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2. "Waldsterben" aus Gründen der Luftverschmutzung

 

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Wir führen als erstes Beispiel des Rundumbetrugs das "Waldsterben" an. Niemand wird daran eigentlich noch zweifeln wollen. Es scheint inzwischen doch eine selbstverständliche Sache zu sein. Zu viel war darüber gesagt worden, zu viele Hinweise hat man bekommen. Es scheint allgemein Einhelligkeit in dieser Sache zu bestehen. Wer jemanden täuschen will, der muß seine Sache bis zur Selbstverständlichkeit einleuchtend darstellen. So auch hier. Nur von selbst versteht sich diese Sache durchaus nicht. Da in den Betrugsfall "Waldsterben" Politiker, Wirtschaftskreise und letztlich die Regierung verwickelt sind, verspricht die Sache delikat zu werden.

Zunächst sollte man alles vergessen, was man über das "Waldsterben" bisher vorgekaut bekommen hat und sich ganz unvoreingenommen die Sache noch einmal vor Augen führen. Beginnen wir mit den Meldungen, wie sie vor ein paar Jahren durch die Medien gegangen waren. Das erste, was wir daraus lernen, ist folgendes:

Über "Waldsterben" brauchen wir erst gar nicht mehr zu reden. Der Wald ist tot, er ist längst gestorben. Ja wissen Sie das denn nicht? Sie lesen wohl keine Zeitung, hören nie Radio, sehen schon gar nicht fern? Leben Sie eigentlich hinter dem Mond?

Da steht es schwarz auf weiß in den "Nürnberger Nachrichten": "Die Bäume werden dieses Jahrzehnt nicht überleben". Das wußte Herr Biebelriether bereits am 15. 8. 1982.

Das Jahrzehnt ist inzwischen um. Sie kennen Herrn Biebelriether nicht, wie war es mit einem anderen Experten, dem Oberforstdirektor Georg Lohrmann, ein Jahr später: "Im Jahr 1990 ist der Schwarzwald endgültig kaputt". Bitte, Sie wollen eine andere Quelle. Wie wäre es mit "Natur und Umwelt" vom 15.10.1983: "Bisher fehlt noch der politische Wille zu kompromißlosem Handeln. Ohne ihn ist aber der Tod unserer Wälder noch in diesem Jahrzehnt unausweichlich und unabwendbar". Oder etwas "Wissenschaftliches"? Da gibt es das Buch von Professor Peter Schütt, nach dem Umschlagtext ein "bekannter und anerkannter Fachmann". In dem 1983 erschienenen Buch "So stirbt der Wald" sagt er uns nicht nur, daß der Wald stirbt, sondern auch, wie er es tut, und warum er es tut. Fast schon liefert er die Gebrauchsanweisung für das "Waldsterben".(1)

Vielleicht hatte sich zwischenzeitlich doch etwas getan, meinen Sie? Herr Dr. W. Bommert ist da anderer Meinung. Erst am 15.11.1991 um 16.05 durfte er (WDR IV, Hörfunk) verlautbaren: "Von Besserung kann keine Rede sein, der Wald siecht nach wie vor dahin, die jährlichen Berichte der Bundesregierung lassen keinen Zweifel". Na bitte! Das bestätigt, was man schon im deutschen Bundestag 1985 hören konnte (Bundestagsplenarprotokoll 10/171): "Für Süddeutschland, wo heute schon 66 bis 70 Prozent der Wälder geschädigt sind, sagen Forstleute uns voraus, daß innerhalb der nächsten fünf Jahre ein großflächiges Absterben beginnt". Die Abgeordnete Liesel Hartenstein (SPD) wußte das am 17.11.1985. Wollen sie noch einen von der CDU, der F.D.P. oder von den Grünen? Alle sagen es. Ich sagte Ihnen doch: Sie brauchen sich um das "Waldsterben" nicht mehr zu kümmern. Der Wald um uns her ist längst tot. Sie müssen das nur noch einsehen wollen.

Wenn Sie es nicht sehen, dann liegt das bestimmt an Ihren Augen. Denen sollten Sie übrigens niemals trauen, wenn Sie es mit "Umweltschützern" zu tun haben. Das zeigt sich schon, wenn Sie über die Autobahn fahren und einfach nicht erkennen wollen, daß die Bäume am Straßenrand von den Abgasen buchstäblich zerfressen sind.


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Noch drastischer ist das bei den Bäumen in den Straßenschluchten Ihrer Stadt, die außer dem Autoverkehr auch noch über Jahrzehnte dem bäumevernichtenden Streusalz ausgesetzt waren, und die, weil alles zubetoniert ist, kaum etwas vom Regenwasser abbekommen. Sie sind längst eingegangen. Wenn sie das nicht erkennen können, dann wollen sie es nicht erkennen. Gehören Sie etwa zu jenen "unverbesserlichen Wachstumsfetischisten", die immer noch nicht begriffen haben, was die Stunde geschlagen hat, oder, was man heute sagen muß, um mit der Zeit, der "neuen Zeit" zu marschieren? 

Die Stadtbäume hätten allerdings allen Grund einzugehen, fehlt es ihnen doch fast an allem, was ein normaler Baum braucht. Selbst ihre Wurzeln müssen, statt sich in Humus zu aalen, mit Bauschutt auskommen. Aber schauen Sie ruhig hin. Selbst diese Bäume überleben, und der Wald steht nach wie vor. Wenn man den Forsthistorikern trauen darf, stand er - von Frost- und Sturmbruch einmal abgesehen - nie so üppig, wie jetzt. Sie glauben es mir nicht? Hören Sie Professor P. Abetz von der Universität Freiburg: "Hinweise auf immissionsbedingte Zuwachsrückgänge lassen sich aus den bisherigen Untersuchungen nicht erkennen. Vielmehr spricht das hohe Zuwachsniveau – Sie lesen richtig, der Professor spricht von einem "hohen Zuwachsniveau" – vor allem der Fichte in den letzten Jahrzehnten für verbesserte Wachstumsbedingungen". Es gibt unter Fachleuten, die sich über Jahrzehnte mit dem Thema befassen, viele solche Stimmen. Aber unsere Medien übergehen sie, weil sie nicht zur jüngsten Mode passen. 2

Nehmen wir ein anderes Beispiel. Es ist von weit hergeholt, weil es aus einer wirklich geschädigten Waldregion stammen soll. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt am 16.12.1987 unter der Überschrift "Waldschäden auf der Südseite der Alpen nehmen rapide zu" unter anderem: "Die Schäden durch Sauren Regen weiten sich nach einer Studie italienischer Forscher weiter nach Süden aus. Die Zeitschrift "Oasis Ambiente" schreibt in einer jüngeren Ausgabe: "Im Aosta-Tal im Nordwesten Italiens seien mittlerweile 52 Prozent der Bäume krank. Noch 1984 habe es in dieser Alpenregion keine Schäden gegeben". Soweit die Zeitung.


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Nun war 14 Tage vorher, am 1.12. 1987 vom Forstwirtschaftsinspektoriat Bozen der Waldschadensbericht 1987 öffentlich vorgestellt worden. Der Bericht befaßt sich mit der Region auf der Südseite der Alpen. Nach diesem Bericht habe sich der Gesundheitszustand der Bäume seit 1984 deutlich verbessert und zwar sei er von 80 auf 85 Prozent gestiegen. Bei den geschädigten Bäumen überwiege die Schadensstufe Nr. 1, auf die wir weiter unten noch zu sprechen kommen. Nur 0,3 Prozent der Bäume können als schwer geschädigt oder abgestorben eingeschätzt werden. "Saurer Regen" konnte als Verursacher nicht ausfindig gemacht werden. "Die Bodenversauerung scheint also keinen nennenswerten Einfluß auf das Schadbild des Südtiroler Waldes zu haben", heißt es in diesem amtlichen Bericht. Schäden fanden sich in trockenen und vorwiegend in sehr trockenen Lagen, so daß sich daraus "eindeutige Zusammenhänge" ergeben.3

Berichte hin, Berichte her. Sie bieten jedem, was er braucht. Aber warum oder wofür braucht er sie eigentlich? Auch darauf werden wir weiter unten noch zu sprechen kommen. Wahrscheinlich steht der Wald noch so gut und so schlecht da, wie eh und jeh, und muß dafür herhalten, Sie, lieber Leser, meschugge zu machen.

 

Natürlicher Wald

Als man uns, um 1980 erst langsam und dann immer massiver mit dem "Waldsterben" kam, erschrak ich wie jeder andere Bürger. Ich riß meine Augen auf und beschloß, aufmerksamer durch den Wald zu streifen. Veränderungen fand ich keine, so sehr ich mir auch Mühe gab. Sie meinen, ich lebe in einer für den Wald besonders günstigen Gegend? Urteilen Sie selbst! Ich lebe in dem Braunkohlengebiet westlich von Köln. Die großen Braunkohlekraftwerke sind bei uns "gleich um die Ecke". Weil das Gerede vom "Waldsterben" nicht aufhören wollte und sich über die Jahre sogar noch steigerte, begann mich die Sache zu interessieren.


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Das erste, was mir auffiel war, daß riesige Bestände an gefälltem, gutem Holz seit Jahren im Wald herumlagen. Zum Teil waren auf ihnen schon Moospolster und Pilze gewachsen. Unter grasbewachsenen, verdächtig länglichen Hügeln entdeckte ich liegengebliebenes Langholz, das dort seit Jahren vor sich hinfaulte. Es stammte noch aus Zeiten, in denen von "Waldsterben" keine Rede war. Hatte man es vergessen? Aber Holz kostet doch Geld! Die Liebe der Förster zum deutschen Wald konnte doch nicht so groß sein, daß sie es dem unseligen ‚Wieland dem Schmied' gleichtaten und das Holz um keinen Preis herausgeben wollten. Warum ließ man diese Bäume nicht weiterwachsen? Waren sie am Ende wirklich krank und hatte man sie geschlagen, um nicht den ganzen Wald anzustecken? Aber dann hätte man sie erst recht aus dem Wald entfernen sollen. Laienhafte Überlegungen, nicht wahr?

Am 21.9.84 erschien in der Wochenzeitung der deutschen Intelligenz "Die Zeit" auf Seite 4 jener fürwahr "intelligente" Artikel von Leuten, die ich aufgrund dessen, was man mir über sie gesagt hatte, für gescheiter gehalten hätte. Der Artikel war überschrieben "Der Baum" und reihte Auslassungen von Günter Grass, Gräfin Dönhoff, dem Forstwissenschaftler Bosch, dem Philosophieprofessor Meyer-Abich, dem Ökologen Ellenberg und anderen aneinander. Dort las ich dann, daß der Wald ein "Ort der Buße" sei oder auch ein "Gegenort als Ort des Protestes". Der Philosoph Meyer-Abich raunte: "Heute sehen wir das elementare Problem, daß alles, was der Mensch anfaßt, sich sogleich in Industriegesellschaft verwandelt". Die Gräfin findet: "Die Reaktion auf das Sterben der Wälder ist deshalb eine ganz natürliche Haltung auf das positivistisch-materialistische Industriezeitalter". Günter Grass schimpft natürlich: "daß der Blut- und Bodenrausch von damals heute noch Hemmungen schafft, sich auf das Thema Wald einzulassen". Wäre es umgekehrt nicht logischer, Herr Grass?

Bei mir schuf das keine Hemmungen. Ich ging wieder in den Wald und fotografierte dort die unglaublichen Zustände: die Verwahrlosung, das verfaulende Langholz, die liederliche


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Waldpflege und sandte diese Bilder mit markigen Satyrn, die ich in dem Artikel gefunden hatte, der herausgebenden Gräfin zu Weihnachten. Sie wollte das Geschenk nicht haben. Ich bekam postwendend alles mit einem wütenden Schreiben zurück.

Mir geht der Sinn für das Höhere und Tiefere dieser Wortschaumschläger ab. Aber ein Satz von Meyer-Abich, den die anderen auf ihre Weise abgewandelt, bekräftigt und wiederholt hatten, blieb mir im Gedächtnis haften. "Heute ist die Umweltzerstörung wichtiger als die soziale Frage". Sollte sich hier das Motiv ankündigen, oder war das wieder nur so eine Meinung unserer Intellektuellen? An der Verbesserung der Umwelt scheinen die nämlich gar nicht interessiert zu sein, eher noch an den enormen finanziellen Mitteln, die sich der ‚sozialen Frage' entziehen ließen, um sie mit Gutachten, Veranstaltungen, Reden, Kommentaren usw. "bewußtseinsbildend" zu verplempern. Das half entsprechende Arbeitsplätze zu erhalten.

Der Satz des Herrn Hatzfeldt: "Der Wald ist das Symbol für ein aus den Fugen geratenes Industriesystem" ist, wie so vieles in dem Artikel, der reine Unsinn. Dieses Industriesystem ist im Unterschied zu den Finanzen nirgends aus den Fugen geraten, und der Wald kann dafür kein Symbol sein. Der Wald ist wirtschaftliches Eigentum und soll Gewinn bringen. Wir werden gleich sagen, wem. Hier liegt nämlich das ganze Geheimnis dieser "neuartigen Waldschäden" und des "Waldsterbens" begraben.

Ich sandte kurzum alles, was mir die Gräfin wütend zurückgeschickt hatte, an ihren Kollegen Dr. Bucerius, der damals noch Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit" war. Ich bat ihn, dafür zu sorgen, daß der Schwachsinn mit dem "Waldsterben" aus seiner Zeitung wieder verschwinden möge. Er schickte mir eine knappe, aber für mich in dieser Sache sehr wichtige Antwort. Ich solle mich nicht so aufregen, schrieb er, schließlich stürben jährlich ja nur 1,5 Prozent der Bäume ab. Da war ich baff. Also nicht 80 Prozent, 60 Prozent, 52 Prozent oder 40 Prozent - ganze 1,5 Prozent des Waldes fiel dem "Waldsterben" zum Opfer. Beim Menschen schwankt die Ster-


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berate, je nach Land und Wohlstand seiner Bevölkerung zwischen 1 bis 3 Prozent im Jahr. Das stand nun nicht mehr im Brief des Verlegers. Aber ich beschloß, der Sache nachzugehen.

Die menschliche Zivilisation schädigt die Natur, sagen uns ihre Schützer unentwegt. Man müßte also in einen Urwald gehen, um sich ein wirkliches Bild von der "heilen Natur" zu machen. Diesen "natürlichen Wald" hatte man früher, als die Menschen offensichtlich noch realistischer waren, wegen der ungeahnten Vernichtung, die dort pausenlos vor sich geht, "grüne Hölle" genannt. Sich das einmal anzusehen, wäre keine schlechte Idee. Nur in Deutschland läßt sich das schwer ausführen, weil es keinen "natürlichen Wald" gibt. Hier muß selbst der "Urwald" noch künstlich angelegt werden, wie jener Witz-Urwald im Bayerischen Wald, der Touristen anlocken soll. Urwald, das ist wie der Einkauf im Reformhaus.

Oder noch eines! Da man von Deutschland aus weit reisen muß, um "reine Natur" zu erleben, und sich das nicht viele Menschen leisten können, läßt es sich hier gefahrlos von Natur schwärmen. Die Menschen erleben in Deutschland "Natur" nicht. Was sie dafür halten, ist eine Parklandschaft. Wenn sie aber "Natur" hören, dann denken sie an so etwas wie "Urlaub", und das ist doch sicher etwas Feines.

Im wirklichen Urwald, in den Tropen, befindet sich gut die Hälfte aller Bäume im Zustand des Absterbens. Ihr tiefer ansetzendes Astwerk ist zusammengebrochen und verkommt. Der obere Teil kämpft auf Leben und Tod, nur um ans Licht zu gelangen. Dabei wird erbarmungslos und brutal alles Schwache weggedrängt und zum Absterben gebracht. Den Boden bedecken - wie übrigens auch im Bayerischen Wald - Baumleichen. Alle Pflanzen müssen sich gegen die allgegenwärtigen Zerfallsprodukte durchsetzen. Überall lauert der Tod. Mein Onkel wußte so manche Geschichte aus dem Urwald Kameruns zu erzählen. Die Waldböden verfilzen, Wasser sammelt sich an, darin wuchern allerlei lianenartige Pflanzen und verschlingen sich zum schier undurchdringlichen Gewirr. Jeder Schritt muß mit der Machete freigeschlagen werden und wird zur Strapaze.


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Dem gegenüber ist unser Wald das reinste Paradies. Ihn zu kultivieren, ist in unseren Breiten erst in den letzten 500 Jahren gelungen. Seitdem herrscht Ordnung im Wald, für manchen Geschmack sogar zuviel Ordnung. Man pflanzte die Bäume in Reih und Glied. Das hatte natürlich nichts mit preußischem Militarismus zu tun, was Leute wie Günter Grass unterstellen. Es geht ums Geschäft. Der Wald ist ein Acker, der von Zeit zu Zeit abgeerntet wird. Die Zeit der Ernte tritt, je nach gepflanzter Baumart, erst nach mehreren Generationen ein. Aber der Wald wächst und mit ihm sein Wert. So jedenfalls erhoffen es sich die Waldbesitzer.

Natürlich wollte man den Ernteertrag steigern. Dazu setzte man die Bäume dichter zusammen, als es ihnen guttat. Die Bäume sollen sich gegenseitig in die Höhe konkurrieren und möglichst viel Holz in gutgewachsener Länge liefern. Daß darunter die Standfestigkeit der Bäume leidet, ist einleuchtend. Sie können den Stürmen kaum Widerstand entgegenbringen. Die großen Sturmschäden der letzten Jahre finden hier ihre ganz natürliche und folgerichtige Ursache.

Man regulierte, wie überall in der Landwirtschaft, auch die Vermehrung der Bäume und griff in die natürliche Auslese ein. Das war nicht sonderlich schlimm. Nicht ohne Folgen blieb aber, daß man sich beim Anpflanzen der Wälder nicht an die natürliche Standortwahl der Baumarten hielt. Für Waldanpflanzungen standen eben nur jene Gebiete zur Verfügung, die anderweitig, z.B. für den Anbau von Getreide und andere Feldfrüchte, nicht in Frage kamen. Das waren unwegsame Gebiete, schlechte Böden und vor allem Höhenlagen. Die aber sind für die meisten Baumarten nicht gerade der natürliche Standort.

Höhenlagen sind in der Regel trocken. Das Regenwasser fließt schnell ab. Über die Höhen bläst der Wind so kalt. Da von singen selbst die Lieder. Die Windgeschwindigkeiten sind dort höher, als in den Niederungen und Tälern. Der Wind kann die Höhenlagen viel wirksamer austrocknen, als ihm dies in den Niederungen möglich ist. Hinzu kommt der so genannte Eisbruch. Auch hierfür sind die Höhenlagen des halb anfälliger, weil sich Temperaturschwankungen viel rascher durchsetzen als im geschützten Tal.


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Für alle diese Probleme des Waldes ist aber niemand anderes verantwortlich zu machen als der Waldbesitzer, der sich diese Anbaugebiete aus wirtschaftlichen Gründen ausgesucht hat. Erinnern wir uns an den Jahreswechsel von 1978 auf 1979. Es war das Jahr, in dem Teile Schleswig-Holsteins unter meterhohen Schneewehen versanken. Dort, wo man so etwas selten erlebt, blieb man in manchen Gegenden tagelang von der Umwelt abgeschnitten. Binnen weniger Stunden schlugen die Temperaturen um. Von 17 Grad Wärme fiel das Thermometer auf fast ebenso viele Grad Kälte. Es hatte gerade geregnet, als der Frost zuschlug. Alles wurde von einer dicken Eisschicht überzogen. Dann kam plötzlich Wind auf. Es krachte und splitterte überall in den Wipfeln der Bäume. Dann wurde der Regen zu Schnee. Ganze Bäume brachen unter der Last zusammen. Ein Jahr danach, im Herbst 1980, kam dann zum ersten Mal die Rede vom "Waldsterben" auf. Die Bilder der zurückgebliebenen Baumstrünke dienten dem "Stern" und anderen Medien als objektive Beweise für das "Waldsterben". Vom Eisbruch der Neujahrstage 1979 las man in diesem Zusammenhang bei ihnen freilich nichts. Denn gegen das Wetter lassen sich schlecht Schadenersatzklagen führen.

 

Weißt du wieviel Nädlein wachsen?

 

Mit dem Gerede vom "Waldsterben" kam natürlich nicht nur bei mir der Wunsch auf, deutlichere Zahlen über Ausmaß und Umfang dieses Sterbens zu erfahren. Zunächst einmal mußte "Waldsterben" definiert werden. Dazu teilte man das Sterben in vier Schadstufen ein. Man unterscheidet also zwischen "leicht geschädigt", "schwer geschädigt", "tödlich erkrankt" und "abgestorben". Als wichtigster Indikator für die Schadenerhebung diente der überprüfbare Nadel- und Laubverlust. Dazu muß man den Nadel- beziehungsweise Laubbestand eines gesunden Normalbaumes der jeweiligen Gattung


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festlegen. Wie dieser Normalbaum der Schadensstufe 0 beschaffen sein soll, bleibt Ermessenssache. Man kann davon ausgehen, daß, wenn sich erst einmal die entsprechenden Werte eingebürgert haben, sie kaum mehr einer hinterfragen wird.

Jedenfalls wurde festgelegt: Weist ein Baum zwischen 10 und 25 Prozent weniger Nadeln oder Blätter als der Normalbaum aus, dann liegt die Schadensstufe 1 vor, fehlen ihm bis zu 60 Prozent dann spricht man von der Schadensstufe 2. Alles, was darüber liegt, fällt in die Schadensstufe 3 und 4. Nun begann eine arbeitsaufwendige Nadel- und Blätterzählerei. Die Ergebnisse dieser Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen listen die jährlichen Waldschadensberichte auf, die damals eingeführt wurden.

So häuften sich die Zahlen und Statistiken. Damit konnte die Waldsterbehilfemafia ihre Aussagen untermauern und ihr den Schein von Objektivität verleihen. Diese Verobjektivierung hatte einen weiteren, allerdings weniger objektiven Vorteil für die Waldlobby. Zeigte sich in einem trockenen Sommer irgendwo ein gelbes Blatt am Baum, war das ein untrügliches Zeichen für "Waldsterben". Hatten sich irgendwelche, von ihren grünen Beschützern gepflegte Insekten über einen Forst hergemacht, so war das zweifelsfrei "Waldsterben". Hatte es "Storchennesterbildungen" gegeben, obwohl dort gar kein Storch nisten wollte, so hatte man unbestreitbar "Waldsterben". Zeigten die Bäume eine schüttere Krone, so hatte das natürlich nichts mit Altersweisheit zu tun - es war ein Hinweis auf das "Waldsterben".

Aber damit noch nicht genug. Man entdeckte noch sogenannte "Angsttriebe". Auch sie bewiesen eindeutig das "Waldsterben". Zwar kennt der Baum im Unterschied zu rührigen Umweltschützern weder Ängste noch Streß. Doch gelten plötzlich die üppigen Triebe eines Baumes als untrügliches Anzeichen seiner Todesangst. Mit ihnen teilt der Baum der Forstlobby unverkennbar mit, daß er kein Sterbetestament unterschrieben hat und noch nicht sterben will. Ähnliches fanden Baumpsychologen bei besonders üppiger Samenausstreuung heraus. Jedenfalls erzählte man uns


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so etwas im Hinblick auf die außergewöhnlich großen Eichel- und Bucheckernerträge der Jahre 1987 und 1990. (WDR Landreport). Man muß schon ein rechter Phantast sein, will man an die Todesangst der Bäume glauben. Wohl aber ist nicht in jedem Jahr das Wetter im Frühling zur Zeit der Bestäubung während der Baumblüte gleich günstig. Die Buchen blühen sehr früh, und oft ist es dann für die Bienen noch zu kalt, um auszufliegen. Die Eichen treiben allerdings erst Ende Mai aus und blühen im Juni. Dementsprechend fehlt es eigentlich sehr selten an Eicheln. Aber wen, wenn er schon Baumpsychologie betreibt, wird das noch stören?

Hat man Ihnen das nicht auch alles bei den "Waldsterbe"- Exkursionen der Volkshochschule gezeigt? Oder haben Sie sich bisher etwa noch nicht an einer dieser Exkursionen beteiligt? Glauben Sie auch ohne dies ans "Waldsterben"? Wenn es so sein sollte, erkennen Sie daran "objektiv" nur, wie ernst Ihnen das Thema "Waldsterben" wirklich ist? Ihr Wissen über das Ausmaß der Gefährdung des Baumbestandes hätte sich durch solch eine Exkursion allerdings kaum vermehrt. Ähnliches gilt übrigens auch von den amtlichen Waldschadens berichten.

Mit großem Erkenntnisgewinn habe ich allerdings 1984 an einer geologischen Exkursion in den Schwarzwald teilgenommen. Wir besuchten nämlich, ohne es zu wissen - der Exkursion ging es ja um etwas anderes - das zentrale Waldsterbegebiet um Wolfach im Kinzigtal. So durchstreiften wir die Wälder von Haslach bis Wittichen und stießen auf keinen einzigen Baum, der abgestorben wäre. Der eigentlich geologische Sinn der Exkursion schlug unversehens um, als ich eine Ausgabe der Zeitschrift "Natur" 8/1984 aufschlug. Dort las ich unter der Überschrift "Das radioaktive Waldsterben", daß dieses gerade um Wittichen stattfände, weil dort eine besonders hohen Radioaktivität gemessen würde. Seit Urzeiten strahlt dort das natürlich vorkommende, radioaktive Gestein. Nun saßen wir nach mühevoller Steineklopferei auf der Halde, ruhten uns aus und blickten über das wunderschöne Tal mit seinem Kloster hin, das von einem prächtigen Herbstwald eingerahmt wurde. Aber nirgends war ein sterbender oder gar abgestorbener Baum zu sehen.


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In dem erwähnten Artikel stand es aber schwarz auf weiß, hier gingen die Bäume der Reihe nach ein. Waren wir, meine Begleiter und ich, noch ganz normal? Hatten wir uns nicht eben erst an dem herrlichen Baumbestand erfreut? War etwa jene bunte Herbstlaubfärbung "das radioaktive Waldsterben"? Das geschah im Oktober 1984. Nur wenige Tage später hätte uns jener Dichter in "Natur" seine Geschichte unangefochten verkaufen können. Dann wäre nämlich an den Laubbäumen kein einziges Blatt mehr zu zählen und der Nachweis ihres radioaktiven Todes erbracht gewesen. So kann es einem ergehen, wenn er unbedingt den eigenen Augen trauen will.

Was heißt denn nun aber: "Der Wald stirbt"? Es fällt schon bei einem einzelnen Baum schwer, festzustellen, wann und ob er stirbt. Wenn er tot ist, glaubt man es zu sehen. Aber selbst aus dem Baumstumpf eines offensichtlich toten, gefällten Baumes können unter Umständen wieder neue Triebe schlagen. Wie ist das erst bei Wäldern, die je nach Medienbericht zwischen 20 bis 80 Prozent vom "Waldsterben" befallen sein sollen?

Natürlich beziehen sich solche Meldungen nur auf einzelne Bäume eines Waldes. "Waldsterben" besagt also, daß gewisse Anteile der Bäume eines Waldes geschädigt sind. Wie dieses Geschädigtsein eingeteilt wird, hatten wir schon abgehandelt. Vergißt man die Einteilung und hört nur "geschädigt", so erschrickt man schon, wenn bis zu 80 Prozent der Bäume betroffen sein sollen. Von diesen fallen aber allein 70 Prozent unter die Schadensstufe 1, das heißt sie haben allen falls bis zu 25 Prozent weniger Nadeln oder Blätter, als es die Definition der Förster verlangt. Weitere 25 Prozent fallen in die Schadstufe 2. Nur zwischen 2 und 3 Prozent entsprechen in ihrem Erscheinungsbild der Schadenstufe 3 und 4. So sieht das Bild schon anders aus.

Aber wie so oft auf diesem Gebiet liegt es möglicherweise an der Definition des Schadens, daß so viele Bäume als geschädigt gelten können. Tatsächlich sprechen viele anerkannte, aber von den Medien weniger geliebte Experten von


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"psychologischen Quellen" des Waldschadens. Hier sind nicht die Baumpsychologen angesprochen, sondern die Tatsache, daß sich das Waldsterben in den Köpfen der Leute und nicht im Wald ereignet. Die Definition dessen, was man als "geschädigt" ausgibt, hat sich nämlich in den letzten Jahren drastisch geändert. Dafür legt Professor Kandler vom Botanischen Institut München zahlreiche, nicht widerlegbare Beweise vor.

Die Forstgutachten, auf die sich Professor Kandler stützt, und die es ja schon vor den Waldschadensberichten gab, belegen ihre Aussagen und Einschätzungen recht genau mit Fotos. Daraus läßt sich leicht erkennen, daß früher als gesund galt, was nach heutigen Vorstellungen als leicht, ja sogar manchmal als schwer geschädigt eingestuft wird. Früher hielt man für ganz normale Trockenheits- oder Altersschäden, was heute als Schadensstufe 2 und 3 "alarmiert". Schon 1924 befaßte sich Geheimrad Rebel, der lange Jahre die bayerische Forstverwaltung leitete, mit Kronenverlichtungen. Er blieb mit seinen Untersuchungen damals noch ein Außenseiter. Rebel führte diese Kronenverlichtungen als typische Hitzekrankheit auf zu heiße und zu trockene Sommer zurück. Darunter "litten", so der Geheimrat, je nach Region zwischen 10 bis 50 Prozent des Bayerischen Staatswaldes.4

Man sieht, das "Waldsterben" verursachen weniger neue Schadensquellen als vielmehr neuartige Waldschadensstatistiken. Diese Aussage ist nicht - wie Sie, lieber Leser auf Anhieb vermuten müßten - eine leichtfertige Behauptung. Sie hat einen realen Grund. Den Hinweis fand ich beim genannten Professor Kandler. Er schreibt: "Zwischen der Produktivität einer Fläche (Bodenfläche W.R) und der Laubbedeckung besteht ein Zusammenhang, für den allgemein der Blattindex – das Verhältnis von Blattfläche zur Grundfläche – gilt. Die Produktivität ist optimal 3 bis 4, und die ganze Landwirtschaft richtet sich in ihren Anbauplänen danach. Ist der Index höher, dann wird die Beschattung der einzelnen Blätter zu stark, so daß diese nichts mehr produzieren und zu Mitessern werden. Die Produktivitätskurve sinkt dann wieder ab."


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Die inzwischen übliche Schadensdefinition legt bei Fichtenwäldern als "normal" einen Blattindex von 11-20 zugrunde. Das pflanzliche Optimum liegt aber nur bei 3 bis 4. Demnach sollen nach den amtlichen Schadensdefinitionen die Fichten, und wahrscheinlich auch andere Bäume, als "normal" eine gewaltige Überkapazität an Nadeln und Blättern vorweisen. Der Baum greift auf verbleibende alte Nadelbestände nur zurück, wenn ihn Insektenfraß, Eis- oder Windbruch und andere Gefahren dazu zwingen. Sonst bleibt der zahlenmäßige Überhang der Nadeln nur aus einer Art Trägheit am Baum hängen. Der kann nämlich gut auf diese überzähligen Nadeln und Blätter verzichten, ohne daß sein Wachstum gestört wird. Erst Trockenperioden nötigen den Baum, auf überzählige Nadeln, die zusätzlich mit Wasser versorgt werden müßten, zu verzichten.

Die ganze Nadelzählerei ist ein großer unwissenschaftlicher Humbug. Man denke nur, die Bauern fingen plötzlich an, auf ihren Wiese die Grashalme nachzuzählen und anderen die Schuld daran zu geben, wenn sie dabei nicht auf die gewünschte Zahl pro Flächeneinheit kommen oder einige vergilbte Halme antreffen. Andere Bauern könnten auf die Idee kommen, Schadens­ersatzforderungen zu stellen, weil sie in ihrem Maisfeld einige mickrige Maiskolben entdeckt haben. Natürlich gibt es überall, wo Feldfrüchte angebaut wer den, ein Anbaurisiko. Warum soll das dort, wo Bäume angebaut werden, im Wald anders sein? Mit einem jährlichen Ausfall von 1,5 Prozent vom Gesamtbestand des Waldes in der Bundesrepublik ist dieses Risiko ausgesprochen gering.

Daß ein niedrigerer Blätter- oder Nadelbestand für die Bäume sogar "ganz gesund" sein kann, zeigt folgendes Ereignis. 1890 kam es in Süddeutschland zu einer größeren Insektenplage: "Der große Nonnenfraß". Die Insekten fraßen damals ganze Wälder kahl. Forstwissenschaftliche Untersuchungen fanden heraus, daß drei bis vier Jahre nach dem Kahlfraß die Wälder ihre bis dahin und seither größten Zuwachsraten erlebt hatten. Das hatte zwei Gründe. Ein Grund könnte sein, daß der Insektenkot die Bäume gut gedüngt hatte. Der wichtigere Grund aber ist, daß die Bäume alle alten Nadeln verloren hatten und nur noch junge Nadeln besaßen. Der Verlust überflüssiger Nadeln hatte die Zuwachsleistung der Bäume erhöht.


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Das erklärt die bereits erwähnten Zuwachsmessungen von Professor Abetz. Der mußte nämlich feststellen, daß der Zuwachs bei Fichten und Buchen der Schadenstufe 1 und 2 weit höher liegt als bei den sogenannten gesunden Bäumen der Schadenstufe 0. Das gilt sogar für einen großen Teil der Bäume aus der Schadenstufe 3. Erst bei Schadensstufe 4 ist der Zuwachs deutlich geringer als bei den gesunden und hört schließlich ganz auf. Wenn man daraus irgendwelche Schlußfolgerungen ziehen kann, dann doch wohl die, daß Blatt und Nadelverlust kein taugliches Zeichen sind, um daran die Krankheit- und Sterbensbereitschaft von Bäumen zu messen. Die Waldsterbehilfemafia verhält sich nach einem treffenden Bild von Philip Egert wie jener Mann, der in der Dunkelheit seine Hausschlüssel verloren hat, aber, um sie zu suchen, bis zur nächsten Straßenlaterne weitergeht, "weil es dort heller ist".5

Professor Paul Manion, der oberste Forstbeamte der USA, sieht es nicht so witzig. Als Amerikaner kann er seine Meinung bei uns unbedenklicher äußern: "Wenn die Erhebung (Waldschadensberichte W.R.) die Kronenverlichtung in Betracht zieht und den Einfluß von Wetterbedingungen, biotischen Wirkstoffen, Kulturpraktiken, der Geschichte des Bestandes und der normalen Baumphysiologie auf die Symptome außer acht läßt, wie kann sie dann ein wichtiges Werkzeug der Forschung sein? Die Erhebung ist dürftig angelegt, hat aber als Werkzeug der politischen Manipulation sehr gut funktioniert. Wissenschaftler sollten die Erhebung auf die geringe Information, die sie möglicherweise enthält, durchgehen und den Rest als politischen Unsinn verwerfen."6

 

Aufschlußreich ist ein Interview, das Professor Manion mit Ernst Haubrock führte, und das am 28. Juli 1985 in "Die Welt" erschien. "Frage: " Warum vertreten immer noch so viele Forscher die Schadstofftheorie trotz der vielen Indizien, die gegen sie sprechen?" Manion lachend: "Weil mit dieser These am leichtesten große Mengen Geld von den Regierungen


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locker zu machen sind". Und ernster: "Nach meinen Erkenntnissen - und ich habe mich immerhin 25 Jahre mit diesem Thema befaßt - ist die Schadstofftheorie unbewiesen, unvertretbar und vor allem gegenüber dem Wald und damit auch dem Menschen unverantwortlich... Die Schadstofftheorie ist schädlich, weil sie viele Wissenschaftler davon abhält, dem Problem von kranken Bäumen mit Ernsthaftigkeit und mit der notwendigen wissenschaftlichen Genauigkeit zu Leibe zu rücken".

Es gibt diese Waldschadenberichte immer noch. Sie werden trotz der enormen Herstellungskosten erstellt und von der Waldlobby wie das Evangelium hochgehalten. Ich habe den nordrheinwestfälischen Umweltminister Matthiesen, SPD, daraufhin angesprochen, als er am 1.10.1985 öffentlich kundgetan hatte, es habe wegen der beiden verregneten Sommer eine Verbesserung der Waldschadensbilanz um 5,6 Prozent gegeben. Mich hatte geärgert, daß er nun ausgerechnet den vorher so lautstark angeklagten Waldkiller, den "Sauren Regen", als Ursache dafür bemüht, daß sich der Wald erholt habe. Natürlich hat Matthiesen deshalb seine These vom bösen, "Sauren Regen" nicht zurückgenommen. Er hat sie im Juli 1986 noch einmal nachdrücklich bekräftigt. Denn bis dahin hatte man den Bürgern weder einen teuren Katalysator noch eine einzige, noch teurere Entschwefelungsanlage aufgenötigt. Der Minister ließ mir durch seinen Sekretär Rost mitteilen, daß man Wichtigeres zu tun habe, als meine Fragen zu beantworten. Der "politische Unsinn" hat offensichtlich Methode.

 

Ein Heller und ein Batzen, die waren plötzlich mein...

Der Wald, so haben wir oben festgestellt, wächst meistens nicht mehr an seinen früheren "natürlichen" Standorten, sondern dort, wo es dem Waldbesitzer wirtschaftlich am günstigsten erschien. Wer sind nun diese Besitzer? Früher war


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Waldbesitz ein Adelsprivileg. Die zahllosen Liebesromanzen der Adelsfräulein mit dem jeweiligen Förster haben den Adel aber nicht so an den Wald gekettet, daß er ihn nicht, als der Besitz weniger einbrachte und es gesetzlich möglich wurde, rasch veräußert hätte. Inzwischen gehört der Wald zum größten Teil, nämlich zu 54 Prozent, der öffentlichen Hand, dem Bund, den Ländern und Gemeinden. Einen Teil besitzt die Holzindustrie und etwas teilen sich Jäger, Bauern und Liebhaber. Auch ein paar Adelige besitzen noch Wald.

In der Regel wächst der Wald einfach vor sich hin. Es dauert lange von der Aussaat bis zur Ernte. Bei Eichen dauert es zum Beispiel sieben Generationen, bis man den Bestand einschlagen kann. Hätte man also, als Napoleon sich auf seinen Ostfeldzug nach Moskau begeben hatte, einen Eichenwald angelegt, so stünde er erst im Jahre 2020 zur Ernte bereit. Bei Fichten muß man natürlich nicht so lange warten. Aber acht Jahrzehnte kommen auch hier zusammen.

Natürlich will kein Waldbesitzer so lange auf den Ertrag "seines" Waldes warten. Er will das schon gar nicht, wenn nicht einmal feststeht, ob er selbst, oder erst seine Kinder oder Kindeskinder - die von den Grünen viel bemühten "künftigen Generationen" - in den Genuß des Ertrages kommen. Wofür gibt es Banken? So findet man die Holzbestände der Wälder auf der Habenseite der Bilanzen. Dies ist umso häufiger der Fall, je größer der jeweilige Haushalt ist, und immer dann, wenn der Haushalt fremdfinanziert werden muß. Das trifft seit 1957, dem Jahr, in dem Julius Schäffer als Finanzminister gefeuert und sein Juliusturm verbraten worden ist, vor allem auf die öffentlichen Haushalte in Deutschland zu. Zufällig sind diese auch die größten Waldbesitzer. Da die Bäume wachsen, der Holzbestand eines Waldes zunimmt, erbringt der Wald seinen Zinsertrag quasi von alleine. Das ist sehr praktisch, wenn man sich mit Kredit über Wasser halten muß.

Nun ergibt sich dabei eine kleine Unbequemlichkeit. Der Holzbestand wird mit einem bestimmten Preis in den Büchern geführt. Der Preis kann sich natürlich ändern. So lange der Preis nur in den Büchern steht, ist das weder für


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den Waldbesitzer noch für die Bank besonders tragisch. Wenn es schließlich zum Ertrag kommen soll, der Wald eingeschlagen wird und ein Geldbetrag dafür erlöst werden soll, wird es kitzelig. Es ist alles andere als sicher, daß sich der Preis, der für den Holzbestand in den Büchern steht, auch erlösen läßt. Denn der Holzpreis gleitet auf dem Weltmarkt langsam und stetig bergab. Damit die Holzentwertung in bestimmten Billanzen nicht zu großes Durcheinander stiftet, wird der Preis von Staats wegen hochsubventioniert.

In Deutschland war das mit den Holzpreisen schon längere Zeit ein wenig anders als auf dem Weltmarkt. Hier konnten die Siegermächte nach 1945, kraft ihres Sieges, das Holz zu einem Drittel des Weltmarktpreises einkaufen. Große Gebiete wurden damals kahl geschlagen. Dazu kam dann der Wiederaufbau. Holz wurde verbaut, verheizt und es trieb im Holzvergaser sogar Autos an, solange für Benzin die Devisen fehlten. Es dauerte Jahre, bis die alten Bestände nachwuchsen. Das waren gute Jahre - nicht für den Wald - aber für die Waldbesitzer. Was man beim Export beim Weltmarktpreis abstreichen mußte, durfte man als Entschädigung beim Binnenmarktpreis draufschlagen. So war das mit dem freien Markt unter Ludwig Erhard.

Aber dann wurde Holz mehr und mehr entbehrlich. Produkte, die Jahrhunderte lang aus Holz hergestellt wurden, fertigte man aus anderen Materialien oder man verzichtete auf sie. So verschwanden die Telegrafen- und Schiffsmasten, um deren willen die Fichtenschonungen so eng gepflanzt worden waren. Noch 1923 waren diese Stämme so wichtig, daß die französische Regierung, weil sich eine im Versailler Abkommen zugesagte Lieferung verzögert hatte, zur Besetzung des Rheinlandes schritt und alle vorhersehbaren, verheerenden Folgen dafür in Kauf nahm. Aber auch anderswo wurde das Holz inzwischen verdrängt, im Haus- und Treppenbau, bei der Möbelherstellung, bei Eisenbahnschwellen, im Schiffsbau. Selbst beim Auto baute man früher so manches Teil aus Holz, was Oldtimer so begehrt macht. Damit ist es jetzt vorbei. Schon verdrängen Computer, Video und Bildschirmtext, die moderne Kommunikationstechnik mehr und mehr das Papier. Die Zeitungen erwarten Absatzkrisen, weil die nachwachsende Generation weniger Zeitungen kauft.


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Die Fichte, die besonders schnell wächst, hatte in Zeiten großen Holzbedarfs die Edelhölzer des Kirschbaums, Nußbaums, der Akazie, Ulme, Linde, des Ahorns in den Forstkulturen verdrängt. Es bereitet mir zum Beispiel Mühe, Dickfurnier aus Nußbaum aufzutreiben, das ich beruflich für die Restaurierung antiker Möbel benötige. Vor hundert Jahren sah man die technische Entwicklung nicht vorher und bepflanzte allen nur irgendwie verfügbaren Grund und Boden mit der schnellwachsenden Fichte. Nun bietet sich die Idee von den "nachwachsenden Rohstoffen" an, um künstlich wieder eine Nachfrage nach dem ungewünschten Holz in Gang zu bringen. Auch die Kampagne gegen die Abholzung tropischer Regenwälder findet hier ihre praktische Erklärung. Im Grunde geht es um ein Embargo gegen Holzimporte aus den in Sonntagsreden gerne bedauerten Entwicklungsländern.

 

Bei sinkender Nachfrage würden die Preise dahingleiten. Wie sollte man sich als Waldbesitzer in einer solchen Situation verhalten? Bei Professor Hartmut Graßl lesen wir in seinem "wissenschaftlichen" Werk mit dem Titel "Wir Klimamacher": "Tun Sie einmal gar nichts. Nichtstun ist die ökologisch verträglichste Art des Daseins". So etwas mag für jemanden zu treffen, der sich einen Posten als Leiter der Max-Planck-Gesellschaft für Meteorologie in Hamburg erdienert hat. Im allgemeinen garantiert ein solcher Rat nur Mißerfolg.7)

Aber genau dem Rat waren offensichtlich die Waldbesitzer in Deutschland gefolgt. Sie hofften auf die Trendwende. So blieb der Holzbestand möglichst unangetastet in den Büchern und der Wald auf den Höhen stehen. Dort altert er vor sich hin, wird älter und älter, und manchmal steinalt. Jeder Mensch weiß, auch wenn er nicht daran denken will, daß er einmal seine Altersgrenze mehr oder weniger natürlich erreicht. Bevor es soweit ist, stellen sich allerlei Beschwerden und Krankheiten ein. Warum sollte es den Bäumen anders ergehen?


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Nun gibt es natürlich auch unter Waldbesitzern Schlitzohren, die rechnen können. Sie erkennen, daß sich der Trend trotz "Bio"- und "Natur"-Propaganda nicht so leicht umkehren läßt. Was läge näher, als rasch alles zu halbwegs gängigen Preisen wegzugeben? Den letzten straft die Geschichte: das wäre gut marktwirtschaftlich gedacht. Doch das würde den Mitbewerbern das Geschäft nur um so gründlicher vermiesen. Der bedeutendste Mitbewerber ist aber die öffentliche Hand. Ihre Haushalte leiden chronisch Not. Aber die öffentliche Hand verfügt auch über gewisse Möglichkeiten. Sollte sie in der verfahrenen Situation einfach zusehen, wie weitere Aktivposten leichtfertig aus dem Haushalt gestrichen werden?

Marktwirtschaft hin, Marktwirtschaft her. Wenn es den Großen ans Eingemachte geht, wird gehandelt. Und schon stehen die Fällquoten fest. Sie stellen, etwa wie die Milchquoten der Bauern, sicher, daß nicht zuviel Holz auf den Markt geworfen wird. Über die Fällquoten führt der Bundesverband des Deutschen Holzhandels e.V. in Wiesbaden regelmäßig eine Liste. Diese Listen sind bemerkenswert. Sie zeigen, daß die Fällquoten über all die Jahre auffallend gleich geblieben sind. Fallen wegen eines Eisregens, wegen eines Sturmes oder erhöhten Schneefalls zum Beispiel 18 Millionen Festmeter Holz an, so werden nur noch 12 Millionen Festmeter Holz hinzu gefällt. Die Summe ergibt gleichbleibend jeweils rund 30 Millionen Festmeter. Kommt es in einem Jahr zu einem größeren Unwetter, wie kürzlich mit dem Sturm Wiebke, dann wird einfach in dem drauffolgenden Jahr nichts oder entsprechend weniger eingeschlagen. Im Durchschnitt bleibt die Menge konstant, und das bereits seit Jahrzehnten.

1991 wurde z.B. gar nichts eingeschlagen. Der Sturm Wiebke hatte nämlich zwischen 2,5 und 3 Prozent des Waldes umgelegt. Das war eigentlich nicht so viel, bedenkt man die Aufregung, die er ausgelöst hatte. Die Holzmenge aus dem Windbruch reichte für gut zwei Jahre. Noch in diesem Jahr (1992) blieb ein Überhang von Wiebkes "Schadholz" von 5 Millionen Festmetern. Konsequent wurden 1992 erstmals nach dem Sturm wieder 25 Millionen Festmeter zum Einschlag freigegeben.


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Diese Fällquoten sind noch aus einem anderen Grund interessant. Pro Jahr werden in Deutschland also rund 1,5 Prozent des Waldes gefällt. Das entspricht genau der Zahl, die mir Dr. Bucerius als Richtwert für die absterbenden Bäume genannt hatte. Nun sieht man es den Baumstämmen nicht an, aus welchem Grund sie gefällt wurden. Auch dem normalen Waldschadenholz, das zum Beispiel aus Holzbruch stammt, sieht man die Schädigung nicht an, wenn der Sturm den Stamm nicht gerade angeknickt hatte. Aber selbst das hat kaum Auswirkungen. Man zerteilt den Stamm genauso wie die anderen Stämme, schneidet die Splitterstelle heraus und verkauft den Rest gerade so, wie alles andere auch. Trotzdem haben die gründlichen Forstleute Buch geführt und, wie das bayerische Staatsforstamt herausbekommen: lediglich 2 Prozent des gefällten Holzes stammt von absterbenden Bäumen. Also nur 2 Prozent von den 1,5 Prozent des Waldbestandes, der jährlich gefällt wird, geht auf wirkliches "Waldsterben" zurück. Den Rest rücken nur entsprechende Nadelzählstatistiken in die Nähe des "Waldsterbens".

Aber noch ein weiteres erkennt man an den Fällquoten. Das "Waldsterben", selbst bei Sturmschäden, Eisbruch und anderen Gründen, ist für die Forstlobby wirtschaftlich belanglos. Hat ein Sturm, wie Wiebke, einmal zuviele Bäume umgeworfen, läßt man das Holz liegen, bis es abgerufen werden kann.

Schließlich zeigt sich noch eines. Der Einschlag von Buchen und Eichen nimmt in den letzten Jahren ab. Warum ist das verwunderlich? Gerade diese Bäume sollen ja, nachdem die Fichten und Tannen aus dem Gerede gekommen sind, die am meisten bedrohten Absterbekandidaten sein. Die Fällquote zeigt in nackten Zahlen, daß es immer weniger empfehlenswert erschien, gerade diese Bäume zu fällen. Sollten die Forstunternehmer nicht mehr kranke von gesunden Bäumen unterscheiden können? Tröstlich, daß es wenigstens die Journalisten und Intellektuellen können - und natürlich die Politiker.


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Noch etwas läßt uns staunen. Überblicken wir die letzten 170 Jahre, so stoßen wir auf nicht weniger als 60 größere Schadenswellen.8) Sie traten jeweils so in Erscheinung, daß man sie nach heutigem Sprachgebrauch "Waldsterben" nennen müßte. Jede Schadenswelle zeigte die gleichen Symptome, aber nur die letzte - wenn es sie geben sollte - gelangte in die Medien. Geld stinkt nicht

 

Warum aber nun dieser Wirbel um das Waldsterben? Es scheint mit dem Waldbesitz in Deutschland wirklich nicht zum besten zu stehen und, wie meistens, liegt es am Geld. Alle bekommen Subventionen, warum nicht auch die Forstindustrie? Über die EG ist das schwer zu machen, die kennt sich bei den Holzpreisen aus. In Deutschland schlägt - wie wir gesehen haben - der Holzbestand in öffentlichen Haushalten hoch zu Buche. Das dafür geliehene Geld ist längst ausgegeben und es läßt sich durch den Holzverkauf nicht wieder einbringen. Man hatte geduldig abgewartet, den Waldbesitz überaltert, altersschwach und anfällig werden lassen. Aber eine Trendwende bei den Preisen ist nicht eingetreten. Wer soll nun für das möglicherweise aufreißende Defizit aufkommen? Sie haben völlig richtig gehört: "Wir alle müssen Opfer bringen". Das ist leichter gesagt, als getan. Vor dem freiwilligen Opfer steht der Widerstand. "Warum soll ich für die falsche Finanzwirtschaft der Forstindustrie Opfer erbringen? Mir genügen schon die Opfer, die die finanzpolitischen Fehler unserer Politiker kosten," denkt so mancher mit Unmut. Die ihm zugedachte Antwort hat zwei Teile. Der erste Teil klärt ihn über den Nutzen auf, den auch er aus dem Wald zieht, der zweite Teil versucht, ihm nachzuweisen, daß er am "Waldsterben" mitschuldig ist. Viele Menschen gehen gerne im Wald spazieren. Das hat für sie einen unbestrittenen Nutzen. Da das Spazierengehen die forstwirtschaftliche Nutzung nicht beeinflußt, entscheidet das nicht über die Anpflanzung von Wald im öffentlichen


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Interesse. Der Wald gilt aber als "grüne Lunge", und als solche wird er förderungswürdig. Bekanntlich atmen grüne Pflanzen CO2 ein und geben Sauerstoff frei. Für Fichten und andere Nadelbäume trifft das allerdings nicht zu. Bei Laubbäumen stimmt das, aber nicht immer. Sie gönnen sich nämlich einen langen Urlaub. Nur in der relativ kurzen Zeit von vier bis sechs Monaten, in denen sie frische Blätter tragen, liefern sie auch Sauerstoff. Jede Wiese, jedes Getreidefeld (z.B. auch Winterweizen) erfüllt die beim Wald gepriesene Lungenfunktion viel besser. Wenn man - was Biologen getan haben - die Oberflächen der Grashalme, die auf der Grundfläche, die ein Baum benötigt, mit der Blattoberfläche dieses Baumes vergleicht, bekommt man ein erstaunlich ähnliches Ergebnis. Aber ein Büschel Gras ist für uns eben noch kein Baum.

Auch als Luft- und Wasserfilter soll sich der Wald bewähren. So sagen es die Schlagworte. Im Schatten der Bäume ist es kühler, außerdem verbreiten sie gewisse ätherische Öle. Beides erweckt den Eindruck, daß hier die Luft frischer sei. Das ist alles. Und die Filterfunktion? Nichts anderes geschieht auf jeder Wiese, auf jedem bewachsenen Feld. Nüchtern gesehen unterscheidet den Wald nichts von einem Kartoffelacker - außer natürlich die Form des Ertrags.

Bleibt also der Anspruch auf Schadenersatz. Nur, wie will man den begründen? Aus der Verlegenheit half eine Studie aus den zwanziger Jahren. Jemand halte damals Überlegungen über mögliche Rauchschäden an Bäumen angestellt. Sehr weit sind seine Untersuchungen nicht gediehen. Aber er lieferte die erlösende Idee. Der angebliche Schaden kommt aus der Luft und "wir alle" sind an der Luftverschmutzung schuld. Denn, was findet man da nicht alles in der Luft. An erster Stelle wird nun der "Saure Regen" mit Schwefelsäure und Stickoxyden genannt. Auch Industriestäube sind schuld. Am überzeugendsten sind natürlich die Autoabgase, denn fast jeder fährt Auto und niemand riecht sie gerne. Sie könnten, wenn man ihnen die Schuld anhängte, am überzeugendsten klar machen, daß jeder zur Kasse gebeten werden darf: autofreier Sonntag!


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Ich habe das alles zunächst hingenommen und viele Berichte darüber aus Rundfunkmeldungen, Zeitungen und Zeitschriften gesammelt. Da stieß ich plötzlich auf eine Ausgabe der Zeitschrift "Essen & Trinken". Mit offenen Augen las ich dort, in welchen Mengen der Waldkiller SO2, jenes fürchterliche Gift, zur Konservierung unserer Speisen dient. Was uns im Wein, in den Rosinen, im Meerrettich, beim Trockenobst zugemutet wird, müßte in kürzester Zeit alle Wälder umgelegt haben, wenn nur etwas von dem summte, was da gesagt wird. Schließlich schaute ich im Lexikon, in meinem Brockhaus nach, und was fand ich da? SO2 sei ein "biologisches" Pflanzenschutzmittel, das sich besonders gegen den Mehltau der Rosen bewährt. Man mische sich eine recht kräftige Lösung und besprenge damit seine Rosenstöcke, hieß es da. Über SO2 und sauren Regen und die Erfahrungen, die man damit im Höglwald bei Augsburg gemacht hat, werde ich im nächsten Kapitel etwas sagen. SO2 der schlimme "Waldkiller", ist in Wirklichkeit Düngemittel, Konservierungsstoff und Pflanzenschutzmittel. Wenn das kein Betrug ist?

Georg Gallus, Staatssekretär im Bundesministerium für Landwirtschaft und Forsten, bringt den Betrug auf den Begriff. Laut AP Meldung vom 14.8.1987 steht für ihn und seine Lobby seit 1984 eindeutig fest, daß Abgase von Autos, Schadstoffemissionen der Industrie, vor allem der Kraftwerke, für das Baumsterben verantwortlich seien. Der Staatssekretär ist nicht der einzige, der fest davon überzeugt ist, daß nur Schadstoffbelastungen der Luft als Ursache für das "Waldsterben" in Frage kommen können. Auch der "anerkannte Fachmann", Professor P. Schütte schreibt in dem zitierten Buch apodiktisch: "Verantwortlich für das "Waldsterben" ist die Gesamtheit der Luftverunreinigungen. Dazu zählen neben SO2, NOx ungesättigte Kohlenstoffe und Photooxidantien, auch die als Aerosole auftretenden Schwermetallstäube". Seitdem reißt die Flut der öffentlichen Feststellungen und Meldungen über die Ursachen des "Waldsterbens" nicht mehr ab. l

Für 600 solcher Studien zahlte das Bonner Ministerium zwischen 1982 und 1989 über 277 Millionen DM. Ein Auftrags-


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machwerk war unbrauchbarer als das andere, weil es nicht überzeugend genug darlegen konnte, was tatsächlich auch nicht der Fall ist. All die wissenschaftliche Vermuterei, das hochbezahlte Phantastentum, all die zusammengekratzten "Faktoide" konnten nicht nachweisen, daß die angebliche Luftverschmutzung irgend einen Schaden im Wald angerichtet hat. Ich warte auf den Tag, an dem die zahllosen, inkompetenten Vielschreiber, die Steuergelder zurückzahlen, die ihnen unsere Politiker so bereitwillig zugeschoben haben.9

Im Januar 1991 untersuchte Herbert Eder 2000 einschlägige Zeitungsartikel und über 300 Bundes- und Landtagsdokumente und 200 Forschungsberichte. Er stellte fest, daß sich zwischen dem, was in den Medien als Hauptverursacher des angeblichen Waldschadens hingestellt wird und dem, was sich wissenschaftlich nachweisen ließ, "kein Zusammenhang herstellen läßt". Er entdeckt aber einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen solcher Artikel und politischen Ereignissen, besonders Wahlterminen. Die andere Aussage müssen wir wörtlich zitieren, sonst glaubt sie uns niemand: "Besonders aufschlußreich sind die Auswertungsergebnisse nach den Kriterien Autor, Informationsquelle und Hauptbezug. Bei allen untersuchten Informationsquellen zeigte sich, daß nur sehr wenige Personen - meist weniger als zehn pro untersuchter Gruppe - sich intensiv (also selbständig, WR) mit dem Thema befaßten. Häufig deckten sich noch die angegebenen Informationsquellen. Darum ist festzustellen, daß das gesamte Thema "Waldsterben" von nur ganz wenigen Dutzend Personen aufbereitet und weitergegeben wurde - zumindestens der Teil, der ins öffentliche Bewußtsein gelangte".10

Man schreibt, wie bei Intellektuellen scheinbar üblich, einfach immer wieder nur von einander ab. Wie schrieb doch G. Bröcker in einem Leserbrief, den "Die Zeit" bereits am 4.2.1983 abdruckte: "Durch häufiges Wiederholen einer Hypothese in den Massenmedien wird nun diese zum Gesetz". Das hielt "Die Zeit", vor allem aber das Magazin "Der Stern" nicht ab, unablässig die Gebetsmühlen in Sachen "Waldsterben" herunterzuleiern.


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Für die Waldbesitzer bleibt es trotz der intensiv verbreiteten und überall wiederholten Sterbehypothese schwer, selbst daraus einen Anspruch auf Schadenersatz bei Autofahrern, der Industrie und den Elektrizitätsabnehmern geltend zu machen. Sie verkaufen ja nach wie vor ihr Holz. Welche Preise sie dabei erzielen, hat mit dem "Waldsterben" nichts zu tun. Denn der Käufer ihres Holzes kann nicht zwischen gestorben oder lebend gefälltem Holz unterscheiden. Nur der Waldarbeiter, der die Bäume tatsächlich gefällt hat, könnte darüber Auskunft geben. Um einen Schadensersatzanspruch zu begründen, müßte für Sterbeholz ein geringerer Preis als für normales Einschlagholz gezahlt werden.

Die Sterbehypothese soll auch nicht die Gerichte überzeugen. Man wendet sich an die Öffentlichkeit. Sie soll Opfer in Form höherer Abgaben, Steuern, Gebühren u. dgl. entrichten, um die Haushaltslage der Waldbesitzer aufzubessern. Zusätzlich wird eine nicht unbedeutende Anzahl akademischer Arbeitsplätze geschaffen. Was gibt es nicht an "papers", Gutachten und Gegengutachten, an Positionspapieren und Gegenpositionspapieren, an Stellungnahmen und Gegenstellungnahmen zu schreiben. Und dann die Nadelzählerei, und andere "wissenschaftliche" Untersuchungen!

Darüber hinaus tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf, führenden Leuten politischer und anderer Nachwuchsorganisationen mit Aufträgen für hochdotierte Gutachten unter die Arme zu greifen. Da kommt die gutgeschmierte Maschine der politischen und verbandlichen Geschaftlhuberei wieder einmal so richtig in Schwung. Deshalb werden auch die Medien nicht müde, wie eine buddhistische Litanei, die Sterbehypothese für den Wald immer wieder herauf- und herunterzubeten. Wird sie deshalb wahrer? Sie wird im Volk leichter geglaubt, und nur darauf kommt es an. Und wie immer, wenn etwas fault, stellen sich rasch Schmeißfliegen ein. Immer hängen sich Leute dran. Clevere Geschäftemacher wittern ihre Chance für ein leichtes Schnäppchen. Schnell finden sich sieben Leute, die einen Verein mit klangvollem Namen wie "Stiftung Wald in Not", "Schutzgemeinschaft Deutscher Wald" usw. gründen.

Solche Vereine sprießen wie Pilze nach einem lauen Herbstregen aus dem Boden. Im Wald haben sie wenig zu schaffen, dafür umso mehr im Blätterwald der Medien. Dort findet man ihre Anzeigen. Sie sind nach bewährtem Schnittmuster gefertigt. Eine überspitzte Behauptung kündigt das Ende des Waldes an. Eine noch überspitztere versucht beim Leser deshalb Schuldgefühle zu wecken. Dem folgt schließlich die Hauptsache: der Spendenaufruf mit Spendenkonto. Wohin die Spendengelder dann fließen, was mit ihnen geschieht, bleibt abgesehen von den Anzeigenkosten unerfindlich. Tausende zahlen für die nächste Biertischrunde des Vereins, an der man sich über die Spender totlacht. Die Vereinskassen füllen sich, und Vorstände und Hauptamtliche leben gut davon.

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ANMERKUNGEN

1) Peter Schütt, W. Koch, H. Blaschke, K. Lang u.a.: So stirbt der Wald, Schadensbilder und Krankheitsverlauf, BLV Verlag, München, Wien, Zürich 1983.
2) P. Abetz: "Wachstumsanalysen gesunder und kränkelnder Nadelbäume in Südwestdeutschland unter besonderer Berücksichtigung von Immissionen", in: Statusseminar zum BMFT Förderschwerpunkt Ursachenforschung zu Waldschäden, 30. März bis 3. April 1987, KFA Jülich 1987.
3) Forstinspektor von Bozen: Wie gesund sind unsere Wälder, 5. Bericht vom 1.12.1987.
4) Philip Egert: Leserbrief in: Fusion, Wissenschaft und Technik für das 21. Jahrhundert, 11. Jg. Heft l. 1990 Seite 9.
5) K. Rebel: Waldbauliches aus Bayern, Bd. 2, Huber, Diessen bei München 1924.
6) Paul Manion: Effects of Air Pollution on Forests, in: Journal of the Air Pollution Control Association, 35. Jg. 1985.
7) Hartmut Graßl, Reiner Klingholz: Wir Klimamacher, Auswege aus dem globalen Treibhaus, S. Fischer, Frankfurt 1990, Seite 274.
8) Bayer AG: Bayer Pflanzenschutzberichte, Leverkusen 2/1984.
9) Pressenotiz des Bundesministers für Forschung und Technologie vom 21.9.1989.
10) Herbert Eder: Der Wald lebt, in: Forschungskreis Stadtentwicklung (Hrsg.), Sonderheft: Umweltschutz und Politik oder Festhalten schadet, Mai 1991, Seite 65 ff.

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