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  Die Menschheit am Scheideweg 

Menschliches Leiden  (167)    Die Zukunft  (171-179)

 

161.  Es ist ein Unterschied, ob man mit Laborversuchen psychologische und biologische Techniken zur Manipulation menschlichen Verhaltens durchführt oder diese Techniken in ein Gesellschaftssystem zu integrieren versucht. Das letztere ist weitaus schwieriger. Ein Beispiel: Obwohl die psychologische Erziehung in den sogenannten "Lab Schools", wo sie entwickelt wird, sehr gut funktioniert, ist es doch schwierig, diese Methode in das allgemeine Erziehungssystem einzuführen. 
Wir wissen alle, was an unseren Schulen heute los ist. Die Lehrer sind damit beschäftigt, den Kindern die Messer und Waffen wegzunehmen und ihnen beizubringen, mit Computertechnik umzugehen. Somit ist das System bisher trotz aller Fortschritte nicht sehr erfolgreich in der Kontrolle menschlichen Verhaltens. 
Die Menschen, deren Verhalten bereits weitgehend vom System kontrolliert wird, sind die sogenannten "Bourgeois". Es wächst die Zahl der Menschen, die gegen das System rebellieren: Wohlfahrtsempfänger, Jugend­banden, Sektenanhänger, Satanisten, Nazis, radikale Umweltschützer u.a.

162.    Das System führt seit einiger Zeit einen verzweifelten Kampf gegen Probleme, die sein Überleben bedrohen, dazu gehört vor allem menschliches Verhalten. Wenn es dem System gelingt, seine Kontrolle über das menschliche Verhalten schnell genug auszudehnen, dann wird es wahrscheinlich überleben, andernfalls wird es zusammenbrechen. Wir glauben, daß eine Entscheidung in den nächsten Jahrzehnten, in 40 bis 100 Jahren fallen wird.

163.  Wenn das System die Krise in den nächsten Jahrzehnten übersteht, wird es gelungen sein, in diesem Zeitraum die Anpassung der Menschen an das System zu kontrollieren und die Menschen gefügig zu machen, so daß ihr Verhalten nicht länger eine Bedrohung für das System bedeutet. Ist das einmal erreicht, gäbe es keinen weiteren Hinderungsgrund, die Entwicklung der Technologie aufzuhalten. Dies würde als logische Konsequenz die gesamte Kontrolle über alles auf der Erde, einschließlich der Menschen und aller wichtigen Lebensformen bedeuten. Das System würde dann eine einheitliche, monolithische Organisation darstellen, oder aus nebeneinander existierenden Organisationen bestehen, die kooperieren und im Wettbewerb stehen, wie heute die Regierung mit Aktiengesellschaften und großen Organisationen miteinander konkurrieren. 
Menschliche Freiheit wird es dann nicht mehr geben, weil einzelne Personen und kleine Gruppen gegenüber den mit Supertechnologien und einem Arsenal von fortschrittlichen psychologischen und biologischen Methoden zur Manipulation von Menschen, neben Instrumenten zur Beobachtung und physischem Zwang ausgerüsteten großen Organisationen völlig machtlos sind. Nur eine kleine Gruppe von Menschen hat dann wirkliche Macht, und selbst diese haben nur begrenzte Freiheit, denn auch ihr Verhalten wird reguliert und genormt werden, wie heute unsere Politiker und einflußreiche Aufsichtsräte ihre Machtpositionen nur so lange haben, wie sie ihr Verhalten den engen gesellschaftlichen Normen anpassen können.

164.

Man sollte nicht glauben, daß das System aufhören wird, weitere Techniken für Verhaltenskontrolle über Menschen und Natur zu entwickeln, wenn die Krise der nächsten Jahrzehnte überwunden ist. Im Gegenteil, wenn diese schwierigen Zeiten vorüber sind, wird das System seine Kontrolle über Menschen und Natur schnell verstärken, um nicht erneut aufgehalten zu werden. Der Wille zum Überleben ist aber nicht das Hauptmotiv für die ausgedehnte Kontrolle. Wie wir in § 87-90 erklärt haben, stellt die Arbeit der Wissenschaftler und Techniker für sie selbst eine Ersatzhandlung dar, sie befriedigen ihr eigenes Machtbedürfnis indem sie technologische Probleme lösen. Sie werden damit bei ungemindertem Enthusiasmus fortfahren, die interessantesten und herausforderndsten Problemen stellen für sie die Erforschung des menschlichen Körpers und Bewußtseins dar sowie Möglichkeiten, deren Entwicklung zu beeinflussen. Natürlich "im Namen der Humanität".

165.

Angenommen jedoch, daß in den kommenden Jahrzehnten der Druck auf das System zu stark wird und es zusammenbrechen läßt, gäbe es zunächst eine Periode des Chaos, eine "Zeit der Unruhe", wie man sie aus anderen Geschichtsperioden der Vergangenheit kennt. Es ist zwar unmöglich, die Folgen dieser Unruhen vorauszusagen, aber in jedem Fall würde die Menschheit dadurch eine neue Chance bekommen. Die größte Gefahr ist dann, daß sich die industrielle Gesellschaft in den ersten Jahren danach wieder konsolidiert. Mit Sicherheit wird es viele Menschen geben (besonders die machtgierigen Charaktere), die erneut versuchen würden, Fabriken instand zu setzen.

166.

Daher stellen sich zwei Aufgaben für die Gegner der Sklaverei, die das System der Menschheit aufzwingt. Zuerst müssen wir daran arbeiten, den gesellschaftlichen Druck innerhalb des Systems noch zu verstärken, um die Wahrscheinlichkeit seines Zusammenbruchs zu erhöhen oder es genügend zu schwächen, um dadurch eine Revolution möglich zu machen. 

Zweitens muß man eine Ideologie entwickeln und verbreiten, die sich gegen die Technologie und die industrielle Gesellschaft richtet, wenn diese allmählich schwächer wird. Eine solche Ideologie wird dabei behilflich sein, im Falle eines Zusammenbruchs der Industriellen Gesellschaft, ihre Überreste zu zerstören, so daß eine Wiedererrichtung des Systems unmöglich ist. Die Fabriken müssen zerstört und die technischen Lehrbücher verbrannt werden.

   

  Menschliches Leiden 

 

167.  

Das industrielle System wird nicht einfach durch revolutionäre Aktionen zusammenbrechen. Es wird erst verwundbar durch revolutionäre Angriffe, wenn sich seine eigenen inneren Probleme sich soweit entwickelt haben, daß sie zu ernsthaften Schwierigkeiten führen. Der Zusammenbruch des Systems wird eher spontan erfolgen oder in einem Prozeß, der teilweise spontan ist, der aber durch Revolutionäre beschleunigt werden kann. 

Erfolgt der Zusammenbruch plötzlich, werden viele Menschen sterben, denn die Weltbevölkerung hat dermaßen zugenommen, daß sie nicht in der Lage ist, sich ohne Technologie ernähren können. 

Auch wenn der Zusammenbruch allmählich erfolgt, so daß die Verringerung der Bevölkerung sich eher durch Geburtenrückgang vollziehen kann als durch erhöhte Todesraten, wird der Prozeß einer De-Industrialisierung sehr chaotisch sein und unter großen Leiden verlaufen. 

Es wäre naiv, sich vorzustellen, daß man Technologie in Übergängen abbauen und damit Chaos verhindern könnte, besonders deshalb, weil die Technologieanhänger um jeden Fingerbreit kämpfen werden.

Ist es deshalb grausam, für den Zusammenbruch des Systems zu kämpfen? 

Das wird sich zeigen. Erstens werden Revolutionäre nicht in der Lage sein, das System zu zerstören, bis es aus sich selbst heraus anfängt zu zerfallen, und möglicherweise geht es dann von selbst zugrunde. Je umfassender das System geworden ist, desto schrecklicher werden die Folgen seines Zusammenbruchs sein. Insofern könnte es geschehen, daß die Beschleunigung des Zusammenbruchs durch Revolutionäre eher das Ausmaß der Katastrophe verringert.

168.

Zweitens, hat man Kampf und Tod gegen den Verlust von Freiheit und Würde abzuwägen. Für viele von uns bedeuten Freiheit und Würde mehr als ein langes Leben oder die Vermeidung von physischen Schmerzen. Außerdem müssen wir alle einmal sterben, und es ist vielleicht besser im Kampf um allgemeines Überleben oder für eine Sache zu sterben, als ein langes, aber sinnloses und leeres Leben zu führen.

169.

Drittens, ist es keineswegs sicher, daß das Überleben des Systems weniger schlimme Folgen hätte als sein Zusammenbruch. Das System ist weltweit die Ursache vieler Leiden in Vergangenheit und Gegenwart. Alte Kulturen, in denen Menschen Jahrhunderte lang im Einklang mit ihrer Umwelt lebten, wurden durch den Kontakt mit der industriellen Gesellschaft zerstört. Das Ergebnis war eine lange Liste von wirtschaftlichen gesellschaftlichen, psychologischen und Umweltproblemen. Eine Folge des Eindringens der industriellen Gesellschaft war, daß überall in der Welt die natürliche Kontrolle des Wachstums der Bevölkerung aus dem Gleichgewicht geraten ist und zu einer Bevölkerungsexplosion mit allen daraus entstehenden Folgen geführt hat. 

Weitverbreitet sind auch psychologische Krankheiten durch die vermeintlich glücklichere westliche Welt (vgl. § 44,45). Niemand kann die Folgen des Ozonlochs, des Treibhauseffekts oder anderer Umweltprobleme voraussehen. Wie die Verbreitung von nuklearem Material gezeigt hat, läßt sich nicht verhindern, daß Technologie in die Hand von Diktatoren und verantwortungslosen Drittweltländern gerät. Läßt sich mutmaßen, wie der Irak oder Nordkorea Genmanipulation anwenden würde?

170.

"Oh"! sagen die Verfechter der Technologie, "die Wissenschaft bringt das alles in Ordnung! Wir werden Hunger überwinden und psychologische Krankheiten bekämpfen, jeder wird gesund und glücklich sein!" Sicher, das haben sie schon vor 200 Jahren gesagt. Die Industrielle Revolution sollte Armut beseitigen und jedermann glücklich machen. Aber das heutige Ergebnis ist ganz anders. Die Verfechter der Technologie sind hoffnungslos naiv und betrügen sich selbst in ihrem Verständnis gesellschaftlicher Probleme. Sie merken nicht, oder wollen nicht wissen, daß große Veränderungen der Gesellschaft, die anfangs nützlich zu sein scheinen, auf lange Sicht zu anderen Veränderungen führen, die nicht vorhersehbar sind (§ 103). 

Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Anhänger der Technologie bei dem Versuch, Armut und Krankheit zu beenden, Gesellschaftssysteme schaffen werden, die viel schlimmer sind als die heutigen. Zum Beispiel brüsten sich Wissenschaftler damit, daß sie Hunger beenden und neue genetisch manipulierte Nutzpflanzen schaffen werden. Aber damit könnte die menschliche Bevölkerung unendlich weiter anwachsen, und es ist bekannt, daß Menschenmengen zu Stress und Aggression führen. Das ist nur ein Beispiel von den VORAUSSAGBAREN Problemen, die sich ergeben werden. Wir möchten betonen, daß vergangene Erfahrungen gezeigt haben, daß technischer Fortschritt zu anderen neuen Problemen führt, die für die Zukunft NICHT voraussagbar sind (§103). 

Seit der Industriellen Revolution hat die Technologie viel schneller neue Probleme für die Gesellschaft geschaffen als alte gelöst. So wird es eine lange und schwierige Periode von Prüfungen und Irrtümern für die Verfechter der Technologie geben, in der sie die Irrtümer ihrer <Schönen Neuen Welt> wieder in Ordnung bringen müssen (falls sie das jemals tun werden). Das wird große Leiden verursachen. Deshalb ist es nicht sicher, ob das Überleben der industriellen Gesellschaft weniger Leiden bringt als ihr Zusammenbruch. Die Technologie hat die Menschheit an sich gefesselt und es sieht nicht so aus, als würde ein Entkommen daraus einfach sein.

 

  

 

Die Zukunft

 

171.

Vorausgesetzt, daß die industrielle Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten überlebt und das System von den Fehlern weitgehend befreit werden könnte, stellt sich die Frage, was für eine Art von System es dann wäre? Wir wollen verschiedene Möglichkeiten betrachten.

172.

Zuerst wollen wir von der Voraussetzung ausgehen, daß es den Computerwissenschaftlern gelingt, intelligente Maschinen zu entwickeln, die alle Dinge besser als der Mensch tun können. In diesem Fall könnten hochorganisierten Maschinensysteme alle Arbeiten verrichten und dadurch Menschenkraft überflüssig machen. Es könnten dann zwei Dinge geschehen: Maschinen entscheiden ohne vom Menschen beaufsichtigt zu werden, oder der Mensch behält die Kontrolle über die Maschinen.

173.

Wenn Maschinen ihre eigenen Entscheidungen treffen können, dann ist das Ergebnis nicht voraussehbar, weil es unvorstellbar ist, wie Maschinen sich verhalten werden. Wir können lediglich feststellen, daß das Schicksal der Menschheit dann von den Maschinen abhängen würde. Man könnte entgegnen, daß die Menschheit niemals so wahnsinnig wäre, ihre Macht an Maschinen abzugeben. Wir behaupten weder, daß die Menschheit das freiwillig tun würde, noch daß die Maschinen sich willentlich die Macht aneignen würden. Was wir behaupten ist, daß die Menschheit einfach in die Situation solcher Abhängigkeit von Maschinen geraten kann, so daß sie keine andere Wahl hat, als alle Entscheidungen der Maschinen zu akzeptieren. 

Da die Gesellschaft und ihre Probleme immer komplexer und Maschinen immer intelligenter werden, werden die Menschen den Maschinen immer mehr Entscheidungen überlassen, einfach deshalb, weil sie zu besseren Ergebnissen führen als menschliche Entscheidungen. Möglicherweise wird man eine Stufe erreichen, auf der System-erhaltende notwendige Entscheidungen so komplex werden, daß Menschen dann wegen ihrer begrenzten Intelligenz gar nicht mehr in der Lage sein würden, diese Entscheidungen zu treffen. Wenn diese Stufe erreicht ist, werden die Maschinen die Kontrolle erlangt haben. Der Mensch wird dann nicht fähig sein, die Maschinen einfach abzuschalten, weil er so abhängig geworden ist, daß ein Abschalten kollektiver Selbstmord bedeuten würde.

174.

Es ist aber auch möglich, daß der Mensch die Kontrolle über die Maschinen behält. In diesem Fall wird der Durchschnittsbürger Kontrolle über bestimmte Maschinen in seinem Privatbesitz haben, wie über sein Auto oder seinen Computer, aber die Kontrolle über große Maschinensysteme wird in der Hand einer kleinen Elite sein, wie heute auch, jedoch mit zwei Unterschieden: wegen der fortgeschrittenen Technik wird die Elite eine umfassendere Kontrolle über die Massen ausüben, und da keine menschliche Arbeit mehr notwendig ist, sind die Massen überflüssig, eine unnütze Bürde für das System. Wenn die Elite unbarmherzig ist, wird sie einfach die Entscheidung zur Ausrottung der Menschenmasse treffen. Ist sie human, dann wird sie mit Hilfe von Propaganda und anderen psychologischen oder biologischen Techniken die Geburtenrate soweit senken, bis die Menschheit ausstirbt und die Welt der Elite überlassen bleibt.

Sollte die Elite aus weichherzigen Liberalen bestehen, dann könnte sie sich für die Rolle des guten Hirten entscheiden, der über die Menschheit wacht. Dann wird sie versuchen, die natürlichen Bedürfnisse aller zu befriedigen und die Aufzucht der Kinder unter psychologisch-hygienischen Bedingungen überwachen. Jeder wird irgendein Hobby haben, das ihn beschäftigt und wer unzufrieden ist, muß sich einer "Behandlung" unterziehen, um sein "Problem" zu lösen. 

Natürlich wird das Leben so sinnlos sein, daß die Menschen biologisch oder psychologisch manipuliert werden müssen, um das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung zu ersetzen und durch ein harmloses Hobby zu sublimieren. Diese manipulierten Menschen mögen sich vielleicht in einer solchen Gesellschaft glücklich fühlen, ihre Freiheit haben sie aber gänzlich verloren. Ihr Zustand hat sich auf die Ebene von Haustieren reduziert.

175.

Angenommen aber, daß die Computerwissenschaft nicht in der Lage ist, künstliche Intelligenz zu entwickeln, so bleibt menschliche Arbeit weiterhin notwendig. Selbst dann werden Maschinen verstärkt einfache Arbeiten übernehmen und damit einen Überschuß an menschlichen Arbeitskräften schaffen. (Diese Tendenz ist bereits heute sichtbar. Es gibt inzwischen viele Menschen, die keine Arbeit finden, weil sie aus intellektuellen oder psychologischen Gründen nicht den nötigen Ausbildungsstand haben, der sie brauchbar für das gegenwärtige System macht.) An Arbeitnehmer werden immer höhere Anforderungen gestellt. Sie benötigen weitere Ausbildung, größere Fähigkeiten, sie müssen zuverlässiger und anpassungsfähiger werden, weil sie nur noch Zellen in einem riesigen Organismus sind. Ihr Aufgabenbereich spezialisiert sich immer stärker, durch die Konzentration auf ihren winzigen Bereich verlieren sie den Bezug zur Realität. Das System muß dann alle psychologischen und biologischen Mittel anwenden, um die Menschen anpassungsfähig zu machen und ihre Bedürfnisse nach Selbstbestimmung zu "sublimieren".

Die zukünftige Gesellschaft könnte den Wettbewerb einsetzen, indem sie Wettbewerbsverhalten in solche Bahnen lenkt, die dem System nützen. Wir können uns eine zukünftige Gesellschaft vorstellen, in der es endlose Konkurrenzkämpfe um Positionen, Prestige und Macht gibt. Aber nur wenige werden an der Spitze der eigentlichen Macht stehen (§ 163). Sehr abstoßend ist eine Gesellschaft, in der jemand seine Machtbedürfnisse dadurch befriedigen kann, daß er viele andere aus dem Weg räumen und DEREN Machtstreben besiegen muß.

176.

Man kann sich Szenarien ausmalen, die Aspekte mehrerer anderer Möglichkeiten enthalten als jene, die wir hier diskutiert haben. So könnte es möglich sein, daß Maschinen vor allem die wichtigsten Arbeiten übernehmen, während die Menschen unwichtige Tätigkeiten verrichten und dadurch beschäftigt werden. Es wurde bereits vorgeschlagen, daß durch weitere Entwicklung des Dienstleistungssektors mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies würde bedeuten, daß Menschen ihre Zeit damit verbringen, einander Schuhe zu putzen, als Taxifahrer einander herumzufahren, handwerkliche Arbeiten für einander auszuführen, einander in Restaurants zu bedienen etc. 

Dies scheint uns ein menschen-unwürdiger Weg zu sein und wir zweifeln daran, daß viele Menschen ein erfülltes Leben in dieser sinnlosen Beschäftigungs­therapie finden. Sie würden dann andere gefährliche Auswege suchen (Drogen, Verbrechen, Sekten, Haßgruppen) bis man sie biologisch oder psychologisch manipuliert, um sie auf diese Weise dem gesellschaftlichen Leben anzupassen.

177.

Es versteht sich von selbst, daß mit den hier aufgezeigten Szenarien nicht alle Möglichkeiten erschöpft sind. Sie sollten nur die uns am wahrscheinlichsten scheinenden Folgen aufzeigen. Wir konnten aber keine einleuchtenderen Beispiele finden als die weiter oben beschriebenen. Es ist höchstwahrscheinlich, daß das industrielle-technologische System in den nächsten 40 bis 100 Jahren überleben wird, dann hätte es bestimmte allgemeine Merkmale hervorgebracht: Einzelpersonen werden mehr als jemals von großen Organisationen abhängig sein (zumindest der Bourgeois, der hauptsächlich für das Funktionieren des Systems verantwortlich ist und deshalb die Macht ausübt). 

Sie werden mehr als je zuvor "angepaßt" sein, ihre physischen und mentalen Eigenschaften werden aber vor allem Resultat künstlicher Manipulationen sein und nicht mehr Ergebnis des Zufalls (des göttlichen Willens oder was immer sonst). Die Überreste der ursprünglichen Natur wird man zum Zwecke wissenschaftlicher Studien unter Aufsicht und Verwaltung von Wissenschaftlern stellen (damit verliert auch dieser Rest seine Ursprünglichkeit). 

Auf Dauer (einige Jahrhunderte von jetzt an) ist es wahrscheinlich, daß weder die Menschheit noch andere wichtige Lebensformen in der heutigen Form fortbestehen werden. Die einmal vorgenommene Veränderung durch genetische Manipulation wird nicht an einem speziellen Punkt gestoppt und deshalb fortgeführt werden, bis der Mensch und andere Lebensformen völlig umgestaltet sind.

178.

Was immer eintreten mag, eines ist sicher: die Technologie schafft für die Menschen eine neue natürliche und soziale Umwelt, die sich radikal von dem Spektrum der Umwelt unterscheidet, aus der die Menschheit physisch und psychisch hervorgegangen ist.  Wenn der Mensch sich nicht durch künstliche Manipulation an diese neuen Umwelt anpaßt, dann wird er durch einen langen, schmerzhaften Prozeß der natürlichen Auslese dazu gezwungen werden. Das erstere ist wesentlich wahrscheinlicher als das letztere.

179.

Es wäre besser, das ganze verrottete System zu beseitigen und die Folgen auf sich zu nehmen.

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Theodore J. Kaczynski (1995) Die industrielle  Gesellschaft und ihre Zukunft