Die große Klimaverschwörung

Eine kleine, aber einflussreiche Lobby belügt uns seit Jahren über die Ursachen und Ausmaße des Klimawandels.

Ein Plädoyer für eine Anklage

11. Dezember 2009 – Tomasz Konicz

 

Klimabuch 

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Sie bleiben im Schatten und lassen ihre gut bezahlten Puppen auf allen Kanälen und in allen Parlamenten tanzen. Eine Gruppe höchst mächtiger Institutionen und Individuen hat über ein ganzes Jahrzehnt hindurch die öffentliche Diskussion über den Klimawandel äußerst erfolgreich verzerrt und torpediert, wodurch wertvolle Zeit zum Handeln verloren ging. Insbesondere im angelsächsischen Raum gelang es den Klimaverschwörern, mittels angeheuerter Pseudoexperten und Denkfabriken, durch knallharte Lobbyarbeit in Washington und beste Kontakte zu manchen Medienkonzernen die Öffentlichkeit lange Jahre hinters Licht zu führen. Die Bandbreite der Aktionen dieser sehr exklusiven, sehr reichen Gruppe reicht von politischer Einflussnahme, über ausgeklügelte Desinformationskampagnen, bis hin zu ordinärer Bestechung.

Wenn von den Klimaverschwörern die Rede sein soll, so muss an erster Stelle natürlich der Ölkonzern Exxon-Mobil genannt werden. Der in Texas beheimatete Ölmulti ist mit einer Marktkapitalisierung von nahezu 400 Milliarden US-Dollar der weltweit größte Energiekonzern. In den Jahren 2006 und 2007 erzielte Exxon mit 39,5 und 40,6 Milliarden US-Dollar jeweils den größten Unternehmensgewinn der Wirtschaftsgeschichte der USA.

Somit scheinen die Ausgaben zur Förderung von Klimaskeptikern gut angelegt gewesen zu sein, die der Konzern in den neunziger Jahren und zu Anfang des 21. Jahrhunderts tätigte. Verglichen mit den astronomischen Profiten der vergangenen Jahre handelt es sich bei den geschätzten 19 Millionen US-Dollar, die Exxon-Mobil auf die Konten etlicher konservativer Denkfabriken zwischen 1998 und 2005 überweisen ließ, um regelrechte „Peanuts“. Scheinbar seriöse, konservativ ausgerichtete Institute wie das Competitive Enterprise Institute, die Frontiers of Freedom Foundation oder das Center for Defense of Free Enterprise, die von der Generosität des Ölkonzerns profitierten.

Obama, EPA & UNO Lie [lügen] About Global Warming.

Global Warming Scientists Are Manipulating And Suppressing Data To Fabricate Global Warming Hysteria.

Carbon Dioxide DOES NOT Cause Global Warming!

Data clearly shows that global temperatures are decreasing even as Carbon Dioxide levels are increasing.

STOP THE COPENHAGEN GREEN WORLD ORDER!

Center for Defense of Free Enterprise

Diese Think Tanks griffen dann in die öffentliche Klimadebatte ein, um Zweifel an der Existenz und dem Charakter des anthropogenen Klimawandels zu sähen. So bestritt beispielsweise George Landrith von Frontiers of Freedom die anthropogenen Einflüsse auf den Klimawandel: „Solche Dinge (wie der Klimawandel, T.K.) passieren. Das ist einfach die Art, wie Natur schon immer war, Variabilität existierte schon immer. Da ist nichts Neues.“ Das Competitive Enterprise Institute zog hingegen noch 2005 den Klimawandel in Zweifel:

Die Schätzungen über die Ausmaße der künftigen Erwärmung basieren auf nicht plausiblen wissenschaftlichen und ökonomischen Annahmen, und die negativen Auswirkungen des vorhergesagten Erwärmung wurden enorm übertrieben. Competitive Enterprise Institute Die von diesen konservativen Denkfabriken aufgebauten Pseudoexperten konnten immer wieder in den US-Massenmedien ihre Desinformationskampagnen durchführen. Doch war es vor allem das weitverzweigte Imperium des erzreaktionären Medienmoguls Rupert Murdoch, das den Klimaskeptikern eine offene Bühne bot. Noch 2007 wurden trotz anderslautender Beteuerungen insbesondere auf dem Fernsehsender „Fox News“ die Ursachen und Ausmaße des Klimawandels in Frage gestellt.

Die von Exxon und anderen Ölkonzernen bezahlten Think Tanks, die in Murdochs „News Corporation“ - dem zweitgrößten Medienunternehmen der Welt – ihr Sprachrohr fanden, wandten die öffentlichkeitspolitische Strategie der "Front Group" an, um einen möglichst großen Einfluss ausüben zu können. Hierbei gibt ein Institut oder ein Experte vor, unabhängig eine politische Agenda zu vertreten, wobei er in Wirklichkeit auf der Gehaltsliste seines Klienten steht und dessen Interessen durchzusetzen versucht. In der Öffentlichkeit soll so der Eindruck entstehen, dass um den „Wohlstand“ und unsere „Freiheit“ besorgte Individuen und Institute gegen eine von Ökofundamentalisten erzeugte Klimahysterie mutig als „Underdogs“ ankämpfen. Auch der einflussreiche Think Tank American Enterprise Institution übte sich in dieser Strategie.

Dieses auch als third party technique bezeichnete Vorgehen wurde zuerst von der Zigarettenlobby in den USA praktiziert, und hiernach von den Energiekonzernen kopiert, wie der Nasa-Wissenschaftler, Klimaforscher und engagierter Klimaaktivist James Hansen bereits im vergangenen Jahr bemerkte. Oftmals geben die öffentlich wirksamen Agenten der von den Ölkonzernen bezahlten Denkfabriken unter Rückgriff auf demokratische Rhetorik vor, einfach nur eine "Balance" in der Klimadebatte erreichen zu wollen, mit der die Meinungsvielfalt gestärkt werden würde. Dabei wird impliziert, dass der wissenschaftlich gut belegte Klimawandel nur eine von persönlichen, subjektiven Ansichten abhängiges Phänomen sei.

Doch was geschieht, wenn sich keine auch nur im Entferntesten seriös wirkenden „Experten“ oder gar Wissenschaftler vor den Karren der Klimaverschwörer mehr einspannen lassen wollen? Dann kauft man sich halt welche. Noch 2007 bemühte sich beispielsweise das American Enterprise Institute darum, Wissenschaftler und Ökonomen dazu zu bringen, Studien über den rasch voranschreitenden Klimawandel in Zweifel zu ziehen. An die 10.000 US-Dollar winkten den „Wissenschaftlern“, die sich bereit erklärt hätten, Unzulänglichkeiten und Fehler im Klimareport des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) der Vereinten Nationen zu thematisieren. Tatsächlich gibt es am letzten IPCC-Report einiges auszusetzen. Doch ist es vor allem die Tatsache, dass er die Dynamik des Klimawandels unterschätzte und dass dieser bei weitem rascher voranschreitet, als selbst in den schlimmsten IPCC-Szenarien angenommen wurde.

Diese Tendenz der offiziellen Klimaberichte, die Dynamik des Klimawandels regelmäßig zu unterschätzen, wird vielleicht erst voll verständlich, wenn man bedenkt, dass es sich hierbei um politische Dokumente handelt, die auch Ausdruck einer bestimmten globalen Kräftekonstellation zwischen Interessengruppen sind. Die Lobby der Klimaleugner übt ihren Einfluss selbstverständlich auch in den höchsten Regierungsstellen aus. Die konservative US-Regierung um Präsident George W. Busch zensierte beispielsweise wissenschaftliche Berichte über den Klimawandel, die als Grundlage für Regierungspolitik dienten. Schon zu Beginn der Regierungszeit griff man in die Arbeit des IPCC ein (Ein kleiner Coup in Sachen Energiepolitik). Neben der Öffentlichkeitsarbeit bildet somit die klassische politische Lobbytätigkeit einen weiteren Schwerpunkt der Klimaerwärmungsleugner aus der Energiebranche.

Zwischen 1998 und 2005 wendete Exxon nahezu 67 Millionen US-Dollar zur Finanzierung von Lobbygruppen in den USA auf. Damit liegt der texanische Ölriese auch in dieser Kategorie vor seinen Konkurrenten aus der Branche, die im selben Zeitraum zwischen 41 Millionen (Chevron) und 28 Millionen US-Dollar (Shell) zur Schmierung der politischen Maschine in Washington ausgaben. Im ersten Halbjahr 2009 flossen 14,9 Millionen an Lobbygruppen in Washington, die Öl- und Gaskonzerne insgesamt 80 Millionen.

Hieran hat sich bislang auch nichts geändert – im Gegenteil, die von der US-Energiebranche zur Verhinderung eines wirksamen Klimaschutzes mobilisierten Summen sind astronomisch angestiegen. Die mit dem Energiesektor in Verbindung stehenden Lobbygruppen sollen nach dem Center for Responsive Politics in den ersten drei Quartalen 2009 sagenhafte 300 Millionen US-Dollar zur Beeinflussung des politischen Prozesses in Washington mobilisiert. Den Löwenanteil geben Öl- (120 Millionen) und Energiekonzerne (108 Millionen) aus, nur 23 Millionen US-Dollar konnten Unternehmen aus dem Bereich der regenerativen Energien mobilisieren. Auch Umweltgruppen verfügen schlicht nicht über die notwendigen Finanzen, um den politischen Prozess ausreichend beeinflussen zu können: Sie konnten nur 16 Millionen US-Dollar für Lobbyarbeit im besagten Zeitraum ausgeben.

Erst der langfristige Vergleich bei den Aufwendungen zur Beeinflussung der Klimagesetzgebung in den USA macht klar, wie sehr gerade Industriekonzerne ihre Lobbytätigkeit intensiviert haben. So stiegen allein die von der Verarbeitenden Industrie in Klima-Lobbygruppen investierten Gelder von 150 Millionen in 2003 auf nahezu 600 Millionen US-Dollar in 2008. Ähnlich verhält er sich bei der Energiebranche oder dem Transportsektor, die ihre diesbezüglichen Aufwendungen ebenfalls massiv aufstockten.

Angesichts dieser Beträge dürfte es eigentlich nicht verwundern, wenn der „demokratische Prozess nicht funktioniert“, wie James Hansen unlängst konstatierte:

?Der demokratische Prozess sollte auf dem Prinzip „eine Person, eine Stimme“ beruhen, aber es stellt sich heraus, dass Geld lauter als Stimmen spricht. Deswegen bin ich nicht überrascht, dass Menschen frustriert sind. Ich finde, dass friedliche Demonstrationen nicht unangemessen sind, weil uns die Zeit davon eilt. James Hansen Werden diese Klimaverschwörer, die vor allem in den Vorstandsetagen transnationaler Energiekonzerne, in einflussreichen Medienunternehmen und konservativen Denkfabriken zu finden sind, sich für ihr Treibern verantworten müssen? Genau dieses forderte James Hansen Mitte vergangenen Jahres. Die Vorstandsvorsitzenden der an der Desinformationskampagne beteiligten Konzerne seien sich durchaus im Klaren darüber, was sie anrichteten, und müssten „für die Verbrechen gegen die Menschheit und die Natur“ zur Verantwortung gezogen werden, erklärte er im Gespräch mit dem britischen Guardian:

?Wenn man in solch einer Position ist wie der Vorstandsvorsitzende eines der wichtigsten Spieler, die Desinformationen sogar über Organisationen verbreiteten, die das beeinflussen, was in Schulbüchern steht, dann denke ich schon, dass dies ein Verbrechen ist. James Hansen Bei dieser wirklichen, noch größtenteils unaufgeklärten Klimaverschwörung gigantischen Ausmaßes hätten auch die Verschwörungstheoretiker ein ideales Betätigungsfeld, die derzeit eine weltumspannende Verschwörung von Klimawissenschaftlern halluzinieren, die angeblich eine Klimahysterie – zu welchen Zweck eigentlich? - hervorrufen wollen. Ansonsten bleiben die vielen Blogbetreiber und Forenschreiber, die auch bei Telepolis den Klimawandel in Frage stellen, nur ein Treppenwitz der Geschichte: Eine engagierte Gruppe von Menschen, die "ehrenamtlich" die Arbeit vollführt, für die zuvor Energiekonzerne Millionensummen aufwenden mussten. (Tomasz Konicz)

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