Organisation wäre erforderlich. Und selbst ohne eine Technologie-feindliche Ideologie ist kein Grund zu der Annahme, daß irgend jemand Interesse an einer Wiederherstellung der industriellen Gesellschaft hätte. Die Begeisterung für den "Fortschritt" ist eine besondere Erscheinung in der modernen Gesellschaftsform und scheint vor dem 17. Jahrhundert nicht existiert zu haben.

211.

Im späten Mittelalter gab es vier Hauptzivilisationen , die auf gleicher Ebene "fortgeschritten" waren: Europa, die Islamische Welt, Indien und der Ferne Osten (China, Japan, Korea). Drei dieser Zivilisationen blieben unveränderlich, nur Europa entwickelte sich dynamisch. Niemand kann erklären, warum Europa in dieser Zeit einen solchen dynamischen Prozeß durchmachte. Historiker haben darüber Theorien entwickelt, die aber nur Spekulation sind. Auf jeden Fall wird deutlich, daß eine schnelle Entwicklung zu einer technologischen Gesellschaft nur unter besonderen Bedingungen stattfinden kann. Deshalb gibt es keinen Grund anzunehmen, daß ein langandauernder technologischer Rückschritt undenkbar wäre.

212.

Könnte es eintreten, daß die Gesellschaft MÖGLICHERWEISE erneut eine industrielle-technologische Entwicklung durchmacht? Vielleicht, aber man sollte sich deswegen nicht beunruhigen, da wir nicht in der Lage sind, die Ereignisse der nächsten 500 oder 1000 Jahre vorauszusehen und zu kontrollieren. Diese Probleme müssen von den Menschen gelöst werden, die in dieser Zeit leben.

  

   Die Gefahr des LEFTISMUS  

213.

Obwohl Linke und Menschen dieses psychologischen Typus im allgemeinen das Bedürfnis der Auflehnung und Zugehörigkeit zu einer Bewegung haben, besteht bei ihnen kein Interesse an anderen Bewegungen, deren Ziele nicht links sind. Der Zustrom dieser Linken kann leicht dazu führen, daß eine nicht-linke in eine linke Bewegung verwandelt wird und damit linke Ziele die eigentlichen Ziele der Bewegung ersetzen.

214.

Um das zu verhindern, sollte eine Bewegung, die sich für die Natur und gegen Technologie einsetzt, eine nachdrücklich anti-linke Position einnehmen und jede Zusammenarbeit mit Linken vermeiden. 

Leftismus ist auf die Dauer unvereinbar mit den Zielen ursprünglicher Natur, menschlicher Freiheit und der Zerstörung moderner Technologie. Leftismus ist kollektivistisch und versucht die Welt zu einem einheitlichen Ganzen zu verbinden (Natur und Menschheit). Um dieses Ziel zu erreichen, muß man die Natur und das Leben der Menschen durch eine organisierte Gesellschaft verwalten und dafür ist eine fortgeschrittene Technologie erforderlich. Es ist unmöglich, ohne schnelle Verkehrssysteme und Kommunikation die Welt zu vereinheitlichen. Ohne die Anwendung hochentwickelter psychologischer Techniken können Feindseligkeiten unter den Menschen nicht abgebaut werden, eine Plan-Gesellschaft ist ohne technologische Grundlage undenkbar. - Vor allem aber liegt der Antrieb des Linken in seinem Bedürfnis nach Macht auf kollektiver Basis, indem er sich mit einer Massenbewegung oder einer Organisation identifiziert. Der Leftismus wird niemals auf Technologie verzichten wollen, weil Technologie eine wertvolle Quelle kollektiver Macht bedeutet.

215.

Auch der Anarchist [1] strebt nach Macht, aber er versucht sie durch eine individuelle Persönlichkeit oder in kleinen Gruppen zu erlangen. Er will, daß der einzelne und kleine Gemeinschaften in der Lage sind, für ihre eigenen Lebens­umstände verantwortlich zu sein. Seine anti-technologische Haltung resultiert aus der Erkenntnis, daß Technologie kleine Gemeinschaften von großen Organisationen abhängig machen.

216.

Auch einige Linke wenden sich scheinbar gegen Technologie, aber sie sind nur solange dagegen, wie sie selbst Außenseiter sind und solange das technologische System von Nicht-Linken kontrolliert wird. Sollte aber der Leftismus eine führende Rolle in der Gesellschaft übernehmen, so daß das technologische System nun ein Werkzeug in den Händen der Linken wäre, würden sie begeistert Gebrauch davon machen und seine Entwicklung fördern. Auf diese Weise würde sich das Muster wiederholen, daß der Leftismus in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat.

Solange die Bolschewisten in Rußland Außenseiter waren, bekämpften sie die Zensur und Geheimpolizei, setzten sich für Selbstbestimmung ethnischer Minderheiten ein usw., aber sobald sie selbst an die Macht kamen, führten sie eine schlimmere Zensur ein und schufen eine noch unbarmherzigere Geheimpolizei als sie unter dem Zaren existiert hat. Die ethnischen Minderheiten wurden von ihnen mindestens so stark wie zur Zarenzeit unterdrückt. 

Als vor zwanzig Jahren in den Vereinigten Staaten die Linken eine Minderheit an unseren Universitäten waren, waren linke Professoren eifrige Verfechter der akademischen Freiheit, aber heute, wo Linke an diesen Universitäten dominieren, sind sie es, die jedem anderen die akademische Freiheit nehmen (das bedeutet "political correctness"). Auf dieselbe Weise würde es geschehen, daß die Linken Technologie benutzen, um alles unter ihre Kontrolle zu bringen.

217.

In früheren Revolutionen haben die besonders machtgierigen Linken zuerst mit den anti-linken Revolutionären zusammen­gearbeitet, genauso wie mit den liberaleren Linken und später haben sie sie dann ausgetrickst, um alleine an der Macht zu sein. Robespierre tat das in der Französischen Revolution, die Bolschewisten haben sich so in der Russischen Revolution verhalten, die Kommunisten in Spanien 1938, Castro und seine Anhänger taten es in Kuba. 

Betrachtet man die Geschichte der Linken, wären nicht-linke Revolutionäre dumm, wenn sie heute mit den Linken zusammenarbeiten würden.

218.

Verschiedene Denker haben darauf hingewiesen, daß Leftismus eine Art von Religion ist. Leftismus ist keine Religion im engeren Sinn, weil die linke Lehre nicht die Existenz eines übernatürlichen Seins postuliert. Aber für den Linken hat der Leftismus psychologisch eine ähnliche Bedeutung wie Religion für andere Menschen. 

Der Linke muß an Leftismus GLAUBEN, das spielt in seinem psychologischen Weltbild eine lebenswichtige Rolle. Seine Glaubensvorstellungen können mit Logik oder angeführten Tatsachen nicht verändert werden. Er ist der tiefen Überzeugung, daß Leftismus moralisch Richtig ist - großgeschriebenes R -, und daß er nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht hat, an alles die Maßstäbe der Leftismus-Moral zu setzen.

Gleichwohl sehen sich viele, auf die wir uns als "Linke" beziehen, nicht als den Linken zugehörig an und würden ihre Glaubenssystem nicht als Leftismus beschreiben. Wir benutzen den Begriff Leftismus, weil wir keinen besseren Ausdruck gefunden haben, um das Spektrum der Ansichten zu bezeichnen, die Bewegungen von Feministen, Rechte für Homosexuelle, Political Correctness-Anhänger und weil diese Bewegungen eine starke Verwandtschaft zur alten Linken haben. (vgl. § 227-230)

219.

Leftismus ist eine totalitäre Kraft. Wo immer Leftismus die Macht erlangt hat, versuchte er jede private Sphäre zu durchdringen und jeden Gedanken in ein linkes Schema zu pressen. Das hat teilweise mit dem quasi-religiösen Charakter des Leftismus zu tun. Alles was dem Leftismus entgegen steht, wird als Sünde angesehen. Noch bedeutsamer ist, daß der Leftismus durch das Machtstreben der Linken zu einer totalitären Gewalt wurde. Der Linke sucht sein Bedürfnis nach Macht durch Identifikation einer gesellschaftlichen Bewegung zu befriedigen und er versucht seine Selbstverwirklichung dadurch zu erlangen, daß er mithilft, die Ziele der Bewegung zu erreichen (s. § 83). Aber ganz gleich, wie weit die Bewegung in der Lage ist, ihre Ziele zu erreichen, der Linke wird niemals zufrieden sein, weil seine Aktivitäten eine Ersatzhandlung sind (s. § 41). 

Das bedeutet, die wirklichen Motive des Linken liegen nicht im Erreichen der Ziele des Leftismus, in Wirklichkeit ist er durch das Machtgefühl motiviert, das er bekommt, wenn er für ein gesellschaftliches Ziel kämpft und dieses erreicht.[2] Infolgedessen ist der Linke niemals mit seinen Zielen zufrieden, die er erreicht hat. Er braucht zu seiner Selbstverwirklichung immer neue Ziele. 

Der Linke verlangt Chancengleichheit für Minderheiten. Hat er diese erreicht, besteht er auf statistischer Gleichberechtigung der Leistungen an Minderheiten. Und solange irgend jemand verdächtig ist, eine negative Haltung gegenüber Minderheiten einzunehmen, muß der Linke ihn umerziehen. 

Dabei geht es nicht nur um ethnische Minderheiten, niemand soll gegenüber Homosexuellen, Behinderten, fetten, alten, häßlichen Menschen eine negative Haltung einnehmen usw. 

So genügt es nicht, die Öffentlichkeit zu über die Schädlichkeit des Rauchens zu informieren, es muß außerdem noch eine Warnung auf jede Zigarettenpackung aufgedruckt werden. Dann muß man Zigarettenreklame einschränken, wenn nicht sogar verbieten. Die Aktivisten werden sich damit nicht zufriedengeben bis Tabak überhaupt verboten sein wird, und danach kommt der Alkohol, das Junk Food usw. Die Aktivisten haben gegen grobe Kindesmißhandlung gekämpft, was verständlich war. Aber jetzt wollen sie jeden Klaps verbieten. Wenn sie damit fertig sind, werden sie etwas anderes verbieten lassen wollen, das ihnen schädlich erscheint, und danach wieder etwas anderes. Sie werden sich niemals zufrieden geben, bis sie die gesamte Kontrolle über Kindererziehung haben. Und danach werden sie sich eine andere Sache vornehmen.

220.

Wenn man Linke auffordern würde, eine Liste ALLER Dinge anzufertigen, die ihrer Meinung nach in der Gesellschaft falsch sind, und ermöglichen würde, ALLES zu ändern was sie fordern, dann könnte man sicher sein, daß die Mehrheit der Linken zwei Jahre später wieder etwas finden, worüber sie sich beschweren können, ein neues soziales "Übel", das behoben werden muß. Es geht dem Linken weniger um Mißstände in der Gesellschaft als um das Bedürfnis, sein Machtstreben zu befriedigen, indem er der Gesellschaft seine Lösungen aufzwingen will.

221.

Viele überangepaßte Linke können deshalb nicht wie andere Menschen Macht erreichen, weil sie in ihrem Denken und Verhalten durch den hohen Grad gesellschaftlicher Anpassung daran gehindert werden. Machtstreben kann deshalb für sie nur mit einem moralischen Ausweg verbunden sein und diesen finden sie darin, ihre moralischen Vorstellungen jedem aufzwingen zu wollen.

222.

Insbesondere die überangepaßte Linken sind <Glaubensanhänger> im Sinne des Buches von Eric Hoffer "The True Believer". Aber nicht alle <Glaubensanhänger> haben das gleiche Psychogramm wie die Linken. Vermutlich unterscheidet sich ein Nazi <Glaubensanhänger> psychologisch stark von einem Linken-<Glaubensanhänger>. Wegen ihrer Fähigkeit für die aufrichtige Hingabe an eine Sache sind <Glaubensanhänger> für jede revolutionäre Bewegung ein nützlicher, vielleicht ein notwendiger Bestandteil. 

Dies wirft ein Problem auf, das wir zugegebener Maßen nicht handhaben können. 

Wir sind nicht sicher, wie man die Energie der <Glaubensanhänger> in einer Revolution gegen die Technologie nutzen kann. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nur sagen, daß kein <Glaubensanhänger> ein sicherer Rekrut für die Revolution ist, solange nicht sein einziges Ziel die Zerstörung der Technologie ist. Hat er dagegen andere Ideale, dann kann es sein, daß er die Technologie als ein Werkzeug gebrauchen wird, um diese anderen Ideale zu erreichen (s. § 220, 221).

223.

Einige Leser werden sagen: "Dieses Zeug über Leftismus ist ein ziemlicher Blödsinn. Ich kenne Hinz und Kunz, die links sind und weit entfernt von solchen totalitären Tendenzen." Natürlich sind viele Linke, wahrscheinlich sogar die Mehrheit von ihnen, anständige Menschen, die einfach an Toleranz gegenüber anderen glauben und keine willkürlichen Methoden zur Durchsetzung ihrer gesellschaftlichen Ziele anwenden würden. Unsere Anmerkungen über Leftismus meinen nicht für jeden Linken, sondern beschreiben den allgemeinen Charakter des Leftismus als einer Bewegung. Und der allgemeine Charakter einer Bewegung ist nicht notwendigerweise bestimmt von dem zahlenmäßigen Verhältnis derjenigen Menschen, die dieser Bewegung angehören.

224.

Die Menschen, die eine Machtposition in den linken Bewegungen einnehmen, sind meist Linke, die am meisten nach Macht und führenden Positionen streben. Wenn dieser machtbessene Typus einmal die Kontrolle über die Bewegung erlangt hat, werden zwar Linke des weicheren Schlages innerlich viele Handlungen der Führer ablehnen, aber sie werden nicht in der Lage sein, ihre Haltung durchzusetzen. Sie BRAUCHEN ihren Glauben an die Bewegung, und weil sie diesen Glauben nicht aufgeben können, werden sie den Führern folgen. Es ist richtig, daß EINIGE Linke den Mut haben, sich einsickernden totalitären Strömungen zu widersetzen, aber meistens verlieren sie, denn die Machtbesessenen sind besser organisiert, skrupelloser und machiavellistisch, sie haben vorsorglich eine starke Machtgrundlage aufgebaut.

225. 

Diese Erscheinung hat man deutlich in Rußland und anderen Staaten gesehen, in denen die Linken die Macht hatten. Vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben die Linken im Westen diesen Staat selten kritisiert. Wenn man sie daraufhin ansprach, gaben sie zu, daß die UdSSR viele falsche Dinge getan hat, versuchten dann aber Entschuldigungen für die Kommunisten zu finden und über die Fehler des Westens zu sprechen. Immer waren sie gegen den westlichen Widerstand im Falle einer kommunistischen Aggression. So protestierten die Linken in der ganzen Welt heftig gegen die U.S. Militäraktionen in Vietnam, als aber die Sowjetunion in Afghanistan einmarschierte, taten sie nichts dergleichen. Es war nicht so, daß sie das Vorgehen der Sowjets billigten, aber wegen ihres linken Glaubens, konnten sie es nicht ertragen, sich kritisch gegen den Kommunismus zu wenden. Heute, wo an unseren Universitäten "political correctness" herrscht, gibt es wahrscheinlich viele Linke, die persönlich gegen die Unterdrückung der akademischen Freiheit sind, sich aber dem Trend unterordnen.

226.

So kann die Tatsache, daß viele Linke persönlich tolerant und nachgiebig sind, nicht die Einsicht verhindern, daß der Leftismus als ganzes gesehen eine totalitäre Richtung ist.

227.

Unsere Diskussion über den Leftismus hat eine ernsthafte Schwäche. Es bleibt noch immer unklar, was wir mit dem Wort "Leftist" meinen. Daran können wir nichts ändern. In der heutigen Zeit ist Leftismus in ein ganzes Spektrum von aktiven Bewegungen aufgesplittert. Obwohl man nicht davon ausgehen kann, daß alle aktivistischen Bewegungen links sind, und einige dieser Bewegungen (z.B. die radikale Umweltbewegung) scheinen beide Typen von Persönlichkeiten zu umfassen, den Linken und den Nicht-Linken Typus, der nicht mit den Linken zusammenarbeiten will. 

Soweit eine Definition möglich war, ist unser Konzept des Leftismus hier dargestellt und wir können dem Leser nur raten, nach seinem eigenen Urteilsvermögen zu entscheiden, wer ein Linker ist.

228.

Es kann hilfreich sein, den Leftismus anhand einiger Kriterien einzuordnen. Diese Merkmale können aber nicht durchweg angewendet werden. Auf einige Personen werden einige dieser Merkmale zutreffen, ohne daß sie Linke sind. Dafür werden sie einigen Linken fehlen. Man sollte also nach eigenem Ermessen urteilen.

229.

Der Linke ist auf große Kollektive ausgerichtet. Er betont die Pflicht des einzelnen, der Gesellschaft zu dienen und die Pflicht der Gesellschaft, den einzelnen zu schützen. Im Individualismus sieht er etwas Negatives. Er moralisiert gerne. Er ist für Kontrolle der Waffen, sexuelle Erziehung und andere "aufklärerische" Erziehungsmethoden, für soziale Planung, für multikulturelle Entwicklung. Er identifiziert sich mit Opfern. Er ist gegen Wettbewerbe und gegen Gewalt, aber er sucht Entschuldigungen für die Linken, die Gewalt anwenden. Er benutzt gerne allgemeine Schlagwörter der Linken wie "Rassismus, "Imperialismus", "Neokolonialismus", "Genozid", "gesellschaftliche Veränderungen", "soziale Gerechtigkeit", "Gesellschaftliche Verantwortung". Am besten kann man den Leftismus an seiner Neigung erkennen, mit den folgenden Bewegungen zu sympathisieren: Feminismus, Schwulenbewegung, Political Correctness. Jeder, der stark mit ALLEN diesen Bewegungen sympathisiert, ist mit Sicherheit ein Linker. [3]

230.

Die gefährlicheren Linken sind die Machtgierigen, die man meistens an ihrer Arroganz oder an der dogmatischen Annäherung an die Ideologie erkennen kann. Dennoch ist der gefährlichste Linke der überangepaßte Typ, der verunsichernde Aggressivität vermeidet und sich in der Anpreisung des Leftismus zurückhält, dafür aber im Stillen und unaufdringlich die kollektiven Werte fördert, "aufklärerische" psychologische Methoden für die Sozialisierung von Kindern, Abhängigkeit des einzelnen von der Gesellschaft usw. Diese Krypto-Linken (wie wir sie nennen wollen) sind den Bourgeois Charakteren ähnlich sofern es um praktische Unternehmungen geht, unterscheiden sich aber von ihnen in der Psychologie, Ideologie und Motivation. 

Der normale Bourgeois versucht andere unter die Kontrolle des Systems zu bringen, um seine Lebensumstände abzusichern. Der Krypto-Linke versucht Menschen vom System kontrollieren zu lassen, weil er ein Glaubensanhänger der kollektivistischen Ideologie ist. Der Krypto-Linke unterscheidet sich von dem Durchschnittslinken des überangepaßten Typus dadurch, daß seine aufrührerischen Impulse schwächer sind und er sicherer sozialisiert ist. Er unterscheidet sich von dem gewöhnlich gut sozialisiert Bourgeois dadurch, daß er innerlich eine Leere fühlt, die es notwendig macht sich einer Sache hinzugeben und im Kollektivismus aufzugehen. Und vielleicht ist sein (stark sublimiertes) Machtbedürfnis sogar stärker als das des Durchschnitts-Bourgeois.

 

Anmerkungen zu Gefahr des Leftismus

1 (215) Diese Äußerung bezieht sich auf unsere besondere Kennzeichnung (Auslegung) des Anarchismus. Eine Reihe von verschiedenen gesellschaftlichen Haltungen wurden als "anarchistisch" bezeichnet, möglicherweise werden auch viele, die sich selbst zu den Anarchisten zählen, unsere Äußerung in § 215 nicht akzeptieren. Auch der Hinweis ist hier angebracht, daß es eine nicht-gewaltätige anarchistische Bewegung gibt, deren Mitglieder wahrscheinlich FC nicht als Anarchisten anerkennen würden und sicherlich auch die gewalttätigen Methoden von FC nicht für angemessen halten. 

2 (219) Viele Linke sind auch durch Feindseligkeit motiviert, aber Feindseligkeit entsteht teilweise aus dem enttäuschten Bedürfnis nach Macht. 

3 (229) Es ist wichtig zu verstehen, daß wir jemanden meinen, der mit diesen BEWEGUNGEN wie sie heute in unserer Gesellschaft bestehen, sympathisiert. Jemand, der glaubt, daß Frauen, Homosexuelle usw. gleiche Rechte zustehen, ist nicht notwendigerweise ein Linker. Die Feministen- und Schwulenbewegungen etc., die heute in unserer Gesellschaft existieren, haben die besondere ideologische Färbung, die den Leftismus charakterisiert. Man muß dshalb nicht mit der heutigen Feministen­bewegung sympathisieren, wenn man sich für Gleichberechtigung von Frauen einsetzt.

 

    

  Schlussbemerkung 

 

231.

Im Verlaufe dieser Abhandlung haben wir ungenaue Aussagen gemacht und Aussagen, die nicht alle Vorbehalte und Einschränkungen beinhalten, und manche unserer Darstellung trifft vielleicht nicht zu. Der Grund dafür liegt in fehlenden Informationen. Wegen der für notwendig erachteten Kürze der Darstellung konnten wir unsere Behauptungen nicht genauer ausführen oder alle nötigen Eigenschaften ergänzen. 

In einer solchen Erörterung muss man sich stark auf eine intuitives Beurteilung verlassen, die sich mitunter als falsch erweisen kann. Deshalb behaupten wir nicht, daß es sich in der vorliegenden Abhandlung um mehr als eine Annäherung an die Wahrheit handelt.

232.

Gleichwohl sind wir überzeugt, daß die allgemeinen Umrisse des Bildes, das wir hier gezeichnet haben, zutreffen. Wir haben den Leftismus in seiner modernen Form als eine besondere Erscheinungsform und ein Symptom der Zerstörung der Selbst­verwirklichung (Power Process) dargestellt. Es könnte aber sein, daß wir uns irren. 

Überangepaßte Charaktere, die zur Befriedigung ihres Machtstrebens anderen ihre eigenen moralischen Anschauungen aufzwingen wollen, gab es auch schon in früheren Zeiten. Aber wir DENKEN, daß der moderne Leftismus entscheidend durch Minderwertigkeitsgefühle, niedrige Selbstachtung, Machtlosigkeit, Identifikation mit Opfern charakterisiert werden kann. 

Auch in der linken Bewegung des 19. Jahrhunderts und selbst im frühen Christentum gab es eine Identifikation mit Opfern durch Menschen, die selbst keine Opfer waren. Aber soweit wir beurteilen können, waren die Symptome des geringen Selbstvertrauens usw. lange nicht so offensichtlich in diesen Bewegungen wie sie sich im modernen Leftismus äußern. 

Wir sind aber nicht in der Lage mit Sicherheit zu behaupten, daß es keine solchen Bewegungen vor dem modernen Leftismus gegeben hat. Das ist eine wichtige Frage, der sich die Historiker widmen sollten.

 

Ende

Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft  

Zur Kritik des modernen Leftismus

Theodore J. Kaczynski  1995  

Das "Unabomber-Manifest"

Nach der Übersetzung von Frau Yonan

Leicht gekürzt von detopia-2019

 

 

 

 

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