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1.5 Gefahren der Verschmutzung des Lebensraumes
zu Lande, zu Wasser und in der Luft
A. Abfall (55) B. Süßwasser (56) C. Meerwasser (64) D. Wärmetod (78) E. Luft (79)
F. Lärm (83) G. Gift (84) H. Gestörte Umwelt (88)
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Die drei Lebensräume für Mensch, Tier und Pflanze auf unserem Planeten — Land, Wasser und Luft — werden zunehmend durch Zivilisationseinflüsse gefährdet. Wie schon geschildert, kommt es durch Raubbau des Waldes in vielen Gebieten der Erde nicht nur zur Zerstörung der Humusdecke und zum Anwachsen der Bodenerosionen — darüber hinaus kann der feste, flüssige und gasförmige Abfall die Landschaft so verändern, daß ihr biologisches Gefüge völlig zerstört wird.
A. Abfall
Feste Abfallstoffe werden in der Regel auf der Erde abgelagert, und so hat man unsere Gegenwart treffend als »Wegwerf-Zeitalter« bezeichnet. Die heutige Konsumgesellschaft trennt sich schneller als früher von Gebrauchsgütern. Flaschen aus Glas oder Kunststoff, Verpackungsmaterial der verschiedensten Zusammensetzung, alte Autos, überflüssiges Material wirft man einfach weg, weil die Reparaturen dieser Gegenstände oft teurer als ihre Neubeschaffung sind.
Unsere modernen Zentralheizungen enthalten keine Möglichkeit mehr Papier, Pappe oder Holz im Haushalt zu verbrennen. Verpackungsmaterial nimmt durch die wachsende Selbstbedienung zu. Besonders durch Verwendung von Einwegflaschen wächst das Volumen des Materials erheblich an.
Nach Untersuchungen des Batelle-Instituts in Frankfurt wurden in der Bundesrepublik 1968 je Kopf und Jahr rund 300 kg Hausmüll erzeugt. Das sind bei 60 Millionen rund 18 Millionen Tonnen Müll im Jahr. Bei gleichmäßiger Verteilung dieser Menge würden 1000 km2 10 cm hoch mit diesen Abfällen bedeckt sein. Wie in den USA und Schweden wird auch bei uns in Zukunft die Müllmenge noch weiter anwachsen. Bis 1980 rechnet man mit mindestens 365 kg Müll pro Kopf und Jahr. Das ergibt mindestens eine Müllmenge von 22 Millionen Tonnen im Jahr. Dieser Müll setzte sich in der Bundesrepublik 1966 wie folgt zusammen: 40 Millionen m3 Hausmüll, 13 Millionen m3 Klärschlamm, 15 Millionen m3 Industriemüll. Im Jahre 1967 mußte die Landschaft in der Bundesrepublik eine Belastung von 200 Millionen m3 Abfallstoffen erdulden, von 1970 bis 1980 wird sich in der Bundesrepublik eine solche Menge an Müll und Abfall ansammeln, daß diese, zusammengeschüttet, die Höhe und Größe des Matterhorns erreichen würde.
Über 90 % des Hausmülls werden zur Zeit in der Landschaft abgelagert und nur weniger als 10 % verbrannt. Man rechnet mit einer Zahl von 50.000 sogenannten wilden Müllkippen, die auch als »ungeordnete Deponien« bezeichnet werden und die, besonders an den Rändern der Ballungsgebiete der Städte, eine Gefährdung für die Gesundheit des Menschen darstellen. Eine besondere Gefahr besteht in der Verunreinigung des Grundwassers durch Müll. Man rechnet damit, daß aus 30 Millionen m3 Hausmüll etwa 200.000 Tonnen Salze ausgelaugt werden können.
B) Verunreinigung des Süßwassers
Der Wasserbedarf für Mensch, Tier und Pflanze wird aus den Niederschlägen gedeckt. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge in Mitteleuropa beträgt 803 mm im Jahr. Von dieser Menge werden verbraucht
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für Boden- und Oberflächenverdunstung 111 mm
für Veratmung durch Pflanzen 289 mm
für Abfluß in Oberflächengewässer 304 mm
für Abfluß ins Grundwasser 112 mm.Von den 112 mm, die in das Grundwasser gelangen, ist jedoch ein wesentlicher Teil verunreinigt und durch Dränagewässer zu Oberflächenwasser geworden. Es stehen deshalb nur rund 50 mm von dem Gesamtjahresniederschlag Mitteleuropas als hygienisch einwandfreies Trink- und Brauchwasser zur Verfügung (Abb. 24).
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Informiert man sich über den Trinkwasserbedarf der Bundesrepublik, so beträgt dieser heute bereits 10 mm = rund 2,5 Milliarden m3, während für den Industriewasserbedarf, und zwar sowohl für die Produktion als auch für die Kühlung, 35 mm = 8,7 Milliarden m3 benötigt werden. Das heißt, daß von den 50 mm hygienisch einwandfreiem Trink- und Brauchwasser, die uns durch den Niederschlag jährlich zur Verfügung stehen, heute schon 45 mm verbraucht werden. Es ist deshalb verständlich, daß man in zunehmendem Maße auf die Verwendung von Ober-flächenwasser als Trink- und Brauchwasser angewiesen ist.
Nicht nur im menschlichen Körper, sondern auch in unserer unmittelbaren Umgebung spielt Wasser als Träger des Lebens eine eminent wichtige Rolle. Rund zwei Drittel des menschlichen Körpers bestehen aus Wasser. Wasser ist der wichtigste Transporteur aller Stoffe im Körper. Schon ein Verlust von 15 % des normalen Wassergehaltes unseres Körpers ist lebensbedrohend. Es ist bekannt, daß unser Blut aus rund 80 % Wasser besteht und daß wir ohne tägliche Zuführung von 2 1 Wasser nicht existieren können. Der tägliche Wasserverlust wird durch Getränke und Nahrung ausgeglichen. Enthalten doch z. B. Fleisch bis zu 80 %, Gemüse bis zu 85 % Wasser.
Die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion ist überhaupt erst dann möglich, wenn genügend Wasserreserven zur Verfügung stehen. So konnte im Laufe der letzten 50 Jahre der Getreideertrag je ha von 8,5 auf 32 Doppelzentner gesteigert werden, wobei zu bedenken ist, daß 1 Doppelzentner Getreide zum Wachstum die 55fache Menge seines eigenen Gewichtes an Wasser bedarf, d. h. je ha Kornfeld sind 186.000 1 Wasser notwendig.
Ein anderes Beispiel: Um 1 kg Brot aus dem Bäckerladen kaufen zu können, müssen vorher rund 1200 1 Wasser aufgewendet werden, damit das Getreide überhaupt gedeihen kann. Desgleichen ist die Intensivierung der Zuckerrübenproduktion vordringlich eine Frage der Zufuhr des notwendigen Wassers im geeigneten Zeitpunkt.
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Zur Produktion von 1 t Zuckerrübensubstanz sind 600 cbm Wasser erforderlich. (Bodenqualität und, wenn nötig, Schädlingsbekämpfungsmittel usw. sind dabei natürlich noch weitere zu beachtende Faktoren).
Diese außerordentlich hohe Wassermenge ist nicht nur für die Pflanzen, sondern auch für die Haustiere notwendig. Es ist gelungen, innerhalb der letzten 100 Jahre den Milchertrag je Kuh und Jahr von 650 auf etwa 4800 1 zu steigern. Auch hierbei ist Voraussetzung, daß das entsprechende Wasser zur Verfügung steht.
Nicht nur durch erhöhte Produktion in der Landwirtschaft, sondern auch infolge der zunehmenden Hygiene steigt der Wasserbedarf des Menschen. Während man für einen Großstädter noch um die Jahrhundertwende mit einem täglichen Wasserverbrauch von 50 Liter rechnete, muß man heute rund 250 Liter ansetzen, was durch die Einführung der Spülklosetts und Bäder bedingt ist. Da man sich zur Zeit auf der Welt noch den Luxus leistet, mit Trinkwasser die Spülklosetts zu bedienen, steigt die Menge des Wassers, das pro Einwohner täglich vom Trinkwasser zum Abwasser umgewandelt wird, ständig an.
Je nach der hydrologischen Entwicklung eines Landes kann der Wasserbedarf in mehr oder weniger großem Umfang aus dem Oberflächenwasser entnommen werden. In Mitteleuropa sind es aufgrund noch großer Grundwasservorräte zur Zeit 80 % des Trinkwasserbedarfes, die man aus dem Grundwasser entnehmen kann. Da z. B. in weiten Teilen der Vereinigten Staaten grundwasserführende Horizonte fehlen, müssen hier schon heute rund 80 % des Trinkwassers aus dem Oberflächenwasser entnommen werden.
Grundwasser ist in der Regel gegen Verunreinigungen besser geschützt als Oberflächenwasser. Es hat außerdem eine gleichbleibende niedere Temperatur, die nicht nur für das Trinkwasser, sondern auch für viele Verwendungszwecke des reinen Wassers als Brauchwasser für die Industrie erwünscht ist.
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Die Versorgung eines Landes mit reinem Wasser für die Bevölkerung und besonders für die Nahrungsmittelindustrie ist um so mehr gefährdet, je größer die Verunreinigung des Ober-flächenwassers ist. Deshalb müssen die vorhandenen Grundwasservorräte vor Verunreinigungen weitgehend geschützt werden; denn die Aufarbeitung von verunreinigtem Oberflächenwasser zu reinem Trink- und Brauchwasser kostet sehr viel Geld.
Mit der zunehmenden Entwaldung und durch wachsende Bodenerosionen kommt es zu einer vermehrten Austrocknung des Landes, die dadurch gekennzeichnet ist, daß der Grundwasserspiegel immer tiefer absinkt. Neben diesen Faktoren spielt die Regulierung der Flüsse eine große Rolle; denn das Grundwasser kann nicht höher liegen als die tiefste Stelle des Flußbettes. Mit den Fluß-begradigungen aber wächst die Fließgeschwindigkeit des Wassers und damit die Möglichkeit seiner Eintiefung.
Eines der markantesten Beispiele auf der Erde ist das Sinken des Grundwassers in der Rheinebene. Durch die Begradigung des Rheins von Basel bis Mannheim, die vor etwa 150 Jahren von Tulla durchgeführt wurde, ist der Flußlauf um etwa 80 km verkürzt worden. Seit 1850 hat sich der Rheinstrom oberhalb von Breisach bis zu 7 m eingetieft. Das Grundwasser wird zu dieser »Dränageröhre Rhein« in zunehmendem Maße abgeleitet, so daß es zu einer allmählichen Austrocknung des Landes zu beiden Seiten der Uferzonen kommt.
Mit dem Sinken des Grundwassers kann sich, je nach der Gesteinsschicht, eine tiefgreifende Veränderung für das sich über dem Grundwasser bildende Kapillar- und Haftwasser ausbilden, das seinerseits für die Pflanzendecke von entscheidender Bedeutung ist. Mit dem sinkenden Grundwasser verschwinden die Humussäuren und damit auch die von ihr festgehaltenen Substanzen. Das bedeutet aber, daß der Humus, wenn er überhaupt noch vorhanden ist, durch das sinkende Grundwasser seine Funktionsfähigkeit für die Pflanze verliert.
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Der Mensch kann durch seinen Eingriff in den Wasserhaushalt der Natur nicht nur wesentlich zu dessen Zerstörung, sondern auch zu dessen Verbesserung beitragen. Je eher es in vielen Gebieten der Erde gelingt, den Grundwasserstand zu halten bzw. zu erhöhen, um so mehr werden sich diese Maßnahmen auf die Wiederbelebung der Landschaft auswirken. Wenn es gelingt, den Weg des Süßwassers von der Quelle zum Meer hin durch Errichtung von Talsperren oder Flußstaustufen abzubremsen, werden sich diese Maßnahmen auf eine Hebung des Grundwasserstandes und auf eine zunehmende Quellschüttung auswirken. Die moderne Wasserwirtschaft muß zukünftig dafür Sorge tragen, den früheren Lauf der Flüsse durch eine perlschnurartige Kette von Stauhaltungen zu verlangsamen.
Schon beim Beginn unserer eigenen Untersuchungen vor 36 Jahren stieß ich auf das Phänomen der wechselnden Selbstreinigung im fließenden und stehenden Wasser. Wie im ersten Kapitel dieses Buches ausgeführt, geht die natürliche Selbstreinigung im stehenden Wasser wesentlich langsamer vor sich als im fließenden, weil im stehenden Wasser die Strömung, und damit die Turbulenz, nicht so stark ausgebildet ist. Wenn man aus Gründen der Aufstockung der Grundwasservorräte den Weg des Süßwassers zum Meer durch Anlegen von Stauhaltungen bremst, muß man auch damit rechnen, daß die natürlichen Voraussetzungen für die Selbstreinigung verschlechtert werden. Die Gefahren wachsen um so mehr, je stärker verunreinigt das Oberflächen-wasser ist, denn um so mehr machen sich die nachteiligen Folgen der fehlenden Turbulenz bemerkbar. Es gilt deshalb, jede Verunreinigung von Oberflächengewässern fernzuhalten.
In der modernen Wasserwirtschaft setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, daß neben der Quantität auch die Qualität des Wassers von entscheidender Bedeutung ist. Die Voraussetzungen für die Anlagen von ufernahen Entnahmewerken von Trink-und Brauchwasser aus Flüssen und Seen, für den Bau von Staustufen, Talsperren und Kläranlagen sind erst dann gegeben, wenn die Wassergüte des betreffenden Gewässers bekannt ist.
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Man kann Gefahren, verursacht durch verunreinigtes Wasser, nur dann bannen, wenn man das betreffende Gewässer chemisch-biologisch genau kennt. Das biologische Denken ist besonders auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft Voraussetzung für das Verständnis der Zusammenhänge, die zwischen dem Wasser und der Landschaft bestehen. Diese Denkweise hat zur Folge, daß der Fluß oder See nicht mehr ausschließlich als Lieferant von Kilowattstunden betrachtet werden darf, sondern daß man in ihm eine »Persönlichkeit« sieht. Jeder Fluß oder See hat seinen eigenen »Charakter«, der eigenwillig sein kann und dessen besondere Eigentümlichkeiten sich mit Hilfe von biologisch-chemischen Methoden analysieren lassen.
Die biologische Wasseranalyse beruht auf dem Erkennen der einzelnen Lebensgemeinschaften aus Pflanzen und Tieren, die bei dem jeweiligen Verschmutzungsgrad des Wassers vorhanden sind. Diese Lebensgemeinschaften setzen sich aus Mikro- und Makroorganismen zusammen. Je mehr fäulnisfähige organische Stoffe im Wasser enthalten sind, um so stärker gehen die Makroorganismen in ihrem Artenreichtum zurück, und es überwiegen die Mikroorganismen. »Ein Organismus reagiert auf die chemische Beschaffenheit eines Wassers um so schärfer, je einfacher er organisiert und je kleiner er ist, d. h. je weniger Volumen und je mehr Oberfläche er besitzt und je ungeschützter seine Oberfläche gegenüber chemischen Einflüssen des ihn umgebenden Mediums ist.« (Liebmann, 1951).
Man kann, je nach dem Auftreten der verschiedenen Organismengruppen und der chemisch-physikalischen Verhältnisse, vier Wassergüteklassen unterscheiden und diese gemäß unserem Vorschlag durch vier Farben charakterisieren (Abb. 25). Neben diesen Farben werden einige, für die praktische Verwendung des Wassers besonders wichtige Beobachtungen durch bestimmte Zeichen im Wassergüteatlas wiedergegeben. Die Zonen mit starker Entwicklung von Algen werden durch große schwarze Punkte gekennzeichnet (Abb. 26).
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Zonen, in denen durch Giftstoffe bis zu 50% der ursprünglichen Organismen abgetötet sind, werden als Verödungszonen bezeichnet und durch eine Wellenlinie markiert. Flußabschnitte mit starker Entwicklung von Bakterienzotten sind durch eine schwarze Schrägschraffur gekennzeichnet. Kommen in den betreffenden Flußabschnitten regelmäßig wiederkehrende Fischsterben vor, wird dies durch entsprechende Kreuze markiert. Mit dieser Methode läßt sich ein für den Gewässerschutz sehr anschauliches Bild über die Verunreinigung von Oberflächenwasser gewinnen. Am Beispiel der Isar (Abb. 27) ist zu ersehen, wie man die Schwerpunkte der Wasserverunreinigung erkennen kann.
Bei der Gütekartierung eines tiefen Sees müssen freies Wasser und Seeboden getrennt kartiert werden. Das spielte bereits bei unseren Untersuchungen an der Saaletalsperre 1936 eine wichtige Rolle. Man muß darüber hinaus entsprechend der Eigenart des stehenden, tiefen Wassers weitere biologisch-chemische Methoden entwickeln. Dabei spielt die Intensität der Ausgasung der Seeschlämme eine besondere Rolle, so daß man diese Methode, wie sie in den letzten Jahren in München entwickelt wurde, zur Charakterisierung der Wasserqualität mit benutzen kann. Aus dem Beispiel des Tegernsees (Abb. 28) ist zu ersehen, wie eine solche Kartierung des Seebodens und des freien Wassers aussieht und welche Schlußfolgerungen für die Sanierung eines solchen Gewässers zu ziehen sind.
Nach dieser Methode kann man nicht nur Süßwasser nach seiner Qualität darstellen, sondern auch Meerwasser. Als Beispiel für eine solche Kartierung des Meeres ist in der Abb. 29 ein Küstenabschnitt der Adria wiedergegeben.
Gefahren durch verunreinigtes Wasser sind dann gegeben, wenn mit dem Gehalt an fäulnisfähigen organischen Substanzen Krankheitskeime in das Oberflächenwasser gelangen, oder wenn durch den Gehalt an Giftstoffen, wie sie in landwirtschaftlichen, städtischen und industriellen Abwässern enthalten sein können, durch diese Substanzen Vergiftungen, z.B. der Fische, auftreten.
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Wenn diese Gefahren durch den Wassergüteatlas fixiert sind, ist es möglich, sie an den betreffenden Stellen schwerpunktmäßig zu erkennen. Durch den Bau von Kläranlagen wird dann das Gewässer von Fäulnissubstanzen und von Giftstoffen befreit. Ein klassisches Beispiel des Zusammenwirkens von Naturwissenschaftler und Techniker!
Das, was wir aus der Natur gelernt haben, läßt sich im Reinigungsprozeß der Kläranlage anwenden. Es fehlt uns nicht an den notwendigen Erkenntnissen und Schlußfolgerungen, wie und wo solche Kläranlagen zu bauen sind. Aus dem Bericht der Bundesregierung »zur Belastung der Landschaft aus dem Jahre 1970« geht hervor, daß sich der Wasserbedarf in den nächsten drei Jahrzehnten verdoppeln wird. Es fallen täglich in der Bundesrepublik 14 Millionen m3 Abwasser an, von denen nur 23% vollbiologisch, 11 % teil-biologisch und der Rest ungenügend, bzw. gar nicht, gereinigt wird. Zu diesen Zahlen kommen täglich 20 Millionen m3 Industrieabwässer, von denen etwa ein Viertel noch unzureichend gereinigt wird.
c) Verunreinigung des Meerwassers
Bei Einleitung von Abwässern ins Meer gelten die gleichen Bedingungen wie für die Einleitung von Abwasser in stehende Gewässer. Die Untersuchungen der Bayerischen Biologischen Versuchsanstalt in küstennahen Meeresgebieten der Adria und der Nordsee haben ergeben, daß es nicht stimmt, anzunehmen, Salzwasser würde die Abwasserbestandteile schneller oder besser abbauen als Süßwasser. Es gelten praktisch dieselben Voraussetzungen für die Reinigung von Abwasser in Küstengebieten, wie sie für stehendes Wasser, das Süßwasser, erarbeitet worden sind. So ist z.B. die Verunreinigung der Nordsee durch die Weser so stark, daß Darmkeime des Menschen noch bei Helgoland nachgewiesen werden können.
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Verunreinigungen des Meeres erfolgen nicht nur im Bereich der Küste, sondern sie können durch Verkappung von Mineralölresten, Giftstoffen und Atommüll im Meer hervorgerufen werden. Die Verunreinigung des Meeres beeinträchtigt einmal die Erschließung neuer Strandgebiete für den Tourismus, die Fischerei und die Aufbereitung des Meerwassers zu Trinkwasser.
Die Verschmutzung der Meere ist weltweit. Wie im Süßwasser der Fisch als biologischer Indikator dient, können auch aus dem Rückgang der Meeresfischerei entsprechende Rückschlüsse über die sinkende Wasserqualität des Meeres gezogen werden. Durch die Abwassereinflüsse bedingt, geht z.B. die größte Sardinenfischerei der Welt vor der kalifornischen Küste so stark zurück, daß sie wirtschaftlich nicht mehr von Bedeutung ist.
Man hat mit Recht davon gesprochen, daß die Ozeane zu den Kloaken der Welt werden; alle Schmutzstoffe sammeln sich schließlich in den Weltmeeren. Wenn die schwer abbaufähigen Stoffe auch noch giftig sind und, wie dies nicht selten der Fall ist, sich in Meeresorganismen anreichern, werden sie zu einer unmittelbaren Gefahr für den Menschen.
Der französische Ozeanologe Jacques Cousteau sieht voraus, daß die Meere in ca. 20 Jahren tot sind, falls die großen Industrie- und Fremdenverkehrsländer im bisherigen Ausmaß die Meere verseuchen. Besonders hoch ist die Verseuchung des Mittelmeeres in den letzten Jahren angestiegen, so daß mehrere Küstenstreifen der Italienischen und der Französischen Riviera sowie an der Adria zunehmend gefährdet sind. Ein erster umfassender Bericht über die wachsende Verseuchung des Mittelmeeres wurde im Dezember 1970 auf einer von der Welternährungsorganisation veranstalteten Fachkonferenz in Bonn vorgelegt. Aus diesem Bericht geht hervor, daß an den Badestränden bei Genua und bei Rom in der kommenden Zeit die Gesundheitsbehörden zeitweise das Baden werden verbieten müssen. Auch an mehreren Abschnitten der französischen Adria ist mit einem solchen Badeverbot zu rechnen.
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Schwerpunkt der starken Verunreinigung der französischen Küste ist der Golf von Marseille. Nach dem 1971 bei einer internationalen Wissenschaftlerkonferenz in Malta vorgelegten Bericht sind die Meeresstrände in der Gegend von Marseille bis zu 300 m meerauswärts durch menschliche Darmbakterien verunreinigt. Es werden neben den Fäkalien Abfälle, Müll und Ungezieferbekämpfungsmittel von den Küsten täglich tonnenweise ins Meer geschwemmt. Man rechnet damit, daß die Verheerungszone heute bereits von Barcelona im Westen mit der ganzen Costa Brava bis weit südlich von Limono im Osten reicht. Weitere Schwerpunkte der Verseuchung sind die nördliche Adria zwischen Venedig und Triest, große Abschnitte der süditalienischen Ostküste, die Bucht von Tunis, die Strandgebiete am Nildelta und die Straße von Messina. Da das Mittelmeer durch die enge Straße von Gibraltar nur wenig Zufuhr an frischem Meerwasser erhält, macht sich in ihm die Verunreinigung besonders auffallend bemerkbar. Es münden in das stark verseuchte westliche Mittelmeer zwei Ströme, nämlich die Rhone in Frankreich und der Po in Italien. Beide sind stark verunreinigt.
Die Meeresorganismen werden mit den flüssigen und festen Abfällen, die ins Meer gelangen, nicht fertig. Eine Untersuchung der Verhältnisse an dem 80 km langen Streifen zwischen Rom und Civita Vecchia ergab, daß der Fischfang bereits zu 25 % rückläufig ist. Für ganz Italien rechnet man mit jährlichen Verlusten von 180 Millionen DM. Die italienische Fischereiflotte kann, durch den Rückgang der Fische bedingt, kaum noch ein Drittel des italienischen Fischbedarfes aus dem Meer decken. Der Tiber muß täglich rund 450.000 kg Fäkalien aufnehmen, die durch die Abwässer der drei Millionen Römer in ihn eingeleitet werden. Der Tiber, einst der »Heilige Strom der Zivilisation«, dessen Wasser bis in die Neuzeit hinein als Tafelgetränk benutzt wurde, ist zu einer einzigen großen Kloake geworden.
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Nicht nur in südlichen Meeren, sondern auch in gemäßigten Zonen, nimmt die Verunreinigung der Meere zu. So nimmt der durchschnittliche Sauerstoffgehalt an der mittleren Ostsee unterhalb von 70 m laufend ab. Bei der starken Sauerstoffzehrung spielt neben natürlichen Prozessen die zunehmende Abfallbelastung der in die Ostsee mündenden Flüsse eine große Rolle.
Neben den organischen und anorganischen Abfallstoffen, die durch belastete Flüsse ins Meer gelangen, spielt das Einbringen von flüssigen und festen Abfallstoffen mit Transportschiffen ins Meer eine große Rolle.
So werden z. B. an der englischen Süd-und Ostküste, ohne Schottland, allein an Industrieabfällen im Jahr 6,5 Milliarden m3 ins Meer eingebracht. Unter den Substanzen, die in flüssiger und fester Form von der Industrie außerhalb der Hoheitsgewässer ins Meer versenkt werden, befinden sich Stoffe, die direkt oder über die Nahrungskette im Meer giftig sind, z. B. Schwermetalle, Quecksilber und Blei. So wurden z. B. von England aus in den Jahren 1963 bis 1968 etwa 40.000 Fässer mit giftigen Stoffen in die Tiefsee, meist im Nordatlantik, versenkt.
Industrielle Schädlingsbekämpfungsmittel gelangen mit Industrieabfällen ebenfalls ins Meer. An einer Stelle der Deutschen Bucht, ca. 14 Seemeilen nordwestlich von Helgoland, werden ständig Industrieabfälle mit Spezialschiffen ins Meer gebracht und dort den Fluten übergeben. In die Seegebiete von England, Belgien, Holland und Deutschland wurden in den letzten Jahren 38.000 Fässer mit chloriertem Kohlenwasserstoff, einer hochgiftigen Substanz, versenkt.
Mit diesen Verunreinigungen der Meere durch feste und flüssige organische und anorganische Substanzen ist es noch nicht genug. Auch radioaktive Abfälle werden im Meer versenkt. Zu diesem Zwecke werden Abfälle geringer Aktivität in Beton eingegossen und in Eisenbehältern der Tiefsee übergeben. Dabei hofft man, daß sie auch dann dort bleiben, wenn die Behälter durch Korrosion zerstört werden.
Für den Laien am stärksten sichtbar wird die Verunreinigung der Meere durch die Ölverschmutzungen (Abb. 30).
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Der größte Teil des Öls strömt nicht, wie man annehmen sollte, durch große Tankerkatastrophen, sondern kommt aus den ständigen kleineren, weniger auffälligen ölabgaben, wie sie durch die Tanker-flotte der Welt bedingt ist. Diese Verschmutzungen entstehen bei der Abgabe von sogenanntem Ballastwasser aus den Öltanks und beim Reinigen der Tanker, bei den notwendigen Werftarbeiten oder bei der Übernahme einer neuen Fracht. Bei allen Schiffen wird öl, das durch Leckagen in die Maschinenräume und in das Bilgenwasser gelangt, mit diesem über Bord gepumpt. Es ist damit zu rechnen, daß jährlich zwischen 0,5 bis 3,5 Millionen Tonnen öl allein durch diese Art der Einleitung in das Meer gelangen. Rechnet man zu diesen Zahlen die großen Tankerunfälle dazu, ferner die Ölverluste bei der Förderung von öl aus Bohrungen im Küstenmeer, beschädigten Pipelines, ölaustritte aus den zahlreichen, auf dem Grund der Meere liegenden Schiffwracks, so kommt man nach den neuesten amerikanischen Untersuchungen zu der unvorstellbaren Zahl von jährlich 5 bis 10 Millionen Tonnen Öl, das in die Weltmeere gelangt. Für die Küstengewässer der Nord- und Ostsee allein dürften es jährlich 50.000 bis 100.000 Tonnen sein.
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Das auf der Meeresoberfläche schwimmende Öl hat zunächst die Tendenz, sich aufgrund der Schwerkraft und der unterschiedlichen Oberflächenspannung beider Flüssigkeiten bis zu einer monomolekularen Schicht auszudehnen. Gewöhnlich kommt der Ausbreitungsvorgang schon vor Erreichen dieser Schicht zum Stillstand, da durch gleichzeitige Verdunstung der flüchtigen Ölbestandteile und durch Ausschwemmung der wasserlöslichen Komponente die Oberflächenspannung des Öls verändert wird. Durch den Seegang kann ein Ölfeld leicht in einzelne Teile zerrissen werden. Bei größeren Ölfeldern können Strömungen infolge örtlicher Differenzen sehr unterschiedlich angreifen und so dazu beitragen, daß die Schmutzfläche weit auseinandergezogen wird, was zusätzlich durch lokale Böen entsteht.
So wurde z. B. bei der sogenannten Torrey-Canyon-Katastrophe am 18.3.1967 vor Land's end das ausgeflossene Öl in drei verschiedenen Teilen auseinandergetrieben. Der erste Teil gelangte in den Kanal und verschmutzte die nordbretonische Küste Frankreichs. Der zweite, erst in der folgenden Woche ausgeflossene Teil, wurde an die Westküste Cornwalls und der am 23.3. beim Bruch des Achterdecks frei gewordene Teil nach Süden, in die Biskaya, vertriftet.
Seegang ist speziell bei Ölverschmutzungen von Bedeutung, weil durch ihn, bei der Aufwirbelung organischer und mineralischer Partikel im untiefen Wasser, Adsorptionsmaterial freigemacht wird, das zur Bildung fester ölklumpen führt, die auf den Boden absinken. Sie können dann bei entsprechender Windstärke auf die Küste zu bewegt werden und am Strand zur erhöhten Ablagerung von ölklumpen führen.
Für den Naturfreund machen sich die Auswirkungen der Ölverschmutzung besonders dadurch bemerkbar, daß er bei seinen Strandwanderungen oft auf verendete Seevögel stößt.
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Man rechnet damit, daß allein pro Jahr über 20.000 Seevögel durch ölverklebtes Gefieder und durch direkte ölaufnahme auf der Erde zugrunde gehen. Die »Ölpest« ist kein Schlagwort, sondern leider nüchterne Wirklichkeit geworden. Wale und Robben sterben durch Ölverschmutzungen, weil sich ihre Nasenlöcher verstopfen und ihre Augen entzünden. Fischeier und Fischlarven werden nicht allein durch das öl selbst, sondern durch die wasserlöslichen Bestandteile des Öls stark beschädigt.
Auf der Erde gibt es kaum ein Seegebiet mehr, in dem nicht Brocken verharzten Öls treiben. Einige seit 1961 vom Deutschen Hydrographischen Institut durchgeführte Beobachtungen der Nordsee ergaben, daß an manchen Stränden während der Badesaison des Jahres 1967 an rund 50 "/<> aller Tage Ölverschmutzungen leichter bis mittlerer Art, an 34 % aller Tage schwere Ölverschmutzungen festgestellt wurden.
Abb. 31 Teilansicht des Markusplatzes, der nach heftigen Regengüssen am 27. August 1969 halb unter Wasser stand.
Touristen waten barfuß durch das Wasser oder balancieren über improvisierte Holzbrücken.
In der linken Bildhälfte ist ein Teil der St.-Markus-Basilika zu sehen
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Ein Zusammentreffen vieler Faktoren der Meeresverunreinigungen und der Veränderung hydrologischer Verhältnisse an der Küste kann auch in der Jetztzeit zum Untergang berühmter Städte führen. Venedig ist dafür ein Musterbeispiel; denn nicht nur in der Antike sind Städte durch die Schuld des Menschen zugrunde gegangen. Man kann sagen, daß Venedigs Todeskampf mit dem Versuch begann, Venedig zu retten (Abb. 31). Gleich nach dem Ersten Weltkrieg hat man mit großflächigen Industrieansiedlungen in unmittelbarer Nähe der Stadt begonnen, um der Stadt neben dem Tourismus das notwendige wirtschaftliche Rückgrat zu geben. Damit der neue Hafen von Marghera von Hochseeschiffen erreicht werden kann, wurde die traditionelle Hafeneinfahrt nordöstlich des Lidos von ca. 7 m Tiefe auf etwa 10 m ausgebaut. Insgesamt sind es drei tiefe Einfahrten, die tiefe Rinnen in den Grund der Lagune gezogen haben und damit den Wasserkreislauf in der Bucht von Venedig vergrößern (Abb. 32). Früher konnte sich bei Flut das einströmende Meerwasser rasch über die flache Bucht verteilen. Es war sauerstoffhaltig. Bei Ebbe zog es in einem Sog die festen und flüssigen Abfallstoffe der Inselstädte ins Meer hinaus. Die durch die Schuld des Menschen verursachten anderen Strömungsverhältnisse veränderten die Zirkulation. Die natürliche Regeneration findet kaum noch statt. Die durch die vermehrte Industrialisierung angewachsene Menge an Abfallstoffen wird nicht mehr in genügendem Ausmaß abgeführt.
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Immer häufigere Überschwemmungen Venedigs sind die Folge. Dazu kommt, daß die Hauptinsel jährlich um etwa 2,4 mm absinkt. In den Jahren 1930 bis 1968 ist das Zentrum der Stadt um 95 mm abgesunken, wobei die Geschwindigkeit des Absinkens mit der zunehmenden Industrialisierung wächst. Über Jahrtausende hin hat sich zwischen den Alpen und der Adria eine hohe Schicht von lockerem, zusammengepreßten Sedimentgestein angehäuft. Diese poröse Schicht mit zahlreichen Hohlräumen übt eine wassertragende Funktion aus. Durch die Industrialisierung wächst der Wasserbedarf des Raumes Venedig. Immer größere Mengen von Grundwasser werden aus der porösen Schicht entnommen, die nach Verlaufen des Wassers aus den Hohlräumen zusammengedrückt wird; das heißt, der Boden sinkt ab.
d) Wärmetod der Gewässer
Nicht nur durch organische und anorganische Substanzen, die Sauerstoff verbrauchen oder giftig sein können, kann der Tod der Organismen im Gewässer erfolgen, sondern auch durch Erwärmung. Man spricht heute von »Abwärme«. Mit zunehmender Temperatur werden einmal alle Abbauvorgänge beschleunigt, der Sauerstoffverbrauch wird höher, das heißt, daß die im Gewässer enthaltenen Schmutzstoffe bei zunehmender Temperatur vermehrt, und zwar unter Verwendung des schon knappen Sauerstoffes, abgebaut werden, so daß Sauerstoffschwund und damit Fischsterben in dem Gewässer auftritt.
Daneben spielen direkte Wirkungen, Wärmeschocks und Wärmestarre, z.B. bei Fischen, eine Rolle. Im Jahre 1975 wird die Kühlkapazität des Rheins erschöpft sein. Nach Untersuchungen einer Kommission darf die Maximaltemperatur des Rheinwassers oberhalb von Basel 25° C und unterhalb Lauterbourg bis zur holländischen Grenze 28° C nicht übersteigen. Außerdem darf die Temperatur des Rheinwassers unterhalb Lauterbourg nie um mehr als 5° C erhöht werden. Die bis zum Jahre 1975 geplanten thermischen Kraftwerke am Rhein mit einer Leistung von 16.000 Megawatt liegen im wesentlichen noch unter dem Bereich der zulässigen Temperaturerhöhung. Darüber hinaus kann der Rhein bei entsprechender Standortwahl noch eine weitere Kühlkapazität von etwa 4000 Megawatt aufnehmen.
Nun gehen aber die bis 1985 bekannten Planungen der Kernkraftwerke weit über diese zulässige Höchstgrenze hinaus, so daß für diese Planungen keine Frischwasserkühlung mehr möglich ist. Man kann die Kraftwerke dann mit Rückkühlung über Kühltürme betreiben. Das wird besonders immer dann notwendig sein, wenn der Rhein Niederwasser hat, was normalerweise in den Monaten Oktober und November der Fall ist.
e) Gefahren in der Luft
Ein junger Planet, wie es unsere Erde vor 3 Millionen* Jahren war, ist mit einer Atmosphäre umgeben, die statt Kohlendioxyd Methanwasserstoff und Ammoniak enthält, aber keinen Sauerstoff. Eine Anreicherung der Atmosphäre mit Sauerstoff kann erst dann eintreten, wenn auf der Erde pflanzliches Leben existiert. Man nimmt an, daß bei einem Sauerstoffgehalt der Atmosphäre von etwa 1 % seines heutigen Gehaltes Lebewesen auf der Erde auftreten konnten.
Das Leben auf der Erde steht also in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Sauerstoff. Wenn dieser sinkt, wird auch das Leben auf der Erde erschwert. Aus diesem Grunde sind die Untersuchungen amerikanischer Medizinstatistiker nicht verwunderlich, die zu dem Ergebnis kommen, daß die Lebenserwartung eines Neugeborenen um drei bis fünf Jahre erhöht werden könnte, wenn die Luftverschmutzung in den Ballungszentren um die Hälfte verringert würde. Sie kommen weiter zu der Feststellung, daß die Zahl der Herz- und Kreislauferkrankungen um 10 bis 15 %, die Lungenerkrankungen um 25 % gesenkt und die Zahl der Todesfälle durch Lungenkrebs erheblich vermindert werden könnte. Wer einen Tag im Zentrum einer Großstadt lebt atmet soviel Giftstoffe ein, wie in zwei Packungen Zigaretten enthalten sind. Es ist bekannt, daß Schwefeldioxyd ein unsichtbares Abgas ist, das bei fast allen Verbrennungsprozessen entsteht und das beim Menschen den Schutzmechanismus der Atemwege gegen eindringende Fremdstoffe und Krankheitskeime lahmlegt. In den Vereinigten Staaten spielt der Kampf gegen die Umweltverschmutzung — und in diesem Rah-
*(d-2015:) Wohl Milliarden
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men besonders gegen die Luftverschmutzung — in der Innenpolitik eine große Rolle. Es gilt — so formulierten amerikanische Wissenschaftler in Abwandlung des Kennedy-Wortes, das den Wettlauf zum Mond eröffnete — noch in diesem Jahrzehnt, den Menschen auf eine saubere Erde zu bringen.
In Westdeutschland stoßen heute jährlich 14 Millionen Kraftfahrzeuge 7000 Tonnen Blei, 8 Millionen Tonnen Kohlenmon-oxyd, 1,2 Millionen Tonnen Kohlenwasserstoff und 12.000 Tonnen Schwefelteilchen aus. Etwa ein Drittel der Luftverschmutzungen in den Industriestaaten entstehen durch Autoabgase, die restlichen zwei Drittel durch Abgase der Industrie- und Privatheizungen. Es ist aus diesem Grunde nicht verwunderlich, daß in Zonen mit hoher Verkehrsdichte schwere Gesundheitsschäden wie chronische Bleivergiftung, Kreislauf- und Nervenschäden auftreten. Darüber hinaus kann man chronische Vergiftungen von Pflanzen und Tieren beobachten. Diese Schäden sind erklärlich, wenn man erfährt, daß in der Bundesrepublik jährlich folgende Verschmutzungsmengen emittiert werden:
2 Millionen Tonnen Staub
2,5 Millionen Tonnen Stickoxyde
5 Millionen Tonnen Schwefeldioxyd
7 Millionen Tonnen Kohlenmonoxyde
3 Millionen Tonnen Kohlenwasserstoffe.
Der Kohlensäuregehalt der Atmosphäre ist seit dem Beginn unseres Jahrhunderts um etwa 15 % gestiegen. Er wird im Jahre 2000 um 25 % höher liegen als um 1900 (Abb. 33).
In den Verdichtungsgebieten der Bundesrepublik Deutschland erzeugen Kraftfahrzeuge 407«, Hausbrand 30 7c, Industrie und Gewerbe 30 7c der Luftverschmutzung. Eine Boeing 707 erzeugt beim Start ebensoviel Abgase wie 6850 Volkswagen. Die Durchschnittsemissionen pro Kraftfahrzeug und Jahr betragen:
297 kg CO (giftig)
39 kg Kohlenwasserstoffe (krebserregend)
10 kg Stickoxyde (giftig)
2 kg Staub
1 kg SO2 (giftig)
0,5 kg Bleiverbindungen (giftig).
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Abb. 33 Schmutz- und Korrosionsschicht auf einem Satyr aus Bronze (um 1620)
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Neben den Auspuffgasen entstehen erhebliche Schäden durch die Verbrennung der Rückstände aus Verpackungsmaterial, das aus Polyvenylchlorid (PVC) besteht. Bei der Verbrennung entstehen pro kg PVC etwa 500 g an dampfförmiger Salzsäure, die mit dem Regen zurück auf die Erde gelangt. Das heißt, etwa die Hälfte des Verpackungsmaterials, das wir verbrennen, geht als Gift wieder auf uns nieder. Es ist bekannt, daß sich beim Verbrennen von Industriestoffabfällen, in Ziegeleien und Beizereien und in der Nähe von Kali- und Sodafabriken, in der Luft Salzsäurenebel bilden können. Man weiß, daß Chlorwasserstoff ein starkes Reizgas ist. Von Aluminiumfabriken, Gießereien, Glashütten und Porzellanfabriken wird Fluorwasserstoff erzeugt. Fluor ist ein starkes Zell- und Nervengift, das den Zellstoffwechsel- und den Kalziumhaushalt des Körpers beeinflußt. Pflanzen gehen durch gasförmiges Fluor zugrunde. Damit wird die Assimilationstätigkeit beeinträchtigt, die für eine Anreicherung der Atmosphäre mit Sauerstoff unbedingt erforderlich ist.
Neben den gasförmigen Verunreinigungen spielen feste Verunreinigungen durch starke Ruß- und Staubstoffe eine große Rolle. Ruß, der bei unvollkommener Verbrennung entsteht, kann in die Atemwege eindringen und sich in der Lunge ablagern. Bewohner von Gegenden solcher staubausscheidenden Industrien erkranken unter der berüchtigten »Staublunge«. Es kommt einmal zu einer direkten Schädigung durch Organzerstörung oder durch Übertragung toxischer Stoffe, z. B. des Penzpyrens, eines Kohlenwasserstoffes, der u. a. im Steinkohlenteer vorkommt und als Krebserreger bekannt ist.
Auf der Erde nimmt die Zahl der Städte, in denen vorübergehend »Luftnotstand« ausgerufen werden muß, immer mehr zu. Dieser Notstand ist dann gegeben, wenn es zu einer Kontamination kommt, d. h. wenn in einer kalten Luftschicht unterhalb der wärmeren Inversionen Bodennebel entstehen.
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Es gibt auf der Erde bereits Städte mit einem Alarmstufenplan, der z.B. für Verbrennungsanlagen so aussieht:
Stufe 1: Krankenhäuser und Müllabfuhr drosseln die Müllverbrennung. Die Bevölkerung wird aufgefordert, das Autofahren einzuschränken.
Stufe 2: Die Müllverbrennung wird allgemein gedrosselt. Die Müllabfuhr erfolgt auf Ablageplätzen außerhalb der Stadt. Die bestehende Verschmutzung (Industrie und Autos) wird scharf kontrolliert.
Stufe 3: Fahrverbot für Autos mit Ausnahme der Feuerpolizei, Ärzte- und Krankenwagen, Müllabfuhr, Massenverkehrsmittel und Reparatureinsatzwagen.
Stufe 4: Nur Autos des Notdienstes oder lebenswichtiger Betriebe dürfen noch fahren. Die Müllverbrennung wird gänzlich eingestellt, die Kraftstromversorgung wird auf das äußerste gedrosselt.
F. Lärm
Es gibt keine genaue Definition für Lärm, da Geräusche auf den einzelnen verschieden lästig wirken. Folgende Lärmarten sind hierbei zu unterscheiden:
1. Alltagslärm (z. B. Radiogeräte, Haushaltgeräte)
2. Verkehrslärm (z. B. Straßenverkehr, Luftverkehr)
3. Industrie- und Gewerbelärm (z. B. Baulärm).
Falls der Lärm nicht bereits Schwerhörigkeit bewirkt hat, ruft er aber Störungen im vegetativen Nervensystem hervor, verbunden mit Verengungen der Blutgefäße, Durchblutungsstörungen in der Haut und Veränderungen des Stoffwechsels.
Man bedient sich beim Schallpegel der Einheit Dezibel (db). Dieser Pegel ist ein logarithmisches Maß. Jede Zunahme um 10 db bedeutet also eine Verdoppelung der Lautstärkenwahrnehmung.
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Von der Bundesregierung herausgegebene Anleitungen zum Schutz gegen Lärm für Gebiete, in denen nur gewerbliche Betriebe untergebracht sind, empfehlen Höchstgrenzen bei Tag und bei Nacht von 70 db. Gebiete, in denen vorwiegend gewerbliche Betriebe untergebracht sind, werden mit 65 db bei Tag und 50 db bei Nacht angegeben. Wenn es sich um Gebiete mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen handelt, werden bei Tag Grenzzahlen von 60 db und bei Nacht von 45 db angezeigt. Bei Gebieten mit überwiegenden Wohnungen werden bei Tag 55 db und bei Nacht 40 db als Höchstgrenze zugelassen. In ausschließlichen Wohngebieten werden Höchstgrenzen bei Tag von 50 db und bei Nacht von 35 db angegeben. In Gegenden mit Kurgebieten und Krankenhäusern werden bei Tag Höchstgrenzen von 45 db und bei Nacht von 35 db zugelassen. Bei Wohnungen, die mit gewerblichen Anlagen baulich verbunden sind, werden höchstens bei Tag 40 db und bei Nacht 30 db genehmigt. Als Schallgrößen der Lärmquellen in 7 m Entfernung können gelten:
Düsenflugzeuge 120—130 db
Preßlufthämmer 90-100 db
Kraftwagen 80- 85 db
Normale Unterhaltung 50— 60 db
Ticken eines Weckers 20— 30 db
G. Gift als Mitgift
In der modernen Industriegesellschaft werden neben Ölen auch Schwermetalle, Benzole und andere chlorierte Kohlenwasserstoffe produziert, die direkt oder indirekt für den Menschen giftig sind. Die Gesundheitsschäden durch Zivilisationsgifte können entweder durch direkte Einwirkung oder durch indirekte Einwirkung, z.B. durch den Genuß von Tieren aus dem Süßwasser und dem Salzwasser auftreten. Es ist bekannt, daß Arsen, Kupfer, Blei und Quecksilber von Organismen in vieltausendfach größerer Menge als vom umgebenden Wasser aufgenommen werden und schließlich eine gesundheitsschädigende Konzentration erreichen.
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Gifte können indirekt entstehen, indem durch Überdüngung des Wassers eine Massenproduktion giftiger Algen auftritt, die Nervengifte erzeugen, ihrerseits zu Fischsterben führen und sich darüber hinaus in Muscheln ansammeln können, wobei es bei deren Genuß durch den Menschen zu Nahrungsmittelvergiftungen kommen kann. Man hat z. B. Hechte gefangen, die 3000mal mehr Quecksilber enthielten als alle anderen Lebewesen in dem betreffenden See. Im Körper von Seehunden aus dem Beringmeer fand man Quecksilber in einer so hohen Konzentration wie sie bei Tierfleisch maximal gerade noch als zulässig gilt.
Die ersten Hinweise auf die Gefährlichkeit von Quecksilber in Wasser und Abwasser wurden 1963 in Japan bekannt, als dort 41 Menschen an Quecksilbervergiftungen starben, nachdem sie Fleisch und Muscheln verzehrt hatten, die durch Abwasser aus einer chemischen Fabrik mit diesem Schwermetall angereichert worden waren. Man spricht von der sogenannten Mina-Mato-Erkrankung der Menschen. Untersuchungen, die in den Jahren 1966 bis 1969 in Schweden und in den USA durchgeführt wurden, ergaben an einigen Stellen bei Fischen sehr hohe Quecksilbermengen, die man entweder auf Abwasser aus Chlor-Alkali-Betrieben oder auf umfangreiche Anwendung von Waschmitteln zurückführen konnte. Quecksilber tritt normalerweise in anorganischer Form auf. Wenn es durch Bakterien zu Methylquecksilber, also organischem Quecksilber, umgeformt wird, treten wesentlich andere giftige Eigenschaften als in der anorganischen Form auf, nämlich besonders schwere Schädigungen im Zentralnervensystem.
Grundsätzlich ist beim Quecksilber zu beobachten, daß es durch die biologische Nahrungskette stark angereichert werden kann. Deshalb werden die Höchstkonzentrationen in Raubfischen beobachtet. Quecksilber wird vor allem von der chemischen Industrie ins Wasser gegeben.
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Allein in den USA fallen jährlich Abfälle an, die 2000 Tonnen Quecksilber enthalten und zum größten Teil ins Abwasser gelangen. Ein 13 Milliardstel Gramm Quecksilber im Blut des Menschen ist, wie man in Japan feststellte, bereits tödlich.
In den USA hat man in handelsüblichen Waschmitteln Arsen in hohen Konzentrationen festgestellt. Bei vorschriftsmäßiger Anwendung im Haushalt überschreitet die Arsenkonzentration den für Trinkwasser von dem US Public Health Service empfohlenen Wert erheblich. Das Gift wird in der Kläranlage nicht aus dem Wasser entfernt. In manchen Ländern Europas werden noch heute arsenhaltige Sprühmittel zur Schädlingsbekämpfung benutzt. Deshalb können sich Menschen nicht nur mit dem Trinkwasser, sondern auch mit dem Obst und Gemüse, das sie essen, arsenvergiften.
Die jährliche Produktion an Pestiziden — Präparate zur Vernichtung von Schädlingen, auch Biozide genannt — beträgt rund 1,200.000 Tonnen; die Produktion in der Bundesrepublik 142.000 Tonnen, in den USA über 400.000 Tonnen. Man rechnet damit, daß der jährliche Gesamtverbrauch an Bioziden in der Bundesrepublik über 50.000 Tonnen beträgt, die übrige Menge wird exportiert.
Von den Bioziden sind als wichtigste Insektenvertilgungsmittel das DDT (chlorierte Kohlenwasserstoffe) und E 605 (organische Phosphorverbindungen) bekannt.
Das Hauptkennzeichen dieser Verbindungen ist ihre Unlöslichkeit in Wasser und die gute Löslichkeit in Fetten, ölen und organischen Lösungsmitteln. Die Präparate wirken nicht gezielt lediglich auf die Schädlinge, sondern vernichten auch die für die Land- und Forstwirtschaft sehr wichtigen Nutzinsekten, z. B. die Bienen. Bei Warmblütern rufen Kohlenwasserstoffe chronische Vergiftungen hervor, die sich dadurch auszeichnen, daß sie nur sehr langsam abgebaut werden. So verbleibt z. B. DDT bis zu 30 Jahren wirksam im Boden. DDT ist heute weltweit verbreitet.
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Sowohl die Muscheln, Fische, Vögel und Seehunde der Nord- und Ostsee, als auch die antarktischen Fische, Vögel und Robben weisen erhebliche Anreicherungen von DDT auf.
DDT und andere Kohlenwasserstoffe werden im Wasser von pflanzlichen und tierischen Organismen aufgenommen und in diesen gespeichert, ohne durch diese DDT-Konzentrationen zugrundezugehen. Durch die Nahrungskette erfolgt eine Anreicherung des Giftes von Organismus zu Organismus, so daß es schließlich zu einer solchen Dosis kommt, die giftig ist.
Der erwachsene Mensch in der Bundesrepublik weist heute einen mittleren DDT-Gehalt von 4 mg je kg Körperfett auf. Beim Amerikaner liegen die Werte um das 2V2fache höher (Abb. 34). Im menschlichen Körper reichern sich das DDT und andere chlorierte Kohlenwasserstoffe besonders im Fettgewebe an, werden leicht in Organen mit fettähnlichen Substanzen (Lipoiden) gespeichert und gelangen dadurch in die Nervenbahnen, in Leber, Herz und Keimdrüsen.
Antibiotika sind unentbehrlich zur Behandlung kranker Menschen und Tiere. Sie haben aber die Nebenwirkung, daß sie, dem Tierfutter zugesetzt, die Tiere schnell Fleisch ansetzen lassen, so daß man diese Präparate gern zur Tiermast benutzt. Dadurch fördert man die immer stärkere Ausbreitung von Bakterienstämmen, die immun gegen Antibiotika sind. Darüber hinaus nimmt der Arzneimittelgebrauch gerade in der europäischen
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Landwirtschaft immer mehr zu. In der Bundesrepublik werden jährlich schätzungsweise für 50 Millionen DM Arzneimittel unkontrolliert unter die Bauern gebracht. Das ist rund die Hälfte des gesamten Arzneimittelumsatzes der Ärzte. Ist diese Entwicklung noch zu verantworten?
Die Folgen der Vergiftungen der Umwelt machen sich oft nach Jahrzehnten erst bemerkbar. In den Jahren 1925 bis 1942 war es den deutschen Winzern erlaubt, im Weinbau arsenhaltige Schädlingsbekämpfungsmittel zu verwenden. Es ist auffallend, daß solche Weinbauern, die damals mit dem Gift in Kontakt kamen, einige Jahrzehnte später an Krebs starben.
Das schleichende Gift, das wir über die pflanzliche und tierische Nahrung, über Wasser und Luft zu uns nehmen, kann gefährliche Konzentrationen erreichen.
h) Gestörte Umwelt verursacht kranke Menschen und kranke Haustiere
Krankheiten des Menschen und der Haustiere sind oft umweltbedingt. Die Schädigung der Umwelt führt zu einer Verschiebung des ursprünglichen, in der Natur vorhandenen Gleichgewichtes. Manche unter natürlichen Bedingungen unterdrückte Organismen erhalten durch die Verschiebung des Gleichgewichtes bessere Lebensbedingungen, entwickeln sich plötzlich stark und werden von ursprünglich harmlosen Begleitorganismen zu Krankheitserregern.
Die Veränderung der Umwelt wirkt sich z. B. auf den Abwehrmechanismus des Menschen und der Haustiere aus. Lebt der Mensch in gesunder Umgebung, in gesunden Räumen, nicht in zu großer Enge auf zu kleinem Raum und unter natürlichen Nahrungsbedingungen, ist die Widerstandskraft seines Organismus so groß, daß er nur unter ganz besonderen Bedingungen durch Krankheitskeime geschädigt werden kann. Eine hervor-
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ragende Rolle im Abwehrmechanismus im menschlichen Körper spielt die Leber. Sie hat die Aufgabe, den Körper zu entgiften und Abwehrstoffe gegen Krankheitskeime zu liefern. Haben wir in unserer Umgebung Giftstoffe, so werden sich diese am ehesten in der Entgiftungszentrale des menschlichen Körpers, nämlich in der Leber, speichern. Deshalb ist auch im »Zivilisationsmenschen« der Gehalt an sogenannten Bioziden, das sind Reste von Präparaten der Schädlingsbekämpfung, wie wir sie mit der Nahrung aufnehmen, so relativ hoch (s. Seite 87). Damit wird der Abwehrmechanismus des Menschen durch die chronisch geschädigte Leber herabgesetzt, wobei, wir in vielen Fällen gar nicht direkt spüren, daß unsere Leber bereits geschädigt ist. Wenn nun früher harmlose Organismen durch die gestörte Umwelt plötzlich zu Krankheitserregern werden und diese auf die geschädigte Leber treffen, erkrankt sie eher, als das früher in einer heilen Umwelt der Fall war.
Das gestörte Verhältnis zwischen Umwelt, Krankheitserreger und geschädigter Leber spielt nicht nur beim Menschen, sondern auch bei den Haustieren eine große Rolle. Unter den Bedingungen der heutigen Intensiv- oder Massentierhaltung fehlt der sogenannte Raumfaktor, der für die Gesundheit des Haustieres so wichtig ist. Gleichzeitig ist mit der Intensivhaltung in »Biofabriken« die Automatisation verbunden. Das führt wieder dazu, daß mit den Änderungen der konventionellen Düngungsmethoden und mit der Haltung von vielen Tieren auf kleinem Raum Probleme auftreten, wie sie in der Landwirtschaft bisher unbekannt waren. Hohe landwirtschaftliche Produktion auf kleinem Raum führt zum Entstehen von Großbetrieben und zu einer Änderung im Produktionsablauf. Der Landwirt ist nicht mehr in der Lage, den im Betrieb produzierten festen und flüssigen Dünger auf eigenem Grund und Boden unterzubringen. Er versucht, die festen und flüssigen Abfallstoffe über die sogenannte Schwemmentmistung durch die Kanalisation abzuführen.
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Der alte Satz, daß Jauche und Mist nach entsprechender Vorbereitung als wertvoller organischer Dünger ausschließlich auf die Felder gehören, gerät immer mehr in Vergessenheit. Dafür gefährdet die Schwemmentmistung, durch die sperrigen Zellulosebestandteile des Wiederkäuermagens bedingt, den Betrieb einer mechanisch-biologischen Kläranlage, die wiederum zur Vernichtung vieler Krankheitskeime von großer Bedeutung ist.
Die veränderte Umwelt in »Biofabriken« gefährdet die Haustiere gesundheitlich. Die unnatürliche Lebensweise führt beim Haustier zu chronischen Leberschäden, so daß dadurch wiederum der Abwehrmechanismus gegen Krankheitskeime herabgesetzt wird. Man versucht, in den Biofabriken die Gefahr des Aufkommens von Krankheitserregern dadurch zu unterbinden, daß man die Tiere gegen gewisse Krankheiten impft und ihnen mit dem Futter und Trinkwasser Medikamente zuführt.
Diese Medikamente können auch gespritzt werden und haben den Zweck, nicht nur die Tiere von Krankheitserregern zu befreien, sondern ihnen auch, z. B. durch das Eingeben von Antibiotika oder Hormonpräparaten, ein schnelleres und besseres Wachstum zu ermöglichen. Vergessen wird dabei, daß bei unkontrollierter Verabreichung von Arzneimitteln an Haustiere durch den Genuß dieses Fleisches auch beim Menschen gesundheitliche Schädigungen auftreten. Hat der Mensch Fleisch, das Antibiotikarückstände enthält, genossen, können die entsprechenden Bakterienstämme immun werden, so daß er selbst, wenn er seinerseits Antibiotikabehandlung vom Arzt verordnet erhält, bereits immun gegen diese Bakterien geworden, die Behandlung somit erfolglos ist.
Die Gefahr der Schädigung des Menschen durch Präparatrückstände aus dem Fleisch der Haustiere ist ernst zu nehmen. Über den sogenannten »Grauen Markt«, der nicht vom Tierarzt kontrolliert wird, gelangen meist Präparate in Mengen in das Fleisch und damit als schädigende Rückstände wieder in den menschlichen Körper. Nach amtlichen Schätzungen liegt der Wert der Präparate, die Rindern, Schweinen und Geflügel jährlich ohne ärztliche Kontrolle zugeführt werden, in der BRD bei 40 bis 50 Mio DM.
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Neben der Verwendung von Antibiotika über Hormonpräparate ist die Gefahr bei Verabreichung von Thyrreostatika sehr groß; das sind solche Mittel, die durch eine Veränderung der Schilddrüsenfunktion das Wachstum der Haustiere beschleunigen sollen.
Reste dieser Präparate speichern sich im Fleisch und wirken nachteilig auf die Schilddrüse des Menschen ein. Weiterhin sind es beim Tier verwendete Narkosepräparate, die den Menschen durch den Genuß von dessen Fleisch schädigen. Diese Narkotika werden benützt, wenn die Tiere zum Schlachthof transportiert werden. Reste dieser Narkotika gehen durch den Verzehr auf den Menschen über und wirken sich' nachteilig aus.
Der Mensch wird demnach nicht nur unmittelbar geschädigt durch seine veränderte Umwelt, wie sie sich aus den Gefahren zu Lande, zu Wasser und in der Luft ergeben, sondern mittelbar durch die veränderte Umwelt der Haustiere. Es ist bei dieser Summierung der negativen Effekte deshalb nicht verwunderlich, daß die Anfälligkeit des Menschen und der Haustiere gegenüber Krankheitserregern wächst. Ansteckende Krankheiten werden nicht nur durch Erreger tierischer oder bakterieller Herkunft hervorgerufen, sondern auch durch Viren. Virenerkrankungen des Menschen werden immer häufiger. Die fast in jedem Winter auftretende echte Grippe und die sogenannten grippalen Infekte sind genauso durch Viren verursacht wie Masern, spinale Kinderlähmung und Hepatitis, die infektiöse Gelbsucht. Die Virusempfindlichkeit des Menschen wächst durch die geschädigte Umwelt. Sein Abwehrmechanismus wird besonders durch chronische Leberschädigungen herabgesetzt. Die Viren passen sich den für sie immer günstiger werdenden Bedingungen an, so daß immer neue Stämme entstehen, die zum Teil hochpathogen sind. In diesem Zusammenhang ist die Zunahme der infektiösen Gelbsucht bezeichnend. Kommt der Betreffende mit dem Leben davon, so bleibt zumindest ein herabgesetztes Wohlbefinden zurück, und der Zwang zur Diät für den Rest seines Lebens ist erforderlich.
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Die geschädigte Umwelt mit ihren veränderten Lebens- und Nahrungsbedingungen führt im Zusammenhang mit der herabgesetzten Widerstandskraft immer mehr zu allergischen Erscheinungen des Menschen. Die wachsenden Allergien, d. h. krankhafte Empfindlichkeiten gegenüber (unter normalen Verhältnissen) harmlosen Substanzen, kennzeichnen den in der Industrielandschaft lebenden Menschen.
Es ist also nicht damit getan, diese Zusammenhänge zu erkennen, sondern man muß Maßnahmen ergreifen, diesen durch die Schuld des Menschen geschaffenen Teufelskreis von Umweltschäden und Krankheitserregern zu zerstören. Die Hauptverbreitung von pathogenen Bakterien, Viren und Wurmeiern erfolgt über das Wasser. In den USA sind z. B. 50%, in Kanada 33% aller Krankheitsfälle durch Salmonellen, das sind speziell Erreger von Typhus, Paratyphus und infektiösen Durchfällen, durch verseuchtes Oberflächenwasser verursacht. Möwen und andere Seevögel können durch die mit Salmonellen verunreinigten Häfen stark in Mitleidenschaft gezogen werden und ihrerseits nach erlittener Infektion wieder Salmonellen ausscheiden. Da sich im Binnenland Lachmöwen in zunehmendem Maße von Abfällen aus Müllkippen und Kläranlagen ernähren und deshalb im Bereich von Städten immer bessere Ansiedlungsmögiichkeiten finden, wird durch diese Tiere die Gefahr der Ausbreitung von Salmonellen zunehmen. Salmonellen können sich z. B. in Miesmuscheln bis zu 30 Tage halten.
Die Ausbreitung von Seuchen bei Mensch und Tier, die durch Wasser bzw. Abwasser übertragen werden, kann durch Kläranlagen eingeengt werden. Mit der Zusammenfassung der Abwässer einer Stadt im Hauptsammler und dessen Führung zur Zentralkläranlage wird auch die Seuchengefahr eingeengt. Die Geschichte der Abwasserreinigung ist deshalb ein ständiger und erfolgreicher Kampf gegen die Seuchen. München und Hamburg wurden im vorigen Jahrhundert erst dann von den großen Typhusepidemien befreit, als Pettenkofer in München und Lindley in Hamburg die Zentralkanalisationen durchsetzten.
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Die Zahl der Krankheitserreger, die im Abwasser einer Großstadt enthalten sind, ist fast unvorstellbar groß. Da Menschen nach überstandener Infektionskrankheit Ausscheider von Krankheitskeimen bleiben können, ohne selbst durch diese Erreger geschädigt zu werden, spielen diese Dauerausscheider in einer Großstadt eine erhebliche Rolle. Die von ihnen ausgeschiedenen Keime sind zwar für sie selbst nicht mehr krankheitserregend, wohl aber für ihre Umgebung. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß man Keime von Typhus, Paratyphus, infektiöser Durchfälle, Tuberkulose, Milzbrand, spinaler Kinderlähmung, infektiöser Gelbsucht, von der WeiPschen Krankheit und Feldfieber dauernd in den Abwässern speziell der Großstädte findet.
Eine Vorstellung über die Menge an Krankheitserregern, die täglich mit dem rohen Abwasser in eine Kläranlage geführt werden, erhält man, wenn man die Wurmeier zählt.
Eingeweidewürmer kommen als Krankheitserreger bei Mensch und Haustier vor. Sie gelangen über die Fäkalien oder mit den Schlachthofabwässern in die Kanalisation. Vergleichende Untersuchungen in Großstädten Europas, Nordamerikas, Nordafrikas, Vorderasiens und Ostasiens haben ergeben, daß 1 Million Einwohner täglich rund 1,5 Milliarden Wurmeier produzieren. Die Wurmeier setzen sich in Europa und Nordamerika zu einem Drittel aus solchen zusammen, die aus dem Menschen stammen, und zu zwei Dritteln aus solchen, die von Haustieren, besonders von Schweinen, stammen. Diese Zahlen mögen überraschen. Wenn man sich aber überlegt, wie viele Eier der Rinderbandwurm des Menschen oder der Spulwurm des Schweines täglich produzieren, so werden diese Zahlen verständlich. Der Rinderbandwurm des Menschen wird 8 bis 10 m lang. Täglich gehen mit dem Kot ein bis drei Glieder dieses Bandwurmes ab. Jedes Glied enthält ca. 50.000 Eier. Ein großer Spulwurm produziert täglich ca. 10.000 Eier (Abb. 35).
Der Mensch kann sich von dieser Flut der Krankheitserreger, wie sie im Abwasser enthalten sind, dadurch befreien, daß er diese Abwässer mechanisch und biologisch klärt. Durch ausreichend bemessene Kläranlagen ist es heute möglich, den Großteil der Krankheitskeime zurückzuhalten.
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Eine Ausnahme von diesen Möglichkeiten der Vernichtung von Krankheitskeimen in Kläranlagen machen jedoch die Viren. Da, durch Umweltschäden bedingt, die Viren, welche die infektiöse Gelbsucht verursachen, sich immer stärker ausbreiten, stellt ihre Beseitigung ein besonders dringliches Problem dar. Durch verunreinigtes Wasser kann sich der Mensch mit der infektiösen Gelbsucht entweder direkt oder indirekt infizieren. Wenn Tiere, wie z.B. Austern oder Miesmuscheln, abwasserhaltiges Meerwasser filtrieren, gelangen dadurch die Viren in die Weichtiere und durch deren Genuß in den Menschen. Viel zuwenig von der Öffentlichkeit beachtet ist die in den letzten Jahren gewonnene Erkenntnis, daß Viren, im Gegensatz zu Bakterien und Wurmeiern, nicht durch die bisher üblichen Klärverfahren vernichtet werden.
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Im biologisch gereinigten, klaren Wasser, das die Kläranlage verläßt, schlummert also noch Gefahr. Man ist deshalb dabei, Methoden zu entwickeln, etwa durch Chlorierung oder Ozonisierung des geklärten Abwassers, auch diese Keime zu vernichten. So steht die Wissenschaft mit ihren Versuchen, z.B. an den Klärsystemen, aufgestellt im Abwasserversuchsfeld in München, im dauernden Einsatz, neue Möglichkeiten der Reinigung verseuchten Abwassers zu erschließen; denn allein in der Bundesrepublik wird ja in einzelnen Landstrichen, z.B. im Ruhrgebiet, 2,5mal aus Abwasser Trinkwasser bereitet. Unser Planet wird unbewohnbar, wenn das eines Tages nicht mehr ganz befriedigend gelingen würde!
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Hans Liebmann 1973