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18. Kreuzigung und Auferstehung  (Schluss)      

 

Wilhelm Reich 1953

 

Frauen sind dabei  —  Berühre es nie! —  Die Quelle des Lebens  — 
Sie erfinden das Wunder  —  Die wirkliche Bedeutung der Auferstehung

 

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Der Führer, der Herrscher, der König, der «Führer» sie alle sind Ausdruck und Werkzeug der Lebensart des Volkes. Ein Iwan der Schreckliche kann nicht zweihundert Millionen Bauern zu passiven Geschöpfen machen; das kann nur eine entsprechende Anzahl von Bauernmüttern. Und diese zweihundert Millionen schweigende und duldende Bauern schaffen es, daß ein Regime Iwans des Schrecklichen bestehen bleibt.

Pilatus kann gegen den Wunsch des Volkes, Barabbas freizulassen und Christus zu kreuzigen, nichts tun. Sie bevorzugen Barabbas, weil er und nicht Christus ihrer Art zu leben und zu denken entspricht. Und sie würden Christus, wenn sie ihn erwählt hätten und er es geschehen ließe, schnell in einen Barabbas verwandeln. Oder sie würden ihn töten. Natürlich würden sie auch Barabbas töten, wenn er ihren Wunsch, Könige von Jerusalem auf weißen Hengsten mit gezogenen Schwertern gegen den ewigen Feind ziehen zu sehen, nicht befriedigen würde. Und sie würden bald einen anderen Barabbas erwählen, aber keinen Christus. Dies geschieht nun schon seit sechstausend Jahren, soweit wir Kenntnis von unserer Geschichte haben, und der Traum vom Himmelreich wurde für die gleiche Zeit zu einem Spiegelbild gemacht, sicher genug, nicht verwirklicht zu werden.

Diese schon so lange bestehende Dichotomie im menschlichen Dasein ist derart offensichtlich, daß einige Hoffnung besteht, sie früher oder später auch einmal auf irgendeinem internationalen Kongreß zur Mentalhygiene oder gar in einigen europäischen soziologischen oder ethnologischen Fachzeitschriften erwähnt zu sehen.

Wenn nicht sehr bald die Vorliebe für Barabbasse und die Erlösersehnsüchte der Massen generell verstanden und von den Massen selbst gemeistert werden, gibt es noch viele Barabbasse und ermordete Christusse, so viel ist sicher. Darüber kann in der Tat kein Zweifel bestehen, und niemand sollte sich in dieser Hinsicht zu täuschen versuchen oder sich diese Erkenntnis von irgendeinem Freiheitskrämer ausreden lassen. Die Lage ist äußerst ernst geworden, und es ist höchste Zeit, etwas zu tun und nicht mehr länger vorzuschützen, man wüßte das nicht wirklich, was man so klar erkannt hat und was einem überall in die Augen springt.

Auf Golgatha kommt der grundlegende Zwiespalt im Handeln der Massen noch einmal in all seiner grausamen Brutalität zum Vorschein, obwohl schon das, was in Jerusalem und davor geschah, gereicht hätte. Als die Massen nach der Kreuzigung Christi rufen (und wir haben keinen Grund, die Wahrheit der Berichte in den Evangelien anzuzweifeln, weil genau dasselbe durch alle Zeiten hindurch um uns herum geschah und geschieht), ist Pilatus verblüfft und fragt: «Was hat er Unrechtes getan?»

Pilatus begreift das nicht. Es ist genau diese Tatsache, daß Christus den Leuten nichts Unrechtes sondern nur Gutes getan hat genau diese Tatsache ist es, die begründet, daß er schlechter als ein gemeiner Tagedieb behandelt wird.

Um das Gefühl von der eigenen Verkommenheit, die Christus ans Kreuz genagelt sehen will, zu übertönen, muss man, kann man nicht anders als alle nur verfügbaren Möglichkeiten der Erniedrigung auf das Opfer seiner teuflischen Handlungen anwenden.

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Die himmelschreiende Verkommenheit muß durch die Schändung des Opfers überdeckt werden. Genauso funktioniert die Pest, seit sie begann, die Menschheit zu zerstören. Sich dessen nicht bewußt zu sein, ist wiederum ein typisches Merkmal des Vorgehens der Pest und ihrer überall vorhandenen Helfer.

Christus trägt sein Kreuz schweigend auf den Kalvarienberg. Schweigend bricht er zusammen, und er schweigt, als Simon ihm hilft, das Kreuz zu tragen. Schweigend erreicht er Golgatha, den Platz der Hinrichtung. Schweigend durchleidet er das volle Ausmaß menschlicher Grausamkeit. Diese Grausamkeit ist so geschickt ausgeklügelt, daß sie ein größtmögliches Maß an Qualen zu den ohnehin schon fast unerträglichen Leiden des Opfers hinzufügt: Als Christus am Hinrichtungsplatz angekommen ist, ist das Kreuz noch nicht aufgerichtet. Das geschieht erst in seiner Gegenwart. Nägel werden durch lebende Hände geschlagen, die den Kranken und Leidenden so oft geholfen haben. Nägel werden durch lebende Füße geschlagen, die so oft über Gottes Felder und Wiesen und durch Bäche geschritten sind. Ein Holzstück zur Unterstützung des Körpers wird zwischen den Beinen angebracht.

Christus ist sich voll dessen bewußt, was vorgeht. Sein Schweigen ist sein einziges Mittel, um bis zum Ende durchhalten zu können. Er leidet unter fürchterlichem Durst und bittet um etwas zum Trinken. Ein Soldat steckt einen in Posca getränkten Schwamm auf einen Pfeil und hält ihn Christus an die Lippen, der ihn einem Bericht zufolge leergesaugt hat.

Aufgrund seiner außerordentlichen Empfindsamkeit durchleidet Christus einmal die Torturen, die seinem Körper zugefügt werden, und zudem noch die Torturen daraus, daß er die Menschen auf solche Weise handeln sieht; daß sie zu solchem Handeln fähig sind, daß sie nicht wissen, was sie tun,

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daß sie Werkzeuge einer Justizmaschinerie sind, daß jede Spur von Mitleid aus ihren Herzen gewichen ist und einem Gefühl der Pflichterfüllung Platz gemacht hat, oder daß sie einfach total gefühllos sind. Diese Menschen haben überhaupt nichts mit Christus, seinen Ansichten oder seinem Reich zu tun. Sie sind einfach nicht mehr als Maschinen das Wichtigste unter einer mechanisierten Regierung, die den Menschen vergißt, dem zu dienen sie im Grunde da sein sollte. Und sie ist zu diesem Zweck da. Der Mensch paßt sehr gut zu einer solchen Regierung, denn sonst könnte sie ja überhaupt nicht existieren. Es ist der Mensch selbst, der sich seine Regierungsform schafft, und seine Regierung kann nur das machen, was der Mensch ihr zu machen erlaubt.

Oben am Kreuz bringen sie eine Inschrift an, die in drei Sprachen hebräisch, griechisch und lateinisch die Worte «König der Juden» trägt. Der Traum der Leute, was Christus hätte werden sollen, bleibt erhalten. Doch die Welt Christi ist jenseits des Kreuzes. «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!» Sie wissen wirklich nicht, was sie tun, ob auf Golgatha oder in Bergen-Belsen oder in einem russischen Gefangenenlager: nie wissen sie, was sie tun. Das ist die ihnen so liebgewordene Ausrede. Diese Unschuld muß entlarvt werden:

ES IST HÖCHSTE ZEIT, GEMEINER MANN AUF DER STRASSE, DASS DU weisst, was du tust! Deine Einfalt reicht nicht länger aus, dich von der Schuld an deinen Verbrechen freizusprechen. Du wirst dich nicht mehr lange hinter deiner Einfalt verstecken können. Du wirst wissen, was du tust, wenn du Christus ermordest.

Kein Bewunderer und kein Jünger ist am Kreuz dabei. Johannes behauptet, dagewesen zu sein. Das erscheint jedoch einigen Angaben in den Evangelien zufolge als zweifelhaft. Es scheint jedoch Übereinstimmung darüber zu bestehen, daß die Frauen, die Christus liebten, da waren: Maria Kleophas, Maria Magdalena, Johanna, Frau des Khuza, Salome und einige andere blieben Renans Angaben zufolge bis zum Ende dort. Auch die Mutter Christi war am Kreuz.

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Es versteht sich von selbst, daß die Frauen, die Christus im Körper liebten und nicht seine Bewunderer und Jünger, die sich nur mit Leben aus seinem Körper vollsaugten bei seiner letzten Agonie dabei waren. Entsprechend treten die Frauen dann in den Hintergrund und die abwesend gewesenen Jünger treten in den vordersten Vordergrund wenn der Mensch die Tragödie Christi zum Zwecke der Deifikation verwertet. Der Kampf darum, wer von den Jungem Christus am nächsten steht und somit den ersten Rang einnimmt, hatte schon zu Zeiten der ersten Wanderungen Christi begonnen und steigerte sich noch nach seinem Tode. Es gibt einige führende Apostel und andere weniger prominente.

Es gibt einen Iwan, den Schrecklichen, der aus dem Reich Christi eine irdische Macht machen will, und es gibt einen Franz von Assisi, der verzweifelt versucht, zum wahren Reich Christi zurückzufinden. Unter den späteren Vertretern Christi gibt es jene, die deshalb vom Volk zu seinem Nachfolger erwählt worden sind, weil sie sehr distanziert und arrogant auftreten, und es gibt jene, die gewählt werden, weil sie durch die Arrangierung aufsehenerregender Paraden hervorstechen. Und dann gibt es noch jene, die deshalb gewählt werden, weil sie hervorragende Diplomaten und Meister der Intrige sind. Andere wiederum werden gewählt, weil sie etwas Großes, Staatsmännisches an sich haben, und wieder andere, weil sie es sehr gut verstehen, die Gebote Christi auf inquisitorische und grausame Art durchzusetzen. Und es gibt auch noch die, die deshalb gewählt werden, weil sie große Krieger sind und das Kreuz in ferne, heidnische Länder tragen, obwohl Christus einer gewaltsamen Verbreitung seines Glaubens niemals zugestimmt hat und haben könnte. Es ist der Mensch und nicht Christus, der letztendlich bestimmt, was geschieht.

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Aber es bleibt keine Spur mehr vom Wesentlichen des Lebens Christi, von den Frauen, die seinen Körper geliebt haben. Ein einsamer und verfolgter Schriftsteller erkennt zweitausend Jahre später dieses tiefste Geheimnis und schreibt ein kleines Buch: «Der Mann, der gestorben war», das Christus in einem wahrhaftigeren, christusgemäßeren Licht sieht. Dementsprechend ist dieses Buch auch weit weniger bekannt, als die Interpretation des Himmelreichs durch Paulus und dessen Darstellung der Fleischeslust.

Die Frauen Christi, die seinen Körper kannten und liebten, waren bis zum Ende bei ihm und nahmen ihn dann auch vom Kreuz. Es war eine Frau, die an seinem Grab saß und es leer fand, woraus sich die ganze Mythologie von seiner Himmelfahrt entwickelt hat.

Christus sagte, daß das Himmelreich mit zehn Jungfrauen verglichen werden könne, die sich mit ihren Liebhabern treffen:

Dann wird das Himmelreich gleich sein zehn Jungfrauen,
die ihre Lampen nahmen und gingen aus, dem Bräutigam entgegen.

Aber fünf unter ihnen waren töricht und fünf waren klug.
Die törichten nahmen ihre Lampen; aber sie nahmen nicht Öl mit sich.
Die klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen samt ihren Lampen.

Da nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein.
Zur Mitternacht aber ward ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt; gehet aus, ihm entgegen!
Da standen diese Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig.

Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsere Lampen verlöschen.
Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein;
gehet aber hin zu den Krämern und kaufet für euch selbst.

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Und da sie hingingen, zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür ward verschlossen.
Zuletzt kamen auch die ändern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf!

Er antwortete und sprach:
Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne
euch nicht. Darum wachet!
Denn ihr wisset weder Tag noch Stunde (in welcher des Menschen Sohn kommen wird).

(Matthäus 25: l-l 3)

 

Christus wußte sehr gut zu unterscheiden zwischen Frauen, die sich bei der Umarmung ganz hingeben können und jenen, die die Fähigkeit dazu verloren hatten, die in ihren Liebesorganen ausgetrocknet waren und deshalb riefen: «Herr, Herr, tu uns auf!»

Die stille Anwesenheit von Frauen, die Christus zu dieser oder jener Zeit während seines irdischen Lebens körperlich geliebt hatten, jede auf ihre besondere Art der Liebe und Zärtlichkeit, weist auf den wahren Grund für die Schändung Christi während seiner letzten Stunden.

Es gibt nur ein einziges Verbrechen, das vom pestilenten Menschen auf solch eine widerliche, scheußliche, dumpfe und bösartige Weise bestraft wird: Das Verbrechen der wahren, körperlichen Liebe Gottes. Das ist die einzige umfassende und plausible Erklärung für die Greueltaten. Es stimmt ganz mit dem überein, was heute über die emotionale Pest bekannt ist, den Ursachen für ihr Bestehen, die verborgenen Motive ihrer Grausamkeit, ihr Eifer bei der Verfolgung wahrer, körperlicher Liebe, wie sie die Geschöpfe Gottes leben.

Außer einigen Hinweisen in Büchern über Christus, wie denen von Renan oder Lawrence, ist dies natürlich nirgendwo erwähnt. Wie könnte es auch in den Büchern der christlichen Kirchen erwähnt sein, wenn es nicht einmal heute in irgendeinem Lehrbuch der Psychiatrie, nicht einmal in einem psychoanalytischen, erwähnt ist, sofern es die Jugendlichen betrifft. Wie konnte das erwähnt sein? Es ist zu offensichtlich, als daß es irgendwo erwähnt zu werden brauchte.

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NICHT BERÜHREN!
Dadurch könnte die Bedeutung Christi offenbar werden und damit auch die Bedeutung, die er für die Menschheit erhalten hat. Es könnte die Bedeutung vieler Christusse enthüllen, die durch alle Zeiten hinweg für das lebendige Leben gestorben sind: am Kreuz, auf dem Scheiterhaufen, heute wie einst in Irrenanstalten; in den Krankenhäusern, wenn sie rheumatisches Fieber, Kinderlähmung, Leukämie, pubertäre Anämie, Krebs der Gebärmutter, der Brüste, der Genitalien und von da aus an allen Organen hatten; als Opfer von Schizophrenie, Phobien und allen möglichen Alpträumen, von Mord, Raub und Drogensucht; unter den Qualen der Ehe; als Opfer ehelicher Vergewaltigung, die durch ein übles, uraltes Gesetz geschützt ist; als durch Scheidungsverfahren Betrogene, als Selbstmörder, die sich unbemerkt von hohen Gebäuden auf das harte, kopfzerschmetternde Pflaster fallen lassen, als Opfer entsetzlich schleichender Qualen und vieler anderer Arten des Leidens.

NUR NIEMALS BERÜHREN!
Über diese Qualen kann nicht im akademischen Jargon gesprochen werden. Die Schriftgelehrten lassen eine Diskussion darüber nicht zu. Es muß mit flammenden Worten durchgeboxt werden, ohne Rücksicht darauf, was die Gelehrten sagen. sie müssen endlich gezwungen werden zuzulassen, DASS ANDERE DIESE PROBLEME BERÜHREN.

Sie selbst wagen es nicht, diese Probleme zu berühren, weil sie sich niemals wagten, ihre Körper zu fühlen und ihre Genitalien zu berühren. Die Eltern hätten sie dafür bestraft, die Schulen hätten sie ausgeschlossen, die Kirchen hätten es als sündig erklärt; und die Kongresse für Mentalhygiene haben es völlig aus der öffentlichen Diskussion verbannt. So wie es niemals aufgehört hat, die heimliche Seele des Menschen auszuzehren, so wird es nicht aufhören, im Ohr des Menschen zu schrillen, solange er durch Genitalien geboren und mit ihnen leben wird.

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Keine Macht dieser Welt wird je stark genug sein, um diese Tatsache auszurotten, die in völliger Übereinstimmung mit dem Geheimnis des ständigen Christusmordes ist. Christus wird deshalb auf diese schäbige Weise getötet und durch eine kranke und krankmachende Meute geschändet, weil er es gewagt hat, mit seinem Körper zu lieben und weil er nicht mit dem Fleisch sündigte. Christus wird gefoltert, weil sie seine wahrhaft göttliche, d.h. orgonotische, Lebensweise zerstören mußten, weil sie ihnen fremdartig und gefährlich erschien. Sie verspotteten ihn, lachten ihn aus und bombardierten ihn mit widerlichen und gemeinen Worten, weil sie es nicht ertragen konnten, an das göttliche Leben in ihnen selbst erinnert zu werden.

Sogar die beiden Diebe, die an den Kreuzen neben Christus hingen, verspotteten ihn. Die christliche Legende hat in dieser Darstellung, ob sie nun historisch zutrifft oder nicht, eine schreckliche Wahrheit begriffen: «Ein Dieb ist einem göttlichen Liebhaber von Frauen vorzuziehen.» In den amerikanischen Südstaaten teeren und federn sie Neger nicht wegen Diebstahls, wohl aber wegen «Vergewaltigung weißer Frauen».

Der starre weiße Mann kann den Gedanken nicht ertragen, daß seine Frau den warmen Körper eines starken, schwarzen Mannes fühlt. Aus dieser Quelle entspringt im Wesentlichen aller Rassenhaß des weißen Mannes. Der junge, lebendige, schöne und attraktive Jesus wurde getötet, weil er von den Frauen auf eine Art geliebt wurde, auf die ein Gelehrter nie geliebt werden würde; er wurde getötet, weil er ein Mensch mit einer Lebendigkeit war, die kein talmudischer Priester mehr länger ertragen konnte. Und die Talmudisten in den späteren Tempeln des Glaubens oder des Wissens konnten es nicht einmal aushalten, wenn dieser Kern des Geheimnisses des Mordes an Christus auch nur erwähnt wurde.

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Renan wurde aus der Französichen Akademie der Wissenschaften ausgeschlossen, weil er diesem Kern am nächsten kam. Was werden sie wohl mit dieser jetzigen, wahren Beschreibung des Geheimnisses Christi machen?

Renan schreibt aus Talmudquellen:

«Das für Jesu Idee unbesiegbare Hinderniß kam vorzugsweise aus dem orthodoxen, durch die Pharisäer vertretene Judenthum. Jesus entfernte sich mehr und mehr von dem alten Gesetz. Die Pharisäer waren aber die wahren Juden, der Nerv und die Kraft des Judenthums... Im Allgemeinen waren es Leute von beschränktem Geiste, welche viel auf das Aeußere gaben und eine stolz verächtliche, gewissermaßen offizielle, selbstzufriedene Frömmigkeit besaßen. Ihr Benehmen war lächerlich, oft sogar für diejenigen, welche sie im Uebrigen achteten. Die Spitznamen, welche das Volk ihnen gab und die nach Karikatur schmecken, sind der beste Beweis dafür. Da war der «krummbeinige Pharisäer» (Nikfi), welcher beim Gehen die Füße nachschleppte und gegen die Steine stieß; der «stirnblutende Pharisäer» (Kizai), der mit geschlossenen Augen ging, um keine Frauen zu sehen, und mit der Stirn gegen die Mauern anrannte, so daß er dieselbe stets blutig hatte; der «Keulen-Pharisäer» (Medukia), welcher wie der Griff einer Mörserkeule in zwei Theile zusammengeklappt sich hielt; der «starkschultrige Pharisäer» (Schikmi), welcher mit gewölbtem Rücken ging, wie wenn er auf seinen Schultern die ganze Last des Gesetzes trüge; der «Pharisäer was giebt es zu thun? ich thue es», stets auf der Lauer nach einer zu erfüllenden Vorschrift; und endlich der «gefärbte Pharisäer», für welchen das ganze Aeußere der Frömmigkeit nur ein heuchlerischer Firniß war*. Dieser Rigorismus war in der That nur ein scheinbarer und verbarg in Wirklichkeit eine große sittliche Verkommenheit...»

 

* Talmud von Jerusalem, Berakoth IX gegen Ende; Sota V. 7; Talmud von Babylon, Sota 22b. Vgl. Epiphanes, Adv. haer. XVI., l. aus Ernest Renan, Das Leben Jesu, Berlin 1864, S.209

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Die Talmudisten suchen Gott, indem sie ihn töten; sie töten ihn auf die gleiche Art wie sie ihn suchen: indem sie prüfen, wieviel Schmerz er aushält. Gott wird wie der Prinz behandelt, der auch erst durch alle Arten von grausamen Prüfungen seiner Standhaftigkeit und Stärke gehen muß, um zu beweisen, daß er es verdient, König des Volkes zu sein. So träumt und denkt das Volk über seine Könige. Wenn ein dreijähriger jüdischer Junge es nicht aushält, von sechs Uhr morgens bis zehn Uhr abends in der Schule vor dem Talmud zu sitzen und das Wesen Gottes in einem i-Punkt zu suchen, ist er kein guter Jude, kein Sohn Abrahams, des Vaters des Volkes Gottes.

Und die Kinder müssen artig sein, gut sein zu Vater und Mutter, ihnen gehorchen, ganz gleich, was diese ihnen angetan haben und was sie von ihnen verlangen; Kinder Gottes dürfen nicht an den Worten ihrer Vorväter zweifeln und dürfen deren Ansichten nicht in Frage stellen, wenn sie nicht durch den Tod bestraft werden wollen. Und sie dürfen nicht unartig sein oder die gute Moral ihrer Vorväter verletzen, die die Liebe als vom Gesetz garantierten Anspruch auf Geschlechtsverkehr konsumierten und ihre Frauen zwangen, sie zu befriedigen.

Aus der vom Gesetz garantierten Liebe, die von widerstrebenden Körpern gegeben wird, in denen das Strömen Gottes längst aufgehört hat, erwächst ein fürchterlicher Haß. Dieser Haß kennt keine Grenzen beim Töten des lebendigen Lebens, das die Liebe so braucht, wie sie allen Geschöpfen in gleichem Maße gegeben ist. Dieser aus dem gottlosen Verkehr entstehende Haß macht Gottes Liebe zügellos und ekelhaft. Sie streunt dann in dreckigen Lumpen nachts durch die Straßen oder schleicht sich wie ein Dieb von Ecke zu Ecke. Die geächtete Liebe Gottes aber muß ihre Ohren immer gespitzt haben, während sie aus dem Brunnen ihres Seins trinkt; sie muß immer auf der Hut sein. Die Bluthunde streifen durchs Land und wollen sie in flagranti ertappen.

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Sie wittern warmes, gesundes Blut, dessen Geruch bösartige Menschen dazu reizt, einen Christusmord zu begehen. Diese Menschen, die ihre Bluthunde auf die Spur ihrer Beute ansetzen, sie haben Lippen, scharf wie Papierkanten, und kleine, grausam funkelnde Augen. Die gegerbte Haut ihrer harten Gesichter ist wie uraltes Leder. Ihre Nasen sind spitz, ihre Worte vergiftet. In der Hand tragen sie eine Schlinge oder ein schußbereites Gewehr. Sie töten das Leben, wenn es sich an der Quelle der Liebe stärkt.

Christus hatte vom Saft der Liebe getrunken, aus dem Brunnen des Lebens, nach den Gesetzen des Lebens. Eine große Kurtisane wandte sich göttlichem Leben zu; und Jungfrauen wandten sich ab von der gottlosen Art des Liebens. Auch sie lernten, von den Quellen eines lebendigen Gottes der Liebe zu trinken:

Schrittmacher auf dem Weg zu den Ursprüngen des Menschen in Gottes Unendlichkeit; die ersten, die in ihren Körpern wieder gefühlt haben, wie es im Paradiese war:

 

ES WAR EINMAL

Mütter, sie sitzen an Wasserquellen,
sie tanzen und singen,
kosen die Kinder, sind sanft.
So führen sie sie ins Leben ...

Brandungswellen rauschten sanft
an die Ufer einer friedlichen Welt...
Männer und Frauen tranken die Freude des Lebens
aus den Rhythmen ihrer Körper,
aus ihren Liedern in die Ewigkeit.

Lachen von Kindern erscholl
mit übersprudelnder Kraft,
voller Freude und Lust.

Der jungen Männer Blicke voll Glück

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strahlen zurück im Lächeln der Mädchen.
Frohsinn und Liebe,
Rausch der Jugend,
in empfindsamen Körpern.

Da, plötzlich ... Geheul...
Geschrei!
Niemals gehört und niemals bemerkt,
unerwünscht und aufdringlich...

Es war die Pest, die hereindrang:
Verkniffene Gesichter, das Grinsen der Falschheit,
müde Arme und abgetötete Lenden,
schweißnasse Wangen und stierender Blick,
steife Rücken, gewandt im Verbeugen;
Körper bar der Liebe,
Wünsche bar des Wollens,
Sehnen bar des Fühlens,
Kämpfen bar des Siegs.

Die Leiden der Ehetortur,
Stöhnen, Seufzen,
Kinderschreien, Agonien ...
Mord und Elend und verbognes Denken ...
Galgen und Paraden der Feiglinge,
Marschieren, Orden, verfaulende Leichen;
welch chaotischer Irrsinn,
Hetzen, Stolpern, alptraumhafter Wahn ...

Wehe den Menschen
millionenfach...

 

Christus hatte von den Quellen des Lebens getrunken. Den Herrschenden sagte er, sein Reich sei nicht von dieser Welt des Herrschens und der Gewalt. Es sei die Welt Gottes, die die Menschen längst vergessen hätten, deren Wiederkehr sie aber erwarteten. Es sei die Welt der Liebe im Körper, und es gäbe nichts, was dies ersetzen könnte.

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Und immer hat es der Mensch gewußt, daß die Liebe in seinem Körper, der höchste Genuß des Verschmelzens, sein wahrer Gott war, dem er die verschiedensten Namen gab und den er in vielen Ländern, Tempeln und Sprachen verehrte. Aber der Mensch schwieg über die Wahrheiten, die er kannte, und er schweigt noch immer wie einst Christus auf dem Weg von Bethanien und Golgatha. Es gibt kein Ohr, keinen Sinn, kein Gefühl für Gott in dieser Welt voller Streit und Krieg, Prügelei und gierigem Schlingen, Suhlen im Dreck und Porno, Betrug und Talmudisiererei. Das alles zusammen soll die zarten Regungen der Liebe in den Lenden total überschrein.

Und deshalb haben sie Christus mißhandelt, als er am Kreuze hing.

Indem sie Christus ihre eigenen, verdorbenen Gedanken unterstellten - er hat sie nicht im Entferntesten gehabt oder meinte etwas ganz anderes als sie - beschmutzten sie seine Ehre und seine Anmut, deren Anblick sie nicht zu ertragen vermochten. Sie stichelten: «He, du, der den Tempel zerstören und in drei Tagen wieder aufbauen kann: Rette dich selbst und steig herunter vom Kreuz!» und: «Andere rettete er, aber sich selbst kann er nicht retten.» Christus hat nie behauptet, andere retten zu können. Es waren seine Bewunderer, die dies erfunden hatten. Er hatte nie gesagt, daß er den Tempel zerstören würde. Er sagte nur, daß die Tempel zerstört werden würden, wie es dann auch tatsächlich ein paar Jahre später geschah. Das ist so, als ob ein Zeitgenosse, der heute den dritten Weltkrieg in etwa einer Generation voraussagt, durch die falsche Anklage, er habe sich selbst zur Ursache des dritten Weltkriegs erklärt, verunglimpft würde.

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Im geheimen haben sie wohl, angeregt durch seine Jünger, erwartet, daß das Wunder geschieht, für das sie ihn später ans Kreuz nagelten; im geheimen wollten sie, daß Christus tatsächlich das wäre, was sie von ihm behaupteten. Weil Christus nichts von dem tat, was sie erwarteten, wurden sie schwer enttäuscht. Folglich spotteten sie jetzt, als er am Kreuz hing: «König der Juden, komm doch herunter vom Kreuz, damit wir dich sehen und an dich glauben können.»

Sie selbst haben also die Sache mit der Wundererwartung erfunden und dann die ganze Zeit weitergehegt; sie haben Christus für ihre eigene Erfindung verfolgt und angeklagt; sie haben Christus für ihre eigenen schrecklichen Träume von Gewalt und Macht, von Zauberei, Traumaturgie und Heilung des Unheilbaren ans Kreuz genagelt und damit ihre abgetöteten Genitalien und Gefühle ein wenig erfrischen können, ohne sich selbst anstrengen zu müssen. Sie haben ihn gekreuzigt, weil sie erwarteten, er bringe ihnen nur zum Vergnügen den Himmel auf die Erde; er bringe ein Paradies, wo Milch und Honig in Flüssen fließen und wo man über nichts nachdenken, sich über nichts zu sorgen braucht; wo man sich nicht um die Kranken zu kümmern braucht und seine Kinder nicht mit der Liebe Gottes zu lieben braucht; wo man sein Leben nicht selbst einrichten muß, die Gärten nicht pflegen und nicht mit Geduld auf die Früchte warten muß ...Das ist die Sünde.

Arme Seele Jesu Christi... Mit welcher Arglosigkeit und Liebe ist er in die schreckliche Falle gegangen, die die bösen, leeren, grausamen und von Gott verlassenen Menschen für ihn aufgestellt hatten. Diese lebenden Leichen, die nur noch den leichten Schimmer einer schönen Erinnerung an ein selbstverschuldet verlorenes Paradies mit sich herumtrugen, mußten bis zum letzten Augenblick des Leidensweges Christi ihren Willen durchsetzen.

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Selbst die Dunkelheit, die sich von der sechsten bis zur neunten Stunde der Kreuzesqualen über das Land legte, brachte sie nicht dazu, aufzuhören, ihren Schmutz und ihre Schändungen über den vor ihren Augen am Kreuz hängenden Christus auszuschütten — und dabei gleichzeitig Hoffnung von ihm zu trinken. Nicht für eine Sekunde haben sie aufgehört, aus der reichen Seele Christi Kraft zu saugen und die leeren Säcke ihrer ausgetrockneten Kadaver zu füllen. Und sie klammerten sich noch an die geringste Spur einer Hoffnung, einen wahren Gott und wahren Messias ans Kreuz genagelt zu haben.

Als die letzten Atemzüge durch seine Lunge zogen, erkannte Christus schließlich doch voll und ganz, was ihm widerfahren war, welch ein entsetzliches und schmutziges Spiel mit ihm von einer wertlosen, gottlosen und verlorenen Generation von Nattern und Ungeziefer gespielt wurde; und er glaubt, daß sogar sein eigener heiliger Gott ihn im Stich gelassen habe. Unter Schmerzen ruft er aus: «Eh, Eli, lama asabthani?» - «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?»
Welch ein Alptraum ...

Die Nachfahren dieser Nattern, die um das Kreuz herumstanden und -gingen, werden zweitausend Jahre lang die Christusgeschichte memorieren, sezieren, goutieren, reproduzieren, talmudisieren, exorzieren, ornamentieren und parfümieren; aber der Kern der Geschichte wird ihnen entgleiten; sie werden ihn nicht einmal bemerken, allenfalls diejenigen von ihnen, die dann dafür bald im nächsten Wald an den Ästen baumeln.

SIE SCHÄNDEN UND ERMORDEN CHRISTUS, WEIL SIE HERAUS BEKOMMEN WOLLEN, OB ES SICH NICHT LETZTEN ENDES DOCH NOCH ERWEISEN LÄSST, DASS ER EIN ECHTER, GOTTGESANDTER MESSIAS IST, DER SICH SELBST RETTEN KANN.

Als sie seine letzten Worte hören, geifern sie: «Schaut her, er ruft nach Elias, dem Propheten.» Als heiliger, gottgesandter Sohn Israels kann er nicht, darf er nicht scheitern.

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Christus kann und darf ihnen das nicht antun. In Bezug auf ihre Träume sind sie sehr «zart besaitet», sehr «empfindlich». Er darf sie jetzt nicht im Stich lassen. Auch in der letzten Minute seines Leidensweges muß Christus irgendetwas für sie tun, sie erregen, ihnen wieder etwas Hoffnung geben in ihrem Glauben, es gäbe Messiasse, Erlöser und heilige Männer, die darauf aus sind, für ihre Sünden zu sterben; er muß ihren Glauben stärken an Märtyrer, die verbluten, um in ihr vertrocknetes Leben etwas Sinn zu bringen. Christus kann ihnen doch das nicht antun! Er darf nicht einfach sterben wie irgendein Menschensohn vor ihm, den sie nach einem ihrer Gesetze ermordet haben, er kann und darf das nicht, dieser Schuft!

Sie haben keine Seelen. Sie beten nur, um etwas zu bekommen. Das Gefühl der Liebe ist aus ihnen heraus, ein für alle Mal. Deshalb darf ihnen Christus das nicht antun. Und sie versuchen, sein Leben in die Länge zu ziehen, um zu erzwingen, daß ihr häßlicher Traum wahr wird. Aus Mitleid oder wegen des grausamen Wunsches, das Leiden Christi zu verlängern, reicht einer von ihnen ihm einen essiggetränkten Schwamm zum Trinken. Die ändern sind innerlich weniger zerrissen; sie haben nicht eine Spur von Mitleid und sagen zu ihm: «JETZT WOLLEN WIR DOCH MAL SEHEN, OB ELIAS KOMMT UND IHN VOM KREUZ NIMMT ...»

Daraufhin stößt Jesus Christus einen lauten Schrei aus und gibt seine Seele auf.

Nach seinem Tode fuhren die Bestien fort, Christus zu mißbrauchen. Sie erfanden die Geschichte, daß der Vorhang im Tempel von Jerusalem von oben nach unten in zwei Teile zerriß, als Christus seine Seele aufgab. Es ist natürlich möglich, daß jemand, dem das Schicksal Christi sehr zu Herzen gegangen war, tatsächlich den Vorhang zerrissen hatte, um vor den Pharisäern gegen dieses Verbrechen zu protestieren.

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«Und als der römische Legionär, der ihm gegenüber stand, sah, daß er seinen letzten Atemzug getan hatte, sagte er: «Dieser Mann ist wahrhaftig ein Sohn Gottes gewesen ».»

Warum hast du Sohn des Teufels das nicht eher bemerkt und bist zu deinem Statthalter gegangen, um Christus zu retten? Dafür wirst du und deinesgleichen in vielen Ländern auf den Schlachtfeldern sterben, ohne Hoffnung, daß das Gemetzel je ein Ende finden wird; du wirst sterben für deine Feigheit angesichts des sterbenden Lebens, geschändet durch Leute deines Schlages.

Um all des Bösen willen, das du dem lebendigen Leben antust, wirst du auf Erden umherziehen und immerfort deinem Nächsten auf die Schulter klopfen, weil du Angst vor ihm hast; du wirst dich mit deinesgleichen zu Partys versammeln, mit Gläsern in den Händen herumstehen und ein lautes, hohles Lachen ausstoßen, um die Schmerzen deiner Seele zu betäuben; du wirst in Kirchen knien und dir in Synagogen an die Brust schlagen; über endlose Zeiten hinweg ohne Hoffnung, außer jenen neuen Hoffnungen, die du aus der reichen Seele so manches neuen Christus saugen wirst. Du wirst dem Glück hinterherlaufen wie der Jagdhund auf der Rennbahn, der mit heraushängender, trockener Zunge eine Hasenattrappe jagt, die immer genau den gleichen, kleinen, unüberwindbaren Abstand von ihm hat.

Du wirst hinter anderen Sündenböcken herjagen und sie kreuzigen für deine Sünden, von denen du dich niemals befreien können wirst, solange du nicht erkennst, warum und wie du Christus durch alle Zeiten hindurch ermordet hast. Es gibt für dich keinen anderen Weg als diesen. Irgendwann einmal wirst du aufhören, das Leben zu morden. Der Christusmord wird beendet sein, und Dunkelheit wird sich über deine ganze bisherige Existenz senken. Christus hat dich besiegt, auf eine Weise, die du niemals für möglich hieltest.

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Er starb nicht, um dich von deinen Sünden zu befreien, sondern um dir klar und deutlich zu zeigen, wer du wirklich bist. Es spielt keine Rolle, daß es so lange gedauert hat, bis diese wahre Bedeutung des Christusmordes, die du mit so viel Anstrengung vor der Erkenntnis durch den Menschen verborgen gehalten hast, begriffen wurde.

Der Leidensweg Christi ist dein eigener, sowohl in aktiver als auch in passiver Hinsicht.

Du hängst am Kreuz und stirbst millionenfach einen qualvollen Tod: vergeblich, umsonst, betrogen um deine Möglichkeiten und deine großen Vorstellungen von einer höheren und schöneren Bestimmung.

Früher oder später wirst du erwachen, hinein in diese Wirklichkeit, und mit Sicherheit wirst du den letzten Schrei Christi schreien. Das kommt früher oder später. Und du wirst aufhören mit dem Morden, Quälen, Talmudisieren, Intrigieren, Lügen, Spionieren und Politikastern, und du wirst nicht mehr vorschützen, daß du von allem überhaupt nichts weißt, du unschuldiges Kind des Satans.

Du trägst Christus in dir, und du weißt das. Vielleicht gelingt es dir, ihn noch für einige Zeit zu verstecken und ihn wieder und wieder in dir und deinen Kindern zu töten. Aber letztendlich wirst du die Sprache Christi sprechen und seine Lebensart zitternd erlernen.

Dein Glaube an die Auferstehung Christi ist wahr: dreiunddreißig Jahre lang blieb das lebendige Leben auf dieser Erde, rein, ohne Sünde, ohne Schmutz in der Seele, bis es am Kreuz endete. Aber weil es das Leben war, starb es nicht tatsächlich. Das Leben kann niemals getötet werden. Es hing am Kreuz und blutete aus vielen Wunden, aber es ist in Wahrheit unbesiegbar. Ist es in einem Körper erloschen, so flammt es mit Sicherheit in einem anderen wieder auf.

Es mag über die Jahrtausende hinweg wieder und wieder durch die Hände eines verbogenen, verhärteten und gepanzerten Lebens verbluten, eines Lebens, das das zarte Verlangen des Körpers nicht fühlt, und den Blick eines Rehs auf einer sonnendurchfluteten Wiese nicht ertragen kann, ohne es zu erschießen, zu erstechen oder zu erwürgen, weil es ihn an sein verlorenes Paradies erinnert.

Doch am Ende wird das Leben auferstehen und den bösen und sündigen Teufel besiegen, der nichts anderes ist als die stagnierende Lebenskraft im Körper.

Christus, der in diesem wahrhaftigen Sinne das Leben ist, wird in jeder Faser und jeder Zelle eines jeden Kindes wiedergeboren: in jeder Generation, in jeder Nation, unwiderruflich, unwiderstehlich, Folge der Lust deiner Lenden, die eines Tages wieder die Liebe Gottes sein wird. Und weise Männer mit flammenden Worten werden aufpassen und die Hölle deiner elenden Kleinen Männer aus deinem Paradies vertreiben.

 

GEBET

OH, EWIGES LEBEN ...
MIT DEM SEIN DER STERNE -
HABE KEIN MITLEID MIT DEINEM MÖRDER ...

GIB DEINE LIEBE DEN NEU GEBORENEN
MENSCHEN UND TIEREN UND PFLANZEN ...

FÜHRE DEN MENSCHEN ZURÜCK
IN DEINE GÄRTEN DES FRIEDENS.

OH, LEBEN! ERFÜLLE MIT DEINER ANMUT
ERNEUT DIE VERLASSENEN SEELEN ...

ERFÜLL' DEINE GEWALTIGE MACHT.

289-290

 

Ende 

 

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