I.4 Techniken der Entwirklichung
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Der Versuch, sich der Nazivergangenheit durch De-Realisierung, durch Rückzug der Objektlibido zu entledigen, und die Folgeerscheinungen dieser Gewaltmaßnahme: Ich-Entleerung sowie sozialer und politischer Immobilismus, wurden bisher modellhaft skizziert.
Es folgen jetzt drei Beispiele aus der klinischen Praxis, dann der Hinweis auf einige Vorgänge, die wir als exemplarisch für den politischen Alltag der Bundesrepublik Deutschland ansehen.
Diese Demonstrationen lassen sich als Seh- oder Aufmerksamkeitsübungen bezeichnen. Man kann an ihnen anschaulich wiederfinden, was mancher Leser zunächst vielleicht für übertriebene Verallgemeinerungen gehalten haben mag. Die Beispiele sind also nicht spektakulär, sondern so unauffällig, so alltäglich wie möglich gewählt.
Zunächst noch eine kurze Vorbemerkung.
Für den Forscher auf dem Gebiete psychoneurotischer und psychosomatischer Krankheiten mochte die Voraussage naheliegen, daß sie nach dem Zusammenbruch in nicht kleiner Zahl auftreten würden. Verschiedene psychische Prozesse könnten dabei ineinandergreifen: die Charakterformung durch die kulturspezifische Kindheitsneurose, die mit dazu beitrug, daß man Glaubender, gehorsames Werkzeug der Aggression und des Größenwahns geworden war, und die Reaktionen auf das aktuelle Trauma, das eine weitere Regression zu infantilen Verhaltensweisen, unlösbare innere und äußere Konflikte schaffen und psychisch bedingte Krankheiten auslösen würde.
Erstaunlicherweise kam es keineswegs zu einer solchen massenhaften Vermehrung von Versagenszuständen, die bis zur klinisch faßbaren Krankheit geführt hätten. Aus den Aufzeichnungen über rund 4000 Patienten, die wegen neurotischer oder körperlicher Erkrankungen in den letzten Jahren die Psychosomatische Klinik der Universität Heidelberg aufsuchten, geht hervor, daß sich nur extrem wenig Anhaltspunkte für den Zusammenhang ihrer gegenwärtigen Symptome mit Erlebnissen in der Nazizeit fanden.
Diese Vergangenheit lastete offenbar nicht so, daß sie nur unter Zuhilfenahme seelisch motivierter Symptome zu bestehen war. Deklarierte Nazis erschienen so gut wie nie; soweit sie es geblieben waren, kamen sie mit der Fortführung ihrer Idealisierungen, Projektionen und Ressentiments — möglicherweise in der Bindung an rechtsextremistische Gruppen — offenbar gut aus. Diese kleine Gruppe verleugnete also nicht die Verbrechen des Dritten Reiches, sondern die Tatsache, daß es sich überhaupt um Verbrechen handelte.
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Angesichts dieser spärlichen Hinweise auf eine innere Belastung, die nicht mit normalen Mitteln zu bewältigen gewesen wäre, konnte man die Meinung gewinnen, Deutschland sei nie »braun« gewesen, es habe 1945 höchstens eine Gruppe brauner, das heißt fremder »Besetzer« verloren.
Die auffällige Tatsache eines Ausbleibens von Anzeichen innerer Krisen bedarf demnach einer Erklärung.
Wir sehen sie in dem Umstand, daß zwar eine Neurose in der Kindheit dazu präformiert, daß später unter größeren Belastungen neuerlich neurotische Erkrankungen auftreten; dieser aktuelle Stress ist aber für alle am Dritten Reich Beteiligten und in ihm Lebenden 1945 weniger aus individuellen inneren Konflikten erwachsen, sondern weit mehr aus Prozessen, welche die gesamte Gesellschaft erschütterten. Es macht einen folgenschweren Unterschied aus, ob zum Beispiel massiver klinischer Verfolgungswahn sich in einem einzelnen Individuum auf Grund der Konflikte seiner Kindheit und seines späteren individuellen Lebens entwickelt oder ob in einer Gesellschaft sich ein Konformitätszwang zu ebenfalls massiver aggressiver, wahnhafter Projektion auf einen scheinbar mit unheimlichen Kräften ausgestatteten Verfolger ausbreitet.
Auch dieser Wahn kann, solange er besteht, die kritischen Einsprüche des Ichs paralysieren. Aber offenbar kann dieses Wahnsystem folgenloser, rascher zerfallen, sobald der manipulierte Druck von außen nachläßt. Jetzt entsteht dem Ich eine neue Aufgabe: der Umgang mit der Schuld, die während der kollektiven Wahnphase aufgehäuft wurde. Das kann im Annehmen, im reuevollen Vergegenwärtigen des Geschehens bestehen oder in der Anwendung solcher Abwehrmechanismen gegen die bedrohliche Realität, wie wir sie in der Kindheit unter dem Einfluß von Strafangst benützt haben; die Verleugnung der Schuld ist ein wesentlicher dieser Mechanismen.
Das Ausbleiben gefühlter, innerlich erlittener Reue für das, was unter der Herrschaft des Dritten Reiches sich zutrug, zeigt uns, daß ein neuer Abschnitt des neurotischen Prozesses eingesetzt hat, in dem nun nicht mehr das »acting out« destruktiver Phantasien unter einem »umgekehrten« Gewissen, sondern das Verleugnen dieser Triebimpulse und die anteilnahmslose Distanzierung von den verbrecherischen Handlungen im Vordergrund des Geschehens steht.
Es bleibt aber zu beachten, daß die Abwehr kollektiv entstandener Schuld einfach ist, wenn sie wieder im Kollektiv geschehen kann; denn hier bestimmt ein Consensus omnium die Grenzen der Schuld. Normalerweise wird ein schuldbeladenes Individuum von der Gesellschaft isoliert; dagegen trifft es im Kollektiv dieses Schicksal nicht, da es nur schuldig unter Schuldigen ist.
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a) Aus der ersten Krankengeschichte
R., ein etwa 40jähriger Mann, leidet unter Ängsten, die ihn plötzlich auf einer Autofahrt, bei einem Spaziergang, aber auch zu Hause überschwemmen. Es ist eine »Sterbensangst«, der er sich ausgesetzt sieht, und er reagiert psychisch mit dem Gefühl der Panik und physisch mit einer schweren vegetativen Krise: mit Schweißausbruch, Erblassen, Schwindel, Herzjagen. Auf diese Krankheitsäußerungen braucht in unserem Zusammenhang nicht weiter eingegangen zu werden. Sie hängen mit der persönlichen, individuellen Lebensgeschichte R.s zusammen. Im Laufe der Behandlung kamen jedoch verlorene Erinnerungen zurück, welche zeigten, daß Realitätsverleugnung nicht erst nachher, sondern schon während des Dritten Reiches eine probate Ausflucht vor Gewissenseinsprüchen war, wo es um typische Verbrechen der Herren ging, denen man diente.
R. ist eine differenzierte Persönlichkeit. In seiner Selbsteinschätzung und wohl auch in Realität war er nie ein entschiedener Nazi. Er repräsentiert den jungen Mann, der am Ende seiner Adoleszenz nach der üblichen Passage durch die Hitlerjugend in den Krieg geriet. Seine Mutter war eher bigott, das gesamte Familienmilieu auf sehr typische Weise »gut bürgerlich«. Das gab einen gewissen Abstand zur Vulgarität des Denkens und Benehmens, wie er es unter den Nazis antraf. [wikipedia Bigotterie]
Am Anfang seiner Behandlung berichtete er einmal, daß er in den letzten Kriegstagen mit anderen Kameraden verseuchtes Wasser getrunken und sich dabei eine schwere (typhöse) Enteritis und Phosphorvergiftung zugezogen habe.
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Während der letzten sechs Kriegswochen lag er in einem deutschen Lazarett im Zustand von Somnolenz und Apathie. Was sich in diesen Wochen ereignete, kann er nur noch in vagen Einzelheiten erinnern; es besteht eine fast vollkommene Erinnerungslücke, die sich zunächst mit dem schweren Krankheitszustand erklärte. Erst nach mehr als einem Jahr Behandlung stellte es sich heraus, daß er damals eine ganz gewöhnliche diarrhoische Erkrankung durchgemacht hat, an deren psychosomatischer Qualität nun kaum mehr zu zweifeln war. Jedenfalls lagen sicher weder typhöses Fieber noch eine Vergiftung vor.
Den Anlaß zu dieser erneuten Durcharbeitung der Krankheitsperiode am Kriegsende bot das Auftauchen von Erinnerungen aus der Zeit, als der Kranke zur Besatzung in Dänemark gehörte. Mit all seiner betont christlichen und gutbürgerlichen Erziehung ließ sich R. in einem Cafe in einer dänischen Stadt zu einem heftigen Auftritt hinreißen. Auf abfällige, antinationalsozialistische Äußerungen seiner dänischen Verwandten verbat er sich mit lauter Stimme diese Äußerungen und drohte mit Anzeige. Das ganze Cafe erlebte mit beklommenem Schweigen diesen Ausbruch eines deutschen Offiziers in Uniform. Dann verabschiedete er sich, ohne jedoch weitere Schritte zu unternehmen.
Eine zweite Erinnerung, die ebenso vergessen war, zeigte ihm, wie er für seine Unteroffiziere die Wohnung einer jüdischen Familie requirierte. Was mit diesen Leuten, die er nie gesehen hatte, geschehen ist, wußte er nicht. Bei der Durcharbeitung wurde klar, daß er zwar damals von Deportationen gehört, aber es offenbar erfolgreich vermieden hatte, darüber etwas Näheres in Erfahrung zu bringen. Die Cafe-Szene und die Requirierung machten ihm, unabhängig von seinen infantilen Identifikationen, bedrückend klar, wieviel mehr, als er sich bisher einzugestehen vermochte, er dem Kollektivglauben der damaligen Zeit verhaftet gewesen war.
Gemessen an den Schrecknissen des nationalsozialistischen Eroberungskrieges sind das fast harmlose Situationen. R. ist als ein durchschnittlicher Offizier der damaligen deutschen Armee anzusprechen. Tausende und aber Tausende von Requirierungen werden sich in dieser einfühlungslosen Art abgespielt haben, obgleich alle wußten, daß hier mehr auf dem Spiel stand als der Auszug einer dänischen Familie für Zeit aus ihrem Haus.
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Es ist deshalb auch eine durchaus konsequente Reaktion, daß im Gegensatz zu vielen lebhaften Erinnerungen aus der Zeit des Krieges die beiden erwähnten blaß bleiben und auch jetzt in der Wiedererinnerung kaum Emotionen wecken. Der Patient erinnert sich, so könnte man es vergleichen, als würde er ein Fotoalbum durchblättern und dabei auf vergessene Bilder einer vergessenen Reise stoßen. Er muß sich quälen, um in sich diese Erinnerungen wachzurufen. Die Bilder bleiben fern und beziehungslos, und mit dem weiteren Umblättern ist dann alles wieder vergessen. Der Versuch in der Behandlung scheiterte, dem Patienten an der Art, wie affekt- und lustlos, wie nebenbei er sich erinnerte, die Abwehrleistung deutlich zu machen. Bei der sonst hohen Sensibilität des Patienten war dies auffallend.
Die Behandlung hatte es nun mit einem Mal nicht mehr mit dem individuellen Widerstand des Kranken gegen das Auftauchen von Unlustgefühlen zu tun, sondern mit einem kollektiv gebilligten Widerstand. Er entzog einem Erlebnis aus einer Zeit, der gegenüber seine gesamte Umgebung inneren Abstand hielt, die libidinöse Besetzung. Die Episoden gerieten dabei in eine Sphäre des Unwirklichen. Bei R. — und es ist zu erwarten, daß dies auch für viele andere Fälle zutrifft — hatte die stillschweigende Übereinstimmung mit der kollektiv geübten Verleugnung ein bereitliegendes Abwehrverhalten verstärkt. Er reagierte regelhaft mit diesem Affektentzug bei Erinnerungen, die mit Enttäuschungen über sich selbst oder mit der Wiederbelebung von infantil gefestigten Schuldgefühlen verbunden waren. In seinem Fall war dies ein Verhalten, das nicht ohne allgemeinere Beziehung zu seiner »bürgerlichen«, das soll hier heißen: weitgehend triebverleugnenden Herkunft stand. Man reagierte in seinem Elternhaus allen natürlichen Gefühls- und Triebäußerungen gegenüber auf eine stereotype und rollenhafte Weise verbietend. Auf diese Weise verfielen die sexuellen Wünsche und »Untugenden« in R.s Kindheit heftiger Verdrängung. Dies war seine Anpassungsform, um sich im Rollenschematismus der Familie die sowieso schon spärlichen Zeichen der Zuneigung zu erhalten.
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Am Falle R.s könnte man exemplifizierend fragen, ob nicht die Verleugnungstaktik unserer nationalsozialistischen Vergangenheit ein Rollenschematismus ist, mit dem es R. wie vielen anderen in der größeren »Familie Bundesrepublik« gelingt, sich Anerkennung und Zugehörigkeitsgefühl zu verschaffen und zu erhalten.
Aggressive Neigungen mußte R. übrigens nicht mit der gleichen Strenge abwehren wie sexuelle. Zwar empfand R. noch bis in sein 40. Lebensjahr den (tatsächlich überaus schwachen) Vater als eine unantastbare Autoritätsfigur, die sich aber Untergebenen gegenüber — und dazu gehörten auch Frau und Kind — gelegentliche Zornausbrüche gestattete. Bubenstreiche wurden von diesem Vater meist stillschweigend übergangen und damit als etwas Normales gebilligt. Obgleich R. dann ein sehr erfolgreicher Mann in seinem Fach- und Arbeitsgebiet wurde, war seine passiv-feminine Gefühlseinstellung ein Hauptzug seines Charakters. In der Szene im dänischen Cafe gab er, in flüchtiger Identifikation mit dem idealisierten Über-Vater, seinen Größenphantasien nach; jetzt war erder starke Mann, die Verwandten gehörten zum dienenden Stand, dessen unbotmäßige Redensarten er sich verbat.
In der Szene der Requirierung der Wohnung einer jüdischen Familie kam eine weit bewußtseinsfernere Aggression dem Vater gegenüber zum Zuge — dem Vater, der hier in der Phantasie mit dem jüdischen Vater gleichgesetzt und damit besonders tief entwertet wird: Er wirft den Vater aus seinem Territorium. Er ist ihm gegenüber der Sieger. Und das ist für ihn eine äußerst strafwürdige Vorstellung, für einen Menschen nämlich, der sich in Wirklichkeit nie von der Bindung an den Vater hatte lösen können. Das bindende Element an ihn, dessen Schwächen er nie zu sehen wagte, war eine erhebliche Rivalitäts-Aggression und die unbewußte Angst, mit einer Schädigung des Vaters untilgbare Schuld auf sich zu laden. In dieser Vater-Sohn-Konstellation spiegelt sich deshalb eine kulturspezifische Beziehungsform wider, da sie in typischer Weise durch aggressive Elemente bestimmt ist und eine liebevolle Einfühlung zwischen den Partnern Vater und Sohn dagegen weit zurücktritt.
So erscheint in der Zusammenschau mit vielen anderen Patienten die Art, wie R. peinlichen Erinnerungen die Besetzungsenergie entzog, so daß sie sich entwirklichten und fast vollständig seiner Verfügung entzogen, beispielhaft. Dieser Umgang mit der Vergangenheit muß bei vielen Mitgliedern unserer Kultur durch die Erziehungs- und allgemeinen Umgangsformen vorstrukturiert
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gewesen sein. Daß es sich dabei um eine Gleichgewichtsstörung zwischen aggressiven und libidinösen Triebbesetzungen handelt, ist vorerst nicht mehr als eine allgemeine Orientierung. Diese Vorbedingungen sind es aber gewesen, die bei einem plötzlichen Anwachsen der Unlust zu einer weiteren Verschiebung in Richtung der aggressiv-destruktiven Objektbeziehungen geführt haben.
b) Aus der zweiten Krankengeschichte
Q. ist einer der wenigen Patienten, die ihre Anhänglichkeit an die weiterhin idealisierte nationalsozialistische Lehre nicht leugnen. Außerdem sieht er sich durch Berufung auf Gehorsam entschuldigt und unbetroffen. Er repräsentiert die Charakterformierung lebenslänglicher Abhängigkeit von den Beziehungsfiguren seiner Kindheit und die dafür typische masochistische und sadistische Reaktionsbereitschaft.
Q. ist ein 50jähriger Angestellter; er hat im Kriege geheiratet. Nach Kriegsende wurde er zwei Jahre interniert, weil er der Polizei und SS angehört hatte. Nach seiner Heimkehr begann er an einer Darmerkrankung — Durchfälle und Verstopfung wechselten sich ab — zu leiden. Die Störung kehrte in großen Intervallen immer wieder. In der Behandlung stellte sich heraus, daß sie erstmalig einsetzte, als der Patient sich über die Frigidität seiner Frau und ihre Ablehnung der Sexualbeziehung klarwerden mußte. In den übrigen Beziehungen paßte sich die Frau den Wünschen des Patienten an, vor allem schwieg sie passiv und ohne Widerrede, wenn er affektive Ausbrüche bekam. Es war in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu erfahren, was Q. als Polizeibeamter zwischen 1938 und 1945 erlebt hatte und woran er im einzelnen beteiligt gewesen war. Kein Anzeichen wies darauf hin, daß es ihm je in den Sinn gekommen wäre, sich einem an ihn ergangenen Dienstbefehl zu widersetzen. Wir wissen nur, daß er bei der Bekämpfung von Partisanen im Osten eingesetzt war. Q. bezeichnet sie selbstverständlich im Stil der damaligen Militärsprachregelung als »Banden«. Schon 15jährig ging er während der Weimarer Republik in die Hitlerjugend. Alle Maßstäbe der damaligen Zeit findet er heute noch »rechtens«. Er gehört zu denen, die nicht daran glauben, daß »so viele Juden umgebracht wurden«.
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Im Umgang gibt sich der Patient betont männlich, unzugänglich hart. Es zeigt sich jedoch, daß er die Abhängigkeit von seiner noch lebenden Mutter nie zu lösen vermochte. Mutter und Sohn sind in einem wechselseitigen Quälverhältnis miteinander verstrickt. Q. hat die Mutter ohne Zwang in sein Haus aufgenommen, aber er peinigt sie, wie er von ihr gepeinigt und erniedrigt wird. Er kann nicht erwachsen, darf nicht selbständig werden, weil er überhaupt keine andere Beziehung zwischen Menschen zu sehen vermag und erlebt hat als Befehlen und Gehorchen. Das schafft zwar ein hohes Maß von Ambivalenz; aber dieser Gefühlszwiespalt ist sekundär lustvoll besetzt worden, und zwar in so hohem Maße, daß Q. an diese präödipale Befriedigungsform von Quälen und Gequältwerden als pervertierter Lustbefriedigung fixiert geblieben ist. Über diese Lustform und Selbsterfahrung hinaus ist ihm kaum ein Reifungsfortschritt gelungen. Der Mitmensch bleibt für ihn etwas, was er nur in jeweils ihm geläufigen stereotypen Situationen oder Rollen einzureihen vermag.
Mit der Heirat unternahm der Patient einen schwachen Versuch, sich aus der Bindung an die Mutter zu lösen, erfährt nun aber die erwähnte genital-sexuelle Enttäuschung. In diesem Augenblick reagiert er zum ersten Mal mit einem funktionellen Körpersymptom und nicht mit neurotischem Verhalten.
Nach dem frühen Tod des Vaters hat die Mutter stark maskuline Züge angenommen, denen gegenüber Q. sich weder durchzusetzen vermochte, noch gelang es ihm, sich abzulösen.
In der Beziehung mit der Mutter erlebte er die Welt so, wie der Vulgär-Darwinismus die Auslese sich vorstellt: Es gibt nur Überwältiger und Überwältigte. Die soziale Wirklichkeit erlaubt es Q., beides in einer Person zu sein, je nachdem, zu wem er gerade in Beziehung steht: Als Kind seiner Mutter ist er das Opfer, als Vater seiner Kinder ist er der Befehlshaber, wenn nicht der Verfolger, als tyrannischer Ehemann der willigen Frau ist er der Große, Starke, als Sexualpartner, der sie nicht befriedigen kann, der unfähige, schwache Mann.
Vielleicht wird mancher Leser in dieser Persönlichkeit nur ein Zerrbild eines Ehemannes, Vaters, Sohnes erkennen können.
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Q. ist in der Tat ein Extremfall, aber er hebt tatsächlich bestehende Eigenheiten hervor. Er ist ein Typus aggressiver Unterwürfigkeit, der in unserer nationalen Kultur kein Fremdling ist. Wie er gehorcht und im Quälen Schwächerer seine Lust findet, damit demonstriert er ein Obrigkeits-Untertanen-Verhältnis, das nicht nur in dieser niederen Polizei-Ebene, sondern bis in sehr viel feinere Verzahnungen sadistisch-masochistischer Triebbedürfnisse und -befriedigungen hinein wirksam bleibt.
Aus dieser Tönung der Objektbeziehungen heraus erscheint es nur konsequent, wenn Q. nach sieben Dienstjahren bei der SS — zuletzt in der »Bandenbekämpfung« — sich seinerseits dem Arzt als »Opfer« präsentiert. Er ist es, der ungerecht behandelt wurde; alles, was von deutscher Seite an Untaten und Zerstörung geschah, ist in seiner Vorstellung nur die notwendige Konsequenz des viel schrecklicheren Unrechts, das dem deutschen Volk zugefügt wurde.
Auf diese Weise bleibt Q. immer der Fordernde, Gerechte, sei es, daß er als Unterdrücker sadistisch während des Krieges seine Opfer findet, sei es, daß er sich jetzt masochistisch darin gefällt, Opfer zu sein.
Zudem läßt Q. deutlich erkennen, daß seine Omnipotenzwünsche nicht nur in der Identifikation mit dem als übermächtig phantasierten Vater entwickelt und geformt wurden, sondern, was in unserem Lande nicht selten der Fall zu sein pflegt, auch in der Beziehung zu einer Mutter, die ihrerseits dem Kind gegenüber sich in einer Art Stellvertreterrolle des Vaters, und zwar als der Strafinstanz, gefällt *.
Q.s Abwehr aller Schulderfahrung war undurchdringlich. Daran war nicht nur seine gering entwickelte Intelligenz schuld. Die Infantilität seiner Persönlichkeitsstruktur war zu einem definitiven Zustand geworden. Das machte den Kranken sehr geeignet für Dienstleistungen, die nicht so prompt und ungehemmt ausgeführt worden wären, wenn er einen höheren Grad innerer Selbständigkeit, ein persönliches Gewissen hätte entwickeln dürfen — seine menschliche Umwelt ihn von Kindheit an in diesem Sinn gestützt hätte. So ist Q. nahezu zu einer Marionette geworden, die sich nach einem eingespielten Reiz- und Reaktionsschema bewegt; was die Enge seines Entscheidungsradius betrifft, ist er aber ein charakteristischer Vertreter der deutschen Form der Angestelltenkultur.
1) Man erinnere sich hier auch jener Mütter, die stolz waren, ihre Söhne auf dem Altar des Vaterlandes oder für den großen Führer opfern zu dürfen.
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Ein Schulderleben, das sich aus Einfühlung ergibt, ein Gewissen, das einer Verinnerlichung äußerer Verbote zu sittlichen Gesetzen entspringt, das ist eine Erfahrung, die jenseits von Q.s Möglichkeiten liegt. Da unsere deutsche Kultur so ausdrücklich mit der Ausbeutung des Gehorsams in zahllosen Sozialbeziehungen arbeitet, ist es notwendig, sich an einem Beispiel wie Q. klarzumachen, in welche innere Hilflosigkeit ein Individuum manövriert wird, das nur Überwältigungen durch Dressatgehorsam kennengelernt hat. Die Ansätze zur sadistischen Perversion und das larmoyante Unschuldsgebaren zeigen, wie hier die affektiven Sozialbeziehungen in den allerfrühesten Entwicklungsphasen endgültig geprägt wurden. So gehört auch Q.s Unfähigkeit, um irgend etwas anderes zu trauern als um den Verlust seines eigenen Wohlergehens im Dritten Reich, in den größeren Kontext der Unfähigkeit zum Mitgefühl überhaupt.
Auch im Falle größerer Entfaltung seelischer Erlebnisfähigkeit kam es aber in vielen Fällen zu einer mehr oder weniger rückhaltlosen Identifizierung mit den Naziidealen. Die, wie es damals hieß, »Gleichschaltung« breitete sich mit einer unwiderstehlichen Kraft aus.
Man darf sich diesen Vorgang zunächst nicht als ein jubelndes Einschwenken in eine angebotene Glaubenslehre vorstellen, sondern viele Individuen empfanden erst einmal Angst, von einer neuen Entwicklung aus ihren persönlichen Lebenssicherungen, aus ihrer Karriere und auch aus dem Kreis ihrer Bekannten und Freunde ausgeschlossen zu werden, wenn sie sich nicht rasch den neuen Forderungen anpassen würden. Dieser für das Selbstgefühl nicht sehr ruhmreiche Opportunismus wird aber rasch vergessen, vor allem, wenn die Anpassung neue Sicherheit und neue Gewinnchancen bietet. So ist es nicht nur für Q., sondern für Millionen seiner Mitbürger eine Selbstverständlichkeit gewesen, einer Lehre zu folgen, die den Deutschen besondere Privilegien in der Welt versprach. Auch die Tatsache, daß man sich zur Projektion seiner eigenen Aggression auf Mitmenschen verleiten ließ, die unter diesem Akt der Projektion sich in Untermenschen und Ungeziefer verwandelten, hat später keine Scham, sondern die kindliche Ausrede provoziert, daß man guten Glaubens nur dem gefolgt sei, was der Führer — der hier die Eltern-Imago verkörpert — von einem verlangt habe.
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Das erklärt die Neigung vieler Deutscher, nach dem Kriegsende die Rolle des unschuldigen Opfers einzunehmen. Jeder einzelne erlebt die Enttäuschung seiner Wünsche nach Schutz und Führung; er ist mißleitet, verführt, im Stich gelassen und schließlich vertrieben und verachtet worden, und dabei war er doch nur folgsam, wie die erste Bürgerpflicht es befahl. In dieser Haltung permanenter Kindhaftigkeit wird vergessen, daß zunächst deutsche Armeen es gewesen sind, welche die Tschechoslowakei annektierten und dann Polen und von hier aus in Rußland einfielen, dort noch ungleich drakonischer als im Westen wirkten, ehe der Rückschlag kam, der alsdann so viel Leid auch über Deutsche gebracht hat. So eindeutig diese zeitliche Aufeinanderfolge sein mag, Q., der uns hier ein Beispiel ist, fühlt sich als unschuldiges Opfer, das 1945 in einem »von Juden bewachten Lager hundsgemeine Vernehmungen und Demütigungen durchmachen mußte«.
Die intellektuelle Primitivität erlaubt Q. die mühelose Umkehr im Dienste der Schuldbefreiung: Die »Juden« sind die aggressiven Verfolger, er, der als SS-Polizist gefürchtet wurde, ist das bedauernswerte Opfer. Inzwischen gibt es genügend Dokumente von deutschen Vertriebenenverbänden oder auch von prominenten deutschen Politikern, welche die Ereignisse von ähnlichen Abwehrbedürfnissen verzerrt dargestellt haben. Aber auch die Art, wie zum Beispiel über die gewiß barbarisch sinnlose Zerstörung alter deutscher Städte gesprochen wird, verrät nichts vom Bewußtsein, daß zuerst Guernica und dann Rotterdam in Schutt und Asche lagen und London seinen »blitz« erlebte, daß Hitlers Wort vom Ausradieren der Städte gefallen war, ehe so viele deutsche Städte dieses Schicksal erleben mußten.
Dieses isolierte Bedauern einer Zerstörung — an der eigenen Substanz — ist wiederum eine charakteristische Wirkungsweise eines Selbstschutzes durch Abwehr. Die eigenen Leiden, die »hundsgemeine Behandlung«, die immerhin überstanden worden ist, werden aus dem Zusammenhang von Ursache und Wirkung isoliert. Für sich betrachtet, stellen sie unbezweifelbar Unrechtstaten dar, ein schlimmes Schicksal, das einem — und das ist der Selbstbetrug dieser Isolierung — unverdient widerfuhr.
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Auch in so drastisch sich aufdrängenden Zusammenhängen wie dem, daß wir uns zerstörerisch ausgedehnt haben und daß im Augenblick des Kollapses unserer Kriegsmacht die unserer Feinde über uns zusammenschlug, gelingt es offenbar dem Prinzip der Selbsterhaltung, diese Isolierung zugunsten der eigenen Interessen aufrechtzuerhalten. Q. hatte, wenn man mit ihm über diesen zeitlichen Ablauf des Kriegsgeschehens sprach, keine innere Möglichkeit, zuzuhören, seine Meinung neu zu überdenken, sondern er griff sofort auf die eingeübte Kette seiner Scheinargumente zurück, die schließlich bei dem Satz endete: »Die Juden sind an allem schuld.«
Von Q. ist nicht die Rede, um ihn anzuklagen; sondern wir sind eher genötigt, ihm mildernde Umstände zuzubilligen, sobald wir uns das Ich-fremde, das quasi automatische Wirksamwerden dieser seelischen Prozesse klarmachen. Q. ist nicht ein einfacher Schwindler und Lügner, der sich herausreden will. Abwehrmechanismen werden nur wenig vom Bewußtsein dirigiert; Q. und wir alle mehr oder weniger auf unsere spezifische Weise werden von ihnen beherrscht. Was Q. in so überwältigender Weise und jedem von uns immer noch deutlich genug als eigene »Meinung« erscheint, bietet sich uns von innen her als ein fertiges Gebilde, als überzeugende Einsicht oder Ansicht an. Je schwächer unser Ich, desto unwidersprochener muß es die Realität verzerrt akzeptieren, wie sie ihm in kollektiver Meinung und durch die eigene innere Entwicklung bestimmt, angeboten wird.
c) Aus der dritten Krankengeschichte
Die Macht dieser kollektiven Vorentscheidungen ist kaum zu überschätzen. Wenn eine ganze Gesellschaft sich mit Hilfe der Konstruktion, nur gehorcht zu haben, der Verantwortung entzieht, dann färbt dies sogar noch auf Individuen ab, welche sich von diesem Meinungs- oder Glaubenskollektiv freizuhalten versuchen. E. zeigt uns etwas davon, wie auch ein relativer Gegner des Naziregimes die Schuldproblematik nicht der Realität angemessen, sondern projektiv verarbeitete.
E., 45 Jahre alt, hat vegetative Beschwerden. Unangenehmer Schwindel überfällt ihn, er leidet unter Schweißausbrüchen und Atemnot. Er ist Techniker und erst spät aus Ostdeutschland in den Westen gekommen. Im Dritten Reich hat er einige nicht erheblich zu nennende Schwierigkeiten gehabt. Außer in der Jugendorganisation, der sein Jahrgang beitreten mußte, war er in keiner anderen Naziinstitution gewesen.
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In der Analyse verbringt er viel Zeit damit, seinen Haß auf die Deutschen zu äußern, die ihn um seinen Wert als Zugehörigen zu diesem Volk gebracht hätten. Außerdem hätte er durch ihr törichtes Verhalten Heimat und Besitz verloren. Von den Opfern dieser Zeit spricht er viel, aber eigentlich mehr im Sinne dessen, was ihm, E., durch solche entsetzlichen von Deutschen begangenen Taten angetan worden ist. Wenn man etwas sarkastisch formuliert, könnte man sagen, der Patient lege es einem nahe, ihn als eines der bemitleidenswertesten Opfer der Nazis anzuerkennen. Die gelegentlichen melancholischen Verstimmungen, von denen er berichtet, sind eine Mischung übertriebener Selbstanklage und eines Gefühls der Wertlosigkeit. Zwar trauert dieser Patient um den Verlust seiner Ideale, aber nicht eigentlich um die Toten dieses schrecklichen Ausbruchs der Aggressionswut seiner Landsleute. Der narzißtische Anteil seiner Trauer ist bedeutender als der einer Trauer, die den Toten oder jenen Opfern gilt, die ungleich schwerer als er selbst getroffen wurden.
Das ist der Grund dafür, daß E. keine Trauerarbeit leistet, sondern in melancholische Verstimmungen fällt, in denen die Selbstanklage, wie es Freud in Trauer und Melancholie' beschreibt, unschwer als Anklage gegen die anderen zu erkennen ist. E. muß sich andererseits so heftig und nachdrücklich selbst anklagen oder entschuldigen, weil er sich auf Grund seiner persönlichen Ambivalenzkonflikte und eines dadurch sensibilisierten Gewissens besonders schuldig fühlt. Er bietet damit wieder ein Beispiel für die Verschränkung von individueller und kollektiver psychischer Problematik.
Dieser an E. zu beobachtende Zug kann auch an Figuren wiedergefunden werden, die in der deutschen Nachkriegsliteratur auftauchen. Deutschland und die Deutschen während und nach der Nazizeit werden schonungslos und oft überaus treffend dargestellt. Als Held bleibt aber ein unschuldiger, meist passiver Mensch zurück, der nur als Einsamer in resignierendem Rückzug als durchaus private, unverpflichtete Existenz das Leben unter seinen opportunistisch gewandten Landsleuten zu ertragen vermag.
1) S. Freud Trauer und Melancholie. Ges. Werke X, 428.
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Wir denken zum Beispiel an Bölls Billard um halb zehn. Solche edlen Helden sind wir aber meist gar nicht. Aus der Tatsache, daß wir keinen ins Gewicht fallenden Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet haben, kann nicht gefolgert werden, daß wir dazu absolut nicht imstande gewesen wären.
Kollektive Affektzustände von solcher Heftigkeit, wie sie dem Nationalsozialismus zu entfesseln gelang, wirken lange nach, und zwar auf alle, die durch Sprache, Erziehung und affektive Bindungen von solchem Geschehen betroffen wurden. Der Widerstand gegen Romane, Filme, Dokumentationen, die sich mit der Nazivergangenheit beschäftigen, macht sich trotz oft beträchtlicher kommerzieller Erfolge nach wie vor geltend; und zwar ist es neben dem der Verleugnung der Vorgang der Isolierung, auf den zurückgegriffen wird. Man sieht sich etwa Leisers Hitlerfilm an, aber wie ein historisches Dokument. Es ist mit ihm kein erschütterndes kathartisches Nacherleben verknüpft, so wie sich R., der erste unserer Kranken, auch nicht beim Wiederauftauchen seiner Erinnerungen in den Bannkreis der vergessenen Erlebnisse ziehen ließ.
Der Abgrund zwischen Literatur und Politik in unserem Lande ist erhalten geblieben. Bisher scheint es noch keinem unserer Schriftsteller gelungen zu sein, mit seinen Werken ein Stück weit das politische Bewußtsein, die Sozialkultur unserer Bundesrepublik zu beeinflussen. Die Gruppe derer, die eine aktive Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit leisten, ist klein, ihrerseits ziemlich isoliert und einflußlos auf den Gang der Dinge.
1.5. Narzißtisch gekränkt
Alle drei erwähnten Patienten haben auf ihre Weise die Zeit des Dritten Reiches durchlebt. Der erste hat in einem wochenlangen psychischen Ausnahmezustand die Phase der Aggression abgeschlossen, er besitzt nur noch affektlose, mühsam erweckbare Erinnerungen. Der zweite beschönigt und projiziert hemmungslos. Er ist, wie der letzte der Patienten auch, narzißtisch auf eine aufdringliche Weise gekränkt, zum Opfer geworden. Keiner der drei trauert über die verlorenen Ideale im Sinne einer Auseinandersetzung, eines dringlichen Fragens, wieso alles kam und von uns ungehemmt seinen Lauf nahm.
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Vor allem bringt keiner eine tiefere Einfühlung in die Opfer der Naziideologie auf. Allen drei ist gemeinsam, daß sie sich nicht »der Vergangenheit stellen«, wie es in einem »Wort des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland zu den NS-Prozessen«1) heißt. Sehr nachdrücklich fordert der Rat:
»Wir Älteren sind jetzt noch einmal gefragt, ob wir das Ausmaß der in nationalsozialistischer Zeit von deutschen Menschen mit staatlichen Gewaltmitteln geplanten, befohlenen und unbeschreiblich grausam ausgeführten Massenverbrechen endlich zur Kenntnis nehmen und uns dieser Vergangenheit stellen wollen, statt die Erinnerung daran zu verdrängen und jede Mitverantwortung dafür zu leugnen. Begangenes Unrecht kommt nicht dadurch zur Ruhe, daß man es totschweigt, und nur Unverstand kann von Beschmutzung des eigenen Nestes reden, wo es in Wahrheit darum geht, ein schwer beschmutztes Nest zu säubern.«
Es ist unsere Hypothese, daß wir in Massen einer Melancholie verfallen wären, wenn wir die Realität, wie sie war, »zur Kenntnis genommen« hätten. Die moralische Aporie ist unverkennbar: Der Mangel an moralischer Aufklärung über die natürlichen Grenzen menschlicher Befehlsgewalt und entsprechend die Unterrichtung, wann Widerstandspflicht in faktischen Widerstand umzusetzen ist — dieser Mangel trug zu den Gründen bei, die uns zu Agenten organisierter Menschenverachtung werden ließen. Die Schuldlast, der wir uns danach gegenübersehen, ist mit unserem für ein Fortleben unerläßlichen Selbstgefühl so wenig vereinbar, daß wir (narzißtisch verwundet, wie wir sind) Melancholie abwenden müssen. Damit ist aber ein submoralischer Notstand erreicht, in dem nur mehr biologisch vorbereitete Selbstschutzmechanismen Erleichterung bringen können. Die Zeit heilt nicht nur die Wunden, sie läßt auch die Täter sterben.
Obgleich mehr als zwei Jahrzehnte inzwischen verstrichen sind, ist dennoch die Zahl derer verschwindend gering geblieben, die sich auf der Basis der generellen Schuldanerkennung in der politischen Wirklichkeit zu orientieren vermögen. Der Schock eines drohenden totalen Wertverlustes ist noch nicht abgeklungen.
1) Evangelische Kirchenzeitung. Düsseldorf, Jg. 18, 1963, 127 f
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Solange wir jedoch nicht die Schuld an den »unbeschreiblich grausam ausgeführten Massenverbrechen endlich zur Kenntnis nehmen«, muß nicht nur unser Geistesleben stagnieren, sondern ist auch keine emotionell getragene Aussöhnung mit unseren ehemaligen Feinden möglich, selbst wenn uns heute politische Bündnisse und blühende Handelsbeziehungen mit ihnen verbinden mögen. Wir stehen vielmehr immer in Gefahr, die uns gegenüber nicht mehr so häufig verbalisierte, aber nach wie vor empfundene Verachtung durch komplicenhafte Bündnisse zu überspielen.
Jeder der als Beispiel herangezogenen Kranken suchte die Erinnerung seinen Wünschen anzupassen und die Mitverantwortung abzulehnen. Soweit es nicht gelang, die Vergangenheit total durch eine Derealisation loszuwerden, sind sehr deutlich andere Abwehrvorgänge zu beobachten. Die beiden letztgenannten Patienten haben sich bei aller Verschiedenheit offenbar intensiv bemüht und auch Wege gefunden, auf denen es ihnen möglich wurde, sich mit den Opfern der Verfolgung und des Krieges zu identifizieren, statt deren Tod oder Leiden schuldhaft zu erleben oder zu betrauern.
Der ehemalige SS-Polizist behält seine Identität; damit ihm dies gelingt, muß er die Realität weiterhin unter den wahnhaften Geboten der national-sozialistischen Ideologie betrachten. Q.s Argumente sind fadenscheinig. Das beeinträchtigt aber nicht ihre Wirksamkeit für sehr viele Zeit- und Volksgenossen Q.s. Er und die ihm Ähnlichen haben einen Anpassungsschritt verpaßt. Sie repräsentieren eine psychopathologische Spätform einer in ihrer Blütezeit nicht weniger psychopathologischen Herrschaftslehre. Dabei ist zur Kenntnis zu nehmen, daß die umschriebene Genügsamkeit, sich mit wahnhaften Realitätsauslegungen zufriedenzugeben, auch neben einer beträchtlichen Bildung herlaufen kann. Wir würden jedoch unseren Patienten Unrecht tun, wenn wir nicht anmerkten, daß es bei der Behandlung des ersten und des dritten Falles gelang, die Abwehrmechanismen zu schwächen und wenigstens in begrenztem Umfang Trauerarbeit zu aktivieren.1)
1) Das ging parallel mit der Durcharbeitung der ödipalen Fixierungen und Schuldgefühle vor sich, im Sinne einer Persönlichkeitsentwicklung, wie sie auch von Robert J. Wetmore (The Role of Grief in Psychoanalysis. Int. J. Psycho-Analysis, 44, 1963, 97 ff.) beschrieben wurde.
Joan Fleming und Sol Altschul betonten in Activation of Mourning and Growth by Psychoanalysis (Int. J. Psycho-Analysis, 44, 1963, 419 ff.) die Notwendigkeit der schmerzlichen Lösung — im Sinne einer Trauerarbeit — von den ursprünglichen (elterlichen) Objekten für eine zur Gesundung führende Entwicklung und stimmen außerdem mit Freud darin überein, daß das Erleben von Führerfiguren und vaterländischen Idealen in Beziehung zum Erleben der elterlichen Objekte steht. Dieser Zusammenhang wurde in der Beziehung der Massen zu Hitler unverhüllt deutlich. Ein neues, überaus dramatisches Beispiel ist die Manipulation der chinesischen Massen in eine Vergottung Mao Tse-tungs.
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Die Ersetzung der Trauer durch Identifikation mit dem unschuldigen Opfer geschieht häufig; sie ist vor allem eine konsequente Abwehr der Schuld, die dadurch verstärkt wird, daß man sich auf Gehorsamsbindung beruft, eine Bindung, die in dieser übertriebenen Form wiederum eine Abwehr der durch eine starke kindliche Ambivalenz ausgelösten Vergeltungs- und Trennungsängste darstellt.
Im Bewußtsein stellt sich die Vergangenheit dann folgendermaßen dar:
Man hat viele Opfer gebracht, hat den Krieg erlitten, ist danach lange diskriminiert gewesen, obgleich man unschuldig war, weil man ja zu alledem, was einem jetzt vorgeworfen wird, befohlen worden war. Das verstärkt die innere Auffassung, man sei das Opfer böser Mächte: zuerst der bösen Juden, dann der bösen Nazis, schließlich der bösen Russen. In jedem Fall ist das Böse externalisiert; es wird draußen gesucht und trifft einen von außen.
Dem korrespondiert die Über-Ich-Entwicklung; wie in den Anfängen der Sozialisierung in der Kindheit existiert eigentlich noch kein verinnerlichtes Gewissen. Ein sozial integratives Verhalten hängt von der Gegenwart polizeiähnlicher Instanzen in der Umwelt des Individuums ab. Soweit das Über-Ich internalisiert ist, trägt es Züge einer ganz unpersönlichen, archaischen Härte. Es hat noch keine Auseinandersetzung zwischen Über-Ich und kritischem Ich stattgefunden, durch welche sich das Individuum seine eigene Moral errichtet und an ihr sich kritisch mißt.1)
1) Wir verweisen auch auf G. H. Pollock Mourning and Adaption (Int. J. Psycho-Analysis, 42, 1961, 4 f.). Auf die von ihm getroffene Unterscheidung von Introjektion und Identifikation können wir nicht näher eingehen. Pollock meint, eine produktive Trauerarbeit sei nur dann möglich, wenn das verlorene Objekt nicht nur introjiziert, sondern vom Ich assimiliert werden kann. Das würde also in unserem Fall bedeuten, daß wir auch Hitler in uns selbst assimilieren, das heißt fortschreitend überwinden können. Der Mangel an Trauerarbeit läßt ihn als eingekapseltes psychisches Introjekt weiterbestehen.
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1.6. Die Projektion unbewußter Rachephantasien
Von Beginn der Nazibewegung an war es dem kritischen Beobachter klar, daß sich hier im allgemeinen ein Ausagieren eines ungewöhnlich ambivalenten Verhältnisses zur Vater-Autorität anbahnte. Es bleibt hinzuzufügen, daß diese Vater-Autorität durch die Niederlage im Ersten Weltkrieg und die katastrophenartige Wirtschaftskrise sehr geschwächt war. In der Traditionslinie von Befehlen und Gehorchen als Leitwerten unserer Gesellschaft (1) lag es damals nahe, nach einer neuen, befehlsmächtigeren Autorität Ausschau zu halten.
Weitaus die Mehrheit der Deutschen, von Auftreten und Zielen des »Führers« begeistert, idealisierte ihn als neue Autorität. Fast jeder dieser rasch sich vermehrenden Anhänger nützte auch die vom Regime gegebene Möglichkeit aus, sich an einer der bisherigen Autoritäten oder einem Rivalen zu rächen. Es gehörte zur politischen Taktik der Nazis, dem Haß gegen die älteren hergebrachten Autoritäten bis in die Kind-Eltern-Beziehung hinein nachzugeben.
Harold F. Searles (2) beschrieb, wie die mit den negativen Seiten der Ambivalenz verknüpften Rachephantasien unbewußt an menschlichen Beziehungen festhalten und dadurch eine mit Trauer verbundene Lösung nicht zustande kommen lassen.
In den hier dargestellten Tatbeständen handelt es sich jedoch keineswegs nur um Phantasien, sondern eben um Taten, und da macht die eigene Schuld am tatsächlichen Verlust des ambivalent besetzten menschlichen Objektes eine Trauerarbeit fast unmöglich; in ihr würde bewußt werden, daß man nicht nur einen Rivalen, sondern auch etwas Wertvolles unwiederbringlich zerstört hat.
1) A. Mitscherlich Der Leitwert Pflicht — Gehorsam. In: Mitlaufen oder Mitbestimmen. Institut f. Angewandte Sozialwissenschaften, Bad Godesberg, 1961, Band 2, 89.
2) H. F. Searles The Psychodynamics of Vengefulness. Psychiatry, 19, 1956, 3. ff.
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Zur Verstärkung der Idealisierung ihrer eigenen Autorität lenkten die nationalsozialistischen Ideologen die in solch hochgespannter Erwartung miterweckten Gefühle der Skepsis, des Unglaubens, des Zweifels sehr geschickt auf die bisherigen Autoritäten ab. Gedeckt vom neuen Geist des nationalsozialistischen »Aufbruchs« durfte nun der SA- und SS-Mann Verachtung äußern, wo er eine solche bisher kaum zu denken, geschweige laut werden zu lassen gewagt hätte. Der Gehorsam dem »Führer« gegenüber wurde dadurch unbelasteter, schwungvoller, lustvoller dargebracht. Durch die Geborgenheit in dieser neuen Gehorsamsbeziehung zum Über-Vater oder besser »Großen Bruder« wuchs einem unerwartet Macht zu.
Die bisherigen Befehls-Gehorsams-Verhältnisse kehrten sich um: Aus einem Opfer (dem Kind) würde man zum Verfolger (des Vaters). Ein ungewöhnlich trächtiger historischer Moment war eingetreten. Bekanntlich hatten die Eltern Angst vor ihren Kindern, die von den Jugendorganisationen aufgefordert wurden, sie auszuhorchen und gegebenenfalls beim Über-Vater oder Großen Bruder anzuzeigen. Plötzlich bestand die Möglichkeit, die ödipalen Wünsche direkt auszuleben. In diesem seelischen Erregungszustand kam es dann auch zur hemmungslosen Verfolgung der Juden, die bisher als so starke Rivalen empfunden worden waren und sich deshalb zu einer Verschiebung der dem Vater geltenden Rivalitätsaggression anboten. Das kam der seelischen Ökonomie entgegen, da schließlich die Väter in vieler Hinsicht gebraucht und auch geliebt wurden. Von den Juden als Minderheit mit anderen religiösen Wertvorstellungen fühlte man sich viel weniger abhängig, sie boten sich deswegen der Verschiebung aggressiver Bedürfnisse idealiter an.
Unter der herkömmlichen harten Herrschaft deutscher Väter haben sich zwar die aggressiven Gefühle der Rivalität bis ins Mörderische gesteigert, aber es ist nie zu einem direkten Ausbruch gegen die Väter selbst gekommen. Die Gunst der Umstände erlaubte, von der spätmittelalterlichen Zersplitterung der deutschen politischen Landschaft bis in die koloniale Spätzeit, die projektive Ableitung der Aggression nach außen. Eine die Gesellschaft verändernde Revolution gelang nicht. Dieses deutsche Ambivalenzproblem ist bisher wenig beobachtet und beschrieben worden. Seit langem war jedoch auffallend, daß die Deutschen ein heftiges Bedürfnis nach Idealisierung ihrer Vorbilder oder ihres nationalen Selbstbildnisses verspürten. Wir erblicken darin den in der Ambivalenz gebundenen Gegenpart libidinöser Art zu den aggressiv-destruktiven Triebbedürfnissen. Bevor eine Aggression gezeigt werden durfte, mußte sie als im Dienste eines Ideals geschehend bezeichnet werden können — und wenn es ein noch so verstiegenes Ideal war.
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Nur eines blieb verpönt, und darüber bestand ein kollektiver Konsensus: die Zivilcourage. Der Entscheidung nach dem individuellen Gewissen und der Bereitschaft, persönliche Verantwortung zu übernehmen, haftete das Odium einer unehrerbietigen Haltung gegenüber den von Gott stammenden Autoritäten an. Abweichendes Verhalten auf Grund eigener Urteilsbildung, in den meisten Gesellschaften nicht gerne gesehen, konnte speziell bei uns nicht auf den Beifall der Vielen rechnen.
Entsprechend lautete auch die rationalisierende Selbstrechtfertigung bei allen Aggressionen: Man wollte keine persönliche Macht und keinen persönlichen Reichtum. Die aus der mörderischen Aggression stammenden Schuldgefühle werden beschwichtigt, indem man das ursprüngliche Objekt, den Vater, dem diese Aggression eigentlich gilt, schließlich als etwas erlebt, dem man sich hingegeben, sich geopfert hat: Man tat alles nur für den Führer und das Vaterland. Hier wird eine der psychologischen Wurzeln jenes Patriotismus sichtbar, der so verblendeter Aggression fähig ist; er muß sich Gegner erzeugen, um die unerträgliche ambivalente Spannung zur eigenen Vater-Autorität in eine Beziehung zu einem Objekt außerhalb der eigenen Gruppe zu verlagern. Es ist zu beobachten, daß der Fanatismus dieser Vaterlandsliebe immer in Korrelation zum Grad der Härte steht, mit dem die Autorität des Vaters unbedingte Unterwerfung fordert, und zwar nach dem Rollenschema, das er für solches Verhalten in seiner Gesellschaft vorfindet.
Damit überblicken wir einen Zirkel psychologischer Motivationen. Ursprünglich ist es der Vater, der Verzichte erzwingt und Aggressionen erweckt. Entsprechend der mangelhaften Trennung zwischen Phantasie und Wirklichkeit haben für das Kind, und für viele Menschen ein Leben lang, Todeswünsche den Charakter von wirkungsvollen Handlungen. Dem entspricht die Heftigkeit der Schuldgefühle. Zu den Künsten der Pädagogik in repressiv erziehenden Kulturen gehört es, die Aggressivität, sobald sie wirklich der Autorität gefährlich werden kann, auf Objekte, die außerhalb des eigenen Kulturbereichs, der eigenen Identifikationsverflechtungen liegen, zu richten. In nationalen Rivalitäten und Kriegen werden Aggressionen ausgetragen, die zunächst den eigenen Autoritäten gegolten haben.
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In unserer Geschichte seit 1945 konnten wir beobachten, was geschieht, wenn für mörderische Aggressionen, die ausgelebt wurden, Vergeltung gefordert wird. Die untergehende Vater-Autorität wird nun am Ende doch noch zum Schuldigen: Nun wird auf ihn projiziert. Alle die Verbrechen, die geschehen sind, hat man nur für ihn getan, in seinem Namen. Wiederum erfolgt keine Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung dem Vater, überhaupt Autoritätsfiguren gegenüber, sondern es ist die Enttäuschung am »Führer«, die Gefühle gegen ihn mobilisiert, die Enttäuschung darüber, daß seine Allmacht unbeständig war.
Es ist beachtenswert, daß in der lange währenden Anlehnung der Bundesrepublik an die Vereinigten Staaten deren Hauptgegner und Hauptfeind auch der unsrige blieb. Die Größenverhältnisse zwischen Amerika und der Bundesrepublik sind zu unterschiedlich, um dem Ausleben von Rivalitätsgefühlen eine echte Chance zu bieten. Rivalität ist interessanterweise nur der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber mit aller Heftigkeit erhalten geblieben. Auf deren offizielle Vertreter wird auch die im Grunde uns selbst geltende Verachtung, einer Autorität hörig geworden zu sein, verschoben.
Nicht wissend, welche Rolle sie im Phantasieleben der beiden Staatskollektive ausüben, haben der Staatsratsvorsitzende dort und die Bundeskanzler hier sich einen echten Diadochenkampf um die Erbschaft Adolf Hitlers geliefert, des vorerst letzten deutschen Ideals. Diadochenkämpfe sind aber nicht das Anzeichen einer Neuordnung der Machtverhältnisse unter Brüdern, sondern das Anzeichen eines Interregnums. Wird die Übersetzung dieses Fremdwortes für den Fall, daß die Bundesrepublik eine ähnlich schwere Belastung wie die Weimarer Republik in der großen Wirtschaftsdepression zu durchstehen hätte, heißen: die führerlose, die schreckliche Zeit?
Die Geschichte wiederholt sich nicht, und doch verwirklicht sich in ihr ein Wiederholungszwang. Zu durchbrechen ist er nur, wo historische Ereignisse eine Bewußtseinsveränderung hervorrufen. Das soll heißen, daß es gelingt, bisher unkontrollierbar Wirksames in seiner Motivation vollkommener und zutreffender zu verstehen. Eine solche Bewußtseinsveränderung hätte sich angekündigt, wenn nach dem Krieg — vielleicht mit Verzögerung — eine Trauerarbeit auf der Basis eines Schuldeingeständnisses erfolgt wäre.
Ohne eine wenn auch noch so verzögerte Schuldverarbeitung mußte die Trauerarbeit ausbleiben. Einem Demagogen wie Franz Josef Strauß ist es inzwischen gelungen, die Versuche der Selbstanalyse unseres Verhaltens während des Dritten Reiches als etwas Abartiges darzustellen, als eine masochistische Perversion von »Sühnedeutschen«.
Viel hat sich seit 1945 geändert; Deutschland ist zu einem mächtigen Handelspartner, aber nicht wieder zu einem politischen Machtfaktor in der Welt aufgestiegen. Wäre das der Fall, dann könnte von jener Gefahr gesprochen werden, die heute von den Repräsentanten der DDR im Rivalitätsstreit an die Wand gemalt wird. Denn gegen den Wiederholungszwang der Verführbarkeit zu maßlosen aggressiven Ausschweifungen ist hierzulande nur wenig geschehen.
Man — das heißt ein aus tausendfältigen Äußerungen sich zusammensetzendes öffentliches Bewußtsein — regrediert nach dem Kriege eher auf den in der Kindheit und durch die Erziehung verstärkten Anteil der passiv-kindlichen Abhängigkeit und verleugnet darüber die Intensität der destruktiven Rivalitätswünsche. Der Weg nach vorne im Sinne einer sich langsam lösenden Auseinandersetzung und individuellen Verantwortung für die eigenen Rivalitätsbedürfnisse ist durch diese Regression weitgehend blockiert. Die Aggression dem Rivalen gegenüber scheint so mörderische Aspekte zu haben, daß man gewohnt ist, sie — auch wenn sie einmal ausgelebt wurde — zu verleugnen, zu verdrängen, sie zu verschieben oder in ihr Gegenteil zu verkehren.
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