Christoph Lauterburg
Vor
dem Ende
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1978 305 / 333 Seiten detopia: |
detopia-2024 |
Inhalt
Vorwort (11)
1. Drei Pioniere (15)
Topeka — ein großer Schritt (18) Betriebs-Prototyp für morgen — Generalisten statt Spezialisten — Lernen als Teil des Arbeitslebens — Selbstverwaltung der Betriebsgemeinschaft — Startschwierigkeiten — Wirtschaftliche Bilanz — Soziale Bilanz— Ideale Bedingungen für ein Experiment — Modell menschengerechter Organisation
Kalmar — Abschied vom Fließband Arbeitslamilien —Transport-Roboter anstatt Roboter-Menschen — Mitsprache und Mitentscheidung — Humanität oder Produktivität? — Teamwork an der Spitze — Der »Volvo-Schock« und die Gerüchteküche — Untersuchung vor Ort — Die logische Entwicklung
Lima — Partnerschaft zu Ende gedacht Eine selbständige Gemeinschaft — Strategie des Lernens — Hohe Produktivität
Neue Horizonte Humanisierung, ein Lernprozeß — Zeichen an der Wand — Zeit des Umbruchs — Ein langer und steiniger Weg
2. Das Leiden an der Arbeit (51)
Ein Organisationsgenie und die Folgen (53) Historisches Rationalisierungswunder — Vivisektion der menschlichen Arbeit — Startschuß zur Industrialisierung — Unbewältigte Vergangenheit
Bestandsaufnahme in der Arbeitswelt (59) Kollektive Leistungsverweigerung — Kult der Hierarchie, Kult der Einzelleistung — Signale — Langweilige Arbeit macht krank — Krankes Berufsleben, krankes Privatleben — Saat der Gewalt — »Work in America«
Anatomie des Stresses (59) Krieg zwischen Wunsch und Wirklichkeit — Seelische Ursachen, körperliche Folgen — Lähmungsgift »Ohnmacht« — Angst und wie ihr begegnet wird — Der »Ruf zu den Waffen« — Programmierte Selbstvergiftung — Soziale Dichte, soziale Isolierung — Die Erwartungsangst — Die soziale Rangordnung
Medizin auf neuen Wegen (85) Psychosomatik im Vormarsch — Strandgut der Gesellschaft — Kollektive Selbstzerstörung — Ökologisches Denken — Soziale Verantwortung
3. Die heilige Ordnung (93)
Sand im Getriebe Organisation ist Kommunikation — »Dienstweg«: Strategie des Umwegs — »Taktik«: Boykott der Verständigung — »Tabus«: programmierter Infarkt
Erbe aus alter Zeit Verteidigung von Haus und Habe — Die Pyramide — Informationsmonopol — Entscheidungsmonopol — Abhängigkeit von Vorgesetzten
Das hierarchische Syndrom Chancenungleichheit — Geheimdiplomatie — Informationsverdünnung — Organisationen auf dem Computer-Prüfstand — Die Welt hat sich verändert — Tod eines florierenden Unternehmens — Eskapaden eines Managers
Eingebaute Schizophrenie Zum Beispiel: »Matrix-Organisation« — Zum Beispiel: »Projektgruppen« — Zum Beispiel: »Konferenzen« — Quadratur des Kreises? — Falsch programmiert.... — Falsch konditioniert.... — ....und nichts dazugelernt
Alternativen Mitbestimmung beginnt am Arbeitsplatz — Abschied von der Vergangenheit — Projektschiff »Balao« — Selbständigkeit wird zur Lebensform — Flexible, mehrdimensionale Organisation
4. Die Verwirrung um das Leistungsprinzip (141)
Arbeit — Weg zum Glück? (143) Auf der Suche nach Sinn — Wertsysteme geraten durcheinander — Wohlstand ohne Zufriedenheit — Das Prinzip Freiheit — Sozialpolitik in der Sackgasse — Unverarbeitetes »Wissen« — Selbstverwirklichung, Privileg für Auserwählte? — »Hygiene« und »Motivation« — Einbau von Motivatoren — Eine Kunst, die niemand kann
Die Aufwertung der Arbeit (159) AT & T: Ein schon fast historisches Beispiel — I.C.I.: Motivatoren aus der Retorte — Harte Fakten — Klöckner-Moeller: Einzelarbeitsplätze statt Fließband — Positive Effekte — Am Anfang war die Skepsis — Mut zum großen Schritt — Texas Instruments: Motivation für Putzfrauen — Gruppenarbeit — Innovationsgeist — Motivation ist, wenn man trotzdem arbeitet
Die verlorene Gemeinschaft (176) Begriffsverwirrung — Die Grenzen des Job Enrichments — Die Wiege der betrieblichen Verhaltensforschung— Ein neues Phänomen: »Informelle Gruppen« — »Gnippenautonomie« unterTag— Der Betrieb: ein »sozio-technisches System« — Ein Bankexperiment in der Provinz — Selbständige Teams
Die Gruppe ersetzt das Genie (191) Fragen und Antworten — Zauberwort »Gruppendynamik« — Lernen im Laboratorium — Variationen des Trainings — Für und wider die Gruppendynamik —Überleben in der Wüste — Der Gruppenvorteil — Theorie und Praxis — Die Gretchenfrage
5. Das Machtproblem (215)
Die Wurzeln von Geist und Seele (217) Experimente mit Tieren und Menschen — Verhalten wird gelernt — Der Stoff, aus dem die Liebe ist— Lernen heißt Kommunizieren— Der gestörte Dialog —»Persönlichkeit« bildet sich durch Kommunikation
Der Faktor Umwelt (225) Experiment »Isolationshaft« — Hirnstromkurvenbefund »Abstumpfung« — Langweilige Arbeit, langweiliges Leben — Akteure und ihr Publikum — Das Augenmaß geht verloren — Die Gruppennorm regiert — Ein Spiel wird Ernst — Was ist »normal«?
Die Aggressionsmaschine (235) Organisierte Folter — Der perfekte Gehorsam — Anatomie der Macht — Kollektive Verdrängung — Drei Denkschritte
Die ausgebeuteten Ausbeuter (245) Ideologisches Sammelsurium — Die sogenannte Dynamik — Lernen am eigenen Erfolg— »Autoritäre« Führung— »Laisser-faire« — Leitbild »Coach« — Absage an das Heldentum — Die Ablehnung von Verantwortung — Der Mensch, ein Herdentier? — Das Verlangen nach einer starken Hand — Hierarchie als »Vertrag« — Die unsichtbare Grenze zur Manipulation— Der Unterschied zwischen Wollen und Können — De Ohnmacht in der Demokratie — Arbeitsplatz, Ort der Bildung?
6. Der geplante Wandel (263)
Das Ende der Technokratie (265) Management der Veränderung — Gemeinsam denken, gemeinsam handeln — Kollektiver Lernprozeß — Konfliktmanagement in einer Setzerei — Kommunikation in Gang bringen — Harte Zahlen bei Donnelly Mirrors — 20 Jahre Partnerschaft geübt.... — ....und nicht aufgehört zu lernen — Der rote Faden — Kommunikation im Management — Reif oder nicht reif? — Lernen lernen
Die Grenzen des Machbaren (282) Kollektive Verantwortung — Alternative zur Sozialisierung — Hierarchie verlernen — Schrittweise in die Zukunft — Eigene Spielregeln — Ausdehnung nach unten — Ideologieprobleme — Vom Einzelfall zum Grundsätzlichen
Neue Denkmodelle (294) Mit der Veränderung leben lernen — Strategiefragen — Freiheit, die ich meine — Humanisierung des Denkens — Fetisch »Effizienz« — Feuer von rechts und von links — Schmerzen im Innern — Gewerkschaftlicher Rollenkonflikt — Wir sind ganz am Anfang — Die Zukunft gestalten
Glossar (306) Literaturauswahl (323)
Liberalismus ist die Bereitschaft,
das Erreichte und sich selbst in Frage zu stellen und zu verändern —
nicht um der Veränderung willen,
sondern als Antwort auf veränderte Interessen und Bedürfnisse der Menschen.
Gaston Thorn - Premierminister von Luxemburg - Präsident der 30. UNO-Vollversammlung
11-13
Ich habe etwas gegen Vorworte. Wenn ich ein Buch lesen will, möchte ich eigentlich gleich anfangen können, ohne erst seitenlang für das, was kommen soll, präpariert zu werden. Nun bin ich mir selber untreu geworden. Freunde, denen ich das Manuskript zum Durchlesen gab, fragten mich nämlich als erstes: »Wie bist du eigentlich dazu gekommen, ein Buch zu schreiben?« Und einer fügte noch bei: »... wo es doch schon so viele Bücher gibt.« Für den Fall, daß meine Beweggründe Sie interessieren, habe ich dieses Vorwort geschrieben. Wenn Sie aber Vorworte auch nicht mögen, können Sie jetzt gleich auf Seite 17 beginnen.
Meine Arbeit bringt mich mit einer Vielzahl von Menschen der unterschiedlichsten Berufe in den unterschiedlichsten Betrieben zusammen. Ich erlebe fast täglich sehr hautnah, was »Arbeit« alles bedeuten, wie schön und interessant, aber auch wie trostlos und häßlich das, was wir »Arbeitswelt« nennen, sein kann. Diese Arbeitswelt ist in letzter Zeit zunehmend ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. »Mehr Lebensqualität«, »Abbau der Bürokratie«, »Humanisierung der Arbeit«, »Demokratie im Betrieb«, »Mitbestimmung am Arbeitsplatz«, »Dezentralisierung der Organisation« sind einige der Stichworte.
Doch was verbirgt sich hinter diesen Forderungen? Um was geht es ganz konkret? Handelt es sich hier einfach um modische Schlagworte oder haben wir es mit Entwicklungen zu tun, die sich auf unsere tägliche Zusammenarbeit im Betrieb auswirken? Und falls dem so sein sollte: Können wir uns denn ein »besseres« Arbeitsleben überhaupt leisten — ausgerechnet in einer Zeit, da jeder froh sein muß, der überhaupt eine Arbeit hat? Und ganz abgesehen von der Frage der Wirtschaftlichkeit: Ist direkte Mitbestimmung, also »Demokratie« im Betrieb, nicht von vornherein eine Utopie? Können und wollen die Menschen denn überhaupt mitdenken, mitentscheiden und — dies vor allem — auch mitverantworten?
Dies sind Fragen, denen ich in diesem Buch anhand praktischer Beispiele nachgehen möchte, weil ich der festen Überzeugung bin, daß wir neue Wege zu einer besseren Verständigung und zu einer direkten Mitwirkung aller am betrieblichen Geschehen Beteiligten finden müssen. Ich glaube, daß dies nur möglich ist, wenn wir bereit sind, uns kritisch mit einem Grundproblem menschlichen Zusammenlebens auseinanderzusetzen: mit der Frage der Hierarchie. Ich glaube aber auch, daß wir diese Frage nicht »ideologisieren« und »verpolitisieren« sollten, wie wir dies etwa mit der Frage der Mitbestimmung getan haben. Ich habe selbst keine Patentrezepte anzubieten. Was ich zeigen möchte, ist der, wie ich meine, unlösbare Widerspruch zwischen den hierarchischen Organisationsprinzipien und Verhaltensmustern in unserer Arbeitswelt und den Interessen, Bedürfnissen und Wertvorstellungen der in ihr tätigen Menschen.
Der erste Schritt zu einer sinnvollen Veränderung besteht darin, daß man das Problem erkennt. Jeder Betrieb hat aber seine eigene Geschichte, seine eigene Struktur und seinen eigenen Stil. Jeder Betrieb muß deshalb auch seine eigenen Wege zu neuen und besseren Formen der Zusammenarbeit finden. Zu zeigen, daß dies schwierig, aber möglich ist, sollte der Sinn dieses Buches sein.
Wir wissen heute wesentlich mehr über die Gesetzmäßigkeiten menschlichen Verhaltens und die Möglichkeiten eines sinnvollen Zusammenlebens als noch vor wenigen Jahrzehnten. Doch zwischen den Erkenntnissen der Forschung und der betrieblichen Praxis klafft eine schmerzliche Lücke. Es gibt zwar Bücher wie Sand am Meer.
Aber Wissenschaftler — merkwürdigerweise auch Experten für menschliche Kommunikation — schreiben Bücher oft so, daß nur sie selbst und ihre Kollegen sie verstehen können. Das Wissen bleibt deshalb dort, wo es ohnehin schon vorhanden ist. Dies ist der zweite Grund, weshalb ich ein Buch geschrieben habe: Ich wollte versuchen, ein wenig zwischen Theorie und Praxis zu vermitteln.
Ich fühle mich nicht als Schöpfer neuen Gedankengutes, sondern als Reporter, Übersetzer und Interpret. Ich möchte ein paar Menschen den Ärger ersparen, den ich jeweils empfinde, wenn ich mich mühsam durch ein Dickicht von sozialwissenschaftlichem »Fachchinesisch« würgen muß — oder wenn ich einmal mehr ein Buch, das mich eigentlich interessiert hätte, ungelesen in der Versenkung verschwinden lasse.
12-13
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