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Leseberichte In den Aphorismen zur Lebensweisheit hat Schopenhauers philosophischer Stil, der auf Prägnanz und unmittelbare Verständlichkeit zielt, seine Vollendung erreicht. Auf der Grundlage seines weltanschaulichen Pessimismus entwirft er hier eine Lehre des glücklichen Lebens, die zeigt, wie man in einer denkbar schlechten Welt 'erträglich' leben kann. Aus der Amazon.de-Redaktion von Dietrich Thieden Gewiss, ein Buch für Philosophen - ohnehin, aber eben auch für den Leser, der philosophisch weder vorgebildet noch sonderlich interessiert ist. Ein Ratgeber fürs richtige Leben im Sinne einer durchaus pragmatisch gesehenen Überlebens- und Selbstbehauptungsklugheit; im letzten Jahrhundert wohl nicht zuletzt darum ein Vademecum des gebildeten Bürgertums. Schopenhauer entwirft hier eine "Als-ob"-Ethik, eine unter Vorbehalt gegebene Anweisung zum "glücklichen" Leben: Tun wir so, als ob wir überhaupt glücklich sein könnten und fragen wir uns, was die Grundbestimmungen für ein solches Glück sein mögen. Es sind nach Schopenhauer deren drei: "1) Was Einer ist:...Gesundheit, Kraft, Schönheit, Temperament, Intelligenz und Ausbildung derselben... 2) Was Einer hat:...Eigentum und Besitz... 3) Was Einer vorstellt [was einer gilt]:....was er in der Vorstellung Anderer ist...Ehre, Rang, und Ruhm." Schopenhauer beschreibt nun anschaulich das komplexe Wechselspiel dieser Bestimmungen. Das Haben zwar schützt uns vor täglich drohender Unbill, sichert uns "Comfort", hat aber auch eine umkehrende Kraft: Am Ende hat es uns, und wir nicht es. "Haben, als hätte man nicht", rät er. Auf das Gelten nun haben wir den geringsten Einfluß; was wir in den Augen der anderen sind, unterliegt Zufall und Willkür im besonderen Maße. Für den gesellschaftlichen Umgang allerdings gilt: Esprit und ausgesuchte Höflichkeit sind obligatorisch. Verlieren wir uns allerdings im Gelten, verlieren wir womöglich uns. Haben und Gelten sollen uns schließlich frei machen, das was wir sind, überhaupt erst zu entdecken -- Genuß aus uns selbst, aus unseren geistigen und körperlichen Anlagen zu ziehen, Leiden zu vermeiden. Diese Philosophie für die Welt präsentiert uns der Autor, und das ist in der deutschen Philosophie wahrlich nicht üblich, auf höchstem schriftstellerischen Niveau, präzise, pointiert und, ein wenig koketten Pessimismus gestattet er sich, voller Sarkasmus; hier werden sprachliche Gemälde geliefert und keine Schablonenmalereien (Schopenhauer über Schopenhauer). Sie müssen auf eine einsame Insel; Sie dürfen nur ein philosophisches Buch mitnehmen? Nehmen Sie die Aphorismen! Verzichten Sie lieber auf die Schwimmweste! |
2003 von Dietmar Fritze aus Hattingen, NRW
mehr als dreißig jahre nach erscheinen seines gestrengen hauptwerkes "die welt als wille und vorstellung" setzt sich schopenhauer noch einmal hin und schreibt leicht, spöttisch und locker seine "aphorismen zur lebensweisheit" - und hat damit sofort durchschlagenden erfolg - was seine akademische grundlagenschrift leider hatte vermissen lassen.
mit dem leser auf augenhöhe gelang ihm nun die vermittlung seiner weltbeurteilung auf anhieb. beispiel: "die circa 60 hinzuentdeckten planetoiden sind eine neuerung, von der ich nichts wissen will. ich mache es daher mit ihnen, wie mit mir die philosophie-professoren: ich ignoriere sie; weil sie nicht in meinen kram passen."
in diesem kleinen amüsanten hieb steckt schon der komplette schopenhauer: erstens seine chronische, aber nachvollziehbare rachsucht gegen die begriffstutzigen universitätsriegen, die durch neid- und aufstiegsgerangel sich nicht besser gebärdeten als schopenhauers mutter, die auch nichts von ihrem sohn wissen wollte.
zweitens die spöttische thematisierung der begrenzung des erkenntnis-horizontes - für die der mensch stets selbst die schuld trägt.
"wie kleine gegenstände, dem auge nahe gehalten, unser gesichtsfeld beschränkend, die welt verdecken, so werden oft die menschen und die dinge unserer nächsten umgebung unsere aufmerksamkeit und gedanken über die gebühr beschäftigen."
diesem (auch seinem hauptwerk zugrundeliegenden) erkenntnistheoretischen grundmotiv gesellen sich in schopenhauers fast tagebuch-ähnlicher aufschreibung seine etwas sozial-phobischen emotionen hinzu: "in diesem sinne kann man auch die gesellschaft einem feuer vergleichen, an welchem der kluge sich in gehöriger entfernung wärmt, nicht aber hineingreift wie der tor."
nun, schopenhauer liebte die distanz, schätzte das älterwerden als eine lebensphase, welcher man gemeinhin würdevollen abstand zubilligt. und wenn man sich dreimal den satz durchliest: "das maß von geist, welches erforderlich ist, um uns zu gefallen, ist ein ziemlich genauer gradmesser für das maß von geist, welches wir besitzen" - dann wird man wohl abrupt zum schopenhauerianer ...
anleitung zur überwindung des pessimismus 2004 gerleim aus wien
es ist schon absurd, wenn schopenhauer in seinen 50er jahren eine "anleitung zum glücklichsein schreibt", besser gesagt eine "anleitung zur vermeidung von unglück und leid".
verständlich ist die absurdität all jenen, die sein hauptwerk "die welt als wille und vorstellung" gelesen haben, was übrigens ein faszinierendes erlebnis ist.
grundsätzlich sagt schopenhauer, dass man sich bewusst machen muss, dass man nicht zum glücklichsein auf der welt ist (um glücklich werden zu können).
eine anleitung zum glücklichsein gibt es also gar nicht. die jagt nach dem glück eine missliche sache, die einen immer wieder zurückwirft. darum empfiehlt schopenhauer, nach aristoteles, lieber zu versuchen, das unglück zu vermeiden. das unglück ist real und automatisch vorhanden, das glück nur schwer erreichbar und flüchtig. darum also sich auf die vermeidung von unglück und leid konzentrieren.
schopenhauer teilt drei bereiche: das was einer besitzt (besitztum), was einer (für andere) darstellt, und was einer (für sich selbst) ist. und gibt ratschläge wie die dinge zu sehen und zu behandeln sind. dann folgt ein katalog von kleinen absätzen mit maximen, und noch eine schrift über das verhalten im jeweiligen alter. die "aphorismen" sind eigentlich teil der "parerga und paralipomena", entstanden im reiferen alter, das sind kleinere schriften und aufsätze, gegliedert, zu verschiedensten themen wie religion, tod, musik, frauen, etc., alles auf dem hauptwerk fußend, das im alter von 27 entstand, und mitte 50 entstand band zwei mit ergänzungen, jedoch keinen wesentlichen neuerungen.
FAZIT: schopenhauers werk ist in sich rund abgeschlossen. die "aphorismen" sind aber auch ohne den rest gelesen zu haben, eine bereicherung und im alltag nützlich, ergreifend geschrieben - und sind demnach sowohl für "laien" als auch zb. "philo absolventen" ein genuss und eine bereicherung zu lesen. man muss schopenhauer nicht in allem zustimmen, aber vieles hat er raffiniert durchschaut und zeitlos auf den punkt gebracht.
Die Liebe zur Weisheit im wörtlichen Sinne 2005 von Mark Steinmetz aus Jena
Die „Aphorismen" erschienen 1851 im Rahmen einer Sammlung populärer Schriften, der „Parerga und Paralipomena". Dabei handelt es sich aber um oft ziemlich lange Abhandlungen, aus denen man viele Aphorismen ziehen kann, da sie so präzise formuliert sind. Schopenhauers Denken nahm bei Kant seinen Ursprung, in seinen Augen entwickelte er dessen Werk weiter, ging sozusagen den nächsten Schritt. Schopenhauer entwickelte ein System der Metaphysik, das die Bedeutung des Unbewußten thematisiert. Er verbindet altindische Weisheiten mit einem Pessimismus, der sich in seinen Augen erfrischend von der „Hegelei" seiner Zeit unterschied.
In den Aphorismen nimmt er eine Unterteilung in drei Grundbestimmungen für das persönliche Glück vor: 1) Was Einer ist... Gesundheit, Schönheit, Kraft, Intelligenz usw. 2) Was Einer hat... seinen persönlichen Besitz 3) Was Einer vorstellt... Sicht der anderen auf ihn (Ruhm und Ehre). Er verweist auf die unendliche und unstillbare Suche des Menschen nach dem Glück, die nie dauerhaft ihr Ziel erreicht. So sollte man doch besser alle Kraft auf die Vermeidung von Unglück verwenden. Dabei zeigt er sehr fortschrittliches Denken in Bezug auf die Relevanz des Meinung anderer für das persönliche Glück und er kritisiert auf sehr sarkastische Weise die Untriebe des Duellierens seiner Zeit.
Schopenhauer war sprachlich sehr begabt und das Gleiche setzt er auch bei seinen Lesern voraus. Zitate auf Griechisch, Latein, Französisch, Spanisch, Italienisch und Englisch werden selten übersetzt. Sein Buch ist auf höchstem schriftstellerischen Niveau, pointiert, ironisch und liefert „sprachliche Gemälde und keine Schablonenmalereien". Kritik an Schopenhauers Werken bezieht sich oft auf gewisse Einseitigkeiten, die man durch sein sehr einsames Leben zu erklären sucht. Doch man sollte sich davor hüten, sein ganzes Werk so zu beurteilen. Alexander Heine schreibt: „Letztlich kann das Biographische nur die äußere Hülle des Denkens erklären. Ob ein Gedanke wahr oder falsch ist, hat damit nichts zu tun. Und Vieles von dem, was Schopenhauer schreibt, ist nicht nur gewandt, witzig, intelligent, es ist auch wahr..." Dem gibt es nichts hinzuzufügen.
Der Weg zum Glück in lesbarer Form 2004 Von train of thought aus Mülheim/Ruhr
Schopenhauer setzt sich in dem Buch damit auseinander, was man braucht um glücklich zu sein. Dafür führt er drei Kategorien ein. Das was einer ist, das was einer hat, und das was einer gilt. Danach setzt er sich auf sehr unterhaltsame Art und Weise mit dem Wechselspiel dieser Bedingungen auseinander.
Er stellt dabei Thesen auf, die zum Teil recht befremdlich wirken, und denen man im ersten Zugriff gerne widersprechen würde. Dennoch ziehen sie einen immer mehr in ihren Bann.
Inhaltlich ist das Buch noch erstaunlich aktuell. Es finden sich zwar einzelne Aspekte, die eindeutig zeitgebunden sind, und zu deren besseren VErständnis man die zeitgeschichtlichen Hintergründe kennen sollte. Der größte Teil des Buches und insbesondere sein Gesamtkonzept, haben jedoch auch heute noch gültigkeit.
Selbst jemand, der mit dem von Schopenhauer hier aufgezeigten Weg nichts anzufangen weiß, wird sich von dem Buch gut unterhalten fühlen, da Schopenhauer es schafft, sehr locker und teilweise auch lustig zu schreiben.
Das Buch ist gut lesbar und von daher absolut empfehlenswert. (Auch für Laien. [Bin ja selbst einer])