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Vorwort

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Meditation wird oft dem Bereich der Religion und Esoterik zugeordnet, was bei skeptischen Zeitgenossen leicht zu einer ablehnenden Haltung führen kann. Meditation stammt aus dem religiösen Bereich und ist tatsächlich oft eingebettet in Rituale und Glaubenssätze, die nicht kritisch hinterfragt und begründet werden. Eine nüchterne Abwägung der Vor- und Nachteile möglicher Vorgehensweisen ist nur selten anzutreffen, weil die Richtungen oder Schulen in der Regel auf überlieferte Techniken festgelegt sind.

In dem vorliegenden Buch wird Meditation gänzlich ohne dogmatisches Beiwerk dargestellt. Stattdessen wird eine moderne, aufgeklärte Sichtweise vertreten, die auf einer wissenschaftlichen Grundhaltung beruht. Das Buch soll gleichermaßen theoretisches Hintergrundwissen vermitteln wie Anleitung geben, um praktische Erfahrungen zu machen. Sie als Leser werden eingeladen, Meditation als Werkzeug der Selbsterforschung, Selbstregulation und Selbsterkenntnis für sich zu nutzen.

Theorie und Praxis sind dabei stets aufeinander bezogen, d.h., der Vorstellung von Forschungsergebnissen folgt jeweils ein Praxisteil mit konkreten Übungsanweisungen. Die beschriebenen Meditationstechniken sind Methoden, die Sie anwenden können, um Ihr eigenes Bewusstsein -die Gesamtheit Ihrer subjektiven Erfahrungen in Form von Empfindungen, Gefühlen, Wahrnehmungen, Gedanken, Vorstellungen etc. - zu erkunden und zu verändern.

Dank moderner neurowissenschaftlicher Verfahren können wir heute Wirkungen von Meditationsübungen auf die Aktivität und Struktur des Gehirns objektiv untersuchen und nachweisen. Diese Forschung demonstriert eindrucksvoll die Plastizität der neuronalen Schaltkreise, die unser Bewusstsein bestimmen und zugleich durch das verändert werden, was wir tun. Die traditionellen Meditationsschulen haben über Jahrhunderte hinweg Wissen über das Potential des Menschen gesammelt, sich mit Hilfe geistiger Übungen zu klären und zu tiefer Selbsterkenntnis zu gelangen.

Dieses Buch versteht sich als ein Beitrag, dieses Wissen für jene nutzbar zu machen, die ein Bedürfnis nach Be-wusstseinserweiterung verspüren, sich aber keiner religiösen Tradition anschließen, sondern autonom und selbstbestimmt Erfahrungen sammeln möchten. Jedem Leser, der sich auf diesen Weg begibt, wünsche ich viel Erfolg!

Ich danke allen Menschen, die mir auf meinem eigenen Weg zu Lehrern wurden, allen voran meiner Ehefrau und meinen beiden Kindern. In der Begegnung und Auseinandersetzung mit den nächsten Menschen zeigt sich am deutlichsten die Qualität der Veränderungen durch Meditation. Meinen Lehrern Leland Johnson (Integrative Gestalt-Körperarbeit) und Sai Avatar Mahindra (Yoga) danke ich dafür, dass sie mir die Augen geöffnet haben für eine Realität jenseits des Alltäglichen und für die geistige Freiheit, die entsteht, wenn die Spiele des Egos durchschaut werden. Meinen Diplomanden und Studenten danke ich für ihre Begeisterung und ihr Engagement bei der wissenschaftlichen und spirituellen Suche nach neuen Erkenntnissen.

Mein Arbeitsumfeld an der Universität Gießen bietet mir die einzigartige Gelegenheit, Meditation mit modernsten Methoden zu erforschen. Ich danke dem Direktor des Bender Institute of Neuroimaging, Prof. Dieter Vaitl, und meinen Kollegen für die aktive Unterstützung meiner Arbeit auf diesem ungewöhnlichen Forschungsfeld. Zu guter Letzt danke ich Herrn Andreas Klaus vom O.W. Barth Verlag, dass er mich dazu bewegte, die bisher gewonnenen Erkenntnisse in Form eines Buches der breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dieses Unternehmen neben Beruf und Familie zu bewältigen war nicht einfach - umso mehr freue ich mich, jetzt wieder mehr Zeit für die eigene Meditationspraxis zu haben!

Wiesbaden, April 2010
 Ulrich Ott

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 Einführung

 

In diesem Buch geht es um Ihr Bewusstsein. Es geht darum, wie Sie mit Meditation Ihr Bewusstsein selbst erforschen und verändern können. In diesem Einführungskapitel erhalten Sie einen Überblick über die Bewusstseins­veränderungen durch Meditation, über die Voraussetzungen der Meditationspraxis und über die weiteren Kapitel des Buches, in denen verschiedene Meditationstechniken vorgestellt werden. Außerdem erhalten Sie einen Eindruck davon, in welchem Stil dieses Buch geschrieben ist und worauf es basiert: auf wissenschaftlichen Befunden, rationalen Überlegungen und einem offenen Forschergeist.

Bewußtseinsveränderungen durch Meditation

Ihr gegenwärtiges Bewusstsein ist das Ergebnis einer biologischen, kulturellen und individuellen Entwicklung. Sie sehen diesen Text mit Augen (oder hören ihn mit Ohren), die sich über einen sehr langen Zeitraum biologischer Evolution entwickelt haben. Das Lesen von Texten ist eine Kulturtechnik, die Ihnen als Mitglied einer zivilisierten Gesellschaft schon früh vermittelt wurde. So früh, dass Sie diese Sätze vermutlich mühelos lesen können und Ihnen kaum mehr bewusst ist, wie Sie dabei die Augen über die Zeilen gleiten lassen und innerlich die Worte sprechen und hören können, deren Bedeutung Sie entschlüsseln.

Die individuelle Entwicklung von der befruchteten Eizelle zu dem menschlichen Organismus, der Sie in diesem Augenblick sind, ist in ganz erheblichem Ausmaß von biologischen und kulturellen Einflüssen bestimmt.

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Dennoch entscheiden im Laufe dieser Entwicklung zunehmend Sie selbst über die Aktivitäten und Inhalte Ihres Bewusstseins. Das Ausmaß Ihrer persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung hängt davon ab, wie bewusst Sie sind. Ein Großteil unseres alltäglichen Verhaltens erfolgt nahezu automatisch und damit weitgehend unbewusst. Wir reagieren auf sich wiederholende Bedürfniszustände und Situationen mit angelegten und erlernten Verhaltensweisen. Meditation dient dazu, das Bewusstsein zu erweitern und sich von eingefahrenen Denkmustern und Verhaltensweisen zu lösen.

Die Bewusstseinserweiterung durch Meditation umfasst die erweiterte Wahrnehmung körperlicher und geistiger Prozesse sowie das erweiterte Vermögen, diese Prozesse zu verändern. Wenn Sie sich z.B. Ihre gegenwärtige Körperhaltung bewusst machen, können Sie feststellen, wie aufrecht und wie entspannt Sie sind, ob Ihre Haltung bequem ist oder nicht, und sie gegebenenfalls verändern. Dieser Be-wusstwerdungs- und Veränderungsprozess lässt sich ebenso auf körperliche Erregungszustände, emotionale Reaktionsmuster und das Denken anwenden. Außerdem können im Zuge der Meditationspraxis außergewöhnliche Be-wusstseinszustände auftreten, die eine neue Sicht der Realität und der eigenen Identität eröffnen.

Eine wissenschaftliche Untersuchung von Harald Piron (2003) ergab, dass sich die Erfahrungen von Meditierenden tatsächlich entlang einer Tiefendimension entfalten. Er untersuchte klassische Texte buddhistischer, christlicher, hinduistischer und daoistischer Traditionen, die eine Abfolge von Stufen zunehmender Vertiefung im Verlauf der Meditationspraxis beschreiben. Anschließend bat er vierzig Meditationslehrer und -lehrerinnen, eine Reihe typischer Erfahrungen hinsichtlich ihrer jeweiligen Tiefe einzustufen. Bei den Befragten handelte es sich um autorisierte Lehrende verschiedener Traditionen mit mindes-

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tens zwanzig Jahren eigener Praxis und zehn Jahren Lehrtätigkeit. Die Urteile dieser Experten zeigten ein sehr hohes Maß an Übereinstimmung, so dass die Erfahrungen fünf Bereichen unterschiedlicher Tiefe zugeordnet werden konnten:

1. Hindernisse: Unruhe, Langeweile, Motivations-/ Konzentrationsprobleme

2. Entspannung: Wohlbefinden, ruhige Atmung, wachsende Geduld, Ruhe

3. Konzentration: Achtsamkeit, kein Anhaften an Gedanken, innere Mitte, Energiefeld, Leichtigkeit, Einsichten, Gleichmut, Frieden

4. Essentielle Qualitäten: Klarheit, Wachheit, Liebe, Hingabe, Verbundenheit, Demut, Gnade, Dankbarkeit, Selbstakzeptanz

5. Nicht-Dualität: Gedankenstille, Einssein, Leerheit, Grenzenlosigkeit, Transzendenz von Subjekt und Objekt

Diese fünf Tiefenbereiche liefern eine grobe Landkarte der potentiellen Bewusstseinsveränderungen durch Meditation. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und gehen Sie die Liste der Begriffe einzeln durch, um für sich selbst zu klären, welche der beschriebenen Erfahrungen Sie persönlich wertschätzen und anstreben. Vielleicht möchten Sie jene Erfahrungen, die Ihnen am erstrebenswertesten erscheinen, unterstreichen oder auf einem gesonderten Blatt aufschreiben?

Sich die eigene Motivation bewusst zu machen, ist ein wichtiger Schritt bei der Aufnahme der Meditationspraxis. Aber Vorsicht: Die Fixierung auf ein Ziel kann leicht zum Hindernis werden, wenn Sie beispielsweise ungeduldig darauf warten, wann sich denn nun endlich die Ruhe ein-

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stellt! Nicht umsonst sind am Anfang die typischen Hindernisse aufgeführt, mit denen die meisten Meditationsanfänger - und auch viele Fortgeschrittene - immer wieder zu kämpfen haben. Um die Frustration möglichst gering zu halten, erfahren Sie auf den folgenden Seiten, welche Faktoren den Erfolg der Meditation beeinflussen, damit Sie optimale Voraussetzungen für die eigene Praxis schaffen können.

Voraussetzungen der Meditationspraxis

Eine erste wichtige Voraussetzung haben Sie bereits geschaffen, wenn Sie Ihre Motivation zum Meditieren geklärt haben. Möchten Sie sich in erster Linie entspannen, Ihre Konzentrationsfähigkeit verbessern, positive Emotionen entwickeln oder die Natur der Wirklichkeit ergründen? All dies können Sie durch die Übung verschiedener Meditationstechniken erreichen. Unabhängig von der jeweiligen Zielsetzung und eingesetzten Methode sollten Sie jedoch einige allgemeine Hinweise beachten, um gut meditieren zu können.

Insbesondere zu Beginn der Meditationspraxis ist es hilfreich, wenn Sie sich in einer ruhigen Umgebung befinden und nicht unter Zeitdruck stehen. Mit etwas Erfahrung wird es Ihnen später auch möglich sein, unter schwierigeren Bedingungen, beispielsweise während einer Fahrt in der Straßenbahn, zu meditieren. Günstige Bedingungen herrschen oft an den traditionellen Orten der inneren Einkehr, in Tempeln, Kirchen und Klöstern. Eine Atmosphäre der Ruhe und Besinnung finden Sie möglicherweise auch an schönen Orten in der Natur, auf Bergen, an Gewässern oder im Wald.

In der Regel werden Sie sich jedoch vermutlich nicht

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eigens an einen solchen Ort begeben, sondern sich zu Hause befinden. Das hat den Vorteil, dass sich Ihre innere Erfahrung ungestört entfalten kann und nicht durch einen religiösen Kontext überlagert wird. An öffentlich zugänglichen Orten und in der freien Natur können außerdem Störfaktoren wirksam werden, die Sie nicht beeinflussen können, wie zum Beispiel andere Besucher, lästige Insekten und widrige Wetterbedingungen. Suchen Sie sich also einen Platz in Ihrem Zuhause, wo Sie möglichst ungestört sind.

Treffen Sie Vorkehrungen, die verhindern, dass Sie abrupt aus der Meditation herausgerissen werden. Schalten Sie, wenn möglich, die Klingel und Telefone ab, und weisen Sie gegebenenfalls Mitbewohner darauf hin, dass Sie für einen bestimmten Zeitraum nicht gestört werden möchten. Ein Hinweis an der Tür kann als Erinnerungshilfe nützlich sein, insbesondere wenn sich Kinder in der Wohnung aufhalten. Auf diese Weise schaffen Sie einen geschützten Raum für die Erforschung Ihrer Innenwelt, ähnlich den standardisierten Rahmenbedingungen in einem wissenschaftlichen Labor.

Probieren Sie die zur Verfügung stehenden Zimmer aus, und entscheiden Sie sich dann für einen Platz, den Sie für die Meditation nutzen möchten. Sie sollten sich dort wohl fühlen und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sein. Auf Hilfsmittel zur Einnahme einer optimalen Körperhaltung wird im nächsten Kapitel eingegangen.

Durch wiederholtes Meditieren am gleichen Ort entsteht eine Verknüpfung mit dem meditativen Zustand. Sie werden bemerken, dass auch hier die Bildung von Gewohnheiten wirksam wird und Sie sich automatisch auf Meditation einstimmen, wenn Sie sich an diesen Platz begeben. Dieser Effekt unterstützt Sie zu Beginn in Ihrer Praxis - später können Sie bewusst andere, ungewohnte

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Orte wählen und jede Art von Handlung als meditative Übung gestalten.

Die dritte Voraussetzung der Meditationspraxis neben der Motivation und der Wahl eines Ortes besteht darin, dass Sie einen geeigneten Zeitraum finden. Wann und wie lange möchten Sie üben?

In vielen Meditationsbüchern ist zu lesen, dass die Morgenstunden und die Abendstunden vor dem Schlafengehen sich besonders gut für die Meditation eignen würden. Empirische Untersuchungen zum Einfluss der Tageszeit auf die Qualität der Meditation existieren meines Wissens nicht. Sie selbst wissen am besten, wann Sie in der Lage sind, sich zu konzentrieren, ob Sie eher ein Frühaufsteher sind oder ein Morgenmuffel, der erst in der zweiten Tageshälfte richtig munter wird. Wählen Sie einen Zeitpunkt, an dem Sie wach und ausgeschlafen sind. Ansonsten besteht ein erhöhtes Risiko, dass Sie in der Meditation dösen oder sogar einnicken.

Aus diesem Grund ist es auch empfehlenswert, nicht nach schweren Mahlzeiten zu üben. Wählen Sie also einen Zeitpunkt vor dem Frühstück, Mittag- oder Abendessen, oder nehmen Sie nur eine leichte Mahlzeit zu sich und lassen Sie eine Weile verstreichen, bevor Sie mit der Meditation beginnen. Verzichten Sie vor der Meditation insbesondere auf alkoholische oder aufputschende Getränke, die Ihr Bewusstsein trüben oder Sie in Unruhe versetzen könnten.

Wenn Sie unter chronischem Zeitmangel leiden und es Ihnen schwerfällt, im hektischen Arbeitsalltag eine Auszeit für die Meditationspraxis zu nehmen, dann machen Sie Ihre ersten Versuche am besten in der Freizeit am Abend oder am Wochenende. Die Dauer der Übung hängt vor allem davon ab, welche Wirkungen Sie anstreben. Eine ent-

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spannende Wirkung stellt sich häufig schon nach wenigen Minuten ein. Tiefergehende Veränderungen des Bewusst-seins erfordern demgegenüber gewöhnlich eine längere Zeitspanne. Konkrete Angaben zur empfohlenen Übungsdauer finden Sie am Ende des Kapitels zum Atmen.

Überblick über die weiteren Kapitel

In den nachfolgenden Kapiteln werden verschiedene Meditationstechniken vorgestellt, die aufeinander aufbauen und Sie schrittweise zu tiefen ßewusstseinsveränderungen hinführen. Zunächst ist es erforderlich, dass Sie eine Körperhaltung finden, die Sie für längere Zeit bewegungslos einnehmen können. Das nachfolgende Kapitel stellt eine Reihe möglicher Haltungen vor und unterstützt Sie dabei, herauszufinden, welche dieser Haltungen für Sie am besten geeignet ist.

Nachdem Sie eine optimale Körperhaltung gefunden haben, erhalten Sie im darauffolgenden Kapitel eine Einführung in Meditationstechniken, die die Atmung als Meditationsobjekt verwenden. Ziel dieser Techniken ist es einerseits, das Erregungsniveau auf körperlicher Ebene zu senken (Entspannung), und anderseits, einen Zustand wacher, gegenwärtiger Aufmerksamkeit herzustellen und aufrechtzuerhalten (Konzentration, Achtsamkeit). Eine erweiterte Bewusstheit der Atmung ist im Alltag von großem Nutzen, um Stresszustände zu erkennen und unnötige Spannungen abzubauen. Mit einer achtsamen Atmung können Sie lernen, Ihr inneres Befinden besser wahrzunehmen und in Richtung Ruhe und Gelassenheit zu verändern.

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Das anschließende Kapitel »Fühlen« nimmt als Ausgangspunkt körperliche Empfindungen, die eng mit emotionalen Reaktionen verknüpft sind. In der Alltagssprache findet dieser Umstand seinen Niederschlag, wenn wir von der »Wut im Bauch« sprechen, der »Angst im Nacken« oder von Empfindungen der Trauer, Liebe und Freude in unserem Herzen. Indem Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit systematisch durch den Körper wandern (die englische Bezeichnung dieser Technik lautet body scan), können Sie wahrnehmen, wo in Ihrem Körper chronische Verspannungen sitzen, und diese lösen. Aufsteigenden Emotionen und Erinnerungen begegnen Sie dabei mit einer Haltung der Akzeptanz und des Gleichmuts.

Dieser emotionale Klärungsprozess ist die Voraussetzung für weiterführende Übungen in diesem Kapitel, die darauf abzielen, sich selbst und seiner Umwelt gegenüber eine positive Haltung zu entwickeln, die gekennzeichnet ist durch liebevolle Güte und Mitgefühl. Die Wirkung dieser Übungen zeigt sich im Alltag in einem veränderten Verhalten in Situationen, in denen Sie zuvor mit Ablehnung und Ärger sich selbst oder anderen gegenüber reagiert haben. Sobald Ihnen automatische negative Reaktionsmuster in bestimmten Situationen bewusst werden, nimmt Ihre Freiheit zu, sich für alternative Bewertungen und Verhaltensweisen zu entscheiden, die geprägt sind von Wohlwollen, Humor und Kreativität.

Neben Empfindungen und Gefühlen bilden Gedanken und Vorstellungen einen großen Anteil unserer Bewusst-seinsinhalte. Im Kapitel »Denken« wird dieses stete innere Geschehen, der sogenannte Bewusstseinsstrom selbst zum Objekt der Betrachtung. Sie lernen, den fortwährenden inneren Dialog distanziert zu beobachten, der sich mit vergangenen Ereignissen, aktuellen Problemen oder zukünftigen Situationen beschäftigt. Wie stark sind Sie mit Ihren Gedanken identifiziert? Können Sie den Denkapparat anhalten, wenn er ständig um dieselben Themen kreist? Auch hier besteht die Möglichkeit, Meditationstechniken einzusetzen, um nutzlose oder gar schädliche Denkmuster zu erkennen und zu verändern.

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Ideen und Vorstellungen über die eigene Person, die auf vergangenen Erfahrungen beruhen, und Projektionen in die Zukunft in Form von Wünschen, Hoffnungen und Erwartungen verhindern die Wahrnehmung dessen, was jetzt ist. Meditation zielt darauf ab, den Kontakt zur lebendigen Gegenwart herzustellen und die Fähigkeiten zum Denken, Erinnern und Planen bewusst nur dann einzusetzen, wenn sie tatsächlich benötigt werden. Auf diese Weise werden Sie in die Lage versetzt, selbst zu bestimmen, was Sie in jedem Moment tun oder auch lassen möchten.

Das letzte Kapitel behandelt außergewöhnliche, besonders tiefgreifende Erfahrungen, die durch Meditation ausgelöst werden können. Es handelt sich hierbei um Seinszu-stände, in denen das Denken zur Ruhe kommt und neue Einsichten in die Natur der Wirklichkeit gewonnen werden. Die Übereinstimmung in den Schilderungen solcher Erfahrungen (Marshall, 2005) und die Tatsache, dass diese unter bestimmten Voraussetzungen auch durch pharmakologische Substanzen ausgelöst werden können (Griffiths et al., 2006), weist darauf hin, dass spezifische hirnphysiologische Mechanismen zugrunde liegen.

Das Kapitel liefert zunächst eine naturwissenschaftliche Erklärung für das Auftreten dieser Erfahrungen und ihre charakteristischen Merkmale. Danach werden Faktoren und Meditationstechniken beschrieben, die das Auftreten dieser Erfahrungen begünstigen, und mögliche Risiken, die damit einhergehen. Für die Erweiterung des Erkenntnishorizonts sind solche Phänomene von großer Bedeutung, weil sie uns vor Augen führen, dass wir in einer subjektiven Wirklichkeit leben, die davon abhängt, wie unser Gehirn funktioniert, und dass noch weitere Funktionsweisen und Bewusstseinszustände existieren, in denen die Welt und unser eigenes Dasein in grundlegender Weise anders erlebt werden.

Jedes der nachfolgenden Kapitel enthält eine Einführung, in der zunächst der aktuelle Stand der Forschung vorgestellt wird. Der Praxisteil führt dann schrittweise in verschiedene Meditationsübungen ein.

Im ersten Teil dieses Buches werden ausgewählte Ergebnisse der Meditationsforschung in kompakter Weise vorgestellt und mit einer praktischen Anleitung verbunden. Die Meditationsübungen werden als Methoden zur Selbsterforschung, Selbstmodifikation und Selbsterkenntnis vermittelt. Sie als Leser werden in die Lage versetzt, selbst zu untersuchen, welche Wirkungen verschiedene Techniken auf Sie persönlich haben, und zu überprüfen, ob die beschriebenen Erfahrungen tatsächlich auftreten.

Der zweite Teil des Buches richtet sich an jene Leser, die tiefer in die wissenschaftliche Beschäftigung mit Meditation einsteigen und sich umfassender orientieren möchten. Sie erhalten einen Überblick über die Forschungslandschaft (Kapitel 1) und Hintergrundinformationen zu den im ersten Teil des Buches präsentierten Befunden zur Wirkung von Meditation auf die Gesundheit (Kapitel 2) und das Gehirn (Kapitel 3). Anhand von Abbildungen wird illustriert, wo sich die erwähnten Hirnregionen befinden. Im abschließenden Resümee wird auf den Stellenwert eingegangen, den Meditation für die Entwicklung einer neuen Bewusstseinskultur in der heutigen Gesellschaft haben kann.

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Teil   1

DER WEG ZUM SELBST


KÖRPERHALTUNG

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Grundsätzlich ist es möglich, in jeder beliebigen Körperhaltung zu meditieren, und tatsächlich werden im Yoga zahlreiche, teilweise körperlich sehr fordernde Stellungen in einer meditativen Weise eingenommen und für längere Zeit gehalten. Es gibt mehrere klassische Meditationshaltungen, die sich offenbar über die Jahrhunderte bewährt haben, doch welche davon ist am besten? Welche Kriterien muss eine Position erfüllen, um die Meditation zu erleichtern und das Auftreten tiefer Erfahrungen zu begünstigen?

Bei der Auswahl einer besonders gut geeigneten Meditationshaltung gibt die wissenschaftliche Literatur leider keine Hilfestellung. Denn obwohl die Meditationsforschung inzwischen mehrere tausend Veröffentlichungen umfasst (Murphy & Donovan, 1997), wurde der Einfluss der Körperhaltung auf die Qualität der Meditation bislang noch nicht untersucht. Macht es einen Unterschied, ob jemand im Stehen, Hocken, Knien, Sitzen oder Liegen meditiert? Treten im traditionellen Lotossitz tiefere Erfahrungen auf als beim Sitzen auf einem gewöhnlichen Stuhl?

Wissenschaftliche Studien zu diesen Fragestellungen liegen nicht vor. Sie selbst sind also gefordert, herauszufinden, welche Haltung für Sie persönlich optimal ist, und dieses Kapitel unterstützt Sie dabei. Zum einen werden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Körperhaltungen erörtert, und zum anderen erhalten Sie praktische Hinweise, um die Haltungen richtig einzunehmen und individuell anzupassen. Für die Übungen in den späteren Kapiteln ist es wichtig, dass Sie eine angenehme Haltung finden, die Sie für längere Zeit relativ bewegungslos einnehmen können.

Bevor Sie die Analyse und Bewertung verschiedener Körperhaltungen im folgenden Text nachvollziehen, können Sie selbst ein kleines Experiment unternehmen. Auch jetzt, in diesem Moment, beim Lesen dieses Satzes, haben Sie eine bestimmte Körperhaltung eingenommen. Mehr oder weniger bewusst haben Sie sich vermutlich für eine relativ bequeme Haltung entschieden, die aber zugleich die zum aufmerksamen Lesen erforderliche Wachheit unterstützt. Für die Meditation sind die Anforderungen weitgehend identisch - vielleicht befinden Sie sich bereits in einer Haltung, die sich auch hervorragend zum Meditieren eignen würde! Bevor Sie sich jedoch auf eine Position festlegen, sollten Sie sich zunächst einen Überblick verschaffen und die verschiedenen Alternativen kennenlernen.

Wenn die Situation es zulässt, dann können Sie nun verschiedene Haltungen einnehmen und beobachten, wie sich dies jeweils auf Ihr Körpergefühl und das Lesen auswirkt. Was verändert sich, wenn Sie sich hinstellen? Stehen Sie jetzt auf, und zwar, wenn möglich, nicht nur in der Vorstellung, sondern ganz real. Wie fühlt es sich an, im Stehen weiterzulesen? Fühlen Sie sich wacher? Wie entspannt oder angestrengt sind Ihre Beine, Ihre Arme und die Hände, die das Buch halten? Bleiben Sie mindestens eine Minute stehen, um einen Eindruck zu gewinnen, wie die stehende Haltung auf Körper und Geist wirkt. Dazu können Sie dieses Kapitel einfach noch einmal bis zu dieser Stelle lesen, oder Sie schließen die Augen, um die Innenwahrnehmung zu erleichtern.

Gehen Sie nun in die Hocke. Bekommen Sie die Fersen auf den Boden oder kippen Sie nach hinten? Wie lange können Sie im Hocken verharren, ohne dass es anstrengend wird? Was geschieht mit der Atmung, wenn der Bauch an die

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Oberschenkel gepresst wird? In vielen Regionen der Erde ist das Hocken auf dem Boden eine ganz alltägliche Haltung, und auch kleine Kinder nehmen diese Haltung beim Spielen oft spontan ein. Wenn Sie vorhaben, später auch im Lotossitz zu meditieren, ist das Hocken eine gute Vorübung, um die Beweglichkeit der Beine und des Beckens zu erhöhen. Dazu später mehr.

Gehen Sie nun in die kniende Position, bei der das Gesäß auf den Füßen ruht. Wann haben Sie diese Haltung das letzte Mal eingenommen? Fühlt sich diese klassische Gebetshaltung merkwürdig für Sie an? Wenn möglich, sollten die Zehen nicht aufgestellt sein, sondern flach auf dem Boden aufliegen. Wie aufgerichtet ist der Oberkörper? Wie fühlen sich Knie und Unterschenkel an? Verlassen Sie die Position, wenn Schmerzen auftreten sollten. Andernfalls probieren Sie das Knien eine Weile aus, bevor Sie zum Sitzen kommen.

Strecken Sie im Sitzen zunächst einmal die Beine nach vorne aus. Ist Ihr Oberkörper aufrecht, oder sinken Sie nach vorne zusammen? Wie unterscheidet sich das Sitzen auf dem Boden von dem auf einem Stuhl? Was verändert sich, wenn Sie die Beine zum Schneidersitz anwinkeln, kreuzen und die Unterschenkel auf das Fußgelenk bzw. die Ferse des anderen Beines legen? Ist diese Haltung bequem, oder zieht es in den Oberschenkeln? Könnten Sie diese Position für zwanzig Minuten halten und sich dabei entspannen? Ist sie eher unangenehm oder sogar schmerzhaft? Lassen Sie sich auch hier wieder etwas Zeit, um die Wirkungen mit geschlossenen Augen von innen her zu erspüren. Bei Bedarf können Sie Ihren Rücken an eine Wand lehnen.

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Zu guter Letzt legen Sie sich nun auf den Boden, ein Sofa oder ein Bett. Legen Sie, falls vorhanden, ein Kissen unter Ihren Kopf, und verwenden Sie eine Decke als Unterlage, falls der Boden kalt sein sollte. Können Sie in dieser Haltung lesen? Wie wirkt sich die liegende Position auf Ihre Aufmerksamkeit aus? Schließen Sie die Augen, und entspannen Sie Ihren ganzen Körper. Zählen Sie zehn Atemzüge, und öffnen Sie dann wieder die Augen. Kann Ihr Geist wach und aktiv bleiben, oder werden Sie schläfrig und unkonzentriert? Wollen Sie vielleicht ein kleines Nickerchen einschieben und später weiterlesen?

Kehren Sie nun wieder in Ihre Ausgangshaltung vor dem Experiment zurück. Von den fünf Grundhaltungen - Stehen, Hocken, Knien, Sitzen und Liegen - ist das Hocken diejenige Haltung, die wohl am seltensten zur Meditation eingesetzt wird. Westliche Menschen im Erwachsenenalter sind häufig überhaupt nicht mehr in der Lage, diese Haltung einzunehmen oder gar sich darin zu entspannen. Durch das Anwinkeln der Beine wird deren Durchblutung beeinträchtigt, und auch die Bauchatmung ist eingeschränkt.

Bei den nachfolgenden Erörterungen findet das Hocken daher nur als Dehnübung Berücksichtigung. Das Sitzen und Knien sind demgegenüber die am meisten verwendeten Meditationshaltungen und werden gleich im An-schluss ausführlich behandelt. Liegen, Stehen und Gehen bieten in manchen Fällen eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung zur Sitzmeditation und werden danach besprochen.

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Sitzen und Knien

Generell eignet sich für die Meditation jede stabile Sitzhaltung, bei der der Oberkörper aufgerichtet ist und sich der Körper entspannen kann. In vielen Meditationsanleitungen wird als ideale Haltung der Lotossitz empfohlen, bei dem die Beine angewinkelt und überkreuzt werden, so dass die Füße jeweils auf dem Oberschenkel des anderen Beines zu liegen kommen. Wenn die Beweglichkeit dies nicht zulässt, werden der halbe Lotossitz oder der Schneidersitz empfohlen, mit einem Fuß bzw. beiden Füßen auf dem Boden. Als Alternative werden kniende Positionen mit und ohne Bänkchen angeführt - wenn auch diese nicht erträglich sind, bleibt das Sitzen auf einem Stuhl als letzte Option.

Für eine Überlegenheit des Lotossitzes, den viele Insider bevorzugen, existieren allerdings, wie eingangs erwähnt, keine wissenschaftlichen Belege. Gerade Anfänger können leicht frustriert werden, wenn sie daran scheitern, diese Position korrekt einzunehmen. Die traditionellen Meditationshaltungen führen ohne Vorübung und geeignete Hilfsmittel (Kissen, Bänkchen) oft zu Anspannungen und Schmerzen, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Für Einsteiger ohne die erforderliche körperliche Beweglichkeit und ohne entsprechende Hilfsmittel ist es also günstiger, zunächst auf einem vorhandenen Stuhl oder einer vergleichbaren Sitzgelegenheit zu üben.

Sitzen auf einem Stuhl

Vielleicht befindet sich an dem Ort, den Sie für die Meditation ausgewählt haben, bereits ein Stuhl. Testen Sie dennoch systematisch alle Stühle, die sich in Ihrer Wohnung befinden, ohne auf ihr Aussehen zu achten. Auf

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welchem Stuhl sitzen Sie am angenehmsten? Stellen Sie die vorhandenen Stühle nebeneinander, und nehmen Sie so lange Vergleiche vor, bis der beste Stuhl übrig bleibt. Der Aufwand lohnt sich, denn Sie werden bei den Meditationsübungen auf diesem Stuhl ja einige Zeit verbringen.

Setzen Sie sich jeweils auf das vordere Drittel der Sitzfläche, ohne sich anzulehnen. Wie gut ist der Kontakt zur Sitzfläche? Sitzen Sie bequem oder vielleicht zu hart? Verwenden Sie bei Bedarf ein flaches Kissen zur Polsterung. Die Höhe der Sitzfläche ist dann optimal, wenn Ober- und Unterschenkel ungefähr einen rechten Winkel bilden, d.h., wenn die Unterschenkel senkrecht stehen, sollten sich die Oberschenkel in der Waagrechten befinden. Ziehen Sie die Schuhe aus, und setzen Sie die Füße flach auf dem Boden auf, die Knie mindestens zwei Handbreit voneinander entfernt.

Die Hände können Sie entweder auf den Knien bzw. Oberschenkeln ablegen oder vor dem Bauch ineinander legen. Wenn eine bequeme Armlehne vorhanden ist, können Sie diese zwar nutzen, es ist jedoch günstiger, ohne Armlehne zu üben, weil Sie sich dann nicht daran gewöhnen und Stühle mit geeigneter Armlehne vielleicht nicht immer zur Verfügung stehen. Eine Rückenlehne sollten Sie nur benutzen, wenn Rückenschmerzen auftreten und Sie sich nicht entspannen können, ohne den Rücken anzulehnen.

Klappstühle sind in der Regel eher ungeeignet, weil sie nicht die nötige Stabilität aufweisen. Bürodrehstühle können durchaus geeignet sein, zumal sie meist höhenverstellbar sind. Ansonsten können Sie eine mehrfach gefaltete Decke unter die Füße legen, falls die Sitzfläche etwas zu hoch sein sollte. Falls die vordere Stuhlkante einschneidet, empfiehlt es sich, einen Sitzkeil aus festem Schaumstoff zu verwenden. Durch eine nach vorne leicht abfallende Sitz-

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fläche wird zudem die Aufrichtung des Oberkörpers unterstützt. Verwenden Sie ruhig etwas Zeit darauf, Ihren Sitzplatz für die Meditation komfortabel einzurichten, denn damit verstärken Sie die Motivation zum Üben und erhöhen die Chance, schon von Beginn an positive Erfahrungen zu machen.

Der Lotossitz und seine Varianten

Die bekannteste Sitzhaltung für die Meditation ist sicherlich der Lotossitz, der zu einem bildhaften Symbol für Meditation schlechthin geworden ist. Der Überlieferung nach hat Siddhartha Gautama, der historische Buddha, im Lotossitz Erleuchtung erlangt und wird meist in dieser Haltung dargestellt. Er war zum damaligen Zeitpunkt ein hochgradig trainierter indischer Yogi, dem das Einnehmen dieser Haltung keinerlei Mühe bereitet haben dürfte. Ungeübte Personen sind normalerweise dazu nicht in der Lage.

Um Ihre eigene Beweglichkeit zu prüfen, setzen Sie sich am besten auf einen Teppich oder eine Decke und winkeln beide Beine an, so dass die Knie nach außen zeigen und sich die Unterschenkel überkreuzen. Versuchen Sie nun behutsam einen Fuß auf den Oberschenkel des anderen Beines zu legen. Wenden Sie dabei keine Gewalt an! Wenn Sie den Fuß mit starkem Kraftaufwand in die Position zwingen müssen, könnten Sie in dieser Haltung sowieso nicht gut meditieren. Außerdem besteht die Gefahr, dass Sie bei der Dreh- und Hebelbewegung Ihr Kniegelenk verletzen!

Falls es Ihnen jedoch leicht fallen sollte, einen Fuß auf den Oberschenkel des anderen Beines zu legen, dann können Sie den zweiten Fuß auf dem Boden liegen lassen und befinden sich im halben Lotossitz. Wenn Sie auch den zweiten Fuß über Kreuz auf das andere Bein legen können,

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wird daraus der volle Lotossitz. Nehmen Sie diese Haltung aber nur ein, wenn Sie keine große Spannung in den Knien verspüren. Achten Sie außerdem auf die Stellung des Beckens: Zieht das Becken den unteren Rücken nach hinten, so dass Sie Ihren Oberkörper zum Ausgleich nach vorne beugen müssen? In einer Haltung mit gekrümmtem Rücken können Sie ebenfalls nicht gut meditieren.

Der Spannung im Becken und unteren Rückenbereich können Sie entgegenwirken, indem Sie sich auf ein festes, hohes Kissen setzen - genau diesem Zweck dienen die typischen runden Meditationskissen. Außerdem sind Dehnübungen für das Becken hilfreich, wie sie im Yoga praktiziert werden (z.B. »Schmetterling« und »Grätsche«; Links zu Anleitungen im Internet finden Sie auf der Website zum Buch). Gehen Sie sehr behutsam vor, um Schädigungen zu vermeiden - die Entwicklung körperlicher Flexibilität benötigt Zeit, Geduld und Beharrlichkeit.

Der volle und halbe Lotossitz werden von vielen fortgeschrittenen Meditierenden geschätzt, weil das Dreieck aus Gesäß und den beiden Knien, die auf dem Boden aufliegen, eine stabile Grundlage für die Aufrichtung der Wirbelsäule bildet. Wenn Sie langfristig auch gerne in dieser Haltung meditieren möchten, dann können Sie den Schneidersitz als Ausgangspunkt nehmen. Schützen Sie Ihre Kniegelenke, indem Sie Kissen darunterlegen. Mit der Zeit werden Becken und Beine gedehnt, was Sie durch zusätzliche Übungen fördern können. Gewöhnen Sie es sich an, auch bei anderen Gelegenheiten, zum Beispiel beim Lesen, im Schneidersitz zu sitzen oder in die Hocke zu gehen. Durch die hockende Position dehnen Sie den unteren Rücken und den Halteapparat im Beckenbereich. Falls Sie die Fersen nicht auf den Boden bekommen, können Sie eine gefaltete Decke unterlegen.

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Achten Sie darauf, beim Anwinkeln und Überkreuzen der Beine die Reihenfolge regelmäßig abzuwechseln, damit sich die Beweglichkeit gleichmäßig entwickelt. Wechseln Sie bei längeren Meditationssitzungen die Anordnung der Beine nach der Hälfte der Zeit. Auf diese Weise können Sie verhindern, dass vorhandene Asymmetrien, die zur Bevorzugung einer Sitzvariante führen, noch weiter verstärkt werden. Üben Sie vermehrt in der schwierigeren Variante, um Unterschiede zwischen der rechten und linken Seite auszugleichen. Im Abschnitt zum Stehen und Gehen finden Sie Hinweise, wie Sie mit auftretenden Schmerzen umgehen können.

Knien

Kniende Positionen sind bei Meditierenden ebenfalls recht beliebt und weit verbreitet. Die einfachste Form ist der sogenannte Fersensitz, bei dem das Gesäß auf den Füßen ruht. Problematisch bei dieser Sitzhaltung sind zum einen die Fußgelenke, die eventuell zu steif sind, um die Fußrücken flach auf den Boden zu legen. Zum anderen werden die Beine durch das Gewicht des Körpers stark zusammen-gepresst, so dass die Füße leicht einschlafen. Eine aufgerichtete kniende Haltung, bei der die Oberschenkel senkrecht stehen, ist wiederum auf Dauer sehr anstrengend.

Damit eine kniende Haltung dauerhaft angenehm bleibt, ist der Einsatz von Hilfsmitteln ratsam, entweder in Form eines Sitzbänkchen oder eines Kissens, das zwischen den Beinen platziert wird. In beiden Fällen werden die Beine vom Gewicht des Körpers entlastet, und das Gesäß erhält eine stabile Auflagefläche. Eine gerollte Decke unter den Fußgelenken kann den Druck auf Fußrücken und Zehen mindern.

Sitzbänkchen gibt es in unterschiedlichen Ausführungen im Handel. Wenn Sie viel unterwegs sind, kann sich ein

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Reisebänkchen zum Zusammenklappen lohnen. Mit Körnern gefüllte Kissen sind gut formbar und zugleich fest, so dass sie sich besonders gut eignen, um sie zwischen die Beine zu legen und sich rittlings daraufzusetzen. Eine Linksammlung mit Anbietern und eine Bauanleitung für ein Meditationsbänkchen finden Sie auf der Website zum Buch.

Liegen

Bei dem kleinen Experiment mit den verschiedenen Körperhaltungen zu Beginn dieses Kapitels konnten Sie vielleicht feststellen, dass es in einer liegenden Position schwierig ist, wach und konzentriert zu bleiben. Wenn Sie sich im Liegen körperlich entspannen, besteht ein erhöhtes Risiko, dass Sie einschlafen. Aus diesem Grund wird auch beim autogenen Training empfohlen, zunächst im Sitzen zu üben (Krampen, 1998), bis man gelernt hat, den Körper völlig zu entspannen und zugleich geistig präsent zu bleiben.

Das Üben im Liegen ist nur dann empfehlenswert, wenn Sie mit einer gesprochenen Anleitung meditieren, wenn Sie Ihren Körper vollständig entspannen möchten oder wenn Sie nach der Meditation unmittelbar in den Schlaf gleiten möchten. Bei einer gesprochenen Anleitung werden Sie durch die Stimme immer wieder zurückgeholt, wenn Sie abdriften. Beginnen Sie mit kurzen Übungszeiten, die Sie allmählich ausdehnen, und stellen Sie sich einen Wecker, der das Ende der Übungszeit signalisiert. Eine weitere Möglichkeit, dem Einschlafen vorzubeugen, ist es, den Oberkörper mit mehreren Decken etwas höher zu lagern.

Wenn Sie längere Zeit im Sitzen meditiert haben, dann legen Sie sich im Anschluss ruhig noch für einige Minuten

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auf den Rücken, um die Haltemuskulatur zu entspannen. Reiben und massieren Sie Ihre Füße und Beine, falls diese eingeschlafen sein sollten. Unterstützen Sie den Kopf mit einem Kissen, und stellen Sie die Füße auf, um den unteren Rücken zu entlasten. Auf diese Weise kann die Meditation im Liegen ausklingen und Sie schaffen einen sanften Übergang, bevor Sie Ihre Alltagsaktivitäten wiederaufnehmen.

Stehen und Gehen

Im Mittelpunkt dieses Buches steht die Sitzmeditation. Im Vergleich zum Sitzen erfordert das Stehen erheblich mehr Muskelarbeit und Koordination, um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Wer den ganzen Tag »auf den Beinen« war, weiß, wie angenehm es ist, am Abend die Beine zu entlasten. Wenn Sie allerdings für längere Zeit sitzen, beispielsweise während der Arbeit am Schreibtisch oder auf Reisen, dann haben Sie sicherlich auch die Erfahrung gemacht, wie wohltuend es ist, zwischendurch aufzustehen und sich ein wenig die Beine zu vertreten.

Bei der Sitzmeditation werden die Beine typischerweise durchgängig in ein und derselben Position belassen. Vor allem beim Knien und beim Sitzen mit gekreuzten Beinen kann es leicht vorkommen, dass die Durchblutung der Beine eingeschränkt ist und die Füße einschlafen. Die Strategie, die dabei auftretenden unangenehmen Empfindungen auszuhalten, führt manchmal scheinbar zum »Erfolg«: Nach einiger Zeit spüren Sie Ihre Beine und Füße überhaupt nicht mehr ... Aber spätestens wenn Sie die Sitzhaltung wieder verlassen und das Empfindungsvermögen zurückkehrt, werden Sie mit den schmerzhaften Folgen konfrontiert, die es haben kann, wenn Warnsignale des Körpers ignoriert werden.

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Zwingen Sie sich also nicht, in einer bestimmten Haltung zu verharren, sondern reagieren Sie auf Missempfindungen, indem Sie entweder die Lage der Beine verändern, Druckpunkte unterpolstern oder die Haltung für eine kurze Zeitspanne verlassen. Strecken Sie beispielsweise für eine Minute die Beine aus, oder stehen Sie auf und gehen Sie ein wenig umher, bevor Sie zur Sitzhaltung zurückkehren.

Solche körperlichen Bewegungen werden oft als Unterbrechung der Meditation erlebt, weil sie die gewonnene Sammlung und innere Ruhe beeinträchtigen. Diesen potentiell störenden Effekt können Sie reduzieren, indem Sie alle Bewegungen meditativ, das heißt mit großer Achtsamkeit ausführen. Sie müssen die Meditation nicht unterbrechen, wenn Sie behutsam ein Bein ausstrecken oder kurz aufstehen. Nutzen Sie vielmehr die Bewegungen als meditative Übung, indem Sie sie langsam und bewusst ausführen.

In der Zen-Praxis werden Sitz- und Gehmeditation oft kombiniert, indem sich beispielsweise 25-minütige Sitzphasen mit 5-minütigem Gehen abwechseln. Das Gehen ist dabei keineswegs als Pause zu verstehen, sondern als eigene, anspruchsvolle Meditationstechnik. Stehen und Gehen sind hochgradig automatisierte Prozesse, die sehr früh erlernt werden und dann weitgehend unbewusst »ablaufen«. Das meditative Gehen wird daher stark verlangsamt, um die Komplexität des »Vorgangs« wahrnehmen zu können: die Gewichtsverlagerungen, das Aufsetzen der Ferse, das Abrollen über die Fußsohle, die Muskelarbeit in Waden, Oberschenkeln und Gesäß.

Sich mittels Meditation die eigenen Haltungs- und Bewegungsmuster bewusst zu machen dient der Einsicht in den eigenen Körperausdruck. Außerdem ist dies für die Übertragung und Ausweitung meditativer Qualitäten »vom Kissen in den Alltag« wichtig.

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Wenn Sie in der Meditation beispielsweise chronische Verspannungen im Nacken und Gesäß erspüren und auflösen, werden Sie merken, dass Sie anschließend den Boden besser spüren, sich freier und geschmeidiger bewegen.

Viele alltägliche Situationen, zum Beispiel der Gang zum Bäcker oder Zeiten, in denen Sie warten müssen, können Sie dazu nutzen, sich die eigene Haltung und Bewegung bewusst zu machen. Keine der Meditationsübungen in den nachfolgenden Kapiteln setzt zwingend eine Sitzhaltung voraus. Insbesondere wenn es Ihnen schwerfällt, Zeit für die Sitzmeditation zu reservieren, bietet es sich an, geeignete Situationen im Alltag für die Meditation zu nutzen. Besonders vorteilhaft ist es, wenn Sie formelle Sitzmeditation und Achtsamkeitsübungen bei alltäglichen Handlungen kombinieren, weil dadurch die positiven Qualitäten, die Sie anstreben, am schnellsten entwickelt, vertieft und im tätigen Leben verwirklicht werden können.

Achtsamkeit und Körperbewusstheit können während der nach innen gewandten Sitzmeditation besonders leicht gesteigert werden. Versuchen Sie, diese erhöhte Bewusst-heit danach so lange wie möglich zu bewahren, wenn Sie wieder in der Außenwelt aktiv werden. Nutzen Sie jede Wartezeit als Gelegenheit zum Meditieren. Wenn Sie stehen, beispielsweise an einer Haltestelle, dann drücken Sie nicht die Beine durch, sondern gehen Sie unmerklich etwas in die Knie, um den Bodenkontakt zu verbessern. Spüren Sie, wie die Füße Ihr Gewicht tragen. Verlagern Sie Ihren Schwerpunkt pendelnd von den Zehenballen auf die Fersen und vom linken auf den rechten Fuß, bis er schließlich in der Mitte der Füße liegt. So können Sie auch im Stehen eine zentrierte Haltung einnehmen, die sich für die nachfolgend beschriebenen Meditationsübungen hervorragend eignet.

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Checkliste: Welche Haltung ist für mich optimal?

Als Entscheidungshilfe werden nachfolgend Empfehlungen für einige typische Situationen gegeben. Prüfen Sie, was am ehesten auf Sie zutrifft.

  • Ich möchte Meditation ausprobieren und erst einmal kein Geld für Hilfsmittel ausgeben: Sitzen Sie auf einem vorhandenen Stuhl.

  • Ich möchte gerne die traditionellen Meditationshaltungen ausprobieren: Beginnen Sie mit dem Schneidersitz oder dem Fersensitz. Verwenden Sie ein festes Kissen als Sitzfläche, und unterpolstern Sie Knie und Füße.

  • Ich bin bereit, Zeit und Geld zu investieren, um in einer traditionellen Meditationshaltung zu üben: Kaufen Sie sich ein Bänkchen oder Meditationskissen, und praktizieren Sie Dehnübungen, wenn Sie den halben oder vollen Lotossitz erlernen möchten.

  • Ich habe bereits nach kurzer Zeit heftige Rückenschmerzen, wenn ich mich aufrecht hinsetze: Lehnen Sie Ihren Rücken an, oder praktizieren Sie mit einer gesprochenen Anleitung im Liegen.

  • Ich habe keine Zeit für die regelmäßige Sitzmeditation: Finden Sie im Alltag Gelegenheiten zum Meditieren (z.B. Wartezeiten), oder gestalten Sie Alltagshandlungen (z.B. Treppensteigen) als meditative Übungen.

Unabhängig von der gewählten Haltung sollten Sie darauf achten, bequeme Kleidung zu tragen, die nicht einschnürt und die Atmung beengt. Ziehen Sie die Schuhe aus, und verwenden Sie bei Bedarf ein Paar Socken, um die Füße warm zu halten. Legen Sie Brille, Schmuck, Armbanduhr und dergleichen ab - bei der Erforschung der Innenwelt werden sie nicht benötigt. Das Ablegen ist auch eine symbolische Handlung, das Einleitungsritual für eine private Auszeit, in der solche Äußerlichkeiten keine Rolle spielen.

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