Claude

Lévi-Strauss

 Traurige Tropen

(Tristes Tropiques)

Buch 1955

 

Audio 2019 - Zum 10. Todestag

 

wikipedia Autor  *1908 in Brüssel bis 2009 (100) 

wikipedia  Wildes_Denken

DNB.Autor  (270 Publi)

 

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Ein ewig Reisender

Nach einem Beitrag von Hans-Jürgen Heinrichs

dradio.de

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FAZIT

03.11.2009

Kurz vor seinem 101. Geburtstag ist der französische Anthropologe und Ethnologe Claude Lévi-Strauss in Paris verstorben. 

Er gilt als Vater der modernen Anthropologie und als Begründer des Strukturalismus.

Bekannt wurde er mit seinem autobiografischen Reisebuch "Traurige Tropen", das 1955 erschien. War sein Werk vorher nur einem kleinen Kreis von Fachleuten vertraut, begannen sich nun Intellektuelle und Künstler für den Schriftsteller Claude Lévi-Strauss zu interessieren. Seine großen Werke über die Mythen, Riten und sozialen Strukturen in außereuropäischen Kulturen gleichen im Aufbau mehr einem Musikstück als einem akademischen Text.

"Es ist gerade diese Laufbahn, bei der ich all das Vergnügen und jede nur mögliche Befriedigung gefunden habe. Vermutlich wegen einer Schwäche meines Geistes, das ich nämlich die Ausdrucksformen der menschlichen Schöpfungskraft nur zu begreifen vermag, wenn sie in konkreten Gesellschaften an einem bestimmten Punkt der Erde und zu einem bestimmten Zeitpunkt der Geschichte verkörpert werden", sagte Lévi-Strauss einmal.

Er wurde am 28. November 1908 in Brüssel als Sohn eines Kunstmalers geboren. Die großen Themen in seiner Theorie sind die Verwandtschaftsverhältnisse und die Mythologie. Als sein Hauptwerk gilt die vierbändige "Mythologica", in der er sich mit der mündlich tradierten Literatur beschäftigt. Viel gelesen wurden auch seine Bücher "Das wilde Denken" von 1963 und "Das Rohe und das Gekochte" von 1964.

 


Aus wikipedia 2019

 

Werk

Strukturalismus

Die Begründung des französischen Strukturalismus wird oft datiert auf das Erscheinen von Lévi-Strauss’ <Analyse von Verwandtschaftssystemen> 1949. Die Grundidee ist: ein durch Heiratsregeln gesteuertes Tauschsystem ersetzt natürliche Verwandtschaften durch soziale Allianz mittels reziproker Verpflichtung. Heiratsregeln werden unterschieden nach Heiratsgeboten (die Gesellschaft empfiehlt, aus welcher Gruppe geheiratet werden soll) und Heiratsverboten (es ist nur vorgeschrieben, aus welcher Gruppe nicht geheiratet werden darf).

Das signifikant häufigste Vorkommen einer bestimmten Form des „Frauentauschs“ kann dabei, so die These, durch deren bevorzugte systematische Stellung erklärt werden. Es handelt sich um die Kreuzkusinenheirat, die Heirat eines Mannes mit der matrilateralen Kreuzkusine (der Tochter des Mutterbruders). Diese erzeuge die stabilsten gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Heirat ist nah genug, damit die Pflicht sozial wirken kann, aber weit genug weg, damit das Inzesttabu gewahrt bleibt. Damit ist der Avunculus, der Mutterbruder (Oheim), besonders bedeutsam. 

Dieser Punkt wurde u. a. von Pierre Bourdieu kritisiert, der empirisch in Nordafrika diesen Heiratsfall als nur einen unter vielen ausmachte. So kam z. B. die Heirat mit der matrilateralen Parallelkusine (der Tochter der Mutterschwester) in seiner Stichprobe häufiger vor. Die Orientierung an gesellschaftlichen Tauschprozessen hat einen Vorläufer in Marcel Mauss.

 

 

Anthropologie und Kulturwissenschaft

Lévi-Strauss verglich die Beziehung zwischen der Linguistik und der Sprache mit dem Verhältnis zwischen Ethnologie und der Kultur und postulierte die Übertragbarkeit von linguistischen Konstrukten auf die Ethnologie. Die Kultur verhalte sich wie die Sprache: Nur ein Außenstehender könne die ihr zugrunde liegenden Regeln und Strukturen erkennen und interpretieren. 1958 veröffentlicht Lévi-Strauss seine Aufsatzsammlung zur „Strukturalen Anthropologie“. Wie in seiner Studie zu den Heiratsbeziehungen legt er dabei die Methode zugrunde, sich an systematischen Strukturen zu orientieren, bei welchen es nur auf das Gefüge der Relationen ankommt, so dass diese auch auf völlig andere Elemente übertragbar sind. In ähnlicher Weise hatte der Prager Strukturalismus von Jakobson und anderen vertreten, dass die Elemente, welche die Phonologie untersucht, ihren Sinn nicht aus sich selbst, sondern durch das sie ordnende System gewinnen. Ziel des Anthropologen sei, durch Analyse kultureller Phänomene mittelbar die kognitiven Strukturen menschlichen Denkens zu verstehen und die universalen Denkprinzipien in den verwendeten Klassifikationen und Bedeutungssystemen herauszuarbeiten.

Seine anthropologischen Studien machten ihn zu einem vehementesten Kritiker des religiösen Totemismus: In den vielfältigen Formen mythischer Mensch-Tier-Beziehungen sah er lediglich soziale Aspekte. Die verschiedenen spirituellen „Schutzgeist“-Vorstellungen müssten von totemistischen Konzepten getrennt betrachtet werden.[7]

 

 

Vernunftkritik (Das „wilde Denken“)

 

Äußerte er schon in dem Reisebericht „Traurige Tropen“ von 1955 eine Faszination für schriftlose Kulturen – oder in seinem Sinne – für Alternativen zur westlichen Zivilisation, entwickelte er diese Gedanken mit der 1962 erschienenen Programmschrift „Das wilde Denken“ (franz. pensée sauvage) deutlich weiter. Lévi-Strauss bezeichnete mit diesem Begriff die Denkweisen der indigenen, naturangepassten Kulturen, die auf traditionell ganzheitlichen und mythisch erklärten Weltanschauungen beruhen.

Keinesfalls sei unsere Kultur geistig-kognitiv überlegen, sondern beides seien Varianten jener gleichartigen Verfahrensweisen, für welche er den Begriff „wildes Denken“ als Kennzeichnung einführte. Der „Primitive“ sei nicht etwa trieb- statt vernunftgesteuert, sondern bearbeite nicht weniger „vernünftig“ – sondern einfach nur anders – konkreteres Material, dabei aber mit anderen Zielen und stärker im Modus von Bricolage („Bastelei“). Die Perspektive auf die Strukturen dieses Denkens ermögliche eine „Übersetzung“ beider Formen. In beiden Kulturen werde eine Klassifikation der Umwelt vorgenommen, wobei auch die Schemata im Einzelnen interkulturell übertragbar seien. Dies beweise, dass die Strukturen des menschlichen Denkens universell und uniform sind. Beispielsweise vollziehe sich Denken stets durch Gegenüberstellung zweier Begriffe, also im Wege einer binären Opposition (komplementäre Dichotomie). Solche Gegensatzpaare sind etwa heiß-kalt, oben-unten usw. Lediglich die Manifestationen seien kulturspezifisch verschieden. Der grundlegende Gegensatz sei die Opposition zwischen „Natur“ und „Kultur“.

In Anknüpfung an das dichotomische Denken führte Lévi-Strauss die Unterscheidung von „kalten“ und „heißen“ Kulturen ein. Er verglich mit diesen Begriffen die modernen und traditionellen (naturangepassten) Kulturen.

Als „kalte Kulturen“ bezeichnete er solche Gesellschaften, bei denen das gesamte Denken und Handeln bewusst und unbewusst darauf abzielt, jegliche Veränderungen der traditionell fixierten Strukturen zu verhindern (sofern es keine zwingende Notwendigkeit oder fremde Einflüsse gibt). Das Vertrauen gilt der Natur; menschliches Wirken gilt grundsätzlich als unvollkommen. Die sogenannten isolierten Völker, die zumeist absichtlich den Kontakt zur westlichen Welt meiden, sind die heutigen Repräsentanten der kalten Gesellschaften.

„Heiße Kulturen“ sind das genaue Gegenteil: Sie vertrauen der menschlichen Innovationsfähigkeit und sind optimistisch, die Natur an ihre Bedürfnisse anpassen zu können. Daher ist ihr gesamtes Streben auf Fortschritt und Veränderung gerichtet. Selbst, wenn sich dadurch zuerst vorrangig die Lebensbedingungen der Privilegierten verbessern, sind die unteren Schichten häufig die Triebfeder der Entwicklung. Die moderne, westlich orientierte Konsumgesellschaft ist der Prototyp der heißen Kultur.

Mythenanalyse

Die Mythenanalyse von Claude Lévi-Strauss wird vor allem im ersten Band der Mythologiques (dt. Mythologica I. Das Rohe und das Gekochte) dargestellt. In dem Werk weist er nach, dass die strukturale Analyse auch auf dem Gebiet der Mythenforschung mit Erfolg angewendet werden kann. Seine Untersuchungen zeigen, dass die nach den Mythen der primitiven Gesellschaften gebauten Modelle als Umwandlungen oder Transformationen anderer Mythenmodelle gebildet werden und dass diese Modelle insgesamt eine Struktur bilden.[8] In den Mythologiques versucht Lévi-Strauss, von einem bestimmten Mythos der Bororos ausgehend, die Gesamtheit der präkolumbianischen Mythen zu erklären.

Laut Lévi-Strauss bestehen Mythen aus Einheiten (Mythemen), die nach noch unbestimmten Regeln arrangiert sind. Diese Einheiten können in Gegensatzbeziehungen treten, welche ihrerseits die Basis von Denkstrukturen darstellen. Durch Analyse von Mythen sollen die grundlegenden Strukturen menschlichen Denkens erhoben werden. Da Mythen ihrerseits ein Produkt ihrer Kultur sind, repräsentieren sie zunächst diejenigen Denkgesetze, welche ihre Kultur prägen. Mittelbar aber seien auch diese ihrerseits durch die Struktur und die Wirkungsweise des menschlichen Gehirns bestimmt, da diese Denkstrukturen alle menschlichen Ausdrucksformen prägen. Konkret untersuchte Lévi-Strauss verschiedene Mythen Nord- und Südamerikas, verglich sie miteinander und bildete Hypothesen über deren „innere Ordnung“. Seine Analysen schlagen verschiedene „Shortscripts“ als Grundmuster vor, „Typen“ der Struktur von Geschichten, die immer wieder variiert vorkommen.

 

 

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