Professor
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wikipe Remmert *1931 in
dnb Name 40x dnb Person dnb Nummer 21x wikipe "Nationalpark" Z-Schrift detopia Umweltbuch |
aus
Bahro-1987 Seite 33
Als
Mahnmal eignet sich die folgende Kurzgeschichte der
Osterinsel,
die
Hermann Remmert
in der Zeitschrift <Nationalpark> veröffentlicht hat:
Um das Jahr 400 kamen Polynesier zur Osterinsel — dem wohl einsamsten Eiland im Großen Ozean. Sie ließen sich nieder, schlugen den Wald, bauten Dörfer und Tempel, entwickelten mit ihren einfachen Faustkeilen eine bemerkenswerte Technik der Steinbearbeitung, schufen die berühmten Steinfiguren, die sie rund um die Insel an ihren Dörfern mit Häfen aufstellten, schlugen immer mehr Wald, vermehrten sich ... und begannen sich zu bekriegen, als ihre Zahl zu groß wurde. Die Tempel wurden zerstört, wiederaufgebaut, wieder zerstört, der Wald vernichtet... Es war ein kleines Restvolk von vielleicht 500 Menschen, die die Europäer vorfanden, als sie erstmals die Osterinsel betraten. Die Insel war nun eine baumlose Steppe; die einstmals mehr als 20.000 Bewohner lebten nur mehr in Höhlen, sie huldigten einem grausamen Vogelkult mit Kannibalismus. ...
In der Folgezeit stieg die Bevölkerung (trotz Sklavenhandels) wieder ein wenig; Hunde, Katzen und Schafe wurden eingeführt (und vernichteten die von den Polynesiern mitgebrachten Hühner), von 1900 bis 1950 war die Insel eine einzige riesige Schaffarm (mit etwa 60.000 Schafen) ...
Heute leben drei Landvogelarten hier — von Südamerika eingeführt. Niemand kennt die ausgerotteten Bäume. Ob die Grillen, die Wespen, die Schmetterlinge, die Eidechsen einheimisch sind? Niemand vermag es zu sagen. Eine Steinzeitkultur hat den eigenen Lebensraum zerstört, hat die einst reichen Vogelinseln geleert. Der Mensch der Steinzeit lebte nicht im Einklang mit seiner Heimat, er zerstörte sie wie wir es tun. Die Maoris auf Neuseeland brannten den Wald nieder, sie vernichteten etwa 23 einheimische Arten von Riesenstraußen und viele andere mehr. Die heutige Waldlosigkeit großer Gebiete Neuseelands ist ein Werk der Menschen, die hier vor den Weißen siedelten. —
Die Menschen, die Amerika besiedelten, schoben vor sich einen Gürtel des Schreckens her — die Zone des »overkill«, wie wir heute sagen. So entstand die Artenarmut der Säugetierfauna Nord- und Südamerikas. Die Vernichtung der Wälder des Mittelmeerraumes, die Zerstörung der Lebensbasis in Norwegen (die zu den Wanderungen der Wikinger führte), die Zerstörung des Eichenwaldes in Norddeutschland zur Bronzezeit (was die Lüneburger Heide ergab) — all das zeigt uns: Immer zerstörte der Mensch seinen Lebensraum, wo immer er konnte. Nie versuchte er, ein Mitglied eines konstanten Ökosystems zu sein.
Nein, der Rückblick gibt uns keine Hilfe. Das Zusammenleben des primitiven Menschen mit der Natur ist eine fromme Mär. Und schon damals hat man Leute, die unbequeme Wahrheiten sagten, mit naturreinem Schierlingssaft umgebracht.
Was uns helfen kann in unserer schrecklichen Situation: den Weg vom missing link zum homo sapiens zu gehen. Sonst ist die Osterinsel ein Modell unserer Welt, ein schreckliches: Von etwa 20.000 Menschen sank die Bevölkerung auf etwa 500 — durch Kriege, Kannibalismus und Krankheiten.
Wir können heute die Ursachen so entsetzlich genau ermitteln. Wir wissen, worauf es ankommt, sehen die Gefahren. Doch — um homo sapiens zu sein, müßte man handeln, überzeugen, überzeugbar sein. Es gibt nur die Wahl zwischen freiwilligem Verzicht auf der ganzen Welt und der schrecklichen Vision eines Verzichts à la Osterinsel (wenn’s so gut abgeht) ...
aus wikipedia-2024
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